DR. HANS RIEGEL FACHPREIS 2013 SAMMELBAND DER PRÄMIERTEN FACHARBEITEN SPANNEND VIELFÄLTIG INFORMATIV

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1 DR. HANS RIEGEL FACHPREIS 2013 SAMMELBAND DER PRÄMIERTEN FACHARBEITEN SPANNEND VIELFÄLTIG INFORMATIV

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3 Vorwort Der Übergang von der Schule zur Hochschule ist der Ruhr-Universität Bochum ein ebenso wichtiges Anliegen wie die sorgfältige Planung und Durchführung von Studium und Lehre. Die JUNGE UNI bündelt daher über 200 Projekte im Jahr, in denen Schülerinnen und Schüler aller Altersstufen für Wissenschaft begeistert werden. Dies ist uns auch 2013, im Jahr des Doppelten Abiturjahrgangs, ein wichtiges Ziel. Die Verleihung des Dr. Hans Riegel-Fachpreises an der Ruhr-Universität Bochum findet 2013 zum vierten Mal statt. Mit dem Ziel, Nachwuchswissenschaftler/innen zu entdecken und zu fördern, werden mit diesem Preis hervorragende schulische Facharbeiten durch unsere Juniorprofessoren begutachtet und prämiert. In den naturwissenschaftlichen Fächern Biologie, Chemie, Geographie, Mathematik und Physik können sich Schülerinnen und Schüler mit ihren in der 11./12. Klasse geschriebenen Facharbeiten bewerben. Besonderer Dank gilt in diesem Zusammenhang allen Schülerinnen und Schülern, die ihre äußerst eindrucksvollen Facharbeiten eingesendet haben. Ein ebenso großes Dankeschön gilt unseren engagierten Juniorprofessoren, die diesen Wettbewerb durch ihr zusätzliches Engagement ermöglicht haben. Auch in diesem Jahr sind die Themenvielfalt und die Qualität der Facharbeiten so bemerkenswert, dass wir uns erneut dazu entschieden haben, diese Arbeiten in einem gemeinsamen Sammelband zu veröffentlichen. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen! Mit freundlichen Grüßen Ihr Prof. Dr. Elmar Weiler Rektor der Ruhr-Universität Bochum 001

4 PRÄMIERTE FACHARBEITEN inhalt

5 INHALT VORWORT 001 EINLEITUNG 005 BIOLOGIE FLORIS PARISI: MIKROSKOPISCHE UNTERSUCHUNG BLATTANATOMISCHER ANPASSUNGEN AN VERSCHIEDENE WASSERANGEBOTE FABIAN KARWINKEL: DIE ÖKOLOGIE DER UFERSCHWALBE UNTER BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG DER BESTANDSENTWICKLUNG IN DER HAMMER LIPPEAUE ANJA ÜBERLA: NACHWEIS GENETISCH VERÄNDERTER NAHRUNGSMITTEL IM DEUTSCHEN LEBENSMITTELHANDEL CHEMIE KERSTIN YANG ZHANG: UNTERSUCHUNG DES COFFEINGEHALTS VERSCHIEDENER TEEGETRÄNKE MITHILFE DER HOCHLEISTUNGSFLÜSSIGKEITSCHROMATOGRAPHIE NIKITA BULDYRSKI: ORIGINAL ODER FÄLSCHUNG ERARBEITUNG DER GRUNDLAGEN EINES MASSENSPEKTROMETISCHEN VERFAHRENS (LA-ICP-MS) ZUR EXPERIMENTELLEN UNTERSUCHUNG VON SCHRIFTPROBEN KATRIN HÄTTIG: PFÜTZEN WEG MINERALIEN AUCH?! EINFLUSS DER DRAINAGEVERBESSERUNG DURCH SAND AUF DIE IONEN DES STICKSTOFFKREISLAUFS GEOGRAPHIE LARS MÖLLER: DIE IMPLEMENTIERUNG DER ENERGIEWENDE AUF NATIONALER UND KOMMUNALER EBENE AM BEISPIEL DEUTSCHLANDS UND DER STADT BOCHUM SVENJA MENGE: KLEBT BLUT AN MEINEM HANDY? - AUSWIRKUNGEN DES WIRTSCHAFTLICHEN WIRKENS VON INDUSTRIESTAATEN AUF ENTWICKLUNGSLÄNDER AM BEISPIEL DES COLTAN- ABBAUS IN DER DEMOKRATISCHEN REPUBLIK KONGO - SOPHIA PLATEN: IST ES SINNVOLL, DIE BOCHUMER STRASSE IN GELSENKIRCHEN-ÜCKENDORF ALS EINZELHANDELSSTANDORT NOCH WEITER ZU FÖRDERN? - EINE UNTERSUCHUNG ZUR STÄDTEBAULICHEN ZUKUNFT EINES EINZELHANDELSSTANDORTS AUF DER BASIS EIGENER ERHEBUNGEN MATHEMATIK JULE THEIMER: MATHEMATHISCHE MODELLIERUNG DES BLUTZUCKERSPIEGELS 145 BEI GLYKOGENOSE TYP I TIM SCHRÖDER: DIE GEOMETRIE KOMPLEXER ZAHLEN 163 PHYSIK MAX PERNKLAU: ANALYSE VON ROTATIONSBEWEGUNGEN AM BEISPIEL DES TREBUCHETS 181 JESSICA GÖBEL: EXPERIMENT ZUR h-bestimmung MITHILFE DES PHOTOELEKTRISCHEN EFFEKTS 195 PHILIPP PIONTEK: FUSIONSREAKTOREN KERNFUSION UND IHRE ANWENDUNG ZUR ENERGIEGEWINNUNG 207 IMPRESSUM ANHANG

6 PRÄMIERTE FACHARBEITEN Einleitung

7 Einleitung: Tausche Schule gegen Hörsaal Alle Projekte und Beratungsangebote finden Sie online unter: Die Ruhr-Universität Bochum (RUB) hat als Volluniversität mit 20 Fakultäten eine langjährige Tradition in der Durchführung von Schulprojekten. Seit vielen Jahren werden mehrere tausend Schüler/innen und ganze Schulklassen kontinuierlich an die RUB eingeladen, um an einer Reihe von fakultätsübergreifenden Angeboten teilzunehmen. Neben dem Alfried Krupp-Schülerlabor, das die ganze Fächerbandbreite vom Ingenieurwesen bis zur Philosophie repräsentiert, ermöglicht die SchülerUni den Schüler/innen der Oberstufe bereits ein Studium während der Schulzeit. Beim bundesweiten Girls Day besuchen Schülerinnen Veranstaltungen in den MINT-Fächern und Schüler erforschen beim Boys Day die Geistes- und Gesellschaftswissenschaften. Die Aufzählung könnte man so weiterführen, vom Einblick, dem Schüler-Vorlesungsverzeichnis bis hin zum Tag der offenen Tür. Dies zeigt, wie stark die RUB sich für einen erfolgreichen Übergang von der Schule zur Hochschule engagiert. Um die fachliche Bandbreite und die Vielzahl dieser Aktivitäten sichtbar zu machen, wurde unter dem Titel Junge Uni ein Gesamtkonzept für die Ruhr-Universität Bochum entwickelt. Das Label Junge Uni trägt dazu bei, das langjährige und vielfältige Engagement der RUB auf einen Blick sichtbar zu machen. Hier werden alle Veranstaltungen, Mitmach- und Informationsangebote für Schüler/innen gebündelt. Die Junge Uni unterstützt nicht nur den Weg von der Schule zur Hochschule aktiv sondern weckt auch frühzeitig die Begeisterung für Wissenschaft und Forschung. Dazu wurde ein einzigartiges Konzept von aufeinander aufbauenden Projekten entwickelt, so dass Schüler/innen von der Grundschule bis zum Abitur kontinuierlich eingeladen sind, zu uns zu kommen. Die einzelnen Projekte informieren die Schüler/innen umfassend, aktuell und verständlich und beziehen sie in den Hochschulalltag mit ein. Die Bündelung der Projektbausteine der Universität erhöht die Sichtbarkeit der einzelnen Angebote und verschafft der Zielgruppe einen schnellen Zugriff auf alle relevanten Informationen und Neuigkeiten. Spätestens mitten in der Abiturphase stellen sich die Schüler/innen die Frage nach den beruflichen Möglichkeiten und Wünschen. Die Flut an Beratungsangeboten und Informationsmaterialien in Bezug auf die Berufs- und Studienwahl wird vielfach als unübersichtlich empfunden. Hier setzt die Junge Uni an und ermöglicht die Fakultäten und die Menschen dahinter kennenzulernen. Durch Informationen aus erster Hand kann sich hier ein eigenes unverfälschtes Bild gemacht werden. Das Studium wird erleb und somit greifbar. Die eigenen Vorstellungen werden um neue Erkenntnisse erweitert und schaffen eine Grundlage, auf welcher die Berufs- und Studienwahl getroffen werden kann. Durch die Möglichkeit, sich bereits als Schüler/in intensiv vor Ort mit der eigenen Studien- und Berufswahl auseinander zu setzten und Beratungsangebote wahrzunehmen, kann ein Studienfachwechsel oder ein Studienabbruch vermieden werden. Der Dr. Hans Riegel-Fachpreis ist ein zentraler Teil der Initiative Junge Uni und wird in Kooperation mit der Dr. Hans Riegel-Stiftung verliehen. Hierbei werden besonders gute Facharbeiten von Schüler/innen der Sekundarstufe II in den Fächern Biologie, Chemie, Geographie, Mathematik und Physik ausgezeichnet. Die jeweils drei besten Arbeiten der o.g. Schulfächer werden ausgewählt und mit Preisgeldern im Gesamtwert von Euro ausgezeichnet. Ziel des Wettbewerbs an der RUB ist es, junge Talente im mathematisch- naturwis

8 senschaftlichen Bereich zu fördern und frühzeitig den Kontakt zur Universität und der Wissenschaft herzustellen. Zudem wird durch diesen Wettbewerb der Austausch zwischen den Bildungsträgern Schule und Universität unterstützt und so eine bessere Begabtenförderung erreicht. Der Dr. Hans Riegel-Fachpreis ist ein niedrigschwelliges Angebot für die Schüler/innen, da sie die Facharbeiten in der 11./12. Klasse bereits geschrieben haben. Dennoch erfordert es sehr viel Mut, noch vor der Bewertung durch die Schule, die Facharbeit an der Universität einzureichen. Beim diesjährigen Wettbewerb sind 48 Facharbeiten eingegangen, die von den Juniorprofessoren der RUB gelesen und begutachtet wurden. Im vorliegenden Band sind die 14 besten Facharbeiten gesammelt. Dies ist eine Wertschätzung und Auszeichnung, der Leistung der Autoren/innen, der Schulen und Familien. Biologie Die im Bereich Biologie prämierten Facharbeiten spiegeln besonders den Alltagsbezug des Faches wieder: Die Experimente zur gentechnischen Veränderung von Produkten auf dem deutschen Lebensmittelmarkt von Anja Überla, die Untersuchung der Uferschwalbenpopulation in der Hammer Lippaue von Fabian Karwinkel und Floris Parisis mikroskopische Untersuchung zur Anpassung von Blättern an das Wasserangebot zeigen wie vielfältig das Fach Biologie ist. Chemie Im Fach Chemie erforscht Katrin Hättig, ob die Beimischung von Sand wirklich ein guter Tipp für Gartenfreunde ist. Nikita Buldyrski untersucht gefälschte Schriftproben mit dem Massenspektrometer und Kerstin Yang Zhang bringt mit Hilfe der Hochleistungsflüssigkeitschromatographie in Erfahrung, wie viele Tassen Tee man trinken müsste, um den entsprechenden Koffeingehalt einer Tasse Kaffee zu erreichen. Geographie Die Gewinner/innen des Bereiches Geographie beschäftigen sich mit regionalen und überregionalen Problematiken: Sophia Platens Untersuchungen weisen auf die städtebauliche Zukunft der Bochumer Straße hin, Lars Möller untersucht die Implementierung der Energiewende in Bochum und Svenja Menge berichtet über den Abbau des Rohstoffes Coltan in der Demokratischen Republik Kongo. Mathematik Im Bereich Mathematik stellt Tim Schröder die Wichtigkeit der komplexen Zahlen für das gesamte Fach Mathematik heraus und Jule Theimer entwickelt eine Methode zur mathematischen Modellierung des Blutzuckerspiegels für Glykogenose Typ I-Betroffene. Physik Auch im Fach Physik wird der Anwendungsbezug deutlich: Philipp Piontek untersucht die Kernfusion in Reaktoren im Hinblick auf ihre Anwendung zur Energiegewinnung, Jessica Göbel bestimmt mit Hilfe des photoelektrischen Effekts den Faktor h und Max Pernklau führt eine Analyse von Rotationsbewegungen an einem selbstgebauten Trebuchet, einem mittelalterlichen Wurfgeschoss, durch. Die Facharbeiten sind in diesem Sammelband ohne die ursprünglichen Anhänge abgebildet. Diese können online unter eingesehen werden. PRÄMIERTE FACHARBEITEN Einleitung

9 Wir freuen uns über die zahlreich eingegangenen Facharbeiten und gratulieren den diesjährigen Gewinner/innen des Dr. Hans Riegel-Fachpreises und laden Sie herzlich ein wiederzukommen! Unser besonderer Dank gilt insbesondere den Juniorprofessoren für die hervorragende Zusammenarbeit und ihr Engagement. Ohne sie, hätte der Wettbewerb nicht realisiert werden können. Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen! Dr. Heike Hunneshagen Ruhr-Universität Bochum Koordinatorin Junge Uni Danuta Popanda Ruhr-Universität Bochum Koordinatorin Dr. Hans Riegel-Fachpreis

10 Fabian Karwinkel 2. Platz Biologie Gymnasium Hammonense Hamm Floris Parisi 1. Platz Biologie Pestalozzi-Gymnasium Herne Anja Überla 3. Platz Biologie Gymnasium Waldstraße Hattingen PRÄMIERTE FACHARBEITEN Biologie

11 Biologie 1. Platz: Floris Parisi Pestalozzi-Gymnasium Herne Betreuende Lehrperson: Gutachter: Frau Svoboda Jun.-Prof. Dr. Robert Kourist Jun.-Prof. Dr. Lars Leichert Mikroskopische Untersuchung blattanatomischer Anpassungen an verschiedene Wasserangebote 1. Einleitung 1.1 Begründung der Themenwahl Durch ein Praktikum am Lehrstuhl für Evolution und Biodiversität der Pflanzen der Ruhr-Universität Bochum konnte ich mit der Thematik, die pflanzenanatomischen Anpassungen an verschiedene Wasserangebote zu untersuchen, einen methodischen Schwerpunkt setzen. Gleichzeitig hatte ich bereits Erfahrungen mit den histologischen Techniken. Prof. Dr. Stützel empfahl mir, mich auf die Blattanatomie zu beschränken, um im formalen Rahmen einer Facharbeit zu bleiben. 1.2 Ökologische Taxonomie der Pflanzen Lebewesen benötigen für ihren Stoffwechsel Wasser aus ihrer Umgebung. Wasser ist ein abiotischer Umweltfaktor und in der Natur vergleichsweise knapp bemessen. Es fungiert in lebenden Systemen als Lösungs- und Transportmittel und ist als Reaktionspartner an zahlreichen biochemischen Prozessen beteiligt. Bei Pflanzen trägt Wasser gleichzeitig über den hydrostatischen Innendruck turgeszenter Zellen zur Stabilität des Pflanzenkörpers bei, soweit er nicht verholzt ist (BAYRHUBER et al. 2012). Pflanzen sind durch ihre Immobilität an die Ressourcen ihrer unmittelbaren Umgebungen gebunden, woraus sich spezielle Ansprüche an ihre Organsysteme ergeben. Im Pflanzenreich kam es daher zu anatomischen Anpassungen an verschiedene Wasserangebote. Pflanzen werden unter diesem Aspekt taxonomischen Gruppen zugeordnet: Einige höherentwickelte Moose und Farne und höhere Pflanzen haben sich sekundär dem Leben im Wasser angepasst. Bei Wasserpflanzen (Hydrophyten) wird zwischen untergetauchten (submersen) und schwimmenden Arten unterschieden. In feuchten Nebel- und Regenwäldern und Hochgebirgswäldern, aber auch in schattigen Wäldern der gemäßigten Zone, kommen krautartige Feuchtpflanzen (Hygrophyten) vor. Diese Arten sind hydrolabil. Sie können nur schwer ihren Wasserhaushalt regulieren und erleiden häufig schon bei kurzen Trockenperioden Wasserstress. Pflanzen mäßig

12 feuchter bis mäßig trockener Habitate werden als Mesophyten bezeichnet. Sie nehmen die Stellung zwischen den Hygrophyten und Xerophyten ein und können als Normalform der Pflanzen bezeichnet werden (POTT & HÜPPE 2007). 1.3 Histologie der Pflanzenblätter Die Organe von Gefäßpflanzen sind aus einem Abschluss-, einem Grund- und einem Leitgewebe aufgebaut. Diese Gewebesysteme differenzieren sich während der pflanzlichen Embryonalentwicklung und setzen sich aus verschiedenen Zelltypen zusammen, die ihre Funktion bedingen (SADAVA et al. 2011). Das Abschlussgewebe wird von der Epidermis gebildet, die häufig aus einer Zellschicht besteht und als äußere Hülle fungiert. Den Hauptteil des epidermalen Gewebes bilden Epidermiszellen mit wechselnden Formen. Sie besitzen nur selten Chloroplasten und sezernieren eine hydrophobe Cuticula, die größtenteils aus Cutin (einem Polymer aus langkettigen Fettsäuren) und darin eingelagerten Lipiden und Zellwandpolysacchariden besteht. Die Cuticula begrenzt den Wasserverlust, schützt das Blatt vor schädlicher Sonneneinstrahlung und bildet eine Barriere gegen Pathogene. Während der Entwicklung der Pflanze können sich Epidermiszellen zu Schließzellen und Pflanzenhaaren (Trichomen) differenzieren. Schließzellen bilden Spaltöffnungen zum Gasaustausch mit der Außenluft und kommen häufig nur auf der Blattunterseite vor. Trichome schützen das Blatt vor Insekten und schädlicher Sonneneinstrahlung (SA- DAVA et al. 2011). Unter der Epidermis kann eine Hypodermis liegen, die sich morphologisch von dem darunter liegenden Gewebe unterscheidet (WANNER 2004). Das Grundgewebe (Mesophyll) wird von der Epidermis umgeben und ist meistens in ein Palisaden- und Schwammparenchym differenziert. Das Palisadenparenchym befindet sich auf der Blattseite, die dem Licht zugewendet ist, und besteht häufig aus einer einzigen Zellschicht. Es fungiert als primäres Photosynthesegewebe und setzt sich aus langgestreckten Zellen zusammen, die eng bei einander liegen und zahlreiche Chloroplasten enthalten. Das Schwammparenchym liegt meistens auf der Blattunterseite und besteht aus chloroplastenärmeren Zellen mit unregelmäßigen Formen. Durch seine großen Interzellularen besitzt das Schwammparenchym eine große Oberfläche für einen schnellen Gasaustausch zwischen dem Photosynthesegewebe und der Außenluft. Parenchymzellen besitzen dünne Zellwände, die aus einer Primärwand und einer gemeinsamen Mittellamelle bestehen (SADAVA et al. 2011). Das Leitgewebe liegt im Mesophyll und besteht aus Xylem- und Phloemzellen. Das Xylem transportiert Wasser und darin gelöste Mineralien zu allen Teilen des Pflanzenkörpers. Die wasserleitenden Zellen des Xylems durchlaufen einen programmierten Zelltod (Apoptose), bevor sie ihre Funktion ausüben, und werden in zwei Zelltypen unterteilt: Tracheiden und Tracheenglieder (Gefäßelemente). Tracheiden sind stammesgeschichtlich älter als Tracheenglieder und kommen bei Gymnospermen und anderen Gefäßpflanzen vor. Sie haben eine spindelartige Form und besitzen Aussparungen in ihren Sekundärwänden (Tüpfel). Durch das Auflösen ihrer Protoplasten können Wassermoleküle und Mineralien mit geringem Widerstand über die Tüpfel von einer Tracheide zur nächsten gelangen. Tracheenglieder treten bei Blütenpflanzen auf. Sie besitzen Tüpfel mit größeren Durchmessern und lagern Lignin (ein kohlenstoffhalti- PRÄMIERTE FACHARBEITEN Biologie

13 ges Polymer) in ihre Sekundärwände ein. Indem sie mit ihren waagerechten Querwänden aufeinandertreffen und diese stellenweise auflösen, bilden sie eine durchgehende Röhre. Bei vielen Angiospermen enthält das Xylem neben Tracheengliedern auch Tracheiden (SADAVA et al. 2011). Das Phloem transportiert organische Stoffe, wie Kohlenhydrate und Aminosäuren, vom Ort ihrer Biosynthese (hauptsächlich den Blättern) zu den Zellen, die sie verbrauchen oder speichern. Die typischen Zellen des Phloems sind die Siebröhrenglieder. Sie grenzen mit ihren waagerechten Querwänden aneinander und stehen über Plasmodesmen in Verbindung. Obwohl Siebröhrenglieder keine Apoptose durchlaufen, lösen sie einige Bestandteile ihrer Protoplasten auf. Sie werden daher über Geleitzellen versorgt, die sämtliche Organellen beibehalten. Bei den meisten Pflanzenblättern ist das Xylem auf der Blattoberseite (dorsal) und das Phloem auf der Blattunterseite (ventral) angelegt (SADAVA et al. 2011). Die Leitbündel können von einer Leitbündelscheide umgeben werden. Diese ist entweder als parenchymatisches Stärkegewebe oder als sklerenchymatisches Festigungsgewebe ausgebildet (WANNER 2004). Sklerenchymzellen haben nach einer Verholzung ihrer Sekundärwände eine Apoptose durchlaufen. Sie erfüllen eine Stützfunktion und werden nach ihrer Form in zwei Zelltypen unterteilt: längliche Sklerenchymfasern und unterschiedlich geformte Sklereide (SADAVA et al. 2011). Als isolierte Zellen werden sie den Idioblasten 1 zugeordnet (EVERT 2009). 1.4 Das Wasserpotential Flüssigkeitsströmungen bewegen sich in Richtung abnehmender freier Energie. Die freie Energie von Wasser pro Volumeneinheit wird als Wasserpotential bezeichnet und im Zusammenhang mit zwei Vergleichswerten betrachtet. Das Wasserpotential ist neben der Schwerkraft (Gravitation) und dem herrschenden Druck von der Konzentration gelöster Teilchen abhängig und verhält sich zu dieser umgekehrt proportional. Die Tendenz von Wassermolekülen, vom höheren zum niedrigeren Wasserpotential zu diffundieren, steigt mit der Wasserpotentialdifferenz der Vergleichswerte (CHRISTIAN et al. 2011). 1.5 Wassertransport im Pflanzenkörper Pflanzen können Wasser und darin gelöste Mineralien aus dem Boden aufnehmen, da ihre Wurzeln ein niedrigeres Wasserpotential besitzen als der Boden. Das Wasserpotential sinkt von der Wurzelepidermis bis zum Zentralzylinder, sodass die Wassermoleküle bis in die Xylemzellen diffundieren. Unter der Epidermis liegt die Wurzelrinde, die durch die einschichtige Endodermis vom Zentralzylinder getrennt wird. Die Wasserbewegung durch die Wurzeln erfolgt über zwei räumlich getrennte Wege. Während sich das Wasser beim apoplastischen Transportweg durch die Zellulosefibrillen der Zellwände und die Interzellularen bewegt, diffundiert es beim symplastischen Transportweg über Plasmodesmen durch die Protoplasten. Allerdings wird die apoplastische Wasserdiffusion durch die Endodermis unterbrochen, da die Endodermiszellen von hydrophoben Suberinringen (dem CASPARYschen Streifen) umgeben werden. Die 1 Idioblasten sind Zellen, die sich morphologisch und funktionell von umliegenden Zellen unterscheiden (WANNER 2004)

14 Wassermoleküle diffundieren über das Cytoplasma der Endodermiszellen in den Zentralzylinder. Dort wird der Wassereintritt ins Xylem durch zwei Mechanismen begünstigt: Indem Phloemzellen aktiv Ionen und Kohlenhydrate an die Xylemzellen abgeben, erniedrigen sie deren Wasserpotential. Durch das osmotisch nachfolgende Wasser wird in den Xylemgefäßen ein Wurzeldruck aufgebaut. Gleichzeitig kommt es aufgrund des atmosphärisch geringeren Wasserpotentials über die Blattoberflächen zur Wasserabgabe an die Außenluft. Dadurch wird ein Transpirationssog ausgebildet, der zu einem Unterdruck in den Xylemgefäßen führt. Die daraus resultierende Saugkraft begünstigt den Wassereintritt in die Xylemzellen und zieht die Wassermoleküle entgegen der Gravitation zu den oberen Pflanzenteilen. Die Enge der Xylemgefäße bedingt Kapillarkräfte, die zusammen mit dem Wurzeldruck die Zugspannung des Transpirationssogs verstärken. Der Zusammenhalt der dünnen Wasserfäden beruht auf der Kohäsion des Wassers und dessen Adhäsion an die hydrophilen Kohlenhydratketten der Xylemwände (SADAVA et al. 2011). Aus den Xylemgefäßen strömt das Wasser aufgrund des geringeren Wasserpotentials und der Saugspannung durch die Transpiration in die Blattzellen. Diese geben aktiv Photosyntheseprodukte (hauptsächlich Saccharose) an die Phloemzellen ab. Daher ist das Wasserpotential des Phloems in Höhe der Blätter geringer als das der umliegenden Xylemzellen. Wassermoleküle diffundieren aus den Xylemgefäßen in die Siebröhrenglieder und üben dort einen hydrostatischen Druck aus. Die Photosyntheseprodukte strömen in Richtung des abnehmenden Turgors zu den unteren Pflanzenteilen, aus denen sie aktiv in die angrenzenden Zellen transportiert werden (CHRISTIAN et al. 2011). 2. Material und Methoden 2.1 Pflanzenmaterial Für die anatomische Untersuchung wurden Modellorganismen ausgesucht, die bereits gut erforscht sind (s. Abb. 1). Eine Auflistung der untersuchten Akzessionen zeigt Tab. 1. Bei dem Pflanzenmaterial handelt es sich um Blätter, die im Botanischen Garten der Ruhr-Universität Bochum gesammelt wurden. Im Rahmen dieser Arbeit wurden ausschließlich Blattquerschnitte untersucht. Pflanzenart Elodea canadensis MICHX. Nymphaea spec. L. Ruellia portellae HOOK. F. Helleborus orientalis LAM. Nerium oleander L. Taxonomische Gruppe submerser Hydrophyt schwimmender Hydrophyt Hygrophyt Mesophyt Xerophyt Tab. 1: Pflanzenmaterial PRÄMIERTE FACHARBEITEN Biologie

15 Kristian Peters Anneli Salo Thomas Stützel

16 2.2 Fixierung des Pflanzenmaterials Nach der Entnahme wurde das Pflanzenmaterial für 24 Stunden mit FAA (engl. Formalin-Alcohol-Acetic acid, Formalin-Alkohol-Essigsäure) fixiert. Um die Diffusionsflächen für eine schnellere Aufnahme des Fixativs zu vergrößern, wurden die Blätter in ca. 1 x 1 cm große Stücke geschnitten. 2 Bestandteil Ethanol (96%) Aqua dest. Formaldehyd (37%) Essigsäure (>99%) Menge 630 ml 270 ml 50 ml 50 ml Tab. 2: Zusammensetzung des FAA (1 Liter) Formaldehyd stoppt enzymatische Reaktionen, da es Proteinmoleküle vernetzt. Das Ethanol konserviert die Proben. Die Essigsäure kompensiert die Schrumpfwirkung des Alkohols. 2.3 Digitalaufnahmen Für die makroskopische Beschreibung der Pflanzenblätter, wurden digitale Aufnahmen erstellt, die mit Adobe Photoshop CS5.1 zu Bildtafeln zusammengefügt wurden. Die Dokumentation der Aufnahmen erfolgte mit der Digitalkamera Finepix JX 300 der Firma FUJIFILM. 2.4 Hellfeld-Durchlicht-Mikroskopie (HDM) Paraffintechnik Für die Hellfeld-Durchlicht-Mikroskopie wurden Paraffinschnitte nach GERLACH (1984) hergestellt. Die gesammelten Akzessionen wurden dazu zunächst über eine aufsteigende Butanolreihe entwässert. Lösung Dauer der Anwendung Zusammensetzung (100ml) I 24 Stunden 20 ml tertiäres Butanol abs., 50 ml Ethanol vergällt (96%), 30 ml Aqua dest. II 24 Stunden 35 ml tertiäres Butanol abs., 50 ml Ethanol vergällt (96%), 15 ml Aqua dest. III 24 Stunden 55 ml tertiäres Butanol abs., 45 ml Ethanol vergällt (96%) IV 24 Stunden 100 ml tertiäres Butanol abs., Eosin V 24 Stunden 100 ml tertiäres Butanol abs. VI 24 Stunden 100 ml tertiäres Butanol abs. Tab. 3: Lösungen der Butanolreihe 2 bei Elodea canadensis MICHX. wurde aufgrund der geringen Blattgröße darauf verzichtet, die Proben in kleinere Stücke zu schneiden. PRÄMIERTE FACHARBEITEN Biologie

17 Die Schnappdeckelgläser wurden während der Butanolreihe in einem Wärmeschrank (ca. 37 C) aufbewahrt, da tertiäres Butanol bereits bei Raumtemperatur erstarrt. Das tertiäre Butanol ersetzt durch Diffusion das Wasser in den Zellen und Interzellularen der Blätter. Das Eosin färbt die Proben in einem Purpurton, sodass sie später im Paraffin besser sichtbar sind und leichter ausgerichtet werden können. Bei der Entparaffinierung wird das Eosin durch die Alkohole wieder vollständig herausgelöst. Nach der Butanolreihe wurden die Proben mit tertiärem Butanol und Histowax (Paraffinplättchen) im Verhältnis von 1:1 in Rillendeckelgläser überführt. Diese wurden geschlossen in einem Wärmeschrank mit Abluftsystem (ca. 62 C) für 72 Stunden aufbewahrt. Durch das Verdampfen des Butanols kommt es zu einer Kapillarwirkung, die das flüssige Paraffin (Schmelzpunkt bei ca. 58 C) durch die Interzellularen der Proben zieht. Zur vollständigen Verdunstung des gesundheitsschädlichen tertiären Butanols wurden die Rillendeckel entfernt und die Gläser offen für weitere 72 Stunden im Wärmeschrank aufbewahrt. Anschließend erfolgten das Einbetten und Aufblocken der Proben. Dazu wurde das Pflanzenmaterial mit flüssigem Paraffin in Glühschälchen übertragen. Diese wurden zuvor mit Glycerin beschichtet und auf einer Heizplatte (ca. 70 C) erwärmt. Das Glycerin dient später dem leichteren Herauslösen der Wachsblöcke. Während der Aushärtung des Paraffins wurde das Pflanzenmaterial mit einer angewärmten Pinzette zur späteren Schnittebene orientiert. Die Erwärmung der Pinzette verhindert, dass das Paraffin am Metall erkaltet und eine Ausrichtung der Proben erschwert. Nachdem die Paraffinblöcke in Eiswasser ausgehärtet waren, wurden sie um die Objekte herum in parallelkantige Quader geschnitten und auf Holzblöcken aufgeschmolzen. Da bei der hellfeldmikroskopischen Untersuchung Durchlicht verwendet wird, wurden mit einem Rotationsmikrotom (RM 2065, LEICA) von den Proben ca. 10 µm dicke Querschnitte hergestellt. 3 Diese wurden mit Eiweißglycerin auf Objektträgern fixiert, die zuvor mit einigen Tropfen vollentsalztem Wasser bedeckt wurden. Vollentsalztes Wasser enthält keine mineralischen Ionen, die beim Verdampfen der Wassermoleküle Kristalle bilden würden. Um Artefakte zu vermeiden, wurden die auf dem Wasserfilm schwimmenden Paraffinschnitte unter Nutzung einer Wärmeplätte (ca. 50 C) gestreckt. Zur Trocknung wurden die Objektträger für einige Stunden in einem Wärmeschrank (ca. 40 C) aufbewahrt Astrablau-Safranin-Färbung Für die Astrablau-Safranin-Färbung muss das Paraffin aus den Querschnitten entfernt werden. Dazu wurden die Objektträger in eine Lösungsreihe überführt. Lösung Roticlear I Roticlear II Dauer der Anwendung 10 min 10 min 3 beim Schneiden der Blätter der Elodea canadensis MICHX. kam es zu Zerreißungen, sodass keine Hellfeld-Durchlicht-mikroskopischen Querschnittsaufnahmen angefertigt werden konnten

18 Roticlear und Isopropanol abs. (1:1) Isopropanol abs. Ethanol 95% Ethanol 70% Ethanol 50% Aqua dest. 5 min 5 min 5 min 2 min 2 min 2 min Tab. 4: Lösungen zur Paraffinentfernung Das Roticlear (ROTH) löst das Paraffin von den Objektträgern, an denen die Querschnitte durch das Eiweißglycerin haften bleiben. Die absteigende Alkoholreihe dient zur Vorbereitung auf die wässrigen Färbelösungen. Anschließend erfolgte die Astrablau-Safranin-Färbung (modifiziert nach GERLACH 1984). Lösung Astrablau-Lösung Aqua dest. Aqua dest. Aqua dest. Safranin-Lösung Aqua dest. Aqua dest. Aqua dest. Aqua dest. mit 10 Tropfen HCl (5%) Ethanol 70% Ethanol 95% Isopropanol abs. Roticlear III Roticlear IV Roticlear V Dauer der Anwendung 5 min kurz spülen kurz spülen kurz spülen 5 min kurz spülen kurz spülen kurz spülen 10 sec kurz spülen kurz spülen 2 min 5 min 5 min 5 min Tab. 5: Lösungen der Astrablau-Safranin-Färbung Reine Zellulosewände werden durch das Astrablau blau angefärbt, während verholzte Zellwände und die DNA durch das Safranin rot erscheinen. Bei der anschließenden Differenzierung in der verdünnten Salzsäurelösung werden überschüssige Farbstoffmoleküle aus den Querschnitten entfernt. Die Roticlear -Lösungen am Ende der Färbung dienen als Überführungsmedien für das Eindeckeln der Präparate mit Deckgläsern und Entellan (MERCK) als Einschlussmittel. Zur Trocknung wurden die Objektträger für einige Stunden in einem Wärmeschrank (ca. 40 C) aufbewahrt. PRÄMIERTE FACHARBEITEN Biologie

19 2.5 Auflicht-Fluoreszenz-Mikroskopie (AFM) Für die Auflicht-Fluoreszenz-Mikroskopie hat das FAA neben der Fixierung noch eine qualitative Bedeutung. Während der Einlagerung im Fixativ werden einige akzessorische Farbpigmente ausgewaschen, sodass die Gewebestrukturen bei der mikroskopischen Untersuchung nicht zu stark fluoreszieren und leichter differenziert werden können. Wegen der toxischen Wirkung des FAA diente nach der Fixierung Ethanol (70%) als Intermedium. Durch die Verdünnung des Alkohols können keine Schrumpfungsprozesse ablaufen. Aufgrund der spezifischen Autofluoreszenz kommt es bei der Anregung mit Fluoreszenzlicht zu farblichen Unterschieden zwischen den Zellen. Mit einem Handmikrotom (ALLMIKRO) wurden von den Blättern ca. 25 µm dicke Querschnitte hergestellt, die auf Objektträgern positioniert und mit Deckgläsern bedeckt wurden. 4 Da bei der fluoreszenzmikroskopischen Untersuchung Auflicht verwendet wird, können die Proben sehr viel dicker geschnitten werden als für die Hellfeld-Durchlicht-Mikroskopie. Um Luftbläschen zu vermeiden, wurde eine 10%ige Aerosol OT-Lösung (Dioctyl-1,2-Natrium-Sulfossucinat) als Eindeckmedium für die Blattquerschnitte genutzt. Diese wurde im Verhältnis von 6:1 mit Aceton (95%) verdünnt. 2.6 Lichtmikroskopische Untersuchung Die Hellfeld-Durchlicht-Mikroskopie und die Auflicht-Fluoreszenz-Mikroskopie wurden mit einem Axioplan Photomikroskop der Firma ZEISS durchgeführt. Das Photomikroskop ist über eine Kamera (COLOR VIEW II, SOFT IMAGING SYSTEM) an einen Computer angeschlossen, sodass die Querschnitte über das Programm CELL^F dokumentiert werden konnten. Die Auflicht-Fluoreszenz-Mikroskopie erfolgte dabei unter Nutzung des Filtersets 02 (G 369, FT 395, LP 420). Die Aufnahmen wurden im tif-format gespeichert und mit Adobe Photoshop CS5.1 zu Bildtafeln zusammengefügt. 2.7 Rasterelektronenmikroskopie (REM) Um fixiertes Pflanzenmaterial für die Rasterelektronenmikroskopie zu nutzen, muss es entwässert und vergoldet werden. Wasser würde wegen des in der Probenkammer herrschenden Vakuums und der angelegten Hochspannung sofort verdampfen, was eine Zerstörung der Objekte zur Folge hätte. Bei der Abtastung einer Probe schlägt der Elektronenstrahl Punkt für Punkt Elektronen aus der Probenoberfläche, die von einem Detektor abgeleitet werden. Da das Pflanzenmaterial mit der Entwässerung seine elektrische Leitfähigkeit verliert, wird es hauchdünn mit Gold beschichtet. Zur chemischen Entwässerung wurden die fixierten Proben in ca. 10 mm lange und 5 mm breite Stücke geschnitten und für 24 Stunden mit FDA (Formaldehyd-dimethylacetal) behandelt. Das FDA reagiert mit dem Wasser in den Proben zu Formaldehyd und Methanol. Die verwendeten Schnappdeckelgläser wurden mit Parafilm isoliert und in einem Kühlschrank bei ca. 8 C aufbewahrt, da das giftige FDA bereits bei Raumtemperatur verdampft. 4 die Blätter der Elodea canadensis MICHX. waren zu dünn, um sie mit der entsprechenden Ausrichtung eindeckeln zu können. Daher wurden sie zusätzlich zwischen zwei Styroporstücken fixiert

20 Nach der Entwässerung erfolgte eine Critical-Point-Trocknung. Dazu wurden die Blätter zusammen mit FDA in die Probenkammer eines Critical-Point-Dryers 030 der Firma BALZERS überführt und bei ca. 8 C unter hohem Druck (50 bar) mehreren Spülgängen mit flüssigem CO2 ausgesetzt. Das CO2 infiltriert die Proben und verdrängt dabei das FDA und die bei dessen Hydrolyse entstehenden Produkte. Nach der Entfernung dieser Verbindungen wurde die Probenkammer auf ca. 42 C erhitzt, um den Druck weiter zu erhöhen. Bei einem Wert von 73,8 bar und 38 C liegt der kritische Punkt des CO2, ab dem es in den gasförmigen Aggregatzustand wechselt. Anders als in Wärmeöfen treten beim Verdampfen des CO2 nur geringfügig Schrumpfungsartefakte auf, da es zu einem direkten Phasenübergang kommt. Zur Entnahme der Proben wurde der Druck über ein Nadelventil kontrolliert reduziert, um ein Bersten der Zellen bei plötzlicher Druckentlastung zu verhindern. Das getrocknete Pflanzenmaterial wurde anschließend mit PLANO Leit-C auf massiven Aluminiumzylindern fixiert und zur Trocknung des Leit-C für einige Stunden in einem Wärmeschrank (ca. 40 C) aufbewahrt. Bei der Fixierung auf den Aluminiumzylindern wurden die Proben für eine Querschnittsbetrachtung ausgerichtet. Die Vergoldung wurde mit einem SCD 050 Sputtergerät der Firma BALZERS durchgeführt. Bei diesem Verfahren befinden sich die Aluminiumzylinder für drei Minuten in einer Vakuumkammer, die mit Argongas geflutet wird. Bei einem Druck von 0,05 bis 0,1 mbar wird eine Hochspannung von 40 ma angelegt. Dadurch befinden sich frei beweglich Elektronen in der Probenkammer, die durch ein Magnetsystem auf torusförmige Bahnen gezwungen werden. Auf diesen Bahnen kollidieren die frei beweglichen Elektronen mit den Argonatomen und schlagen dabei Valenzelektronen aus ihren Orbitalen. Die entstehenden Argonionen werden zu einer Goldplatte beschleunigt, aus der sie Goldatome herausschlagen. Diese setzen sich hauchdünn auf den Probenoberflächen ab. Die rasterelektronenmikroskopische Untersuchung wurde mit einem DSM 950 Rasterelektronenmikroskop der Firma ZEISS durchgeführt, das an einen Computer angeschlossen ist. Die Dokumentation erfolgte mit Hilfe des Programms DIPS (DIGITAL IMAGE PROCESSING SYSTEM 2.2). Die Aufnahmen wurden bei einer Auflösung von 2000 x 2000 Pixel im tif-format gespeichert und mit Adobe Photoshop CS5.1 zu Bildtafeln zusammengefügt. 3. Ergebnisse 3.1 Elodea canadensis MICHX. Elodea canadensis MICHX. entwickelt zahlreiche kleine Blätter, die sich aus zwei Zellschichten zusammensetzen und ca µm dick sind. Die Epidermiszellen sind auf der Blattoberseite größer als auf der Blattunterseite. Die Cuticula ist ca. 1,5 µm dick. Den Blättern fehlen Stomata und ein Mesophyll. Nur in der Mittelrippe liegt ein einziges, stark reduziertes und wenig differenziertes Leitbündel vor (s. Abb. 1-2). PRÄMIERTE FACHARBEITEN Biologie

21 3.2 Nymphaea spec. L. Nymphaea spec. L. besitzt große Schwimmblätter (s. Abb. 1), die von einer ca. 5 µm dicken Cuticula bedeckt werden. Die Epidermis ist kleinzellig und besteht aus einer Zellschicht. Stomata liegen auf der Blattoberseite. Das Mesophyll ist in ein Palisadengewebe und Aerenchym (Durchlüftungsgewebe) differenziert. Das Palisadengewebe ist mehrschichtig und liegt auf der Blattoberseite. Das Aerenchym ist ventral angelegt und von großen Interzellularen (Luftschächten) durchsetzt. Das Aerenchym nimmt ca. ¾ des Blattvolumens ein. Die Zellen des Aerenchyms sind größer als die Palisadenzellen. Im Grundgewebe liegen vereinzelt Trichosklereide. Diese besitzen wechselnde Formen und ragen mit ihren langen Zellfortsätzen in die Luftschächte des Aerenchyms. In den Zellwänden der Trichosklereide sind Calciumoxalatkristalle eingelagert, sodass ihre Oberflächen auf den rasterelektronenmikroskopischen Bildern rau erschienen. Die Leitbündel sind kollateral geschlossen und werden von Sklerenchymzellen umgeben. Die Xylemzellen sind dorsal und die Phloemzellen ventral angelegt (s. Abb. 3-4). 3.3 Ruellia portellae HOOK. F. Ruellia portellae HOOK. F. erreicht eine Höhe von ca. 10 bis 20 cm und besitzt im Verhältnis zu ihrem Pflanzenkörper große Blätter (s. Abb. 1). Die Epidermis besteht aus einer Zellschicht und wird von einer dünnen Cuticula (ca. 2 µm) und zahlreichen lebenden Trichomen bedeckt. Auf der Epidermis liegen vereinzelt globuläre Idioblasten. Diese sind kleiner als die Epidermiszellen und besitzen Chloroplasten. Stomata liegen auf der Blattunterseite und sind von der Epidermis abgehoben. Das Grundgewebe ist in ein Palisaden- und Schwammparenchym differenziert. Das Palisadengewebe ist einschichtig und dorsal angelegt. Die Palisadenzellen besitzen analog zu den Epidermiszellen eine prismenartige Form. Das Schwammparenchym liegt auf der Blattunterseite und ist stark reduziert. Die Leitbündel sind kollateral geschlossen mit dorsal liegendem Xylem und ventral liegendem Phloem. Das Leitgewebe der Mittelrippe wird von Parenchymzellen umgeben. Diese grenzen an eine mehrschichtige Hypodermis. Die Hypodermiszellen sind kleiner als die Parenchymzellen und besitzen dickere Zellwände (s. Abb. 5). 3.4 Helleborus orientalis LAM. Die Blätter von Helleborus orientalis LAM. werden von einer einschichtigen Epidermis begrenzt, der eine ca. 10 µm dicke Cuticula aufgelagert ist. Stomata befinden sich auf der Blattunterseite. Das Mesophyll ist in ein Palisaden- und Schwammparenchym differenziert. Das Palisadenparenchym ist dorsal angelegt und setzt sich aus einer Zellschicht zusammen. Das Schwammparenchym liegt auf der Blattunterseite. Die Leitbündel sind kollateral geschlossen und werden von Sklerenchymzellen umgeben. Die Xylemzellen sind dorsal und die Phloemzellen ventral angelegt. Das Leitgewebe der Mittelrippe wird durch Parenchymzellen von der Epidermis getrennt (s. Abb. 6)

22 L E L Abb. 2: Blattquerschnitt der Elodea canadensis MICHX. A Übersicht der Blattspreite (REM-Bild), B Mittelrippe (REM-Bild), C Übersicht der Blattspreite (AFM-Bild), D Mittelrippe (AFM-Bild). C = Cuticula; E = Epidermis; L = Leitbündel. Maßstäbe: A, B = 20 µm; C, D = 200 µm PRÄMIERTE FACHARBEITEN Biologie

23 P St Ae L P E Sz P X T L Ph Sz Ls T Sw Ph X E C Abb. 3: Querschnitt eines Schwimmblattes von Nymphaea spec. L. A Übersicht (HDM-Bild), B Adaxiales Abschluss- und Palisadengewebe (HDM-Bild), C Detail (HDM-Bild), D Leitbündel (HDM-Bild), E Abaxiales Abschlusgewebe und Aerenchym (HDM-Bild), F Übersicht (AFM-Bild). Ae = Aerenchym; Sz = Sklerenchymzellen; C = Cuticula; E = Epidermis; L = Leitbündel; Ls = Luftschacht; P = Palisadenparenchym; Ph = Phloem; St = Stomata; Sw = Sekundärwand; T = Trichosklereid; X = Xylem. Maßstäbe: A = 500 µm; B, C, D, E = 100 µm; F = 200 µm

24 P C T L Ae E X P Ph Ca T Abb. 4: Querschnitt eines Schwimmblattes von Nymphaea spec. L. (REM-Bilder) A Übersicht, B Adaxiale Epidermis, C Adaxiales Abschluss- und Palisadengewebe, D Leitbündel, E Trichosklereid, F Zellkörper eines Trichosklereids. Ae = Aerenchym; C = Cuticula; Ca = Calciumoxalatkristall; E = Epidermis; L = Leitbündel; P = Palisadenparenchym; Ph= Phloem; T = Trichosklereid; X = Xylem. Maßstäbe: A = 400 µm; B, D, E = 100 µm; C, F = 10 µm PRÄMIERTE FACHARBEITEN Biologie

25 C Tr L I E C XdSr X I E P Ph Pz H Tr St Sp Zk X H E E P Tr Pz Ph St Sp Abb. 5: Blattquerschnitt von Ruellia portellae HOOK. F. A Übersicht der Mittelrippe (REM-Bild), B Übersicht der Blattspreite (REM-Bild), C Übersicht der Mittelrippe (AFM-Bild), D Übersicht der Blattspreite (AFM-Bild), E Übersicht der Mittelrippe (HDM-Bild), F Übersicht der Blattspreite (HDM-Bild). C = Cuticula; E = Epidermis; H = Hypodermis; I = Idioblasten; L = Leitbündel; P = Palisadenparenchym; Ph= Phloem; St = Stomata; Sp = Schwammparenchym; Tr = Trichom; Pz = Parenchymzellen; X = Xylem; XdSr = Xylem der Seitenrippe; Zk = Zellkern. Maßstäbe: A = 300 µm; B = 40 µm; C, D, E, F = 100 µm

26 E C Sz Pz X Sp P Ph Sz St C E C E P Sp P St Sz X L Ph Pz Sz E Abb. 6: Blattquerschnitt von Helleborus orientalis LAM. A Übersicht der Mittelrippe (HDM-Bild), B Übersicht der Blattspreite (HDM-Bild), C Cuticula (REM-Bild), D Übersicht der Blattspreite (REM-Bild), E Leitbündel im Bereich der Blattspreite (REM-Bild), F Übersicht der Mittelrippe (REM-Bild). Sz = Sklerenchymzellen; C = Cuticula; E = Epidermis; L = Leitbündel; P = Palisadenparenchym; Ph = Phloem; St = Stomata; Sp = Schwammparenchym; Pz = Parenchymzellen; X = Xylem. Maßstäbe: A = 200 µm; B, D, F = 100 µm; C = 20 µm; E = 40 µm PRÄMIERTE FACHARBEITEN Biologie

27 3.5 Nerium oleander L. Nerium oleander L. entwickelt im Verhältnis zu seinem Pflanzenkörper kleine Blätter (s. Abb. 1). Diese sind hart und besitzen eine lederartige Oberfläche. Die Cuticula ist ca. 25 µm dick. Die Epidermis setzt sich aus mehreren Zellschichten zusammen und bildet neben Schließzellen Trichome aus. Diese sind im Zustand ihrer funktionellen Reife abgestorben und kommen überwiegend auf der Blattunterseite vor. Die Zellwände der Epidermiszellen sind verdickt. Stomata kommen auf der Blattunterseite in behaarten Vertiefungen (Stomakrypten) vor. Das Mesophyll ist in ein Palisaden- und Schwammparenchym differenziert. Das Palisadenparenchym befindet sich auf beiden Blattseiten. Auf der Blattoberseite setzt es sich überwiegend aus vier Zellschichten zusammen, während es auf der Blattunterseite zweischichtig vorliegt. Das Schwammparenchym befindet sich zwischen beiden Palisadengeweben. Mit den anatomischen Ähnlichkeiten der beiden Blattseiten besitzt der Oleander einen annähernd isolateralen Blattaufbau. Das Oleanderblatt besitzt zusätzlich ein sklerenchymatisches Festigungsgewebe. Die Leitbündel sind kollateral geschlossen mit dorsal liegendem Xylem und ventral liegendem Phloem. Das Leitgewebe der Blattspreite wird von einer parenchymatischen Leitbündelscheide begrenzt. Das Leitgewebe der Mittelrippe besitzt im Querschnitt eine nach oben geöffnete Sichelform. Die Xylem- und Phloemzellen sind radiär angeordnet und werden von Parenchymzellen umgeben. Diese grenzen an die Epidermis. Die Epidermiszellen sind im Bereich der Mittelrippe kleiner als im Bereich der Blattspreite. Im Parenchym liegen zusätzlich Milchgänge und ein quellungsfähiges Gewebe. Das quellungsfähige Gewebe besitzt im Querschnitt analog zum Leitgewebe eine nach oben geöffnete Sichelform und befindet sich dicht am Xylem. Die Milchgänge sind in mehreren Zellgruppen angeordnet und liegen nah am Phloem und am quellungsfähigen Gewebe (s. Abb. 7-9)

28 C E Mg L Pz X Mg Pz qfg Pz L Mg Pz X E Mg Ph P C E C Sp Sk E stv P P Abb. 7: Blattquerschnitt von Nerium oleander L. A Übersicht der Mittelrippe (AFM-Bild), B Leitgewebe im Bereich der Mittelrippe (AFM-Bild), C Übersicht der Mittelrippe (HDM-Bild), D Leitgewebe im Bereich der Mittelrippe (HDM-Bild), E Übersicht der Blattspreite (HDM-Bild), F Adaxiales Abschluss- und Palisadengewebe (HDM-Bild). C = Cuticula; E = Epidermis; L = Leitbündel; Mg = Milchgänge; P = Palisadenparenchym; Ph = Phloem; Pz = Parenchymzellen; Sk = Sklerenchym; Sp = Schwammparenchym; stv = stomatäre Vertiefung; qfg = quellungsfähiges Gewebe; Tr = Trichom; X = Xylem. Maßstäbe: A, C = 500 µm; B, D, E = 200 µm; F = 50 µm PRÄMIERTE FACHARBEITEN Biologie

29 Sp Zk Sk X pls Ph Sz Sp L Tr P C E stv Abb. 8: Blattquerschnitt von Nerium oleander L. (HDM-Bilder) A Abaxiale Blattseite, B Leitbündel im Bereich der Blattspreite und stomatäre Vertiefung. C = Cuticula; E = Epidermis; L = Leitbündel; P = Palisadenparenchym; Ph = Phloem; pls = parenchymatische Leitbündelscheide; Pz = Parenchymzellen; Sk = Sklerenchymzellen; Sp = Schwammparenchym; stv = stomatäre Vertiefung; Sz = Schließzelle; Tr = Trichom; X = Xylem; Zk = Zellkern. Maßstäbe: A, B = 50 µm

30 L Sp P X P Ph C E Tr Tr E E St L P stv Abb. 9: Blattquerschnitt von Nerium oleander L. (REM-Bilder) A Leitbündel im Bereich der Mittelrippe, B Übersicht der Blattspreite, C Adaxiales Abschlussgewebe, D Trichome der abaxialen Epidermis, E Trichome der adaxialen Epidermis, F Stomatäre Vertiefung. C = Cuticula; E = Epidermis; L = Leitbündel; P = Palisadenparenchym; Ph = Phloem; Sp = Schwammparenchym; St = Stomata; stv = stomatäre Vertiefung; Tr = Trichom; X = Xylem. Maßstäbe: A = 200 µm; B, D, E, F = 100 µm; C = 20 µm PRÄMIERTE FACHARBEITEN Biologie

31 4. Diskussion 4.1 Elodea canadensis MICHX. Elodea canadensis MICHX. kann das umliegende Wasser zusammen mit darin gelösten Mineralien und lebenswichtigen Gasen passiv in die Blätter aufnehmen (POTT & HÜPPE 2007). Da Wasser in der Umgebung der Elodea canadensis MICHX. ausreichend verfügbar ist, bildet es in Hinblick auf das Gesetz des Minimums 5 nach JUSTUS LIEBIG ( ) keinen begrenzenden Faktor. Elodea canadensis MICHX. besitzt durch die Entwicklung vieler kleiner Blätter eine große Blattoberfläche, sodass das umliegende Wasser zusammen mit den darin Mineralien und Gasen in großer Menge aufgenommen werden kann. Der Diffusionswiderstand wird durch die Dünne der Cuticula und der epidermalen Zellwände reduziert (POTT & HÜPPE 2007). Das Wasser reflektiert auf seiner Oberfläche den Großteil der auftreffenden Sonnenstrahlen. Dieses umgebungsbedingte Defizit wird durch die Dünne der Blätter kompensiert. Das durchtretende Licht gelangt dadurch zu allen Blattzellen, sodass die maximale Photosyntheserate erreicht wird. Stomata fehlen, da bei einem zweischichtigen Aufbau kein substomatärer Raum vorhanden wäre und auch kein Kontakt zur Außenluft besteht. Sauerstoff gelangt als Photosyntheseprodukt durch Diffusion in die wässrige Umgebung. Durch ihre Dünne und ihre geringe Größe geben die Blätter in fließenden Gewässern besser dem Zug der Strömung nach, sodass nicht durch die Scherkräfte des Wassers zerstört werden. Die Blätter der Elodea canadensis MICHX. besitzen kein Festigungsgewebe, da sie vom umliegenden Wasser getragen werden und dessen hydrostatischer Druck die Turgeszenz der Blattzellen aufrechterhält (POTT & HÜPPE 2007). 4.2 Nymphaea spec. L. Die wässrige Umgebung bietet für Nymphaea spec. L. ausreichend Wasser, um eine Austrocknung zu vermeiden. Wasser stellt damit analog zum Fall der Elodea canadensis MICHX. keinen limitierenden Faktor dar. Durch die großen Luftschächte des Aerenchyms treibt das Schwimmblatt auf der Wasseroberfläche. Gleichzeitig speichert das Aerenchym den bei der Photosynthese produzierten Sauerstoff und erleichtert dessen Diffusion zu den Zellen, die ihn bei der Zellatmung verbrauchen (SADAVA et al. 2011). Die Leitbündel werden zusätzlich durch die Sklerenchymzellen gestützt. Durch den Kontakt zur Außenluft kommt es zur Transpiration über die Blattoberflächen, sodass die Blätter über Xylemzellen mit Wasser und Mineralien versorgt werden können. Durch die Dünne der Cuticula und die große Blattoberfläche wird die Transpirationsrate erhöht. Gleichzeitig kann durch die große Oberfläche des Schwimmblattes viel Licht eingefangen werden. Die Cuticula reflektiert durch ihre Dünne nur einen geringen Teil der auftreffenden Sonnenstrahlen. Im Wasser stabilisiert der Auftrieb die Schwimmblätter, deren Gewicht die Blattstiele außerhalb des Wassers nicht tragen könnten (CHRISTIAN et al. 2011). 5 nach dem Gesetz des Minimums wird das Pflanzenwachstum durch den Faktor begrenzt, der nicht in ausreichender Menge vorhanden ist (CHRISTIAN et al. 2011)

