Wie soll ich dich empfangen Liedpredigt über GL 166

Transkript

1 Wie soll ich dich empfangen Liedpredigt über GL 166

2 Vor ein paar Wochen war Pastorenrüstzeit auf Langeoog und ich bin auf die Insel gefahren mit dem Gebet: "Gott, ich möchte, dass Du meinen Glauben erfrischst. Ich will dir nicht nur dienen und über dich reden, ich möchte Deine Nähe mehr spüren." Im Prinzip was das Anliegen auch des Gebetsgartens ist, eine Insel in Wuppertal... Gott hat das auf mancherlei Weise getan, von zwei Erlebnissen möchte ich euch erzählen, weil sie deutlich machen, wofür der Ewigkeitssonntag steht. Zum einen stand ich am Busbahnhof und unterhielt mich mit einem älteren Pastor. Er erzählte mir, dass er eines Nachts wach lag und mit Schmerzen kämpfte und betete. Und, so sagte er, irgendwann fühlte er sich Jesus so nahe, dass er zu Jesus sagte und das habe er nur ein oder zwei mal im Leben so gesagt - "Jesus, jetzt ist doch so schön, ich würde gerne zu Dir gehen, weiter reden, aha, so siehst Du also aus." Er strich dann seiner Frau über die Wange und sagte, "aber es ist auch gut, dass ich hier geblieben bin." Ewigkeit. Das Ziel unsere Lebens, ein schöner Ort, Gott wird unter uns wohnen und unser Gott ein, auch ein Ort, der anders ist, wo wir vorher loslassen müssen, heute ist auch Totensonntag. Die zweite Begegnung hatte ich als ich auf der Insel früh morgens wach lag und so ein Mittelding zwischen nachsinnen und beten machte, betendes Nachdenken. Und ich fragte mich und Gott, wann endlich wirkliche Klarheit im Glauben da wäre, ohne Zweifel. Und dann auf einmal stand mir ganz klar ein Bibelvers vor Augen: Nichts kann uns trennen von der Liebe Gottes, die in Jesus Christus ist. Mit Gott habe ich immer wieder so meine intellektuellen Ringkämpfchen, kann man wirklich sich auf den Glauben verlassen, aber das Kreuz steht ganz fest in meinem Leben. Und so war das in einer lange drängenden Frage ein Stück Frieden finden. Gott wird greifbar in Jesus. Ich bin erfrischt nach Hause gefahren, Jesus war ganz greifbar für mich.. Und mit leiser Trauer: Wie schnell schwappt der Alltag über mich hinweg, auch Pastor sein ist ganz viel nüchterne Arbeit. Ewigkeit wird sein, wenn ich endlich da bin und zur Ruhe gekommen sein und Jesus sehe in der Ewigkeit. Und wir zusammen spazieren gehen, oder schweigend ein Steak essen oder eine Haustür einbauen. Und er mir das Leben erklärt oder einen neuen Auftrag gibt. Wie wird das sein, ihm entgegen zu treten, wenn ich zu ihm komme oder er zu mir, es beginnt bald der Advent. Jesus kommt zu uns, einmal am Anfang der Zeiten, am Ende oder, wenn wir vorher sterben, wir kommen zu Jesus. Wie wollen wir Jesus empfangen? Wie ihm begegnen? Diese Frage stellt Paul Gerhardt : Wie soll ich dich empfangen und wie begegn ich dir...? Wir werden in drei Schritten durch das Lied hindurchgehen. Sehnsucht, Aufbruch und Vertrauen. Immer wieder schweigen, in der Mitte vielleicht sogar Gedanken teilen. 1. Sehnsucht Wie soll ich dich empfangen und wie begegn ich dir, o aller Welt Verlangen, o meiner Seelen Zier? O Jesu, Jesu, setze mir selbst die Fackel bei, damit, was dich ergötze, mir kund und wissend sei. Jesus. Mein Herr und Heiland. Wenn wir nicht mehr im Konjunktiv reden, wenn wir nicht mehr vor die Tür treten, um in der Natur Gottes Größe zu erahnen, sondern wenn wir ihn sehen von Angesicht zu Angesicht. Wenn alles so tun als ob aufhört. Ewigkeit. Unser Leben passt oft nicht zur Ewigkeit. Als Paul Gerhard das Lied schreibt, liegt das Ende des 30-jährigen Krieges gerade fünf Jahre zurück. Aber das Elend, das er gebracht hat, liegt noch immer schwer auf den Menschen, die diesen Krieg überlebt haben. Die Pest greift um sich und raffte Menschen dahin, lässt ganze Ortschaften aussterben. Hunger macht sich breit, denn es gab gewaltige Ernteausfälle, weil keiner mehr da war, der die Felder hätte bestellen können.

