Horrheimer Krippenspiel 2004

Transkript

1 1 (von Antje Müller, Horrheim) Szene 1 : Hirtenkinder Erzähler: Ich will Euch eine Geschichte erzählen, die schon lange her ist. Die wichtigsten Personen in unserer Geschichte sind die Hirten von Bethlehem. Sie hatten kein einfaches Leben; denn die Weiden dort sind mager. Es ist eine Steppe, die Wüste Juda ist nicht weit. Die Schafe und Ziegen haben das bisschen Grün schnell abgeweidet, und dann müssen die Hirten weiterziehen. Ich will Euch von zwei Hirtenkindern erzählen, die Rahel und Micha heißen. Seit dem Tod des Vaters war die Mutter darauf angewiesen, dass die beiden den Hirten nützlich sein konnten: Zwei Esser weniger im Haus. Immer wieder durfte Rahel auch einen Krug Milch und etwas Käse nach Hause bringen. Das ging natürlich nur, wenn die Herden in der Nähe von Bethlehem weideten. Rahel, Micha, Kommt doch einmal her und stellt Euch selbst vor. Micha: Micha: Micha: Micha: Ich heiße Rahel. Und das ist Micha, mein Bruder. Wir zwei helfen den Hirten bei Bethlehem. Wir haben nur wenig Zeit zum Spielen. Wir melken die Ziegen, tränken die Lämmer und helfen beim Schafetreiben. Wir müssen auch gleich weiter und Holz fürs Lagerfeuer sammeln. Ihr bedauert uns vielleicht, weil wir so hart arbeiten müssen. Aber wir sind froh, dass uns die Hirten brauchen können. Die schönste Zeit am Tag ist der Abend, wenn die Tiere versorgt sind. Dann sitzen wir zusammen am Feuer. Manchmal erzählen die Hirten von früher. Besonders gerne mag ich die Geschichten von König David. Der war auch ein Hirtenkind wie wir. Er muss ein toller Bursche gewesen sein. Vor nichts hatte er Angst. Ich habe oft Angst, vor allem, wenn es finster ist. Neulich waren alle Hirten weggegangen. Sie meinten, wir Kinder würden schlafen, und hatten deshalb die Laterne mitgenommen. Wir waren wirklich froh, als Jona mit der Laterne zurückkam. Dann hat er etwas Merkwürdiges gesagt, was ich nicht verstanden habe: Es wird nicht dunkel bleiben über denen, die in Angst sind. Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht...

2 2 Ich habe es auch nicht verstanden, aber Jona hat es mir erklärt: Das große Licht ist nicht die Sonne, die Sterne oder eine Laterne. Gemeint ist der Messias, der Retter, den Gott irgendwann zu den Menschen schicken wird. Jona hat gesagt, das wäre eine Prophezeiung. Rahel, Micha. Ach, hier seit Ihr. Es gibt noch viel zu tun, bevor es dunkel wird. Zum Schwätzen ist jetzt keine Zeit. Habt Ihr schon das Holz gesammelt? Rahel und Micha schütteln den Kopf. Na, dann beeilt Euch mal. ( Alle ab ) Lied: Die Nacht ist vorgedrungen (EG 16, 1+4+5)