32 4.3 Ruellia portellae HOOK. F. Ruellia portellae HOOK. F. kommt in den tropischen Regenwäldern vor (BIEBL & GERM 1967). Durch die dort herrschende hohe Luftfeuchtigkeit ist die Wasserpotentialdifferenz zwischen ihren Blättern und der Außenluft sehr gering. Die daraus resultierende niedrige Transpirationsrate würde die tracheale Wasserund Mineralstoffversorgung hemmen (LÜTTGE & KLUGE 2012). Ruellia portellae HOOK. F. kompensiert diesen umgebungsbedingten Selektionsnachteil durch ihre blattanatomischen Anpassungen: Durch die Entwicklung großer Blätter besitzt Ruellia portellae HOOK. F. eine große Transpirationsfläche (LÜTTGE & KLUGE 2012). Diese wird durch die prismenartige Form der Epidermiszellen und die lebenden Trichome erweitert. Die Dünne der Cuticula führt zusammen mit der Erhebung der Stomata und der Dünne der Blattgewebe zu einem niedrigen Grenzschichtwiderstand für die Transpiration (LÜTTGE & KLUGE 2012). Durch die geringe Höhe von Ruellia portellae HOOK. F. muss das Wasser nur über eine kurze Strecke transportiert werden, sodass es schnell an die Außenluft abgegeben werden kann. Die Mittelrippe wird durch die dicken hypodermalen Zellwände gestützt. Die Blätter besitzen nur gering Festigungsgewebe, da sie durch den hydrostatischen Innendruck turgeszenter Zellen stabilisiert werden (POTT & HÜPPE 2007). Wasser ist in der Umgebung von Ruellia portellae HOOK. F. ausreichend vorhanden und stellt damit keinen begrenzenden Faktor dar. Durch die prismenartige Form der Epidermis- und Palisadenzellen kann das wenige Licht, das durch die dichten Vegetationsschichten dringt optimal eingefangen werden (POTT & HÜPPE 2007). Den Idioblasten kann aufgrund ihrer Chloroplasten und ihrer peripheren Lage dieselbe physiologische Bedeutung zugeordnet werden. 4.4 Helleborus orientalis LAM. Helleborus orientalis LAM. ist an die mäßigen Wasserbedingungen seines Standorts angepasst: Die Cuticula begrenzt den Wasserverlust und verhindert Schädigungen durch Sonneneinstrahlung und Pathogene. Durch die Transpiration über die Blattoberflächen kann das Sprosssystem über Xylemzellen mit Wasser und Mineralien versorgt werden. Die Leitbündel werden durch die Sklerenchymzellen gestützt. Da die Cuticula dicker ist als bei den Blättern von Nymphaea spec. L. und Ruellia portellae HOOK. F. erreicht Helleborus orientalis LAM. im Vergleich zu diesen Pflanzenarten eine geringere Transpirationsrate. Demgegenüber erfolgt im Vergleich zu Nerium oleander L. eine schnellere Wasserabgabe an die Außenluft, da die Cuticula von Helleborus orientalis LAM. dünner ist als die des Oleanderblattes. 4.5 Nerium oleander L. Durch die niedrige Luftfeuchtigkeit im Habitat des Oleanders ist die Wasserpotentialdifferenz zwischen seinen Blättern und der Außenluft sehr groß. Die daraus resultierende hohe Transpirationsrate würde zu einem erheblichen Wasserverlust führen. Wasser ist in der Umgebung des Oleanders nur sehr knapp verfügbar, sodass Nerium oleander L. den Wasserverlust nicht durch eine entsprechende Wasseraufnahme über die Wurzeln ausgleichen könnte. Wasser stellt damit einen limitierenden Faktor dar. Nerium oleander PRÄMIERTE FACHARBEITEN Biologie

33 L. kompensiert diesen umgebungsbedingten Selektionsnachteil durch seine blattanatomischen Anpassungen: Durch die Entwicklung kleiner Blätter besitzt der Oleander eine kleine Transpirationsfläche (POTT & HÜPPE 2007). Die Dicke der Cuticula führt zusammen mit der Auflage von weiteren Cuticularschichten und Wachsen, der Dicke der epidermalen Zellwände, den vielen Zellschichten der Blattgewebe, der Einsenkung der Stomata und den toten Trichomen zu einem hohen Grenzschichtwiderstand für die Transpiration (POTT & HÜPPE 2007, EVERT 2009, LÜTTGE & KLUGE 2012). Durch die spezifische Verteilung und Struktur der Trichome kommt es nicht zu einem Wärmestau an den Blattoberflächen (POTT & HÜPPE 2007). Die Dicke der Cuticula und die aufgelagerten Cuticularschichten und Wachse führen gleichzeitig zu der lederartigen Oberfläche der Blätter. Die multiple Epidermis dient zusätzlich zur Wasserspeicherung (ESAU 1969). Die toten Trichome verlangsamen austrocknende Luftströmungen und erniedrigen durch die erhöhte Reflektion von Sonnenlicht die Blatttemperatur (SADAVA et al. 2011, EVERT 2009). Die Trichome der Stomakrypten fangen Feuchtigkeit ein und sättigen die Vertiefungen dadurch mit Wasserdampf (POTT & HÜPPE 2007). Bei Wasserverlust wird das Oleanderblatt durch das sklerenchymatische Festigungsgewebe und die epidermalen Zellwände gestützt, sodass es nicht zu Windschäden kommt. Diese Festigungselemente erklären gleichzeitig die Härte des Oleanderblattes. Im Laufe der Blattentwicklung kann das Leitgewebe der Mittelrippe durch die Zellteilungen und Zellvergrößerungen (Proliferation) des quellungsfähigen Gewebes gestaucht werden. 5. Zusammenfassung Auf Grundlage der mikroskopischen Untersuchung lassen sich folgende Hypothesen zu den blattanatomischen Anpassungen an die verschiedenen Wasserangebote formulieren: Submerse Hydrophyten besitzen (häufig) viele kleine Blätter, um großflächig anorganische Nährstoffe aus der wässrigen Umgebung aufzunehmen. Durch die Dünne der epidermalen Zellwände und der Cuticula wird der Diffusionswiderstand reduziert. Die Blätter setzen sich (zumeist) aus nur wenigen Zellschichten zusammen, um das wenige Licht, das durch die Wasseroberfläche tritt, einzufangen. Stomata fehlen, da kein Kontakt zur Außenluft besteht. Weiterhin besitzen sie nur wenig Festigungsgewebe, da sie vom umliegenden Wasser getragen werden und die Turgeszenz der Blattzellen durch den hydrostatischen Druck des Wassers aufrechterhalten wird. Häufig sind die Blätter zusätzlich federartig zerschlitzt, sodass sie dem Zug der Strömung besser nachgeben und nicht durch die Scherkräfte des Wassers zerstört werden (POTT & HÜPPE 2007). Teilsubmerse Hydrophyten besitzen epistomatische Schwimmblätter, die durch ein Aerenchym auf der Wasseroberfläche treiben und von einer dünnen Cuticula bedeckt werden. Häufig besitzen die Schwimmblätter eine große Oberfläche

34 erniedrigt. Diese hygromorphen Anpassungen führen zu einer hohen Transpirationsrate. Die Blätter besitzen nur gering Festigungsgewebe, da sie durch den hydrostatischen Innendruck turgeszenter Zellen stabilisiert werden. Mesophyten können abhängig vom Wasserangebot ihres jeweiligen Standorts hygromorphe oder xeromorphe Anpassungen besitzen (POTT & HÜPPE 2007). Xerophyten besitzen (häufig) kleine Blätter. Durch eine dicke Cuticula, mehrschichtige Blattgewebe, verdickte epidermale Zellwände, eingesenkte Stomata und tote Trichome wird der Grenzschichtwiderstand für die Transpiration erhöht. Tote Trichome verlangsamen zusätzlich austrocknende Luftströmungen und senken durch die erhöhte Reflektion von Sonnenlicht die Blatttemperatur. Diese xeromorphen Anpassungen führen zu einer niedrigen Transpirationsrate. Bei Wasserverlust werden die Blätter (häufig) durch ein sklerenchymatisches Festigungsgewebe und dicke epidermale Zellwände vor Windschäden geschützt. Bei den histologischen Präparationen erwies sich die Auflicht-Fluoreszenz-Mikroskopie als schnellste Untersuchungsmethode. Durch die spezifische Autofluoreszenz der Zelltypen konnte die Blattanatomie gleichzeitig differenziert betrachtet werden. Demgegenüber steht die teilweise unscharfe Abbildung bestimmter Bildbereiche. Die Präparation für die Rasterelektronenmikroskopie nahm nur wenig Zeit in Anspruch und erlaubte es, die Probenoberflächen in hoher Auflösung zu betrachten. Allerdings wurden die Gewebeübergänge von Zellrückständen bedeckt, sodass insbesondere die Leitbündel schlecht untersucht werden konnten. Beim Schneiden der Blätter traten ebenfalls Artefakte auf. Die Präparation für die Hellfeld-Durchlicht-Mikroskopie war am zeitaufwändigsten. Es wurden jedoch lagerfähige Dauerpräparate hergestellt, bei denen die Unterschiede der Zellstrukturen durch die Astrablau-Safranin-Färbung farblich hervorgehoben wurden. Zusätzlich konnten aufgrund der Dünne der Querschnitte scharfe Aufnahmen erstellt werden. Beim Schneiden der Proben traten nur geringfügig Artefakte auf. 6. Weiterführende Forschung Zur weiterführenden Forschung kann die Anzahl der Stomata bei den oben aufgeführten Taxa untersucht werden. Bei Ruellia portellae HOOK. F. und Nymphaea spec. L. sind hypothetisch mehr Spaltöffnungen zu erwarten als bei Nerium oleander L., da dadurch die Transpirationsrate erhöht wird. Die Anzahl der Stomata von Helleborus orientalis LAM. liegt vermutlich zwischen der von Ruellia portellae HOOK. F. und Nerium oleander L.. Eine besondere Anpassung an aride Habitate ist die Fähigkeit zur Wasserspeicherung bei den Sukkulenten. Im Rahmen dieser Arbeit kann zusätzlich die Blattsukkulenz untersucht werden, bei der die Pflanzenblätter zu fleischigen, Wasser speichernden Organen entwickelt sind (POTT & HÜPPE 2007). Für die mikroskopische Untersuchung kann Agave americana L. als Modellorganismus gewählt werden, da diese Pflanzenart bereits gut erforscht ist. PRÄMIERTE FACHARBEITEN Biologie

35 Verweise 1. BAYRHUBER, H. & HAUBER, W. & KULL, U. (Hrsg., 2012): Linder Biologie Gesamtband, Schroedel Verlag 2. BIEBL, R. & GERM, H. (1967): Praktikum der Pflanzenanatomie, 2. Auflage, Springer Verlag 3. CHRISTIAN, A. & MACKENSEN-FRIEDRICHS, I. & WENDEL, C. & WESTENDORF-BRÖRING, E. (2011): Grüne Reihe Materialien S II, Stoffwechselphysiologie, Schroedel Verlag 4. ESAU, K. (1969): Pflanzenanatomie, Gustav Fischer Verlag 5. EVERT, R. F. (2009): Esaus Pflanzenanatomie: Meristeme, Zellen und Gewebe der Pflanzen ihre Struktur, Funktion und Entwicklung, De Gruyter Verlag 6. GERLACH, D. (1984): Botanische Mikrotechnik Eine Einführung, 3. Auflage, Thieme Verlag 7. LÜTTGE, U. & KLUGE, M. (2012): Botanik - Die einführende Biologie der Pflanzen, 6. Auflage, Wiley-VHC Verlag 8. POTT, R. & HÜPPE, J. (2007): Spezielle Geobotanik, Pflanze-Klima-Boden, Springer Verlag 9. SADAVA, D. & HILLIS, D. M. & HELLER, H. C. & BERENBAUM, M. R. (2011): Purves Biologie, 9. Auflage, Spektrum Akademischer Verlag 10. WANNER, G. (2004): Mikroskopisch-botanisches Praktikum, 2. Auflage, Thieme Verlag

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37 Biologie 2. Platz: Fabian Karwinkel Gymnasium Hammonense Hamm Betreuende Lehrperson: Gutachter: Herr Hochkeppel Jun.-Prof. Dr. Robert Kourist Jun.-Prof. Dr. Lars Leichert Die Ökologie der Uferschwalbe unter besonderer Berücksichtigung der Bestandsentwicklung in der Hammer Lippeaue 1. Einleitung Immer mehr Menschen beschäftigen sich in ihrer Freizeit mit unserer Natur, besonders mit der Beobachtung von Vögeln. Dies hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass sich keine andere Tiergruppe so gut in ihrer Artenvielfalt und Schönheit beobachten lässt wie diese. Doch was für den einen ein Zeitvertreib ist, ist für den anderen eine Aufgabe, die es zu untersuchen gilt. Vögel sind die mit Abstand am besten erforschte Tiergruppe. Mithilfe der Informationen, die wir schon über etliche Jahrzehnte gesammelt haben, liefert uns besonders die Tiergruppe der Vögel wichtige Daten über unsere Umwelt. Vögel gelten beispielsweise als eindeutige Bioindikatoren für ein funktionierendes oder gestörtes Ökosystem. Bestandszählungen und Verhalten geben Aufschluss darüber, welche Auswirkungen anthropogene Eingriffe auf die sensiblen Ökosysteme unserer Erde haben. Da ich mich sehr für die Natur interessiere und mich ehrenamtlich beim Naturschutzbund Hamm engagiere, bin ich bei meinen Beobachtungen auf einen besonderen Vogel gestoßen, der die genannten Kriterien erfüllt: Die Uferschwalbe (Riparia riparia). Die Uferschwalbe ist ein gutes Beispiel für einen Bioindikator, der für ein funktionierendes Fließgewässer steht. Es ist daher von Bedeutung, den Bestand solcher Vögel zu kartieren und die gesammelten Daten anschließend auszuwerten. Dabei sollten Bestandseinbrüche als frühzeitige Alarmsignale verstanden werden, denn das Zerstören bzw. Wiederherstellen von Biotopen hat direkten Einfluss auf die Tiere. Durch unser Stadtgebiet Hamm, in Nordrhein-Westfalen, fließt die Lippe als natürlicher Fluss. Auch sie veränderte sich im Wandel der Zeit gravierend vor allem durch den Menschen. Die Uferschwalbe ist daher ein wichtiger Vogel, der informative Daten darüber liefern kann, wie es um unseren Heimatfluss steht. In der heutigen Zeit ist es ebenfalls von großem Interesse, ursprünglich zerstörte Lebensräume für Tiere und Pflanzen wiederherzustellen, zu renaturieren. Dafür steht auch das Lippeauen LIFE Projekt

38 mit Schwerpunkt in Hamm, das unter anderem diesem Vogel seine alten Brutgebiete zurückgeben soll. Daher ist es bedeutend, die Entwicklung dieses Vogels an der Hammer Lippe zu untersuchen. 2. Die Biologie der Uferschwalbe 2.1 Taxonomie Die Familie der Schwalben (Hirundinidae) gehört allgemein zur Unterordnung der Singvögel (Passeres) und der Ordnung der Sperlingsvögel (Passeriformes). Die Schwalbenfamilie umfasst insgesamt 89 Arten in 14 Gattungen. Zu Beachten ist jedoch, dass Seeschwalben (Sternidae) trotz eines gegabelten Schwanzes und dem Wort Schwalbe in ihrem Namen zu einer ganz anderen Ordnung gehören, nämlich zur Ordnung der Regenpfeiferartigen (Charadriiformes) (PERRINS 2004). Die Uferschwalbe (Riparia riparia) gehört dagegen zu den 14 Gattungen der Schwalben. Die Gattung der Riparia (der voranstehende wissenschaftliche Name einer Art gibt die Gattung an), also die der Uferschwalbe, besitzt neun Unterarten in zwei verschiedenen distinkten Arten-Gruppen: Die riparia-gruppe und die diluta-gruppe. Die Verbreitung dieser Gruppen reicht von Nordamerika bis Afrika, Asien und Europa (BAUER et al. 2005). 2.2 Morphologie Die Uferschwalbe ist eine der kleinsten Schwalbenarten. Ihre Körperlänge beträgt ca. 12 cm, die Flügelspannweite in der Regel 26,5 bis 29 cm. Ihr Gewicht überschreitet 15g meist nicht, wobei die Männchen minimal schwerer sind als die Weibchen (BAUER et al. 2005). Das Gefieder der adulten Uferschwalbe ist oberseits matt graubraun und unterseits weiß mit graubraunem Brustband. Die Flügelunterunterseite, besonders an den Flügeldecken, ist dunkel, die Oberseite braun. Das Jugendkleid (JK) weist helle rostbeige oder weißliche Säume besonders auf Schirmfedern, Flügel-decken sowie im Kopf- und Brustbereich auf. Zwischen Pracht- und Schlichtkleid wird nicht unterschieden. Der Schwanz besitzt die typische Eingabelung für Schwalben, jedoch ist sie nicht so tief gegabelt wie es beispielsweise bei der Rauchschwalbe (Hirundo rustica) der Fall ist (SVENSSON et al. 2009). Abb. 1: Die Morphologie der Uferschwalbe (SVENSON 2011, S.259) PRÄMIERTE FACHARBEITEN Biologie

39 2.3 Lebensraum und Verbreitung Die natürlichen Lebensräume der Uferschwalbe sind sandige oder lehmige, vegetationsfreie Steilufer an Fließgewässern, die ausreichend Nahrung und Schutz - besonders für das Brutgeschäft - gewähren. Außerdem wird Offenland (meist vegetationsarme Kulturlandschaft) entlang von Gehölzen benötigt, um eine weitere Nahrungsquelle zu sichern. Besonders im Spätsommer werden zusätzlich Gebüsche oder Schilfbestände aufgesucht, die den Tieren als Schlafplatz dienen. Ursprünglich war die Uferschwalbe vorwiegend linear (entlang von Flusssystemen) verbreitet, heute kommt sie jedoch eher flächig vor. Gründe dafür sind anthropogene Eingriffe: Beim Einbrechen oder Aufschütten von größeren Sandmassen ergibt sich für die Tiere ein meist eher kurzfristiger Ersatzlebensraum, der es den Tieren ermöglicht, auch fernab von Flüssen zu brüten (NWO 2002). Abb. 2: Der Brutraum der Uferschwalbe (Riparia riparia) 1 Den natürlichen Lebensraum, aber auch ihren Ersatzlebensraum, findet die Uferschwalbe im Tiefland (bis etwa 700m über NN) von Westeuropa bis zur Pazifikküste sowie in Nordamerika. In den obigen Darstellungen sind die Bruträume zu erkennen. Da es sich bei der Uferschwalbe um einen Zugvogel handelt, werden diese Gebiete im Winter verlassen und wärmere Regionen in Afrika bzw. Südamerika aufgesucht. Die Uferschwalbe ist damit ein Vogel mit einer vergleichsweise großen Verbreitung (BAUER et al. 2005). 2.4 Verhalten Jagdverhalten: Die Uferschwalbe ist tag- und dämmerungsaktiv. Über Wiesen, Feldern und Gewässern, bei schlechtem Wetter vor allem über Wasserflächen und Feuchtwiesen, stellt die Schwalbenart ihrer Beute in der Luft nach. Gejagt werden Fluginsekten bis zu mittlerer Größe, die in sehr schnellem Zickzackflug erbeutet werden. Mauserverhalten: Die postjuvenile Mauser, also die Vollmauser vom juvenilen in das adulte Federkleid, findet in der Regel erst im Winterquartier statt. Auch die Großgefiedermauser findet im Winterquartier statt und dauert in der Regel Tage. Das Kleingefieder wird im Spätsommer gewechselt. Zugverhalten: Die Uferschwalbe ist ein Langstreckenzieher, zu ihren Winterquartieren nehmen sie weite Strecken bis zu 5000 km auf sich (Luftlinie von Hamm nach Tschad über Gibraltar, vgl. WESTERMANN- VERLAG 1976). Tagsüber ziehen die Tiere, nachts suchen sie gemeinsame Kolonieschlafplätze im Schilf, Mais oder Gehölz auf. Die nordamerikanischen Vögel überwintern in den Tropen von Südamerika, die

40 Vögel aus Eurasien ziehen nach Afrika. Auch hier bevorzugen sie den Regenwald in West- und Zentralafrika, mit dem Schwerpunkt in Senegambien und am Tschadsee. Die (europäischen) Uferschwalben nutzen die Zugroute westlich des Mittelmeers, um in ihre Quartiere zu gelangen. Der Wegzug aus (West)Europa beginnt Ende August, die Ankunft in ihren Brutgebieten in unseren Breiten erfolgt ab Ende März (BAUER et al. 2005). 2.5 Fortpflanzung und Brutbiologie In ihren Brutgebieten in Eurasien und Nordamerika ist die Uferschwalbe ein Sommervogel, sie befindet sich also ausschließlich für die Brut in diesen Gebieten. Nach neun Monaten sind die Vögel geschlechtsreif, die Balzzeit beginnt meist Anfang Mai. Während des Röhrenbaus findet die Paarbildung statt, das Männchen versucht das Weibchen unter anderem mit dem sogenannten Schmetterlingsflug (schmetterlingsartiger Bogenflug mit Gesang) zu seinen gegrabenen Höhlen zu locken. Ist dies erfolgt, und konnte das Männchen durch weiteren Gesang das Weibchen zur Annahme der Höhle überzeugen, wird ein Verfolgungsflug gestartet, bei dem das Weibchen den Reproduktionserfolg, die Fitness, des männlichen Vogels testet. Die Uferschwalbe lebt in einer sukzessiven Polyandrie, die Weibchen paaren sich oft auch mit anderen Männchen. Das Nest befindet sich in ca. 0,5 bis 1 Meter tiefen Höhlen in nahezu senkrechten, sandigen Steilufern, die das Männchen zuvor mit den Füßen gegraben hat. In der Nestkammer am Ende der Brutröhre werden dann im Mai in der Regel 4 bis 6 weiß glänzende Eier abgelegt. Das brütende Weibchen wird in dieser Zeit vom Männchen bewacht, diese Aufgabe wird jedoch oft tagsüber gewechselt. Nach zwei Wochen schlüpfen die Jungen, die anschließend noch eine Nestlingsdauer von Tagen vor sich haben. Auch danach werden sie teilweise noch von den Altvögeln mit Futterballen versorgt. Ist der Nachwuchs selbständig und war die Erstbrut früh im Jahr, kommt es oft zu einer zweiten Brut, Der Ausfliegerfolg liegt mit 3.87 Juvenilen Tieren pro Gelege vergleichsweise hoch (BAUER et al. 2005). 3. Kartierungsmethoden der Uferschwalbe Kartierung: Die großräumige, systematische Suche von besiedelten Nistwänden wird von Juni bis Mitte August durchgeführt. Zu beachten ist jedoch dass die Vögel immer öfter Aufschüttungen nutzen und nicht zwangsweise direkt am Fließgewässer brüten müssen. Bei der Zählung der an einer beflogenen Nistwand ansässigen Brutpaare sind zwei verschiedene Erfassungsmethoden möglich: 1. Zählung der Röhren: Hierbei werden alle potenziellen Brutröhren gezählt, also jede von Uferschwalben gegrabene Vertiefung über 5 cm Tiefe. 2. Zählung besetzter Röhren: Hier werden nur die Brutröhren erfasst, die besetzt sind. Als Brutverdacht gelten hierbei der Ein- und Ausflug einzelner Tiere oder frische Krallen- oder Kotspuren, als Brutnachweis zählen insbesondere rufende bzw. bettelnde Jungvögel oder fütternde Altvögel. Auswertung: Die Auswertung ist bedingt durch die Methode der Kartierung. PRÄMIERTE FACHARBEITEN Biologie

41 1. Wurde mit der Röhrenzählung erfasst, also alle potenziellen Brutröhren gezählt, muss anschließend mit einem Korrekturfaktor multipliziert werden, um auf die Anzahl der Brutpaare zu kommen. Anzahl potenzieller Brutröhren * Korrekturfaktor = Anzahl Brutpaare Bei Anwendung dieser Rechnung ist jedoch Folgendes zu beachten: Der Korrekturfaktor ist abhängig von der Anzahl potenzieller Brutröhren. Es gilt: für 1 bis 50 Röhren der Korrekturfaktor 0,5 für 51 bis 120 Röhren der Korrekturfaktor 0,42 für mehr als 120 Röhren der Korrekturfaktor 0,36. Diese Methode der Auswertung ist damit zu erklären, dass die Männchen als Bestandteil der Balz mehrere Brutröhren bauen. Daher ist die Anzahl an Brutröhren nicht gleich der Anzahl an Brutpaaren. Bei einer großen Kolonie ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass ein Männchen wegen einer hohen Konkurrenz mehr als zwei Röhren gräbt. 2. Wurden dagegen die besetzten Röhren gezählt, wird anders ausgewertet: Die Brutpaare ergeben sich aus der Summe aller besetzten Röhren. Es spielt dabei keine Rolle, ob es sich vorher um einen Brutverdacht oder um einen Brutnachweis gehandelt hatte Anzahl besetzter Röhren = Anzahl Brutpaare Besondere Hinweise: Bestandskartierungen sind sinnvoll, um vor allem Trends der Bestandsentwicklung einer Tierart zu erkennen. Um einen Entwicklungstrend aufstellen zu können, ist es wichtig, die Zählung für ein Gebiet Jahr für Jahr mit derselben Kartierungsmethode und ungefähr am gleichen Termin durchzuführen, denn nur so ist eine gewisse Genauigkeit gewährleistet (SÜDBECK et al. 2005). 4. Die Uferschwalbe in Hamm 4.1 Eigene Untersuchungen an der Uferschwalbe Die Uferschwalbe ist als Bewohner von Flüssen mit großer Verbreitung in Westeuropa auch in Deutschland anzutreffen. Sogar in einem vergleichsweise dicht besiedelten Raum, wie dem Ruhrgebiet und seiner Umgebung, ist sie mittlerweile regelmäßig anzutreffen. So bietet auch Hamm mit der Lippe ein bedeutendes Habitat. Nachdem ihr Lebensraum besonders zu Zeiten der Industrialisierung zu Gunsten der Menschen stark umgestaltet wurde, wird in verschiedenen Regionen (so auch in Hamm) nun versucht, den Lebensraum zurückzugewinnen. Hierzu werden u. a. Ufer entfesselt oder sogar abgestochen, vor allem Prallhänge, die bei einem natürlichem Fluss durch seine Dynamik und ein hoher Wasserstand bzw. Hochwasser senkrecht abgetragen werden würden. An einem Fluss, der durch den Menschen begradigt wurde, bilden sich

42 diese Ufer nicht mehr. Ein weiterer Grund ist, dass die heutigen Flüsse sehr tief sind und sich immer weiter eingraben, sodass der Fluss selten über die Ufer treten kann. An solchen Ufern werden die meist abgeschrägten und bewachsenen Ufer mit einem Bagger oder mit dem Spaten abgestochen. Dieses Uferabstechen führte ich zusammen mit der Jugendgruppe des Naturschutzbundes Hamm an der Hammer Lippe durch. Es wurden an verschiedenen Stellen im Bereich des Naturschutzgebietes Tibaum ca. 15 m neue Steilwand abgestochen. Es ist zu beachten, dass diese Arbeit möglichst nicht in der Brutzeit stattfindet, um mögliche Störungen zu vermeiden. Wir wählten den Februar für unsere Arbeiten. Abb. 3: Das Abstechen der Uferschwalben im Bereich des NSG Tibaums 2 Das nebenstehende Bild zeigt den Unterschied zwischen den abgeschrägten und den abgestochenen Steilwänden. An den abgeschrägten Wänden wären die Uferschwalben sehr leichte Beute für Prädatoren wie Marder oder Fuchs, die entlang der Steilwand problemlos jagen können. Das Naturschutzgebiet darf nur mit vorher erteilter Genehmigung der Unteren Landschaftbehörde (ULB) betreten werden, ist jedoch auch von einem Weg aus einsehbar. So konnten wir auch den weiteren Verlauf beobachten, und der für uns spannenden Frage nachgehen, ob sich die Arbeit für den kleinen Vogel auch wirklich gelohnt hat. Ende April konnten wir zu unserer Freude die ersten Uferschwalben in diesem Gebiet entdecken. Zuletzt war diese Steilwand im Jahr 2008 bewohnt, nachdem der Lippeverband sie mit schwerer Gerätschaft abgestochen hat. Mitte Juni, also zur Zählzeiten der Erstbrut, prüften wir, ob und in welchem Maße wir Erfolg hatten. Und tatsächlich: Wir konnten mithilfe der Röhrenmethode (s. Kartierungsmethoden oben) 24 potenzielle Brutröhren kartieren. Wir wählten diese Methode, da sie meist genauer und vor allem weniger zeitintensiv ist als das Zählen der besetzten Röhren. Außerdem wird sie schon seit mehreren Jahren in diesem Gebiet praktiziert. Rechnung: Anzahl potenzieller Brutröhren * Korrekturfaktor für 1 bis 50 = Anzahl BP 2 eigene Quelle PRÄMIERTE FACHARBEITEN Biologie

43 4.2 Bestandsentwicklung in der Hammer Lippeaue seit 1959 Wie schon im Vorwort erwähnt, sind Vögel ausgezeichnete Bioindikatoren. An den Beständen mancher Arten lässt sich sogar festmachen, in welchem Entwicklungsstadium die Menschen sich momentan befinden. So zeigt die Uferschwalbe an, wie die Entwicklung bzw. der Nutzen eines Fließgewässers sich im Laufe der Zeit verändert hat. Die Kartierung der Uferschwalbe und ihre schriftliche Dokumentation startete 1959 (KÖPKE et al. 2000). Im Folgenden sind die Daten erfasster Brutpaare für Hamm dargestellt: y : Anzahl der Brutpaare Die Entwicklung der Uferschwalbe in Hamm von 1996 bis 2012 x : t in Jahren Abb. 4: Die Entwicklung der Uferschwalbe in Hamm 3 Obwohl die Kartierungen schon 1959 begann, liegt hier nur eine Schätzung von 0 bis 40 Brutpaare über einen längeren Zeitraum vor. Deswegen ist es wenig sinnvoll, sie in die Untersuchung mit einzubeziehen. Auch wenn bei den vorher erhobenen Daten leichte Ungenauigkeiten bzw. keine Möglichkeit zur Erfassung genauer Daten bestand (die Anzahl der Brutpaare ist nie exakt festzustellen), ändert dies trotzdem nichts am qualitativen Verlauf des Graphen. Auswertung der Daten: Das Diagramm verdeutlicht eine insgesamt positive Entwicklung der Uferschwalbe ab Von 1996 bis 2004 hält sich die Uferschwalbe auf einem sehr niedrigen Niveau mit einem Maximum von 10 Brutpaaren (1996) und einem Minimum von grade einmal einem Brutpaar (1998). Hierbei handelt es sich um einen erschreckend kleinen Wert für eine Stadtfläche von insgesamt fast 230 km² (BERIÈ et al. 2010). Auch an den Daten von 1959 bis 1996 erkennt man eine eher niedrige Zahl an brütenden Uferschwalben in Hamm. Doch woran kann das liegen? Die Ursache ist der Mensch: Flüsse wurden früher und werden auch noch heute aus Sicht der Menschen als Helfer der Wirtschaft betrachtet. Nur mit einem Fluss war es möglich, die Industrie immer weiter auszubauen. Güter konnten verschifft werden und räumliche Entfernungen wurden neu definiert. Ohne Wasserstraßen ist auch heute noch eine starke Wirtschaft sowie eine Globalisierung nicht vorstellbar. Ein guter Fluss war daher möglichst gradlinig und tief, damit er optimale Bedingungen für den Schiffsverkehr bot. Die Flüsse, so auch die Lippe, mäandrierten durch die Aue und waren breiter und flacher als heute. Wie auf dem linken der unteren Bilder vom April 1969 zu sehen, gab es Steilufer als Brutplatz für Uferschwalben- ein bedeutendes Biotop für die heimische Flora und Fauna. 3 Daten von 1996 bis 1999 [KÖPKE et al. 2000]; die ab 2000 [POTT Mündliche Mitteilung], Zahlen von 2000 bis 2004 auf 5 BP gemittelt, da eine Schätzung von 0 bis 10 BP vorlag

44 Durch Hochwasser und die Flussdynamik bilden sich an den Ufern steile Wände (oft Prallhänge), die einen Lebensraum für die Uferschwalbe bieten. Nachdem der Mensch den Fluss allerdings besser für sich nutzbar machte, ihn also zunehmend begradigte und die Ufer befestigte, war dieser Lebensraum verschwunden. Die Lippe war in ihrem Flussbett eingesperrt und grub sich immer tiefer ein. Wie das rechte Bild vom September 1969 zeigt, ist der Fluss durch Schüttsteine gesichert. Abb. 5: Die Entwicklung der Lippe im Bereich Werries 4 Der Mensch hat den Fluss bzw. die Flussaue damit langfristig verändert, was auch die Bestandszahlen der Uferschwalbe in dem zuvor erwähnten Zeitraum erklären. Ab 2005 steigen die Zahlen dann immerhin auf über 30 Brutpaare der Uferschwalbe in Hamm an. Diese Entwicklung ist dadurch zu erklären, dass in verschiedenen Gebieten an der Hammer Lippe der Lippeverband in Zusammenarbeit mit anderen Verbänden die Ufer mit dem Bagger verbessert hat. Es bildeten sich an den verschiedenen Stellen Kleinkolonien der Uferschwalbe, die diesen neuen Lebensraum sehr schnell annahmen. Ab 2007 setzte sich die positive Bestandsentwicklung dann fort: Mehr als doppelt so viele Brutpaare von Uferschwalben konnten 2008 im Gegensatz zu 2007 kartiert werden. Dies ist vor allem für den Lippeverband eine gute Nachricht, denn es bestätigt den Erfolg des LIFE -Projektes, das 2007 die Ufer von den eingrenzenden Schüttsteinen befreit hatte. Dass die Kolonien 2009 kleiner waren als 2008, liegt wahrscheinlich daran, dass die 2007 frisch abgestochenen Steilwände bereits wieder leicht abgeschrägt und bewachsen waren. Im Jahre 2011 gibt es jedoch den steilsten Anstieg: In einem Jahr stieg der Bestand von 112 Paaren in 2010 auf das Maximum von 222 Paaren in Eine sehr gute Entwicklung für die Uferschwalbe in Hamm. Hier ist wieder erkennbar, dass das Tier direkt auf Maßnahmen reagiert: 2010 wurde das Lippe a LIFE Projekt erweitert und das Projekt Life+ begonnen. Im darauf Folgenden Jahr spricht das mathematisch genannte Globale Maximum von 222 Brutpaaren für sich. Allerdings darf an dieser Stelle nicht ausgelassen werden, dass eine Sandaufschüttung am Haarener Baggersee im Hammer Osten zu der größten Hammer Uferschwalbenkolonie seit 50 Jahren führte. Hier zogen beeindruckende 72 Brutpaare (über 200 potenziellen Brutröhren) ihre Jungen groß. Da dieser Hügel zum Bedauern vieler Naturschützer und natürlich der Uferschwalben im Winter 2011 entfernt wurde [POTT 2012], ging dieser Lebensraum aus zweiter Hand leider verloren. Erkennbar ist dies auch in 4 beide Fotos: Lippeverband (April bzw. September 1969) (UMWELTAMT STADT HAMM 2009), beide Bilder zeigen dasselbe Motiv: Die Lippe mit dem Schloss Oberwerries im Jahre Eines der Bilder entstand im April, das andere im September PRÄMIERTE FACHARBEITEN Biologie

45 dem vergleichsweise starken Abfall des Uferschwalbenbestandes in Hamm In diesem Jahr konnten etwas mehr als die Hälfte der Paare von 2011 erfasst werden. Wie sich der Bestand der Uferschwalbe in Hamm weiter entwickelt ist eine spannende Angelegenheit. In der 2008 aufgestellten Roten Liste für NRW ist die Uferschwalbe als von Schutzmaßnahmen abhängig eingestuft worden (SÜDBECK et al. 2007). Ihr Bestand hängt also davon ab, wie und in welcher Intensität der Mensch negativ oder positiv auf die Natur und die Lippe einwirkt. 4.3 Gefährdung Hamm ist eine vergleichsweise große Stadt mit fast Einwohnern (BERIÉ et al. 2010). Eine Landschaft mit Gebrauchsspuren (UMWELTAMT STADT HAMM 2009) beschreibt die Situation der Stadt Hamm recht treffend, besonders in Bezug auf das vergangene Jahrhundert. Der Fluss Lippe, der die kreisfreie Stadt schneidet, ist für uns Menschen nicht ohne Bedeutung: Als Siedlungsraum, Fläche für die Nahrungsmittelproduktion und vor allem als Transportweg dient sie dem Menschen. Der Fluss wurde für solche Bedürfnisse optimiert, also begradigt. Die Ufer wurden befestigt und ein Deich und Entwässerungsgräben angelegt. Bis auf wenige Ausnahmen war dies ein deutlicher Rückschlag für die Biozönose des Fließgewässers, so auch für die Uferschwalbe. Besonders die Befestigung der Ufer raubte der Schwalbenart ihre natürlichen Brutplätze. Eine weitere Gefährdung der europäischen Schwalben spielt sich in ihrem Überwinterungsgebiet in Afrika ab: Die immer weiter zunehmende Dürre der Sahelzone (ab 1967) war und ist mit großer Wahrscheinlichkeit auch für die Hammer Uferschwalben ein Problem (BAUER et al. 2005). Des Weiteren breitet sich die intensive Landwirtschaft mit ihren immer effizienteren Methoden aus, die durch starke Biozideinsätze den Gesamtbestand der Insekten verringert. Weniger Insekten bedeuten simpel gesagt weniger Uferschwalben. Ein kleinerer, aber durchaus erwähnenswerter Grund sind Störungen direkt an den Brutplätzen durch Freizeitsportler oder Erholungssuchende. Die natürliche Bedrohung durch Fressfeinde stellt keine Gefahr für den Bestand der Uferschwalbe dar. Ein Beispiel für einen solchen Fressfeind ist der Baumfalke (Falco subbuteo): Dieser Greifvogel hat sich besonders auf die rasante Jagd auf Großinsekten und Schwalben angepasst. Er ist eine bedrohte Vogelart und es ist zu vermuten, dass er nicht zuletzt aufgrund des Anstieges der Uferschwalben einen Brutplatz verstärkt in der Lippeaue findet. Der Baumfalke profitiert von den Naturschutzarbeiten, denn zu Spitzenzeiten (also in der Nachbrutzeit) befinden sich neben Großinsekten bis zu 1000 Uferschwalben in der Hammer Lippeaue (POTT Mündliche Mitteilung). 4.4 Schutzmaßnahmen In weiten Teilen Deutschlands, in Mitteleuropa aber auch auf der ganzen Welt erfolgt bei vielen Menschen ein Umdenken in unserer Beziehung zu der Natur. Immer mehr Leute sehen in ihr nicht nur Ausbeutungspotenzial, sondern denken viel mehr an ein Miteinander von Mensch und Natur. Ziel soll es sein, den Verlust der Biodiversität zu stoppen und durch Renaturierungsarbeiten der Umwelt zu helfen, ihr ursprüngliches Gesicht größtenteils zurückzubekommen. Die Uferschwalbe in Hamm ist ein gutes Beispiel dafür. Sie ist darauf angewiesen, dass wir den Lebensraum Lippe für sie attraktiv machen. Da die Lippe noch zu weit entfernt von ihrer ursprünglichen Flussdynamik ist, werden Steilufer von

46 Menschen abgestochen. Dies kann in kleinerem Rahmen von Privatpersonen oder Naturschutzorganisationen (z.b. dem NABU) durchgeführt werden, aber auch von der Stadt oder dem Lippeverband selbst. Ein großer Schritt für die Lippe erfolgte 2006: Die Baumaßnahmen des LIFE - Projektes starteten mit dem Ziel, den einzigartigen Lebensraum Flussaue wieder herzustellen. Die Stadt Hamm konnte gemeinsam mit dem Lippeverband, dem Kreis Warendorf und der ABU Soest sowie weiteren Projektpartnern auf EU Hilfe zurückgreifen und die Lippe mit Schwerpunkt in Hamm erfolgreich renaturieren. Insgesamt wurden ca m Flussufer entfesselt um die Lippeaue als Teil des Natura 2000 Netzwerkes für viele Tier- und Pflanzenarten bewohnbar zu machen 5. Ab dem Jahr 2010 wurde das Projekt mit den Life+ Maßnahmen erweitert. Ziel der Aktion ist es, die Beziehung zwischen Fluss und Aue wiederherzustellen und die Lippeaue für die Artenvielfalt, den Hochwasserschutz oder Erholungszwecke umzurichten. Wie an den Bestandszahlen abzulesen ist, ist dies ein Erfolg für die Uferschwalbe. Doch solange die Lippe ihre ursprüngliche Kraft und Flussdynamik nicht wieder vollständig errungen hat gilt: Die Uferschwalbe zieht dem Bagger hinterher. [Zitat von Margret Bunzel-Drüke]. Denn wo neue Steilwände entstehen, brütet die Uferschwalbe in der Regel erfolgreich und in großer Zahl. 5. Globaler Bestand Nach eigener Schätzung beträgt der Gesamtbestand der Uferschwalbe wahrscheinlich unter 100 Millionen Tiere. Verglichen mit dem Menschen (ca. 7 Milliarden) ist die Zahl kleiner als sie im ersten Moment wirkt. In Europa zählt der Bestand der Uferschwalbe Mio. Brutpaare (BAUER et al. 2005). In Deutschland hat die Uferschwalbe eine positive Bestandsentwicklung: 2002 stand die Uferschwalbe noch in der Vorwarnliste, 2007 wurde sie als ungefährdet eingestuft. Eine Grafik zum Vergleich zehn verschiedener Ländern gibt einen kleinen Einblick über die Verteilung in Europa. Deutlich ragt der Bestand in Polen, Ungarn und Deutschland heraus. Diese drei Länder zeichnen sich durch Tiefland mit Fließgewässern und nicht zuletzt durch eine große Gesamtfläche aus, die einen geeigneten Lebensraum für die Uferschwalbe darstellt. Ungeeignet sind bergige Landschaften wie sie beispielsweise in Österreich oder der Schweiz zu finden sind, die außerdem durch eine vergleichsweise kleine Fläche (ebenso wie Belgien oder Luxemburg) eine geringe Anzahl von brütenden Uferschwalben aufweisen. Grade die drei oben erwähnten Länder also auch Deutschland- tragen mit über Brutpaaren eine große Verantwortung für die weitere Bestandsentwicklung der Uferschwalbe. Daten: (BAUER et al. 2005). 5 UMWELTAMT STADT HAMM 2009 PRÄMIERTE FACHARBEITEN Biologie

47 Bestand der Uferschwalbe in verschiedenen Ländern Europas y : Anzahl der Brutpaare A B CH CZ D H L NL PL SK x : Länder Abb. 6: Bestand der Uferschwalbe 6. Fazit Mein Fazit ist alles in allem zufriedenstellend. Die (Bestands-)Entwicklung der Uferschwalbe in Hamm verläuft - vor allem wenn der Zeitraum der letzten 15 bis 20 Jahren betrachtet wird mit einem deutlichen Aufschwung. Als erfolgreich sehe ich daher die Renaturierungsarbeiten an der Hammer Lippe an. Das LIFE - Projekt, dass sich vor allem der Lippe im Hammer Gebiet widmet, kann die Flussaue der Lippe langfristig positiv beeinflussen. Für die Uferschwalbe kam das Umdenken der Menschen bezüglich der Bedeutung des Ökosystems an der Lippe grade noch rechtzeitig, denn wie das Diagramm auf Seite sieben verdeutlicht, lag die Anzahl an Brutpaaren der braunen Schwalbenart lange Zeit gefährlich nah an der Null-Grenze. Doch wir Menschen dürfen uns nicht auf den bisherigen Erfolgen ausruhen und aufhören der Natur zu helfen, denn schließlich sprechen wir über re naturieren. Wir müssen die Flüsse zurück in ihre ursprüngliche Beschaffenheit bringen bzw. dies zumindest versuchen. Denn nur durch unser - im Sinne der Tier- und Pflanzenwelt - egoistisches Handeln kamen Fließgewässer genauso wie andere Biotope überhaupt in eine solch schlechte Lage, in der sie sich heute in großen Teilen der Erde befinden. Es sollte daher von großerm Interesse sein, langfristig einen Blick auf unsere Umwelt zu haben und - unabhängig davon in welcher Dimension - zu ihrem Schutz beizutragen. Die Uferschwalbe ist nur ein kleiner Teil in einer sehr langen Artenliste, die auf eine Wiederherstellung ihres Lebensraumes angewiesen ist. Weiterhin sind Bestandsaufnahmen einzelner Tier- und Pflanzenarten wichtig. Dies gilt besonders für solche, die als Bioindikatoren wirken. Durch sie bekommen wir Auskunft über die Qualität unserer Umwelt. Das Brutvorkommen der Uferschwalbe in unserer Stadt sollte uns daher ganz besonders am Herzen liegen. Ich bin froh, einen solch faszinierenden Vogel wie die Uferschwalbe näher untersucht zu haben und mit

48 der für diese Facharbeit notwendigen Arbeiten, einen kritischen Blick auf die heutige Nutzung eines (naturnahen) Flusses bekommen zu haben. An dieser Stelle möchte ich einen ganz besonderen Dank an den Ornithologen Wolfgang Pott aussprechen, der mich bei meiner Arbeit fachgerecht unterstützt hat. Auch allen anderen Ornithologen und Naturschützern, vor allem Jürgen Hundorf, Thiemo Karwinkel und Marvin Fehn, die indirekt durch Bestandszählungen, Fotos o.ä. meine Facharbeit möglich machten, gilt an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön. Verweise 1. BAUER, H.-G., E. BEZZEL & W. FIEDLER (2005): Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas, 2. Auflage: Passeriformes Sperlingsvögel, S BERIÉ E., L. CHRISTIN & G. VON DER STEIN (2010): Der Fischer Weltalmanach 2011, S KÖPKE, G., A. NAGEL & W. POTT (2000): Über die Vogelwelt der Stadt Hamm (Westf.) , Eine Kommentierte Artenliste mit Hinweisen für den Artenschutz, Stadt Hamm, S NWO (2002): Die Vögel Westfalens, Ein Atlas der Brutvögel von 1989 bis 1994, Bonn, S.172/ o.v.: Berichte zum Vogelschutz, Heft Nr PERRINS, Prof. Dr. C. (2004): Vögel der Welt, Die BLV Enzyklopädie, S POTT, W. (2011): Ornithologischer Jahresbericht 2011 für Hamm und Umgebung. Sonderheft. S SÜDBECK, P., H. ANDRETZKE, S. FISCHER, K. GEDEON, T. SCHIKORE, 9. SCHRÖDER, K., SUDFELDT, S. (2005): Methodenstandarts zu Erfassung der Brutvögel Deutschlands, S.470/ SÜDBECK P., H.-G. BAUER, M. BOSCHERT, P. BOYE & W. KNIET (2007): 11. SVENSSON, L., K. MULLARNEY & D. ZETTERSTRÖM (2011): Der Kosmos Vogelführer, 2. Auflage, S.258/ UMWELTAMT STADT HAMM (2009): Lippe Aue Life Projekt, 1. Auflage, S WESTERMANNVERLAG (1976): Dierke Weltatlas, S.172/173. PRÄMIERTE FACHARBEITEN Biologie

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51 Biologie 3. Platz: Anja Überla Gymnasium Waldstraße Hattingen Betreuende Lehrperson: Gutachter: Frau Sparing Jun.-Prof. Dr. Robert Kourist Jun.-Prof. Dr. Lars Leichert Nachweis gentechnisch veränderter Nahrungsmittel im deutschen Lebensmittelhandel 1. Einleitung 1.1. Themenfindung Die Gentechnik, besonders die grüne Gentechnik ist in den letzten Jahren eines der meist diskutierten Themen in Gesellschaft und Wissenschaft. Die Meinungen zu Gentechnik gehen weit auseinander, da die langfristigen Folgen des Anbaus von genetisch modifizierten Pflanzen und deren Verzehr noch nicht abzusehen sind. In Deutschland gelten daher sehr strenge Gesetze zum Anbau und Verzehr von GVOs (genetisch veränderten Organismen). So müssen Produkte, die mehr als 0,9% GVOs enthalten, gekennzeichnet werden und ein bestimmtes Zulassungsverfahren durchlaufen. Es sollten deshalb kaum gentechnisch veränderte Lebensmittel in deutschen Supermärkten zu finden sein. Deutschland wirkt fast wie eine gentechnik-freie Zone. Außerhalb Europas ist die grüne Gentechnik schon fast selbstverständlich. Daher habe ich mich gefragt, ob wir wirklich so wenig mit gentechnisch veränderten Lebensmitteln in Kontakt kommen, wie wir glauben. 1.2 Gentechnik in Lebensmitteln Gentechnik in Lebensmitteln liegt in Form von genetisch veränderten Organismen (GVO). Unter genetisch veränderten Organismen versteht man Organismen, denen Fremd-DNA eingefügt wurde und die somit ein verändertes genetisches Material verglichen zu dem ursprünglichen Organismus besitzen. 1 Am häufigsten werden veränderte Mais-, Soja-, Baumwoll- und Rapspflanzen angebaut. 2 Diese veränderten Organismen haben oft Vorteile gegenüber dem ursprünglichen Organismus. Ein Beispiel dafür ist Bt- Mais. Bt-Mais besitzt Gene eines Bodenbakteriums Bacillus thuringiensis (Bt), die für Bt-Toxine codieren und somit für viele Maisschädlinge giftig sind. Vereinfacht lässt sich sagen, dass der Bt-Mais sein eigenes 1 vgl.: 2 vgl.:

52 Pestizid produziert und sich somit vor Schädlingen erfolgreich schützen kann. 3 Auch Sojabohnen werden häufig modifiziert, meistens um ihre Herbizidresistenz zu verstärken. So können Landwirte Herbizide spritzen, um das Unkraut zu vernichten, ohne dabei jedoch die Sojapflanze zu zerstören. Das erhöht den Ertrag bei der Ernte. 4 Die meisten genetischen Modifikationen dienen zur Erhöhung der Erträge (z.b. durch Herbizidtoleranzen). Es gibt jedoch auch Modifikationen, die die Qualität des Organismus verändern. Ein Beispiel dafür ist der golden rice. Dieser enthält mehr Vitamine (vor allem beta carotin) als normaler Reis und soll in Zukunft vor allem in Entwicklungsländern angebaut bzw. verzehrt werden, um den Vitaminmangel der Bevölkerung durch diesen Reis ausgleichen zu können. 5 Um ein Fremdgen einzufügen und dieses auch erfolgreich ablesen zu können, ist ein Promotor vonnöten. Meistens wird der Cauliflower Mosaic Virus 35 S Promotor verwendet. Dieser Promotor ist in den meisten Pflanzen stark aktiv, soll jedoch keine Aktivität in Bakterien und Menschen haben. 6 Die langfristigen Auswirkungen von genetisch veränderten Organismen auf uns und die Natur lassen sich noch nicht abschätzen. Man konnte bisher noch keine negativen Auswirkungen feststellen. Da genveränderte Organismen einen Vorteil im Wachstum gegenüber dem Wildtyp haben können, wird befürchtet, dass sich die GVOs unkontrolliert in freier Wildbahn ausbreiten und es zu einer Dezimierung der Biodiversität kommt. Der Wildtyp könnte durch die Mutante aus seinem natürlichen Lebensraum verdrängt werden. Man befürchtet außerdem, dass die Firmen, die genetisch veränderten Samen verkaufen, eine Monopolstellung und somit viel Einfluss auf unsere Gesellschaft erlangen. Trotzdem bringen genetisch veränderte Pflanzen auch viele Vorteile mit sich. Landwirte müssen z.b. weniger Dünger benutzen, da die Pflanzen aufgrund ihrer Modifikation sich auch an schlechte Bedingungen anpassen. Zudem werden weniger Pestizide gespritzt. Die Kosten für Dünger und Pestizide können dadurch eingespart werden. Überdies erhält man vor allem durch den Anbau von genmodifizierten Organismen einen wesentlich höheren Ertrag als bei den ursprünglichen Organismen. 7 Der Anbau von genetisch veränderten Pflanzen steigt weltweit betrachtet weiterhin an, insbesondere in den USA, Brasilien, Argentinien, Kanada und den Entwicklungsländern. In der EU werden nur sehr wenig genveränderte Pflanzen angebaut und dies unter strengen Kontrollen. In Deutschland wurde der Anbau von GVOs, bis auf wenige Felder, die zu Forschungszwecken dienen, eingestellt Gesetzeslage in Deutschland In Deutschland gibt es ein eigenes Gesetz zur Gentechnik. Das Gentechnikgesetz ist jedoch stark durch europäische Richtlinien beeinflusst worden. Das Ziel des Gesetzes ist der Schutz der Umwelt und Gesundheit, aber auch die Erforschung, Entwicklung, Nutzung und Förderung der Gentechnik. Es beschreibt also eine friedliche Koexistenz. 9 Das Gesetz besagt, dass der Anbau von genveränderten Organismen zu nicht-kommerziellen Zwecken genehmigungspflichtig ist. Felder mit gentechnisch veränder- 3 vgl.: 4 vgl.: 5 vgl.: 6 vgl.: und 7 vgl.: 8 vgl.: 9 vgl.: PRÄMIERTE FACHARBEITEN Biologie

53 ten Pflanzen müssen einen Mindestabstand zu Feldern mit konventionellen Pflanzen einhalten. Solche Felder müssen in einem Standortregister eingetragen werden. 10 Zudem muss der Anbau beobachtet und kontrolliert werden. 11 In Deutschland und in der EU sind alle Lebensmittel, deren Anteil an genetisch veränderten Organismen über 0,9 % liegt, kennzeichnungspflichtig Experimentelles Vorgehen 2.1 Planung der Versuche GVOs können in Lebensmitteln durch Nachweis der eingefügten Fremd-DNA aufgespürt werden. Dies sollte in meiner Arbeit durch eine Realtime-PCR erfolgen. Dafür muss zuerst die DNA aus den Lebensmittelproben extrahiert werden. Nach Bestimmung der Menge der extrahierten DNA, kann dann die Realtime-PCR durchgeführt werden. Ich hatte die Möglichkeit, das Labor der Abteilung für Molekulare und Medizinischen Virologie an der Ruhr-Universität-Bochum zu nutzen. 2.2 DNA-Extraktion Zunächst wurden die Proben mithilfe von Mörser und Stößel zu einem feinen Mehl homogenisiert und 200 mg auf einer Feinwaage abgewogen und in ein Eppendorfgefäß transferiert. Für die Extraktion der DNA aus den Lebensmitteln wurde der Nucleo-Spin food kit der Firma Machery und Nagel genutzt. Dabei wurden 550 µl des Puffers CF in einem Hitzeblock auf 65 C inkubiert. 200 mg der Probe wurde zu dem erhitzten Puffer gegeben und nach kurzem Vortexen (Mischen der Probe auf einem Vortexer) wurden noch 10 µl Proteinase K hinzugefügt. Der Puffer und die Proteinase K sorgen während der 30- minütigen Inkubationszeit dafür, dass das Gewebe und die Proteine um die DNA herum zerstört werden. Danach wurde die Probe für 10 min. bei < x g (das fache der Erdanziehungskraft) zentrifugiert. Die gefällten Proteine setzten sich unten am Eppendorfgefäß ab, der Überstand enthält nun die DNA. Deshalb wurde der Überstand vorsichtig abpipettiert und in ein weiteres Eppendorfgefäß gegeben. Das gleiche Volumen an Puffer C4 und reinem Ethanol wurde hinzugefügt. Um die DNA weiter aufzureinigen, wurde das Gemisch auf die NucleoSpin Food Säule, eine Affinitätschromatographiesäule, transferiert. Die Probe wurde eine Minute bei x g zentrifugiert, damit sie durch die Säule hindurchläuft, während sich die DNA in der Probe an die Säule bindet. Danach wurden die Proteine, die eventuell gebunden haben, in drei Waschschritten - wie vom Hersteller beschrieben - heraus gewaschen. Eine Kontamination der DNA mit diesen Bestandteilen könnte zu veränderten Versuchsergebnissen führen, da die Puffer z.b. die nachfolgenden enzymatischen Reaktionen beeinträchtigen könnten. Im Anschluss wurde die DNA eluiert, indem 100 µl des Elutionpuffers, der zuvor auf 70 C erhitzt worden war, auf die Säule gegeben wurden. Das Eppendorfgefäß wurde nun fünf Minuten bei Raumtemperatur stehen gelassen 10 vgl.: /Landwirtschaft/Pflanze/GrueneGentechnik/ Gentechnikrecht.html 11 vgl.: 12 vgl.:

54 und danach für eine Minute bei x g zentrifugiert. Dabei wurde die DNA von der Säule gelöst und befand sich nun im Elutionspuffer Quantitative Bestimmung der extrahierten DNA Mengen Bei der DNA-Extraktion können aufgrund verschiedener Faktoren unterschiedliche Mengen an DNA herauskommen. Um jedoch die Ergebnisse der PCR vergleichen zu können, muss die Menge der eingesetzten DNA bekannt sein. Deswegen ist die Mengenbestimmung der DNA in den Proben notwendig. Dazu wurde ein interkalierender Farbstoff benutzt, der fluoresziert, wenn er zwischen den DNA- Doppelsträngen bindet. Der Farbstoff wurde mit 200 µl Puffer verdünnt und 10 µl der DNA wurden hinzugegeben. Anhand eines Standards, der eine definierte Menge an DNA enthält, kann die Fluoreszenz gemessen werden. Die Mengen der DNA lassen sich durch den Fluorezenzwert des interkalierenden Farbstoffes multipliziert mit bestimmen, wobei x die µl der eingesetzten Probe beschreibt. 2.4 Realtime-PCR Um die gentechnisch eingefügte Promotor DNA quantitativ nachweisen zu können, wurde eine Realtime- PCR durchgeführt. Für die Realtime-PCR werden wie bei der normalen PCR zwei Primer benötigt, die sich an den DNA Strang binden, der nachgewiesen werden soll. Als Primer dienen Polymerase, die neue DNA-Stränge synthetisiert und Nucleotide, die eingebaut werden können. Anders als bei der normalen PCR, wird auch eine Sonde benötigt, die an dem nachzuweisenden Strang bindet. Am 5 Ende der Sonde, die bei dieser Realtime-PCR benutzt wurde, befindet sich ein FAM-Molekül, welches Licht emittiert. Am 3 Ende der Sonde befindet sich einen Quencher (hier BHQ1). Der Quencher absorbiert das Licht, welches das FAM-Molekül emittiert. Während der Synthese des neuen Stranges verdaut die Polymerase die Sonde. Der Quencher und das FAM-Molekül werden freigesetzt und befinden sich nicht mehr in nächster Umgebung zueinander. Der Quencher kann also das emittierte Licht nicht mehr absorbieren. Die Fluoreszenz wird von einem Photosensor im Thermocycler gemessen und ausgewertet. Es kann also nur zu einer Fluoreszenz kommen, wenn die nachzuweisende Sequenz vorhanden ist, die Sonde daran bindet und die Synthese eines neuen Stranges stattfindet. Durch Bestimmung des PCR-Zyklus, in dem die Fluoreszenz erstmals nachweisbar ist, kann man die Menge der vorhandenen Sequenz quantitativ bestimmen. Bei der konventionellen PCR können die PCR-Produkte erst am Ende der PCR bestimmt werden. Dabei kann ein Sättigungseffekt auftreten, der die präzise Quantifizierung erschwert. Außerdem wird bei der Realtime-PCR nicht mit dem PCR Produkt gearbeitet, wodurch die Gefahr der Kontamination reduziert wird. Als genetischen Marker für gentechnisch veränderte Nahrungsmittel wurde der CaMV 35 S Promotor verwendet. Die Realtime-PCR zu diesem Promotor wurde von Waiblinger beschrieben. Ein Ausschnitt aus der Promotorsequenz ist in Abbildung 1 dargestellt. Die für die Realtime-PCR verwendeten Nucleinsäuresequenzen sind durch ~~~ markiert. 13 vgl.: Nucleo-Spin Fod kit (Machery&Nagel) PRÄMIERTE FACHARBEITEN Biologie

