Wenn Sie ein sehbehindertes Kind in der Klasse haben...

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Volker Becke
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1 Wenn Sie ein sehbehindertes Kind in der Klasse haben... Ursprüngliche Zusammenstellung: Britta Mohammadian Ruth Onken Frieder Gräf Ambulanz- und Beratungslehrer an der Hermann-Herzog-Schule für Sehbehinderte Berlin, Müllerstr. 158/159 Tel.: Fax: Überarbeitet von Frieder Gräf und Axel Deuter Beratungsstelle für Sehgeschädigte an der Hermann-Herzog-Grundschule Stand: August 2008

2 Anstelle eines Vorworts Entschuldigung! Ist das der Fünfundachtziger? - Mach doch die Augen auf; steht ja groß dran!! Vom schlechten Sehen Während sich leichtere Sehbeeinträchtigungen (Kurz- und Weitsichtigkeit) oft bereits durch Brillen korrigieren lassen, gibt es auch komplexere Sehschwierigkeiten (Narben auf der Hornhaut, Linse und Netzhaut, Sehnervstörungen, Gesichtsfeldeinschränkungen), die ein Kind in seiner visuellen Wahrnehmungsfähigkeit behindern können - trotz optischer Hilfsmittel. 1. Sehnerv 2. Netzhaut 3. Hornhaut 4. Linse 5. Pupille Nachzufragen, wenn er etwas nicht erkennt, ist für den Sehbehinderten eine wichtige Orientierungshilfe, aber Antworten wie die des freundlichen Herrn ermutigen nicht gerade dazu und lassen manchen Sehbehinderten zu dem Schluss kommen: Es ist besser Sehfähigkeit vorzutäuschen. Er wird dann Suggestivfragen ( Siehst du... dahinten? ) immer bejahen und sich weitgehend bemühen, seine mangelnde Sehfähigkeit zu verdecken. An allen Stellen des Auges können Störungen auftreten, die Sehprobleme verursachen. Oft ist ein erheblicher Unterschied zwischen dem Sehvermögen im Nah- und dem im Fernbereich zu beobachten. Wie viel ein Schüler wirklich sieht, bestimmt neben der optischen Korrektur vor allem auch seine individuelle Fähigkeit, sein Sehvermögen optimal auszunutzen.

3 Aufklärung über einige Trugschlüsse: Dicht vor dem Bildschirm oder der Leinwand zu sitzen schadet ebenfalls nicht den Augen. Dämmerlicht schadet den Augen nicht; manche Sehbehinderte bevorzugen es sogar. Brillen korrigieren nicht immer vollständig. Ein sehbehinderter Schüler kann also möglicherweise kleine Druckschrift in Büchern lesen, die Tafelanschrift aber nicht. Sehen mit nur einem Auge bedeutet nicht gleichzeitig einen Sehverlust von 50 %; es wird jedoch die Fähigkeit zum räumlichen Sehen eingeschränkt Schriftmaterial dicht vor die Augen zu halten schadet nichts. Sehbehinderte tun dies, um die für sie unzureichende Schriftgröße auszugleichen.

4 Welche Auffälligkeiten können auf eine Sehbeeinträchtigung hindeuten? Ein von Geburt an sehbehindertes Kind wird oft nicht wissen, dass sich das, was es sieht, von dem unterscheidet, was andere sehen. Folgende Warnsignale können auf eine vorhandene Sehbehinderung hinweisen: gerötete oder tränende Augen häufiges Augenreiben Zuhalten eines Auges Abwandern eines Auges schiefe Kopfhaltung dichtes Herangehen bzw. Bücher dicht vor die Augen halten Blinzeln Zukneifen eines Auges Tendenz, die Hand dicht vor den Augen zu bewegen heftige Kopfbewegungen schnelles Ermüden bei schriftlichen Arbeiten Aussagen des Betroffenen über Sehbeschwerden scheinbares Vorbeisehen an einem fixierten Objekt Stolpern, Danebengreifen, Fehltritte beim Treppensteigen erhöhte Blendempfindlichkeit Wunsch nach mehr Licht Augenzittern, Augenrollen, Schielen keine Aufnahme von Blickkontakt Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten sind nur selten ein Indiz für eine Sehbeeinträchtigung; die Sehfähigkeit sollte aber vorsichtshalber auch überprüft werden. Maßnahmen, die die schulische Arbeit unterstützen I. SITZPLATZ auf ausreichende Beleuchtung achten: Spiegelungen vermeiden, evtl. Tischlampe anbringen den sehbehinderten Schüler ganz nach vorn in die erste Reihe setzen falls der sehbehinderte Schüler zusätzliche Hilfsmittel benutzt: Reicht der übliche Schülerplatz oder ist ein Einzeltisch nötig, evtl. sogar mit verstellbarer Platte? (birgt die Gefahr, dass der Schüler vom Klassenverband isoliert wird) Blendung durch Fenster vermeiden Buchstütze zur Verhinderung von Haltungsschäden II. TAFELBILD Die Tafel gründlich reinigen: Kontrast wird dadurch verbessert! Eventuell gelbe Kreide ausprobieren den sehbehinderten Schüler ermuntern, zur Tafel zu gehen, wenn er etwas nicht erkennen kann alles, was angeschrieben wird, verbalisieren! Der Nachbar darf ruhig leise vorlesen, z.b. beim Abschreiben von der Tafel den sehbehinderten Schüler gegebenenfalls aus dem Heft des Nachbarn abschreiben lassen bzw. nach der Stunde den abgeschriebenen Text einer Mitschülerin / eines Mitschülers mit geeigneter Handschrift für den Schüler kopieren nicht zu klein schreiben für den sehbehinderten Schüler ist es eine große Erleichterung, die Textvorlage des Tafelbildes zu bekommen

