HYGIENISCH EINWANDFREIER BETRIEB VON RAUMLUFTFILTERN Grundlagen und Möglichkeiten aus filtertechnischer Sicht

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1 FACHAUFSATZ 2 - Seite 1 von 9 HYGIENISCH EINWANDFREIER BETRIEB VON RAUMLUFTFILTERN Grundlagen und Möglichkeiten aus filtertechnischer Sicht VON DR.-ING. HENRIK BADT Einleitung Derzeit wird eine heftige Diskussion um die Hygiene in Klimaanlagen geführt. Ursachen dafür sind auftauchende Befindlichkeitsstörungen des Menschen (Sick-Building-Syndrom, SBS), die in Zusammenhang mit RLT- Anlagen gebracht werden. Angeheizt wird die Diskussion ferner durch die Ankündigung neuer SBS-Bekämpfungsmethoden aus den U.S.A. Ein Teil der Fachleute aus Medizin und Hygienik sieht die Ursachen für SBS u. a. in Konstruktion und Betriebsweise der gebräuchlichen Raumluftfilter. Die KALTHOFF GmbH, als mittelständisches innovatives Unternehmen hat dieses Problem aufgegriffen. KALTHOFF fertigt ihre MULTIFOLD Taschenfilter aus mehrlagigen Kompositvliesstoffen aus elektisch ungeladenen organischen Synthetikfasern. Dieser neuartige Filtertyp verfügt nicht nur über deutlich höhere Staubspeicherkapazitäten. Er wird auch im Gegensatz zu den in Mißkredit geratenen Glasfaserfiltern als gesundheitlich unbedenklich angesehen. Synthetische Komposits scheinen aber vor allem der Erhaltung eines hygienisch einwandfreien Zustands der RLT- Anlagen besonders förderlich zu sein. Im folgenden Beitrag werden zunächst einige Grundeigenschaften von Raumluftfiltern dargestellt, dann daraus die Konsequenzen auf die Lufthygiene in RLT-Anlagen gezogen.

2 FACHAUFSATZ 2 - Seite 2 von 9 Abscheidegrad Eine der effektivsten Maßnahmen zur Bekämpfung des Sick-Building- Syndromes ist der Einsatz von wirksamen Luftfiltern. Luftfilter entfernen Stäube, oder genauer gesagt, partikuläre Verunreinigungen aus unserer Umgebungs- und Atemluft. Damit werden die belüfteten Räume, aber auch Kanäle und luftführende Leitungen sauber gehalten. Je wirksamer die Filter abscheiden, d. h. je höher der erreichte Abscheidegrad ist, desto geringer ist das Verschmutzungsrisiko. Der Abscheidegrad ist ein Oberbegriff für die Bewertung der Fähigkeit von Luftfiltern, flüssige oder feste Verunreinigungen abzufiltern. Hierzu existieren verschiedene Definitionen und Meßmethoden: In DIN EN 779 wird für Grobstaubfilter der gravimetrische Abscheidegrad verwendet. Hier wird für ein synthetisches, genormtes Aerosol das Verhältnis von zurückgehaltener zu aufgegebener Staubmasse gebildet. Diese Methode eignet sich bei der Verwendung von Teststäuben hoher Partikelmassen. Für die Feinstaubfilter existiert nach DIN EN 779 der Begriff atmosphärischer Wirkungsgrad. Hier wird die Trübung von Absolutfilterpapieren gemessen, nachdem sie roh- und reinluftseitig mit atmosphärischem Umgebungsaerosolen beaufschlagt wurden. In der modernen Filtertechnik werden Partikelzählverfahren zur Ermittlung von Trenn- oder Fraktionsabscheidegraden genutzt. Hiermit kann das Abscheideverhalten eines Luftfilters, z. B. eines F5- oder F7-Filters, für einen ganz bestimmten Partikelgrößenbereich dargestellt werden (Fig 1). Aus der Kenntnis der Größenverhältnisse typischer atmosphärischer Verunreinigungen kann so die Rückhaltung bestimmter, hygiene-relevanter Stoffe festgestellt werden.werden Filter mit zu geringen Trenngraden eingesetzt, dringen diese Stoffe nicht nur in die klimatisierten Räume ein, sondern lagern sich auch in den Strömungskanälen ab und bilden dort Herde für weitere Verunreinigung.