3 Die Stadt Mittenwalde bei Berlin hatte nur noch ca. die Hälfte ihrer Einwohner, als Paul Gerhardt 1653 als Probst dort seine erste Pfarrstelle antrat. Sein Amtsvorgänger war von den Schweden am Altar erschossen worden. Wie soll ich Dich empfangen? So vieles so unheilig, unpassend für Gott,damals und heute. Ständig prasselt Imput auf uns herein, ständig das Handy, Internet, das Surren im Kopf wird immer lauter, eine Grunderregung, ein Grundrauschen, die Menschen immer müder. Unser Welt ist so hell, man sieht kaum noch Sterne. Ewigkeit, wie geht das? Wir brauchen Jesus, der uns bereit macht. Wer darf auf des HERRN Berg gehen, und wer darf stehen an seiner heiligen Stätte? so fragt der Psalm 24. Der unschuldige Hände und ein reines Herz hat, der seine Seele nicht auf Falsches richtet... diese Antwort reicht schon um zu merken, dass wir Jesus brauchen, um ihn selbst angemessen zu empfangen, Ewigkeit zu sehen Herr, geh weg von mir! Ich bin ein sündiger Mensch. sagt Petrus zu Jesus, als der ihm begegnet und ihm den reichen Fischfang beschert und Petrus merkt, Jesus ist Gott (Lk.5,8) Wir brauchen seine Vergebung, die Reinigung unserer Hände und Herzen, ehe wir einstimmen können in dieses Macht hoch die Tür, die Tor macht weit." Wir stehen nicht im eigenen Licht, er soll uns erleuchten, uns die Fackel geben, so wie beim fürstlichen Festmahl zu Zeiten Paul Gerhards hinter den Plätzen der Gäste Fackeln aufgestellt wurden und er soll uns zeigen, worüber er sich freut. Stille. Lasst uns die erste Strophe singen. STROPHE 1 2) Aufbruch Jesus soll uns den Weg zeigen, aber etwas können wir auch tun: 2. Dein Zion streut dir Palmen und grüne Zweige hin, und ich will dir in Psalmen ermuntern meinen Sinn. Mein Herze soll dir grünen in stetem Lob und Preis und deinem Namen dienen, so gut es kann und weiß. Nachdem Paul Gerhardt in der 1.Strophe den adventlichen Bibeltext von den zehn Jungfrauen die mit Fackeln auf den Bräutigam warten, aufgegriffen hat, zitiert er hier in der 2.Strophe die Geschichte vom Einzug Jesu in Jerusalem. Aber eine sehr große Menge breitete ihre Kleider auf den Weg; andere hieben Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg. Die Menge aber, die ihm voranging und nachfolgte, schrie: Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe! so berichtet uns Matthäus. Das, was die Menschenmassen Jesus damals zur Verfügung stellten, um Jesus einen würdigen und angemessenen Empfang zu bereiten Kleider und Palmenwedel, das ist für Paul Gerhardt sein Herz. Sein Herz will er Jesus zur Verfügung stellen. Das Herz als biblischer Begriff ist mehr als das Zentrum unserer Gefühle. Das Herz ist vielmehr das Zentrum meines Willens und damit das Zentrum der gesamten Person. All mein Wollen, meine Lebensziele, meine Wünsche und Gedanken, all das stelle ich dir zur Verfügung, sagt Paul Gerhardt. Es fällt auf, dass sowohl im Bericht vom Einzug Jesu in Jerusalem als auch im Liedtext unserer 2.Strophe das Hingeben mit Anbetung verbunden ist. Mein Herze soll dir grünen in stetem Lob und Preis.... Anbetung ist nicht ein paar Anbetungslieder singen, die irgend ein Gefühl ansprechen oder ein paar Choräle, weil es früher so schön war, sondern Anbetung ist, mein Herz, d.h. alles, was ich will, bin und habe ihm zur Verfügung stellen. Ihm Einlass in mein Leben geben mit allem, was zu mir gehört. Ob das dann wie sonst Band, mit Emotion oder nüchtern, mit Vierzeiler oder mit Choral geschieht, ist zweitrangig. Es ist allein eine Frage des