5 III. TEXTE / ARBEITSBLÄTTER auf eine klare Gliederung achten gegebenenfalls Vergrößerungskopien zur Verfügung stellen größeren Zeilenabstand wählen kontrastreichen Druck auf weißem Papier verwenden den sehbehinderten Schüler ermuntern, seine vergrößernde Sehhilfe zu benutzen Lesen mit Leseschablone ausprobieren Lino hat Loni ein Buch mitgebracht. Loni staunt: Aber das ist ja ein Buch mit ganz vielen Märchen! Lino nickt mit dem Kopf. Das ist das Märchen von Hänsel und Gretel und der Hexe. Auf diesem Bild sieht man gerade, wie Hänsel der Hexe einen Hühnerknochen entgegenstreckt. IV. SCHREIBEN geeignete Lineatur ausprobieren (kräftige Linien, größerer Abstand) 1 mit schwarzem Filzstift statt mit Bleistift schreiben lassen ein unschönes Schriftbild nicht zu sehr kritisieren! Hausarbeiten am Computer anfertigen lassen V. NATURWISSENSCHAFTLICHER UNTERRICHT Anordnung eines Experiments vor und nach dem Versuch betrachten lassen; dabei präzise sprachliche Beschreibung als Unterstützung bei Partner- oder Gruppenarbeit lernt der sehbehinderte Schüler von anderen größere Mess- und Zeichenungenauigkeit tolerieren bei Demonstrationen die Gegenstände nach Möglichkeit dem Schüler in die Hand geben VI. KLASSENARBEITEN Sehbehinderte haben Anspruch auf eine angemessene Zeitzugabe bei Klassenarbeiten Korrekturanmerkungen größer als üblich schreiben und ggf. mündlich erläutern 1 Von den Beratungsstellen für Sehgeschädigte können Hefte mit den entsprechenden Lineaturen zur Verfügung gestellt werden

6 VII. AUDIOVISUELLE MEDIEN Den Schüler den Sehabstand selbst wählen lassen Erläuterungen durch Lehrer oder Schüler sind wichtig und nötig projiziertes Bild oder Folie dem sehbehinderten Schüler überlassen (gegebenenfalls als Kopie) VIII. KARTEN UND SCHAUBILDER Falls nötig, Nachkolorieren von Konturen (notfalls durch Auflage einer Klarsichtfolie), Linien verstärken evtl. skizzenhafte Vereinfachungen vornehmen; Beschränkung auf Wesentliches (oft ist Material aus Zeitungen übersichtlicher wegen geringerer Informationsdichte) Vergrößerungen; bei Bedarf nachkolorieren IX. LEHRERVERHALTEN darauf achten, dass Sehbehinderte ihre Hilfsmittel benutzen Mitleid und überflüssige Hilfen freundlich unterbinden immer verbale Hinweise geben: Sehbehinderte nehmen Ereignisse, die in einiger Entfernung von ihnen stattfinden, häufig nicht wahr den Schüler immer mit Namen ansprechen, da dieser Blickkontakt möglicherweise nicht wahrnimmt an sehbehinderte Schüler werden generell die gleichen Anforderungen und Erwartungen gestellt wie an die anderen. Sonderbedingungen als Folge der Sehbehinderung müssen erkennbar gehalten werden ein Gespräch scheint notwendig, wenn der sehbehinderte Schüler seine Schwierigkeiten verleugnet; er muss diese wenigstens dem Lehrer gegenüber offenlegen Konzentrationsspanne des Schülers nicht überfordern: Sehen ermüdet! Eventuell Arbeitspensum quantitativ reduzieren Aufklärung der Klasse über die Behinderung des Schülers Aufklärung der Fachkollegen, die in der Klasse unterrichten bei Unterrichtsdemonstrationen Gegenstände nach Möglichkeit dem sehbehinderten Schüler in die Hand geben

7 Informationen über Hilfsmittel für sehbehinderte Schüler/innen Viele Sehbehinderte verfügen über Hilfsmittel, die ihnen von Beratungsstellen, Augenärzten und Optikern empfohlen, verschrieben und angepasst wurden. Sie sollten dann auch im Unterricht zum Einsatz kommen: Lupe, Lesestein, Lesestab Monokular Fernrohrbrille Farbbildschirmlesegerät zusätzliche Arbeitsplatzbeleuchtung Wichtige Adressen Beratungsstelle für Sehbehinderte an der Hermann-Herzog-Schule Müllerstr Berlin Tel: (030) Fax: (030) Paul- und Charlotte-Kniese-Schule für Sehbehinderte Erich-Kurz-Str Berlin Tel: (030) Fax: (030) Johann-August-Zeune-Schule für Blinde Rothenburgstr Berlin Tel: (030) Fax: (030) Beratungsstelle für Sehbehinderte überbezirkliche Sehbehindertenambulanz des Landes Berlin am Bezirksamt Mitte Reinickendorfer Str. 60 b Berlin Tel: (030) Fax: (030)

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