3 Szene 2 : Bei den Hirten 3 Erzähler: Die Hirten, bei denen Rahel und Micha leben, versorgen viele Schafe und Ziegen. Die Tiere gehören ihnen aber nicht. Der Besitzer ist ein reicher Mann, der in einem vornehmen Haus in Bethlehem wohnt. Er lässt sich nur selten bei den Herden blicken. Bei der Schafschur im Frühjahr passt er auf, dass die Hirten keine Wolle für sich behalten. Und wenn die Hirten im Herbst von den Bergweiden zurückkehren, dann kommt er auch. Wehe, wenn ein Tier fehlt und die Hirten nicht beweisen können, wo es geblieben ist. Herdenbesitzer: Ja, die Tiere gehören mir. Mir geht es wirklich nicht schlecht, die Geschäfte laufen gut. Wenn es nur nicht so anstrengend wäre, die Hirten zu überwachen. Ich muss denen ganz genau auf die Finger schauen. Ständig versuchen sie, mich übers Ohr zu hauen. Niemand in Bethlehem traut den Hirten über den Weg, und ich auch nicht! (Herdenbesitzer ab) Erzähler: Jetzt wird es langsam Nacht. Die Schafe müssen zusammengetrieben werden. Dabei helfen alle mit. Das ist harte Arbeit. Dann sitzen sie alle beieinander ums Feuer. Sie essen frisch gebackene Brotfladen und Ziegenkäse, trinken Ziegenmilch und Wasser aus dem Brunnen. Hören wir doch einmal zu, wie sich die Hirten unterhalten: Ruben: Gestern war ich seit langem mal wieder in Bethlehem. Ich habe mich gewundert, wo die vielen Fremden herkommen. Samuel: Du wunderst dich über so manches! Ruben: Die Leute von Bethlehem haben mich ausgelacht. Du dummer Hirte, haben sie gesagt. Weißt Du denn nichts über die Volkszählung? Jakob: Was ist das, eine Volkszählung? Ruben: Wusste ich auch nicht irgend so eine Idee von Kaiser Augustus. Vielleicht langweilt er sich. Samuel: Ich glaube eher, dass er Geld braucht. Der Kaiser möchte wissen, wer Land besitzt. Jakob leert seine Taschen aus. Jakob: Also, von mir kann er nichts kriegen. Ruben: Sollen die vornehmen Herren doch machen, was sie wollen. Um uns kümmert sich ja doch keiner. Jakob: Da hast Du recht, Kaiser hin, König her. Samuel: Wir brauchen einen neuen König, einen wie König David. Dann werden die Zeiten wieder besser.

4 4 Vielleicht kommt er ja bald, der ganz andere König. Gott hat ihn versprochen. Als Kind habe ich gelernt was beim Propheten Sacharja steht: Du Tochter Zion, freue Dich sehr, und Du Tochter Jerusalem jauchze! Siehe, Dein König kommt zu Dir, ein Gerechter und ein Helfer, arm und reitet auf einem Esel, auf dem Füllen einer Eselin. Jakob: So einen haben wir nötig, einen, der wirklich für die Menschen da ist und nicht nur in die eigene Tasche schafft. Micha: Habe ich richtig gehört? Er reitet auf einem Esel, nicht auf einem Pferd? Dann ist er ja einer wie wir! Du hast es erfasst. Dieser König schaut nicht auf uns Hirten herab. Er braucht weder Schwerter noch Soldaten. Er wird den Menschen den Frieden bringen. Lied: Tochter Zion (EG 13, 1-3)

5 Szene 3 : Maria und Josef 5 Erzähler: In unserer Geschichte gibt es noch zwei wichtige Personen. Sie heißen Maria und Josef. Im Moment finden wir die beiden in Nazareth. Aber bald werden sie eine große Reise machen. Josef ist ein fleißiger Zimmermann. Den ganzen Tag hämmert und hobelt er in seiner Werkstatt. Keiner kann so gut die Dachbalken sägen wie er. Maria bekommt bald ihr erstes Kind. Wenn Josef draußen im Dorf bei der Arbeit ist, bereitet Maria alles für ihr Jesus-Kind vor. Sie näht Decken und kleine Jäckchen. Ihr Jesus-Kind soll am Tag nicht schwitzen und in der Nacht nicht frieren. Heute hobelt Josef gerade an einer Tischplatte für Maria. Plötzlich hört Josef in der Ferne Pferdegetrappel. Immer näher kommt es. Aufgeregte Stimmen und Schreie sind auf der Straße zu hören. Es ist ein Bote des Kaisers aus Rom. Bote: Hört her, Ihr Leute aus Nazareth! Der Kaiser in Rom hat es befohlen: Alle Menschen in seinem Reich sollen gezählt werden. Jeder muss in den Ort ziehen, wo er geboren wurde. ( Bote ab ) Wir müssen nach Bethlehem, Maria. Maria (erschrocken): Kind. Aber der Weg ist so weit, und ich bekomme doch bald mein Du weißt doch, ich habe von meinem Vater das Feld in Bethlehem geerbt. Wir müssen uns in die Liste eintragen lassen und Steuern für das Feld bezahlen. Das ist ein Befehl des Kaisers. Zu Fuß brauchen wir bestimmt 8 Tage bis Bethlehem. Und ich kann nicht mehr gut laufen. Wir müssen. Wenn es Gottes Wille ist, dass wir diese Reise machen, dann wird er uns auch helfen. Erzähler: Am nächsten Morgen holt Josef den Esel aus dem Stall. Dann verschnürt er in vielen Bündeln Brot und Käse, packt warme Decken dazu und steckt alles in die Satteltaschen. Zum Schluss setzt er Maria auf den Rücken des Esels, und langsam ziehen sie los. Viele Tage sind sie unterwegs auf den heißen Wüstenwegen. Eines Abends tauchen in der Ferne die Stadtmauern von Bethlehem auf. Der Wächter auf dem Turm kündet mit seinem Lied die Nacht an. Wächter: Hört, Leute, hört mir alle zu: das große Tor schließ ich im Nu. Ich halte heute Nacht die Wacht, damit hier keiner Blödsinn macht. Ihr könnt ruhig schlafen geh'n, Niemand kommt an mir vorbei, ich werde nach dem Rechten seh'n. ob Freund, ob Feind, mir einerlei.