55 Positiv Kontrolle ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ 35S-FTM Sonde 35S-TMP-FAM ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ CATCGTTGAA GATGCCTCTG CCGACAGTGG TCCCAAAGAT GGACCCCCAC CCACGAGGAG CATCGTGGAA AAAGAAGACG TTCCAACCAC GTCTTCAAAG GTAGCAACTT CTACGGAGAC GGCTGTCACC AGGGTTTCTA CCTGGGGGTG GGTGCTCCTC GTAGCACCTT TTTCTTCTGC AAGGTTGGTG CAGAAGTTTC! Abb. 1: Ausschnitt aus der Sequenz des CaMV 35 S Promotors ~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~ 35S-RTM Es wurde der Quanti Tect Probe RT-PCR Kit der Firma Quiagen verwendet. Folgende Nucleinsäuren wurden von der Firma Eurofins MWG Oberon bezogen. 35S-FTM : 5-GCCTCTGCCGACAGTGGT-3 35S-RTM: 5-AAGACGTGGTTGGAACGTCTTC-3 35S-TMP FAM: 5-FAM-CAAAGATGGACCCCCACCCACG-BHQ1-3 positiv Kontrolle: 5 -GCCTCTG CCGACAGTGG TCCCAAAGATGGACCCCCAC CCACGAG- GAGCATCGTGGAA AAAGAAGACGTTCCAACCAC GT-3 Es wurden zwischen 0,01 0,1 µg der Proben-DNA eingesetzt, zu 13 µl des Realtime-PCR-Mastermixes beigemischt und mit RNA-& DANN- freiem Wasser auf das benötigte Volumen von 20 µl aufgefüllt. Die nun fertigen Proben wurden in den Thermocycler Rotorgene 3000 gegeben. Zuerst wurden sie bei 95 Celsius 15 Minuten lang inkubiert, um die Hot Start-DNA Polymerase, die Bestandteil des Mastermixes ist, zu aktivieren. Danach beginnen die Zyklen. Ein Zyklus besteht aus dem Denaturieren der DNA bei 95 C für 15 Sekunden und dem Annealing und der Extension bei 60 Celsius für 60 Sekunden. Es wurden 45 Zyklen durchgeführt Ergebnisse der Untersuchungen 3.1 Extraktion der DNA aus Nahrungsmitteln Um die PCR durchführen zu können, wurde zunächst DNA aus verschiedenen Nahrungmitteln extrahiert. Exemplarisch ausgewählt wurden verschiedene Teigwaren, die Weizenmehl, Maisstärke oder Soja enthalten, da vor allem Mais- und Sojapflanzen gentechnisch verändert werden, wie in Tabelle 1 dargestellt. Die Menge der extrahierten DNA wurde mithilfe eines interkalierenden Farbstoffes bestimmt. Name DNA-Menge Bandnudeln 0,104 µg/µl Weizenmehl 0,0033 µg/µl Asiatische Suppennudeln 0,009 µg/µl Asiatische Powder Soup 0,002µg/µl Tofu 0,002µg/µl 14 vgl.: PCR-Waiblinger (

56 Asiatische Gewürzsauce Zu gering nicht nachweisbar Tab. 1: Auflistung der untersuchten Lebensmittel, deren Hersteller, Chargennummer und extrahierte Menge an DNA 3.2 Sensitivität der Realtime-PCR Um die Sensivität der Realtime-PCR zu bestimmen, wurden 31 nmol der chemisch synthtisierten Kontroll-DNA in 310 µl Wasser aufgenommen. Damit enthielt die Lösung 100 pmol/µl. Dies entspricht Molekülen auf einen µl. Durch weiteres Verdünnen wurde die Positivprobe auf,,,, und Moleküle pro µl verdünnt. Mit diesen Verdünnungen wurde die PCR durchgeführt, um das Gelingen und die Sensitivität der PCR nachzuweisen. Das Ergebnis dieser PCR ist in Abbildung 2 dargestellt. Abb. 2: Standardkurve aus der Standardkurve aus der Sensitivitätsbestimmung der PCR. Bordeaurot: Verdünnung 10 6 Okker: Verdünnung 10 5 Blau: Verdünnung 10 4 Violett: Verdünnung 10 3 Rosa: Verdünnung 10 2 Türkis: Verdünnung: 10 1 Moreagrün: Wasser Man sieht, wie in der Verdünnung die Fluoreszenzintensität ab dem 15. Zyklus steigt. Der Zyklus, bei dem der Schwellenwert der Fluoreszenzintensität überschritten wird, nennt man crossing point. Die weiteren Verdünnungsschritte haben ihre crossing points bei ca. 20, 23, 26, 30 und 33 Zyklen. Anhand dieser Ergebnisse sieht man, dass sogar schon zehn Moleküle mithilfe der PCR nachgewiesen werden können. Die Wasserkontrolle zeigt auch ein positives Ergebnis, was auf die Kontamination einer der Reagenzien schließen lässt. Diese Kontamination lässt sich quantitativ bestimmen, wenn man eine Standardreihe der Verdünnungsstufen aufstellt (s. Abb. 3). Abb. 3: Standardreihe der Verdünnungsstufen PRÄMIERTE FACHARBEITEN Biologie

57 Daraus lässt sich eine Kontamination des Wassers von zwei Molekülen feststellen. Proben unter fünf Kopien wurden daher nicht als positiv eingestuft. 3.3 PCR-Ergebnisse für die verschiedenen Proben Name Nudeln Anzahl der Kopien - Weizenmehl - Asiatische Suppennudeln 4 Asiatische Powder Soup 10 Tofu 1 Tab. 2: Anzahl der CaMV 35 S Promotor Moleküle in den untersuchten Lebensmitteln Bei den Nudeln und beim Weizenmehl konnte der CaMV 35 S Promotor nicht nachgewiesen werden. Auch bei Tofu und den asiatischen Suppennudeln ist die Anzahl der Kopien zu gering, um von einem Nachweis zu sprechen. Das asiatische Suppenpulver enthielt jedoch zehn Kopien des Cauliflover Mosaic Virus 35 S Promotor, ein damit eindeutig positiver Befund. Das asiatische Suppenpulver enthält also vermutlich einen gentechnisch veränderten Nahrungsmittelbestandteil. Um auszuschließen, dass für die anderen untersuchen Nahrungsmittel falschnegative Ergebnisse erzielt wurden, die z.b. durch eine Inhibition der PCR entstehen können, wurden die DNA-Proben zweimal angesetzt. Bei der zweiten Probe wurde jedoch eine definierte Menge eines Standards hinzugegeben. Die crossing points des Standards in den DNA-Proben stimmten mit dem crossing point des Standards in Wasser überein. 4. Diskussion Im Großteil der Proben konnte der CaMV 35 S Promotor nicht nachgewiesen werden. Das Fehlschlagen der PCR durch unzureichene Extraktion der DNA oder eine Inhibition der PCR kann ausgeschlossen werden. Da auch ein anderer Promotor verwendet worden sein könnte, kann eine gentechnische Modifikation nicht komplett ausgeschlossen werden. Dies ist jedoch ziemlich unwahrscheinlich. In dem Suppenpulver für die asiatische Nudelsuppe konnten zehn Moleküle des CaMV 35 S Promotors nachgewiesen werden. Um welche genetische Veränderung es sich handelt, ist unklar, da verschiedene Fremdgene von diesem Promotor exprimiert werden können. Wenn man davon ausgeht, dass es sich ausschließlich um Mais-DNA handelt, kann man den Anteil der modifizierten DNA bestimmen. Das Maisgenom besitzt 2,3 Mrd. Basenpaare, ein Basenpaar hat ein Gewicht von ca. 640g/mol (also wiegen Moleküle der Basenpaare 640 g), somit wiegen Moleküle des Maisgenoms Gramm. Wenn man nun das Gewicht von 10 Maisgenommolekülen bestimmen will, muss man nur die Masse von Molekülen durch teilen. Für 10 Moleküle erhält man dann ein Gewicht von 24,5 pg. Es wurden insgesamt nur ca. 12 ng DNA eingesetzt, somit wären ca. 1:500 der Zellen genetisch modifiziert, somit 0,2 % was deutlich unter dem Schwellenwert von 0,9 % läge. Da man nicht davon ausgehen kann, dass

58 die extrahierte DNA komplett aus Mais-DNA bestand, kann der genaue Prozentsatz auf diese Weise jedoch nicht bestimmt werden. Bei keinen der Proben wurde eine Überschreitung des Schwellenwertes festgestellt, obwohl geringe Mengen an modifizierter DNA ermittelt wurden. Um die Häufigkeit von genetisch veränderten Lebensmitteln festzustellen und zu kontrollieren, müssen mit der Methode die Lebensmittel systematisch und in größerer Anzahl untersucht werden. Insbesondere bei ausländischen Produkten aus Asien oder Amerika sind gentechnisch veränderte Bestandteile wahrscheinlicher als in deutschen und europäischen Produkten. Diese Aufgabe wird bereits schon von Landesbehörden wahrgenommen, denn man sollte wissen, ob die Lebensmittel wirklich keine genveränderten Bestandteile enthalten, damit auch in Zukunft die Wahl zwischen Nahrungsmitteln mit gentechnisch veränderten Bestandteilen und ohne diese besteht. Verweise 1. Ho, Mae-Wan: The CaMV promoter story ( ) 2. o.v.: Gentechnisch veränderter Organismus ( ) 3. o.v. :Gentechnisch veränderte Pflanzen: Anbau 2012 weltweit auf 170 Millionen Hektar: ( ) 4. o.v.: Bt-Mais: Eine Pflanze schützt sich selbst ( ) 5. o.v.: Sojabohne ( ) 6. o.v.: Golden Rice - die Diskussion um gentechnisch veränderten Vitamin-A-Reis 7. o.v.: The CaMV 35S Promotor ( ) 8. o.v.: Vorteile und Gefahren der Gentechnologie ( ) 9. o.v.: Gentechnik-Gesetz: Weniger Auflagen bei Anlagen, mehr beim Anbau ( ) 10. o.v.: Das deutsche Gentechnikrecht Gentechnikrecht.html ( ) 11. o.v.: Gentechnisch veränderte Lebens- und Futtermitteln: Die eruopäischen Rechtsvorschriften ( ) 12. o.v.: Genomic DNA from food, User manual NucleoSpin Food PRÄMIERTE FACHARBEITEN Biologie

59 net.com/portals/8/attachments/redakteure_bio/protocols/genomic%20dna/um_gdnafood.pdf ( ) 13. Waiblinger, Hans-Ulrich/ Ernst, Britta/ Anderson, Anette/ Pietsch Klaus: Validation and collaborative study of a P35S and T-nos duplex real-time PCR screening and method to detect genetically modified organisms in food products ( )

60 Jessica Göbel 2. Platz Physik Geschwister-Scholl-Gymnasium Wetter Nikita Buldyrski 2. Platz Chemie Hildegardis-Schule Bochum Katrin Hättig 3. Platz Chemie Neues Gymnasium Bochum PRÄMIERTE FACHARBEITEN chemie

61 Chemie 1. Platz: Kerstin Yang Zhang Gymnasium an der Schweizer Allee Dortmund Betreuende Lehrperson: Gutachter: Frau Ophaus Jun.-Prof. Dr. Simon Ebbinghaus Untersuchung des Coffeingehalts verschiedener Teegetränke mithilfe der Hochleistungsflüssigkeitschromatographie 1. Einleitung Coffein gilt nach allgemeiner Erfahrung als muntermachend. Die bekannteste Quelle für Coffein ist hierbei der Kaffee, welcher oft zu früher Stunde getrunken wird, um morgendliche Müdigkeit zu vertreiben. Jedoch entspricht das Bittere des Kaffees nicht jedem persönlichen Geschmack. Eine bevorzugte Alternative bildet der Tee, welcher für viele -unter anderem auch für mich- bekömmlicher und angenehmer ist. So möchte ich mich in dieser Arbeit damit auseinandersetzen, wie viel Coffein in den von uns heutzutage verzehrten Tees vorhanden ist, um so zu ermitteln, welcher Tee eine vergleichbare Wirkung wie Kaffee erzeugen, und somit diesen ersetzen kann. Die von mir hierbei verwendete Methode zur quantitativen Bestimmung ist die Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (HPLC), auf welche ich in dieser Arbeit besonders eingehen möchte. 2. Coffein 2.1. Vorkommen Natürlich vorkommend ist Coffein, an Säuren gebunden, gelöst in der Zellvakuole vieler Pflanzen und Pflanzenteile, wie in den zumeist getrockneten Samen der Pflanze Coffea arabica, also in Kaffeebohnen. Desweiteren ist in den jungen Blättern und Blattknospen der Teepflanze Camellia sinensis Coffein enthalten. Ebenfalls ist dieser Stoff zu finden in Matepflanzen, Kolanuss, Guarana-Paste und zu einem geringen Anteil in Kakaokernen. 1 Das im Tee enthaltene Coffein wird oft als Thein bezeichnet, ist jedoch lediglich ein Synonym und bildet molekular gesehen keinen Unterschied zu dem in Kaffee enthaltenen Coffein. Der einzige Unterschied besteht darin, dass das im Kaffee enthaltene Coffein nur schwach an 1 vgl. Breitmaier 2002, S

62 Kalium-Chlorogensäurekomplexen gebunden ist und beim Rösten freigesetzt wird 2. Das Thein ist wesentlich stärker an die im Tee enthaltenen Polyphenole 3 gebunden. So geht das Coffein im Tee nur langsamer ins Blut und die Wirkung hält länger an als bei Kaffee. Daher wurde dieses Coffein früher irrtümlicherweise für einen anderen Stoff gehalten. In heutiger Zeit kommt das Coffein meist in synthetischer Form, hergestellt aus Harnsäure und Harnstoffen, in coffeinhaltigen Erfrischungsgetränken vor. Deren Coffein-Gehalt muss zwischen 65mg und 250mg je Liter liegen. Ebenfalls wird synthetisch hergestelltes Coffein in der Medizin verwendet bei Herzerkrankungen, Migräne, Asthma, Heufieber und diversen Blutvergiftungen Molekulare Eigenschaften Coffein, ebenfalls Methyltheobromin oder 1,3,7-Trimethylxanthin genannt gehört zu der Gruppe der Alkaloide. Coffein Molekül IUPAC: 1,3,7-Trimethyl-3,7-dihydro-2H-purin-2,6-dion Summenformel: C8H10N4O2, Die chemische Klasse der Alkaloide, und somit das Coffein, gehören zu den stickstoffhaltigen organischen Verbindungen natürlicher Herkunft; [ ] enthalten einen Heterocyclus und entfalten biologische Aktivität. 5 Die Dichte des Coffeins beträgt 1,23 g/cm 3 und die molare Masse 194,19 g/mol. Der Aggregatzustand bei Raumtemperatur ist fest in Form eines farb- und geruchslosen kristallinen Feststoffes (s. Anhang Abb. 9). Coffein sublimentiert ab 178 C, hat also keinen Siedepunkt. Der Schmelzpunkt liegt bei 236 C. Die Löslichkeit des Coffeins ist abhängig vom Lösemittel und der Temperatur. Gut löst sich Coffein in Wasser und Chloroform und nur mäßig in Alkohol. Erhöhte Temperatur begünstigt das Lösen. Das Coffein ist polar. 6 Durch die freien Elektronenpaare innerhalb des Moleküls ist Coffein UV-aktiv, also in der Lage, UV- Strahlung zu absorbieren. Dies spielt eine wichtige Rolle in der Chromatographie Wirkung auf den Organismus Die stimulierende Wirkung des Coffeins wird zum einen durch einen auf zellulärer Basis vorkommenden Mechanismus erklärt, welcher unmittelbar im zentralen Nervensystem stattfindet. Beim Austausch von 2 vgl. Baltes 1992, S vgl. Ebd, S vgl. Römpp 1998, S Breitmaier 2002, S.10 6 vgl. Römpp 1998, S.442 PRÄMIERTE FACHARBEITEN chemie

63 Botenstoffen zwischen Neuronen entsteht neben dem Energieverbrauch Adenosin, welches an Adenosin- Rezeptoren auf den Nervenbahnen andockt, um die Aktivität der Zellen zu hemmen. Es schützt also vor übermäßigem Energieverbrauch und verursacht somit Müdigkeit. Je mehr die Nervenzellen arbeiten, desto mehr Adenosin wird gebildet und desto mehr ermüdet der Organismus. Coffein ist von seiner chemischen Struktur ähnlich wie das Adenosin und hat die Fähigkeit, die Adenosin-Rezeptoren zu besetzen. Somit kann das Adenosin nicht mehr andocken und die dämmende Wirkung ausüben. Die Zelle, welche kein hemmendes Signal bekommt, arbeitet ungehindert mit konstantem Energieverbrauch weiter. Ermüdung wird durch das fehlende Adenosin nicht verspürt. 7 Eine weitere Theorie ist, dass Coffein als ein Purin-Stimulant gefäßerweiternd wirkt, also die Herztätigkeit und den Stoffwechsel anregt und den Blutdruck steigert. Dabei werden die Blutgefäße in den Eingeweiden verengt und im Gehirn erweitert, was kurzzeitig zu einer höheren Leistungsfähigkeit führt Methode zur Untersuchung des Coffeingehalts 3.1. Grundprinzip und Aufbau Die von mir gewählte Methode nennt sich Hochleistungsflüssigkeitschromatographie (engl.: high performance liquid chromatography), abgekürzt HPLC. Sie gehört zu der Kategorie der Säulenchromatographie. Das Prinzip dieses Trennverfahrens basiert auf der Einteilung in eine stationäre und eine mobile Phase, zwischen denen die Trennung stattfindet. Die stationäre Phase ist die Trennsäule und besteht im Inneren aus einem porösen Material, welches die Aufgabe hat, die verschiedenen Bestandteile der Probe für einen gewissen Zeitraum anzubinden. Die Probe wird mithilfe eines Fließmittels, auch Eluent genannt, mit hohem Druck in die Säule gepumpt. Dieser Eluent bildet die mobile Phase. Die in der Probe vorhandenen Bestandteile halten sich unterschiedlich bevorzugt in der mobilen bzw. der stationären Phase auf, sodass sie zu verschieden Zeitpunkten durch die Säule wandern. Somit werden sie mithilfe eines Detektors getrennt und analysiert (s. Anhang Abb. 1 und 2: Schema und Bild). 9 Da bei diesem Trennverfahren mit hohem Druck gearbeitet wird, wurde diese früher auch Hochdruckflüssigkeitschromatographie (engl.: high pressure liquid chromatography) genannt. 10 Die verschiedenen Bestandteile einer HPLC-Anlage sind grundsätzlich in fünf Module eingeteilt. Das erste Modul der Anlage besteht aus einer oder mehreren Pumpen, welche den Eluenten durch die Anlage befördert. Diese sind wichtig für den hohen Druck der mobilen Phase, welcher für die Trennung unerlässlich ist, da erst durch den Druck die gewünschte Fließgeschwindigkeit erreicht wird. Die Anlage beinhaltet zumeist eine Kurzhub-Kolbenpumpe als Pumpentyp. Hierbei wird der Eluent aus einem Vorratsgefäß gesaugt und durch ein Einlassventil in den Kolbenraum der Pumpe gepresst. Innerhalb dieses Kolbenraumes wird der Eluent komprimiert. Die Komprimierung erfolgt durch eine nierenförmige Scheibe namens Cam, deren Drehpunkt außerhalb des Mittelpunktes liegt. Es handelt sich also um eine Exzen- 7 vgl. Römpp 1998, S vgl. Ebd., S vgl. Kromidas 2013, S.4 10 vgl. Meyer 1992, S

64 terscheibe. Diese Exzenterscheibe ist mit dem Kolben der Pumpe verbunden und bewegt diesen durch schnelles Drehen hin und her. Die Lösung innerhalb des Kolbenraums wird bei der Vorwärtsbewegung des Kolbens durch ein Auslassventil verdrängt, um weiter in Richtung der Trennsäule zu fließen. Durch die Form der Scheibe dreht sie sich unregelmäßig schnell. Jedoch führt das zu einem regelmäßigen Strom der Lösung durch die Drehmomentrückkopplung. Um eine konstante Qualität und Kontinuität des Drucks beizubehalten, muss der Kolben beständig gegen chemische und mechanische Korrosionen sein. Desweiteren muss eine gute Dichtung gewährleistet sein. Als Material wird daher meist Saphir verwendet. 11 Das zweite Modul, welches direkt hinter der Pumpe der Anlage liegt, ist der für die Probeaufnahme zuständige Injektor. Über den Injektor ist eine Scheibe aus Silikongummi gespannt, welche elastisch und selbstdichtend ist. Die Eigenschaft der Selbstdichtung ist besonders wichtig, da bei der Injektion keine Luft hineingelangen darf. Diese Scheibe wird Septum genannt. Das Septum darf nicht mit dem Eluenten korrodieren, und wird deshalb auf der Innenseite mit Teflon beschichtet. Vor der eigentlichen Injektion wird die Probelösung zuerst mit einer Präzisionsspritze aufgenommen und dann durch das Septum eingestochen. Danach erst wird die Probelösung eingespritzt (s. Anlage Abb. 3). 12 Viele Anlagen verwenden nicht mehr die Handinjektion, sondern einen automatischen Probengeber (Autosampler). Bei einem Autosampler muss man lediglich die Proben in eine vorgesehene Position in den Sampler stellen und mithilfe einer Software die Entnahme der Probe einstellen (s. Anhang Abb. 4). 13 Die Probelösung gelangt nach der Injektion nicht direkt in die Trennsäule, sondern wird davor in eine Dosierschlaufe gebracht. Um die Menge der injizierten Probe zu präzisieren. Die Dosierschlaufe bringt Eluenten und Probelösung zusammen. Sie besteht aus einem Sechswegeventil, an denen zwei Schlaufen (auch Loops genannt) befestigt sind. In eine Schlaufe wird die Probelösung in einer fest definierten Menge injiziert. In den meisten Fällen beträgt diese Menge 10 bis 20 μl. In die andere Schlaufe fließt der Eluent. Der Innenkörper des Ventils beinhaltet verschiedene Kanäle, an denen die Schlaufen entlangführen. Nun wird der Innenkörper so gedreht, dass der Kanal mit der Probelösung in den Eluentenstrom gelangt. Der Eluent drückt die Probe von der Schlaufe in die Trennsäule. Je nach Probe kann man ein Volumen von 5 bis 2000 ml wählen. Dabei wird die Dosierschlaufe je nach gewünschtem Volumen ausgewechselt (s. Anhang Abb. 5). 14 Das dritte Modul und der Hauptbestandteil der Anlage bildet die stationäre Phase, also die Trennsäule. Diese besteht zumeist aus Chrom-Nickel-Molybdän-Stahl. Dieser Stahl hat den Vorteil, dass es gegen Druck und chemische Korrosion beständig ist. 15 Um Coffein zu ermitteln, benutze ich eine ProntoSIL C18 Säule in der Größe 250 x 4,6mm. Die Abkürzung SIL im Namen deutet auf das Füllmaterial Silicagel, also Kieselgel hin. Kieselgel besteht aus Siliciumdioxid (SiO2) und hat die Eigenschaft nicht wasserlöslich und stark absorbierend zu sein. Deswegen spricht man bei einer mit Kieselgel gefüllte Säule von Adsorptionschromatographie. Bei der Adsorptionschromatographie gehen die Moleküle der Probe eine schwache Bindung mit den OH-Gruppen an der Oberfläche des Kieselgels ein. Die Probe wird, je 11 vgl. Ebd., S vgl. Ebd., S vgl. Kromidas 2013, S.6 14 vgl. Meyer 1992, S vgl. Ebd., S.76 PRÄMIERTE FACHARBEITEN chemie

65 nach Polarität, unterschiedlich lang von diesen Randgruppen festgehalten. Diese Bindung nennt man dann Adsorption. Normalerweise ist das Kieselgel polar, und adsorbiert deswegen bevorzugt polare Moleküle. 16 Jedoch erkennt man an der Bezeichnung der Säule, dass dieses Kieselgel mit C18-Ketten chemisch modifiziert ist, und somit unpolar ist. Dieses modifiziert unpolare Kieselgel hält zuerst und am stärksten unpolare Moleküle der Probe fest. Das bezeichnet man dann auch als Reversed-Phase-Chromatographie (RPC). So wird die Chromatographie immer genannt, wenn die stationäre Phase unpolarer ist als die mobile Phase. 17 Die Zahl 120 in der Bezeichnung der Säule gibt die Porenweite an, also bis zu welcher Größe von Molekülen die Säule durchlässig ist. Dies ist zu beachten bei der Trennung von besonders großen Molekülen. Die Zahl 5 gibt die Korngröße des Kieselgels an. Die Einheit hierbei ist µm. Die Größe 250 x 4,6 mm ist die Länge und der Durchmesser der Säule. 18 Das vierte Modul der Anlage ist der Detektor, in diesem Fall der UV-Detektor. Die Detektoren sind für das Erfassen der ausströmenden Komponenten zuständig. Dabei wandeln sie die erfassten Informationen in ein elektrisches Signal um. Kriterien für den Detektor sind Unempfindlichkeit gegenüber Temperatur und Empfindlichkeit gegenüber kleinen Substanzmengen. Der UV-Detektor zeigt Stoffe an, die UV-Licht absorbieren, somit auch Coffein. Damit der UV-Detektor im Durchfluss die Differenz zwischen Eluenten und der Probelösung ermitteln kann, wird der reine Eluent vor der eigentlichen Chromatographie einmal durch den Detektor gespült. Dabei werden die Komponenten des Detektors abgeglichen. Der Detektor besteht aus zwei Zellen. Zu diesen gehört zunächst eine Quarzzelle, welche die Messzelle bildet. Diese und eine Referenzzelle, in welcher sich nur der reine Eluent oder auch Luft befindet, werden von einer UV-Lichtquelle durch eine Linse bestrahlt. Durch die Messzelle wird nun der Eluent mit der Probe geleitet, nachdem diese die Säule verlassen haben. Die Lichtquelle strahlt durch die Zelle auf eine Photodiode, welche die Intensität der UV-Strahlung misst. Die Probe und der reine Eluent absorbieren das Licht unterschiedlich, und die daraus entstehende Differenz wird ausgewertet (s. Anhang Abb. 6). 19 Die Grundlage für die photometrische Messung des Detektors bildet das Lambert-Beersche Gesetz, welches beschreibt, inwieweit eine Strahlung beim Durchstrahlen eines Mediums mit absorbierender Substanz abgeschwächt wird. Mithilfe dieses Gesetzes kann man anhand der Adsorption des Lichts und an der Schichtdicke des durchstrahlten Mediums die Konzentration der Substanz errechnen. Die Formel hierfür lautet: Dabei ist Extinktion (Absorbanz der Substanz) in Wellenlänge W, Intensität des eingestrahlten Lichtes in, Intensität des transmittierten Lichtes in, Extinktionskoeffizient (abhängig unter anderem vom ph-wert) in, Stoffmengenkonzentration in und Schichtdicke des Mediums in m. 20 Das letzte Modul ist die Auswerteeinheit. Diese besteht zu heutiger Zeit aus einem Computer mit geeigneter Software, der neben dem Auswerten die Funktion der Steuerung hat. Die von der Photodiode ge- 16 vgl. Meyer 1992, S vgl. Meyer 1992, S vgl. Kromidas 2013, S vgl. Meyer 1992, S vgl. Kunze 2009, S

66 sendeten elektrischen Signale werden in der Auswerteeinheit in Form von Peaks angezeigt, als Punkte innerhalb eines Diagramms. Das daraus entstandene Diagramm nennt man Chromatogramm Auswertung eines Chromatogramms Die x-achse des Chromatogramms zeigt die Retentionszeit in min an, also zu welchem Zeitpunkt eine bestimmte Substanz sich in der Säule befindet. So kann man zu der qualitativen Auswertung sagen, dass bei gleichen chromatographischen Bedingungen die Retentionszeit für eine Substanz immer dieselbe ist. Um zu ermitteln, welche Substanz der jeweilige Peak anzeigt, setzt man zu Beginn einer Messreihe eine Standard-Lösung mit den Substanzen an, die man mithilfe der Chromatographie ermitteln möchte. Diese lässt man als Erstes durch die HPLC-Anlage laufen und ermittelt somit die zugehörigen Retentionszeiten zu den Substanzen. Die y-achse des Chromatogramms zeigt die Peak-Signale in der relativen Einheit mau (mili- Absorbations-Units) an. Die quantitative Analyse ermittelt man nicht mithilfe der Höhe der Peaks, sondern mithilfe der Fläche. Es gilt die Regel Die Fläche des Peaks ist der eingespritzten Stoffmenge proportional 22. Die Fläche der Peaks wird von der Auswerteeinheit der HPLC-Anlage in relativen Einheiten automatisch angegeben. Aus diesen Werten berechnet man mithilfe der Standard-Lösung zunächst die Menge X der zu bestimmenden Substanz mithilfe folgender Formel: Dabei ist Signal-Peakfläche der Substanz in der Testlösung in relativen Einheiten, Menge der Standartsubstanzen in μg pro 20 μl Stammlösung und Signal-Peakfläche der Standartsubstanzen in der Stammlösung. 23 Der Gesamtgehalt in mg/ 100 g in der Testlösung wird dann mithilfe folgender Formel berechnet: [ ] Dabei ist Volumen der Ausgangslösung in ml, Einwaage in g und Menge X der zu bestimmenden Substanz (s.o.) Experimentelle Untersuchung 4.1. Entstehung/Vorüberlegung Zunächst habe ich beim Kauf des zu untersuchenden Tees darauf geachtet, von allen Sorten dieselbe Marke auszuwählen, um so den möglichst besten Vergleich zu erzielen. Ausgesucht habe ich dann von Rossmann eine limitierte Packung Tee Reise der hauseigenen Marke King s Crown PREMIUM TEE. Diese 21 vgl. Kromidas 2013, S Gentz Matissek 2010, S vgl. Matissek 2010, S.205 PRÄMIERTE FACHARBEITEN chemie

67 beinhaltet die Sorten grüner Tee, schwarzer Tee, weißer Tee und eine Mischung zwischen grünem Tee und Krauseminze im Verhältnis 80% zu 20%. Um noch einen weiteren Vergleich und eine weitere Referenz zu der grüner Tee/Krauseminze-Mischung zu haben, habe ich von derselben Marke noch eine Packung Kräutertee Pfefferminze gekauft (s. Anhang Abb. 7 und Abb. 8). Desweiteren habe ich zum Vergleich Kaffeepulver der Marke Melitta verwendet, da von der Marke King s Crown kein Kaffee produziert wird (s. Anhang Abb. 10). Der Tee darf nicht normal aufgebrüht, also wie wir ihn trinken würden, in die HPLC-Anlage gelangen, denn die darin enthaltenen Partikel würden die Anlage verstopfen. So muss man einen Extrakt des Tees verwenden. Hierzu muss also zunächst eine Probeaufbereitung entstehen. Den Versuchsaufbau habe ich dem Buch Lebensmittelanalytik des Springer Verlages (Quellenverzeichnis) entnommen, jedoch selbst etwas abgewandelt. Die vorgegebene Säule RP-18, LiChroCART 200 x 4 mm ist nicht verfügbar, sodass ich eine andere verwenden musste, welche jedoch ebenfalls eine Säule mit C18 Ketten ist und in etwa dieselbe Größe hat. Das Prinzip der Methode bleibt das gleiche: Die im heißen Wasser löslichen Xanthinderivate Coffein und Theobromin werden extrahiert und im geklärten, gefilterten Extrakt mittels HPLC (UV-Detektion) bestimmt Durchführung: Probenaufbereitung/Gewählter Parameter Zunächst werden zwei Stammlösungen, welche später als Standard dienen sollen, hergestellt. Für die Stammlösung I werden 0,5 g Coffein und 0,5 g Theobromin in einem 1000-ml-Messkolben in destilliertem Wasser gelöst; dieser wird bis zur Marke aufgefüllt (c = 0,5 mg/ml). Für die Stammlösung II werden von der Stammlösung I 10 ml in einem 50-ml-Messkolben pipettiert; dieser wird bis zur Marke mit destilliertem Wasser aufgefüllt (c = 0,1 mg/ml). Jede der Teesorten wird erst fein gemörsert und auf 0,5 g genau in einen 500 ml Rundkolben eingewogen. Hinzu kommt 5 g MgO (Magnesiumoxid), welches dazu dient, Lipide und andere Unreinheiten aus dem Tee zu ziehen. Ein paar Siedesteine werden hinzugefügt und es werden 250 ml destilliertes Wasser aufgefüllt (s. Anhang Abb. 11). Dabei werden die Gewichte notiert, um im späteren Verlauf auf ein exaktes Wasserendvolumen von 250 ml auffüllen zu können. Der Kolben wird nun an einen Rückfluss-Kühler angeschlossen und mithilfe eines Stativs in ein heißes Öl-Bad gehalten. Die Heizplatte mit korrespondierendem Thermometer wird auf 120 C eingestellt. Die Lösung wird 120 min. lang im siedenden Zustand erhitzt (s. Anhang Abb. 12). Nachdem die Lösung nach 120 min. wieder Raumtemperatur erreicht hat, wird diese erst durch einen trockenen Faltenfilter filtriert und danach mithilfe einer Spritze und einem Membranfilter ultrafiltriert (s. Anhang Abb. 13 und Abb. 14). Für Kaffee wird dieselbe Probenvorbereitung durchgeführt, jedoch beträgt die Einwaage des Kaffees 1,5 g und die Erhitzungszeit beschränkt sich auf 45 min. Nach Abkühlung auf Raumtemperatur wird die Kaffeelösung ebenfalls erst mit einem Faltenfilter filtriert und danach ultrafiltriert. Abgefüllt in Eppendorf 25 Matissek 2010, S

68 LoBind Tubes können diese Extrakte und die Stammlösungen nun in den Autosampler der HPLC- Anlage gestellt werden. Die Anlage wird dementsprechend programmiert. 26 Dieser Versuch wurde von mir erweitert, um einen näheren Bezug auf die alltägliche Realität zu nehmen. Denn es wird vermutlich niemand seinen Tee bzw. Kaffee mit der Erhitzungszeit von 120 min. zubereiten, geschweige denn mit 5 g Magnesiumoxid. Die Überlegung dabei ist, dass möglicherweise nicht das gesamte im Tee enthaltene Coffein aufgrund der kurzen Ziehzeit auch im heißen Wasser gelöst wird. Außerdem könnte es sein, dass weniger Coffein gelöst wird, da der Tee zuvor nicht gemörsert wurde. So bereitete ich eine 150 ml-tasse schwarzen und eine Tasse grünen Tee mit 80 C heißem Wasser und einer Ziehzeit von 3 min vor (s. Anhang Abb. 15). Desweiteren bereitete ich eine 200 ml-tasse Kaffee mithilfe einer Kaffeemaschine vor. Damit die groben Partikel die Anlage nicht verstopfen, wird der zubereitete Tee bzw. Kaffee mithilfe eines Membranfilters ultrafiltriert. Jegliche andere Vorbereitungen oder Veränderungen an den Getränken werden nicht unternommen. Diese Proben werden wieder in Tubes abgefüllt und in die HPLC-Anlage gestellt. Die endgültigen HPLC-Parameter lauten nun: Die Trennsäule ist eine ProntoSIL C18 in der Größe 250 x 4,6 mm, als Eluent wird eine 0,4%-Acetonitril/Natriumacetat-Lösung im Verhältnis von (v/v) verwendet. Als Durchflussrate wurde 1ml/min gewählt. Der Modus ist isokratisch (der Eluent bleibt während des chromatographischen Prozessen derselbe und wird nicht gewechselt). Das eingestellte Einspritzvolumen der Probe beträgt 20 µl. Bei der Temperatur wird Raumtemperatur ausgewählt, also C. Der UV-Detektor wird auf 254 nm kalibriert. Durch Ausprobieren erhält man die Information, dass etwa 10 min Retentionszeit genügen, um einen genügend hochauflösenden Peak von Coffein zu bekommen. Begonnen wird die Messreihe, indem man zunächst zum Test Wasser durchfließen lässt. Danach werden die Stammlösungen und zum Schluss die Probelösungen durch die Anlage geleitet Die entstandenen Chromatogramme (Chromatogramme und Tabelle mit Flächeninhalten im Anhang) Zunächst ist es auffällig, dass jedes Chromatogramm bis in etwa 4 min. Retentionszeit eine Reihe unregelmäßiger kleiner Peaks aufweist und sogar ein wenig in den negativen Bereich fällt. Da man sieht, dass sogar das Wasser diese Peaks enthält, kann man aussagen, dass dies der Injektionspeak ist. Das bedeutet, dass die Anlage zunächst eine gewisse Zeit benötigt, um die Probesubstanz in einem regelmäßigen Fluss in die Säule zu injizieren. Ergebnisse sind vor der Retentionszeit von 3-4 min., also zu vernachlässigen. Die Stammlösung gibt an, dass Coffein ungefähr in der Retentionszeit von 6,8 min. chromatographiert wird. Der Peak von Coffein weist leider eine kleine Schulter auf. Das liegt daran, dass der Eluent schon am Vortag vorbereitet wurde und innerhalb der Zeit bis zum Versuch gealtert ist. Jedoch spielt diese geringe Abweichung keine gravierende Rolle und die Verhältnisse zwischen den Testlösungen bleiben gleich. Außerdem wurden die Testlösungen und Stammlösungen nicht am selben Tag chromatographiert. Für die Testlösungen wurde neuer Eluent angesetzt. Von daher verschiebt sich die Retentionszeit minimal um 0,3 min. und die Peaks der Testlösungen weisen keine kleine Schulter auf. Da diese 26 vgl. Versuchsaufbau nach Matissek 2010, S PRÄMIERTE FACHARBEITEN chemie

69 Tatsachen nur zur Verschiebung der Retentionszeiten und nicht zur Veränderung der Verhältnisse zwischen den Lösungen führt, werden sie die Berechnung ebenfalls nicht beeinflussen. Bereits ohne eine exakte Berechnung des Gehaltes erkennt man wesentliche Unterschiede an den Chromatogrammen, da man mithilfe des Auswertungsprogramms bereits die Flächeninhalte ablesen kann. Der Peak für Coffein in Kaffee ist in etwa 140 mau hoch und hat eine Fläche von Einheiten. Besonders auffällig ist, dass Kaffee im Gegensatz zu den Tees noch einen relativ hohen Peak bei der Retentionszeit 4 min. aufweist. Dies könnten weitere, im Kaffee enthaltene, Nebenstoffe sein, z.b. Theophyllin oder Säuren wie Taurin und Nikotinsäure. Für einen kurzen Test habe ich Theophyllin, Taurin und Nikotinsäure als Testlösung in die Anlage gestellt. Die Retentionszeiten lagen bei den Säuren bei etwa 3 min., und bei Theophyllin bei etwa 5 min. Sie stimmten also nicht ganz mit dem Peak bei 4 min. überein. Eine weitere Überlegung wert, wären die im Kaffee zahlreich enthaltenen Aromastoffe. Dies habe ich jedoch nicht weiter ausgeführt, da es für das Coffein keine Rolle spielt. Schwarzer Tee hat von den Testtees den höchsten und größten Peak, welcher mit etwa 141 mau sogar höher ist als der von Kaffee, jedoch in der Fläche ein wenig kleiner. Dennoch muss man für die spätere Berechnung bedenken, dass man bei der Probeaufbereitung unterschiedliche Einwaagen, nämlich 0,5 g Tee und 1,5 g Kaffeepulver, verwendet hat. Nicht meinen Erwartungen entsprechend ist der Peak von weißem Tee. Diese ist größer als der von grünem Tee. Persönlich hätte ich gedacht, dass der grüne Tee als der Bekanntere von diesen beiden Sorten mehr Coffein enthält. Jedoch war zu erwarten, dass der Peak der grünen Tee-Minze-Mischung minimal kleiner als der des reinen grünen Tees ist. Der Peak der Minze ist so klein, dass er in die Länge verzerrt werden musste. Es ist dabei auch nicht sicher, ob dieser Peak überhaupt Coffein anzeigt. Das Chromatogramm der Minze weist durch das Verzerren ein starkes Rauschen auf, welches mit dem Rauschen des Wassers vergleichbar ist. Dieses wurde auch zum Vergleich in die Länge verzerrt. Man kann also aussagen, dass Minze als Kräutertee kein Coffein enthält. Der Peak bei etwa 6,8 min. beim Chromatogramm des Wassers ist eine Verunreinigung. Da diese aus der Leitung stammt, ist sie zu vernachlässigen. Sehr erstaunlich zu beobachten sind die Testlösungen aus den normal aufgebrühten Getränken. Dadurch, dass diese nicht von Fremdstoffen gereinigt wurden, sind in den Chromatogrammen einige Peaks hinzugekommen. Besonders auffällig ist ein Peak in der Retentionszeit von 4 min., welcher sowohl bei grünem und schwarzem Tee auftaucht, als auch in dem regulär zubereiteten Kaffee. Da Lipide durch ihre hydrophobe Eigenschaft eigentlich erst am Ende chromatographiert werden, können es nicht die Lipide sein, welche diesen Peak auslösen. Es handelt sich wahrscheinlicher um nicht heraus extrahierte Säuren. Aber da dieser Peak vom Coffein-Peak relativ weit entfernt ist, beeinflusst er diesen nicht. Der Peak des Coffeins ist ebenfalls auffällig anders. Die Werte haben sich in den normal aufgebrühten Getränken mehr als verdoppelt bis hin zu verfünffacht. Meine Vermutung ist, dass die Polyphenole im Tee und die Säure- Komplexe im Kaffee, an denen das Coffein gebunden ist, nicht heraus extrahiert wurden und mit dem Coffein gleichzeitig chromatographiert werden und somit den Wert ansteigen lassen. Eine weitere Vermutung wäre der Verlust des Coffeins während des Extrahierens. Das ist jedoch eigentlich nicht möglich, da nicht genügend Temperatur erreicht wurde, damit das Coffein sublimentiert und Coffein keine Reaktion mit MgO eingeht. Deswegen ist es nicht möglich, in der folgenden exakten Berechnung diese Werte

70 mit einzubeziehen. So werde ich in meinen Berechnungen nur die Extrakte der Tees und des Kaffees verwenden Auswertung: Berechnung der Gesamtmenge Als Standartlösung zur Berechnung verwende ich diese mit der Konzentration c = 0,1 g/l. Der Coffein- Peak dieser Lösung hat den Flächeninhalt von relativen Einheiten. Die Menge der Standartsubstanzen in μg pro 20 μl Stammlösung beträgt hierbei 2 μg. Außerdem habe ich die in Kapitel 3.2. genannten Formeln zu einer Formel zusammengefasst, sodass ich die Formel erhalte: [ ] ( ) Berechnung für Kaffee: GKaffee = ( / ) / 1,5 = 1291, [mg/100g] in Prozent: 1,29 % Berechnung für schwarzen Tee: GSchw.Tee = ( / ) / 0,5 = 3760, [mg/100g] in Prozent: 3,76 % Berechnung für weißen Tee: GWeiß,Tee = ( / ) / 0,5 = 2831,71526 [mg/100g] in Prozent: 2,83 % Berechnung für grünen Tee: GGr.Tee = ( / ) / 0,5 = 2007, [mg/100g] in Prozent: 2,01 % Berechnung für grüner Tee + Minze: GGr.Tee+M. = ( / ) / 0,5 = 1759, [mg/100g] in Prozent: 1,76 % Zum Vergleich habe ich literarische Werte verwendet. Diese betragen bei Kaffee 0,6 3 % und bei Tee 1,0 4,5 % Coffein. 27 Meine Messwerte liegen dementsprechend im Durchschnitt und weisen keine starken Abweichungen auf. Auf den ersten Blick erscheint der Wert des Kaffees erstaunlich klein. Jedoch sollte man nicht vergessen, dass in der Zubereitung von Kaffee bzw. Tee unterschiedliche Portionsgrößen verwendet werden. Während 1 Teebeutel meiner Testtees nur 1,75 g Tee beinhaltet, wird bei der Kaffeezubereitung etwa 8 g Kaffee verwendet. Außerdem gehen bei Tee, laut literarischen Werten, nur etwa % des Coffeins bei 27 Römpp 1995, S.194 PRÄMIERTE FACHARBEITEN chemie

71 einer Ziehzeit von 3 min. in die wässrige Lösung über, während bei Kaffee nahezu das gesamte Coffein in das heiße Wasser übergeht. 28 So rechne ich den Coffeingehalt der Testtees und des Kaffees in Gehalt pro Tasse aus: Kaffee , [mg/100g]: bei 8 g (100/8 = 12,5): 1291,404367/12,5 = 103, [mg] Schwarzer Tee , [mg/100g]: bei 1,75 g (100/1,75 = 57,1428): 3760,215863/57,1428 = 65, [mg] davon 40 %: 26, [mg] Weißer Tee ,71526 [mg/100g]: bei 1,75 g (100/1,75 = 57,1428): 2831,71526/57,1428 = 49, [mg] davon 40 %: 19, [mg] Grüner Tee , [mg/100g]: bei 1,75 g (100/1,75 = 57,1428): 2007,839985/57,1428 = 35, [mg] davon 40 %: 14, [mg] Grüner Tee + Minze , [mg/100g]: bei 1,75 g (100/1,75 = 57,1428): 1759,995485/57,1428 = 30, [mg] davon 40 %: 12, [mg] 5. Fazit An den errechneten Gehalt-pro-Tasse-Werten erkennt man, dass Kaffee, trotz niedrigerem Gesamtcoffeingehalt, pro Tasse bis zu acht Mal so viel Coffein aufweist wie Tee. Der höchste Wert bei den Tees (beim schwarzen Tee) ist trotz allem nur ein Viertel dessen, was Kaffee beinhaltet. Also müsste man vier Tassen schwarzen Tee trinken, um eine vergleichbare Wirkung wie Kaffee zu erreichen. So bleibt Kaffee, was den Coffeingehalt des zubereiteten Getränks betrifft, unbestritten der Erstplatzierte. Jedoch habe ich herausgefunden, dass dies nicht am Kaffee bzw. am Tee selber liegt, denn der Coffeingehalt in Prozent ist bei Tee wesentlich höher. Es liegt an der Dosierung des Kaffeepulvers bzw. der Teeblätter. Wer trotz allem Tee bevorzugt, dem sei gesagt, dass das Ersetzen von Kaffee nicht unmöglich ist. Man sollte sich nur im Klaren darüber sein, wie viel Flüssigkeit man zu sich nehmen muss. 28 Römpp 1995, S

72 Verweise 1. Baltes, Werner: Lebensmittelchemie, Springer Verlag. Berlin; Heidelberg [Baltes 1992] 2. Breitmaier, Eberhard: Alkaloide Betäubungsmittel, Halluzinogene und andere Wirkstoffe, Leitstrukturen aus der Natur, B. G. Teubner Verlag. Stuttgart 1997 [Breitmaier 1997] 3. Gentz, Sascha: Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie, mündliche Mittteilung, [Gentz 2013] 4. Kromidas, Stavros: HPLC für Neueinsteiger (letzter Zugriff ) [Kromidas 2013] 5. Kunze, Udo R.; Schwedt, Georg: Grundlagen der quantitativen Analyse, WILEY-VCH Verlag. Bonn [Kunze 2009] 6. Matissek, Reiner; Steiner, Gabriele; Fischer, Markus: Lebensmittelanalytik, Springer Verlag, Berlin [Matissek 2010] 7. Meyer, Veronika R.: Praxis der Hochleistungs-Flüssigchromatographie, Salle + Sauerländer Verlag. Frankfurt am Main [Meyer 1992] 8. Römpp kompakt Basislexikon Chemie, hg. v. Falbe, Jürgen und Regitz, Manfred, Band 1: A-E, Georg Thieme Verlag. Stuttgart; New York 1998 [Römpp 1998] 9. Römpp Lexikon Lebensmittelchemie, hg. v. Eisenbrand, Gerhard und Schreier, Peter, Georg Thieme Verlag. Stuttgart; New York 1995 [Römpp 1995] PRÄMIERTE FACHARBEITEN chemie

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75 Chemie 2. Platz: Nikita Buldyrski Hildegardis-Schule Bochum Bochum Betreuende Lehrperson: Gutachter: Herr Kuck Jun.-Prof. Dr. Simon Ebbinghaus Original oder Fälschung - Erarbeitung der Grundlagen eines massenspektrometrischen Verfahrens (LA-ICP-MS) zur experimentellen Untersuchung von Schriftproben 1. Einleitung Das Thema dieser Facharbeit lautet: Original oder Fälschung? - Erarbeitung der Grundlagen eines massenspektrometrischen Verfahrens (LA-ICP-MS) zur experimentellen Untersuchung von Schriftproben. Die Themenwahl basiert auf einem alten und immer noch sehr aktuellen Problem: Fälschungen. Schon seit Jahrhunderten werden sie hergestellt, ob von wertvollen künstlerischen Gegenständen oder alltäglichen Dingen, wie beispielsweise Geld. Genau dieses Problem wurde in der Facharbeit aufgegriffen und bei der Arbeit zur folgenden konkreteren Fragestellung weiterentwickelt: Kann mithilfe eines massenspektrometrischen Verfahrens, nämlich des LA-ICP-MS Verfahrens, überhaupt eine alltägliche Fälschung nachgewiesen werden? Als Beispiele für derartige Fälschungen dienen hierbei ein gefälschter 5-Euro Schein, wie eine ausgefüllte Banküberweisung, deren Beitrag gefälscht worden war. Um eine derartige Untersuchung zu realisieren, ist es erst nötig, das anzuwendende Analyseverfahren genauer zu verstehen und die Theorie zu vertiefen. Daher ist diese Arbeit in zwei Teile aufgeteilt: Einen theoretischen Teil über die Funktionsweise des Verfahrens und einen praktischen, experimentellen Teil am Ende. Begonnen wird erst mit dem Laserablationsverfahren (LA), deren Arbeitsweise genauer erklärt wird. Im Anschluss folgt die Erklärung des Analysegerätes, das Induktiv-gekoppelten Plasma-Massenspektrometers (ICP-MS). Nachdem die Geräte in ihrer Funktionsweise und ihren Eigenschaften erklärt wurden, folgt der experimentelle Teil, in welchem mithilfe des LA-ICP-MS und der benannten Proben getestet wird, ob eine genaue Analyse und, als Resultat, auch eine Überführung von derartigen Fälschungen mithilfe der Elementaranalyse möglich ist. Zum Schluss wird aus dem erarbeiteten Material ein kurzes, auf den Ergebnissen basierendes, Fazit gezogen, welches sich auf das präsentierte Material und auf die zu dem Thema gestellte Frage stützt

76 2. Theoretische Grundlagen Das später anzuwendende Verfahren heißt LA-ICP-MS. LA steht für Laserablation, ICP für Induktivgekoppeltes-Plasma und MS für Massenspektrometrie. 1 Das Verfahren wird im Allgemeinen dafür benutzt, die Oberfläche von Substanzen oder Stoffen zu untersuchen. Das Probenmaterial wird mithilfe eines fokussierten Laserstrahls abliert, die Probe in das Gerät (ICP-MS) transportiert und dort in seinen Bestandteilen einer mikrochemischen Analyse von z.b. Konzentrationen von Spurenelementen oder Isotopenverhältnissen unterzogen. 2 Der Ablauf des Verfahrens lässt sich in drei Phasen unterteilen: 1. Ablationsprozess mittels Laserablation (LA) 2. Der Transport des entstandenen Aerosols in das Gerät (ICP-MS) 3. Untersuchung der Aerosolpartikel im Plasma des ICP-MS Laserablation Alles beginnt mit der Laserablation. In diesem Verfahren geht es darum, durch eine Wechselwirkung des Lasers mit der Oberfläche des festen Materials, eine Probe zu mobilisieren, um eine Analyse mit dem ICP-MS möglich zu machen. Hierauf haben einige signifikante Parameter wie z.b. die Wellenlänge des Lasers, die Energiedichte, der Durchmesser und die Frequenz des Laserstrahls sowie die Größe der Ablationskammer und die natürlichen Eigenschaften des ablierten Stoffes enormen Einfluss Laserfunktionsweise Das Wort Laser steht für "light amplification by stimulated emission of radiation" und der Laser ist ein Gerät, dass in der Lage ist, Licht (Photonen) oder Strom (Elektronen) in einen gebündelten Laserstrahl umzuwandeln. 5 Ein Laser besteht normalerweise aus einer Energiequelle (z.b. einer Blitzlampe), sogenanntem laseraktiviertem Material oder aktivem Medium (bei der LA ist es ein Feststoffkristall) und zwei Spiegeln, die man Resonatoren nennt. 6 Die folgende Abbildung stellt diesen Aufbau dar: Abb. 1: Innerer Aufbau eines Lasers 7 1 vgl.: 2 vgl.: 3 vgl. Müller 2012, S.5 4 vgl. Riesop S.6 5 vgl.: 6 vgl. von der Linde vgl. ebd. PRÄMIERTE FACHARBEITEN chemie

77 Um einen fokussierten Laserstrahl zu erhalten, wird durch die Energiequelle Licht, also Photonenteilchen (Energie), auf das aktive Medium gestrahlt (s. Abb. 1). Dieses Licht ist wie gewöhnliches, weißes Glühbirnenlicht, d.h. es enthält viele verschiedene Wellenlängen ( polychromatisch ). 8 Es strahlt nun gegen das Medium, was dazu führt, dass dieses das Photon absorbiert, um dann zwei Photonen mit derselben Wellenlänge auszustoßen ( Emission ) und sich deren Anzahl entsprechend vergrößert. Daraufhin treffen die Photonen auf einen Spiegel und werden von dort zurückreflektiert zum Resonator auf der anderen Seite. 9 Dieser Prozess findet mehrmals statt, da die Photonen immer wieder durch das aktive Medium fliegen. Dies führt natürlicherweise dazu, dass die Zahl der Photonen und dadurch die Energie immer größer wird, bis einer der Spiegel (der halbdurchlässig gebaut ist) den Photonenstrom durchlässt und dieser in einem gebündelten Strahl herausschießt. Diesen Strahl nennt man auch den Laserstrahl Die Ablation Ablation kommt von dem lateinischen Wort ablare und heißt so viel wie weg- oder forttragen. 11 Dieser Prozess beginnt damit, dass ein begrenzter Teil der Oberfläche der Probe mit oben beschriebenem Laser bestrahlt wird. Dabei wird ein Teil der Lichtenergie (Photonen) reflektiert, der andere Teil absorbiert. 12 Diese absorbierte Energie führt dazu, dass die Oberflächenatome immer heißer werden und daher anfangen, stärker zu schwingen. Diese Schwingungen werden irgendwann so stark, dass aufgrund dieses Energieanstiegs eine Art kleiner Explosion auf der Probenoberfläche stattfindet. Die Bindungen der Atome aus der obersten Schicht werden aufgebrochen und verschiedene Teilchen, wie Atome, Elektronen oder Ionen werden herausgeschleudert. 13 Oberhalb der Ablationsfläche treffen diese Teilchen dann auf das Trägergas (meistens Helium), was über der Ablatierfläche durchgeleitet wird und dazu bestimmt ist, die herausgeschlagenen Partikel zum ICP-MS zu transportieren. 14 Das dort entstandene Gemisch nennt man Aerosol. Aerosol besteht aus festen "Aerosolteilchen", die mit einem Gas (hier dem Trägergas) umgeben sind, es handelt sich um ein Gemisch. 15 Anzumerken ist hier, dass bei diesem Verfahren die Kratertiefe nur µm dick ist und daher die Laserablation eher zu den zerstörungsfreieren Methoden gezählt wird vgl. Reinhardt 2001, S.21 9 vgl. Kurnaz & Willemsen 2004, S.7f 10 vgl. ebd. 11 vgl. Müller 2012, S.7 12 vgl. Riesop S.6 13 vgl. Müller 2012, S.7 14 vgl. Riesop S vgl.: 16 vgl. Riesop S

78 Abb. 2: Skizze der Laserablation einer Probenoberfläche Transport des Aerosols Das nach der Laserablation entstandene Aerosol wird nun durch das Trägergas aus der Ablationskammer in das Plasma des ICP-MS transportiert. Dabei gibt es verschiedene Faktoren, die diesen Prozess beschreiben können und zu beachten sind. Sowohl die Überführungsgeschwindigkeit (die von der Gasflussrate des Trägergases, dem Volumen der Ablationskammer oder der Schlauchart abhängt) als auch die sogenannte Überführungseffizienz (die sich aus der Partikelgröße der Probe, der Art des Trägergases, der Form der Ablationskammer oder der Länge des Transportweges zusammensetzen lässt) sind zu beachten. 18 All diese Faktoren und Einflüsse gilt es zu beachten, um einen möglichst verlust- und fehlerfreien Abtransport des Aerosols in das ICP-MS möglich zu machen und eine weitere Analyse zu gewährleisten. 2.3 ICP-MS Das ICP-MS wurde vor etwa 28 Jahren in die Elementanalytik eingeführt und ist ein Verfahren, das es möglich macht, in einer Analyse während weniger Sekunden bis zu 80 Elemente zu bestimmen Plasma Sobald das Probenaerosol mithilfe des Trägergases das ICP-MS erreicht hat, gelangt es direkt in die Plasmafackel (oder Torch). Diese ist direkt mit dem Laserablationsgerät verbunden und beinhaltet das Argonplasma. Der Aufbau solch einer Torch ist in Abbildung 3 schematisch dargestellt. Dieses Plasma entsteht folgendermaßen: Argon wird hier als Plasmagas verwendet und wird zunächst zur Torch geleitet (wie links unten in Abb. 3 dargestellt). Die Spule befindet sich außen um diese Fackel herum und baut ein starkes Magnetfeld auf. Dieses Magnetfeld beeinflusst das Plasmagas enorm, wodurch Elektronen an die Argonatome stoßen, welche dadurch zu einem positiv geladenen Argonkation (Ar + ) und einem einfachen Elektron aufgespalten werden. Parallel dazu kommt es zu Zusammenstößen mit weiteren neutralen Argonatomen, was ebenfalls zum Herausschlagen weiterer Elektronen führt und eine Kettenreaktion 17 vgl. Müller 2012, S.16 f. 18 vgl. ebd., S.25 PRÄMIERTE FACHARBEITEN chemie