3 FACHAUFSATZ 2 - Seite 3 von 9 Fig. 1: Gegenüberstellung der Partikeltrenngrade für ein F5- und ein F7- Taschenfilter Werden, wie in der Praxis häufig beobachtet, z. B. Luftfilter der Filterklasse F7 durch F5-Filter ersetzt (Fig. 2), verdoppelt sich auf der Reinluftseite der Anteil gängiger Pollen und Sporen, verdreifacht sich der Anfall an Verbrennungsrückständen und lungengängigen Stäuben und verfünffacht sich der Anteil typischer Ölnebel und Ruße. Außerdem erhöht sich der Anteil der durchtretenden gasförmigen Verunreinigungen, die häufig an Feinstpartikeln angelagert angetroffen werden. Damit ist die ausreichende Entfernung von als krankmachend eingestuften Substanzen aus RLT-Anlagen nicht mehr gegeben und Beeinträchtigungen des hygienisch einwandfreien Betriebes gegeben. Trenngrade F5-Taschenfilter F7-Taschenfilter Pollen und Sporen (ca. 10 µm) 52% 100% Rückstände aus Verbrennungsprozessen (ca. 5 µm) 32% 99% lungengängige Stäube (ca. 1-5 µm) 25% 82% Ölnebel und Ruße (ca. 0,5 µm) 15% 75% Fig. 2: Gegenüberstellung der Trenngrade für bestimmte atmosphärische Partikel für ein F5- und ein F7-Taschenfilter

4 FACHAUFSATZ 2 - Seite 4 von 9 Filterstandzeit Die Filterstandzeit ist der Einsatzzeitraum eines Filters bis zu seinem Austausch. Sie richtet sich nach den individuellen Anlagengegebenheiten und Betriebsbedingungen und kann nicht pauschal angegeben werden. Nur ein rechtzeitiger Filteraustausch garantiert einen hygienisch einwandfreien Betrieb der Anlage, da erst mit dem Austausch der Filter die aufgenommenen Verunreinigungen irreversibel aus dem Luftstrom entfernt werden. Um die Problematik der optimalen Filterstandzeit näher zu beleuchten, seien zunächst drei grundsätzlich mögliche Filtrationsarten erläutert: Bei der Oberflächenfiltration mithilfe von Glasfaserpapieren (Fig. 3 links) findet das Abfiltrieren der Staubpartikel vorwiegend durch Aussieben über der sehr feinen und dichten Filterstruktur statt. Nach einer kurzen Anlaufzeit übernimmt der unmittelbar gebildete Filterkuchen die Filterfunktion und scheidet an bereits abgeschiedenen Partikeln weitere Partikel ab. Diese Filtrationsart ist aus hygienischer Sicht problematisch. Denn gerade dieser komplex aufgebaute Staubkuchen verfügt über ein vielfältiges Gemisch aus Mikroorganismen und Substanzen, welches unter bestimmten Voraussetzungen und bei mangelhafter Wartung ein Eigenleben entwikkeln kann. Bessere Verhältnisse finden sich bei der Tiefenfiltration mit herkömmlichen Glasfaservliesstoffen (Fig. 3 Mitte), wie sie noch in zahlreichen gebräuchlichen Taschenfiltern verwendet werden. Hier werden die Staubpartikel aufgrund verschiedener Mechanismen bis in die Tiefe des voluminösen Filtermediums transportiert und als Einzelpartikel an Fasern haftend abgeschieden. Die Bildung eines Filterkuchens bleibt während der vom Filterhersteller vorgegebenen Betriebszeit unwahrscheinlich. Damit reduziert sich auch die Wahrscheinlichkeit, daß Mikroorganismen zu ihrer Vermehrung ein geeignetes Nährmedium finden.