6 6 (Wächter ab.). Lied: Macht hoch die Tür (EG 1, 1-3)

7 Szene 4 : Herbergssuche 7 Josef, ist der Weg noch weit? Meine Füße sind müde und mein Rücken tut weh. Komm, Maria, stütz Dich auf mich. Es ist nicht mehr weit. Da vorn sehe ich Lichter. Ach, wäre das schön, ein Zimmer zu bekommen, ein warmes Essen und eine Decke zum Schlafen. Wir werden sicher etwas finden. Bethlehem ist eine gastfreundliche Stadt. Sieh nur, Maria, da ist eine Herberge. Ein schönes Schild: Gasthaus zur goldenen Krone. (Josef klopft an. Der Wirt kommt heraus.) Wirt 1: Wer klopft da so spät? Guten Abend, Herr Wirt! Wir suchen ein Nachtlager. Wirt 1: Na, da wird nichts draus. Mein Haus ist voll. Ich habe keinen Platz mehr für Fremde. Tut mir leid. (Wirt 1 ab) Da drüben hängt noch ein Schild: Herberge zum weißen Lamm. Versuche es dort einmal. (Josef klopft an) Guten Abend. Wir kommen aus Nazareth und wir brauchen dringend eine Unterkunft. Meine Frau steht kurz vor der Geburt, bitte helfen Sie uns. Wirt 2: So wie Ihr ausseht, habt Ihr kein Geld. Nein, solche Bettler wie Ihr kann ich nicht aufnehmen. Ihr ruiniert ja den Ruf meines Hauses. Schaut, dass Ihr weiterkommt. (Wirt 2 ab) Josef, wo sollen wir denn heute nacht schlafen. Gibt es denn niemanden, der uns ein Zimmer geben will? Ich weiß es nicht, Maria. Einmal will ich es noch versuchen. Da vorn ist das Gasthaus Zum stolzen Adler. (Josef klopft an. Wirt und Wirtin erscheinen.) Wirt 3: Wirt 3: Ja, was ist denn! Kann man denn nicht in Ruhe zu Abend essen? Ich kann es nicht leiden, wenn mich jemand dabei stört. Ja, ich kann mir schon denken, was Ihr wollt. Entschuldigung, wir haben gedacht... Was Ihr schon so denkt! Habt Ihr nicht vorher reserviert? Ja, gute Leute, was glaubt Ihr denn, was hier los ist? In ganz Bethlehem gibt es kein freies Bett mehr. So sieht es aus. Ich könnte das Geschäft meines Lebens machen, wenn ich im vorigen Sommer noch ein paar Räume angebaut hätte.

8 8 (Josef und Maria wollen weggehen) Wirt 3: Ja, wo wollt Ihr denn hin? Ihr könnt doch nicht unter freiem Himmel schlafen. Ich will mal überlegen. Wenn es Euch nichts ausmacht, bequem ist es nicht gerade, aber es ist trocken, und Ihr seid vor Regen und Wind geschützt. Ja, ich kann Euch meinen Stall anbieten. Kommt mit! Vielen Dank. Wir waren schon ganz verzweifelt. Sie sind sehr großzügig. Wir werden Ihnen das nicht vergessen. Wirtin 3: Geht Ihr schon mal vor, ich hole nur schnell eine Lampe und einen Besen. Es ist schrecklich schmutzig im Stall. Was denken sonst die Nachbarn, wenn wir Euch dort schlafen lassen. (Alle ab) Lied: Es ist ein Ros entsprungen (EG 30, 1-3)