79 erzeugt, die solange anhält, wie das Magnetfeld aus der Spule aufrechterhalten wird. Das sorgt auch dafür, dass das leuchtende Plasma erhalten bleibt. 19 Die Probe wird nun in Form des Aerosols dort hineingeleitet und gerät ebenfalls in diese Reaktion, die permanent im Plasma abläuft, und wird dort ebenfalls in Ionen und Atome aufgespalten, wonach es direkt weiter in Richtung des Massenanalysators und des Ionenfilters (Quadrupol) geführt wird. Abb. 3: Plasmafackel eines ICP-MS Massenanalysator Da die Funktionsweise des ICP-MS darin liegt, Ionen nach ihrer Masse pro Ladung zu untersuchen (mehr dazu in Kapitel 2.3.3: Quadrupol-Massenfilter), müssen die Ionen aus dem Plasma durch ein Vakuum in ein Ionenlinsensystem (wie in Abb. 4 gezeigt) geleitet werden. Das Vakuum, dass von einem Niedrig- in ein Hochvakuum übergeht, dient einem verlustfreien Transport der Ionen. Andernfalls könnte es zu Kollisionen mit den Luftmolekülen kommen, die Ionen werden dadurch von ihrer Flugbahn abgelenkt und niemals den Detektor erreichen. Das Ionenlinsensystem (oder auch Ionenfiltersystem) dient zur Trennung der Ionen von den restlichen (neutralen) Moleküle und Atomen mithilfe eines Magnetfeldes, indem die geladenen Ionen dort hineinströmen und die ungeladenen Teilchen von einer Metallbarriere aufgehalten werden. 21 Abb. 4: Schematischer Aufbau eines Massenspektrometer vgl. Müller 2012, S vgl. ebd. 21 vgl. Riesop S vgl. Müller 2012, S

80 2.3.3 Quadrupol-Massenfilter Der Quadrupol besteht aus vier Elektroden, von denen jeweils zwei positiv und zwei negativ geladen sind. Die Spannung an diesen Elektroden wird während der Messung variiert, wenn der Massenfilter auf die Analyse von mehreren Substanzen eingestellt ist. Er ist dafür zuständig, mithilfe der Elektroden nur die Ionen mit einem bestimmten Masse/Ladungs-Verhältnis zum Detektor durchzulassen, die restlichen kollidieren mit den Elektroden und werden abgepumpt. 23 Die Umschaltung der Elektroden erfolgt im Laufe von Millisekunden und ermöglicht somit ein sehr weites Analysenspektrum. Genau das ist auch der Grund, warum man um 80 Elemente in einigen Sekunden analysieren kann Detektor Der Detektor ist der letzte Teil des ICP-MS und ist in diesem Fall ein Sekundärelektronenvervielfacher, der dazu dient, die Menge der Ionen zu bestimmen, die das Gerät durchläuft. Das geschieht durch eine sogenannte Dynodenkaskade (s. Abb. 5), die aus vielen Dynoden (stark negative Elektroden) besteht. Wenn die Ionen daran anstoßen, werden beim Aufprall zwei bis drei Elektronen herausgeschlagen, wonach sie wieder von der Dynode aufgeladen werden. Durch mehrere solcher Anstöße entsteht eine Elektronenlawine, die am Ende der Kaskade auf eine Platte trifft, wodurch sogenannte counts gemessen werden, die für jeden Aufprall eines Ions stehen. Abhängig von der Elektronenmenge kann in verschiedenen Modi gemessen werden. Abb. 5: Darstellung eines Sekundärelektronenvervielfachers Experimenteller Teil Nach der Vorstellung des Verfahrens geht es in diesem Teil um zwei Experimente, die geplant und durchgeführt wurden, um zu überprüfen, inwiefern es möglich ist, aktuelle Fälle von Fälschungen chemisch mithilfe des LA-ICP-MS Verfahrens zu erkennen und zu überführen. Hierzu wurden folgende zwei Experimente erstellt: vgl. Müller 2012, S.27f 25 vgl. Müller 2012, S.28 PRÄMIERTE FACHARBEITEN chemie

81 1. Gefälschte Sparkassenüberweisung 2. Fälschung eines 5-Euro Scheines 3.1 Probenvorbereitung Experiment 1: Gefälschte Sparkassenüberweisung In diesem Experiment geht es um die Fälschung einer Sparkassenüberweisung, die mit einem schwarzen Kugelschreiber ausgefüllt und mit einem anderen, ebenfalls schwarzen Kugelschreiber nachkorrigiert, also gefälscht wurde. Für dieses Experiment wurde ein üblicher Überweisungsträger aus einer Sparkasse genutzt und mit einem schwarzen Kugelschreiber komplett ausgefüllt und die Summe 300 Euro eingetragen (s. Abb. 6). Abb. 6: Überweisung vor der Fälschung Abb. 7: Überweisung nach der Fälschung Die Fälschung erfolgt durch einen anderen schwarzen Kugelschreiber mit anderer Tinte (s. Validierungsversuch), wodurch die 3 in eine 8, also zu 800 Euro geändert wurde (s. Abb. 7). Der zu untersuchende Bereich war die 8 in dem Gesamtbetragsfeld der Überweisung. Dieser Teil wurde ausgeschnitten und mithilfe eines doppelseitigen Klebebands auf ein Objektträgerglas geklebt und entsprechend beschriftet: Abb. 8: Schritte der Probenvorbereitung Zu Experiment 1: Parallel wurde ein sogenannter Validierungsversuch als zusätzliche Untersuchungsmethode ausgewählt und durchgeführt, um die Richtigkeit des LA-ICP-MS zu bestätigen

82 Vorbereitung: Hierfür wurde links und in der Mitte des Blattes mit den beiden für die Überweisung benutzen, schwarzen Kugelschreibern und rechts mit einem Blauen ein Punkt auf das Papier aufgetragen. Das Stück Papier wurde dann seitlich in ein Becherglas mit Methanol gegeben. Anschließend wurde gewartet, bis das Methanol im Laufe von ca. 20 Minuten auf dem Papier bis auf 0,5 cm vom oberen Rand gestiegen war. Das Ergebnis ist in Abbildung 9 zu betrachten. Abb. 9: Ergebnis des Validierungsversuches Folgende Beobachtungen konnte man feststellen: Die linke Probe hat sich unten gelb mit einem Übergang nach obenhin dunkelblau bzw. auch violett verfärbt, wogegen die mittlere Probe unten hellblau und oben eine lila Farbtönung hat. Durch die verschiedene Verfärbung konnte man erkennen, dass die Tinte der beiden schwarzen Kugelschreiber auf jeden Fall verschiedene Zusammensetzungen hat und eine spätere Unterscheidung möglich ist. Das hier durchgeführte Verfahren nennt sich Chromatographie. Experiment 2: Gefälschter 5-Euro Schein In diesem Experiment wurde ein weiteres Alltagsbeispiel einer Fälschung benutzt: Die Geldfälschung. Dafür wurde ein echter 5-Euro Schein mit 1200 DPI gescannt und die Kopie an das Originalmaß von 120 mm x 62 mm angepasst und anschließend gedruckt. Abb. 10: Original 5-Euro Schein und die Kopie Hiernach wurde der Bereich links oben an der blauen Flagge sowohl auf dem echten Schein, als auch bei der Fälschung ausgeschnitten (s. Abb. 13 u. 14) und genau wie die Überweisung auf das mit doppelseitigem Klebeband beklebten Objektträgerglas angebracht. PRÄMIERTE FACHARBEITEN chemie

83 3.2 Durchführung Bei dem LA-ICP-MS ist der erste Schritt immer das Testen des ICP-MS mithilfe eines speziellen Glases, auf dessen Oberfläche Standardelemente bestimmter Konzentration (z.b. von Metallen) vorhanden sind und dem Gerät als Referenz dienen. Dem Gerät wurde die maximale Anzahl von 20 Substanzen zur Analyse des Masse/Ladungsverhältnises angegeben, da man nur einige verschiedene Elementenkonzentrationen finden musste, um einen Unterschied zwischen den beiden Kugelschreibertinten feststellen zu können. Als erstes wurde die Banküberweisung ablatiert. Die Ablation beginnt mit dem Scan eines gewissen Bereiches. Da die zugehörige Kamera, darauf ausgerichtet ist, die Probe zu vergrößern, kann man nicht komplett herauszoomen. Bedingt durch eine starke Vergrößerung des Mikroskops sind Navigation und Findung einer geeigneten (oder einer vorher geplanten) Ablationsstelle stark behindert. Eine Abhilfe schafft eine rasterartige Aufnahme und eine softwaregesteuerte Zusammenfügung der einzelnen stark vergrößerten Bilder, die eine Übersicht über den gegenwärtigen Ablationsbereich gibt. Dieser Scan ergab folgendes Bild: Abb. 11: Vergrößerter Scan der Überweisung Anschließend wurde die Oberfläche der Probe mithilfe des Laserablations-Verfahrens ablatiert, indem man über der 8 19 parallele softwareprogrammierte Linien erstellt hat, auf deren Strecke der Laser ablatieren sollte. Eine erste visuelle Beobachtung nach dem Versuch ist bereits beim zweiten Scan der 8 zu sehen: Abb. 12: Scan der Überweisung nach der Ablation Man kann auf dieser Abbildung erkennen, dass nur noch die 3 leicht zu sehen ist, der gefälschte Teil ist komplett wegablatiert worden. Das zweite Experiment bestand aus zwei Ablationen, da man auf dem Objektträger zwei Stücke der verschiedenen 5-Euro Scheine hatte. Hier wurden für die Fälschung acht Ablationslinien und für das Original neun verwendet

84 Abb. 13: Scan des gefälschten Scheins Abb. 14: Scan des Originalscheins Hier lässt sich bereits vor der Durchführung der Ablation ein visueller Unterschied erkennen. Die Tinte auf dem Original ist viel dichter und qualitativ besser gedruckt, als die der Fälschung, was wahrscheinlich daran liegt, dass gewöhnliche Drucker viel Tintensparender als Gelddrucker sind. Auch hier wurden bei der ICP-MS dieselben Substanzen zur Analyse genommen, wie bei der Überweisung. 3.3 Auswertung In der folgenden Auswertung der Ergebnisse werden ausschließlich relevante Beobachtungen aus den Ergebnissen der Messungen benannt. Die Auswertung der Versuche (u.a. die Erstellung der Bilder) erfolgte über ein am Institut für Umweltanalytik erstelltes Programm Überweisung Aus der Auswahl der zu analysierenden Substanzen für den ICP-MS haben einige Substanzen den Beweis für die Fälschung erbracht: Zuerst sieht man, dass die Konzentration von Vanadium in der 3, die man zu Beginn eingetragen hatte, deutlich höher liegt, als die in der ergänzten 8. In dieser ist die Konzentration genau dieselbe, wie im Papier drumherum (s. Abb. 15). Abb. 15: Konzentration von Vanadium in der 8 Das deutet auf die Verwendung eines anderen Stiftes für das Schreiben der 3 als für das Schreiben der 8 hin, was die Konzentration von Chrom ebenfalls deutlich macht (s. Abb. 16). Abb. 16: Konzentration von Chrom in der 8 PRÄMIERTE FACHARBEITEN chemie

85 Chrom ist hier nur im gefälschten Teil der Probe, ebenso wie Kupfer, Zink und Blei (s. Anhang). Dies lässt darauf schließen, dass die 8 auf der Überweisung mit zwei verschiedenen Tintenarten erstellt wurde. So stammen die 3 aus der Tinte eines vanadium-haltigen Kugelschreibers und die Ergänzung zur 8 aus einer kupfer-, zink-, blei- und chromhaltigen Tinte. Somit wurde die Fälschung hier eindeutig identifiziert Euro Schein Nachdem die Untersuchung der Banküberweisung erfolgreich verlaufen ist, geht es um den 5-Euro Schein, dessen Echtheit man noch beweisen muss. Auch hierfür werden die Konzentrationen von einigen Elementen vorgestellt. Auch hier sticht die Konzentration von Vanadium heraus: Im Original findet man es überall im Papier (s. Abb. 17), während in der Fälschung ein deutlich niedrigerer Gehalt festgestellt wurde (s. Abb. 18). Abb. 17: Vanadium Konzentration auf Original Abb. 18: Vanadium Konzentration auf Fälschung Als weitere Auffälligkeit ist die Konzentration von Kupfer (s. Abb. 19 u. 20), Blei oder Brom (s. Anhang) zu erwähnen deren Konzentrationen auf den Proben sich ebenfalls unterscheiden. Abb. 19: Kupferkonzentration auf der Fahne des Originals Abb. 20: Kupferkonzentration auf der Fälschung Diese Abbildungen zeigen, dass auch die Konzentration von Kupfer sich unterscheidet. Im Original ist der Großteil im Bereich der europäischen Fahne konzentriert. In der Fälschung ist ebenfalls Kupfer vorhanden, aber im ganzen Papierstück und in einer niedrigeren Konzentration

86 4. Fazit Nach den durchgeführten Versuchen lässt sich zusammenfassend sagen, dass der experimentelle Teil sein Ziel erreicht hat. Es wurde bewiesen, dass bei beiden Proben sowohl Originale als auch Fälschungen vorhanden waren. Es konnte fehlerfrei festgestellt werden, was Original und was Fälschung war. Allerdings muss man auch sagen, dass beide Fälschungen auf sehr simple Weise hergestellt wurden und es sich keinesfalls um professionelle Fälschungen handelte. Jedoch ist es so, dass es selbst bei guten Kopien möglich ist, durch andere langwierigere Verfahren mit einer hohen Wahrscheinlichkeit festzustellen, ob ein Material chemisch auch das ist, wonach es auszusehen scheint. Verweise 1. Kurnaz, Timur und Willemsen, Benno: LASER Funktionsweise und Anwendung Seminarvortrag Müller, Sebastian: Methodenentwicklung zur ortsaufgelösten Untersuchung und Elementquantifizierung von Gewebeschnitten und von cis-platin behandelten CHO-Zellen mittels Plasma-Massenspektrometrie nach Laser-Ablation. Doktorarbeit. Universität Duisburg-Essen, o.v.: 4. o.v.: 5. o.v o.v.: 7. o.v.: 8. Riesop, David: Die LA-ICP-MS als Detektor für elektrophoretisch getrennte Metallspezies. Diplomarbeit. Universität Duisburg-Essen, Reinhardt, Heiko: Entwicklung und Anwendung eines Laserablations-ICP-MS-Verfahrens zur Multielementanalyse von atmosphärischen Einträgen in Eisbohrkernen. Doktorarbeit. Universität Bremen, 2001 ( Entwicklung ) 10. von der Linde D.: Laser in Wissenschaft und Technik Vortrag. Universität Essen PRÄMIERTE FACHARBEITEN chemie

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89 Chemie 3. Platz: Katrin Hättig Neues Gymnasium Bochum Bochum Betreuende Lehrperson: Gutachter: Herr Böckmann Jun.-Prof. Dr. Simon Ebbinghaus Pfützen weg - Mineralien auch?! - Einfluss der Drainageverbesserung durch Sand auf die Ionen des Stickstoffkreislaufs - 1. Einleitung Unsere Atmosphäre besteht zu 78,09 Vol.-% aus freiem Stickstoff (N2). Dieser Stickstoff ist allerdings für die Pflanzen nicht nutzbar. Nur wenige bestimmte Mikroorganismen können ihn umwandeln. Durch Blitzschläge und Verbrennung werden jedoch Stickoxide gebildet. Diese reagieren mit Wasser und treffen zusammen mit dem Niederschlag als stark verdünnte Salpetersäure und salpetrige Säure auf den Erdboden. Durch Verwesungsprozesse entsteht Ammoniak. Im Boden werden aus diesen Verbindungen Nitrate, Nitrite und Ammoniumsalze gebildet. 1 Daher herrscht ein enger Zusammenhang zwischen den Stickstoffverbindungen in Pflanzen, Tieren, dem Boden und Stickstoffverbindungen in der Luft. 2 In meiner Arbeit wird die Wirkung von Regenwasser auf den Stickstoffgehalt in verschiedenen Böden thematisiert. Untersucht wurden dazu Feldboden und Gartenerde aus Bochum sowie Sand und Blumenerde aus dem Handel. Die Ergebnisse und Erkenntnisse können daher nur auf die gemäßigte Klimazone bezogen werden. Aus der Idee, dass Sand den Wasserabfluss 3 verbessert und Staunässe verhindert, ergibt sich die Frage, inwiefern Sand eine Wirkung auf die Ionen des Stickstoffkreislaufs hat. Ein Gartencentermitarbeiter versicherte mir, dass der Erdboden durch Sandbeimischung nährstoffreicher 4 wird. Könnte 1 vgl. Holleman & Wiberg 1985, S vgl. Baum et al. 1985, S Bedeutung: Abfluss ist beispielsweise Niederschlagswasser, welches nicht verdunstet oder gespeichert wird und somit in Wasserläufen abfließt. 4 Bedeutung: Der Begriff Nährstoff stammt aus der Ernährungslehre und bezeichnet dort die Energieträger Kohlenhydrate, Fette und Eiweiße, die von Lebewesen aufgenommen und verarbeitet werden. Im Kontext dieser Facharbeit wird der Begriff, wie in manchen Lehrbüchern der Fächer Biologie und Erd

90 also eine Beimischung von Sand schwere Böden verbessern und somit den Ertrag einer Landnutzungsfläche erhöhen oder die Verschlammung eines Feldes verhindern? Die Arbeit habe ich wie folgt aufgebaut: In den theoretischen Grundlagen wird der Stickstoffkreislauf sowie der Zusammenhang mit den Stickoxiden dargestellt. Desweiteren wird der Niederschlag, der Einfluss von Wasser auf den Boden sowie die Bestimmungsmethode für den Stickstoffgehalt erläutert. Ich habe mich auf den anorganischen Stickstoffgehalt, Nitrat, Nitrit und Ammonium konzentriert und ihren Gehalt (mg/l) in Regenwasser und in Durchlaufproben verschiedener Böden bestimmt. Ziel der Versuche ist es, die Bodenqualität, definiert durch die Wasserdurchlässigkeit und Nährstoffspeicherfähigkeit 5, zu ermitteln und durch Sandbeimischung zu verbessern. Nach den theoretischen Grundlagen folgen meine Untersuchungen zu den Böden. Hierbei habe ich zunächst die Wasserdurchlässigkeit von Bodenproben im Vergleich zu Bodenproben, denen Sand beigemischt wurde, untersucht sowie die Nährstoffspeicherfähigkeit derselben Proben durch Beimischung des Gehaltes von Nitrat-, Nitrit und Ammonium-Ionen (im Folgenden als Stickstoff-Ionen bezeichnet) untersucht. Im 3. Kapitel werden die Ergebnisse und Schlussfolgerungen dargestellt. 2. Stickstoffgehalt in Böden und in Regenwasser Die Frage, inwiefern sich durch Sand der Stickstoffhaushalt in Böden verbessern lässt, wird durch Durchlaufproben unter verschiedenen Bedingungen und mit verschiedenen Böden untersucht. Hierbei wurde mit verschiedenen Böden und Wasserqualitäten (entmineralisiertes Wasser, Leitungswasser, Regenwasser, bzw. künstliches Regenwasser) das Durchlaufvolumen, die Durchlaufgeschwindigkeit und der Ionengehalt untersucht. Die Idee dabei ist, dass Sand das Versickern von Wasser beschleunigt und den Gehalt an Mineralien, die durch Wasser transportiert werden können, verändert. 2.1 Theoretische Grundlagen Der Stickstoffkreislauf: N 2, Ammoniak und Stickoxide Stickstoff ist lebensnotwendig für Pflanzen und Tiere, da er in Nucleinsäuren und Eiweißverbindungen enthalten ist. Organismen können den Stickstoff aus der Luft allerdings nicht direkt nutzen. Bakterien müssen diesen erst umsetzen. Andere Wege, auf denen Stickstoff für Pflanzen nutzbar wird, sind elektrische Entladungen wie Blitze. Heutzutage sind es vornehmlich Verbrennungsprozesse sowie Düngung, die Stickoxide freisetzen. Aus Stickoxiden bilden sich Nitrite und Nitrate, die von den Organismen genutzt werden können. Durch Verwesung und Verfaulen von Organismen wird das Gas Ammoniak freigesetzt, aus dem sich mit Säuren Ammoniumsalze bilden. Auch diese können von Organismen genutzt werden. Durch den Abbau von organischem Material entsteht wieder freier Stickstoff (N2). Dieser enge kunde, auf Pflanzen übertragen. Es handelt sich hierbei um einfache anorganische Verbindungen wie Wasser, Kohlenstoffdioxid sowie Ionen wie z.b. Nitrat, Nitrit und Ammonium. 5 Erklärung auf S.6, Bodenkunde PRÄMIERTE FACHARBEITEN chemie

91 Zusammenhang wird als Stickstoffkreislauf bezeichnet. Der Regen beinhaltet stark verdünnte Salpetersäure (HNO3) bzw. salpetrige Säure (HNO2). Somit trifft der atmosphärische Stickstoff in dieser Form auf den Erdboden. 6 2 NO2 + H2O HNO3 + HNO2 Stickstoff kommt als wesentlicher Bestandteil der Luft als Distickstoff (78.09 Vol.-% bzw Gew.-% N2) vor. Name Symbol Protonenzahl Atommasse Dichte in g/cm3 Ionisierungsenergie in ev für ein e- Stickstoff N 7 14,1 0,96 (fl) 14,5 Tab. 1 Distickstoff ist ein farb-, geschmacks- und geruchloses Gas und nicht brennbar. Das Gas führt zum Ersticken von Lebewesen- daher der Name Stickstoff. Stickstoff ist ein sehr reaktionsträges Gas, da die beiden Atome des Gases durch eine Dreifachbindung sehr fest aneinander geknüpft sind. In Verbindungen tritt Stickstoff in Oxidationsstufen von -3 bis +5 auf: / NH3 N2H4 N2H2 N2 N2O NO N2O3 NO2 N2O5 Stickstoff kann drei Oxide der Form NOn (n = 1,2,3) und sechs Oxide der Form N2On (n = 1,2,3,4,5 und 6) bilden. Stickstoffmonoxid (NO) hat das Bestreben, sich mit Sauerstoff zu braunem Stickstoffdioxid (NO2) zu verbinden: 7 2 NO + O2 2 NO KJ Wie kommen Nitrat, Nitrit und Ammonium in das Regenwasser? Der Regen enthält Nitrite und Nitrate in Form von Sauerstoffsäuren, die sich durch folgende Reaktionen aus Stickoxiden in feuchter Luft bilden können: 2 NO2 + H2O HNO3 + HNO2 4 NO2 + O2 + 2H2O 4 HNO3 2 HNO2 + O2 2 HNO3 N2O5 + H2O 2 HNO3 Die Salpetrige Säure (HNO2) bildet Nitrite als Salz: HNO2 + H2O H3O + + NO2 - pks = 3,29 bei 25 C Sie ist eine mittelstarke bis schwache Säure. Die salpetrige Base ist extrem schwach: +/-H + +/- H + HNO2 H2NO2 + H3O + + NO + pks( H2NO2 + ) = -7 6 vgl. Baum et al. 1985, S vgl. Holleman & Wiberg 1985, S

92 Sie reagiert daher unter Bildung des Nitrosyl-Kations (NO + ) nur mit sehr starken, konzentrierten Säuren. Das Nitrosyl-Kation tritt im Regen nicht auf, da der ph-wert von Regenwasser deutlich höher ist (vgl. Anhang: Regenwasserproben). In der Salpetersäure hat Stickstoff die Oxidationsstufe +5. Ihre Salze heißen Nitrate. HNO3 + H2O H3O + +NO3 - pks(hno3) = -1,37 Die Salpetersäure besitzt ein starkes Oxidationsvermögen und kann selbst bei Reaktionen zu NO2, NO, N2O, NH2OH und sogar NH3 reduziert werden. 8 Die Base Ammoniak (NH3) bildet mit Säuren Ammoniumsalze und Ionen. Die Verbindung Ammoniumnitrat (NH4NO3) hat einen hohen Stickstoffgehalt und ist daher ein wirkungsvolles Düngemittel. Es ist jedoch explosiv und wird daher heute nicht mehr als Dünger verwendet. 9 Der meistverwendete Stickstoffdünger ist Ammoniumsulfat ((NH4)2SO4). Es wird z.b. durch die Reaktion mit Schwefelsäure gewonnen. 9 2NH3 + H2SO4 (NH4)2SO4 Wie bereits erwähnt, gelangen durch die Bildung von salpetriger und Salpetersäure aus Stickoxiden in feuchter Luft Nitrite und Nitrate in das Regenwasser. Da Stickstoffmonoxid (NO) an Luft größtenteils zu Stickstoffdioxid oxidiert, wird mehr Nitrat (NO3 - ) als Nitrit (NO2 - ) gebildet. Durch Ammoniakgas, dass z.b. bei der Verwesung gebildet wird, gelangen Ammonium-Ionen (NH4 + ) in den Regen. Es folgt eine Neutralisation von Ammoniakgas mit Wasser: NH3(aq) + H2O NH4 + (aq) + OH - (aq) Abb. 1: Chemischer Stickstoffkreislauf (Lit. 17.) Bodenkunde, Einfluss von Wasser auf den Boden Erdboden besteht aus Mineralien, die durch chemische Verwitterungen unter dem Einfluss von Wasser (H2O), Kohlenstoffdioxid (CO2), Sauerstoff (O2) und Wasserstoffionen (H3O + ) zersetzt werden. Aus Verwitterungsprodukten silikalischer Gesteine entstehen Tonböden. Tonmineralien haben große Oberflächen, sodass sie gut H2O-Moleküle und Ionen (Nährstoffe, Stickstoff-Ionen) einlagern und an Pflanzen 8 vgl. Schmidt 1987, S vgl. Holleman & Wiberg 1985, S.951 PRÄMIERTE FACHARBEITEN chemie

93 abgeben können. Die organischen Bestandteile des Bodens bilden den Humuskörper. Dieser besteht aus abgestorbenen organischen Bodensubstanzen. Im Boden finden Verwesungen (Hydrolyse und Oxidation) und Humifizierungen (chemische Reaktionen) statt, die die Nährstoffspeicherfähigkeit 10 von Mineralien im Boden beeinflussen. Durch Regen, Überschwemmungen oder Tierdung gelangen Nährstoffe in den Boden und machen ihn fruchtbar für Pflanzen. Regenwasser bleibt in Form von Adsorptionswasser oder Kapillarwasser im Boden. Das Adsorptionswasser lagert sich an den Oberflächen von mineralischen Abb. 2: Graph zu Bodenarten und Beschaffenheiten 11 (s. 3.1) Partikeln oder Pflanzenwurzeln an. Das Kapillarwasser lagert sich in vertikalen Haarrissen des Bodens oder in Poren an, sodass Pflanzen dieses gut aufnehmen können und der Boden locker bleibt. Überschüssiges Sickerwasser, das nicht gebunden werden kann, folgt der Schwerkraft und gelangt ins Grundwasser. Ein sandiger Boden weist eine gute Durchlüftung auf, hat allerdings nur eine geringe Wasserund Nährstoffspeicherkapazität. Tonige Böden haben einen hohen Nährstoffaustausch haben, jedoch eine schlechte Durchdringbarkeit und Durchlüftung, was schlecht für die Pflanzenwurzeln und die Bodenfauna ist. Dies ist ein klarer Widerspruch zu der Aussage des Gartencentermitarbeiters Bestimmung des Stickstoffgehalts Aufgrund dieser Beobachtungen habe ich den Gehalt an anorganischen Stickstoffverbindungen in Form von Nitrat, Nitrit und Ammonium in vier Bodenarten und im Regenwasser getestet sowie den Einfluss von Sand unter naturähnlichen Bedingungen wie Regen in Experimenten untersucht. Abb. 3: Farbskalen der visocolor-tester 10 Bedeutung: Die Nährstoffspeicherfähigkeit meint die Speicherfähigkeit der Böden für Nährstoffe (einfache anorganische Verbindungen wie Wasser (H2O), Kohlendioxid (CO2) sowie Ionen wie Nitrat, Phosphat, Kalium), beeinflusst und abhängig von den vorhandenen Mineralen. 11 s. Raczkowsky 2012, S

94 Ich habe den Stickstoffgehalt mit den in der Schule verfügbaren visocolor-testkits des Unternehmens Macherey-Nagel GmbH & Co. KG (kurz MN) bestimmt. Die Chemikalien können ins Abwasser entsorgt werden. Der Ammoniumtest funktioniert laut des Unternehmens MN so: Aus Ammonium-Ionen entsteht durch Chloreinwirkung im alkalischen Bereich Monochlorid. Dieses bildet mit Thymol einen blauen Indophenolfarbstoff. 12 Die Methode des Nitrittests ist folgende: Sulfanilsäuren oder Sulfanilamid werden in saurer Lösung von Nitrit diazotiert. 13 Das Diazoniumsalz wird anschließend mit einem aromatischen Amin gekuppelt. Dabei bildet sich ein intensiv gefärbter Azofarbstoff. Organische Kolloide, Chlor, Huminsäuren und gefärbte Schwermetallionen stören. 14 Der Nitrattest funktioniert genauso wie der Nitrittest, nachdem das Nitrat mit einem anorganischen Reduktionsmittel zu Nitrit reduziert wurde. 15 Die Nitrat- und Nitritteste vom Unternehmen MN funktionieren ähnlich wie Lunges Reagenz. 16 Diese ist eine Lösung aus Sulfaninsäure und α-naphthylamin und weist Nitrit und Nitrat nach. Um Nitrat nachzuweisen, muss dieses zunächst zu Nitrit reduziert werden, z.b. durch die Zugabe von Zinkstaub und Ethansäure: NO3 - + Zn + 2 H + NO2 - + Zn 2+ + H2O Welches Reduktionsmittel im Nitrattest vom Unternehmen MN verwendet wird, ist jedoch in der Beschreibung nicht angegeben. Reaktionsschema der Nitratbestimmung mit Lunges Reagenz: Abb. 4: Reaktionsschema 17 Lunges- Reagenz Durch Zugabe von Sulfanilsäure und α- Naphthylamin bildet sich aus der Säure (1) ein Diazoniumsalz (2), das mit α-naphthylamin (3) weiter zu einem Azofarbstoff (4) reagiert. Dieser färbt die Lösung rot. Da eine krebserregende Wirkung des α-naphthylamin vermutet wird, wird als Amin stattdessen meistens α-naphthyl-ethylendiamin (als Dihydrochlorid) verwendet. MN macht keine Angaben zu dem verwendeten aromatischen Amin. Für alle drei Stickstoff-Ionen wird die Konzentration durch einen Vergleich mit einer Farbskala bestimmt (vgl. Abb. 2). Die Genauigkeit liegt bei plus/minus einer Farbstufe Erklärung: Bildung eines Diazoniumsalzes, R-N N +, Verbindung 2 in Abb ebd. 16 vgl. Lunges Reagenz, 17 vgl. Lunges Reagenz, PRÄMIERTE FACHARBEITEN chemie

95 Ein alternatives Verfahren zur Stickstoffbestimmung wäre die Bestimmung nach Kjeldahl. Diese erfasst den Gesamtstickstoffgehalt der Probe, einschließlich der organischen Verbindungen und wäre somit eine geeignete vertiefende Alternative zu den Testern. Der Arbeitsaufwand ist hierbei aber sehr viel höher und komplexer. 18 Da man dabei zunächst nur den Gesamtstickstoff bestimmt, müssten nachträglich noch die anorganischen Stickstoff-Ionen bestimmt werden. Man erhält jedoch auch Informationen über die Stickstoffverbindungen, die z.b. in unvollständig verrotteten Pflanzenteilen im Boden vorliegen. 2.2 Untersuchungen zu verschiedenen Böden Durchlaufproben mit entmineralisiertem und Leitungswasser Zunächst habe ich ein Vorexperiment zur Wasserkapazität mit Leitungswasser und danach einen Versuch mit entmineralisiertem Wasser und mehreren Bodenprofilen durchgeführt. Ziel des Vorexperiments war die Ermittlung der Wasserspeicherfähigkeit. Hierbei bin ich folgendermaßen vorgegangen: Zunächst habe ich zwei Tropftrichter mit Watte und Filterpapier ausgestattet, um einen halbwegs klaren Wasserdurchlauf zu erhalten. In die Tropftrichter wurde nun jeweils eine Feldboden- bzw. Gartenbodenprobe eingefüllt. Dabei habe ich darauf geachtet, die Proben als Bodenprofil zu erhalten um eventuelle Schichtunterschiede zu beobachten und um den Versuch möglichst naturgetreu durchzuführen. Die Höhe der Profile betrug ca. 10 cm und sie umfassten das Tropftrichter-Volumen von 30 ml. Die Tropftrichter wurden mit Ständern und entsprechenden Klammern über zwei Flaschen befestigt. Zu beachten ist, dass die Durchlaufproben im Dunklen und Kühlen stehen, um Fotosynthese und Faulungen zu vermeiden. Da es sich um das Testen der Wasserkapazität handelt, wurde Wasser hinzugefügt und nach Abfluss durch neues Wasser ersetzt. Das durchgelaufene Volumen wurde gemessen, um die Menge an gespeichertem Wasser zu bestimmen. Das Experiment erstreckte sich über insgesamt elf Tage. Dabei wurde der Stickstoffgehalt des Abflusses nach zwei Tagen bestimmt und nochmals nach neun Tagen. Hierbei wurden die visocolor Tester für Nitrat, Nitrit bzw. Ammonium benutzt. Es wurde die Wasserkapazität von Feldboden im Vergleich zu Gartenboden betrachtet, da diese wichtige Böden repräsentieren, wie sie in der Natur vorhanden sind. Für Bauern, ist es wichtig zu wissen, inwiefern Drainagen notwendig sind und Gartennutzer sind an schönen Böden ohne stehendes Wasser und Verfaulungen interessiert. Die Menge an gespeichertem Wasser wurde als Differenz zwischen der Menge des hinzugefügten Wassers und des Abflusses ermittelt. Da die Proben im Kühlen standen, kann davon ausgegangen werden, dass keine relevante Verdunstung stattfand. Daher gibt die Differenz im Rahmen der Messgenauigkeit direkt die Menge an gespeichertem Wasser. Es wurde eine hohe Wasserkapazität des Feldbodens beobachtet. Diese Ergebnisse sind im Anhang unter zusammengefasst. Das Wasser ist durch den Gartenboden schneller durchgesickert als durch den Feldboden. Der Nitrat-, Nitrit- und Ammoniumgehalt 18 Maßanalyse, Gerhard Schulze (u.a.), 1985, S ; s. Anhang Bestimmung von Stickstoff nach Kjeldahl, Maßanalysis

96 war bei der letzten Messung deutlich niedriger als bei der ersten Messung nach zwei Tagen. Dies zeigt, dass ein Großteil der Stickstoff-Ionen in den Tagen davor ausgewaschen wurde. Im zweiten Versuch sollte systematischer die Wasserspeicherung und die Menge an auswaschbaren Stickstoff-Ionen für verschiedene Bodenarten bestimmt werden. Dabei bin ich ähnlich wie im Vorversuch vorgegangen, habe jedoch entmineralisiertes Wasser verwendet. Zudem wurden diesmal vier Bodenproben (-Feldboden, Gartenboden, Sand und Blumenerde-) benutzt, um zu beurteilen, ob natürliche Böden eine bessere oder schlechtere Wasserspeicherung als künstliche Böden aufweisen. Die Wasserzugabe wurde kontrolliert durchgeführt. Es wurden viermal 15 ml entmineralisiertes Wasser hinzugegeben. Die Blumenerde hat das Wasser aufgenommen, der trockene Sand hat es schwammartig aufgesaugt und der Feldboden ließ es durchlaufen. Der Gartenboden hat das entmineralisierte Wasser nur langsam aufgenommen. Der Stickstoffgehalt war bei der Blumenerde sehr hoch, während sich im Abfluss des Feldbodens diesmal keine löslichen Stickstoffverbindungen nachweisen ließen. Dies liegt vermutlich auch daran, dass das Wasser zu schnell durch den Feldboden durchgelaufen ist, um eine nachweisbare Menge auszuwaschen. Nitritionen wurden nur in der Gartenbodenprobe nachgewiesen Stickstoffgehalt in Regenwasser Da der Stickstoffgehalt im Boden durch den Stickstoffkreislauf abhängig vom Regen ist, habe ich in einem Vorexperiment Ende Januar und Anfang Februar im Bochumer Regenwasser den Gehalt an Stickstoff-Ionen gemessen. 20 Um das in Kapitel beschriebene Experiment unter naturähnlichen Bedingungen durchzuführen, habe ich künstliches Regenwasser mit durchschnittlicher Konzentration von Stickstoff-Ionen hergestellt. Hierfür wurde zunächst eine Stammlösung mit der hundertfachen Konzentration der gemessenen Nitrat-, Nitrit- und Ammoniumwerte angesetzt, um diese abwiegen zu können und genaue Werte zu erzielen. Ich habe hierfür 0,178 g Ammoniumnitrat, 0,085 g Natriumnitrat, 0,075 g Natriumnitrit und 1L entmineralisiertes Wasser verwendet. 21 Um das künstliche Regenwasser zu erhalten, wurden 10 ml Stammlösung mit einer Pipette in einen Kolben gefüllt und auf einen Liter mit entmineralisiertem Wasser aufgefüllt. Da ich eine Regenwasserprobe mit einem auffällig hohen Nitrat-, Nitrit-, und Ammoniumgehalt hatte, stellte sich mir die Frage, wie sich ein solcher Regen auf die Böden auswirkt. Daher führte ich das Experiment nochmals mit künstlichem Regenwasser mit der doppelten Konzentration an Stickstoff-Ionen durch. Auffällig in dem gemessenen Regenwasser aus Bochum war die relativ geringe Konzentration der Stickstoff-Ionen. Der Nitratgehalt war in den Regenwasserproben von 1994 bis 1996 deutlich höher. 22 Zudem war 1994 zehnmal mehr Nitrat vorhanden. Der Ammoniumgehalt ist nicht auffällig. Die hohen Werte können Auswirkungen der Industrieabgase sowie der Autoabgase darstellen. Da seit den letzten Jahren vermehrt Katalysatoren und Filter genutzt werden müssen und die Schwerindustrie abgenommen hat, hat sich die Luftverschmutzung verringert. 19 möglicherweise ein Fehler, da der Nitrittest durch Huminsäuren (z.b. aus Kompost) gestört wird. 20 s. Anhang: Regenwasserproben 21 Böckmann, persönliche Mitteilung, Feb s. Anhang: Material: Regenwasserdaten PRÄMIERTE FACHARBEITEN chemie

97 2.2.3 Einfluss von Sand Das im Folgenden beschriebene Experiment hatte das Ziel, die Wirkung einer Sandbeimischung auf die Wasserspeicherung und den Wasserdurchfluss sowie auf die Menge an auswaschbaren Stickstoff-Ionen unter natürlichen Bedingungen zu beschreiben. Für diesen Versuch habe ich Feldboden mit 20%, 25% und 30% Sand gemischt und die Vergleichsproben Feldboden und Sand in Tropftrichtern angesetzt. Zur Wirkung von Sand hat der Agrarwissenschaftler Prof. Dr. Frank Ellmer Folgendes ausgesagt: Auf Tonböden kommt sehr wenig Sand vor. Dort könnte man z.b. 50% Sand einmischen, um ein gutes Ergebnis zu bekommen. Sandböden haben von Natur aus schon hohe Gehalte. Dort würde das also keinen Sinn ergeben. 23 Da ich den Feldboden als Lehmboden identifiziert habe, der eher sandreicher ist, bin ich von einer Sandbeimischung von 25% ausgegangen. 24 Zusätzlich wurden Proben mit 5% mehr und 5% weniger Sand untersucht. Der Versuchsaufbau ist ähnlich wie bei den Experimenten mit Leitungs- und entmineralisiertem Wasser. Die 5 Proben wurden auf 60 g abgewogen und in die Tropftrichter eingefüllt. Es wurde je fünfmal 10 ml künstliches Regenwasser hinzugegeben. Das gleiche Experiment wurde erneut mit der doppelten Ionenkonzentration im künstlichen Regenwasser durchgeführt. Die Hauptbeobachtungen der Versuche sind Folgende: Probe Volumen H2O Durchlauf Nitratgehalt Ammoniumgehalt 10 ml 20 ml 10 ml 20 ml 10 ml 20 ml Feldboden 27 ml 25 ml 5 mg/l 3 mg/l 0,2 mg/l 0,7 mg/l 20% Sand 30 ml 35 ml 2 mg/l 2 mg/l 0,5 mg/l 0,2 mg/l 25% Sand 40 ml 30 ml 1 mg/l 4 mg/l 0,2 mg/l 0,2 mg/l 30% Sand 36 ml 30 ml 2 mg/l 3 mg/l 0,0 mg/l 0,5 mg/l Sand 36 ml 40 ml 0 mg/l 3 mg/l 0,0 mg/l 1,0 mg/l Stammlösung 2 mg/l 10 mg/l 0,2 mg/l 0,5 mg/l Tab. 2: s. Anhang Nitrit war in den Proben nur minimal vorhanden und kann aufgrund der Messungenauigkeit nicht zuverlässig ausgewertet werden. Der ph-wert ist relativ gleich und liegt ungefähr bei sieben. Es wurden leichte Schwankungen gemessen, welche jedoch innerhalb der Messungenauigkeit liegen. Der Wasserdurchlauf steigt vom Feldboden zu der Probe mit 20% Sand bis zur Probe mit 25% Sand an. Dort ist die optimale Menge an Sand erreicht. Eine weitere Mischung würde den Durchlauf nicht weiter verbessern. Aus dem Feldboden wurde Nitrat ausgewaschen, die Sandbeimischung hat tendenziell die Auswaschung vermindert, der Sand hat die Nitrat-Ionen gespeichert. Bei dem Ammoniumgehalt im Versuch mit 10 ml Stammlösung auf 1 L muss es sich um einen Messfehler handeln, da in dem Sand kein Ammonium gemessen wurde. In den Messergebnissen sind Schwankungen zu beobachten, die durch Messschwierig- 23 Frank Ellmer, persönliche Mitteilung, s. Anhang: Material 24 Persönliche Mitteilung Böckmann

98 keiten erklärt werden können (vgl. Abschnitt und Abb. 2). Tendenziell hat die Sandzugabe eine Speicherung der Ionen bewirkt. Diese wurden nicht mehr so stark wie bei reinem Feldboden ausgewaschen. 3. Pfützen weg Mineralien auch?! 3.1 Diskussion der Ergebnisse Das Vorexperiment hatte zum Ziel, die Wasserkapazität zu testen. Der Feldboden wies eine deutlich höhere Wasserkapazität auf als der Gartenboden. Er kann aufgrund des höheren Anteils an Tonmineralien H2O-Moleküle besser einlagern. Tonteilchen haben mit dem Durchmesser von weniger als 0,002 Millimeter die geringste Korngröße. Die Poren eines Tonbodens sind äußerst fein und halten Wasser sehr gut. Überflüssiges Wasser kann nur schwer ablaufen und der Luftanteil in den Hohlräumen ist sehr gering. 25 In den weiteren Versuchen ist der schlechte Ablauf des Wassers deutlich geworden. Lediglich im zweiten Versuch mit entmineralisiertem Wasser wies der Feldboden einen schnellen Durchfluss auf. Die Bodenprobe bei diesem Versuch hatte große Hohlräume, da der Boden sehr klumpig war. Daher lief das Wasser schnell ab und ich ging zunächst von einer geringen Wasserkapazität aus, welche allerdings durch das Vorexperiment deutlich widerlegt wurde. In Blumenerde wird bei der Herstellung Humus und Stickstoffdünger eingemischt, sodass der Nitratgehalt sehr hoch ist. Der reine trockene Sand aus dem Handel sollte keine Nährstoffe enthalten, wenn er vorher keinen natürlichen Bedingungen wie Regen, Organismen oder Verwitterung ausgesetzt ist. Es wurde trotzdem 1 mg/l Nitrat gemessen. Dies kann zum einen an der Messungenauigkeit liegen, da das durchgelaufene Wasser hell-gelblich trüb war, was den Farbvergleich erschwerte. Zum anderen kann das gemessene Nitrat aus Verunreinigungen stammen. Aus dem Feldboden wurden keine löslichen Stickstoff-Verbindungen ausgewaschen. Dies lag an dem schnellen Wasserdurchlauf der Probe. In dem Vorexperiment wurde allerdings deutlich, dass der Feldboden sowie der Gartenboden einen hohen Nitratgehalt besitzen und Nitrat ausgewaschen wird. Der ph-wert des Bodens hängt mit chemischen Reaktionen, z.b. durch Verwitterung, Kompostierung und sauren ( saurer Regen ) oder alkalischen Verunreinigungen im Regenwasser zusammen. Die gemessenen ph-werte liegen zwischen 5,5 und 7,5 und damit im Toleranzbereich. 22 Der Boden sollte gekalkt werden, sobald der ph-wert unter 5,5 liegt. Dies fördert die Fähigkeit der Erde, Nährstoffe zu speichern. 26 Der Einfluss von Sand auf die Speicherung von Stickstoff-Ionen wurde im 3. Experiment (vgl. Abschnitt 2.3 Einfluss von Sand) mit künstlichem Regenwasser möglichst naturgetreu untersucht. Hierbei erwies sich die Beimischung von 25% Sand zum Feldboden als Idealmischung. Das Wasser ist gut abgeflossen und der Boden hat die Nährstoffe des künstlichen Regenwassers größtenteils aufgenommen. Wie auch bei dem Vorexperiment zu beobachten war, stand das Wasser lange an der Oberfläche des reinen Feldbo- 25 vgl. Bodenverbesserung: Tipps für guten Gartenboden, 26 vgl. ebd. PRÄMIERTE FACHARBEITEN chemie

99 dens, wurde somit allerdings auch gespeichert. Die durchgelaufene Flüssigkeit wies einen hohen Nitrat-, Nitrit- und Ammoniumgehalt auf. Das bedeutet: Der Boden besitzt eine schlechte Speicherung und eine hohe Auswaschung der Nährstoffe. Die Sandprobe hat die vorhandenen Stickstoffverbindungen im künstlichen Regenwasser vollständig aufgenommen. Daher ist zunächst von einer Verbesserung des Stickstoffgehaltes durch die Sandbeimischung auszugehen. Durch die Sandzugabe fließt zudem das Regenwasser besser ab und es entsteht keine Staunässe. 22 Leichter, humusartiger Boden kann die über Mineraldünger zugeführten Nährstoffe allerdings nur in geringen Maßen speichern. 23 Auch für reinen Sand erwartet man nur eine begrenzte Nährstoffspeicherkapazität. Dies war in dem Durchgang mit der doppelten Konzentration an Stickstoff-Ionen im künstlichen Regenwasser für Nitrit und Ammonium auch zu beobachten. Tendenziell hat die Sandzugabe in den Versuchen die Stickstoffauswaschung vermindert und ganz klar den Abfluss verbessert. Somit hat der, in der Einleitung bereits erwähnte Mitarbeiter, Recht: Durch eine Sandbeimischung wird der Boden tatsächlich nährstoffreicher. Er [der Sand] verbessert den Wasserhaushalt nachhaltig, indem er undurchlässige Tonschichten lockert Zusammenfassung und Schlussfolgerung Die Experimente verdeutlichen, dass der Einsatz von Drainagen in der Landwirtschaft von großer Bedeutung ist. Staunässe kann zur Verschlammung und zum Verschimmeln des Bodens führen. Ein verbesserter Wasserabfluss verhindert dies. In den Versuchen wurde deutlich, dass der Feldboden in diesem Fall ein Lehmboden eine hohe Wasserspeicherkapazität hat. Das heißt, der Boden speichert viel Wasser, dies macht ihn zu einem schweren Boden. Pflanzenwurzeln können ihn nur schwer durchdringen. Zudem weist der Lehmboden eine schlechte Speicherung der Nährstoffe auf. Diese werden schnell ausgewaschen und gelangen in tiefere Bodenschichten. Lehm- und Tonböden enthalten allerdings trotzdem meist einen hohen Nährstoffgehalt. 27 Die Verbesserung des Gehaltes an Stickstoff-Ionen durch Sandzugabe konnte mit dem Versuch der Sandbeimischung bewiesen werden. Ich hatte angenommen, dass eine Beimischung von 25% Sand den Feldboden nahezu optimal verbessern würde, da dieser zuvor schon Sand enthält. Tatsächlich zeigte sich in den Versuchen mit 30% Sand keine messbare weitere Verbesserung. Nach Sandbeimischung entstand keine Staunässe mehr und die Probe hatte eine bessere Nährstoffspeicherfähigkeit. Wie der Agrarwissenschaftler Frank Ellmer betont, macht eine Sanduntermischung für Landwirte jedoch keinen Sinn: Die Landwirte müssen den Boden bewirtschaften, den sie natürlicherweise vorfinden bzw. besitzen. Sanduntermischung macht man normalerweise nicht, denn das würde zur Verschlechterung der Bodeneigenschaften führen. 28 Die Frage Pfützen weg Mineralien auch?! lässt sich daher nach meinen Versuchen mit Nein beantworten. Der Sand hat in den Proben eine Pfütze verhindert und zumindest für die untersuchten Stickstoff-Ionen die Speicherfähigkeit verbessert. Die Mineralien wurden besser festgehalten und weniger leicht ausgewaschen. Um beurteilen zu können, ob der Sand insgesamt zu einer Verschlechterung der Bodeneigenschaften führt, müssten der organische Stickstoffgehalt und andere Mineralien, insbesondere 27 s. Anhang: Material 28 Frank Ellmer, persönliche Mitteilung, s. Anhang: Material

100 die auswaschbaren Kationen wie Calcium (Ca 2+ ), Magnesium (Mg 2+ ), Kalium (K + ) und Natrium (Na + ), sowie die Anionen Phosphat (PO4 3- ), Sulfat (SO4 2- ) und Chlor (Cl - ) ebenfalls untersucht werden. Diese Ionen zu sorbieren und bei Bedarf abzugeben, ist eine wichtige Bodeneigenschaft. 29 Abschließend lässt sich sagen, dass die Wirkung von Regenwasser auf den Stickstoffgehalt in verschiedenen Böden unterschiedlich ist. Da der Gesamtstickstoffgehalt der untersuchten Böden nicht bekannt ist, können nur Aussagen zu der Speicherfähigkeit der Mineralien gemacht werden. Die Wasserkapazität könnte man präziser messen, indem man die Bodenprobe mit einer großen Menge an Wasser nass machen, das überschüssige Wasser ablaufen lassen und dann den Boden wiegen würde. Danach müsste man den Boden, z.b. mit Hilfe eines Ofens, trocknen und erneut wiegen. Der Gewichtsunterschied würde dann die vom Boden aufgenommene Wassermenge angeben. Eine Weiterführung der Thematik würde zunächst eine ausführlichere Versuchsreihe unter Einbeziehung des organischen Stickstoffgehaltes sowie die Untersuchung der weiteren Mineralstoffe, Ionenverbindungen und deren Austausch in Böden bedeuten. Fragestellungen hierzu könnten beispielsweise sein, wie man den Wasserabfluss und die Bodenqualität in Bezug auf das Pflanzenwachstum verbessern könnte. Auch die weitere Untersuchung des Einflusses von Regenwasser wäre interessant und würde vermutlich einen Einblick in den Stickstoffgehalt unter verschiedenen Wetterbedingungen geben. 3.3 Begründung des Deckblattes und der Tabellenanordnung Das Deckblatt zeigt die Ionen und Atome, die in Verbindung zu dem Stickstoffkreislauf und dessen Reaktionen stehen. Die Hauptkomponenten sind die Nitrat-, Nitrit- und Ammonium-Ionen, die sich aus der Salpetersäure und der salpetrigen Säure bilden. Ammonium wird aus Ammoniak gebildet. Wasserstoff und Sauerstoff spielen eine große Rolle in der Zusammensetzung der Luft. Die Tabellen sind nach den Oxidationsstufen angeordnet: Nitrat (+5), Nitrit (+3), Ammonium (-3). 30 Abb. 5: Nitrit Ion Abb. 6: Nitrat Ion Abb. 7: Salpetersäure Abb. 8: Ammonium Ion Abb. 9: Salpetrige Säure Abb. 10: Sauerstoff 29 vgl. Mineral : 30 s. Anhang PRÄMIERTE FACHARBEITEN chemie

101 Abb. 11: Ammoniak Abb. 12: Wasserstoff 3.4 Nachwort "Wohl Keime wecken mag der Regen, der in die Scholle niederbricht; doch goldnes Korn und Erntesegen reift nur heran bei Sonnenlicht." - Theodor Fontane Zum Schluss möchte ich Herrn Böckmann für die Überlassung des Themas und die Betreuung bei der Durchführung der Arbeit danken. Zudem danke ich den Programmierern des Jmol-Programmes, mit dem ich die Ionen sowie Moleküle für das Titelblatt erstellen konnte. Jmol: an open-source Java viewer for chemical structures in 3D. 31 Desweiteren danke ich Desmond Kabus für die Erstellung des Versuchsaufbaus mit dem Vektorgrafikeditor Inkscape und für die Hilfe beim Satz der Facharbeit. Verweise 1. Baum, Harold & Bonners, John (u.a.): Die Chemie. Elemente, Moleküle, Reaktionen, Bertelsman International, Beyer, Irmtraud & Bickel, Horst & Prof. Dr. Gropengießer, Harald (u.a.): Natura. Biologie für Gymnasien, 1. Auflage, Klett, Stuttgart, Böckmann, persönliche Mitteilungen Februar Hrsg. Brodersen, Ingke & Duve, Freimunt: Chemie für wen?, Rowohlt, Hamburg, Hrsg. Glöckner, Wolfgang: Das Abitur-Wissen Chemie, 8. Auflage, Fischer, Frankfurt am Main, Hrsg. Goetze, Fritz & Glöckner, Wolfgang: Anorganische und Allgemeine Chemie, 1. Auflage, C.C. Buchners, Bamberg, Holleman, A. F. & Wiberg, Egon: Lehrbuch der Anorganischen Chemie, 100. Auflage, degruyert, Irslinger, Roland: Bodenökologie,Ubib Hochschule Rottenburg < Zugang Jmol: <

102 9. Kubin, Kirsten: Einfluss unterschiedlicher Verfahrenskonzepte, Auf Substratabbau und Nährstoffverwertung in Membranbelebungsanlagen zur kommunalen Abwasserreinigung, 2004: < Zugang o.v.: Chemische Bodeneigenschaften, Wikipedia: < Zugang o.v.: Nährstoff (Pflanze), Wikipedia: < Zugang o.v.: Qualität der einzelnen Bodenarten : < de- DE467DE472&biw=1786&bih=862&tbm=isch&tbnid=wc45830dzZdJtM:&imgrefurl= rsoil.uni-muenster.de/0/03/06.htm&docid=7x0nhsqo8l8djm&imgurl=> Zugang o.v.: Informationen zum Boden, TBS1: < Zugang o.v.: Grundlagen der Trinkwasserqualität : < Zugang o.v.: III. Versuche zum Bereich Düngerlehre : < Zugang o.v.: Bodenverbesserung: Tipps für guten Gartenboden, Mein schöner Garten: < Zugang o.v.: Möglichkeiten zur Speziesanalyse von Stickstoff in Wässern und wässrigen Extrakten, < o.v.: Erdatmosphäre, Wikipedia: < Zugang o.v.: Stickstoff, Wikipedia, 12. Februar 2013: < Zugang o.v.: Jmol: < Zugang Lunges Reagenz, Wikipedia: < Zugang o.v.: Ruhr Universität Bochum: < Zugang o.v.: Weather Underground: Weather History : < Zugang Raczowsky, Bernd: Top im Abi Erdkunde, 2. Auflage, Schroedel, Braunschweig, Reiner, Hubertus: Stickstoffuntersuchung im Boden, Institut Dr. Nuss: < =036:83&C=4>Zugang PRÄMIERTE FACHARBEITEN chemie

103 26. Sanders, Tina: Charakterisierung Ammoniak oxidierender Mikroorganismen in Böden kalter und gemäßigter Klimate und ihre Bedeutung für den globalen Stickstoffkreislauf, Uni Hamburg, 2011: < Zugang Schlegel, Hans G. & Schmidt, Karin: Allgemeine Mikrobiologie 6. Auflage, Thieme, Stuttgart, Schmidt, Max: Anorganische Chemie. Band 1, BI, Mannheim Schmidt, Fabian: Saure und überdüngte Böden gut für die Luft : < Zugang Schulze, Gerhard & Simon, Jürgen: Maßanalyse, 14. Auflage, degruyert, Tobe, Martin L.: Reaktionsmechanismen der anorganischen Chemie, 1. Auflage, Verlag Chemie, Weinheim,

104 Sophia Platen 3. Platz Geographie Matthias-Claudius-Schule Bochum Svenja Menge 2. Platz Geographie Pestalozzi-Gymnasium Herne Lars Möller 1. Platz Geographie Heinrich-Böll-Gesamtschule Bochum PRÄMIERTE FACHARBEITEN geographie

105 Geographie 1. Platz: Lars Möller Heinrich-Böll-Gesamtschule Bochum Betreuende Lehrperson: Gutachter: Herr Vaupel Jun.-Prof. Dr. Thomas Müller Die Implementierung der Energiewende auf nationaler und kommunaler Ebene am Beispiel Deutschlands und der Stadt Bochum 1. Einleitung Im Rahmen dieser Facharbeit werde ich mich mit der Energiewende und mit ihren Planungsbestandteilen für mittelgroße Städte beschäftigen. In einer kurzen Einleitung wird der Begriff Energiewende und seine Bedeutung auf nationaler Ebene erläutert. Daraufhin werden potenzielle Auswirkungen der Energiewende in Deutschland diskutiert. Anschließend soll die Frage beantwortet werden, wie das politische Konzept der Energiewende auf kommunaler Ebene implementiert wird. Hierzu wird exemplarisch die Stadt Bochum betrachtet, die mit ihrem Energie- und Klimaschutzkonzept für Bochum bis 2020 diesen Implementierungsprozess bereits begonnen hat. Diese Arbeit verfolgt nicht den Anspruch, die detaillierten rechtlichen Ausgestaltungen der Energiewende in nationalen Gesetzmäßigkeiten darzustellen. Ich habe mich für diese Vorgehensweise entschieden, um die komplexen Fragen nach Bedeutung und den Auswirkungen der Energiewende für die Bürgerinnen und Bürger meiner Heimatstadt zu untersuchen. 2. Die Energiewende auf nationaler Ebene Es geht [ ] um den Aufbau eines komplett neuen Energiesystems. 1 Spätestens nach den geschichtlich einschneidenden Nuklearkatastrophen von Tschernobyl (1986) und Fukushima (2011) hat sich in Deutschland die Relevanz von Klima- und Umweltschutzpolitik und konkret die Bedeutung der Diskussion über einen Ausstieg aus der Atomenergie und einen Einstieg in erneuerbare Energien verschärft. Die Thematik der Energiewende mit ihren Klimafolgen hat sich stark im gesellschaftlichen Diskurs verfestigt und genießt ein hohes Maß an medialer Aufmerksamkeit. In vielen Zeitungen ist über die Energiewende 1 BMWi 2012, S

