Goethe und das Brentano-Haus in Winkel

Transkript

1 Goethe und das Brentano-Haus in Winkel I. Text-Teil Winkel (heute Teil der Verbandsgemeinde Oestrich-Winkel) ist ein schon früh bekannter Weinort im Rheingau, dem neuen "Weingau" Karls des Großen. Denn hier ließ Karl von seiner Pfalz Ingelheim aus Weinberge mit der Rebsorte Riesling anbauen. Man kann schon frühe karolingische Verwaltungseinrichtungen vermuten. In Oestrich-Winkel steht noch das älteste romanischen Steinhaus des Rheingaus und Deutschlands, das so genannte "Graue Haus". Seine Entstehung ist unklar. Anfangs datierte man seine Errichtung um 850 n. Ztr. als Wohnsitz mit Kapelle des Mainzer Erzbischofs Hrabanus Maurus. Dann machen neuere dendrochronologische Untersuchungen der Dachbalken den Zeitraum ab ca als wahrscheinlicheres Datum. Im Ostteil von Winkel hatten die Frankfurter Familie Brentano ein Weingut erworben. Wenn auch Frankfurt am Main der Familienstammsitz blieb, so wohnten sie auch regelmäßig längere Wochen in Winkel ging das Gut ganz in den Besitz von Franz Brentano und seiner Frau Antonia über. Allmählich wurde das Haus zum Hauptwohnsitz, den die Nachkommen ganzjährig bewohnten. Es wurde zum kulturellen Zentrum der Rhein- Romantik. Achim von Arnim, Goethe, die Brüder Grimm, Beethoven und der Freiherr vom und zum Stein waren bekannte Gäste. Das Grundstück reicht bis an das Rheinufer hinunter. Der ältere Goethe war hier mehrfach zu Besuch, denn mit der Familie von Brentano war er schon früh freundschaftlich bekannt. Die Frankfurter Familie Goethe war bezüglich Ausflügen und kleineren Reisen mehr in das Maingebiet und Richtung Darmstadt orientiert. Nur bis Wiesbaden sind frühe Reisen belegt. Der Rheingau weiter westlich war wohl schon etwas zu weit. Der junge Goethe ist deswegen wohl noch nicht in den Rheingau gefahren, erst nach seiner Wetzlarer Zeit hat er mehrfach kurzfristig, meist in Begleitung von Bekannten, das Rheintal zwischen Wiesbaden und Köln durchfahren (1772, 1774, 1793). Erst ab 1814 durchstreifte Goethe anlässlich von Besuchen bei den Brentanos und anlässlich von Kuren in Wiesbaden den Rheingau und besonders die Umgebung von Winkel gründlicher, wobei es ihm neben dem Wein besonders Rüdesheim, Schloss Johannisberg (oberhalb zwischen Winkel und Geisenheim gelegen) und die Rochus-Kapelle (oberhalb von Bingen) angetan hatten. Wenn Goethe bei den Brentanos in Winkel zu Besuch war (1814 für drei Wochen), wohnte er in zwei Dachzimmern, die weitgehend noch so eingerichtet sind wie damals und genoss die Rheingauer Küche und besonders den Winkeler Hasensprung (ein Riesling) von 1811, den berühmten "Eilfer". Literarisch haben sich diese Besuche Goethes im Rheingau in mehreren Aufsätzen (z.b. "Im Rheingau Herbsttage", "Sanct Rochusfest zu Bingen", "Supplement des Rochusfestes") und kleineren Gedichten niedergeschlagen, in denen er sich begeistert von der Landschaft, der Geschichte und dem Wein zeigte. Goethe war in Winkel ein schwieriger Gast. Er schlief damals lange, kam schlecht gelaunt im Schlafrock aus seinen Zimmern, wanderte den mit Reben bewachsenen Bogengang zum Rhein hinunter und zurück, wollte nicht angesprochen werden und antwortete auf Fragen kaum. Vermutlich feilte er am West-Östlichen Divan", an dem er auch während seines Aufenthaltes in Winkel arbeitete. Mittags schöpfte er sich den Teller übervoll, stocherte aber nur probierend im Essen herum und ließ das meiste auf dem Teller liegen. Dazu trank er viel Winkeler und Rüdesheimer Riesling. Sie wurden seine Lieblingsweine.