4 Geschmacks. Gleich bleibt immer mein Herz und das Gebet, das Du sprechen kannst: Herr, ich will Dir begegnen, ob ich viel mit diesem oder jenem Gottesdienst anfangen kann oder nicht, ob mir der Glauben überhaupt Sinn macht, ich will Dir begegnen. Stille und STROPHE 2 3) Vertrauen Sehnsucht, Aufbruch Das Herz ist entscheidend. Und dieses Herz begegnet dann Jesus. Ich möchte Euch Zeit geben, Euch in Ruhe diese drei Strophen einmal durchzulesen, betend durchzulesen. Paul Gerhard hat viel verloren, Kinder, zuletzt die Frau, auch die Anstellung, aber in Jesus viel gewonnen. Lies Dir die Zeilen einmal durch und schau, wo eine Verbindung zu Deinem Leben entsteht. Nach ein paar Minuten werden wir die Strophen singen und dann lade ich euch ein, in einem kurzen offenen Mikro eure Gedanken zu teilen zur Freude der anderen. Und sonst haben wir noch etwas mehr Stille Was hast du unterlassen zu meinem Trost und Freud, als Leib und Seele saßen in ihrem größten Leid? Als mir das Reich genommen, da Fried und Freude lacht, da bist du, mein Heil, kommen und hast mich froh gemacht. Ich lag in schweren Banden und kommst und machst mich los; Ich stand in Spott und Schanden, du kommst und machst mich groß. Und hebst mich hoch zu Ehren und schenkst mir großes Gut, das sich nicht lässt verzehren wie irdisch Reichtum tut. Nichts, nichts hat Dich getrieben zu mir vom Himmelszelt als das geliebte Lieben, damit Du alle Welt in ihren tausend Plagen und großen Jammerlast, die kein Mund kann aussagen so fest umfangen hast STROPHE 3-5 Offenes Mikro 4) Vertrauen und Zukunft Dieses ehrliche und tiefgründige Gebet, dieses Gebet, das über das unverständliche Tun Jesu staunt und ihm das Herz hingibt, verändert auch meinen Alltag. Vielleicht ganz unveränderte äußere Umstände dürfen wir in einem anderen Licht sehen, und vor allem: Wir brauchen sie nicht mehr allein bewältigen. Jesus kommt hinein in unser Leben, in unsere Plagen und Jammerlast wie auch hinein in unsere Tage, die wir genießen.so können wir denn Sorgen, Schmerz, Angst und Not bewältigen und auch Schuld und Anfechtung. Wir brauchen nicht zu erschrecken. Nicht erschrecken brauchen wir, weil uns nichts mehr von Gott trennen kann, weder Hölle, noch Tod und Teufel. Das schreib dir in dein Herze, du hochbetrübtes Heer, bei denen Gram und Schmerze sich häuft je mehr und mehr; seid unverzagt, ihr habet die Hilfe vor der Tür; der eure Herzen labet und tröstet, steht allhier. Ihr dürft euch nicht bemühen noch sorgen Tag und Nacht, wie ihr ihn wolltet ziehen mit eurer Armes Macht. Er kommt, er kommt mit Willen, in reiner Lieb entbrannt, all Angst und Not zu stillen, die ihm an euch bekannt. Auch dürft ihr nicht erschrecken vor eurer Sünden Schuld; nein, Jesus will sie decken mit seiner Lieb und Huld.

5 Er kommt, er kommt den Sündern zu Trost und wahrem Heil, schafft, dass bei Gottes Kindern verbleib ihr Erb und Teil. In diesem Vertrauen kann Paul Gerhardt auch ganz getrost im 10. Vers vom Weltgerichte singen.er weiß, wohin er geht. Er weiß, dass Jesus die Garantie dafür ist, dass er dieses Lebensziel erreicht. Es kommt nicht auf seine Leistung an, sondern nur darauf, sein Herz für Jesus offen zu halten, ihm sein Herz schenken, Was fragt ihr nach dem Schreien der Feind und ihrer Tück? Der Herr wird sie zerstreuen in einem Augenblick. Er kommt, er kommt, ein König, dem wahrlich alle Feind auf Erden viel zu wenig zum Widerstande seind. Er kommt zum Weltgerichte: zum Fluch dem, der ihm flucht, mit Gnad und süßem, Lichte dem, der ihn liebt und sucht. Ach komm, ach komm, o Sonne, und hol uns allzumal zum ewgen Licht und Wonne in deinen Freudensaal Ewigkeit. Wenn wir sie sehen, wird Kummer und Verlorenheit vergehen wie ein böser Traum in den Armen des Vaters oder der Frau oder im Gespräch mit der Freundin. Aber auch Finsternis und Sünde. Ewigkeit strahlt in Dein Leben, wenn Du dein Herz öffnest, stille wirst, gerade heute am Tag des Herrn. Auch mit Kindern kann man stille werden. Ich war gestern mit den Cookies überrascht, wie sehr die Kinder auch Stille wollen, es als Reichtum empfinden. Und dann sprecht ihr als Vater oder Mutter, Opa oder Oma, alleinstehender Freund von Patenkindern über die Ewigkeit, über Sehnsucht, über Begegnung und über Vertrauen. Heute ist der Tag, wesentlich zu werden. Und am anderen Ende des Lebens, wenn Du nach Hause gehst, in die Wohnung, aus der dein Mann schon vor so vielen Jahren getragen wurde. Es ist Advent. Der Heiland kommt, dein Herz zu laben und zu trösten mit Lieb und Trost. Und wir haben gerade für Dich dies Lied mit teurer Tinte und dicken Papier gedruckt, zur Erinnerung, dass da eine Gemeinschaft ist, die dich mitträgt und vor allem Dein Heiland. Und einmal wirst Du zu Hause sein, bei deinem Bräutigam und alle Not wird vorbei sein.