106 zu lesen, doch was bedeutet Energiewende und in welchem wirtschaftlichen Zusammenhang und vor welchen Herausforderungen steht sie? Die Energiewende beschreibt ein politisches Konzept, weg von der emissionsreichen bzw. atomaren traditionellen Energieproduktion hin zur nachhaltigen Energieerzeugung, z.b. durch Erneuerbare Energien. 2,3 Deutschland steht in dem äußerst langwierigen wirtschaftlichen Entwicklungsprozess der Energiewende noch ganz am Anfang. Die politische Implementierung dieses Prozesses wird mit allen Planungsbestandteilen im Energiekonzept der Bundesregierung aus dem Jahr 2010 erläutert. 4 Ziel ist es, den Wechsel in ein neues Energiesystem politisch zu gestalten, damit der Umschwung von fossilen bzw. Kernbrennstoffen auf erneuerbare Energien kostengünstig, sozial verträglich und industriepolitisch rentabel gestaltet wird. Deutschland muss sich nun auf einen Weg vorbereiten, der durch die intensive Begutachtung und Beseitigung etlicher Hindernisse geprägt sein wird. Um Lösungen zu erarbeiten und die Energiewende bis 2050 erfolgreich zu realisieren, bedarf es zielgenauer politischer Maßnahmen, die anhand dieses Konzeptes für ganz Deutschland ausgerichtet werden müssen. Das Energiekonzept umfasst neun Handlungsfelder, die es durch gezielte politische Interventionen zu aktivieren gilt. Das erste Handlungsfeld sieht vor, den Hauptanteil der deutschen Energieversorgung durch erneuerbare Energien bereitzustellen 5,6 und den damit verbundenen Primärenergieverbrauch 7 bzw. die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. 8 In diesem Ausbauziel liegen die größten Herausforderungen. Ein Bestandteil für den Ausbau der erneuerbaren Energien bildet der Ausbau der Windenergiegewinnung (offshore und onshore, d.h. Windenergie auf hoher See und Windenergie auf dem Festland). 9 Zweitens müssen die Potentiale zur Energie- und Stromeinsparung ausgeschöpft werden. 10 Hierbei setzt die Bundesregierung auf die Verbrauchersteuerung. Den Bürgern und Verbrauchern müssen Anreize wie z.b. Energiefonds [subventionierter Einbau von energetischen Anlagen zur Beheizung oder Belüftung von Gebäuden mit erneuerbaren Energien (ebfr.de)] zur Energieeinsparung oder zur Gewinnung überschüssiger Energie erteilt werden, um die Umwelt zu entlasten. 11 Der dritte Punkt betrifft die Kernenergie und die fossilen Kraftwerke. Im Rahmen einer 12. Atomgesetznovelle werden die Sicherheitsanforderungen und das technische Niveau der neun aktiven deutschen Kernkraftwerke 12 auf höchster Ebene fortentwickelt. 13 Im Zuge dessen müssen verlässliche und sicherere Orte für die Endlagerung der radioaktiven Abfälle aus der Kernenergienutzung sichergestellt werden. 14 Des Weiteren wird die subventionierte Förderung heimischer Steinkohle beendet. 15 Der vierte Punkt wird im Energiekonzept als Leistungsfähige 2 s. Anlage 1 3 Vahlenkamp und Gohl, S.1 4 BMWi 2012, S.4f 5 ebd., S.6 6 s. Anlagen 2, 3 7 s. Anlagen 4, 5 8 s. Anlagen 6, 6.1, 6.2; ebd. 9 BMWi, BMU 2010, S.7 10 Energieeffizienz; ebd., S ebd., S.11ff. 12 BUND; s. Anlage 7 13 BMWi, BMU 2010, S ebd., s. Anlage BMWi, BMU, S.17 PRÄMIERTE FACHARBEITEN geographie

107 Netzinfrastruktur für Strom und Integration erneuerbarer Energien 16 bezeichnet und definiert unter anderem den synchronisierten Ausbau der Netzinfrastruktur mit dem Ausbau erneuerbarer Energien, z.b. für die im Norden Deutschlands befindlichen Windparks, um den benötigten Strom im Süden leiten zu können. 17 Unter diesen Punkt fällt z.b. die intelligente Nutzung des Stroms. Mit Hilfe von Smart Grids 18 wird das Zusammenspiel zwischen Stromerzeuger, Speicher, Verbraucher und das Netzmanagement kontrolliert und in das intelligente Stromnetz integriert, damit Angebot und Nachfrage stets zu jeder Zeit ausgeglichen sind. 19 Als fünfter Punkt und als wichtigste Maßnahme zur Verbrauchreduzierung fossiler Energieträger werden energetische Gebäudesanierung und energieeffizientes Bauen aufgelistet. Sie definiert z.b. das Ziel, einen klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen. 20,21 Das sechste Handlungsfeld bezieht sich auf die energieintensive Mobilität. Die Hauptaufgabe ist es, bis 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf die deutschen Straßen zu bringen, um die Abhängigkeit vom Erdöl zu mindern. 22 Darüber hinaus soll der Wandel zu erneuerbaren Energien und der Ausbau der internationalen Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen weiter ausgebaut werden. Dies wird in Form des siebten Punktes verdeutlicht: die Energieforschung für Innovationen und neue Technologien. 23 Zum Beispiel fördert die Bundesregierung bereits die Innovationsallianz Photovoltaik. 24,25 Als vorletztes Handlungsfeld nennt das Konzept die Energieversorgung im europäischen und internationalen Kontext. 26 Um weltweit eine sichere und CO2-arme Energieversorgung erreichen zu können, müssen europäische und internationale Kooperationen energiepolitisch gefördert werden. 27 Das letzte Handlungsfeld des Energiekonzeptes betrifft die Akzeptanz und Transparenz. Um den Fokus der Bürgerinnen und Bürger auf die Wichtigkeit der Energieversorgung und dessen Einsparpotentiale zu lenken, muss die Bundesregierung die Energiepolitik öffentlich nachvollziehbar begründen. 28 Bislang wurde noch keine Synchronisierung mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien und deren Netzinfrastruktur erreicht, da der Ausbau des Netzes noch nicht sehr weit voran geschritten ist. 29 Ob dieses Kriterium und alle weiteren Handlungsfelder weiterhin umsetzbar sind wird sich zeigen, denn auch jetzt wurde schon schärfere Kritik an der Konzeption des Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) geäußert: Das EEG ist ungerecht, ineffizient und viel zu teuer. 30 Brockes kritisiert die ungerechte Behandlung einkommensschwacher Haushalte, denen erhöhte Energiepreise zu Lasten fallen werden. 31 Brockes fordert, dass in Zusammenarbeit mit den Nachbarn in der Europäischen Union dazu übergegan- 16 BMWi, BMU 2010, S ebd. 18 s. Anlage 8 19 ebd., S.19, ebd., S s. Anlage 9 22 ebd., S ebd., S ebd. 25 s. Anlage ebd., S ebd. 28 ebd. 29 Prof. Dr. Claudia Kemfert Brockes ebd

108 gen wird, die kostengünstigsten Technologien zu nutzen. 32 Auch die Ökonomin Kemfert ist der Ansicht, eine bessere Kooperation zwischen Bund und den Ländern der EU anzugehen. Jedoch sieht sie es nicht für notwendig, das EEG zu korrigieren oder gar abzuschaffen, da Investoren aussteigen könnten und somit die Energiewende zum Erliegen bringen würden. 33 Allerdings findet die Energiewende selbst auf der Verbraucherebene - in privaten Haushalten und Unternehmen - statt. Um die Frage zu beantworten, wie das politische Konzept der Energiewende auf kommunaler Ebene implementiert wird, wird hierzu exemplarisch die Stadt Bochum herangezogen. Bislang arbeitet die Stadt Bochum an verschiedenen Projekten um die Energiewende und einen nachhaltigeren Umgang mit Energie herbeizuführen. Wie weit die Stadt Bochum in diesen wichtigen politischen und ökologischen Herausforderung voran geschritten ist, wie sich die einzelnen Projekte zur Gewinnung erneuerbarer Energien umsetzen lassen und welche Barrieren noch überwunden werden müssen, (wie zum Beispiel die Finanzierung der Energiewende) wird in der folgenden Analyse erörtert. 3. Hauptteil 3.1 Die Energiewende auf kommunaler Ebene Der nächste Schritt ist ( ) die Umsetzung dieses ambitionierten Energie- und Klimaschutzkonzepts. Hier bauen wir auch auf die Tatenkraft der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Bochum!. 34 So lautet die Botschaft der Stadt Bochum um die Weiterentwicklung zu einer klimafreundlichen Stadt voranzutreiben. Hohe Priorität hat die Motivation für die Aufrechterhaltung und Optimierung der Bemühungen hinsichtlich besonderer kommunaler Leistungen im Bereich Energieeffizienz und des Klimaschutzes, die zum European Energy Award führten, der, der Stadt Bochum bereits im Jahr 2009 mit Gold rezertifiziert wurde. 35 Ziel ist es eine möglichst große Reduktion des Energieverbrauchs und der Treibhausgasemissionen zu erreichen. 36 Zur Umsetzung dieses Ziels, wird das Energie- und Klimaschutzkonzept der Stadt Bochum aus dem Jahr 2009 als Leitfaden herangezogen. Dieses Konzept definiert die Maßnahmen, die ergriffen werden müssen, damit der Wandel zu einer klimafreundlicheren Stadt gelingen kann (s. Kapitel 3.3). 3.2 Energie und Emissionen: Status Quo Auch in Zukunft werden wir an der ständigen Optimierung unseres Strombezugs hinsichtlich ökonomischer und ökologischer Faktoren arbeiten. 37 So äußerte sich der Geschäftsführer der Stadtwerke Bochum im Hinblick auf die weitere Vorgehensweise mit dem Ziel, regenerative Energien für die Stadt Bochum zu beziehen. Bislang beträgt der Anteil der erneuerbaren Energien am Strom-Mix in Bochum 32,8 %. Im 32 ebd. 33 Kemfert Stadt Bochum, S.5 35 eea 2013; s. Anlage Stadt Bochum 2009, S.5 37 Bernd Wilmert PRÄMIERTE FACHARBEITEN geographie

109 Bundesdurchschnitt beträgt dieser Anteil lediglich ca. 20 %. 38 Der Strombedarf der Stadt Bochum (s. Anlagen 13, 13.1) entspricht etwa 2,3 Terawattstunden (TW) pro Jahr. 39 Ziel ist es diesen um 16 % zu senken, das entspricht einem geplanten Strombedarf von 1,9 Terawattstunden pro Jahr. 40 Auch die aktuelle CO2-Bilanz soll bis 2050 um -50 % reduziert werden Energie- und Klimaschutzkonzept der Stadt Bochum Die CO2 Minderung von mind. 50 %, die Minderung des Strombedarfs um 16 % und die Steigerung der Energieeffizienz bis 2030 scheinen keine unerreichbaren Ziele darzustellen, da noch viele nicht ausgeschöpfte Einsparpotentiale in der Stadt Bochum vorhanden sind. 42 Um die zukünftigen Ziele verwirklichen zu können, setzt die Stadt Bochum zunächst auf die Tatenkraft der Bürgerinnen und Bürger. 43 Ihnen soll ein individuell angepasstes und umweltfreundliches Modell vorgestellt werden, das über die Stadtwerke Bochum als kommunaler Energieversorger vermittelt wird. 44 Bei diesem Modell handelt es sich um ein Beratungskonzept, bei dem ausgebildete Energieberater der Stadtwerke Bochum die Verbraucher in ihren Wohnräumen aufsuchen und gemeinsam mit ihnen ein individuelles Energieeffizienzkonzept erarbeiten. Um die persönliche Energieberatung zu ergänzen, hat die Stadtwerke Bochum zudem eine Internetplattform eingerichtet, die den umweltbewussten Umgang mit Energie erklären soll (s. Anhang 16). Eine weitere zukünftige Aktivität umfasst die Sanierung des Bochumer Gebäudebestandes. 45 In Bochum gibt es ca sanierungsbedürftige Wohneinheiten, mit denen erhebliche Einsparpotentiale erschlossen werden könnten. 46 Für die Sanierung der Wohneinheiten findet das CO2- Gebäudesanierungsprogramm der Bundesregierung (s. Anlage 17) Anwendung. Die Energiebilanz der z.t. öffentlichen Gebäude würde zum Beispiel durch ein besseres Heizungssystem langfristige Einsparpotenziale eröffnen. Insbesondere diese Leistung wird finanziell durch die Förderprogramme der Stadtwerke Bochum ergänzt, wodurch eine drastische Reduzierung der CO2-Bilanz hervorgerufen wird (s. Anlagen 17.1, 17.2). Der Schwerpunkt zukünftiger Aktivität liegt in dem Ausbaupotential erneuerbarer Energien für die und in der Stadt Bochum. 47 Dabei ist die Stadtwerke Bochum als regionaler Energieversorger der wichtigste Akteur zur Erzeugung und Bereitstellung regenerative Energien. 48 Der Anteil der Erneuerbaren Energien in Bochum kommt durch die Energielieferung von verschiedenen Partnerunternehmen der Stadtwerke Bochum aus Deutschland und anderen Ländern Europas zustande. 49 Bochum bezieht u.a. erneuerbare Energie von vier Onshore-Windenergieanlagen an der Nordseeküste in Bremerhaven, die mit einer Leistung von 20 Megawatt (MW) Haushalte mit nachhaltigem Strom 38 s. Anlage Stadt Bochum, S ebd., S ebd., S.7; s. Anhang Stadt Bochum, S ebd., S.5 44 ebd., S ebd. 46 ebd. 47 Stadt Bochum, S ebd., S ,

110 versorgen und somit jährlich Tonnen CO2 einsparen. 50 Des Weiteren werden mit einer Leistung von 1,7 MW 500 Bochumer Haushalte mittels eines eigenen Solarkraftwerks in Gnodstadt in Süddeutschland mit Strom versorgt. 51 Mit diesem Solarkraftwerk kann jährlich der Ausstoß von Tonnen CO2 vermieden werden und Bochum wird seinem Anspruch, nachhaltig wirtschaften zu wollen, gerecht. 52 Auch lokal wird an verschiedenen Projekten zur Gewinnung regenerativer Energie gearbeitet. Zum einen wird im Stadtteil Kornharpen ein Deponiegaskraftwerk betrieben, welches mit einer Leistung von 5 MW für Bochumer Haushalte umweltfreundlichen Strom und Wärme erzeugt. 53 Zum anderen erhalten Haushalte nachhaltig produzierten Strom durch das Wasserkraftwerk am Kemnader See, wodurch jährlich mehr als Tonnen CO2 vermieden werden können. 54,55 Zudem besitzt die Stadtwerke Bochum einen Anteil von 50 % an dem Wasserkraftwerk in Bochum-Stiepel, mit dem Haushalte mit Strom versorgt werden, was zu einem CO2-Mengen- Ersparnis von Tonnen jährlich führt. 56 Durch das Wasserkraftwerk der AG VERBUND-Austrian Hydro Power aus der überregionalen Region in Österreich bezieht die Stadtwerke Bochum ebenfalls Strom, wodurch bereits ca Haushalte versorgt werden. 57 Um in Zukunft den Anteil der erneuerbaren Energien noch stärker auszuweiten, gilt als Fundament der Offshore-Windpark Borkum 58 der eine Kooperation von Partnern aus Deutschland, Österreich, den Niederlanden und der Schweiz voraussetzt. Hier sollen laut der Stadtwerke Bochum Ende Windkraftanlagen mit einer Gesamtleistung von 200 MW entstehen. 59 Nach der Fertigstellung kann der Strombedarf von Haushalten in Bochum aus erneuerbaren Energien gedeckt werden (ebenda). Damit die CO2-Bilanz fossiler Kraftwerke zukünftig in Bochum so gering wie möglich gehalten werden kann, wird auf eine Modernisierung der Fernwärme gesetzt Evaluation und Fazit Abschließen möchte ich persönlich zu den vorhergehenden Ausführungen Stellung nehmen. Eine Energiewende kann nur gelingen, wenn die Herausforderungen Rohstoffwende, Energiesparen, Energieeffizienz steigern, Sicherheit, die Verbrauchersteuerung und am Ende die finanziellen Rahmenbedingungen im Einklang miteinander gewährleistet werden können. Im Allgemeinen kritisiere ich daher die teils unbedachten Äußerungen von Lobbyisten, die EEG-Umlage zu verändern oder gar abzuschaffen, da sie durch einseitige Öffentlichkeitsarbeit versuchen, die Meinung der Öffentlichkeit zu beeinflussen. Ich kann mich dabei den Experten, die die Energiewende auf ihrer finanziellen Ebene als adäquat bezeichnen, 50 ebd. 51 s. Anlage 18; ebd. 52 ebd. 53 s. Anlage 19; ebd. 54 s. Anhang html2013, ). 57 ebd. 58 s. Anlage Stadtwerke Bochum 2013; ebd. 60 s. Anhang 21 PRÄMIERTE FACHARBEITEN geographie

111 anschließen. Ohne eine Erhöhung der Strompreise wird eine Energiewende, die eine Kapazität von mehreren Milliarden Euro umfasst, kaum bezahlbar und realisierbar sein. Ich möchte meine Facharbeit nach den vorhergehenden Ausführungen mit einem nicht als oberflächlich aufzufassenden Fazit abschließen: Nach vielen Diskussionen und Prognosen kann man sagen, dass die einzige Möglichkeit, die Energiewende in Deutschland zu realisieren darin besteht, dass Verbraucher mit ihrer Stromsteuer und nachhaltigem Handeln das Fundament eines solchen für die Zukunft wichtigen Prozesses bilden. In Deutschland muss sich deshalb die Einstellung gegenüber nachhaltigeren Verhaltensweisen ändern, denn nur so kann eine Energiewende erfolgreich verwirklicht werden. Bereits im Kleinen kann jede und jeder etwas für die Energiewende tun, z.b. indem man den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ab und an dem eigenen Auto vorzieht. Verweise 1. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) (Hrsg.) : Schlaglichter der Wirtschaftspolitik Sonderheft Die Energiewende in Deutschland - Berlin 2. Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi), Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU (Hrsg.): Das Energiekonzept der Bundesregierung 2010 und die Energiewende 2011 Berlin 3. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) (Hrsg.): CO2- Gebäudesanierung: Heute die Energie für morgen sichern. Berlin : o.j. 4. Stadt Bochum, Die Oberbürgermeisterin, Umwelt- und Grünflächenamt (Hrsg.) : Energie- und Klimaschutzkonzept für die Stadt Bochum bis 2020 Bochum : 04/ Statisches Bundesamt (Hrsg.) : Nachhaltige Entwicklung in Deutschland Indikatorenbericht 2012 Wiesbaden : Statisches Bundesamt o.j 6. o.v.: o.v.: o.v.: o.v.: o.v.: o.v.: nodeident=2842, o.v.: o.v.: o.v.: akw_in_deutschland/, o.v.: o.v.: o.v.:

112 18. o.v.: o.v.: luegen-vor-id html, o.v.: o.v.: o.v.: presseinfo_ html, o.v.: o.v.: o.v.: stadtwerke_bochum.html, o.v.: o.v.: brennwerttechnik;jsessionid=fd5980de46db8334c2a10f7b28b4f16a, o.v.: HTMLAusgabe&RessourceID=102272&SessionMandant=ContentDB, o.v.: o.v.: o.v.: o.v.: o.v.: o.v.: o.v.: o.v.: o.v.: o.v.: 1.html, o.v.: o.v.: o.v.: tabid/1246/language/en-gb/default.aspx, o.v.: o.v.: Vahlenkamp, Dr. Thomas und Gohl, Matthias: Energiewende-Index Deutschland 2020 o.o. : 2012 Heft 9 PRÄMIERTE FACHARBEITEN geographie

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114 PRÄMIERTE FACHARBEITEN geographie

115 Geographie 2. Platz: Svenja Menge Pestalozzi-Gymnasium Herne Betreuende Lehrperson: Gutachter: Herr Bröckerhoff Jun.-Prof. Dr. Thomas Müller Klebt Blut an meinem Handy? - Auswirkungen des wirtschaftlichen Wirkens von Industriestaaten auf Entwicklungsländer am Beispiel des Coltan-Abbaus in der Demokratischen Republik Kongo - 1. Einleitung 1.1 Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Schuljahr 2012/2013 am Pestalozzi-Gymnasium Herne im Rahmen einer Erdkunde-Facharbeit (LK) verfasst. Die Facharbeit gibt im Kapitel 1.2 Hintergrundinformationen zum Rohstoff Coltan, im Kapitel 1.3 gehe ich dann auf die Motivation zu dieser Facharbeit ein, um dann im Kapitel 2 die Konfliktursachen zu thematisieren. Vor diesem Hintergrund werden im Kapitel 3 die Auswirkungen des Coltan-Abbaus erörtert. Dabei gehe ich bei den sozialen Konsequenzen auf den Dokumentarfilm Blood in the mobile des dänisches Regisseurs Frank Pisecki Poulsen aus dem Jahr 2011 ein. Der Grund, warum ich mich bei den sozialen Auswirkungen des Coltan-Abbaus auf den Film beziehe, ist der, dass Poulsen in seiner Dokumentation hauptsächlich auf die negativen sozialen Folgen für die kongolesische Bevölkerung aufmerksam macht, die die Rohstoffgewinnung mit sich bringt. Im anschließenden Kapitel 4 werden dann mögliche Handlungsoptionen skizziert. Die Facharbeit schließt im Kapitel 5 mit einem Fazit. Im Rahmen der Literaturrecherche besuchte ich die Universitätsbibliothek der Ruhr-Universität Bochum. Ich wurde dabei vor Ort leider nicht fündig und musste meine Informationsquellen durch Fernausleihe beschaffen. Daneben recherchierte ich auch im Internet und stieß auf einige Zeitschriften in Form von pdf-dateien. Zudem wurde ich auch auf Prof. Dr. Jürgen Runge der Goethe-Universität Frankfurt a. M. und sein Institut für Physische Geographie aufmerksam und kontaktierte ihn per . Leider stellte sich dies als nicht hilfreich heraus. Er wies mich lediglich auf eine seiner Arbeiten von 2001 hin, die im Internet jedoch nicht frei zugängig war. Daraufhin nahm ich per Kontakt zu der Tropenwald

116 Stiftung Oroverde auf. Ich erhielt Antwort von einer Praktikantin, die mir mitteilte, dass Oroverde zurzeit keine eigenen Projekte im Kongo habe und dass die auf ihrer Seite veröffentlichten Artikel bezüglich des Coltan-Abbaus lediglich Publikationen Anderer, u. a. von Germanwatch 1, seien. Im Quellenverzeichnis taucht mehrmals Literatur von Friedel Hütz-Adams auf und auch andere Quellen berufen sich auf seine Artikel. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des SÜDWIND-Instituts für Ökonomie und Ökumene und setzt sich mit den Themen Kakao, nachhaltige Beschaffung, Natursteine, Rohstoffe, Schmuck und Wirtschaftswachstum auseinander. Die Vision des SÜDWIND-Instituts ist die wirtschaftliche, soziale und ökologische Gerechtigkeit weltweit. Daher waren mir die Publikationen des Instituts besonders hilfreich bei meiner Informationsbeschaffung. Auf den Rohstoff Coltan und die damit einhergehenden Probleme bin ich zum ersten Mal Anfang 2011 im Rahmen einer Oberstufen-Unterrichtsreihe in der Einführungsphase aufmerksam geworden. Auf die Motivation, speziell den Coltan-Abbau in der Demokratische Republik Kongo (im Folgenden häufig auch nur DRK genannt) näher zu beleuchten, werde ich in Kapitel 1.2 genauer eingehen. Die vorliegende Arbeit betrachtet einige Aspekte der Thematik und möchte Anregungen geben, sodass sich der Leser je nach Interessenlage weiter eigenständig und intensiv mit der Thematik befasst. 1.2 Coltan Zunächst drängen sich folgende Fragen auf: Was ist Coltan überhaupt und was hat mein Handy mit dem Abbau von Coltan zu tun? Das Erz Coltan wurde erstmals 1802 entdeckt. Es handelt sich dabei um eine Mischung aus den Metallen Tantalit und Columbit. 2 In der Industrie wird hauptsächlich das Metall Tantalit benötigt, das aufwendig vom Columbit getrennt werden muss. Tantalit gehört zu den Schwermetallen und bringt einige entscheidende Vorteile mit sich: Es ist doppelt so schwer wie Stahl (Dichte von 16,654 g/cm³), zeigt eine große Widerstandsfähigkeit gegen Säuren, hat einen sehr hohen Schmelzpunkt (2.996 C) und Supraleitfähigkeit 3 bei tiefen Temperaturen. 4 Verwendet wird Tantalit in der Medizintechnik, der Solarbranche, in der Raum- und Luftfahrt, in der Rüstungsindustrie und in Kernkraftwerken. 5 Der größte Anteil der jährlich geförderten Mengen wird jedoch bei der Herstellung von Kondensatoren für Elektrogeräte der Computer- und Kommunikationstechnologie benötigt. 6 Also für Digitalkameras, Spielekonsolen, Laptops, Tablet-PCs, aber vor allem für die Herstellung von Handys und Smartphones. Als globales Coltan-Boomjahr gilt das Jahr Ausgelöst [ ] durch den überhitzten Kapitalmarkt für Internet- und Mobilfunkunternehmen, der in diesem Jahr seinen Höhepunkt erreichte, stieg der weltweite Coltan-Verbrauch innerhalb eines Jahres um 38 %. 7 Die stark gestiegene Nachfrage zog in der DR 1 [ Germanwatch ist eine unabhängige Entwicklungs- und Umweltorganisation, die sich für eine zukunftsfähige globale Entwicklung einsetzt. 2 vgl. Kantel et al. 2008, S [ Supraleiter: Einige Materialien zeigen keinen elektrischen Widerstand mehr, wenn man sie unterhalb einer bestimmten Temperatur abkühlt. 4 vgl. Kantel et al. 2008, S vgl. Exile Kulturkoordination e.v. 6 vgl. ebd. 7 Kantel et al. 2008, S.202 PRÄMIERTE FACHARBEITEN geographie

117 Kongo auch einen Wechsel der Kontrolle nach sich. Hatten zuvor etablierte lokale Unternehmen den Coltan-Handel kontrolliert und lediglich Steuern an die Rebellenorganisation RCD (Rassemblement Congolais pour la Démocratie) gezahlt, übernahmen zunehmend die RCD-Rebellen selbst die Kontrolle. Es ging soweit, dass die Rebellen eine eigene Exportfirma, die Société Minière des Grands Lacs (zu Deutsch Minengesellschaft der Großen Seen, kurz Somigl), gründeten und so alle Einkäufer und Zwischenhändler ihre Ausfuhrlizenzen verloren und ihr Coltan an die Somigl verkaufen mussten. Dadurch gewannen die Rebellen immer größeren Einfluss. 8 Um den Preisanstieg zu bremsen, schwemmte Ende des Jahres 2005 die amerikanische Defense Logistics Agency (DLA) den Weltmarkt mit ihren großen Tantalit-Lagerbeständen und beendete so den Boom. 9 Dies führte zu einem drastischen Preisverfall, unter dessen Druck die RCD-Rebellen gezwungen waren, das Exportmonopol Somigl aufzulösen. War der Weltmarktpreis von US-Dollar pro Pfund (Januar 2000) bis auf 380 US-Dollar im Dezember 2000 gestiegen, so lag er Ende 2005 wieder bei 40 US-Dollar pro Pfund Motivation für die Themenwahl Vor dem Hintergrund der Ausführungen in Kapitel 1.2 wird der entscheidende Grund, warum ich dieses Thema für meine Facharbeit gewählt habe, deutlich. Täglich sehe ich Menschen, egal ob jung oder alt, für die es undenkbar wäre, ohne Mobilfunktelefon zu leben. Sie möchten es am liebsten gar nicht mehr aus der Hand legen. Ich sehe es zudem an mir selbst: Ich brauche mein Handy! Denn wie sollte man sonst mit Freunden und Bekannten, die nicht gerade in der Nähe sind, kommunizieren? Seien wir doch ehrlich: Wie aufgeschmissen wären wir ohne Handy? Welchen Stellenwert das mobile Telefonieren in unserem Leben hat, zeigen auch Zahlen des Branchenverbandes Bitkom. 11,12 Danach gab es Ende 2006 mit 105 Mobilfunkverträgen und Prepaid-Karten je 100 Einwohner erstmals einen Sättigungsgrad von über 100 %. Analysen belegen, dass die durchschnittliche Nutzungsdauer von Mobiltelefonen zwischen 18 und 24 Monaten liegt. Danach werden sie durch neue Geräte ersetzt. Dieses Bild ist kein rein deutsches Phänomen, sondern zeigt sich auch in anderen europäischen Staaten. Dies führt europaweit jährlich zu einer Entsorgung von rund 100 Millionen Geräten mit einem Gesamtgewicht von rund Tonnen oder anders ausgedrückt einer Füllmenge von 400 Lastwagen. Diese immense Verbreitung von Mobilfunkgeräten, die damit ausgedrückte scheinbare Unverzichtbarkeit für uns Menschen und der auf führenden Handyherstellern lastende Druck, ausgelöst durch die immer größer werdende Konkurrenz, permanent neue Modelle auf den Markt bringen zu müssen, um nicht unterzugehen, führt zur steigenden Nachfrage von Coltan. So gesehen betrifft uns alle der Abbau des Rohstoffes Coltan und wir sind Teil des Problems. 8 vgl. Liebing 2009, S vgl. Kantel et al. 2008, S vgl. ebd., S.202 ff. 11 [ BITKOM ist das Sprachrohr der IT-, Telekommunikations- und Neue-Medien-Branche. BITKOM vertritt mehr als Unternehmen, davon über Direktmitglieder. 12 vgl. Hütz-Adams & Hunold 2008, S

118 Schließlich gibt es auch große Vorkommen in Brasilien, Kanada und vor allem in Australien (s. Abb. 1: Global Mined Tantalum Production, ). Anders als im Kongo erfolgt der Abbau der Coltan- Vorkommen in Brasilien, Kanada und in Australien auf industriellem Wege und bringt deshalb keine weitreichenden Probleme mit sich. In der Republik Kongo ist man weit entfernt von strukturellem Abbau und gerechter Gewinnverteilung. 13 Daher werden im Folgenden die Auswirkungen, die die zunehmende Beschaffung und Verwendung von Coltan haben, skizziert. 2. Konfliktursachen und resultierende Vorteile für westliche Unternehmen Wie im vorangegangen Kapitel schon erwähnt, ist das Coltan-Vorkommen im Kongo nicht das einzige auf der Welt. Doch gerade in diesem Staat gerät der Abbau oft in das Blickfeld der Kritiker. Dies hängt stark mit den im Kongo herrschenden politischen Verhältnissen zusammen, denn der Bürgerkrieg hatte das wirtschaftliche und politische System so sehr geschwächt, dass kein staatlich reguliertes Abbausystem vorhanden war. 14 Diese Schwächung führte zu fehlender Transparenz in den Strukturen, sodass es zu einer Regionalisierung des Konfliktes kam. 15 So erhofften sich die Nachbarstaaten Uganda und Ruanda ebenfalls Beteiligung am Coltan-Handel, ohne jedoch eigene Vorkommen zu besitzen (s. hierzu Abb. 2: Bodenschätze in Afrika). Dabei nahmen sie die Rolle des Zwischenhändlers ein (s. hierzu Abb. 4: der Weg der mineralischen Rohstoffe), betitelten ihre Ausfuhren als ruandisches Coltan. Im Gegenzug importierten sie allerdings Waffen, Munition, Treibstoff, elektronische Geräte und Konsumgüter in den umkämpften Ostteil des Kongo, wobei Offiziere und Mannschaften ihren Zugriff auf Transportwege und militärisches Fluggerät auch für private Geschäfte nutzten. 16 Ein weiterer Kritikpunkt ist die bestehende korrupte Regierung als Folge des Kalten Krieges und postkolonialer Einflüsse. Einflussreiche Männer versuchen, sich durch die Minen selbst zu bereichern, halten die Bezahlung der Arbeiter trotz steigender Preise auf dem Weltmarkt niedrig und handeln fragwürdige Verträge aus. 17 Diese starke Exportorientierung und Rohstoffabhängigkeit machen sich Industriestaaten zunutze, denn die Händler in der DRK haben kaum eine andere Wahl, als auf die schlecht ausgehandelten Exportverträge einzugehen. Als einen weiteren Vorteil sehen westliche Unternehmen die Steuerbeträge, die für (ausländische) Firmen viel zu gering sind vgl.: 14 vgl. ebd. 15 vgl. Banse 2005, S.9 16 Kantel et al. 2008, S vgl. Banse 2005, S.9 18 vgl.: PRÄMIERTE FACHARBEITEN geographie

119 3. Welche Folgen bringt die Coltan-Gewinnung mit sich? Die Gewinnung von Coltan zieht in den Abbaugebieten die unterschiedlichsten Konsequenzen nach sich. Folgend werden die ökologischen, sozialen und ökonomischen Auswirkungen dargelegt. 3.1 Ökologische Konsequenzen Der Abbau von Coltan bringt eine Vielzahl von negativen Auswirkungen auf die Ökologie der Kivu-Region im Ost-Kongo mit sich. Um das Erz vom Grubengestein zu trennen, benötigt man Wasser. Dazu werden kleinere und mittlere Bäche in die Region umgeleitet. Dies fördert die Erosionsgefahr und fruchtbarer Boden wird weggeschwemmt. Zudem hat die Umleitung der Bäche Verschmutzung des Wassers und Störungen in der Gewässerökologie zur Folge. 19 So kommt Exile Kulturkoordination e.v. zu dem Schluss, dass [e]ine weitere Konsequenz [ ] die irreparable Schädigung von Waldgebieten und die damit einhergehende Vernichtung der Lebensräume für Gorillas [sei]. 20 Diese Schädigung erfolgt aufgrund der Erschließung neuer Fundstätten, Errichtung neuer Bergarbeitercamps und der Abholzung der Bäume für Feuerholz. 21 Dadurch nimmt die Wasserspeicherkraft des Bodens ab, Trinkwasservorräte sinken und auch die gesamte lokale Tier- und Pflanzenwelt leidet darunter. Die schlimmsten Schätzungen für den Khaunzi-Biega-Nationalpark in der Provinz Süd-Kivu im Osten der DRK gehen davon aus, dass innerhalb von drei Jahren die Population von Tieren auf bis gesunken ist. 22 Dies ist ein Rückgang um %. Dazu trägt nicht nur der Lebensraumverlust bei, sondern auch Wilderei für Schädel und Felle als Trophäen und für Fleisch, das sogenannte Bush-meat, das zur Versorgung der Minenarbeiter dient. Hinzu kommt, dass durch Straßenbau für eine bessere Erreichbarkeit der Minen und Sprengungen, die die Coltan-Lagerstätten freilegen, die Böden und das Grundwasser durch chemische Stoffe verseucht werden und so nicht mehr genutzt werden können Soziale Konsequenzen Der Kongokrieg hat insgesamt von mehr als fünf Millionen Menschen das Leben gekostet Frauen wurden vergewaltigt, unzählige Kinder mussten in ungesicherten Minen unter den schlimmsten Umständen arbeiten. In Bisier, der größten Mine im Kongo, leben und arbeiten Menschen. 24 Der dänische Regisseur Frank Piasecki Poulsen ging im Jahr 2011 den Zuständen in der kongolesischen Mine auf den Grund. Seine Reise wird im Film Blutige Handys dokumentiert. In Walikale hört er von einem Jungen, der vor dem Massaker in der Mine in Bisier geflohen ist. Er heißt Chance, ist 16 Jahre alt und hat drei Jahre lang in der Mine gearbeitet. Er erklärt sich bereit, Poulsen in die Mine zu begleiten. Diese liegt tief im Regenwald. Zu Fuß dauert der Weg zwei ganze Tage. Chance erzählt, dass er mit der Hoffnung auf viel Geld zu der Mine kam. 19 vgl.: 20 ebd. 21 vgl.: 22 ebd. 23 vgl. ebd. 24 vgl. den Film Blood in the mobile

120 So geht es vielen Kongolesen. Denn anders als in den Industriestaaten, in denen der Coltan-Abbau stattfindet, ist der Abbau in der DRK nicht sehr strukturiert. Durch den vorhandenen kleingliedrigen Abbau erhofft sich auch die Bevölkerung, finanziell vom Coltan-Rausch zu profitieren. 25 Daher ziehen viele Männer und Kinder in die Nähe der Minen. Viele der männlichen Arbeiter sind ursprünglich Bauern. Daher liegt die Feldbestellung entweder in den Händen der Frauen oder die Felder liegen komplett brach, was die Nahrungsmittelknappheit und somit den Anstieg der Lebensmittelpreise vorantreibt (s. Kap. 3.3). 26 Die zweite große Arbeitergruppe neben den Männern sind Kinder. Sie verlassen die Schule um für einen Hungerlohn zu arbeiten in der Hoffnung, durch einen großen Fund reich zu werden. Teilweise sind sie erst acht bis neun Jahre alt. 27 Im Jahr 2005 fand ein Interview mit dem Schuldirektor der Mishvu-Grundschule in der Nähe der Luwowo-Mine statt. 28 Er berichtete, dass während des Coltan-Booms im Jahr 2000 die Schule geschlossen werden musste, da lediglich drei Schüler der höheren Jahrgänge die Grundschule abschließen wollten. Erst als die Coltan-Preise fielen, konnte die Schule wieder eröffnet werden. Das Einkommen der Familien hat sich trotz der Arbeit der Kinder in den Minen nicht verändert. Von 291 Schülern haben zur Zeit des Interviews nur 30 Kinder ihre Schulgebühren von ungefähr 4,50 US-Dollar pro Halbjahr bezahlt. Diejenigen, die von der Schule abgelehnt wurden (Gründe für die Ablehnung werden nicht genannt), gingen zurück in die Minen. Traurig waren sie darüber nicht, ganz im Gegenteil: Wenn eine Mine neben der Schule ist, ist dies ein Fluch für die Jugend. Die Kinder sind mehr am Bargeld interessiert, das sie in den Minen verdienen können, als an der Schule. Wenn ein undiszipliniertes Kind nach Hause geschickt wird, kommt es wenige Minuten später vor der Schule vorbei und geht mit einer Schaufel in die Mine. So wandelt sich die Strafe zu einer Möglichkeit, Geld zu verdienen. 29 Viele der Schulabbrecher verdienten so zwar viel Geld und heirateten, sind inzwischen aber wieder geschieden und leben von ihren Familien getrennt. Durch die fehlende Bildung waren sie nicht vorbereitet, wirtschaftlich zu handeln und gerieten so z.b. häufig in Schuldenfallen und konnten nicht mehr für ihre Familien sorgen. Häufig führte es zum Auseinanderbrechen familiärer Beziehungen. Inzwischen bereuen viele der Schulabbrecher ihre Entscheidung. 30 Doch nicht nur Schüler verlassen die Schule, auch viele Lehrer geben ihre niedrig bezahlten Jobs zugunsten von relativ höher bezahlter Tätigkeit beim Coltan- Abbau auf. 31 Zudem sind die Arbeitsbedingungen in den Minen menschenunwürdig. Die Stollen sind kaum gesichert, sodass es durch Einstürzen der Stollen und Überschwemmungen der Löcher oft zu Unfällen kommt. Gegraben wird mit schlechten Geräten oder den bloßen Händen. 32 Zudem leiden die Arbeiter unter ernsthaften Krankheiten, da sie keine Schutzkleidung erhalten. Der Mineralstaub belastet die Lungen und 25 vgl.: 26 vgl.: 27 vgl. ebd. 28 vgl. Hütz-Adams & Hunold 2008, S ebd., S vgl. ebd., S vgl.: PRÄMIERTE FACHARBEITEN geographie

121 es stehen nicht genügend Lebensmittel und Medikamente zur Verfügung. 33 Des Weiteren bilden sich in der Nähe von Coltankontoren Vergnügungsviertel. Die Männer verlassen ihre Familien und nehmen das Geld vom Coltan-Abbau mit sich. Folglich steigt die Anzahl der an Alkohol- und Drogenabhängigen, Prostituierten, Kriminalität, HIV-Infizierten und Vergewaltigungen von jungen Mädchen Ökonomische Konsequenzen Die ökonomischen sind nicht so zahlreich wie die sozialen Konsequenzen, dennoch nicht weniger schwerwiegend. Da sich die Bauern entschließen, ihre Felder zugunsten der Coltan-Gewinnung zu verlassen und diese dann entweder ihren Frauen überlassen oder -schlimmstenfalls- komplett brachliegen lassen, steigen die Nahrungsmittelpreise aufgrund des geringeren Angebotes und der durch das Bevölkerungswachstum steigenden Nachfrage (s. Abb. 5: Demographische Entwicklung von 1961 bis 2003). Diese Preise können jedoch von den meisten Kongolesen nicht mehr bezahlt werden (s. auch Abb. 6: Wirtschaftsdaten der DRK von , Abb. 7: Wirtschaftsdaten der DRK von 2005). Trotz seines Rohstoffreichtums gehört die DR Kongo zu einem der ärmsten Länder der Welt (s. auch Abb. 6: Wirtschaftsdaten der DRK von , Abb. 7: Wirtschaftsdaten der DRK von 2005). Dies liegt u. a. an zu niedrigen Steuern für (ausländische) Firmen und schlecht ausgehandelten Exportverträgen. Es kommt zu einer der regelrechten Ausbeutung des Landes. 35 Doch nicht nur ausländische Firmen sind Schuld an dieser Lage. Auch korrupte Staatsmänner sorgen dafür, dass Einnahmen in ihre eigenen Taschen fließen und nicht in die Staatskasse. Dies wiederum verhindert den Ausbau einer funktionierenden Infrastruktur und Investitionen im sekundären oder sogar tertiären Sektor. Somit kommt das Land nicht von seiner einseitigen Rohstoffabhängigkeit und starken Exportorientierung los und ist weiterhin den Schwankungen des Weltmarktes und der Willkür der Industrieländer ausgeliefert. 4. Welche alternativen Handlungsmöglichkeiten gibt es? Bei der Darstellung der Auswirkungen des Coltan-Abbaus dürfte deutlich geworden sein, dass die Konsequenzen für den größten Teil der Bevölkerung der DRK überwiegend negativ sind. Dagegen muss dringend etwas getan werden, insbesondere auch von Seiten der Wirtschaftsunternehmen. Neue Regelungen und Richtlinien müssen geschaffen werden. In diesem Kontext taucht häufig der Name John Ruggie auf. Er ist der vom Generalsekretär 36 der Vereinten Nationen 37 eingesetzte Sonderbeauftragte für Wirtschaft und Menschenrechte und plädiert für die Sorgfaltspflicht ( due diligence ) der Unternehmen. Seiner 33 vgl.: 34 vgl.: 35 vgl.: 36 [ Die Rolle des UN-Generalsekretärs lässt sich als eine Mischung aus Diplomat, Anwalt und Beamter beschreiben. Er ist verantwortlich für die Verwaltung der UN und repräsentiert sie nach außen. 37 [ Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen (UN) haben sich zur Einhaltung der in der Charta festgehaltenen Ziele und Prinzipien verpflichtet. Vor dem Hintergrund zweier Weltkriege sollen sie eine Zusammenarbeit der "Völker der Vereinten Nationen" sichern

122 Ansicht nach müssen Unternehmen sowohl die nationalen Gesetze als auch die Menschenrechte beachten und einhalten. 38 Ruggies Argumentation findet zunehmend auch bei vielen anderen internationalen Akteuren Anklang. So schlägt auch die OECD 39 ein Kontrollsystem der Lieferkette vor, damit Unternehmen durch die Beschaffung von Rohstoffen die Konflikte nicht verschärfen. Dieses mehrstufige System beinhaltet auch die Überprüfung durch unabhängige Stellen. 40 Zusammenfassend bedeutet dies, dass Hersteller von Produkten, die Coltan enthalten, und die Käufer dieser Produkte, den Willen zeigen müssen, nicht weiter Milizen im Osten Kongos durch den Coltan- Kauf unterstützen zu wollen. Sie müssen Transparenz in der Lieferkette und einen Nachweis, eine Zertifizierung, fordern. Unter einer Zertifizierung versteht man in der Regel die Umsetzung von mindestens vier Elementen: 1. die Aufstellung von relevanten Standards, die erfüllt werden müssen, um die Zertifizierung zu erhalten, 2. einen erprobten und rechtsgültigen Prozess, um zu überprüfen, ob bei Produkten, Dienstleistungen oder Personen die Standards eingehalten werden, 3. ein Siegel auf dem Produkt, das bestätigt, dass die Standards eingehalten wurden und die Überprüfung stattgefunden hat, 4. fortlaufende transparente Überprüfungen durch eine unabhängige Stelle, die sicherstellt, dass das Siegel tatsächlich die Erfüllung der Standards garantiert. 41 Daraufhin wurden viele deutsche Firmen und auch die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) aktiv. Letztere entwickelte daraufhin nach Vorbildern in der Forstwirtschaft ( Forest Stewardship ) oder im Lebensmittel-Bereich ( Fair Trade ) einen chemisch-mineralogischen Fingerprint, einen eindeutigen Herkunftsnachweis für Coltan. Dieser gilt als das weltweit erste Verfahren dieser Art. 42 Besonders die Elektronikindustrie hat großes Interesse an einem solchen Zertifizierungsverfahren, da sie nicht länger mit dem Begriff Blut-Coltan in Verbindung gebracht werden will. 43 Der entscheidende Punkt ist also der Wille der Firmen, das für ihren Bedarf benötigte Coltan aus zertifizierten Minen zu beziehen. Das mag leicht klingen, jedoch bedeutet zertifiziert auch gleichzeitig teuer. Einigen Unternehmen scheint dies nichts auszumachen und so äußern sie vollmundig: 38 vgl. Hütz-Adams 2012, S.5 39 Hütz-Adams 2012, S.5; OECD = Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ein Zusammenschluss von derzeit 34 Industrie- und Schwellenländern 40 vgl. Hütz-Adams 2012, S.5 41 Hütz-Adams 2012, S D58817D6F28A9B6F57D222A9D1BFAE.1_cid324?nn= ebd. PRÄMIERTE FACHARBEITEN geographie

123 "Sie unterliegen strengen Überprüfungen, sagte der Nokia-Sprecher gegenüber stern.de. Der Handy-Hersteller habe eigene, auf internationalen Standards basierende Richtlinien aufgestellt, denen "sämtliche Lieferanten zu entsprechen haben und die regelmäßig überprüft werden". 44 Doch die Antwort, die Piasecki in seiner Dokumentation von der Firma Nokia im Jahr 2011 erhielt, war eine ganze andere. Sie gaben, mehr oder weniger direkt zu, nicht wirklich genau zu wissen, woher sie ihre Rohstoffe eigentlich bezögen. Auch die Firma Samsung gibt auf ihrer Homepage bekannt, sich strenge Richtlinien gesetzt zu haben. 45 Es wird deutlich: Niemand kann sich momentan hundertprozentig sicher sein, woher das Coltan stammt. Jedoch ist der geochemische Fingerprint der BGR ein guter Anfang. Christine Kizimana, Leiterin einer lokalen Nichtregierungsorganisation, sieht folgende Ansätze für eine bessere Zukunft der DRK: Der Staat sollte helfen, um die Aufgabe der Landwirtschaft zu verhindern, damit die Bevölkerung überleben und Ernährungssicherheit haben kann. Es sollte auch ein Aufklärungsprogramm geben, um Drogen und die Ausbreitung des HIV-Aidsvirus zu bekämpfen. Auch sollten Bergleute ermutigt werden, ihre Profite in andere Aspekte des Lebens der Bevölkerung zu investieren. 46 Neben den UN- und den OECD-Richtlinien gibt es seit Juli 2010 den sogenannten Dodd-Frank Wall Street Reform and Consumer Protection Act (kurz: Dodd-Frank Act). Dieses amerikanische Finanzmarktgesetz schreibt vor, dass alle börsennotierten Firmen keine Milizen im Osten des Kongos durch ihren Rohstoffeinkauf finanzieren dürfen und dass Zahlungen an Regierungen, die als Gegenleistung für den Zugang zu Rohstoffen geleistet werden, 47 offengelegt werden müssen. Das Schaffen von transparenten Lieferketten, die für die Einhaltung benötigt werden, ist jedoch teuer, sodass Firmen beschließen, erst gar kein Coltan aus Konfliktregionen einzukaufen. 48 Wenn man jedoch den (häufig extrem überteuerten) Verkaufspreis des elektronischen Marken-Endproduktes bedenkt, so dürfte der Verbraucher/Käufer des Gerätes doch verlangen, dass ein Teil des Geldes in eine transparente Lieferkette investiert wurde und er daher kein Gerät besitzt, dass Rohstoffe aus Konfliktregionen enthält. Als Verbraucher sollte man daher auf Folgendes achten: Man sollte Geräte nicht nach einem Jahr ersetzen, wenn sie noch voll funktionstüchtig sind. Sollte man sich von seinem Elektrogerät trennen, so sollte man es sachgemäß entsorgen, damit es recycelt werden kann. Zudem kann regelmäßiges und kritisches Nachfragen bei den Herstellern, diese möglicherweise zum Umdenken bewegen. 49 So forderten beispielsweise belgische und niederländische Friedens- und Entwicklungsgruppen mit dem Slogan Kein Blut auf meinem Mobiltelefon, den Coltanimport aus dem Kongo zu beenden. Umweltgruppen schlossen sich ihnen an, jedoch mit dem Hauptaugenmerk auf die Zerstörung von Ökosystemen und die Bedrohung der kongolesischen Gorillas. 50 Dieses Beispiel zeigt, dass es viel bei Regierungen und html. 45 vgl. environmentsocialreport_policyoncoltan.html. 46 Hütz-Adams & Hunold 2008, S Hütz-Adams 2012, S.5 48 vgl. Melcher 2011 [Interview 49 vgl.: 50 vgl. Kantel et al. 2008, S

124 großen Firmen bewirken kann, wenn man gemeinsam für etwas kämpft, auch wenn die zwei genannten Gruppen eigentlich aus verschiedenen Gründen das Ende des Rohstoffimportes von Coltan aus Entwicklungsländern in Industriestaaten forderten. Wie sinnvoll jedoch ein kompletter Boykott des Rohstoffes ist, wird im abschließenden Kapitel 5 bewerten. 5. Welche Schlüsse sind zu ziehen? Die Geschichte des kongolesischen Coltanbooms in den Jahren [bietet] eine anschauliche Lektion über die Schattenseiten der Globalisierung. 51 Die Vernetzung mit Industriestaaten hat dem Kongo nicht den erhofften wirtschaftlichen Aufschwung gebracht. Im Gegenteil: Sie hat ihm geschadet. Die ohnehin schon starke Stellung des Primären Sektors aufgrund der ausgeprägten Landwirtschaft wurde durch das Coltan-Schürfen nur weiter gefördert. Erfreulich wäre ein Rückgang des primären Sektors zugunsten des sekundären oder sogar tertiären Sektors, doch diese Hoffnung ist in weite Ferne gerückt. Zudem hat der Bürgerkrieg, finanziert durch die Einnahmen des Coltanabbaus, das schlechte Image des Landes verstärkt. Aus diesem Grund ist auch in Zukunft nicht mit hohen Einnahmen durch Tourismus zu rechnen, da die meisten Touristen um ihre Sicherheit fürchten. Auch die starke Exportabhängigkeit ist langfristig gesehen nicht vorteilhaft, da das Land extrem den Schwankungen auf dem Weltmarkt ausgesetzt ist. So bewirkte der Coltan-Boom im Jahr 2000 zwar höhere Einnahmen, doch waren diese bei Einbrüchen des Weltmarktes nicht ausreichend und bewirkten somit keinen Ausgleich. Doch es geht aufwärts: Dank der Aufklärungsarbeit von internationalen Experten, Journalisten und Menschenrechtsaktivisten sind die Verbindungen zwischen kongolesischen Rebellen, internationalen Waffenschiebern und internationalen Konzernen, und damit auch die Mitverantwortung europäischer Konsumenten für einen Krieg im fernen Zentralafrika, aufgedeckt worden. Der Protest [ ] und das öffentliche Anprangern von Verantwortlichkeiten durch die Vereinten Nationen hat eine wichtige Rolle dabei gespielt, westliche Unternehmen zum Rückzug von diesem Markt zu zwingen. 52 Es ist fraglich ob es wirklich sinnvoll ist, sich vollständig von diesem Markt zurückzuziehen, da den Kongolesen damit eine ihrer wichtigsten Einnahmequellen genommen wird. Es ist unmöglich, die Monostruktur eines Landes in kürzester Zeit umzustellen und schlagartig auf den sekundären und tertiären Sektor zu setzen. Genauso so unvorteilhaft wäre es, ausschließlich die Stärkung der Landwirtschaft zu fördern. Was das Land wirklich benötigt, ist Unterstützung von Industriestaaten, die sie fair und gerecht behandeln und nicht versuchen, das Land zum eigenen Nutzen zu übervorteilen und auszubeuten, wie es momentan durch [d]as Nachrücken asiatischer Firmen, die sich weniger um Menschenrechte und Umweltfragen scheren, geschieht. 53 Denn Rohstoffvorkommen sind an sich nichts Schlechtes, sondern können unter Schaffung passender Rahmenbedingungen zur Verbesserung und Stabilisierung ökologischer, sozialer (Frieden, stabile Fami- 51 vgl. Kantel et al. 2008, S ebd. 53 vgl. ebd. PRÄMIERTE FACHARBEITEN geographie

125 liensituationen) und ökonomischer (Arbeitsplätze, Einkommen) Bedingungen beitragen. 54 Verbesserungen wären beispielsweise: Gute und sichere Arbeitsbedingungen Zahlung von angemessenen Steuern Einhaltung ökologischer Kriterien Ob der DRK letztendlich ein Wandel gelingt, der einen wirtschaftlichen Aufschwung zur Folge hat, hängt von guter Zusammenarbeit zwischen der kongolesischen Regierung, benachbarten Entwicklungsländern und Industriestaaten ab. Fest steht: Es ist noch ein langer Weg bis zum Aufstieg zum Schwellenland, bei dem das Land jede nur mögliche Hilfe benötigt. Doch die Hilfe sollte nicht nur von oben kommen (Staat und Regierung) Jeder sollte versuchen, zu helfen. In welcher Form und auf welchem Weg das geschieht, kann jeder selbst entscheiden. Wie viel die eigene Hilfe letztendlich bewirkt, ist meist unklar. Doch was schadet es, einen kleinen Teil zur Verbesserung der Lebensumstände von Menschen in einem Land, dem es nicht so gut geht wie Deutschland, beizutragen? Verweise 1. Banse, Frauke et al Der Stoff aus dem Kriege sind-rohstoffe und Konflikte in Afrika. 2. bgr.bund.de. [Online] [Zitat vom: 5. Januar 2013.] abgeschlossen/lf_herkunftrsnachweis_coltan_newsletter html;jsessionid=81d58817d6f28a9b6f57d222a9d1bfae.1_cid324?nn= Dürr, Benjamin stern.de. [Online] 16. März [Zitat vom: 5. Januar 2013.] html. 4. Exile Kulturkoordination, e.v. Gesichter Afrikas. [Online] [Zitat vom: 5. Januar 2013.] 5. Hütz-Adams, Friedel Aktion saubere Handys. [Hrsg.] missio - Internationales Katholisches Missionswerk e.v. Aktion Schutzengel Hütz-Adams, Friedel Kongo: Handys, Gold und Diamanten - Kriegsfinanzierung im Zeitalter der Globalisierung. [Hrsg.] SÜDWIND e.v. Strukturelle Gewalt in den Nord-Süd- Beziehungen. SÜDWIND, September 2003, Bd Hütz-Adams, Friedel und Hunold, Gisbert Der Rohstoff Coltan: Was hat mein Handy mit dem Krieg im Kongo zu tun? [Hrsg.] Umwelt- und Verbraucherschutzamt Köln. Müllwelten vgl. Hütz-Adams 2012, S

126 8. Indongo-Imbanda, I Kongo-Kinshasa. Was hat mein Handy mit dem Krieg im Kongo zu tun? Wie der wilde Coltan-Abbau das Leiden von Millionen verlängert. [Online] 10. November [Zitat vom: 5. Januar 2013.] 9. Kantel, Verena und Paes, Wolf-Christian Coltan - Der Fluch des schwarzen Goldes. [Buchverf.] Manfred Schulz. Entwicklungsträger in der DR Kongo: Entwicklungen in Politik, Wirtschaft, Religion, Zivilgesellschaft und Kultur. Berlin : Lit Verlag, 2008, S Liebing, Maja Nachhaltige Nutzung mineralischer Rohstoffe am Beispiel der DR Kongo. [Hrsg.] Institut für Politikwissenschaft Universität Hamburg. 2009, Bd Melcher, Frank Der blutige Fingerabdruck von Coltan Oroverde. Oroverde - Die Tropenwaldstiftung. [Online] [Zitat vom: 5. Januar 2013.] Samsung. Policy on Coltan. [Online] [Zitat vom: 15. März 2013.] mentsocialreport_policyoncoltan.html. PRÄMIERTE FACHARBEITEN geographie

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129 Geographie 3. Platz: Sophia Platen Matthias-Claudius-Schule Bochum Betreuende Lehrperson: Gutachter: Frau Ulrich Jun.-Prof. Dr. Thomas Müller Ist es sinnvoll, die Bochumer Straße in Gelsenkirchen-Ückendorf als Einzelhandelsstandort noch weiter zu fördern? - Eine Untersuchung zur städtebaulichen Zukunft eines Einzelhandelsstandorts auf der Basis eigener Erhebungen Abb.1: Bochumer Straße eigene Aufnahme vom Abb.2: Am Dördelmannshof eigene Aufnahme vom Einleitung 1.1. Begründung des Themas und Hypothese Die vorangegangenen Themen des Erdkundeunterrichts weckten mein Interesse für städtebauliche Prozesse. So fiel mir während regelmäßiger Fahrten mit der Straßenbahn der hohe Leerstand der Einzelhandelsgeschäfte der Bochumer Straße auf: Ein Indiz für einen stadtgeographischen Prozess, für den es sicherlich Ursachen gibt. Die Facharbeit bietet eine gute Gelegenheit diesen Ursachen nachzugehen. In den ersten Gesprächen mit der Stadt Gelsenkirchen wurde schnell klar, dass man bei der Untersuchung