5 FACHAUFSATZ 2 - Seite 5 von 9 Oberflächenfiltration Tiefenfiltration progressive Tiefenfiltration z.b. in Kompaktfiltern, z.b. in Taschenfiltern z.b. in Taschenfiltern Cassettenfiltern mit herkömmlichen mit Komposit- Filtermedien Filtermedien Fig. 3: Prinzipschema von Oberflächenfiltration, Tiefenfiltration und progressiver Tiefenfiltration Das günstigste Verhalten läßt sich bei Taschenfiltern finden, die über synthetische Komposit-Filtermedien mit progressiver Tiefenfiltration (Fig. 3 rechts) verfügen. Ein Kompositvliesstoff ist ein mehrschichtig aufgebautes Filtermedium, bei dem sowohl die Faserabstände als auch die Faserdurchmesser in Richtung Reinluftseite abnehmen. So werden auf der Staubluftseite zunächst die Grobpartikel, dann mit zunehmender Filterschichttiefe mehr und mehr auch die Feinpartikel zurückgehalten, bis die erforderliche Luftreinheit erreicht ist. Die Staubluftseite ist so offenporig, daß selbst Grobpartikel in die Tiefe des Materials vordringen können. Dia 1: Deutlich zu sehen: Synthetik Komposits verringern die Bildung eines Staubkuchens (links), dagegen Staubkuchenbildung bei herkömmlichen Filtermedien unter identischen Bedingungen nach 1 Jahr Einsatzzeit (rechts) Hierdurch wird die Bildung eines Filterstaubkuchens während der vorgesehenen Betriebszeit verhindert und die Staubpartikel einzeln und fraktioniert ins Medium eingelagert (s. Dia 1) Den Mikroorganismen wird die Möglichkeit erschwert, auf geeignete Nährmedienkonstellationen zu treffen. Deshalb verbessert der Einsatz von synthetischen Kompositvliesstoffen wie in der Praxis festgestellt die hygienischen Bedingungen in RLT-Anlagen. Doch unabhängig davon, welcher Filtertyp verwendet wird, ist regelmäßige Wartung und Filtertausch das oberste Gebot für die Erhaltung des hygienisch einwandfreien Zustandes. Der Druckverlustanstieg eines Filters ist komplexen Zusammenhängen unterworfen und stellt nicht das alleinige Wechselkriterium dar. Der Betreiber der Anlage hat die Pflicht,

6 FACHAUFSATZ 2 - Seite 6 von 9 bei Verschmutzung Filter zu wechseln. Dieser Zeitpunkt kann bereits nach 3 Monaten, manchmal aber auch erst nach einem Jahr eintreten. Und wer unsicher ist, ob ein Filter schon verschmutzt ist, sollte sich in Zweifelsfällen auf seinen guten Riecher verlassen. Spätestens dann wird klar, was hier mit hygienisch einwandfrei gemeint ist. Filtermaterialien Auch die Wahl des Filtermaterials kann das hygienische Verhalten von Raumluftfiltern beeinflußen. So wirkt sich der Einsatz von verrottbaren, natürlichen Faserstoffen negativ auf die Hygiene von RLT-Anlagen aus. Mikroorganismen finden auf den großen Faseroberflächen häufig geeignete Wachstumsbedingungen vor. In der gleichen Weise können sich in Filtermedien verarbeitete Bindemittel, Färbemittel oder chemische Additive auf ansonsten inert reagierenden Fasermaterialien auswirken. Ein anderer die Hygiene beeinflußender Aspekt liegt in den Eigenschaften der eigentlichen Filterfasern. Geben Filtermedien aus spröde brechenden Filterfasern Faserbruchstücke oder Teile ihrer chemischen Additive ab möglicherweise sogar verbunden mit dem Auftreten von Gerüchen so erweisen sie sich für einen hygienisch einwandfreien Betrieb als störend. Dia 2 : Der Abperleffekt : Polypropylen-Mikrofaservliesstoff ist wasserabweisend (links) während Mikro-Glasfaservliesstoff sich ähnlich wie ein Schwamm vollsaugt (rechts) Ein weiterer wichtiger Faktor ist das Verhalten der Filtermedien gegenüber Feuchtigkeit. Das Vorhandensein von Feuchte ist eine notwendige Bedingung für das Wachstum und die Vermehrung von Mikroorganismen. Dabei ist es gleichermaßen ungünstig, wenn die Filterfasern Feuchtigkeit aufnehmen, aufquellen oder wenn in den Faserzwischenräumen Feuchtigkeit eingelagert wird (s. Dia 2). Als eine sehr gute Werkstoffkombination hat sich in in Bezug auf die genannten Eigenschaften der Einsatz synthetischer Kompositvliesstoffe erwiesen (Fig. 4).