2 Literaturhinweise: - Klauß, Jochen, 1998: Goethes Deutschland, Orte und Stätten von Aachen bis Zwickau aus der Sicht des Dichters, Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart. Siehe hier die Beiträge zu den Orten Bingen, Rüdesheim, Wiesbaden, Winkel. - Goethe war ein Morgenmuffel, in: Brentano-Haus Oestrich-Winkel - ein einzigartiger Ort der Romantik. Es handelt sich um Informationen zur Geschichte und Gegenwart des Brentano- Hauses II. Karten-Teil

3 (Karte nach Die Ausläufer des Taunus reichen bis an die nördlichen Rebflächen herunter. Als typische Rebsorte wird hier weiterhin der Riesling angebaut. Oestrich-Winkel ist ein bekannter Riesling-Weinort. (Karte nach Im Ostteil von Oestrich-Winkel hatten die Frankfurter Brentanos ein Landgut/Weingut als Ferienhaus erworben. Hier wohnten sie anfangs längere Wochen im Sommer. Später wurde es für die Familie eines der Geschwister zum Hauptwohnsitz. Das Grundstück reicht bis an das Rheinufer hinunter. Der ältere Goethe war hier mehrfach zu Besuch, am längsten im Jahr 1814.

4 (Karte nach Ort und Schloss Johannisberg liegen rechtsrheinisch, etwas oberhalb in den Weinbergen zwischen Winkel und Geisenheim. Die Rochuskapelle liegt linksrheinisch, südlich-oberhalb im Bergwald von Bingen. III. Bilder-Teil III.1. Das Brentano-Haus Das Brentano-Haus ist wieder ein Weingut geworden. Eine benachbarte Winzerfamilie hat es übernommen und bietet wieder den "echten" Goethewein an, einen Riesling.

5 Von der Hauptstraße "Am Lindenplatz" betritt man zwischen den Bäumen hindurch den inneren Teil des Brentano-Hauses. Blick zurück auf den Eingang zum Gutsgelände von der Hauptstraße links im Hintergrund her. Führungen durch das Haus und die ehemaligen Gästezimmer durch die jetzige Baronin von Brentano werden regelmäßig angeboten. Man kann sich im Internet informieren.

6 Die nach der Renovierung neu eingerichtete Gastronomie des neuen Besitzers der Rebflächen. Diese Gebäude sind dem eigentlichen Gut vorgelagert. Es handelt sich um ehemalige landwirtschaftliche Kleingebäude und um eine frühere Gerberei (links).

7 Ein schöner Sitzplatz im Freien vor dem Gastronomie-Anlage Der Beginn des Bogenganges, den Goethe gerne morgens hin und her ging. Die Bögen sind Metallbögen, die von Reben umwunden sind. Hinten links

8 macht der Gang einen rechtwinklichen Knick zum Rheinufer hin. Man kommt an diesem ehemaligen Badehaus vorbei

9 und steht dann auf einem schmalen Damm entlang des Rheinufers, der Hochwasser möglichst abhalten soll. Man sollte das Gelände nicht verlassen, ohne den Goethe-Wein am historischen Ort probiert zu haben.

10 III.2. Ausflugsziele Goethes vom Brentano-Haus aus (Foto von einer öffentlichen Infotafel im Eingangsbereich des Schlosses Johannisberg) Von Winkel aus hat Goethe zu Fuß das Schloss Johannisberg besucht, das dem Fürsten Metternich gehörte, den er noch als Zeitgenossen erlebt hat. Der Eingangsbereich zum Schloss Johannisberg. Natürlich gibt es hier auch ein Glas bzw. eine kleine Flasche Metternich-Sekt.

11 Die Infotafel am Goetheblick vor dem Schloss Johannisberg Goethe hat die schöne Aussicht auf das Rheintal genossen und ein kleines Gedicht darüber verfasst. Es ist an dieser Stelle, dem Goethe-Aussichtspunkt vor Johannisberg, auf einer Infotafel zu lesen.

12 Die Rochus-Kapelle oberhalb von Bingen, die mittlerweile eine richtige Kirche geworden ist, ist hauptsächlich im gotischen Stil erbaut.

13 Blick nach Osten von der Rochus-Kapelle aus über den Rhein. Eine Info-Tafel links unter den Bäumen informiert über die Fauna und Flora der Rhein-Auen. Hier dürfte Goethe auch gestanden haben. (Foto von der öffentlichen Infotafel östlich der Rochus-Kapelle) Verfasst von Helmut Wurm, Betzdorf, August Alle Fotos stammen vom Verfasser. Sie dürfen kostenlos übernommen werden, wenn die Übernahme fairerweise mitgeteilt wird.