130 der Bochumer Straße, die als ehemalige Prachtstraße eine Art Eingangstor nach Gelsenkirchen bildet, 1 das nahgelegene Gewerbegebiet Am Dördelmannshof (1,3 km Luftlinie) nicht außer Acht lassen darf, da dieses (...) hauptverantwortlich für die Verödung der Bochumer Straße ist. 2 Aus diesem Grund wird bei der Untersuchung der Struktur der Bochumer Straße der Dördelmannshof als Konkurrenzstandort mit einbezogen. Die Untersuchung des Dördelmannshofes beschränkt sich hierbei nur auf die Aspekte, die einen direkten Einfluss auf den Einzelhandelsstandort Bochumer Straße haben. Am Anfang meiner Untersuchung ging ich davon aus, dass die Bochumer Straße als Einzelhandelsstandort, wie sie im Konzept der Stadt Gelsenkirchen festgeschrieben ist, 3, nicht mehr zu retten sei. Inwieweit sich diese Vermutung bestätigen sollte ist Schwerpunkt der Facharbeit. 1.2 Ausgangslage und Problemstellung Die Bochumer Straße als Nahversorgungszentrum/ Einzelhandelsstandort gilt aufgrund der umliegenden schwierigen Verkehrssituation, den vielen leerstehenden Wohnungen und Ladenlokalen, dem hohen Bedarf an Erneuerung der gründerzeitlichen Bausubstanz und der schwierigen sozialen Situation als Brennpunkt Gelsenkirchens. 4 Projekte des Stadtteilbüros und die Gestaltung des Wissenschaftsparks brachten zwar kurzfristige Verbesserungen für den Einzelhandelsstandort mit sich, konnten aber die fortlaufende Verödung nicht aufhalten. Eine weitere grundlegende Schwierigkeit liegt in der Handlungsunfähigkeit der Eigentümer, bedingt durch deren vermutlich schlechte finanzielle Situation und/oder fehlender Motivation. Zudem können die Eigentümer nicht zu Sanierungen verpflichtet werden. 5 Aus diesem Grund versucht die Stadt Gelsenkirchen einige Immobilien aufzukaufen, um diese von Grund auf zu sanieren oder abzureißen. Doch da es viele private Eigentümer gibt, gestaltet sich diese Aufgabe äußerst schwierig und zeitaufwendig. Im Einzelhandelskonzept der Stadt Gelsenkirchen ist die Bochumer Straße als Einzelhandelsstandort und der Dördelmannshof als Bestandsagglomeration festgeschrieben. 6 Letzteres bedeutet, dass über den Bestand hinausgehend keine weitere Einzelhandelsentwicklung mit nahversorgungs- und zentrenrelevantem Einzelhandel zugelassen werden sollte. 7 Doch diese Planfeststellung steht auf der Kippe, da die Politik das Gewerbegebiet 'Am Dördelmannshof ' gerne für den weiteren Einzelhandel öffnen möchte, obwohl dies die Verödung der Bochumer Straße erheblich beschleunigen würde. 8 Von Projekten des Stadtteilbüros und der Etablierung des geplanten Justizzentrums im nördlichen Teil der Bochumer Straße erhofft man sich in Zukunft nachhaltige Entwicklungsimpulse. Diese würden jedoch im Keim erstickt werden und zu einer weiteren Verödung der Bochumer Straße führen, wenn der Dördelmannshof für den weiteren Einzelhandel geöffnet werden würde. 9 1 vgl. Stadt Gelsenkirchen 2008, S.9 2 Gespräch mit Frau Klee von der Stadt Gelsenkirchen am vgl. CIMA Beratung + Management GmbH 2008, S.50f. 4 vgl. Stadt Gelsenkirchen 2008, S.4 5 vgl. Stahl vgl. CIMA Beratung + Management GmbH 2008, S.50f. 7 Karutz 2010, S.16 8 Gespräch mit Frau Klee von der Stadt Gelsenkirchen am vgl. Karutz 2010, S.16 PRÄMIERTE FACHARBEITEN geographie

131 1.3 Methodische Vorgehensweise Bei meiner Untersuchung der Struktur der Bochumer Straße und des Dördelmannshofes hat die Befragung der Kunden des Einzelhandelsstandortes am Dördelmannshof (Parkplatz vor dem Verbrauchermarkt 'REWE') und der Kunden des Einzelhandelsstandortes an der Bochumer Straße (Parkplatz vor dem Verbrauchermarkt 'Grand Market') eine große Rolle gespielt. Drei Samstage im Dezember 2012 habe ich die Kunden beider Standorte mit einem vorher erstellten Fragebogen zu ihren Einkaufsgewohnheiten befragt um herauszufinden, wo, wann und warum die Kunden an dem jeweiligen Standort bevorzugt einkaufen gehen. Der Fragebogen beinhaltet offene und geschlossene Fragen, darunter sind zwei Faktfragen zum Alter und zum Wohnort sowie zwei Handlungs- und Verhaltensfragen zu der Anzahl der Einkäufe und zu Transportmitteln. 10 Auch werden zwei Einstellungs- und Meinungsfragen zum bevorzugten Einkaufsgebiet, die Gründe für diese Wahl und eine planungsbezogene Frage zu Verbesserungen berücksichtigt. 11,12 Die Ergebnisse zur interessanten Frage nach dem Wohnort der Kunden habe ich mit dem Programm Grafstat (Abb.3 bis Abb.7) und später, wegen der unterschiedlicher Darstellungs- und Vergleichsmöglichkeiten, mit MS Excel (Abb.8 bis Abb.13) in Diagrammen dargestellt. Zur Unterstützung meiner Ergebnisse aus der Befragung, habe ich auch die Kundenfrequenz in den o.g. Verbrauchermärkten in einem Zeitraum von 15 min. ermittelt. Als begründet erwies es sich darüber hinaus, die Kfz- Kennzeichen zu notieren, wie die Aussagen zum Einzugsbereich der Käufer später zeigten. Die Ergebnisse lassen eine erste Einschätzung der Situation zu, bedürfen zur Steigerung ihrer Aussagekraft jedoch einer umfangreicheren repräsentativen Erhebung, die im Rahmen der Facharbeit nicht zu realisieren war. Eine Kartierung der Einzelhandelsstruktur der Bochumer Straße und des Dördelmannshofes bot sich an, um besonders die hohe Leerstandsquote der Verkaufsfläche der Bochumer Straße im Vergleich zum Dördelmannshof darzustellen. Durch Gespräche mit den Inhabern der Einzelhandelsgeschäfte an der Bochumer Straße habe ich zudem einen guten Einblick in die persönliche Situation der Geschäftsinhaber und Anwohner der Bochumer Straße gewonnen. Während der Anwendung der verschiedenen bereits aufgeführten Methoden stand ich zudem in Kontakt mit Frau Klee, einer Mitarbeiterin der Stadt Gelsenkirchen. Aus dem Referat Stadtplanung, die mich bei meiner Arbeit mit ihrem Fachwissen unterstützt hat. Die Anwendung der aufgeführten Methoden war von ständigen Anpassungen an die speziellen Erfordernisse begleitet, wodurch ich immer vertrauter mit den Methoden wurde. 10 vgl. Kruke et al. 2005, S vgl. ebd., S.90f. 12 vgl. Abb.14 (im Anhang)

132 2. Untersuchungsumfang und Durchführung 2.1 Hintergründe Die Bochumer Straße liegt im Süden Gelsenkirchens im Stadtteil Ückendorf an der Grenze zu Bochum- Wattenscheid. 13 Im Norden führt die gedachte Verlängerung der Bochumer Straße in Form einer Fußgängerzone direkt zum Hauptbahnhof, während die Bochumer Straße im Süden vorbei an der Gesamtschule Ückendorf auf die Ückendorfer Straße trifft. 14 Das Untersuchungsgebiet umfasst hierbei nur den Teil der Bochumer Straße, der im Norden von der Munscheidstraße und im Süden von der Virchowstraße eingegrenzt wird und durch die die Straßenbahnlinie 302 führt, durch welche man eine gute Anbindung nach Bochum und in die andere Richtung über den Gelsenkirchener Hauptbahnhof nach Gelsenkirchen-Buer hat. Die Eingrenzung des Untersuchungsgebietes wurde von mir bewusst so gewählt, da sich in diesem Bereich der Einzelhandel konzentriert. Charakteristisch für die Bochumer Straße mit ihrer gründerzeitlichen Bebauung ist die denkmalgeschützte Heilig Kreuz-Kirche aus den 1920er Jahren, die als Wahrzeichen der ehemaligen Prachtstraße und des ganzen Stadtteils gilt. 15,16,17 Die Flächen im nördlichen Bereich des Planungsgebietes waren stark industriell geprägt. Auf der Fläche des heutigen Wissenschaftspark stand bis 1984 ein Gussstahlwerk, in dessen Verwaltungsgebäude sich heute das Arbeitsgericht befindet. 18,19 Im Osten angrenzend an die Bochumer Straße befindet sich außerdem die denkmalgeschützte Arbeitersiedlung Flöz-Dickebank. Insgesamt ist Ückendorf als Stadtteil Gelsenkirchens bzw. als Stadt des Ruhrgebietes durch den Kohleabbau und die Stahlindustrie historisch geprägt. So gibt es neben der Zeche Holland (Beginn der Kohleförderung 1856) auch die Zechenstandorte Rhein-Elbe (1861) und Alma (1871). 20 Seit der Stahl- und Kohlekrise Ende der 1950er Jahre ist die Entwicklung der Bochumer Straße trotz verschiedener Projekte überwiegend negativ, da der Strukturwandel in Gelsenkirchen verhältnismäßig spät begann. Folglich sind die Menschen in Ückendorf immer noch mit den langfristigen Auswirkungen dieser Krise konfrontiert, die u. a. als Segregationsprozesse im Untersuchungsgebiet sichtbar werden (vgl. Kapitel 2.2). 2.2 Struktur Einzelhandelsstruktur: Die Kartierung der Einzelhandelsstruktur ergab, dass es an der Bochumer Straße aktuell 12 Einzelhandelsbetriebe gibt, darunter u. a. einen Supermarkt mit überwiegend russischem Angebot, ein Beklei- 13 vgl. Abb.17 und 18 (im Anhang) 14 vgl. Abb.26 und 27 (im Anhang) 15 vgl. Stadt Gelsenkirchen 2008, S vgl. Abb.37 und 38 (im Anhang) 17 vgl. Abb.22, 24 und 25 (im Anhang) 18 vgl. Stadt Gelsenkirchen 2008, S.4 19 vgl. Abb.23 (im Anhang) 20 vgl. Stadt Gelsenkirchen 2008, S.7 PRÄMIERTE FACHARBEITEN geographie

133 dungsgeschäft ( KiK ), eine Metzgerei, eine Apotheke, mehrere Bäckereien und Boutiquen. 21, betrug die Verkaufsfläche m 2 und der Einzelhandelsumsatz 12,8 Mio., davon 8,9 Mio. für Lebensmittel. 23 Allerdings ist davon auszugehen, dass besonders der Einzelhandelsumsatz stark abgenommen hat, da seit 2008 neben dem Lebensmitteldiscounter ALDI (jetzt Bekleidungsgeschäft KiK ) auch weitere Einzelhandelsgeschäfte in andere Nahversorgungszentren umgezogen sind. Die 28 leerstehenden Ladenlokale verdeutlichen den Erosionsprozess des Einzelhandels deutlich. 24,25 Bei der Befragung der Kunden des Supermarkts 'Grand Market' mit überwiegend russischem Angebot ergab sich, dass der Supermarkt für den größten Teil der Kunden eine monatliche Versorgungsfunktion übernimmt. Abb.3: Anzahl der Einkäufe 26 Dieses Ergebnis wird von der Tatsache unterstrichen, dass die Kunden überwiegend aus Gelsenkirchen und den umliegenden Nachbarstädten kommen, in einem Fall sogar aus dem osteuropäischen Ausland. Dies ergab die Untersuchung der Autokennzeichen auf dem Parkplatz des 'Grand Market'. 21 vgl. Abb.15 (im Anhang) 22 vgl. Abb.32, 33 und 34 (im Anhang) 23 vgl. CIMA Beratung + Management GmbH 2008, S vgl. Abb.15 (im Anhang) 25 vgl. Abb.28, 29, 30 und 31 (im Anhang) 26 Abb.3-7 eigene Erhebung: Graphische Auswertung der Befragung der Kunden des Supermarkt 'Grand Market' an der Bochumer Straße am , und

134 Abb.4: Untersuchung der Autokennzeichen Fast die gesamte befragte Kundschaft weist einen russischen Migrationshintergrund auf, der sich durch große Schwierigkeiten im Gebrauch der deutschen Sprache äußert und zur Folge hat, dass das Hauptkommunikationsmittel im Geschäft selbst die russische Sprache ist. In diesem Zusammenhang ist auch zu sehen, dass die meisten Befragten das Auto als bevorzugtes Transportmittel nutzen und vom Gewerbegebiet Am Dördelmannshof noch nie gehört haben. Auffällig war, dass die Kunden des 'Grand Market' als mehrheitlichen Grund für die Wahl der Bochumer Straße als bevorzugtes Einkaufsgebiet den Punkt 'andere Gründe' genannt haben. Auf Nachfrage stellte sich heraus, dass die Kunden nur wegen des speziellen russischen Warenangebots des 'Grand Market ' die Bochumer Straße aufsuchen (vgl. auch Abb.12). Abb.5: Übersicht der Transportmittel PRÄMIERTE FACHARBEITEN geographie

135 Abb.6: Einkaufsgebiet Auch im Hinblick auf die Altersstruktur der Kundschaft unterscheidet sich das Geschäft Grand Market deutlich vom Gewerbegebiet 'Am Dördelmannshof'. Die Kundschaft im Geschäft Grand Market ist deutlich jünger (vgl. Abb.9) Abb.7: Altersgruppen Bemerkenswert hoch ist auch die Kundenfrequenz. In einem Zeitraum von 15 min. an verschiedenen Samstagen im Dezember betraten im Durchschnitt 50,5 kaufkräftige Personen (Familien zusammenfasst) den Supermarkt Grand Market, sodass ein reger Betrieb herrschte

136 Samstag, den um 11:00-11:15 Uhr Samstag, den um 11:30-11:45 Uhr Dördelmannshof Bochumer Straße 48 Personen 42 Personen 56 Personen 59 Personen Tab Auffällig ist, dass der russische Laden als eine Art Anlaufstelle für ganze Familien mit russischem Migrationshintergrund fungiert, infolgedessen sich hinter dem Supermarkt ein überaus gut frequentierter Imbiss mit Speisen aus der russischen Küche und nebenan ein russisches Reisebüro angesiedelt haben. Die Entwicklung der Bochumer Straße wurde im Interview mit einem Inhaber eines Einzelhandelsgeschäftes folgendermaßen beschrieben: Der seit Jahren bestehende Abwärtstrend in Richtung Verwahrlosung setzt sich immer schneller weiter fort. Unser Geschäft ist die letzte Anlaufstation für eine Hand voll Menschen, die als alteingesessene "Ückendorfer" auf der Bochumer Straße verblieben sind. Nur durch riesige Anstrengungen der gesamten Familie und auch des gesamten Personals besteht unser Geschäft noch. Immer wieder neue Verkaufsstrategien, ausgefallene Produkte, eigene Produktion und der Frischfleischeinkauf im absoluten Premiumsegment halten unser Geschäft aufrecht. Treue, langjährige Stammkunden und immer wieder neue, junge Kunden (zum großen Teil aus anderen Stadtteilen) halten unser Geschäft aufrecht. 28 Ein Verbesserungsvorschlag des Inhabers ist, die Bochumer Straße heller zu machen. 29 Hierunter verstehe ich den Wunsch, das äußere Erscheinungsbild der Häuserfassaden durch Sanierung und farbliche Gestaltung sowie durch eine Auflockerung durch Straßengrün aufzuwerten. Über die Arbeit des Stadtteilbüros äußert er sich darüber hinaus positiv, wobei er bemerkt, dass die Broschüre Revitalisierung der Bochumer Straße alles enthalte, was man zur Umsetzung benötige, wenn es geschehen würde. 30 Insgesamt lässt sich erkennen, dass die Einzelhandelsstruktur der Bochumer Straße deutlich von einer Abwärtsentwicklung gekennzeichnet ist. Inwiefern das Gewerbegebiet Am Dördelmannshof für diese Entwicklung verantwortlich ist, wird im noch folgenden Kapitel 2.4 thematisiert. Sozialstruktur: Insgesamt leben im Stadtteil Ückendorf Menschen (Bevölkerungsdichte: Personen pro km 2 ), von denen Personen zur nichtdeutschen Bevölkerung zählen (15,3%), d. h. sie haben keine deutsche Staatsangehörigkeit. 31 Von der nicht-deutschen Bevölkerung kommen Personen aus der Türkei 27 eigene Erhebung: Kundenfrequenz am und Auszug aus dem Interview mit dem Inhaber eines Einzelhandelsgeschäfts an der Bochumer Straße am vgl. ebd. 30 vgl. ebd. 31 vgl. Lindauer 2010, S.20, 22f. PRÄMIERTE FACHARBEITEN geographie

137 (38,7%), 549 aus dem ehemaligen Jugoslawien (18,6%), 197 aus Italien (6,7%) und der Rest aus anderen ausgewählten Herkunftsländern (36%). 32 Auffällig ist auch, dass im Jahr Deutsche zugezogen und 652 fortgezogen sind (Saldo von -60), während im gleichen Jahr 450 Nichtdeutsche zu- und 271 weggezogen sind, was einen Saldo von +179 darstellt. 33 Diese Zahlen verdeutlichen einen Trend, bei dem die deutsche Bevölkerung Ückendorf verlässt und somit Platz für eine neue nichtdeutsche Bevölkerung lässt (filtering-down). Von insgesamt Arbeitslosen in Ückendorf gehören 917 zur deutschen und 322 zur nichtdeutschen Bevölkerung (ca. 26%). 34 Bebauungsstruktur: Die Bochumer Straße ist durch ihre gründerzeitliche Blockrandbebauung gekennzeichnet, welche in einem überwiegend schlechten baulichen Zustand ist und daher einen hohen Modernisierungs- und Investitionsbedarf aufweist. 35 Die Wohngebäude mit Einzelhandelsnutzung im Erdgeschoss weisen viele Leerstände auf. So ergab die Kartierung, dass es 28 leerstehende Verkaufsflächen im Erdgeschoss gibt, wobei es noch weit mehr leerstehende Wohngebäude gibt, deren Kartierung den Rahmen der Facharbeit jedoch gesprengt hätte. Unter Denkmalschutz stehen neben einigen gründerzeitlichen Gebäuden auch die Arbeitersiedlung Flöz-Dickebank, die 1920 erbaute Heilig Kreuz-Kirche und das Gebäude des Arbeitsgerichts, welches aus den Jahren zwischen den Weltkriegen stammt. 36 Die Seitenstraßen der Bochumer Straße dienen überwiegend der Wohnnutzung und heben sich in ihrem äußeren Erscheinungsbild deutlich positiv von der Bochumer Straße ab. 37 Die Stadt Gelsenkirchen hat bereits mit dem Ankauf einiger z.t. leerstehender Gebäude an der Bochumer Straße begonnen, um diese zu sanieren oder abzureißen. 38 Eine Sanierungspflicht für Eigentümer von Schrottimmobilien, wie NRW-Bauminister Michael Groschek (SPD) sie vorschlägt, würde diesen Prozess allerdings begünstigen. 39 Verkehrsstruktur: Die Bochumer Straße ist eine Landesstraße (L633) und übernimmt als Erschließungsachse eine Doppelfunktion als Einzelhandels- und Wohngebiet. 40 Sie verbindet Bochum-Wattenscheid mit der Altstadt Gelsenkirchens, genau wie die parallel verlaufende Straßenbahnlinie 302, die von Bochum-Laer nach Gelsenkirchen-Buer führt. Der Kreuzungsbereich Junkerweg/ Wickingstraße/ Munscheidstraße (B227) bildet das Tor zur Gelsenkirchener Innenstadt. 41 Da die Bochumer Straße in der Breite stark variiert (13 32 vgl. Lindauer 2010, S vgl. ebd., S vgl. Lindauer 2010, S.114f. 35 vgl. Stadt Gelsenkirchen 2008, S vgl. ebd., S vgl. Stadt Gelsenkirchen 2008, S vgl. Abb.42 (im Anhang) 39 vgl. Goebels, Wilfried: Groschek will Sanierungspflicht bei Schrottimmobilien- NRW-Bauminister erhöht Druck auf Eigentümer. IN: Westdeutsche Allgemeine Zeitung am vgl. Stadt Gelsenkirchen 2008, S vgl. ebd., S

138 bis 25 Meter), 42 ist die Parkplatzkapazität der Bochumer Straße schnell erschöpft. So gibt es neben dem Parkplatz des 'Grand Market' nur noch weitere Parkplätze entlang einer Straßenseite. 2.3 Zukunftsperspektiven Die Bochumer Straße verfügt über vielfältige Potenziale, die ausgeschöpft und z.t. einer neuen Bedeutung zugeführt werden sollten. Hierunter sind zu nennen: die wertvolle historische Bausubstanz, die durch Sanierungen aufgewertet werden müsste, das breite Angebot von sozialer Infrastruktur wie Kindergärten und Schulen, die vorhandenen Grün- und Freiflächen, die noch erweitert werden sollten, aber auch die gute Verkehrsanbindung u.a. durch die Straßenbahnlinie 302, auch wenn die Verkehrssituation im Norden des Untersuchungsgebietes unbedingt verbessert werden sollte. 43 Darüber hinaus stellen der Wissenschaftspark und das in Planung stehende Justizzentrum nachhaltige Entwicklungsimpulse dar. 44 Diese werden durch weitere Impulsprojekte des Stadtteilbüros, das 2002 im Rahmen des Stadtteilprogramms Soziale Stadt Südost für die nachhaltige Verbesserung der Lebensbedingungen im Programmgebiet zuständig ist, unterstützt. 45,46 So wurden von Dezember 2008 bis Januar 2009 verschiedene Projekte durchgeführt wie z.b. die temporäre Umwandlung von leerstehenden Ladenlokalen zu Ateliers im Projekt Nova Via im Mai Im Projekt Jugendarbeit aus einem Guss, wurden Jugendliche frühzeitig mit wichtigen Fragen zu ihrer Zukunft und ihrem Berufswunsch konfrontiert. 47 Neuere Projekte sind z.b. die Umgestaltung der nördlich an das Untersuchungsgebiet angrenzenden Fußgängerzone. 48 Die Aufwertung und Ausnutzung positiver Gestaltungsmerkmale in Kombination mit neuen Entwicklungsideen kann gelingen, wenn man das Gebiet in vier Sektoren aufteilt. Diese sollen hier kurz skizziert werden: a) Nördliches Untersuchungsgebiet von der Munscheidstraße bis etwa Heilig Kreuz-Kirche mit Wissenschaftspark und geplantem Justizzentrum Durch den Wissenschaftspark und das zukünftige Justizgebäude gibt es jetzt bereits ein Klientel, dass sich in der Mittagspause ca. 200 m fußläufig von der Arbeit erholen und ablenken will. Die vielen Innenhöfe in diesem Straßenabschnitt mit z.t. beeindruckenden gründerzeitlichen Elementen und Fassaden könnten hier in renoviertem Zustand eine einladende Kulisse für Cafés und möglicherweise auch für Niederlassungen kleiner Ateliers, die zukünftig aus der Siedlung Halfmannshof weichen müssen, bieten. Ganz entscheidend wäre es, die entstehenden Baulücken und Hinterhöfe mit ansprechendem Stadtgrün zu gestalten, um so Inseln zu schaffen, die zum Verweilen einladen. Diese Entwicklungsbereiche sollten 42 vgl. Gespräch mit Frau Klee von der Stadt Gelsenkirchen am vgl. Stadt Gelsenkirchen 2008, S.19ff. 44 vgl. Abb (im Anhang) 45 vgl. Stadt Gelsenkirchen: Stadterneuerung Gelsenkirchen. URL: (letzter Zugriff: ) 46 vgl. Abb.35 (im Anhang) 47 vgl. Stadt Gelsenkirchen 2008, S.25f. 48 vgl. Stadt Gelsenkirchen: Stadterneuerung Gelsenkirchen. URL: (letzter Zugriff: ) PRÄMIERTE FACHARBEITEN geographie

139 so ausgerichtet sein, dass der Betrieb durch die querende Straßenbahnlinie 302 weder visuell noch akustisch einen Störfaktor darstellt. In diesem Zusammenhang bietet die Stadt Gelsenkirchen auf Antrag eine finanzielle Förderung der Herrichtung privater Haus- und Hofflächen in Stadterneuerungsgebieten wie der Bochumer Straße an, deren Ziel eine Anregung der privaten Investitionsbereitschaft ist. 49 Die Heilig Kreuz-Kirche stellt durch das Parabeltonnengewölbe in 19 m Höhe mit expressionistischen Gewölbeausmalungen einen imposanten Raum dar, der nicht brach liegen sollte. 50 Für die Umnutzung von Sakralbauten gibt es in anderen Städten inzwischen einige positive Beispiele (vgl. Urbanatix/ Marienkirche Bochum). Auch wäre es denkbar, Ausstellungen über die Geschichte des Stadtteils oder Kunstausstellungen angrenzender Ateliers zu installieren. Ausstellungen über das Land Russland, eine bifunktionale Nutzung als Probenraum für Theater oder Bouldern u. a. Projekte, die an die Jugendarbeit anknüpfen, sind weitere Ideen. Durch solche Orte der Begegnung und Kommunikation könnten vielleicht auch die Grenzen zwischen den sozialen Gruppen in diesem Straßenzug aufgebrochen werden. b) Heilig Kreuz-Kirche bis Stephanstraße In diesem Teil der Bochumer Straße ist der Leerstand der Einzelhandelsgeschäfte am höchsten und der Rückbau von Wohnhäusern daher unumgänglich. Hier sollte kostengünstiger Wohnraum, evtl. auch in Mehrgenerationenbauweise durch die Stadt gesteuert und gefördert werden. c) Stephanstraße bis Flöz-Dickebank Der von der russischen Bevölkerung aufgesuchte Supermarkt Grant Market, sollte auch weiterhin als Kundenmagnet an diesem Standort angesiedelt bleiben. Die Parkfläche vor dem Geschäft ist notwendig, sollte aber optisch durch Bepflanzung aufgewertet werden. Es empfiehlt sich, den russischen Imbiss aus dem Hinterhof umzusiedeln, evtl. an Stelle des angrenzenden Casinos. Sinnvoll wäre es auch die Instellation eines von Hecken umzäunten kleinen Außenbereichs, damit das rege Leben und die Nachfrage nach einem Imbiss nach dem erledigten Einkauf erhalten bleibt bzw. noch verbessert wird. Über die räumliche Aufteilung und Ausstattung des Bunkers fehlen notwendige Informationen. Sicherlich wäre es sinnvoll, einen Investor zu finden, der ähnlich den Umnutzungen in Bochum (Exzenterhaus, Bunker an der Gahlenschen Straße oder am Springerplatz) eine räumliche Sondernutzung für Probenräume oder großzügige Praxen, ermöglicht. 51 In jedem Falle sollte die äußere Gestaltung des Geländes um den Bunker optisch durch städtisches Grün aufgewertet werden. Eine kreative und leicht umzusetzende Idee wäre, den Bunker in Kooperation mit Kindern aus der Umgebung zu bemalen sowie es bereits mit dem Bunker an der Emmastraße in Ückendorf geschehen ist. d) Flöz Dickebank bis Virchowstraße Für diesen Straßenabschnitt gilt das Gleiche wie für den unter Punkt c) aufgeführten Bereich. 49 vgl. Stadt Gelsenkirchen 2004, S.1 50 vgl. Wikipedia: Heilig Kreuz (Gelsenkirchen). URL: (letzter Zugriff: ) 51 vgl. Abb.36 (im Anhang)

140 2.4 Konkurrenzstandort Dördelmannshof Das Gewerbegebiet 'Am Dördelmannshof' befindet sich an der Straße Am Dördelmannshof / Ecke Ü- ckendorfer Straße in Gelsenkirchen-Ückendorf. 52 Das Gebiet liegt in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof Gelsenkirchen-Wattenscheid und zur Stadtgrenze nach Bochum-Wattenscheid. Die Entfernung zum Untersuchungsgebiet an der Bochumer Straße beträgt ca. 1,3 km Luftlinie. Das Gewerbegebiet ist als eine Art Bestandsagglomeration im Bebauungsplan festgeschrieben, d.h., dass über den Bestand hinausgehend keine weiteren Einzelhandelsentwicklungen mit nahversorgungs- und zentrenrelevantem Einzelhandel zugelassen werden sollte. 53,54 Der Dördelmannshof verfügt neben einem REWE Verbrauchermarkt (900 m 2 Verkaufsfläche) und einem ALDI Lebensmitteldiscounter (700 m 2 ) auch über Geschäfte der Kette Fressnapf, eine Filiale der Bäckerei Gatenbröcker und einen Trink&SPAR Getränkefachmarkt (750 m 2 ). 55,56 Die leerstehende Immobilie an der Ecke Am Dördelmannshof/Ückendorfer Straße beherbergte früher eine Filiale des Lebensmitteldiscounters 'Plus', der aufgrund des Überangebots an Lebensmittelmärkten geschlossen wurde. 57 Die Befragung der Kunden des REWE Verbrauchermarktes am Dördelmannshof nach den Einkaufsgewohnheiten ergab im Vergleich zu dem Supermarkt 'Grand Market' an der Bochumer Straße, dass der Dördelmannshof zur täglichen bzw. wöchentlichen Nahversorgung überwiegend von Kunden mittleren bis höheren Alters aus Ückendorf oder Bochum-Wattenscheid dient. Anzahl der Einkäufe pro Woche Dördelmannshof Bochumer Straße 2 0 1x pro Woche 2x pro Woche mehr als 2x pro Woche 1x pro Monat paarmal pro Monat keine Angabe Abb.8: Einkäufe vgl. Abb.19 und 20 (im Anhang) 53 Karutz 2010, S vgl. Abb.21 (im Anhang) 55 vgl. Abb.16, (im Anhang) 56 vgl. Karutz 2010, S vgl. ebd., S Abb.8-13: eigene Erhebung: Graphische Auswertung der Befragung der Kunden des Verbrauchermarktes Rewe am 'Dördelmannshof ' am , und PRÄMIERTE FACHARBEITEN geographie

141 Altersgruppen keine Angabe Über 67 Jahre Jahre Jahre Bochumer Straße Dördelmannshof Bis 25 Jahre Abb.9: Alter Wohnort Dördelmannshof Bochumer Straße Abb.10: Wohnort Darüber hinaus gaben die Kunden als Begründung für die Wahl des Dördelmannshof als bevorzugtes Einkaufsgebiet im Vergleich zur Bochumer Straße an, dass neben den Öffnungszeiten und der guten verkehrlichen Erreichbarkeit auch das breitere Angebot und die größere Anzahl an Parkplätzen entscheidend sind Bevorzugtes Einkaufsgebiet Bochumer Straße Dördelmannshof keine Angabe Dördelmannshof Bochumer Straße Abb.11: Einkaufsgebiet

142 Gründe für die Wahl des bevorzugten Einkaufsgebietes Andere Parkplätze Angebot Öffnungszeiten Bochumer Straße Dördelmannshof Erreichbarkeit Abb.12: bevorzugtes Einkaufsgebiet Eine Ursache für diese Begründung ist, dass über 70% der Befragten das Auto als bevorzugtes Verkehrsmittel nutzen und somit die gute verkehrliche Anbindung und die ausreichend vorhandenen Parkmöglichkeiten schätzen. Transportmittel Dördelmannshof Bochumer Straße 5 0 ÖPNV (Bus und Bahn) Auto Fahrrad zu Fuß keine Angabe Abb.13: Transportmittel Da das Gewerbegebiet als Bestandsagglomeration festgesetzt ist, darf sich im Moment kein weiterer Einzelhandelsbetrieb dort ansiedeln, auch wenn sowohl Kunden als auch die Politik gegenteiliger Meinung sind. 59 In Zukunft wird sich die Stadt Gelsenkirchen wohl gezwungen sehen, ihren Bebauungsplan 59 vgl. Ansahl, Inge: Leerstand am Dördelmannshof bleibt Thema. IN: Westdeutsche Allgemeine Zeitung am PRÄMIERTE FACHARBEITEN geographie

143 zu ändern und somit die Ansiedlung weiteren Einzelhandels zu erlauben, da der Druck von Seiten der Bevölkerung und Politik zu groß geworden ist Fazit Nach den durchgeführten Untersuchungen, können die Ursachen zur Entwicklung der Bochumer Straße benannt werden. Die Frage, ob es sinnvoll ist, die Bochumer Straße als Einzelhandelsstandort noch weiter zu fördern, lässt sich folgendermaßen beantworten: Die Gefährdung der Bochumer Straße als Einzelhandelsstandort durch den Dördelmannshof ist zweifelsfrei anzuerkennen und es wird deutlich, dass die Bochumer Straße schon längst nicht mehr eine Funktion als Nahversorgungszentrum einnimmt, wenngleich es noch so im Einzelhandelskonzept der Stadt Gelsenkirchen geschrieben steht. Stattdessen hat das Gewerbegebiet 'Am Dördelmannshof ' längst diese Aufgabe übernommen. Daher sollte das Gebiet in das Einzelhandelskonzept der Stadt Gelsenkirchen als Nahversorgungszentrum aufgenommen werden. In diesem Zusammenhang sollte dafür gesorgt werden, die leerstehende Immobilie am Dördelmannshof evtl. durch die Ansiedlung eines Drogeriemarktes oder ähnlichen Verbrauchermarktes wieder zu nutzen. Auch wenn eine weitere Ansiedlung von Betrieben des Einzelhandels am Dördelmannshof unweigerlich den Erosionsprozess der Bochumer Straße beschleunigen würde, muss man sich klar machen, dass auch ohne eine weitere Einzelhandelsansiedlung der Einzelhandel an der Bochumer Straße langsam untergehen wird. Aus diesem Grunde gilt es, die allgemeinen Missstände, wie sie im Kapitel 2.2 beschrieben sind, zu verbessern. Die Vorschläge in Kapitel 2.3 berücksichtigen dabei insbesondere das vorhandene Potenzial und die Wünsche der Anwohner, sodass sich die noch verbliebenen Anwohner mit einem neuen Konzept identifizieren könnten. Dennoch bleibt die Gefahr, dass durch einen Umbau/ Neubau der vorhandenen Wohnhäuser (Sektor b und d) Gentrifizierungsprozesse eingeleitet würden. Diese hätten eine Verdrängung der heimischen Bevölkerung durch sog. Yuppies (Young Urban Professionals) oder DINKs (Double Income No Kids) aber auch eine gleichzeitige Aufwertung zur Folge. Hier wird es die Aufgabe der Stadt Gelsenkirchen sein, die Neuansiedlung von Mietern sensibel und mit Rücksicht auf die Sozialstruktur zu lenken. Es gilt, die Wohnbereiche um den an der Bochumer Straße angesiedelten Einzelhandel zu stabilisieren, aber gleichzeitig auch die Neuansiedlungen von Einzelhandelsgeschäften sowohl an der Bochumer Straße als auch am Dördelmannshof zu ermöglichen. Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass die Bochumer Straße über genügend Potenziale verfügt, die zu einer Aufwertung führen würden. Die vorhandenen Möglichkeiten zur Aufwertung sollten sukzessiv umgesetzt werden. Da es aufgrund der vorangestellten Gründe nicht sinnvoll ist, die Bochumer Straße als Einzelhandelsstandort noch weiter zu fördern, sollte stattdessen das Gewerbegebiet 'Am Dördelmannshof ' im Einzelhandelskonzept als Nahversorgungszentrum/ Einzelhandelsstandort eingestuft werden. 60 vgl. Gespräch mit Frau Klee von der Stadt Gelsenkirchen am

144 Verweise 1. Ansahl, Inge: Leerstand am Dördelmannshof bleibt Thema. IN: Westdeutsche Allgemeine Zeitung am Braukmann, Werner: Die Facharbeit. 1.Auflage Berlin Goebels, Wilfried: Groschek will Sanierungspflicht bei Schrottimmobilien - NRW-Bauminister erhöht Druck auf Eigentümer. IN: Westdeutsche Allgemeine Zeitung am Heineberg, Heinz: Einführung in die Anthropogeographie/ Humangeographie. Ferdinand Schöningh. Paderborn Karutz, Michael, CIMA Beratung + Management GmbH: Zur Entwicklung des Einzelhandels in Gelsenkirchen-Ückendorf unter besonderer Berücksichtigung der Gestaltungspotenziale im Gewerbegebiet 'Am Dördelmannshof ' Gutachterliche Stellungsnahme. Köln Kemper: Begründung des Bebauungsplan Nr der Stadt Gelsenkirchen 'Am Dördelmannshof südwestlicher Teil '. Gelsenkirchen Kulke, Elmar: Wirtschaftsgeographie. 3.Auflage Ferdinand Schöningh. Paderborn Lindauer, Georg, Leiter der Abteilung Statistik, Statistikstelle der Stadt Gelsenkirchen: Statistikatlas Gelsenkirchen Meier Kruker, Verena; Rauh, Jürgen: Arbeitsmethoden der Humangeographie. Wissenschaftliche Buchgesellschaft. Darmstadt o.v.: CIMA Beratung+ Management GmbH in Zusammenarbeit mit der Stadt Gelsenkirchen, Referat Stadtplanung 61/1: Einzelhandelskonzept für die Stadt Gelsenkirchen. Gelsenkirchen o.v.: Wikipedia: Heilig Kreuz (Gelsenkirchen). (letzter Zugriff: ) 12. Stadt Gelsenkirchen: Städtebaulicher Workshop Revitalisierung der Bochumer Straße in Gelsenkirchen- Ückendorf. Gelsenkirchen Stadt Gelsenkirchen: Vergaberichtlinien der Stadt Gelsenkirchen zur finanziellen Förderung der Herichtung privater Haus- und Hofflächen in Stadterneuerungsgebieten. Gelsenkirchen Stadt Gelsenkirchen: Stadterneuerung Gelsenkirchen. URL: (letzter Zugriff: ) 15. Stadtteiloffensive Ückendorf aktiv: Wir für Ückendorf Ein Wegweiser durch den Stadtteil. 2.Auflage Druckerei Schneider. Gelsenkirchen Stahl, Jürgen: Gegen Schrotthäuser ist die Stadt machtlos. IN: Westdeutsche Allgemeine Zeitung am Expertengespräche: 1. Gespräch mit Frau Klee von der Stadt Gelsenkirchen am Gespräch mit Frau Klee von der Stadt Gelsenkirchen am Interview mit dem Inhaber eines Einzelhandelsgeschäfts an der Bochumer Straße am und Nachtreffen am PRÄMIERTE FACHARBEITEN geographie

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146 Jule Theimer 1. Platz Mathematik Hildegardis-Schule Bochum Tim Schröder 2. Platz Mathematik Märkische Schule Wattenscheid Jessica Göbel 2. Platz Physik Geschwister-Scholl-Gymnasium Wetter PRÄMIERTE FACHARBEITEN mathematik

147 Mathematik 1. Platz: Jule Theimer Hildegardis-Schule Bochum Bochum Betreuende Lehrperson: Gutachter: Herr Bautz Jun.-Prof. Dr. Daniel Greb Jun.-Prof. Dr. Christian Kreuzer Mathemathische Modellierung des Blutzuckerspiegels bei Glykogenose Typ I 1. Einführung 1.1. Motivation und Aufgabenstellung Ich bin selbst von einer seltenen angeborenen Stoffwechselerkrankung des Kohlenhydratstoffwechsels, der Glykogenose Typ I betroffen. Durch einen genetisch determinierten Enzymdefekt können Patienten wie ich ohne regelmäßige Nahrungsaufnahme ihren Blutzuckerspiegel nicht im Normbereich halten. Die Behandlung besteht aus einer speziellen Diät. Tagsüber müssen die Patienten durchschnittlich alle zwei bis vier Stunden eine berechnete Menge an Kohlenhydraten mit der Nahrung zu sich nehmen. Das Auslassen einer Mahlzeit kann eine lebensbedrohliche Unterzuckerung zur Folge haben. In der Nacht erfolgt die Behandlung durch die kontinuierliche Zufuhr von kurzwirksamen Kohlenhydraten über eine Magensonde oder durch die zweimalige Gabe von ungekochter Maisstärke. 1 Betroffene Patienten erhalten in der Regel in Spezialambulanzen einen Diätplan, in dem die zuzuführende Kohlenhydratmenge für eine Mahlzeit bestimmt wird und die Zeiten zur jeweils nächsten Nahrungsaufnahme festgelegt werden. 2 Ein starrer Diätplan ist aber mit einem normalen Alltagsleben oft schwer zu vereinbaren. Die Zeiten werden von den Patienten verschoben, um den Anforderungen in Schule, Beruf und Freizeit zu genügen. Die Konsequenz kann eine schlechte Stoffwechseleinstellung mit Unterzuckerungen sein. Besser wäre es daher, den Blutzuckerverlauf in Abhängigkeit der Nahrungsaufnahme vorhersagen zu können, um die diätetische Therapie der Patienten flexibler und im Alltag praktikabler zu gestalten. Das Ziel meiner Facharbeit ist daher, den Verlauf des Blutzuckers in Abhängigkeit zur tagsüber aufgenommenen Menge an Kohlenhydraten, als mathematische Funktion zu beschreiben. Diese Funktion soll die bei mir als Versuchsperson gemessenen Blutzuckerwerte möglichst genau annähern und eine Vor- 1 vgl. Grotzke 2002, S.22 ff. 2 ebd

148 hersage des Blutzuckerspiegels nach der Nahrungsmittelaufnahme für die nächsten Stunden ermöglichen. 1.2 Methodisches Vorgehen An acht Versuchstagen habe ich Diätprotokolle erstellt, die Kohlenhydratmenge der Mahlzeiten ermittelt und Blutzuckermessungen durchgeführt. Die Kohlenhydrate einer Mahlzeit sind mithilfe von Nährwerttabellen 3,4 berechnet worden. An fünf Versuchstagen sind stündlich kapillare Blutzuckermessungen mit einem One Touch Ultra 2-Blutzuckermessgerät der Firma Lifescan 15 5 erfolgt, an drei weiteren Versuchstagen eine kontinuierliche Blutzuckermessung über 48 Stunden mit dem Guardian REAL-Time System der Firma Medtronic. 6 Bei letzterem wird alle 10 Sekunden in der Zwischenzellflüssigkeit des Unterhautfettgewebes die Glukosekonzentration gemessen und alle 5 Minuten (also bis zu 288-mal pro Tag) ein Durchschnittswert ermittelt. Das Verfahren ist für Glykogenosepatienten erprobt. 7 Voraussetzung für die Erstellung der Blutzuckerfunktion sind die in Kapitel 0 folgenden medizinischen Grundlagen zu den Besonderheiten des Kohlenhydratstoffwechsels bei der Glykogenose Typ I. Sie sind die Basis für die Erstellung eines Funktionsprototypen in Kapitel 2, der nachfolgend für die gemessenen Blutzuckerwerte in Kapitel 3 optimiert wird. Abschließend wird die gewählte Methodik bewertet und ein Ausblick auf ihre Anwendbarkeit gegeben. 1.3 Medizinische Grundlagen Regulation der Blutzuckerkonzentration durch Glykogenbildung Kohlenhydrate sind die wichtigsten Energielieferanten der Zellen. Sie werden im Darm aufgespalten und liegen dann in Form von Traubenzucker (Glukose) im Blut vor. Misst man den Glukosegehalt im Blut, bestimmt man den sogenannten Blutzucker. 8 Nach einer Mahlzeit steigt der Blutzuckerspiegel an und wird durch die schnelle Ausschüttung des Hormons Insulin aus der Bauchspeicheldrüse gesenkt. 9 Das Insulin sorgt unter anderem dafür, dass Glukose in Form von Glykogen in der Leber gespeichert wird. Glykogene sind verzweigtkettige Moleküle aus Glukose und bilden, vereinfacht dargestellt, den Glukosevorrat in der Leber. Wird wieder Glukose im Blut benötigt und keine Kohlenhydrate durch die Nahrung zugeführt, wird durch verschiedene Stoffwechselprozesse das Glykogen der Leber in der sogenannten Glykogenolyse zu Glukose aufgespalten. 10 Neben anderen Hormonen ist Glucagon ein Gegenspieler des Insulins. Es wird ebenfalls in der Bauchspeicheldrüse gebildet und steigert den Blutzucker durch Förderung der Glykogenolyse und Glukoseneubildung, der Glukoneogenese vgl. Souci et al vgl. Souci et al vgl. Firma Lifescan: One Touch Ultra 2. (Stand: ) 6 vgl. Firma Medtronic: Guardian REAL-Time: 7 vgl. Hershkovitz et al. 2001, S.863 ff. 8 vgl. Selbsthilfegruppe Glykogenose Deutschland e.v. 9 vgl. Schmidt & Thews 1985, S vgl. Harper et al. 1986, S vgl. Schmidt & Thews 1985, S.745 PRÄMIERTE FACHARBEITEN mathematik

149 1.3.2 Unterschiede im Kohlenhydratstoffwechsel bei Glykogenose Typ I Die Glykogenose Typ I ist ein autosomal rezessiv vererbter Gendefekt eines membrangebundenen Enzymsystems, des Glukose-6-Phosphatase-Systems. Es ist ein wichtiges Enzymsystem in der Glykogenolyse und Glukoneogenese. Es katalysiert aus dem Kohlenhydratspeicherstoff Glykogen in der Leber die Freisetzung von Glukose und ist an der Glukoneogenese beteiligt. 12,13 Patienten mit einer Glykogenose Typ I können aufgrund des defekten Enzymsystems nicht auf diese körpereigenen Reserven zurückgreifen und sind daher zur Aufrechterhaltung ihres Blutzuckerspiegels auf eine kontinuierliche Kohlenhydratzufuhr über die Nahrung angewiesen. Eine Unterbrechung führt zu einer lebensbedrohlichen Unterzuckerung, da vor allem das Gehirn ohne Glukose nicht arbeiten kann. 14 Ziel der Behandlung des Glykogenosepatienten ist daher die Aufrechterhaltung des Blutzuckers im Normbereich. 15 Dazu werden Blutzuckerwerte von mg/dl vor den Mahlzeiten angestrebt. 16,17,18, Regulation der Blutzuckerkonzentration durch Insulin und Glucagon Insulin und Glucagon sind Hormone, die in der Bauchspeicheldrüse gebildet werden. Sie beeinflussen beide den Blutglukosespiegel und wirken antagonistisch. Insulin senkt den Blutzuckerspiegel, Glucagon wirkt blutzuckersteigend. 20,21 Nach Gabe von Traubenzucker kommt es innerhalb von 30 bis 50 Sekunden zu einer schnellen Insulinfreisetzung aus der Bauchspeicheldrüse. 22 Dabei ist die Dosis abhängig von der Blutglukosekonzentration. 23,24 Bei Glykogenosepatienten werden beide Hormone normal gebildet. Das Insulin führt unter anderem zur Glykogensynthese und verhindert ein extremes Ansteigen des Blutzuckerspiegels. Der Gegenspieler Glucagon bleibt jedoch funktionslos, 25 da das defekte Enzymsystem den regelhaften Ablauf der Glykogenolyse und Glukoneogenese nicht ermöglicht und somit keine Glukose aus der Leber freigesetzt werden kann. Für die vorliegende Aufgabenstellung muss daher nur die Insulinwirkung auf den Blutzuckerverlauf berücksichtigt werden Wirksamkeit und Wirkdauer von Kohlenhydraten Von der Nahrungsaufnahme bis zu der Wirkung der Kohlenhydrate auf den Blutzucker vergeht eine Verdauungszeit. Die Transportdauer durch den Magen-Darmtrakt ist von der Art der Nahrung abhängig. Feste Nahrung bleibt länger im Magen als flüssige. 26 Auch die Aufspaltung der Kohlenhydrate und ihre 12 vgl. Hoffmann 2002, S vgl. Mönch & Moses 2012, S vgl. Schmidt & Thews 1985, S vgl. Mönch & Moses, S vgl. Däublin & Wendel 2002, S.35 ff. 17 vgl. Grotzke 2002, S.22 ff. 18 vgl. Müller 2002, S.25 ff. 19 vgl. Smit 2002, S.32 ff. 20 vgl. Schmidt & Thews 1985, S vgl. Herold 2001, S vgl. Harper et al. 1986, S vgl. König et al vgl. Löffler et al. 2007, S vgl. Hoffmann 2002, S.17 ff. 26 vgl. Silbernagel & Despopoulos, 1983, S

150 Aufnahme ins Blut dauert unterschiedlich lange. Einfache Kohlenhydrate wie Traubenzucker werden viel schneller resorbiert als komplexe Kohlenhydrate wie ungekochte Maisstärke oder Nudeln Mathematische Beschreibung des Blutzuckerverlaufs In diesem Kapitel wird die mathematische Gesamtfunktion anhand eines Prototypen entwickelt, der nachfolgend um hinzukommende Einflussgrößen erweitert wird. 2.1 Modellierung des Blutzuckerverlaufs einzelner Kohlenhydrate Um eine Prototypfunktion für jedes beliebige kohlenhydrathaltige Lebensmittel zu berechnen, muss man zunächst die allgemeinen Eigenschaften des Blutzuckerverlaufs nach der Aufnahme der Kohlenhydrate während einer Mahlzeit verdeutlichen. Die folgende Abbildung 1 skizziert den ungefähren Verlauf des Blutzuckerwertes nach dem Essen bei einem Glykogenosepatienten. Abb. 1: Skizze des qualitativen Blutzuckerverlaufs nach Kohlenhydrataufnahme Der Anstieg des Blutzuckers wird durch die erforderlichen Verdauungsprozesse verzögert. Er verläuft typischerweise schneller als der Abfall, der näherungsweise durch eine fallende Exponentialfunktion dargestellt werden kann. Theoretisch nähert sich der Blutzuckerwert asymptotisch dem Wert 0 für große Zeiten, wenn keine neue Nahrung aufgenommen wird. Den allgemeinen Blutzuckereinfluss durch eine einzelne Kohlenhydrataufnahme kann man beschreiben durch eine Funktion mit der Zeitvariablen : ( ) 27 vgl. Smit, 1988, S.95 ff. PRÄMIERTE FACHARBEITEN mathematik

151 Zur Anpassung der Funktion fließen zusätzliche Variablen in das Modell ein: a: Der Startzeitpunkt einer Mahlzeit sei mit a bezeichnet. Im Laufe eines Tages nimmt man mehrere Mahlzeiten zu sich, die durch individuelle Kurven der Form ( ) beschrieben werden. b: Die Kohlenhydratmenge des aufgenommenen Lebensmittels wird mit bezeichnet und ist ein Faktor in der Funktion. Der Blutzuckerzuwachs ist direkt proportional zur aufgenommenen Kohlenhydratmenge. c: Der Exponent bestimmt die Schnelligkeit des Anstiegs der Blutzuckerfunktion. d: Der Faktor bestimmt die Schnelligkeit des Abfalls der Blutzuckerfunktion. s: Die Werte der Blutzuckerfunktion ( ) müssen skaliert werden, damit sie auch real gemessenen Werten entsprechen. : Durch Verdauungsprozesse wirken Kohlenhydrate erst einige Zeit nach Einnahme. Da Nahrungsmittel erst nach dem Essen einen Blutzuckereinfluss haben, muss die Funktion vor diesem Zeitpunkt den Wert 0 haben. Eine Beschreibung dieser Eigenschaft bietet die Sprungfunktion, auch Heaviside-Funktion ( ) genannt, die 0 für negative Argumente und 1 für ist. 28 Für die resultierende Modellfunktion des Blutzuckereinflusses ergibt sich daher: ( ) ( ) ( ) ( ) mit 2.2. Modellierung des Insulineinflusses auf den Blutzuckerwert Im menschlichen Stoffwechselhaushalt wird bei hohen Blutzuckerwerten nach einer kurzen Verzögerung Insulin ausgeschüttet, um den Blutzuckerwert wieder zu senken. 29 Die Insulinkonzentration ist proportional zum Blutzucker. 30 Unterschreitet der Blutzuckerwert jedoch einen Schwellwert, erfolgt keine nahrungsabhängige Insulinausschüttung mehr. 31 Die Blutzuckerreduktion durch das Insulin lässt sich in der Gesamtblutzuckerfunktion beschreiben als ( ( )). Diese Funktion kann als Potenzfunktion des Blutzuckers angenähert werden, die nur für Argumente größer als eine Reduktion mit zeitlicher Verzögerung liefert. Somit ergibt sich als Ergebnis folgende Funktion mit dem Proportionalitätsfaktor und dem Exponenten : ( ) ( ) ( ) 28 vgl. Weisstein, (Stand: ) 29 vgl. Harper 1986, S vgl. König et al., vgl. Löffler,

152 Abb. 2: Modell zur qualitativen Darstellung des Insulineinflusses zur Blutzuckersenkung Aufgrund des Mangels an eigenen verlässlichen Messungen zu den Konstanten, und ist es allerdings nicht möglich, den Einfluss von Insulin in das Gesamtmodell aufzunehmen. Da es Glykogenosebetroffenen nur erlaubt ist, kleine Mengen an Kohlenhydraten zu sich zu nehmen, ist die Insulinausschüttung nicht so hoch wie bei Nichtbetroffenen. Der Einfluss des Insulins ist daher viel kleiner, so dass der Fehler gering bleibt (Abb. 2). 2.3 Beschreibung des Gesamtblutzuckerverlaufs Der Gesamtblutzuckerverlauf ( ) über einen Tag ergibt sich, indem man die Blutzuckereinflüsse aller Kohlenhydrate, die im Laufe eines Tages gegessen werden, aufsummiert und dabei von einem positiven Startwert ( ) ausgeht. Um den Einfluss des Insulins zum Zeitpunkt zu berücksichtigen, wird von diesem Wert ein Anteil subtrahiert, der vom Gesamtblutzuckerwert zu dem etwas früheren Zeitpunkt abhängig ist. Werden im Laufe des Tages Kohlenhydrate mit den jeweils zugehörigen Parametern und gegessen, so ergibt sich folgender Gesamtblutzuckerverlauf: ( ) ( ) ( ) ( ) ( ( )) für Dabei wirkt zum Zeitpunkt einer Kohlenhydrataufnahme das letzte Lebensmittel immer noch nach, obwohl es nicht mehr zur Aufrechterhaltung des Blutzuckers im therapeutischen Zielbereich fähig ist. In der Funktion ( ) ist diese Nachwirkung durch den exponentiellen Abfall ( ) ( ) beschrieben. PRÄMIERTE FACHARBEITEN mathematik

153 2.4 Anpassung der Funktionsparameter an Messwerte Minimierung des mittleren quadratischen Fehlers Das Berechnen der einzelnen Parameter ist problematisch, weil die diskreten und die kontinuierlichen Blutzuckermesswerte vom echten Blutzuckerwert abweichen. Ein einfaches Einsetzen der Werte in die Funktion ist somit nicht möglich. Bei der gesuchten Funktion handelt es sich um eine Ausgleichskurve, zu den gemessenen Wer- die anhand der Messwerte ( ) so optimiert werden muss, dass der Fehler ten möglichst gering bleibt (Abb.3). Abb. 3: Berechnung einer Ausgleichskurve Für eine Ausgleichskurve soll die Summe der Fehler über alle Messpunkte minimal sein. Allerdings können negative und positive Fehler auftreten. Damit sich nicht unterschiedlichen Vorzeichens nicht gegenseitig aufheben, wird als zu minimierendes Fehlermaß die Summe der Fehlerquadrate gewählt: 32 mit ( ). Für den Gesamtfehler eines Prototypen für ein Kohlenhydrat bedeutet dies: [ ( ) ( ) ( ) ] Da gemessene Werte sind und unabhängig ermittelt werden kann, müssen folglich die Parameter bestimmt werden. Notwendige Bedingung für ein lokales Minimum von ist, dass die partiellen Ableitungen Null sein müssen [1]: 33 Bei den partiellen Ableitungen wird die Funktion nach einer von mehreren Variablen abgeleitet während die anderen Variablen dabei konstant gehalten werden. In dem vorliegenden Fall können die partiellen 32 Bronstein & Semendjajew 1984, S Beisel, Gradientenverfahren.pdf

154 Ableitungen zwar gebildet werden, allerdings ist das entstehende Gleichungssystem mit drei Gleichungen nichtlinear und lässt sich analytisch nicht lösen Minimierung des Fehlers der logarithmierten Funktion Eine alternative Fehlerdefinition führt allerdings zu einem linearen Gleichungssystem, das sich einfach lösen lässt: Der Fehler dafür ist definiert als: ( ( )) ( ) Durch die Anwendung des Logarithmus werden die Funktionswerte > 1 gestaucht und damit der Fehlerwert betraglich verringert. Gleichzeitig werden die Faktoren der Funktion ( ) zu Summanden in der Logarithmusfunktion. Somit sind die zu bestimmenden Variablen voneinander separiert. Dieser Fehler ist nur für Argumente definiert. ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) Eine neue Variable wird als ( ) in Abhängigkeit der drei Unbekannten ergibt sich: ( ) definiert. Als notwendige Bedingung für einen minimalen Fehler ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) Es entsteht ein lineares Gleichungssystem folgender Form: ( ) ( ) Daraus ergibt sich durch Koeffizientenvergleich: ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( )( ) ( ) ( ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ) ( ) ( ) ( ) ( ) PRÄMIERTE FACHARBEITEN mathematik

155 ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) Dieses lineare Gleichungssystem lässt sich numerisch lösen und wurde im Rahmen der Arbeit wie alle weiteren Berechnungen mit dem Mathematikprogramm Octave gelöst. 34 Danach muss aus berechnet werden: ( ) der Wert Abschließend muss man die erhaltenen Werte für in die, dem Lebensmittel zugehörige, Funktion einsetzen. Die einzige Vereinfachung besteht darin, dass die Fehlerfunktion verändert wurde, also nicht der mittlere quadratische Fehler für die Blutzuckerfunktion, sondern für den Logarithmus der Blutzuckerfunktion berechnet wurde. Daher wird im Folgenden untersucht, ob die ermittelten Parameterwerte als Startwerte für ein weiteres numerisches Verfahren dienen können, welches den Fehler der eigentlichen Blutzuckerfunktion und nicht den Fehler des Logarithmus minimiert Minimierung des Fehlers durch Gradientenabstieg Eine numerische Alternative zu den gerade beschriebenen Verfahren bietet das Gradientenverfahren. 35 Der Gradient einer reellen Funktion ist definiert als der Vektor der partiellen Ableitungen. Anschaulich ist der Gradient ein Richtungsvektor, der an dieser Stelle in die Richtung des größten Anstiegs dieser Funktion zeigt. Als Funktion wird nun die oben eingeführte Funktion ( gesucht wird. Damit folgt, dass ) gewählt, für die das Minimum ( ) ( ) in Richtung hin zum (lokalen) Tiefpunkt an der Stelle ( ) weist. Das Verfahren funktioniert folgendermaßen: Vom Startpunkt ( ( ) ( ) ( ) ), hier das Ergebnis des analytischen Logarithmusverfahrens, werden in kleinen Schritten neue Näherungen berechnet, indem man immer in Richtung des negativen Gradienten weiter-geht. Das neue Argument wird so berechnet: ( ( ) ( ) ( ) ) ( ( ) ( ) ( ) ) ( ) ( ) ( ( )) 34 Eaton, 35 Beisel, Gradientenverfahren.pdf