9 Szene 5 : Die Hirten auf dem Felde 9 Erzähler: In der Nacht, als Jesus geboren wurde, waren die Hirten nicht in Bethlehem. Die Menschen in Bethlehem wollten die Hirten schon am Tag nicht in ihrer Stadt haben, erst recht nicht in der Nacht. Hirten müssen auch nachts auf ihre Schafe und Ziegen aufpassen. Von der Geburt Jesu bekamen die Hirten nichts mit. Was die Hirten hörten, war das Blöken ihrer Schafe und das Meckern ihrer Ziegen. Was die Hirten sahen, war das Licht des Feuers, dass sie angezündet hatten, um die wilden Tiere abzuschrecken. Die Hirtenkinder waren nach einem langen anstrengenden Tag längst eingeschlafen. Es war spät geworden und sehr still draußen. (Leise Musik ertönt von Ferne.) Erzähler: Auf einmal hörten die Hirten in der Ferne ein Singen und Klingen. Von weither ertönt Musik. Sie kommt näher und näher. Mit einem Mal war es, als sei die Sonne auf die Erde gefallen, so hell war es. Ein Engel stand da, ein richtiger Engel. Dieses strahlende Licht mitten in der Nacht und ein Bote Gottes so nah bei ihnen, das war den Hirten unheimlich. Sie stürzten zu Boden und fürchteten sich sehr. Da blickte der Engel sie an und sprach: Engel: Fürchtet euch nicht! Ich verkündige euch große Freude. In Bethlehem ist ein Kind in einem Stall geboren. Das hat Gott zu Euch geschickt. Es liegt in einer Futterkrippe und heißt Jesus. Frieden und Freude sei mit euch. Erzähler: Als der Engel fertig geredet hatte, da wurde es noch heller. Erde und Himmel waren voller Licht. Die Engel im Himmel lobten Gott und sangen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei allen Menschen, die Gott liebt! Genauso schnell, wie sie gekommen waren, verschwanden die Engel auch wieder. Es war dunkle Nacht. Die Hirten waren wieder allein mit ihren blökenden Schafen und meckernden Ziegen. War wirklich alles wie vorher? Micha: Jona, was war das? Ich verstehe das alles nicht. Ich verstehe das auch nicht. Aber sehen will ich das Kind, zu dessen Geburt der Himmel zu singen beginnt. Das Kind liegt in einer Futterkrippe im Stall, das habe ich genau verstanden. Samuel: Mit Ställen kennen wir uns ja aus, wir werden schon den richtigen finden. Was bringen wir dem Kind denn mit? Ruben: Daran habe ich ja noch gar nicht gedacht.

10 Jakob: Ich bringe ihm frische Milch. 10 Samuel: Hier ist etwas Käse. Ich habe ein warmes Schaffell für das Kind. Ruben: Wir haben noch Brotfladen übrig, die will ich dem Kind überlassen. Micha hält eine Laterne hoch: Darf ich dem Kind dieses Licht schenken? Ich habe nichts für das Kind. Darf ich trotzdem mitkommen? Sei nicht traurig, Rahel. Kommt, wir wollen das Kind suchen. (Jona nimmt Rahel an die Hand.) (Beim Zug durch Bethlehem sieht sie Wirt2, der gerade aus dem Fenster schaut.) Wirt 2: Nanu, was ist das denn? So spät in der Nacht gehen Hirten hier durchs Dorf? Die führen bestimmt nichts Gutes im Schilde. Wie kommen die dazu, die Schafe allein zu lassen? Na wartet! Wehe, wenn eins der Schafe fehlt! Dann gibt es aber Ärger! (Wirt 2 ab.) Lied: Kommet, ihr Hirten EG 48, 1-3

11 Szene 6: An der Krippe 11 (Es klopft.) Hast du das auch gehört, Maria? Es hat an der Tür geklopft. Wer mag das sein, vielleicht ist es der Wirt. (Die Hirten treten ein.) Seid uns willkommen! Guten Abend. Ja, ich glaube, hier sind wir richtig. Da liegt das Kind in der Krippe, genau wie der Engel gesagt hat. Samuel: Wir sind arme Leute, aber wir wollen euch geben, was wir haben. (Die Hirten übergeben ihre Geschenke.) Wir freuen uns, dass ihr gekommen seid. Vielen Dank für eure Gaben! Kommt näher zur Krippe, ihr Kinder, und seht, was Gott uns allen für ein wunderbares Geschenk machen will. Lied: Ihr Kinderlein, kommet (EG 43, 1 4) ENDE.