7 FACHAUFSATZ 2 - Seite 7 von 9 - Einsatz unverrottbarer Werkstoffe - Freiheit von Bindemitteln, Färbemitteln und sonstigen chemischen Additiven - Einsatz von elastischen, nicht brechenden oder abwehbaren Fasermaterialien - Einsatz von nicht benetzbaren, hydrophoben Werkstoffen Fig. 4: Gewünschte Eigenschaften eines Filtermediums für einen hygienischen optimalen Betrieb Diese Materialien sind weder zersetzbar oder verrottbar, noch sind chemische Zusätze wie Bindemittel, Farbstoffe oder Klebstoffe vorhanden. Die Filterfasern sind thermisch verbunden und bestehen allein aus den reinen Polymeren. Eine rückstandsfreie Verbrennung zu Kohlendioxid und Wasser ist bei der Entsorgung in Abfallverbrennungsanlagen möglich. Synthetische Filterfasern sind sehr elastisch. Dadurch ist Faserbruch oder Faserabwehung von der Oberfläche unmöglich. Organische Synthetikfasern sind nach dem heutigen Kenntnisstand frei von dem Verdacht auf krebserzeugendes Potential. In vielen Fällen ist für derartige Materialien sogar eine Zulassung nach der strengen U. S. FDA-Norm für den Einsatz in der Lebensmittelindustrie erhältlich. Im Gegensatz dazu sind die Glasfasern der vielfach verwendeten Glasfasertaschenfilter in der aktuellen Gefahrstoffverordnung TRGS 905 im Verzeichnis krebserzeugender erbgutverändernder und fortpflanzungsgefährdender Arbeitsstoffe gelistet, die vom BUNDESMINISTER FÜR ARBEIT UND SOZIALORDNUNG herausgegeben wird. Bezüglich der Feuchtigkeitsaufnahme sind hydrophobe Synthetiks wie z. B. Polypropylen vorzuziehen. Hier ist die Feuchtigkeitsaufnahme der Fasern und des gesamten Vliesstoffes nahe null. Das Auftreten von MO- Wachstum ist unwahrscheinlich. Auf der anderen Seite können derartige Materialien sehr atmungsaktiv gestaltet werden, so daß Wasserdampfdurchlässigkeit ein wichtiges Leistungsmerkmal ist.

8 FACHAUFSATZ 2 - Seite 8 von 9 Der Einsatz von Filtermedien aus synthetischen Komposits erscheint aus diesen genannten Gründen zur Aufrechterhaltung eines hygienisch einwandfreien Zustandes und zur Bekämpfung der SBS-Symptome in RLT- Anlagen besonders vorteilhaft. Zusammenfassung Soll eine RLT-Anlage unter hygienisch optimalen Bedingungen betrieben werden, ist der Einsatz von wirkungsvollen Raumluftfiltern der Filterklasse mindestens F7 notwendig. Außerdem ist die Beachtung der maximalen Filterstandzeit wichtig. Das Auftreten eines Filterkuchens ist dabei zu vermeiden. In einer Vielzahl der Fälle ist mit Beginn der Filterkuchenbildung die maximale Einsatzzeit begrenzt. Vorteile bieten sich bei der Auswahl von progressiven Tiefenfilter- oder Kompositmedien, da hier die Neigung zur Staubkuchenbildung herabgesetzt ist. Weiterhin ist Wert auf bestimmte Filterfasereigenschaften zu legen. Unverrottbarkeit, Hydrophobizität sowie mechanische Beständigkeit und Reinheit im Aufbau sind sehr gewünschte Eigenschaften, die vor allem durch synthetische Filtermaterialien erbracht werden können.

9 FACHAUFSATZ 2 - Seite 9 von 9 Autor: Dr.-Ing. Henrik Badt, Leiter Technik und Entwicklung der Kalthoff Luftfilter und Filtermedien GmbH, Selm Fachaufsatz 2 stellt die Kurzfassung eines Vortrages anläßlich der VDMA-Fachtagung "Luftfiltertechnik im Umbruch" am in Frankfurt dar.