156 Dieses Verfahren wird fortgeführt, bis sich das neue Argument der Funktion nur noch wenig vom alten Argument unterscheidet. Die Größe des Wertes für muss experimentell ermittelt werden, damit das neue Argument nicht über das Ziel hinausschießt und ein anderes lokales Optimum gefunden wird Minimierung des Fehlers durch vollständige Suche auf einem Gitter Ein numerisches Verfahren, das gleichzeitig auch die Fragen beantwortet, ob die Lösung überhaupt ein Optimum und nicht ein Sattelpunkt beziehungsweise ein lokales oder globales Maximum ist, ist die vollständige Suche auf einem Gitter. 36 Da es nicht möglich ist, die Funktionswerte der zu optimierenden Funktion für alle reellen Argumente zu berechnen, werden für jeden Parameter Werte mit gleichem Abstand aus einem Intervall gewählt und nur für diese Werte die Funktionswerte ermittelt. Dies wird für jeden unbekannten Parameter durchgeführt, so dass die Argumente auf einem drei-dimensionalen Gitter liegen. Dies wird in Abbildung 4 für den zweidimensionalen Raum veranschaulicht. Das Verfahren ist umso besser geeignet, je weiter man die Intervallgrenzen des Suchraums einschränken kann. Abb. 4: Berechnung von Funktionswerten auf einem Gitter Mit sehr hohem Aufwand ist es möglich, für die Argumente auf dem Gitter das globale Minimum der Funktion zu bestimmen. Um den Berechnungsaufwand zu reduzieren, wird die vorher ermittelte Lösung aus dem Gleichungssystem als Startwert für eine Gitteroptimierung genutzt und ein Intervall um diesen Startwert herum gewählt. Wenn das Intervall groß genug und die Schrittweite auf dem Gitter klein genug gewählt wird, lässt sich ein verbessertes bzw. globales Minimum finden. ( ) ( ) ( ) Der hohe Rechenaufwand ist dadurch gerechtfertigt, dass die Berechnungen für jedes Kohlenhydrat nur einmalig durchgeführt werden müssen. 36 Holderied, PRÄMIERTE FACHARBEITEN mathematik

157 3. Experimentelle Ergebnisse 3.1 Überblick über Blutzuckermessungen und Berechnungen Im Anhang C sind die Blutzuckertagesprofile der fünf Versuchstage mit stündlich kapillaren Blutzuckermessungen (diskrete Messungen) und der kontinuierlichen 48-stündigen Blutzuckermessung dokumentiert. Im Anhang D sind die Tagesprofile der modellierten Blutzuckerwerte graphisch dargestellt. Anhang E enthält die Berechnungsschritte des Mathematikprogramms Octave 37, das die Modellparameter für die einzelnen Kohlenhydrate berechnet und daraus ein Blutzuckertagesprofil vorhersagen kann. 3.2 Berechnung der Modellparameter für einzelne Kohlenhydrate Die folgende Tab. 1 zeigt die mit dem Programm Octave optimierten Funktionsparameter für unterschiedliche kohlenhydrathaltige Lebensmittel, basierend auf den kontinuierlichen Blutzuckermessungen. In die einheitenfreie Gleichung (Kapitel 2.3) werden die Zeiten in Minuten und die Kohlenhydratmengen in Gramm eingesetzt. Die resultierenden Blutzuckerwerte werden in mg/dl angegeben. Die diskreten Messungen sind nicht in die Berechnungen einbezogen, da diese nur die minimale Anzahl von Messwerten pro Mahlzeit umfassen, um die Funktionsparameter eindeutig zu bestimmen. Drei Messwerte reichen zwar aus, die unbekannten Parameter zu berechnen, aber Fehler aufgrund ungenauer Messungen können nicht durch eine Ausgleichskurve minimiert werden. Bei kontinuierlichen Messungen werden typischerweise Blutzuckerwerte bestimmt und eine Ausgleichskurve ist zuverlässiger zu ermitteln. Im Vergleich zu den optimierten Funktionsparametern aus Tabelle 1 beträgt die Streuung der Parameter zum Beispiel für Mondamin / Haferflocken / Humana SL aus der diskreten Messung, und Nahrungsmittel Optimierte Funktionsparameter Mittlerer absoluter Fehler in mg/dl s c d Baguette Kartoffeln Laugenstange Mondamin + Haferflocken Humana SL Nudeln Reis Reiswaffeln Tab. 1: Optimierte Parameter für Kohlenhydratwerte verschiedener Lebensmittel 37 Eaton,

158 Der mittlere absolute Fehler 38 zwischen den Modellwerten und den gemessenen Werten ist definiert als: ( ) Der Fehler bei der Modellierung einzelner Kohlenhydrate liegt im Mittel zwischen 2.79 und 6.47 mg/dl. Bei den angestrebten Blutzuckerwerten von mg/dl liegt der relative Fehler damit typischerweise unter 8%. Die Ergebnisse der verschiedenen Optimierungsverfahren zeigen, dass die Minimierung des absoluten Fehlers der logarithmierten Blutzuckerfunktion nahezu die gleichen Ergebnisse liefert wie das nachfolgende Verfahren des Gradientenabstiegs. Mit der vollständigen Gittersuche lassen sich die ermittelten Parameter nur geringfügig verbessern. 3.3 Vorhersage des Blutzuckertagesprofils Setzt man diese errechneten Parameter nun für einen Beispieltag ( ) ein, ergibt sich das in Abbildung 5 gezeigte Blutzuckertagesprofil. Der rote Graph dokumentiert die tatsächlichen kontinuierlich gemessenen Blutzuckerwerte. Die optimierte Modellfunktion ist blau eingezeichnet. Damit die Blutzuckerwerte aus Messung und Modell mit der Zeit nicht immer weiter auseinanderlaufen, wird zu Beginn einer Mahlzeit der Modellblutzuckerwert auf den gemessenen Wert gesetzt. Abb. 5: Blutzuckertagesprofil mit Anpassung an Kontrollmesswerte zu Beginn jeder Mahlzeit 38 Bronstein & Semendjajew, 1984, S.99 PRÄMIERTE FACHARBEITEN mathematik

159 3.4 Diskussion Genauigkeit und Reproduzierbarkeit Im Vergleich mit den tatsächlichen Messwerten zeigt sich, dass das Modell zuverlässig ist, allerdings den Blutzuckerverlauf glättet und somit fehleranfällige Spitzenwerte nicht vorhersagt. Auffallend ist auch die zeitliche Verschiebung zwischen dem roten und dem blauen Graphen. Diese ist dadurch begründet, dass verschiedene Kohlenhydrate unterschiedlich lange Zeiten benötigen, bis durch die Verdauung der Blutzuckerwert ansteigt. Im Modell wird aber nur mit einem einzigen Wert für alle Kohlenhydrate gerechnet. Der Funktionsprototyp ist für eine Versuchsperson ermittelt worden. Eine Verallgemeinerung ist erst dann möglich, wenn eine Optimierung für weitere Patienten erfolgen würde. Dies ist im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht möglich, da die befragten Stoffwechselzentren aus Gründen des Datenschutzes die erforderlichen Messwerte nicht zur Verfügung stellen. Diätprotokolle einzeln befragter Patienten beruhen auf diskreten Messungen vor den Mahlzeiten, die für eine Blutzuckermodellierung nicht ausreichen. Weitere Einflussgrößen sind beim Funktionsprototypen nicht berücksichtigt worden. Der Bedarf an Kohlenhydraten variiert von Patient zu Patient und auch individuell im Laufe des Lebens. Je nach körperlicher und geistiger Aktivität werden unterschiedliche Mengen an Kohlenhydraten pro Zeiteinheit benötigt. Die kohlenhydratabhängige Insulinausschüttung ist nicht durch Messungen belegt. Der Einfluss vorausgegangener Mahlzeiten wird nur als exponentiell abnehmend geschätzt. Weiterhin ist jede Messung mit einem Fehler behaftet, der nur durch wiederholte Vergleichsmessungen reduziert werden kann Kurvendiskussion und Vorhersagefähigkeit Da man bei Glykogenosebetroffenen sehr hohe bzw. niedrige Blutzuckerwerte vermeiden möchte, ist es sinnvoll, das Maximum für die aktuelle Mahlzeit zu bestimmen und vorher-zusagen, wann der Blutzucker einen Schwellenwert (z.b. 80 mg/dl) unterschreiten wird. Die Gleichung aus Kapitel 2.3 ist für die Berechnung vereinfacht. Alle vorherigen Mahlzeiten gehen als abfallende Exponentialfunktion ein. Mahlzeiten in der Zukunft werden nicht berücksichtigt und der Insulineinfluss wird vernachlässigt. ( ) ( ) ( ) ( ) für Notwendige Bedingung für ein Maximum ist ( ). Da aber die Exponentialfunktion in der Summe mit der Zeit immer kleiner wird, kann ihr Einfluss auf die Zeit des Maximums vernachlässigt werden. Die notwendige Bedingung vereinfacht sich zu ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) Als hinreichendes Kriterium wird der Vorzeichenwechsel von plus nach minus von ( ) an der Stelle verwendet. Für alle Mahlzeiten mit gilt, dass es sich um ein Maximum handelt. Der Term

160 ( ) ist für kleine größer als ( ) (positive Differenz), wird aber für größere vom zweiten Term übertroffen (negative Differenz). Den Zeitpunkt, an welchem der Blutzucker einen Schwellwert wieder unterschreitet, lässt sich durch die Berechnung der Funktionswerte und den Vergleich mit dem Schwellenwert ermitteln. Wenn ich beispielhaft wie am g Baguette gegessen habe, wird der maximale Blutzuckerwert ungefähr Minuten nach Essbeginn erreicht und beträgt bei einen Startwert ( ) mg/dl als Maximum 129 mg/dl. 4. Zusammenfassung und Ausblick 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse Mit den optimierten Funktionsprototypen sind sowohl für die einzelnen Kohlenhydrate als auch für den Tagesverlauf die Blutzuckerwerte der Versuchsperson vorhersagbar. Durch die Anwendung mehrerer Optimierungsverfahren weichen die berechneten Blutzuckerwerte nur geringfügig von der echten Blutzuckermessung ab. Der Fehler liegt im Mittel zwischen 2.79 und 6.47 mg/dl. Bei einem therapeutischen Zielbereich von mg/dl kann der Fehler vernachlässigt werden. Zusätzlich lassen sich Extremwerte bestimmen und dadurch unnötige Blutzuckerspitzen vermeiden. Die Diättherapie kann so verbessert und an die zeitlichen Erfordernisse im Leben des Patienten angepasst werden. Dazu müssen die Blutzuckerverläufe durch individuelle Messungen für jede von einer Glykogenose Typ I betroffenen Person optimiert werden. Für eine Ernährungsplanung kann ein Blutzuckerprofil auch für längere Zeiträume simuliert werden, um zum Beispiel Lebensmittelmengen für eine Reise im Voraus zu bestimmen. 4.2 Ausblick und Anregungen für zukünftige Arbeiten In der vorgelegten Facharbeit ist die Modellfunktion an einer Versuchsperson ermittelt worden. Aufgrund der invididuell unterschiedlichen Stoffwechselgegebenheiten der betroffenen Patienten könnte eine klinische Studie mit mehreren Versuchspersonen und kontinuierlichen Blutzuckermessungen über einen längeren Zeitraum die Funktionsprototypen verbessern und allgemein anwendbar machen. Dabei sollten die in der Diskussion benannten weiteren Einflussgrößen auf den Blutzucker berücksichtigt werden. Eine Anwendung für eine so verbesserte Modellfunktion könnte in einer mobilen Applikation realisiert werden. Der Patient könnte die aufgenommen Nahrungsmittel in sein mobiles Gerät eingeben, das Gerät würde den Blutzuckerverlauf berechnen und mit einem Alarm vor einer drohenden Unterzuckerung warnen. PRÄMIERTE FACHARBEITEN mathematik

161 Verweise 1. B, D.: D G d nt nv h n. P o m n : A go thm n d N cht n n Opt m e- ung. rtrag_gradientenverfahren.pdf. Universität Paderborn, 2012 (Stand: ) 2. Bronstein, I. N. und Semendjajew, K. A.: Taschenbuch der Mathematik. Verlag Harri Deutsch, Thund und Frankfurt (Main), Däublin, G. und Wendel, U.: Glykogenose Typ I: Optimale Behandlungserfolge bei Normalisierung der Laktatproduktion. In: Grotzke, M., Müller, E. (Hrsg.): Klinik und Behandlung angeborener Störungen im Kohlenhydrat- und Energie-Stoffwechsel in der Pädiatrie. SPS Verlagsgesellschaft, Heilbronn, 2002, S Eaton, J.: GNU Octave. (Stand: ) 5. Grotzke, M.: Ernährungstherapie bei Glykogenose Typ I (Teil 1). In: Grotzke, M., Müller, E. (Hrsg.): Klinik und Behandlung angeborener Störungen im Kohlen-hydrat- und Energie-Stoffwechsel in der Pädiatrie. SPS Verlags-gesellschaft, Heilbronn, 2002, S Harper, H. A., Martin, D. W., Mayes, P. A., Rodwell, V. W.: Medizinische Biochemie. Springer- Verlag, Berlin Heidelberg, 19. Auflage, Herold, G.: Innere Medizin. Eine vorlesungsorientierte Darstellung. Herausgeber Gerd Herold, Köln, Hershkovitz, E., Rachmel, A., Ben-Zaken, H. and Phillip, M.: Continuous glucose monitoring in children with glycogen storage disease type I. In: J. Inherit. Metab. Dis. 2001, 24, S Hoffmann, G. F.: Glykogenosen Typ I. Molekulare Grundlagen, Pathophysiologie und Klinik. In: Grotzke, M., Müller, E. (Hrsg.): Klinik und Behandlung angeborener Störungen im Kohlenhydrat- und Energie-Stoffwechsel in der Pädiatrie. SPS Verlagsgesellschaft, Heilbronn, 2002, S Holderied, F.: Optimierungsverfahren. (Stand: ) 11. König, M., Bulik, S., Holzhütter, HG.: Quantifying the Contribution of the Liver to the Homeostasis of Plasma Glucose: A Detailed Kinetic Model of Hepatic Glucose Metabolism Integrated with the Hormonal Control by Insulin, Glucagon and Epinephrine. PLoS Comput Biol., 2012, Volume 8, Issue Löffler, G., Petrides, P., Heinrich, P.: Biochemie und Pathobiochemie. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg, 8. Auflage, Mönch, E., Moses, S. W.: Angeborene Störungen des Kohlenhydratstoff-wechsels Glykogenosen und Defekte des Monosaccharidstoffwechsels. UNI-MED Verlag, Bremen, Müller, E.: Ernährungstherapie bei Glykogenose Typ I (Teil 2). In: Grotzke, M., Müller, E. (Hrsg.): Klinik und Behandlung angeborener Störungen im Kohlen-hydrat- und Energie-Stoffwechsel in der Pädiatrie. SPS Verlagsgesellschaft, Heilbronn, 2002, S Firma Lifescan: One Touch Ultra 2. (Stand: )

162 16. Firma Medtronic: Guardian REAL-Time: (Stand: ) 17. Schmidt, R. F. und Thews, G.: Physiologie des Menschen. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg, 22. Auflage, Selbsthilfegruppe Glykogenose Deutschland e.v.: Mein Kind hat eine Glykogenose Typ Ia. Handbuch für Eltern. SHG Glykogenose Deutschland e.v., Büren, o.j. 19. Silbernagel, S. und Despopoulos, A.: Taschenatlas der Physiologie. Thieme-Verlag, Stuttgart, 2. Auflage, Smit, G. P. A.: Ergebnisse der kollaborativen europäischen Studie (ESGSD) zu Klinik und Behandlung der Glykogenosen Typ I. In: Grotzke, M., Müller, E. (Hrsg.): Klinik und Behandlung angeborener Störungen im Kohlenhydrat- und Energie-Stoffwechsel in der Pädiatrie. SPS Verlagsgesellschaft, Heilbronn, 2002, S Smit, G. P. A.: Complex carbohydrates in the dietary management of patients with glycogenosis caused by glucose-6-phosphatase deficiency. In: Am J Clin Nutr 1988, 48, S Souci, S. W., Fachmann, W. und Kraut, H.: Die Zusammensetzung der Lebens-mittel. Nährwert-Tabellen. MedPharm Scientific Publishers Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbh, Stuttgart, 7. Auflage, Souci, S. W., Fachmann, W. und Kraut, H.: Lebensmitteltabelle für die Praxis. Der kleine Souci/Fachmann/Kraut. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbh, Stuttgart, 4. Auflage, Weisstein, E. W.: Heaviside Step Function. MathWorld A Wolfram Web Resource. (Stand: ) PRÄMIERTE FACHARBEITEN mathematik

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165 Mathematik 2. Platz: Tim Schröder Märkische Schule Wattenscheid Betreuende Lehrperson: Gutachter: Frau Srol Jun.-Prof. Dr. Daniel Greb Jun.-Prof. Dr. Christian Kreuzer Die Geometrie komplexer Zahlen 1. Einleitung Die Mathematik ist die wahrscheinlich wichtigste Wissenschaft auf dieser Welt. Ohne sie wäre es dem Menschen nicht möglich, Hochhäuser zu erschaffen, Brücken zu bauen oder Marktpreise zu berechnen. Doch auch die Mathematiker stießen im Laufe der Zeit an ihre Grenzen, da es einfach unmöglich schien, für manche Gleichungen eine Lösung zu finden. An dieser Stelle kommen die komplexen Zahlen zum Einsatz. Sie bieten bisher ungeahnte Möglichkeiten und finden sowohl in der klassischen Mathematik, als auch in fast allen anderen Naturwissenschaften ihre mittlerweile unabdingbare Anwendung. Ich habe mich für das Thema der komplexen Zahlen entschieden, da mit ihnen Dinge ungemein vereinfacht werden, auch wenn komplexe Zahlen für viele Menschen, noch einen relativ unbekannten Bereich in der Mathematik darstellen. Im Folgenden werde ich erläutern, wie die komplexen Zahlen zu ihrer Anerkennung und Akzeptanz in der Mathematik gelangt sind und ich werde beweisen, dass die komplexen Zahlen einen gültigen Erweiterungskörper für den Bereich der reellen Zahlen darstellen. Die altbekannten Rechengesetze sollen in diesem Zusammenhang trotzdem ihre Gültigkeit behalten. Zudem werde ich die besondere Darstellung und die Eigenheiten komplexer Zahlen erläutern. Ein Anwendungsbezug wird durch die Geometrie hergestellt. 2. Geschichte der komplexen Zahlen Die komplexen Zahlen sind aus der heutigen Mathematik und aus vielen anderen naturwissenschaftlichen Bereichen kaum mehr wegzudenken. Erst im 19. Jahrhundert erlangten sie durch Gauss Anerkennung und Akzeptanz, ihre Entstehungsgeschichte reicht jedoch zurück bis in das 16. Jahrhundert. Damals versuchte man, Gleichungen zweiten und dritten Grades zu lösen und kam zu dem Ergebnis, dass es mögliche und unmögliche Gleichungen gibt. Die unmöglichen Gleichungen besaßen nach Ansicht der damaligen Mathematiker trotz ihrer Unmöglichkeit eine formal existierende Lösung. Diese Lösungen

166 (wie zum Beispiel die Wurzel aus einer negativen Zahl) hatten jedoch als Zahlen keine reale Bedeutung. Daher verband man den Begriff imaginär mit ihnen. Trotz dieser fehlenden realen Bedeutung konnte mit den imaginären Lösungen gerechnet werden und es entstanden teilweise wieder reelle Lösungen, welche als existent und real galten. 1 Mit dem Fortschritt der Zeit versuchten sich weitere Mathematiker an dem Rechnen mit imaginären Zahlen, wie beispielsweise Cardano. In seiner Ars Magna rechnete er mit negativen Wurzeln, verwarf jedoch aufgrund des fehlenden Sinnes ihre Existenz. Ihm folgten Wissenschaftler, wie Bombelli und Euler, welche die imaginären Zahlen als eine Art neues Vorzeichen ansahen. Doch trotz Eulers virtuosen Rechnungen mit den imaginären Zahlen, war er sich auch unklar über die Natur dieser imaginären Größen: [ ]Und dieser Umstand leitet uns auf den Begriff von solchen Zahlen, welche ihrer Natur nach ohnmöglich sind, und gemeiniglich imaginäre Zahlen, oder eingebildete Zahlen genennt werden, weil sie bloss allein in der Einbildung stattfinden. 2 Die Anerkennung der imaginären Zahlen scheiterte bis dahin daran, dass sich kein Mathematiker die Wurzel aus einer negativen Zahl vorstellen konnte. Erst Gauss brachte durch seine Arbeit mit den imaginären Zahlen den entscheidenden Fortschritt. Er stellte die imaginären Zahlen als Punkte in der Ebene dar und verlieh ihnen ihren heute bekannten Namen: komplexe Zahlen. Für ihn war die komplexe Zahl eine Zusammenfassung aus einem reellen und einem rein imaginären Teil: So wie man sich das ganze Reich aller reellen Größen durch die unendliche gerade Linie denken kann, so kann man das ganze Reich aller Größen, reeller und imaginärer Größen sich durch eine unendliche Ebene sinnlich machen, worin jeder Punkt, durch Abscisse = a Ordinate = b bestimmt, die Größe a + bi gleichsam repräsentiert. 3 Diese Aufnahme der komplexen Zahlen in die Wissenschaft der Mathematik hatte weitreichende Konsequenzen wie beispielsweise das Aufstellen und Beweisen des Fundamentalsatzes der Algebra. Außerhalb der Mathematik finden die komplexen Zahlen heutzutage immer mehr Anwendungsgebiete, vor allem in den Naturwissenschaften. In der Physik sind sie mittlerweile unerlässlich geworden (Mathematische Beschreibung in der Optik, Elektrodynamik und Quantenmechanik) Darstellung komplexer Zahlen Bis zur Einführung der komplexen Zahlen sind folgende Zahlbereiche in der Mathematik bekannt gewesen: 1. Natürliche Zahlen 2. Rationale Zahlen als Erweiterung der natürlichen Zahlen 3. Irrationale Zahlen als Erweiterung der rationalen Zahlen 1 vgl. Niederdrenk-Felgner 2004, S.33 2 Euler, zitiert in Niederdrenk-Felgner 2004, S.33 3 Gauss, zitiert in Ebbinghaus 1983, S.49 4 vgl. Ebbinghaus 1983, S.52 f. PRÄMIERTE FACHARBEITEN mathematik

167 Diese Bereiche werden im Zahlbereich der reellen Zahlen 5 zusammengefasst. Die einzelnen Zahlbereiche entstanden in der Geschichte immer dadurch, dass Probleme gelöst werden mussten, welche mit dem vorherigen Zahlbereich nicht lösbar waren. Zum Beispiel ist es jemandem, der nur den Zahlbereich der natürlichen Zahlen kennt, nicht möglich, die Gleichung zu lösen. Erst die Erweiterung des Zahlbereiches der natürlichen Zahlen mit gebrochenen Zahlen macht das Lösen der Gleichung möglich. 6 Die Mathematik ist mit dem Zahlbereich der reellen Zahlen heute bereits sehr weit fortgeschritten. Doch auch in diesem Zahlbereich existieren noch Gleichungen, welche nicht gelöst werden können. Eine scheinbar unlösbare Aufgabe ist es, die Wurzel aus einer negativen Zahl zu ziehen (z.b. ). Verallgemeinernd kann man sagen, dass die Gleichung somit in (Zahlbereich der reellen Zahlen) keine Lösung besitzt. Wenn die Gleichung mithilfe des Schrittes umgestellt wird und die Wurzel gezogen wird, ergibt sich, die im Zahlbereich der reellen Zahlen nicht definiert ist. Es bietet sich an, einen Zahlbereich zu konstruieren, in dem sich nicht nur die soeben genannte Gleichung lösen lässt, sondern jede existierende quadratische Gleichung, damit maximaler Nutzen aus dem neuen Zahlbereich gezogen werden kann. Zugleich muss dieser Zahlbereich Gültigkeit als Körper besitzen, da ein Erweiterungskörper für den Körper der reellen Zahlen gesucht wird. 7 In diesem neuen Zahlbereich muss demnach jede quadratische Gleichung der Form mit lösbar sein. Mit der Division durch lässt sich jede quadratische Gleichung dieser Form äquivalent auf die Form umformen. Mithilfe der p/q-formel ergeben sich die beiden reellen Lösungen: und. 1) Beispiel für das Lösen mithilfe der p/q-formel: Grundgleichung Grundgleichung Ausgangsbeispiel: umformen zu Ergebnis: umformen zu Ergebnis: Die p/q-formel besitzt jedoch nur eine Lösung, wenn der Term unter der Wurzel (denn = größer oder gleich null ist. Der neue zu konstruierende Zahlbereich, muss also als sinnvolle Erweiterung eine Lösung für ermöglichen. 8 Der erste Schritt bei der Konstruktion dieses neuen Zahlbereiches ist die Einführung einer neuen Zahl, der imaginären Einheit i. 5 vgl. Spiegel 1977, S.1 6 vgl. Dittmann 1971, S.54 7 vgl. Padberg 1995, S.216 f. 8 vgl. Padberg 1995, S.216 f

168 muss so definiert werden, dass das Lösen der Gleichung möglich wird., also Durch diese imaginäre Einheit wird auch die p/q-formel für den Fall lösbar. 9 Diese Lösungen können wie folgt formuliert werden: und. Somit lässt sich die Wurzel aus einer negativen Zahl (bspw. ) durch darstellen. 10 Wie genau die Konstruktion der imaginären Einheit i zustande kommt, lässt sich, ausgehend von den reellen Zahlen, mithilfe der Geometrie erklären. Die reellen Zahlen lassen sich geometrisch als Zeiger auf einer Zahlengeraden darstellen. 2) Reelle Zahlen als Zeiger auf einer Zahlengeraden: Diese Zeiger beginnen immer beim Nullpunkt und die Maßzahl eines Zeigers ist immer gleich dem Betrag. Ein nach links gerichteter Zeiger repräsentiert eine negative Zahl (negativer Zeiger), ein nach rechts gerichteter Zeiger eine positive Zahl (positiver Zeiger). Für die Addition von Zeigern auf dieser Geraden können folgende Regeln aufgestellt werden: Für zwei Zeiger und ist wieder ein Zeiger, zu dessen Spitze man gelangt, indem man von der Spitze von die Länge von nach rechts abträgt, falls positiv ist bzw. nach links abträgt, falls negativ ist. 11 3)Addition von Zeigern auf der Zahlengeraden [ Auch die Subtraktion lässt sich auf diese Art und Weise durchführen, da statt der Subtraktion mit einer positiven Zahl einfach eine Addition mit einer negativen Zahl durchgeführt werden kann (Bsp. wird 9 vgl. Dittmann 1971, S vgl. Baszenski 2012, S.7 f. 11 Niederdrenk-Felgner 2004, S.8 PRÄMIERTE FACHARBEITEN mathematik

169 zu ). 12 Die Multiplikation von Zeigern kann ebenfalls mithilfe der Geometrie dargestellt werden. Hierfür lassen sich abermals Regeln formulieren: Für zwei Zeiger und ist wieder ein Zeiger. Ist positiv, so erhält man, indem mit dem Faktor gestreckt wird; ist negativ, so erhält man, indem mit dem Faktor gestreckt wird und anschließend um um den Nullpunkt gedreht wird (Drehungen immer gegen den Uhrzeigersinn). [ ] 13 4) Multiplikation von Zeigern auf der Zahlengeraden [ ] Zu sehen ist, dass ein Zeiger um gedreht wird, wenn er mit dem Zeiger multipliziert wird. Bei einer zweiten Multiplikation mit wird der Zeiger erneut um gedreht und befindet sich wieder in der Ausgangslage ( ). 5) Doppelte Multiplikation mit Durch diese geometrische Darstellung ist es auch möglich, einen Zeiger zu finden, welcher eine Drehung um bewirkt, wenn man zweimal hintereinander mit ihm multipliziert und somit bei einmaliger Multiplikation mit ihm eine Drehung um bewirkt. 14 Dafür wird der bereits vorhin genannte Zeiger eingeführt, welcher folgende Gesetzmäßigkeiten besitzt: Man führt einen neuen Zeiger ein; er hat die Länge und ist gegenüber um gegen den Uhrzeigersinn gedreht. Für jeden Zeiger soll das Produkt der Zeiger sein, den man erhält, wenn man um gegen den Uhrzeigersinn dreht. Damit ergibt sich speziell. 15 Der Zeiger verlässt die gewohnte Zahlengerade und befindet sich nun in der Ebene vgl. Niederdrenk-Felgner 2004, S.8 13 Niederdrenk-Felgner 2004, S.9 14 vgl. Niederdrenk-Felgner 2004, S.9 15 Niederdrenk-Felgner 2004, S vgl. Baszenski 2012, S

170 6) Der Zeiger 4. Rechenoperationen und ihre Gültigkeit Wird nun die Multiplikation eines Zeigers mit der imaginären Einheit nach dem vorhin genannten Rechengesetz durchgeführt, entsteht, wenn positiv ist, ein Zeiger mit dem Faktor gestreckt. Wenn negativ ist, entsteht ein Zeiger mit dem Faktor gestreckt und ist zusätzlich noch um gedreht. Sowohl die Multiplikation als auch die Multiplikation ist dieselbe, d.h ) Drehstreckung mit Streckungsfaktor 1 und Drehwinkel 90 Diese Zeiger in der Ebene sind neue Zeiger. Die Multiplikation durch kann jedoch auch durch eine bereits bekannte Drehstreckung mit dem Streckfaktor und dem Drehwinkel beschrieben werden. Somit kommt es zu dem Gesetz: Die Multiplikation mit einem Zeiger ungleich auf der Zahlengeraden oder mit dem Zeiger bewirkt stets eine Drehstreckung: Der Streckungsfaktor ist bzw.. Der Drehwinkel ist der Winkel, den der Zeiger mit dem positiven Zahlenstrahl einschließt. 18 Die Multiplikation kann mit beliebigen Zeigern in der Ebene durchgeführt werden. Einzige Bedingung ist, dass all diese Zeiger vom Nullpunkt ausgehen müssen. Generell besteht die Multiplikation mithilfe der Drehstreckung aus zwei Schritten. Im ersten Schritt wird das sogenannte Strecken durchgeführt. Sind zwei Zeiger und vorhanden, so wird bei der Multiplikation zuerst mit dem Faktor gestreckt. Die Streckung erfolgt geometrisch mithilfe des Strahlensatzes. Darauf folgt der zweite Schritt, die Drehung. Der Zeiger wird um den Winkel gedreht, den der Zeiger mit dem positiven Teil der Zahlengeraden einschließt. 17 vgl. Niederdrenk-Felgner 2004, S Niederdrenk-Felgner 2004, S.12 PRÄMIERTE FACHARBEITEN mathematik

171 8) Multiplikation zweier Zeiger in der Ebene 1. Streckung Strahlensatz: 2. Drehung Nach dieser Durchführung lässt sich erkennen, dass zwei Zeiger multipliziert werden, indem man die Beträge der Zeiger multipliziert und die Winkel addiert. 9) Multiplikation nach neuem Multiplikationsgesetz Um dies auch rechnerisch einfach durchführen zu können, wird nun die Betrag-Winkel-Darstellung eingeführt. Schließt ein Zeiger mit einer Länge ( ist eine positive reelle Zahl) einen Winkel

172 ( ) mit der positiven Zahlengeraden ein, so kann er in folgender Form dargestellt werden:. Formales Rechenbeispiel: und ( und, und ) Mithilfe geometrischer Darstellung lässt sich schlussfolgern: = (wenn, dann ) Durch diese Rechnung können das Kommutativ- und das Assoziativgesetz [ und ] für die Zeigermultiplikation als gültig bewiesen werden, denn und sowie und können beliebig vertauscht werden, ohne dass sich das Resultat verändert. Somit erfüllt die Zeigermultiplikation die üblichen Rechengesetze. 19 Nun soll die Gültigkeit der Zeigeraddition im Zahlbereich der komplexen Zahlen bewiesen werden. Sie soll mit der Addition von Zeigern auf der Zahlengeraden übereinstimmen und alle üblichen Rechengesetze erfüllen. Liegen zwei Zeiger und auf einer Geraden, so können sie nach dem am Anfang genannten Rechengesetz für zwei Zeiger auf der Zahlengeraden einfach addiert werden. Die Zeiger können jedoch vom Nullpunkt aus beliebig in die Ebene hineinzeigen. Um diese Zeiger zu addieren, wird ein Parallelogramm eingezeichnet, in welches die vom Nullpunkt ausgehende Diagonale eingezeichnet wird. 10) Addition von Zeigern in der Ebene Die vorhin eingeführte Betrag-Winkel-Darstellung ist bei der Addition jedoch nun nicht mehr anwendbar. Daher wird hierfür eine neue Darstellung einführt, die Summen-Darstellung. 20 Für diese Darstellung wird nicht nur die bisherige Zahlengerade betrachtet, sondern zusätzlich noch die Gerade mit einbezogen, auf welcher der Zeiger liegt. Die bisherige Zahlengerade ( -Achse) wird nun reelle Achse genannt und die neue Zahlengerade ( -Achse) des Zeigers wird nun -Achse genannt vgl. Niederdrenk-Felgner 2004, S. 13 f. 20 vgl. Niederdrenk-Felgner 2004, S Gauss sche Darstellung, vgl. Dittmann 1971, S.63 f. PRÄMIERTE FACHARBEITEN mathematik

173 11) Gauss sche Darstellung Jeder Zeiger, der sich nun in der Ebene befindet, kann eindeutig in eine Summe eines Zeigers auf der reellen Achse und in eine Summe eines Zeigers auf der -Achse zerlegt werden. Geometrisch bewiesen, lässt sich auch als schreiben, wobei einen reellen Zeiger darstellt. Somit ergibt sich folgende Gesetzmäßigkeit: Jeder Zeiger der Ebene lässt sich in der Summen-Darstellung eindeutig schreiben in der Form, wobei und beide reelle Zeiger sind. 22 wird kartesische Form genannt. Zwei Zeiger werden rechnerisch addiert, indem man sowohl ihre reellen Anteile, als auch ihre -Anteile addiert: und (i ausgeklammert) Es wird direkt deutlich, dass die Addition kommutativ und assoziativ [ und ] ist, da sich die Summanden beliebig vertauschen lassen. 23 Nun lassen sich die Multiplikation und die Addition auf die bereits bekannten Rechenoperationen für die reellen Zahlen zurückführen. Jetzt müssen noch die fehlende Subtraktion und Division erklärt werden. Das Distributivgesetz, dass Addition und Multiplikation miteinander verbindet, muss zudem als gültig bewiesen werden. Zuerst wird die Gültigkeit der Subtraktion mithilfe der Addition erklärt. Die Subtraktion lässt sich auf die Addition zurückführen indem eine negative Zahl addiert, anstatt einer positiven Zahl subtrahiert wird. Die Subtraktion mit dem Zeiger z ist dasselbe wie die Addition mit dem um gedrehten Zeiger. Nun kann geometrisch wie mit der Addition gerechnet werden Niederdrenk-Felgner 2004, S vgl. Niederdrenk-Felgner 2004, S.16 ff. 24 vgl. Niederdrenk-Felgner 2004, S

174 12) Subtraktion von Zeigern in der Ebene Es lässt sich rechnerisch feststellen, dass sich die Subtraktion der Zeiger auch auf die Subtraktion von reellen Zahlen zurückführen lässt: und (i ausgeklammert) Die Division kann mithilfe der Multiplikation erklärt werden. Wenn durch eine Zahl geteilt wird, wird mathematisch gesehen mit dem Kehrwert multipliziert. Eine Division durch (bzw., Betrag-Winkel- Darstellung) kann demnach auch als eine Multiplikation mit angesehen werden. Es muss also der Zeiger bestimmt werden. Dazu muss herausgefunden werden, welche Drehstreckung die Drehstreckung rückgängig macht, die entstand, als mit multipliziert wurde (mit dem Streckungsfaktor und dem Drehwinkel ). Dies ist der Fall, wenn der Streckungsfaktor ist (denn eine Streckung mit lässt sich durch eine Streckung mit umkehren) und der Drehwinkel ist (denn eine Drehung um den Winkel lässt sich umkehren, indem eine ganze Kreisumdrehung gemacht wird und wieder abgezogen wird). lässt sich also darstellen als. 13) Herleitung und Darstellung von PRÄMIERTE FACHARBEITEN mathematik

175 Folgende Gesetzmäßigkeit ergibt sich: und ( und ) ( und dienen der Betrag-Winkel-Darstellung) Zwei Zeiger werden dividiert, indem man die Winkel subtrahiert und die Beträge dividiert. Durch darf und kann nicht dividiert werden, denn dann würde in der obigen Gleichung der Bruch stehen, welcher nicht definiert ist. Somit ist auch die Division auf die Division von reellen Zahlen zurückzuführen. 25 Zuletzt muss das Distributivgesetz [ ] auf Gültigkeit hin untersucht werden. Es muss gelten: Zeiger [G 1] Da der Beweis geometrisch erfolgt, wird in Betrag-Winkel-Darstellung dargestellt:. Nun wird die Summe [G 2] untersucht. Im ersten Schritt werden und um den Faktor gestreckt (Strecken), danach um gedreht (Drehen) und dann addiert. Im zweiten Schritt werden und um den Faktor gestreckt (Strecken), dann bereits addiert und danach erst gedreht (Drehen). Es entsteht dasselbe Ergebnis. 14) Distributivgesetz Ausgangssituation: 25 vgl. Niederdrenk-Felgner 2004, S.19 f

176 und werden mit r gestreckt, dann um a gedreht und dann addiert: und werden mit r gestreckt, dann addiert und dann um a gedreht: Daraus folgt die Gültigkeit dieser Gleichung: [G 3] Mithilfe zweier Parallelogramme und des Strahlensatzes kann gezeigt werden, dass derselbe Zeiger entsteht, wenn einmal und mit dem Faktor gestreckt und danach addiert werden und wenn einmal und addiert und erst danach mit dem Faktor gestreckt werden. 15) Erst mit r strecken, dann addieren erst addieren, dann mit r strecken PRÄMIERTE FACHARBEITEN mathematik

177 Somit gilt: [G 4] Unter Berücksichtigung der obigen Gleichung ergibt sich folgende gültige und bewiesene Gleichung: [G1] [G 3] [ausklammern] [denn: ] [G1] [G2] [G4] Somit ist die Gültigkeit des Distributivgesetzes bewiesen. Alle Rechenregeln der reellen Zahlen gelten für die Rechenoperationen mit komplexen Zahlen. Mit diesen eingeführten Rechenoperationen ist bewiesen, dass die Zeiger einen Zahlbereich bilden. 26 Ein Rechenbereich, in dem für Addition und Multiplikation jeweils das Kommutativ- und das Assoziativgesetz gelten und in dem für die Verbindung von Addition und Multiplikation das Distributivgesetz gilt, nennt man einen Zahlbereich. 27 Sie werden nach dieser Definition als Zahlen und nicht mehr als Zeiger bezeichnet. Es ist jetzt möglich, den komplexen Zahlen eine genaue Definition zu geben. Dazu werden zuerst Produkte und Quotienten in der Summendarstellung dargestellt, um Einheitlichkeit zu schaffen: (Doppelte Anwendung des Distributivgesetzes) (Ausklammern von und ersetzen von durch ). 28 Ein Produkt wird auf diese Art und Weise in der Summendarstellung dargestellt. Für Quotienten ist das Ganze komplizierter. Um Quotienten in Summendarstellung darzustellen, muss ein Weg gefunden werden, die Zahl wieder in der Form darzustellen. Um diese Aufgabe zu bewältigen, ist es sinnvoll, aus dem Nenner zu bekommen. Dazu wird der Bruch mit erweitert: Somit ist nun auch in der Summendarstellung angegeben. 29 Wenn Summen in der Form vorhanden sind, kann mit ihnen wie gewohnt gerechnet werden. 26 vgl. Niederdrenk-Felgner 2004, S.20 f. 27 Niederdrenk-Felgner 2004, S vgl. Dittmann 1971, S vgl. Baszenski 2012, S

178 Daraus leitet sich folgende Definition für die Menge der komplexen Zahlen ab: Die Menge der komplexen Zahlen wird symbolisiert durch C. C = { Folgende Rechenoperationen sind in C bewiesen und gültig: Addition: Subtraktion: Multiplikation: Division:. 30 Durch und ist jede komplexe Zahl somit eindeutig bestimmt. heißt der Realteil von {. heißt der Imaginärteil von {. Beide Teile, Realteil und Imaginärteil, sind reelle Zahlen. 31 Daraus folgt, dass Gleichheit zwischen zwei komplexen Zahlen vorliegt, wenn sie in Realteil und Imaginärteil übereinstimmen. 32 Zudem lässt sich folgern, dass reelle Zahlen spezielle komplexe Zahlen sind. 33 Denn Zahlen, deren Imaginärteile gleich Null sind, stellen reelle Zahlen dar: Zahlen, deren Realteil gleich Null ist, stellen rein imäginäre Zahlen dar: 5. Besonderheiten der komplexen Zahlen und ihre Gültigkeit als Körper Bei der Summen-Darstellung des Quotienten wurde bei der Berechnung von die Tatsache ausgenutzt, dass das Produkt von und immer eine reelle Zahl ergibt. Die komplexen Zahlen und werden als konjugiert zueinander bezeichnet. 16) Konjugierte komplexe Zahlen 30 vgl. Niederdrenk-Felgner 2004, S.22 f. 31 vgl. Spiegel 1977, S.3 32 vgl. Baszenski 2012, S.9 33 Niederdrenk-Felgner 2004, S.23 PRÄMIERTE FACHARBEITEN mathematik

179 Die zu konjugierte Zahl wird mit bezeichnet und man erhält sie, indem das Vorzeichen des Imaginärteils von umgedreht wird. 34 Somit ergeben sich die folgenden Beziehungen:, denn konjugiert ergibt i (Vorzeichen von { wird umgedreht) {, denn ( fällt weg, { bleibt zweimal stehen) {, denn ( { bleibt zweimal stehen) Auf diese Weise kann auch beschrieben werden, ohne { und { ) zu verwenden:, somit ( ), Daher gilt für 35 Für den Betrag einer komplexen Zahl gilt { {, da der Betrag den Abstand zum Ursprung in der Gauss schen Zahlenebene darstellt ) Betrag einer komplexen Zahl Nach dem Satz des Pythagoras gilt { { Im obigen Abschnitt wurde bewiesen, dass beim Ausführen der vier Rechenoperationen in C immer komplexe Zahlen als Ergebnis entstehen. Somit wurde die Gültigkeit folgender Axiome bewiesen: Für die Addition gelten das Kommutativ- und das Assoziativgesetz. Zu jeder Zahl gibt es eine Zahl, sodass gilt. Für die Multiplikation gelten das Kommutativ- und das Assoziativgesetz. Zu jeder Zahl 34 vgl. Baszenski 2012, S vgl. Niederdrenk-Felgner 2004, S vgl. Spiegel 1977, S

180 außer gibt es eine Zahl, sodass gilt. Es gilt das Distributivgesetz. Für jede Zahl gilt: und. 37 Zusammengefasst sind dadurch Abgeschlossenheit, Kommutativ-Gesetz der Addition, Assoziativgesetz der Addition, Kommutativ-Gesetz der Multiplikation, Assoziativgesetz der Multiplikation, Distributivgesetz, Existenz der Null und der Eins, sowie Existenz des Negativen und des Inversen nachgewiesen worden. 38 Die Menge C der komplexen Zahlen bildet nach der Definition von Richard Dedekind einen Körper, 39 welcher einen gültigen und sinnvollen Erweiterungskörper für den bereits bestehenden Körper der reellen Zahlen darstellt. Die Gleichung besitzt jetzt eine Lösung. Die Lösung lautet ( ). Zu den reellen Lösungen der p/q-formel: und kommen nun noch die komplexen Lösungen: und Die komplexen Lösungen stellen eine Lösung für dar. Dies hat zur Folge, dass Funktionen n-ten Grades nicht mehr maximal n Nullstellen besitzen, sondern exakt n Nullstellen, da die p/q-formel im Ergebnis nicht länger auf beschränkt ist. Alle quadratischen Gleichungen sind nun im Körper der komplexen Zahlen lösbar. Hervorzuheben ist jedoch, dass die Wurzel aus einer negativen Zahl an sich trotz der Einführung dieses Erweiterungskörpers nicht real existent ist. Die folgende Rechnung veranschaulicht dies: ( ) Denn die Formel ist nur für positive Radikanden definiert Schlusswort Abschließend lässt sich sagen, dass die komplexen Zahlen eine höchst wichtige mathematische Bedeutung haben. Sie ermöglichen Rechnungen und Lösungen, welche vorher in keinster Weise für möglich gehalten wurden. Genauso wie der Körper der reellen Zahlen eine Erweiterung für den Körper der rationalen Zahlen darstellt, so stellt auch der Körper der komplexen Zahlen eine wichtige Erweiterung für den Körper der reellen Zahlen dar. 37 Niederdrenk-Felgner, S vgl. Spiegel 1977, S.3 39 vgl. Niederdrenk-Felgner 2004, S vgl. Baszenski 2012, S.7 f. 41 vgl. Dittmann, S.55 PRÄMIERTE FACHARBEITEN mathematik

181 Trotz ihrer Komplexität kann mit den komplexen Zahlen mithilfe gewohnter Rechenoperationen gerechnet werden und auch ihre Darstellung wurde durch die Gauss sche Zahlenebene einfach gestaltet. Verweise 1. Baszenski, Prof. G., 2012, Komplexe Zahlen, Skriptum zur Vorlesung. Fachhochschule Dortmund 2. Dittmann, Dr. H., 1971, Algebraische Strukturen und Gleichungen, Bayerischer Schulbuch- Verlag, München. ISBN Ebbinghaus, H.-D. und H. Hermes und F. Hirzebruch und M. Koecher und K. Mainzer und A. Prestel und R. Remmert, 1983, Grundwissen Mathematik 1, Zahlen, Springer Verlag Berlin- Heidelberg-New York. ISBN X 4. Niederdrenk-Felgner, C., 2004, Lambacher Schweizer Themenheft, Komplexe Zahlen, Ernst Klett Verlag, Stuttgart. ISBN X 5. Padberg, F. und Rainer Dankwerts und Martin Stein, 1995, Zahlbereiche Eine elementare Einführung, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg-Berlin-Oxford. ISBN Spiegel, Ph. D. Murray R., 1977, Komplexe Variablen, McGraw-Hill Inc. ISBN

182 Max Pernklau 1. Platz Physik Stadtgymnasium Dortmund Kerstin Yang Zhang 1. Platz Chemie Gymnasium an der Schweizer Allee Dortmund Philipp Piontek 3. Platz Physik Hildegardis-Schule Hagen PRÄMIERTE FACHARBEITEN physik

183 Physik 1. Platz: Max Pernklau Stadtgymnasium Dortmund Betreuende Lehrperson: Gutachter: Herr Windt Jun.-Prof. Dr. Jan Benedikt Analyse von Rotationsbewegungen am Beispiel des Trebuchets 1. Einleitung Abb. 1: Nachbau eines historischen Trebuchets. Standort: Burg Castelnaud, Südfrankreich Vorwort Das Thema einer Facharbeit in Physik sollte drei Kriterien erfüllen: Es sollte eine Erweiterung des im Unterricht durchgenommenen Stoffes darstellen, es sollte eine gewisse Komplexität aufweisen, ohne jedoch kompliziert zu sein und schließlich sollte es -nach Möglichkeit- experimentell belegbar bzw. anschaulich sein. Welches Thema wäre daher also passender als das Trebuchet? Das Thema Rotationsdynamik gehört nicht zum Unterrichtsstoff, kann aber mit vertretbarem Aufwand angeeignet werden, zumal einige Unterrichtsthemen schon darauf hinarbeiten, wie die Hebelgesetze. Bei der Herleitung der Rechnung kann größtenteils auf einfache Schulmathematik zurückgegriffen werden, sodass sie trotz ihrer Länge nachvollziehbar bleibt. 1 b/b2/trebuchet_castelnaud.jpg

184 Mit dem Trebuchet ist des Weiteren die Rotationsdynamik gut zu veranschaulichen, da man statt schlecht fassbarer Trägheitsmomente oder Winkelgeschwindigkeiten etwa die gut vorstellbare Schussweite ausrechnen kann. Mit einem interessanten Experiment kann ferner nicht nur die Richtigkeit der Berechnungen belegt, sondern auch das Experiment optimiert werden. Neben meinem persönlichen Interesse ist das Trebuchet also ein spannendes und angemessenes Thema, das eines genaueren Blick wert ist. Diese Facharbeit beschäftigt sich im Besonderen mit der Frage, wie weit ein Trebuchet schießen kann. Dies ist, neben der Schusshöhe, die interessanteste und anschaulichste Fragestellung. Dabei wird die relevante Mechanik starrer Körper definiert und angewandt, um die Fragestellung angemessen zu beantworten. 1.2 Das Trebuchet Das Trebuchet, im deutschen Raum auch Bilde oder Tribock genannt, ist eine Belagerungswaffe aus dem Hochmittelalter. Es wurde vermutlich um 1097 erfunden und - trotz der Einführung des Schießpulvers im 13. Jahrhundert - bis ins 15. Jahrhundert - hinein benutzt. Die Grundkonstruktion des Trebuchets besteht aus einem Hebel mit einem kurzen und einem langen Arm. Am Ende des kurzen Arms ist ein sogenanntes Gegengewicht befestigt, das den Antrieb der Waffe darstellt. Am Ende des langen Arms befindet sich ein Geschoss, welches beim Hinunterfallen des Gegengewichtes geschleudert wird. Weil das Trebuchet also keine Federn, Seile oder ähnliches als Antrieb benutzt, konnte es in fast beliebiger Größe und aus gut verfügbaren Materialien gebaut werden, sodass es eine der verheerendsten und am besten ausgereiften Waffen des Mittelalters wurde. 2. Physikalische Grundlagen 2.1 Drehmoment und impuls Im Grunde ist die Mechanik starrer Körper keine neue Entdeckung im Reich der Physik. Sie ist nur eine Erweiterung der Mechanik der Massepunkte, um gewisse Problemstellungen zu vereinfachen. Ohne Experimente, sondern nur mit Mathematik und physikalischem Denken lässt sie sich aus der Mechanik der Massepunkte herleiten. Das Hebelgesetz. Das Hebelgesetz sagt aus, dass ein drehbar gelagerter Balken, an dessen Enden zwei Gewichte hängen (oder allgemeiner: zwei Kräfte wirken), sich in Ruhe befindet, wenn (2.1.1) gilt. Dabei sind und die Entfernungen der jeweiligen Kräfte zum Drehpunkt. Wenn die Kräfte nicht nur senkrecht zum Balken wirken dürfen, muss (2.1.1) vektoriell geschrieben werden: (2.1.2) Anhand dieser Formel lässt sich nun das Drehmoment definieren: (2.1.3) (2.1.4) PRÄMIERTE FACHARBEITEN physik

185 (2.1.5) Gleichen sich also alle Drehmomente aus, befindet sich der Hebel oder (allgemeiner) ein starrer Körper im Gleichgewicht, analog zum Gleichgewicht durch Kräftefreiheit. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass, wenn an einem Körper zwei entgegengesetzt gleiche Kräfte angreifen, dieser Körper zwar keiner Translation unterzogen wird, aber trotzdem anfangen kann, zu rotieren, da die Kräfte an unterschiedlichen Punkten angreifen können (, weil Der Drehimpuls: Analog zum Impuls von Massepunkten kann auch der Drehimpuls Aufleitung des Drehmomentes definiert werden: als zeitliche (2.1.6) (2.1.7) (2.1.8) (2.1.9) Da nach Impulserhaltung gilt, gilt diese auch für den Drehimpuls denn wird nur mit einem zeitlich konstanten Wert multipliziert (r). Ein starrer Körper, auf den kein Drehmoment wirkt, rotiert also mit gleichbleibender Winkelgeschwindigkeit: Jeder Massepunkt des Körpers bewegt sich auf einer Kreisbahn und alle Massepunkte eines starren Körpers besitzen die gleiche Winkelgeschwindigkeit. 2.2 Trägheitsmoment Mit der bisherigen Herleitung ergibt sich ein Problem: Mit den bisherigen Formeln wird nur der statische Fall betrachtet. Aber wie wirkt sich ein Drehmoment auf die Geschwindigkeit eines starren Körpers aus, wie groß ist dessen Trägheit? Der starre Körper: Ein starrer Körper ist ein System von Massepunkten, die untereinander (in guter Näherung) fest verbunden sind. Die Rotationsmechanik berücksichtigt also nicht mehr nur den Schwerpunkt von Körpern, sondern auch deren tatsächliche Ausdehnung, denn ein Körper verteilt seine Masse über sein gesamtes Volumen: ( (2.2.10) Um die tatsächliche Trägheit des gesamten Systems zur berechnen, müssen also nur die Trägheiten der einzelnen Massepunkte aufaddiert werden. Wie stark ein Massepunkt zur Trägheit des starren Körpers beiträgt, hängt davon ab, wie weit er von der Rotationsachse entfernt liegt (2.1.9). Dabei wird über den Drehimpuls argumentiert, denn der Gesamtdrehimpuls muss gleich dem Drehimpuls aller Massepunkte sein:

186 (2.2.11) ( (2.2.12) Auflösen und vereinfachen ergibt: (2.2.13) Analog zur Definition des Impulses ( wird auch hier eine Geschwindigkeit mit einer Trägheit multipliziert. Es wird also zusammengefasst: (2.2.14) (2.2.15) (2.2.16) Durch Integration über das Volumen kann man so das Trägheitsmoment beliebig geformter Körper relativ zu beliebig ausgerichteten Drehachsen berechnen: ( (2.2.17) 2.3 Rotationsenergie Die Rotationsenergie kann aus der kinetischen Energie aller Massepunkte hergeleitet werden: (2.3.18) ( (2.3.19) Eine längere Rechnung ergibt die - erwartungsgemäß zur kinetischen Energie analoge -Rotationsenergie: (2.3.20) 3. Anwendung Abb. 2: Links: Die Konstruktion des Trebuchets. Rechts: Der Autor spannt das Trebuchet. PRÄMIERTE FACHARBEITEN physik

187 3.1 Variablendeklaration Um Unklarheiten in der Benennung von Variablen im Vorhinein zu vermeiden, ist es am besten, sämtliche Variablennamen ganz auszuschreiben (z.b. ). Dadurch werden jedoch viele Terme, insbesondere in (3.3), unleserlich. Deswegen habe ich mich für einen, maximal zwei Buchstaben pro Objekt entschlossen. Folgende, nicht selbsterklärende Indices werden verwendet: k : Der kurze Hebelarm, an dem das Gegengewicht befestigt ist. l : Der lange Hebelarm, an dessen Ende sich das Geschoss befindet. lk : Der gesamte Hebelarm. P : Das Geschoss (abgeleitet von Projektil). G : Das Gegengewicht. Wenn eine Variable auch ohne Index einen eindeutigen Namen besitzt (etwa das Drehmoment der Index ausgelassen. ), wird 3.2 Erste Abschätzungen mithilfe der allgemeinen Energieerhaltung Bei vielen Problemen in der Mechanik ist es ausreichend oder zumindest hilfreich zu versuchen, das Problem mithilfe der Energieerhaltung zu formulieren, um eine erste Abschätzung vornehmen zu können. Energie des Wurfarmes: Zunächst bestimmen wir die Gesamtenergie, die wir dem Trebuchet zuführen: (3.2.1) Dabei ist die Höhe und die Masse des Gegengewichtes. Wenn wir davon ausgehen, dass das Geschoss in dem Moment freigegeben wird, wenn das Gegengewicht seine tiefste Stelle erreicht (also wenn gilt), wird diese Energie auch bestmöglich genutzt. Man könnte schlussfolgern, dass die Reichweite des Trebuchets direkt von abhinge, also sei. Jedoch schwingt der Wurfarm nach Abwurf des Geschosses weiter. Dafür ist natürlich auch Energie notwendig, die dann nicht mehr dem Geschoss zur Verfügung stehen kann. Natürlich gibt es auch keine lineare Abhängigkeit, also etwa, denn der Wurfarm hat an verschiedenen Stellen eine unterschiedliche Geschwindigkeit und deswegen auch eine unterschiedlich hohe kinetische Energie. Energie des Geschosses: Die Reichweite s des Trebuchets hängt hauptsächlich von der Anfangsgeschwindigkeit und so von der anfänglichen, kinetischen Energie des Geschosses ab: (3.2.2) (3.2.3)

188 Wenn man die Luftreibung vernachlässigt und den Abwurfwinkel setzt, um die maximale Reichweite zu erzielen (ein Winkel von 0 entspricht der Waagerechten), ergibt sich durch Äquivalenzumformung sofort die Reichweite in Abhängigkeit von der Energie: ( (3.2.4) Damit ist klar, dass für die reale Reichweite in jedem Fall ( (3.2.5) gelten muss. Mehr Informationen können mit der einfachen Energieerhaltung noch nicht gewonnen werden, die Verbesserung wird in (3.4) vorgenommen. 3.3 Berechnung als starrer Körper Um die tatsächliche Abwurfgeschwindigkeit und damit die Reichweite des Trebuchets zu bestimmen, ist es nun notwendig, den Wurfarm als starren Körper anzusehen. Das Drehmoment des Gegengewichtes: An einem Ende des Wurfarms (physikalisch betrachtet des Hebelarms) greift die Gewichtskraft des Gegengewichts an. Beim Schwingen zwingt der Wurfarm das Gegengewicht auf eine Kreisbahn. Es liegt also ein Drehmoment vor, welches vom Winkel des Wurfarmes abhängt, da die Gewichtskraft des Gegengewichts immer nach unten zeigt, während der Wurfarm seinen Winkel verändert: (3.3.6) (3.3.7) Dabei beschreibt die Waagerechte. Das Trägheitsmoment des Wurfarms: Um die Beschleunigung des Wurfarms zu bestimmen, muss dessen Trägheitsmoment bekannt sein. Dazu wird der Wurfarm zu einem Quader von homogener Dichte vereinfacht, dessen Querschnitt und Länge ist. 2 Ein Blick in die Formelsammlung oder ein einfaches Volumenintegral 3 liefert Folgendes: (3.3.8) Dabei bleibt jedoch die Lage der Rotationsachse unberücksichtigt: Diese muss nicht mit der Symmetrieachse des Wurfarmes (wie suggeriert) zusammenfallen. Etwa bei historischen Trebuchets liegt sie bei. Um (3.3.3) entsprechend zu modifizieren, wird der Steiner sche Verschiebungssatz verwendet: ( (3.3.9) 2 natürlich gilt 3 für Berechnung s. Anhang PRÄMIERTE FACHARBEITEN physik

189 ( (3.3.10) In (3.3.9) wird die Entfernung der Symmetrieachse zur tatsächlichen Rotationsachse berechnet. Bisher wurde nur das Trägheitsmoment des Arms berechnet, jedoch nicht das des Geschosses. Dieses kann hier gut durch das Trägheitsmoment einer Punktmasse am Ende des Wurfarmes repräsentiert werden, welches einfach zu addiert wird: ( (3.3.11) Warum beeinflusst das Gegengewicht des Trebuchets nicht? Das Gegengewicht gibt die Geschwindigkeit des Arms vor: Der Arm des Trebuchets kann natürlich niemals schneller werden als das fallende Gegengewicht. Oder anders ausgedrückt: Die Trägheit des Gegengewichts spielt keine Rolle, da es niemals durch den Arm beschleunigt wird, sondern nur durch die Gravitationskraft. Die Endgeschwindigkeit: Mit den Formeln (3.3.7) und (3.3.11) kann nun die allgemeine Bewegungsgleichung aufgestellt werden, es gilt (2.2.16): (3.3.12) ( ( ( ( (3.3.13) (3.3.14) Hier wird ein grundlegendes Problem deutlich: Die Bewegungsgleichung enthält den Kosinus ihrer eigenen (zweifachen) Aufleitung. Die Lösung der sich daraus ergebenden Differentialgleichung würde sowohl den mathematischen Rahmen dieser Facharbeit sprengen als auch die Nachvollziehbarkeit der weiteren Rechnung erheblich beeinträchtigen. Deswegen wird die Vereinfachung vorgenommen. 4 Wenn man (3.3.14) jetzt nach der Zeit integriert, erhält man die Winkelgeschwindigkeit, nochmaliges Integrieren führt zum Winkel des Wurfarmes: ( ( (3.3.15) ( ( (3.3.16) Dabei ist der Winkel des Wurfarmes relativ zur Horizontalen, d.h. ist waagerecht. Um die Endwinkelgeschwindigkeit zu erhalten, muss man nun (3.3.16) nach umformen und in (3.3.15) einsetzen. 5 4 das ergibt sich aus dem Mittelwert des Kosinus, gewichtet in Richtung denn der beschleunigende Wurfarm hält sich viel länger bei als bei auf 5 für genauere Äquivalenzumformungen: s. Anhang

190 Dann kann man nach (2.1.9) die Abwurfgeschwindigkeit des Geschosses errechnen, welches sich bei befindet: ( (3.3.17) (3.3.18) Das so errechnete wird in (3.2.2) eingesetzt und mit (3.3.14) vereinfacht, ( ( ( (3.3.19) Um dann mit (3.3.11) und weiterer Vereinfachung auf die Reichweite des Trebuchets zu kommen: ( ( ( ( ( ) (3.3.20) Deutung: Dieser Term besteht aus verschiedenen, mit einander konkurrierenden Ausdrücken: Um eine maximale Reichweite zu erreichen, muss möglichst 45 sein ( (, während möglichst 90 betragen sollte, da der Hebelarm bis zu diesem Punkt das Geschoss in Schussrichtung beschleunigen kann. Danach wird es verzögert, denn das Gegengewicht wird wieder angehoben. Mit einem einfachen Hebelarm, bei dem gilt, ist nur ein Kompromiss erreichbar, weswegen bei vielen echten Trebuchets das Geschoss über ein Seil mit dem Wurfarm verbunden ist. Da das Geschoss nicht sofort beschleunigt wird, sondern erst das Seil gestrafft werden muss, ist. Ein positiver Nebeneffekt ist, dass das Seil vergrößert, ohne jedoch das Trägheitsmoment nennenswert zu steigern, da. Das hinterherhinkende Seil zu berechnen ist indes doch recht komplex, weswegen es hier nicht berücksichtigt wird. Zwei weitere konkurrierende Faktoren sind die Länge der Hebelarme und ihre Trägheitsmomente: Ein größeres erhöht natürlich das Drehmoment des Gegengewichtes und kann das Geschoss also besser beschleunigen. Deswegen steht im Zähler. Aber ein größeres führt natürlich auch zu einem größeren, was das Trägheitsmoment erhöht. Das wiederum verringert die Beschleunigung des Geschosses. Deswegen steht auch im Nenner. Das gleiche gilt natürlich auch für. In der Praxis ist es also wichtig, möglichst klein gegenüber zu halten, ohne jedoch auf einen großen Hebel ( ) zu verzichten. Darin liegt auch die Schwierigkeit, ein gutes Trebuchet zu bauen: Wie man an dem Term sieht, ist es nicht ohne weiteres möglich, ein Maximum auszurechnen. PRÄMIERTE FACHARBEITEN physik

191 3.4 Berechnung mithilfe der Energieerhaltung unter Berücksichtigung der Rotationsmechanik Der bisherige Rechenweg ist recht aufwändig gewesen. Vielleicht bietet die Energieerhaltung einen einfacheren Lösungsweg, wenn man sie um die Erhaltung der Rotationsenergie erweitert (2.3.20)? Energie des Wurfarmes: Gleichung (3.2.1) gilt natürlich weiterhin; die Energie des Wurfarmes wird diesmal aber auch durch die Rotationsenergie ausgedrückt: (3.4.21) Damit wird es möglich, die Energie auszurechnen, die dem Trebuchet verloren geht, wenn das Geschoss sich löst. Dafür werden die unterschiedlichen Trägheitsmomente (3.3.10), (3.3.11) gebraucht, die schon im vorherigen Unterkapitel ausgerechnet worden sind: (3.4.22) (3.4.23) (3.4.24) Damit und mit den Erkenntnissen aus (3.1) kann die Reichweite beschrieben werden: ( (3.4.25) Diese Gleichung sieht schon erheblich einfacher aus als etwa (3.3.20). Doch es tritt ein Problem auf: Um zu berechnen, benötigt man wieder das gesamte Trägheitsmoment und die in (3.3) vorgenommene Vereinfachung. Wenn man weiter umformt und einsetzt, erhält man (3.3.20). Hier ist die Energieerhaltung also kein einfacherer Weg zum Ziel, sondern ein gleichwertiger. Dennoch bestätigt sie die Richtigkeit des ersten Lösungsweges. 4. Praktische Überprüfung Abb. 3: Das Trebuchet in Aktion

192 4.1 Aufbau Das von mir gebaute Trebuchet besteht aus zwei 1 m langen PVC-Rohren (4 cm Durchmesser) auf allen vier Seiten, wobei jeweils vier Rohre über zwei 45 -Stücke und ein T-Stück verbunden sind (s. Bild). Die zwei T-Stücke sind über die Drehachse miteinander verbunden und werden durch zwei Abspannseile gesichert. Die Achse befindet sich in etwa 1,5 m Höhe und ist 1 m lang, ihre Biegefestigkeit wird durch im Innern liegende Holzstäbe verbessert. Der Hebelarm besteht aus einem 2 m langen Rohr als Wurfarm und zwei 44 cm langen Rohren als Gegengewichtsarm, an dessen Ende ein gefüllter Getränkekasten (Gewicht 1-18 kg, je nach Anzahl der Flaschen) mit einem Gartenschlauch befestigt ist. Diese drei Rohre sind über drei T-Stücke miteinander verbunden, die Rohre des Hebelarmes und die T-Stücke haben einen größeren Innendurchmesser als die Achse, um drehbar zu sein. Des Weiteren ist der Wurfarm mit dem Gegengewichtsarm über ein 1 m langes Rohr verbunden, da die T-Stücke allein nicht verwindungssteif sind. Das Geschoss ist ein Golfball, der mit Drachenschnur an einem Haken am Ende des Wurfarmes hängt. Technische Daten: 4.2 Durchführung Um das Geschoss abzuschießen, wird der Wurfarm nach unten gedrückt oder das Gegengewicht angehoben. Dann wird die Schlaufe der Schnur, an der der Golfball hängt, an einen Haken am Ende des Wurfarmes eingehängt. Die Länge der Schnur und der Winkel des Hakens bestimmen den Abwurfwinkel. Schließlich wird der Wurfarm freigegeben und das Geschoss wird geworfen. Ein Video zur Demonstration ist im Internet unter zu finden. 4.3 Ergebnisse Die maximale Reichweite des Trebuchets liegt nach einigen Testläufen mit 12 kg Gegengewicht bei 49 m. Einsetzen der realen Werte meines Trebuchets in (3.3.20) ergibt Folgendes: 6 ( ( ) ( ( ( ( ) ( 6 der Faktor muss angepasst werden, denn der Wurfarm kann bis auf -45 heruntergezogen werden, wie dem Bild zu entnehmen ist: PRÄMIERTE FACHARBEITEN physik

193 Die Abweichung von ca. 25% ist auf den nicht perfekten Abwurfwinkel, die Vereinfachung in (3.3.14) und vor allem auf die Reibungsverluste durch die Achse zurückzuführen. Der Luftwiderstand und der Federeffekt (s. Bild) des Hebelarms spielen auch eine nicht unerhebliche Rolle. Der Luftwiderstand des Geschosses hingegen ist kein Faktor, der die Reichweite meines Trebuchets stark beeinflusst, denn der Golfball ist recht aerodynamisch und die maximale Geschwindigkeit des Geschosses (etwa 20 m/s) ist gering. Die Stokes sche Reibung des Balles ist mit maximal vernachlässigbar gering. Zwar ist die Abweichung recht groß, aber wenn man bedenkt, dass die Formel weder die Reibungsverluste an der Achse noch den Luftwiderstand des Hebelarms berücksichtigt, ist sie trotzdem eine gute Abschätzung für die Reichweite. 5. Schluss 5.1 Reflexion Ich wäre gerne noch genauer auf die Berechnung des Trägheitsmoments eingegangen, z.b. in Form einer ausführlichen Herleitung. Auch wäre eine Herleitung zum Steiner sche Verschiebungssatz mithilfe von (2.2.17) wünschenswert gewesen. Ich habe darauf aber verzichtet, da diese Herleitungen mathematischer Natur sind und die Länge dieser Facharbeit noch weiter ausgedehnt hätten. Ein weiterer Punkt ist der Verzicht auf die Definition der Einheiten von. Dies geschah vor allem deswegen, weil die Definition für die Berechnungen am Trebuchet keine Rolle spielen, da sie sich am Ende herauskürzen und weil diese Einheiten tendenziell eher schwierig zu fassen, d.h. vorzustellen, sind. Es ist also nicht zweckdienlich, diese hier zu definieren. Ich habe auch weitestgehend lange Äquivalenzumformungen vermieden, um die Facharbeit kurz und übersichtlich zu halten. Äquivalenzumformungen sind schließlich rein mathematisch und im Zweifelsfall am Computer oder auf dem Papier schnell und einfach nachzuvollziehen. Ferner hätte ich gerne noch die Reibungsverluste an der Achse mit in die Formel aufgenommen, aber der Reibungskoeffizienten von PVC gegen PVC scheint sehr schwierig zu finden zu sein. Das Gleiche gilt für die Federhärte der Rohre. 5.2 Ausblick Mit den diskutierten Formeln kann man natürlich nicht nur das Experiment überprüfen, sondern auch verbessern. Mit einem Funktionsplotter lässt sich z.b. die Reichweite in Abhängigkeit verschiedener Parameter trotz der komplexen Formel gut darstellen und so das bereits gebaute Trebuchet optimieren. Das Schmieren der Drehachse oder der Einbau eines Kugellagers könnten ferner die Reichweite zusätzlich erhöhen. Eine andere Möglichkeit wäre, das Gegengewicht nicht nur mit der Schnur am Hebel zu befestigen, sondern auch diese über eine Evolvente (wie etwa über den Zahn eines Zahnrads) abzurollen,

194 um den Hebel beim Fallen des Gegengewichts zu vergrößern, um die sich verringernde Kraft senkrecht zum Hebelarm zu kompensieren. Eine sehr einfache Möglichkeit ist es, das Gegengewicht zu vergrößern: Bei meinen Experimenten habe ich mit bis zu 18 kg getestet, jedoch sind für weitere Massesteigerungen dickere Rohre notwendig, um eine zu große Belastung an den Übergangsstellen, die flexibel sein müssen, zu vermeiden. Es ist auch möglich, den Wurfarm ganz oder teilweise durch kohlefaserverstärktes Drachengestänge zu ersetzen, um das Trägheitsmoment zu verringern (ein Halbieren der Hebelmasse hätte eine 1,8-fache Steigerung der Reichweite zur Folge). Aber auch die Formel selbst lässt sich noch verbessern: Durch das Einbeziehen von Reibung an der Achse kann die Genauigkeit noch erhöht werden. Mithilfe einer numerischen Analyse kann auch der Luftwiderstand des Hebels errechnet werden. Zudem kann dann auch ohne die Vereinfachung gerechnet werden. Natürlich ist dafür dann aber ein Computer notwendig. Verweise 1. Bierwerth, Hartmann, Herr, Wieneke, Formeln der Technik, 1. Aufl., Haan-Gruiten 2007, ISBN Chevedden, Paul E., The Invention of the Counterweight Trebuchet: A Study in Cultural Diffusion, Dieter Meschede (Hg.), Gerthsen Physik, 24. Aufl., Bonn , ISBN Metin Tolan, Physik A2 im WS 2011/2012, Powerpoint-Folien zur Vorlesung. 5. o.v.: b/b2/trebuchet_castelnaud.jpg PRÄMIERTE FACHARBEITEN physik

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197 Physik 2. Platz: Jessica Göbel Geschwister- Scholl- Gymnasium Wetter Betreuende Lehrperson: Gutachter: Frau Schreiber Jun.-Prof. Dr. Jan Benedikt Experiment zur h-bestimmung mithilfe des Photoelektrischen Effekts 1. Einleitung Für mich stellt Licht, als etwas, das man nicht anfassen und nur schwer beschreiben kann, schon immer eine gewisse Faszination dar. Im letzten Jahr wurde diese Faszination durch mein Schülerpraktikum bei dem Lampenhersteller OSRAM, wo ich viele Erfahrungen sammeln und Vorkenntnisse erwerben konnte, nur noch bestärkt. Nach diesem Praktikum begann ich mir die Frage zu stellen, was Licht im Detail ist. Als dann feststand, dass ich meine Facharbeit im Grundkurs Physik schreiben würde, beschloss ich, diese Gelegenheit zu nutzen und das Thema zu wählen. Da dies jedoch ein sehr weites Thema ist, habe ich erst einmal begonnen, allgemein zu recherchieren und nach einem geeigneten Teilaspekt Ausschau zu halten. Über den Fachbegriff Welle-Teilchen-Dualismus gelangte ich schnell zum photoelekrtischen Effekt und zum Planck schen Wirkungsquantum, welches eine Naturkonstante ist, die mit dem Buchstaben h bezeichnet wird. Sie wurde 1900 von dem Physiker Max Planck entdeckt und auch nach ihm benannt. Nachdem sich für mich sogar die Möglichkeit ergab, einen passenden Versuch zur Bestimmung der Konstante h in der Schule durchzuführen, war mein Wunschthema sehr schnell klar. Zusätzlich konnte ich hierbei einen weiteren persönlichen Interessenbereich sehr gut einbringen. Da ich den Geschichtsleistungskurs belege und dieses Fach auch als Option für meine Facharbeit in Betracht gezogen hatte, freute es mich umso mehr, dass die Entdeckung von h eine recht lange Geschichte mit sich bringt. Denn es hatte Jahre gedauert, die daraus resultierende revolutionäre Quantentheorie zu beweisen. Außerdem waren einige wichtige und bekannte Physiker daran beteiligt, beispielsweise Albert Einstein. Fächerübergreifend arbeiten zu können und meine großen Interessen verbinden zu können, hat die Entscheidung für das Planck sche Wirkungsquantum als Thema für meine Facharbeit zu verwenden nur noch bekräftigt. Im Folgenden werde ich, wie bereits angedeutet, den geschichtlichen Kontext der Entdeckung der Konstante h genauer untersuchen, meinen ausgeführten Versuch genauer beschreiben und die Ergebnisse

198 auswerten. Was den letzten Punkt angeht, so werde ich über die Versuchsdurchführung hinaus verschiedene Möglichkeiten der Auswertung in Betracht ziehen und genauer erläutern. 2. Geschichtlicher Hintergrund 2.1 Einleitung Die Konstante h, oder auch das Planck sches Wirkungsquantum, wurde nach dem deutschen Physiker Max Planck benannt, der von 1858 bis 1947 lebte. Im Jahre 1900 fand Planck heraus, dass die Energie der Strahlung nicht jeden Wert annehmen kann, sondern immer nur ganzzahlige Vielfache der Konstanten h. Doch es sind auch noch andere Physiker an der Entdeckung des Planck schen Wirkungsquantums beteiligt gewesen bzw. lieferten mit technischen Entwicklungen und physikalischen Erkenntnissen die nötigen Voraussetzungen für die Arbeiten von Planck. 2.2 Entdeckung des Photoeffekts Im Jahre 1887 untersuchte der Physiker Heinrich Hertz ( ) elektromagnetische Schwingungen und stellte bei einem seiner Experimente überraschend fest, dass die Funken einer Funkenstrecke seines Versuchsaufbaus deutlich leichter übersprangen, als sie mit ultraviolettem Licht bestrahlt wurden. Er selbst untersuchte diese Auffälligkeit nicht genauer, aber seine Schüler Wilhelm Hallwachs ( ) und Philipp Lenard ( ) stellten weitere Nachforschungen dazu an. Die beiden fanden experimentell heraus, dass elektromagnetische Strahlung mit passender Frequenz Elektronen aus der Metalloberfläche ablöst Plancks Entdeckung Für die Wissenschaftler im 19. Jahrhundert war die Erklärung eines elektromagnetischen Spektrums, welches von allen Körpern ausgestrahlt wird, sehr problematisch. Im Jahre 1900 untersuchte der deutsche Physiker Max Planck ( ) experimentell die Strahlung von schwarzen Körpern. Körper, die wir schwarz sehen, absorbieren die gesamte Strahlung, die auf sie fällt und reflektieren kein Farbspektrum. Zu der Zeit als Planck den Zusammenhang von Wellenlänge und Lichtintensität untersuchte, gab es bereits zwei Theorien, die diesen Zusammenhang zu erklären versuchten. Aber sowohl Wiens Theorie, als auch die Rayleigh-Jeans Theorie stimmten nicht vollständig mit den Messergebnissen überein. Erst Planck konnte mit der Einführung einer neuen Konstante h, die er anhand seiner Messergebnisse und seinen Grundlagen am schwarzen Körper abschätzte, Messergebnisse und Formel vereinen. In der folgenden Zeit suchte Planck nach einer Erklärung für diese Ergebnisse und kam zu dem Schluss, dass Energie nicht kontinuierlich abgegeben wird, wie bis dahin angenommen wurde, sondern nur in 1 vgl. Mettenleiter 2008, S.5 PRÄMIERTE FACHARBEITEN physik

199 sehr kleinen Energieportionen, welche ein ganzzahliges Vielfaches (n = 1, 2, 3,...) der Zahl h sein müssen. Daraus stellte er eine Formel auf, die heute auch als Planck sche Quantenhypothese bezeichnet wird: Doch diese Theorie fand damals nur wenig Beachtung und auch Planck nutzte diese Entdeckung eher als Hilfsmittel, um sein eigentliches Problem das Strahlungsspektrum eines schwarzen Körpers zu lösen Einstein Auch Einstein hatte sich mit Plancks Befunden beschäftigt und führte 1905 eine sehr gewagte neue Theorie ein. Bisher waren die Physiker immer nur davon ausgegangen, dass Licht aus Wellen besteht, aber Einstein sprach nun auch von der Teilcheneigenschaft des Lichts. Basierend auf Plancks Quantentheorie, nach der die Lichtenergie immer nur in bestimmten Paketen, also in Quanten übertragen wird, schlussfolgerte Einstein, dass Licht nicht nur als Welle, sondern auch als Strom von Teilchen betrachtet werden kann, die heute Photonen genannt werden. Diesen Zusammenhang bezeichnet man heute als Welle-Teilchen-Dualismus, für dessen Entdeckung/ Beschreibung er 1923 den Nobelpreis in Physik erhielt. Zur Überprüfung dieser Erkenntnisse verwendete er den photoelektrischen Effekt. Nach diesem werden Elektronen aus metallischen Oberflächen ausgelöst, wenn Licht passender Frequenz auf sie trifft. Diese Reaktion kann mithilfe einer Photozelle nachgewiesen werden (s. Kapitel 2.5). Einstein fand heraus, dass der Photoeffekt erst ab einer bestimmten Frequenz, der sogenannten Grenzfrequenz, einsetzt und dann mit ansteigender Intensität des Lichts zunimmt. Bei einer höheren Intensität treffen mehr Lichtquanten auf die Oberfläche, weshalb auch mehr Elektronen emittiert werden können. Nach Einsteins Vorstellung gibt jeder Lichtquant seine Energie nur an jeweils ein Elektron ab. Ist diese Energie größer als die Austrittsarbeit, die benötigt wird, um ein Elektron aus dem Metall herauszuschlagen, emittieren die Elektronen und die Restenergie wird in Bewegungsenergie umgewandelt. Mit ansteigender Frequenz haben die Photonen eine höhere Energie, was eine höhere kinetische Energie der Elektronen zur Folge hat. 3,4 2.5 Photozelle was ist das? Die Photozelle wurde ebenfalls von zwei deutschen Physikern entwickelt. Julius Elster ( ) und Hans Friedrich Geitel ( ) haben 1910 nach einer Möglichkeit geforscht, den Photoeffekt auch mit sichtbarem Licht durchführen zu können. Da sichtbares Licht wesentlich weniger Energie besitzt als beispielsweise das UV-Licht, unter welchem der Effekt das erste Mal beobachtet worden ist, musste auch die Energie, die benötigt wird, um die Elektronen aus der Oberfläche zu emittieren, möglichst gering werden. 2 vgl. Giancoli 2007, S.1265 ff. 3 vgl. Giancoli 2007, S vgl. Mettenleiter 2008, S

200 Hierzu haben die beiden Physiker die Kathode mit einem Alkalimetall (Na, K oder Cs) überzogen, da Alkalimetalle eine besonders geringe Austrittsarbeit aufweisen. Die Kathode, die später mit Licht bestrahlt wird, ist negativ geladen Die Anode, die der Kathode gegenüberliegt, ist positiv geladen. Dies ist der Fall, damit überhaupt Elektronen ausgelöst werden können und nicht von der Anziehung der positiv geladenen Protonen festgehalten werden. Die Anode hingegen muss positiv geladen sein, damit die emittierten Elektronen von ihr angezogen werden und nicht einfach vorbeifliegen. Sie sind zusammen in einem Stromkreis miteinander verbunden. Da sie sich nicht berühren, kann ohne Licht kein Storm fließen. Wird die Kathode erst einmal bestrahlt, wandern die Elektronen und es fließt Strom, der mit Hilfe eines Amperemeters gemessen werden kann. Das Innere der Photozelle befindet sich in einem Glaskolben, der die Vorrichtung in einem Vakuum einschließt. 5,6 2.6 Millikan Robert A. Millikan war ein amerikanischer Physiker, der von 1868 bis 1953 lebte. Ihm erschien Einsteins Theorie eines Welle-Teilchen-Dualismus so abwegig, dass er sich ab 1913 vornahm, sie zu widerlegen. Aus diesem Grund überlegte er sich ein Experiment, bei dem die bereits erwähnte Photozelle eine zentrale Bedeutung hatte. Genauer gesagt, verwendete er die sogenannte Gegenfeldmethode, die auch ich in meinem Experiment zur Bestimmung der Konstante h verwendet habe. Aus diesem Grund wird an dieser Stelle darauf verzichtet, genauer auf die physikalisch-technischen Aspekte seiner Versuche einzugehen (s. dafür Abschnitt C Versuch). Doch entgegen Millikans Erwartung gelang es ihm nicht, Albert Einsteins Theorie zu widerlegen. Stattdessen kam bei seinen Experimenten bis 1916 genau das heraus, was Einstein vorausgesagt hatte. 7,8 3. Versuch 3.1 Einleitung In meinem Versuch möchte ich den Wert des Planck schen Wirkungsquantums h bestimmen. Um diesen errechnen zu können, benötige ich, laut Plancks Formel, die Photonenenergie E und die Frequenz f des verwendeten Lichts. Die Frequenz lässt sich mit Hilfe der zugehörigen Wellenlänge und der Lichtgeschwindigkeit berechnen:. Das bedeutet, dass eine Lichtquelle benötigt wird, die eine genau definierte Wellenlänge hat, damit man auch genaue Messergebnisse für die Bestimmung von h erhält. Um h also ermitteln zu können, betrachte ich im Folgenden die zugehörigen Energien für verschiedene Wellenlängen des Lichts. Die Energie der Lichtwelle, auch Photonenenergie genannt, wird komplett auf die Elektronen in der Metalloberfläche übertragen, weshalb die Energie mit Hilfe der Elektronen gemessen werden kann. Die Energie wird also vollständig in Bewegungsenergie und Austrittsarbeit 5 vgl. Giancoli 2007, S.1268 f. 6 vgl. Mettenleiter 2008, S.6 7 vgl. ebd. 8 vgl. Giancoli 2007, S.1270 PRÄMIERTE FACHARBEITEN physik

201 umgewandelt, die spezifische Energie, die benötigt wird, um ein Elektron aus der jeweiligen Oberfläche herauszulösen: -WAus Die kinetische Energie wird nun als maximale kinetische Energie bezeichnet, da das die Energie ist, die höchstens in Bewegungsenergie umgewandelt werden kann. Es ist auch möglich, dass es weniger ist, da Energie im Metall beispielsweise durch Stöße zwischen Elektronen verloren gehen kann. Jetzt kann man der Bewegungsenergie ein elektrisches Feld entgegenstellen (Gegenfeld), bis die kinetische Energie der Elektronen gleich null ist, sich die Elektronen also nicht mehr bewegen können. Das bedeutet, dass nun die maximale kinetische Energie den gleichen Wert hat wie die Energie des elektrischen Gegenfeldes. Die Formel für die Energie im elektrischen Feld ergibt sich durch das Produkt aus der Elementarladung e und der angelegten Spannung U:. Daraus folgt: Zusammenfassend bedeutet dies, dass in dem Versuch die angelegte Spannung U für das Gegenfeld gemessen werden muss und die Wellenlänge λ und somit f bekannt sein muss Versuchsaufbau Ich verwendete den Versuchsaufbau und die Versuchsdurchführung der MEKRUPHY GmbH. Hierbei steckt fast der gesamte Versuchsaufbau zur h-bestimmung nur noch in einem schwarzen Kasten, dem sogenannten Zentralgerät. In dem Gehäuse des Zentralgeräts versteckt sich die Photozelle, auf die später das Licht trifft, ein Amperemeter zur Messung der Stromstärke und ein Voltmeter zur Messung der Gegenspannung. Die letzten beiden Messwerte kann man auf zwei Displays ablesen, wobei man die Gegenspannung mit jeweils einem Drehknopf für die Grob- und die Feineinstellung genau justieren kann. Außerdem kann man mit einem weiteren Drehknopf die Lichtstärke, im Folgenden Lichtintensität genannt, zwischen 0 und 100 % regulieren. Zusätzlich benötigt man verschiedene LED-Einheiten (Licht emittierende Diode) als Lichtquelle mit unterschiedlichen Frequenzen bzw. Farben (Wellenlängen). Für den Versuch der MEKUPHY GmbH stehen fünf LEDs zur Verfügung, die von orange-rot (λ = 611nm) bis blau (λ = 472 nm) reichen. Diese separaten LED-Einheiten sind Voraussetzung für den Versuch, da zwingend monochromatische Strahlung benötigt wird. Als monochromatisches Licht bezeichnet man Licht von genau einer Farbe. Licht, dass durch eine einzige Frequenz bzw. einzige Wellenlänge definiert wird. 10 Mit normalen LEDs kann man gewöhnlich keine monochromatische Strahlung erreichen, weshalb spezielle Lampen und Filter benötigt werden. Diese sind mit einem sehr hohen Kostenfaktor verbunden. Da 9 vgl. Giancoli 2007, S.1265 ff. 10 vgl. Mettenleiter 2008, S

202 die teuren Geräte mit komplizierteren Aufbauten außerdem deutlich mehr Zeit in der Versuchsdurchführung in Anspruch nehmen würden, hat die MEKRUPHY GmbH eine spezielle Technologie entwickelt, bei der die Halbwertsbreite, also die Kurve der leicht abweichenden Wellenlängen, aus denen das Licht besteht, möglichst eng wird, wodurch die Strahlung der LED-Einheiten monochromatisch wird und somit zum richtigen Ergebnis führt Versuchsdurchführung Die Versuchsdurchführung meines Experimentes richtet sich ebenfalls nach dem speziell für diesen Versuch entwickelten Ablaufplan der MEKRUPHY GmbH. Zunächst muss das Zentralgerät mit Strom versorgt werden, weshalb ich es an ein Netzgerät angeschlossen habe, welches vorher auf 12 V geregelt war. Anschließend wurden auch die LED-Einheiten mit der Stromzufuhr verbunden, welche sich am Zentralgerät befindet. Die LEDs auf ein weißes Blatt gerichtet, habe ich getestet, was passiert, wenn man per Drehknopf die Lichtintensität verändert. Das Gerät hat einwandfrei funktioniert, da bei geringem Prozentsatz der Lichtintensität auch das Licht auf dem weißen Blatt nur noch schwach zu sehen war. Bei hoher Intensität leuchtete das Licht sehr hell. Anschließend habe ich die Intensität nach der Versuchsanordnung bei 75 % festgelegt, um damit den weiteren Versuch durchzuführen. Nun steckte ich die LED-Einheit in das dafür vorgesehene Aufnahmerohr am Zentralgerät, von wo aus das Licht auf die Photozelle im Innern des Gerätes trifft. Mit Hilfe der beiden Drehknöpfe für die Grob- und Feineinstellung justierte ich die Spannung des Gegenfeldes so, dass die Stromstärke in der Photozelle genau 0 ma entsprach, also keine Elektronen mehr emittiert wurden. Das Display auf dem Zentralgerät zeigt zusätzlich die Spannung an, bei der die Stromstärke bei 0 ma liegt, bei der also keine Elektronen mehr auf die Anode treffen. Auch hier habe ich die Lichtintensität variiert, um zu überprüfen, ob sie Auswirkungen auf die sich ergebende Spannung hat. Anschließend entfernte ich die LED-Einheit wieder und tauschte sie gegen eine andere aus. Ich wiederholte den gesamten Versuchsablauf sowohl für diese, also auch noch für drei weitere LED-Einheiten. Insgesamt konnte ich mit fünf Messergebnissen arbeiten, die von LED-Einheiten mit unterschiedlicher Frequenz stammen. Die maximale kinetische Energie Ekin, max und die Frequenz f, die aus der Wellenlänge λ und der gemessenen Spannung U errechnet werden können, wurden außerdem in einer Tabelle zusammengefasst (s. Tab. 1: Messtabelle) Versuchsauswertung Ist der Stromfluss zwischen der Kathode und der Anode erst einmal auf 0 ma eingestellt, bleibt die gemessene Gegenspannung konstant bei einem Wert. Für jede LED-Einheit ergibt sich nur ein Wert, der auch konstant bleibt, wenn die Lichtintensität zwischen 50 % bis 90 % variiert wird. Daraus lässt sich schließen, dass die Lichtintensität keine Auswirkungen auf die gemessene Spannung hat, also auch nicht auf die sich daraus ergebende maximale kinetische Energie Ekin,max, welche durch die von Millikan aufgestellte Gleichung (Elektronenladung ) berechnet werden kann. Die 11 vgl. Mettenleiter 2008, S.7 f. 12 vgl. ebd. S.9 f. PRÄMIERTE FACHARBEITEN physik

203 Frequenz f lässt sich bestimmen, indem man die Lichtgeschwindigkeit c durch die Wellenlänge λ dividiert:. Nr. λ in 10-7 m f in Hz Ugegen in V Ekin, max in J 1 6,11 4,907 0,049 0, ,88 5,099 0,094 1, ,25 5,710 0,380 6, ,05 5,936 0,478 7, ,72 6,352 0,620 9,933 Tab. 1: Messtabelle Den Versuchsergebnissen kann man entnehmen, dass bei abnehmender Wellenlänge λ die gemessene Gegenspannung Ugegen steigt. Daraus ergibt sich logischerweise auch, dass bei steigender Spannung U sowohl die Frequenz f als auch die maximale kinetische Energie Ekin, max zunimmt, da die Spannung U direkt proportional zu der Frequenz f und der Energie Ekin,max ist:. Aus der steigenden maximalen Energie ergibt sich, dass Licht bei einer steigenden Wellenlänge eine höhere Energie aufweist als Licht mit einer höheren Wellenlänge. Blaues Licht ist energiereicher als rotes Licht und besitzt außerdem eine höhere Frequenz. Um nun das Planck sche Wirkungsquantum bestimmen zu können, werden die Messergebnisse der maximalen kinetischen Energie der Frequenz in einem Ekin, max f Diagramm gegenüber gestellt. Anschließend wird eine Ausgleichsgerade in das Diagramm eingefügt, bei welcher alle Messwerte möglichst nah an der Geraden liegen. Das Microsoft Office Programm Excel konnte diese Gerade mithilfe der Messwerte einzeichnen und die lineare Funktion ( ) mit der o. g. Formel bestimmen. Aus der Excel-Berechnung ergibt sich ein Wert von, was im Vergleich zum Literaturwert von bedeutet, dass ich mithilfe meiner Messwerte das Planck sche Wirkungsquantum schon relativ genau bestimmen konnte. Jetzt will ich das Planck sche Wirkungsquantum selbst bestimmen. Hierzu bleibt mir die Möglichkeit einer zeichnerischen und einer rechnerischen Bestimmung. Bei der ersten Methode übertrage ich das Diagramm auf Millimeterpapier und konstruiere ein möglichst großes Steigungsdreieck, damit der Wert relativ genau wird. Dann messe ich beide Seiten des Steigungsdreieckes ab. Die eine Seite ist die Länge, welche innerhalb des Dreiecks auf der x-achse zurückgelegt wurde, die andere Seite ist der y-wert, um den die Gerade während dieser Länge gestiegen ist. Der y-wert wird durch den x-wert geteilt. Das Ergebnis ist die Steigung der Geraden, hier also h

204 Die Steigung der Geraden kann auch rechnerisch mit Hilfe der linearen Regression bestimmt werden. Es handelt sich hierbei um ein Verfahren, welches mit vielen Messwerten sehr umständlich, aber mit meinen fünf Messwerten noch ganz gut durchzuführen ist. Um mit Hilfe der linearen Regression die Steigung h des Graphen aus Ekin max = h * f WAus zu bestimmen, benutze ich die Einheitsformel: ( ) ( ) Hierbei steht das xi für die jeweiligen Messwerte von x1 bis x5 und das für den Mittelwert meiner Messwerte. Genauso verhält es sich mit den y-werten. Nachdem ich die Werte eingesetzt und die Gleichung ausgerechnet habe, erhalte ich: Mein Ergebnis für die Konstante h weicht lediglich durch die Rundungsfehler minimal von dem durch Excel errechneten Ergebnis ab. Anschließend muss nur noch der y-achsenabschnitt, also die Austrittsarbeit WAus errechnet werden, damit die Gleichung vollständig ist. Auch hierfür verwende ich die gegebene Einheitsformel: Auch das Ergebnis für die Austrittsarbeit, die ein Elektron aufbringen muss, stimmt mit dem Wert aus Excel überein. Setzt man nun h und WAus in die allgemeine Formel ein, erhält man für die Funktion der Ausgleichsgeraden: Trotzdem gilt zu bedenken, dass die Austrittsarbeit materialspezifisch, also je nach Material unterschiedlich ist, weshalb die oben angegebene Formel in dieser Form nur für meinen Versuch gilt. E kin, max in J E kin, max in J Frequenz f in Hz y = 6,6067x - 31,809 R² = 0,995 Abb. 1: E kin max -f-diagramm PRÄMIERTE FACHARBEITEN physik

205 R 2 gibt hierbei die Genauigkeit der Messwerte in Bezug auf die errechnete lineare Funktion an. Da der Wert 1 für R 2 die absolute Übereinstimmung mit der Funktion darstellt, haben meine Messwerte mit einem R 2 von 0,995 keine großen Abweichungen von der Idealfunktion. Die Messapparatur arbeitet also präzise Bedeutung der h-entdeckung Nachdem ich mich mit der Konstanten h sowohl im historischen, als auch im physikalischen Kontext beschäftigt habe, bin ich mir ihrer Wichtigkeit bewusst. Die Bedeutung des Planck schen Wirkungsquantums lässt sich in zwei Bereiche einteilen. Erstens hat das Planck schen Wirkungsquantum eine langfristige Wirkung auf die physikalische Welt und zweitens hat es durch meine Versuche für mich eine persönliche Bedeutung. Durch die Entdeckung des Planck schen Wirkungsquantums wurde der Grundbaustein für die Quantentheorie gelegt, die für die damaligen Physiker eine revolutionäre Vorstellung von Licht darstellte. Ihre Erklärungen bauten allesamt auf der Erkenntnis auf, dass Licht auch als Teilchenstrom betrachtet werden kann und dass die Energie der Teilchen nicht, wie bis dahin angenommen, kontinuierlich, sondern nur in ganz bestimmten Größen übertragen werden kann. Die Konstante h gibt an, wie groß diese Energiepakete sind, weshalb die gesamte Quantentheorie auf h basiert und diese Konstante sogar unbedingt benötigt. Aus diesem Grund ist das Planck sche Wirkungsquantum neben der Lichtgeschwindigkeit eine der wichtigsten Naturkonstanten. Mein persönliches Fazit zu dem Versuch der h-bestimmung ist durchaus positiv. Mich hat es sehr überrascht, dass es möglich ist, eine so wichtige Naturkonstante mit recht einfachen Mitteln zu bestimmen. Hinzu kommt, dass h mit einem Wert von eine extrem kleine Zahl ist, bei der es allein schon verwunderlich ist, sie überhaupt ermitteln zu können. Dies ist auf eine sehr genaue Präzision der Messinstrumente zurückzuführen, obwohl der Versuch an sich eigentlich relativ simpel ist. Es wird kein großes Messlabor mit extrem teuren Geräten benötigt, weshalb ich den Versuchsaufbau der MEKRUPHY GmbH hervorragend als Schülerexperiment für meine Facharbeit verwenden konnte. Verweise 1. Bartsch, Hans-Jochen: Taschenbuch mathematischer Formeln, Frankfurt/Main: Harri Verlag , Gerthsen, Christian/Kneser, Hans/Vogel, Helmut: PHYSIK, Springer-Verlag Giacnoli, Douglas C.: GIACNOLI PHYSIK, Pearson Llewellyn, Ralph A./Tipler, Paul A.: Moderne Physik, Wien: Oldenbourg Mettenleiter, M. Peter: Die neue Dimension des naturwissenschaftlichen Unterrichts, h-bestimmung, Arbeitsheft, Pfaffenhofen: MEKRUPHY GmbH o.v.: StatIKrim/Regression.pdf letzter Zugriff: , 18:20 Uhr 13 vgl.: www2.jura.uni-hamburg.de: Lineare Regression, S.4, Bartsch2007, S.447 f

206 h-bestimmung, Arbeitsheft, Pfaffenhofen: MEKRUPHY GmbH o.v.: StatIKrim/Regression.pdf letzter Zugriff: , 18:20 Uhr PRÄMIERTE FACHARBEITEN physik

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209 Physik 3. Platz: Philipp Piontek Hildegardis-Schule Hagen Betreuende Lehrperson: Gutachter: Herr Nelius Jun.-Prof. Dr. Jan Benedikt Fusionsreaktoren - Kernfusion und ihre Anwendung zur Energiegewinnung - 1. Einleitung Die Kernfusion, das Verschmelzen von zwei Atomkernen, ist das Gegenteil der Kernfission, dem Spalten eines Atomkerns. Die Atomkraftwerke basieren auf der Kernspaltung zur Energiegewinnung. Dies schließt das Risiko eines atomaren GAUs wie bei den Unglücken in Tschernobyl und Fukushima ein. Selbst wenn es nicht zu solch einem Vorfall kommt, bleibt immer noch das Problem der Endlagerung. Man könnte sich die Fusionsvorgänge, die in der Sonne und anderen Sternen stattfinden, zu Nutze machen. Es stellt sich die Frage, ob dies die perfekte Energiequelle der Zukunft ist, da die benötigten Stoffe, die zu fusionieren sind, fast unbegrenzt auf der Erde vorkommen. Außer als Energiequelle kann die Fusion auch militärisch eingesetzt werden. In den USA und in Russland wurde seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs immer weiter an der Kernfusion zur Anwendung als äußerst starke Waffe geforscht. Am 30. Oktober 1961 gipfelte diese Forschung in der Zar-Bombe, die eine unvorstellbare Explosion freisetzte. Doch die friedliche Anwendung war nicht so leicht umzusetzen. Die Realisierung auf der Erde stellte Forscher in den letzten Jahrzehnten immer wieder vor neue Probleme, auf welche ich noch zu sprechen komme. Im Folgenden behandle ich die Grundlagen der Kernfusion, die Energieausbeute und die Herausforderungen bei der Umsetzung auf der Erde. Ein besonderes Augenmerk werde ich hinsichtlich des Themas meiner Facharbeit auf das bisher größte und derzeit aktuellste Experiment der Fusionsforschung, den sich in Frankreich im Bau befindenden International Thermonuclear Experimental Reactor (ITER), legen, denn mit ihm beabsichtigt man neue Maßstäbe bei der Energiebilanz zu setzen und den Weg (lat. iter = der Weg) 1 zur wirtschaftlich nutzbaren Kernfusion zu weisen. Folgende Aspekte werden dabei wichtig sein: die Erwärmung der zu fusionierenden Stoffe, das Durchbrechen der Coulombbarriere, das Aufrechterhalten des Plasmas und die radioaktive Aktivierung durch Neutronen. 1 vgl.:

210 2. Voraussetzungen und Probleme der Kernfusion 2.1 Kernfusion in der Sonne Im Kern der Sonne befindet sich Plasma, in dem komplett ionisierte Atome, einzelne Protonen separat sowie Elektronen vorkommen. Die ionisierten Atome nennt man Nuklide und die einzelnen Protonen heißen Nukleonen. Hauptsächlich finden eine Proton-Proton-Reaktion (s. Abb. 1) und der Bethe- Weizsäcker-Zyklus 2 statt. Die folgenden Schritte finden jeweils zweimal statt, damit am Ende die erforderlichen zwei Helium-3 Nuklide vorhanden sind. Es fusionieren als Erstes zwei Protonen zu einem Deuteriumkern und es werden ein Positron 3,4 und ein Elektronenneutrino 5 frei. Um die hierbei frei gewordene Bindungsenergie 6 in Form von kinetischer Energie zu berechnen, muss man die von Einstein aufgestellte Formel benutzen: ( Energie; Massendefekt; Lichtgeschwindigkeit im Vakuum) Der Massendefekt ist hier die Differenz zwischen der addierten Masse der zwei Protonen und der addierten Masse des Deuteriumkerns, des Positrons und des Neutrinos, denn die Masse der Ausgangsstoffe ist etwas größer als die der Endprodukte. Die Differenz wird bei der Fusion in Energie umgewandelt. 7 Der Massendefekt wird in der o.g. Formel von Einstein in der Einheit Kilogramm angegeben. Da es sich hierbei aber um eine atomare Reaktion handelt, kann man für eine leichtere Berechnung mit der atomaren Masseneinheit u rechnen. Dazu setzt man die Masse von 1u in Kilogramm (1u 1, kg) 8 in die Formel ein. Für einen Massendefekt von 1u, ergibt sich eine Energie von ungefähr: 9,10 2 vgl.: 3 ein Positron ist das Antiteilchen des Elektrons. Es besitzt eine positive Ladung im Gegensatz zum negativ geladenen Elektron. 4 vgl.: Diplomarbeit.pdf 5 ein Elektronenneutrino ist eines von drei verschiedenen Neutrinoarten. Es ist extrem klein, kann Materie äußerst leicht durchdringen und ist elektrisch neutral. 6 die Bindungsenergie ist die Energie, die man benötigt, um einen Atomkern in seine Bestandteile aufzuteilen. Diese Energie wird bei der Bildung eines Nuklids aus mehreren Nukleonen frei, wobei die Nukleonen zuvor mehr Energie haben als der entstehende Kern. Dies zeigt sich in ihrer Masse, die auch geringer ist. Da Energie laut dem Energieerhaltungssatz allerdings nicht verloren geht, sondern nur umgewandelt wird, verteilt sich die Bindungsenergie in Form von anderen Energieformen auf die bei der Fusion entstehenden Teilchen. 7 vgl.: 8 vgl.: Die einzelnen verwendeten Werte sind über die Suchmaschine zu erreichen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit habe ich nicht jeden einzelnen Link, der zu einem bestimmten Wert gehört, angegeben. 9 1 ev (1 Elektronenvolt) ist definiert als die Zunahme an kinetischer Energie, die ein Elektron hat, wenn es eine Spannung von 1 Volt durchläuft. 1 ev 1, J. 1 MeV entspricht dann ungefähr 1, J. Auf Grund des Zusammenhangs E = mc 2 kann man die Einheit ev auch als Angabe der Masse eines Partikels als benutzen. Temperaturen lassen sich auch in ev darstellen (vgl.: Die Umrechnung in Grad Kelvin folgt der Formel PRÄMIERTE FACHARBEITEN physik

211 Hier ist die Berechnung nun exemplarisch für den ersten Schritt der Reaktionskette: Bei dieser Reaktion werden nun 0,42 MeV frei. Wie diese sich auf die einzelnen Reaktionsprodukte verteilen, folgt dem Impulserhaltungssatz. Laut diesem wird bei einem Zusammenstoß von zwei Körpern unterschiedlicher Masse der schwerere Körper weniger als der leichtere beschleunigt. Deshalb ergibt sich die Verteilung von 0,25 MeV auf das leichtere Neutrino und 0,17 MeV auf den schwereren Deuteriumkern. Das Positron und das Neutrino werden aus einem der zwei Protonen frei, da ein Neutron durch Beta-Plus-Zerfall entstanden ist. 12 Es findet direkt eine Paarvernichtung des Positrons mit einem der sich im Plasma befindenden Elektronen statt und es entstehen zwei Gammaquanten 13 mit einer gemeinsamen Energie von 1,02 MeV. Im zweiten Schritt findet die Fusion des Deuteriumkerns und einem weiteren Proton statt, wobei ein Helium-3 Nuklid mit einer kinetischen Energie von 5,49 MeV und Gammastrahlung entsteht. Abb eV/kb = 1, K (kb = Boltzmannkonstante) (vgl.: Constants/index.html) >> electron volt-kelvin relationship 10 vgl.: 11 vgl.: 12 vgl.: 13 hier sind bei der Paarvernichtung zwei Photonen entstanden, die Gammastrahlung sind und die man auch Gammaquanten nennt. 14 vgl.:

212 Zuletzt verschmelzen zwei Helium-3 Kerne zu einem Helium-4 Kern und es werden zwei Protonen frei, die wiederum eine neue Kette in Gang bringen können. In diesem letzten Schritt wird eine große Energie von 12,85 MeV frei. In Gleichungen ausgedrückt ist dies die Proton-Proton-Kette: 1. Schritt: Paarvernichtung: 2. Schritt: 3. Schritt: Ein Durchlauf dieser Kette benötigt in der Sonne circa 14 Milliarden Jahre, da der erste Schritt nur sehr selten vorkommt. Dies ist durch die geringe Größe der Protonen bedingt, wodurch ein Zusammenstoß unwahrscheinlicher wird, und durch den selten auftretenden Beta-Plus-Zerfall des Protons. Insgesamt werden bei dieser Reaktionskette circa 26,7 MeV an Energie frei, von denen aber nur circa 26,2 MeV brauchbar sind, weil die Neutrinos mit jeweils 0,25 MeV aus der Sonne austreten und somit nicht zur Energiebilanz beitragen. Die Proton-Proton-Kette benötigt eine sehr hohe Temperatur und findet hauptsächlich in Sternen mit einer Temperatur von Millionen Grad Kelvin statt. Die Sonne ist allerdings 15,6 Millionen Grad Kelvin heiß und deshalb findet auch in einem geringen Maße der ab 14 Millionen Grad Kelvin vorkommende Bethe-Weizsäcker-Zyklus statt, bei dem mit Kohlenstoff als Katalysator in mehreren Schritten durch mehrmalige Fusion mit einem Proton und drei Zerfallsvorgängen über Stickstoff und Sauerstoff schließlich auch ein Helium-4 Nuklid und wieder Kohlenstoff entstehen. Dieser Zyklus hat eine Energiebilanz von 25,03 MeV, dauert nur 340 Millionen Jahre und läuft damit circa 30-mal schneller als die Proton-Proton-Kette ab. Dadurch können Himmelskörper viel mehr Energie produzieren. Bei einer Fusion muss man die positiv geladenen Nuklide sehr nah zusammenbringen, die sich auf Grund ihrer gleichen Ladungen, bedingt durch die elektrostatische Coulombkraft, eigentlich abstoßen würden. Die Formel lässt sich daraus herleiten, dass die abstoßende Kraft, durch einen Versuch aufgezeigt, proportional zu den Ladungen und ist. In dem Versuch ergab sich auch die Antiproportionalität zu dem Abstand zwischen den zwei Punktladungen, also eine Proportionalität zu eine Gleichung zu bilden, braucht man die Konstante. Um aus der Proportionalitätskette. Somit erreicht man die oben genannte Formel. PRÄMIERTE FACHARBEITEN physik

213 Abb Die Potentialbarriere (s. Abb. 2), die beim Zusammenbringen von zwei gleichen Ladungen zu überwinden ist, kann man aus dem soeben hergeleiteten Coulombschen Kraftgesetz ableiten: Da es hier um Kernladungen geht, wird die Ladung q durch Z e ersetzt, wobei Z die Anzahl der Protonen ist und e für die elektrische Elementarladung steht. Bei einem Abstand der Atomkerne von weniger als m ist die starke Kernkraft, die Atomkerne zusammenhält, stärker als die abstoßende Kraft. Nach der klassischen Mechanik ist die erforderliche Energie der Teilchen zur Überwindung der Potentialbarriere beim ersten Schritt der Proton-Proton-Kette enorm hoch. Sie betrage 0,43 MeV. 16 Dies würde einer Temperatur von 5 Milliarden Grad Kelvin 17 entsprechen. Da aber die Fusion auf der Sonne bei nur 15,6 Millionen Grad Kelvin trotzdem funktioniert, lässt sich schließen, dass es auch mit weniger Energie geschehen kann. Dies erklärt die Quantenmechanik mit dem sogenannten Tunneleffekt. Eine grundlegende quantenmechanische Idee ist, dass man für ein atomares Teilchen die Kombination von Position und Impuls nicht mehr genau ermitteln kann, sondern nur die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Teilchen an einem bestimmten Ort mit einer gewissen Energie befindet. Diese Überlegung nennt man Heisenbergsche Unschärferelation, die auch bei der Durchtunnelung der Coulombbarriere gilt. Das Prinzip des Tunneleffekts besagt, dass für so kleine Teilchen die Aufenthaltswahrscheinlichkeit hinter der Coulombbarriere sehr gering, aber nicht Null ist. 18 Die Theorie des Tunneleffekts findet eine Bestätigung dieser Wert ergibt sich durch die Umrechnung der in www: genannten Temperatur von ungefähr 5 Milliarden Grad nach der Umstellung der in Anmerkung 11 genannten Formel (ev/kb = Temperatur; Temperatur kb = ev). 17 vgl.: 18 vgl.: und

214 in dem ersten Schritt der Proton-Proton-Kette, denn dabei durchdringt ein Proton die Potentialbarriere höchstens mit einer Energie von circa 2,15 kev Kernfusion auf der Erde Im Gegensatz zu den Bedingungen in der Sonne ist auf der Erde der Proton-Proton-Zyklus durch die technischen Möglichkeiten und seiner langen Dauer nicht umsetzbar. Ziel ist jedoch auch hier das Erzeugen von Helium-4. Auf Grund der hohen Bindungsenergie pro Nukleon ist Helium-4 äußerst interessant für die Energiegewinnung. Die Bindungsenergie pro Nukleon lässt sich nach der unter Kapitel 2.1 vereinfachten Formel zur Energieberechnung ( ) ermitteln: ( ) Bei einer Betrachtung der Bindungsenergie pro Nukleonen für verschiedene Kerne wird deutlich, dass bei 4 He ein deutliches Maximum erkennbar ist (s. Abb. 3). Dies bedeutet, dass in der Umgebung des 4 He-Kerns kein anderes Nuklid so nützlich für die Fusion ist. Die Wahrscheinlichkeit, einen Helium-4 Kern durch das Verschmelzen von 4 Nukleonen zu erreichen, liegt jedoch so gut wie bei null. Allerdings lässt sich durch die Fusion der Wasserstoffisotope Deuterium (D) und dem radioaktiven Tritium (T) Helium-4 erreichen, weil jetzt nur zwei Teilchen verschmelzen müssen, die sich wegen ihrer Größe leichter treffen und im Vergleich zu anderen möglichen Reaktionspartnern einen größeren Wirkungsquerschnitt haben (s. Abb. 4). Bei dieser Reaktion wird ein Neutron frei, da es überschüssig ist. Die Formel dazu lautet: Ein entscheidender Grund, warum man sich die D-T-Reaktion zu Nutze macht, ist die Verfügbarkeit der Ausgangsstoffe. Deuterium lässt sich aus herkömmlichem Wasser durch Anreicherung gewinnen und kommt somit sehr häufig vor. Bei Tritium sieht dies zunächst anders aus. Durch die kurze Halbwertszeit von 12,3 Jahren ist das natürliche Vorkommen deutlich geringer als das des Deuteriums. Jedoch kann man es aus Lithium und dem freien Neutron, das nicht durch das Magnetfeld im Plasma gehalten werden kann, im Blanket, der Hülle um den Reaktor, erbrüten. Die Formel lautet: 19 Begründung: die 15, Grad Kelvin in der Sonne lassen durch die in Anmerkung 17 umgestellte Formel nur eine maximale kinetische Energie von 2,15 kev zu. 20 vgl. Raeder 1981, S.10 ff. PRÄMIERTE FACHARBEITEN physik

215 Die 4,8 MeV an freigesetzter Energie fördern zudem die Energieausbeute. Da ⁶Li nur zu einem kleinen Teil in natürlichem Lithium enthalten ist, muss man das verwendete Lithium damit anreichern. Zu einem deutlich geringeren Anteil findet auch eine Reaktion mit dem häufigeren ⁷Li statt, das allerdings eine sehr hohe Energieschwelle hat und somit durch die Seltenheit bedingt eine kleinere Rolle spielt. Wichtiger ist der Aspekt, dass man einen Überschuss an Tritium erreichen muss, damit die Neutronenverluste 21 sowie die Tritiumverluste 22 bei der Fusion ausgeglichen werden können. Hierzu benutzt man zur Vermehrung der Neutronen, die dann wieder mit Lithium reagieren können, entweder Blei oder Beryllium. Die Formel zur Verwendung von Beryllium lautet: Diese Reaktion ist -wie die mit Lithium-7-endotherm und verbraucht 1,57 MeV Energie. Im französischen Forschungsreaktor ITER aber setzt man zu Beginn auf eine externe Tritiumversorgung. 23 Bei der D-T-Reaktion lassen sich allerdings nicht die zuvor berechneten 28,3 MeV freisetzen. Dies bemerkt man, wenn man sich den Energiebetrag dieser Fusion anschaut: Die Differenz der Energie wurde bereits zuvor bei der Bildung von Deuterium und Tritium freigesetzt. Von den 17,6 MeV verteilen sich 3,5 MeV nach dem Impulserhaltungssatz auf den schwereren Heliumkern und 14,1 MeV auf das viel leichtere Neutron. Um diese Fusion möglich zu machen, gibt es verschiedene Ansätze für den Fusionsreaktor. Das Plasma muss im Reaktor auf circa 150 Millionen Grad Kelvin 24,25 aufgeheizt werden, was ungefähr dem 10-fachen der Temperatur im Sonnenkern entspricht. Diese Temperatur ist notwendig, da die geringere Teilchendichte und der geringere Druck kompensiert werden. Im Gegensatz zu der enorm hohen Teilchendichte von 150g/cm 3, 26 und dem extremen Druck von 200 Millionen Bar im Sonneninneren, der durch die Gravitation zu Stande kommt, kann man auf der Erde nur eine viel geringere Dichte erreichen. 27 Zudem läuft die Fusion in einem Ultrahochvakuum mit 21 manche Neutronen gehen ohne weitere Reaktion ungehindert durch das Blanket hindurch und sind für den Erbrütungsprozess nicht mehr verwendbar. 22 geringe Mengen an Tritium werden von Bauteilen, die damit in Kontakt kommen, aufgenommen und somit als Brennstoff unbrauchbar (vgl. Gratwohl 1983, S.443). 23 vgl.: und: vgl.: 25 im Folgenden beziehe ich mich bei der Angabe von Werten nur auf den ITER, da er der modernste Ansatz ist. 26 vgl.: 27 beim ITER sind maximal 1g Brennstoff in der Kammer. Jedoch konnte ich keine Angabe finden, wie stark dieser durch die magnetische Kompression (s. S.11) verdichtet wird

216 einem Druck von nur 10-6 Bar ab. Für das Erreichen der Temperatur gibt es verschiedene Möglichkeiten. Beim Testreaktor ITER wird auf drei verschiedene Methoden zurückgegriffen. Eine Methode ist die Neutralteilcheninjektion (NBI), bei der ein Deuteriumatom ionisiert, dann durch seine elektrische Ladung mit einem elektrischen Feld beschleunigt, wieder neutralisiert und dann in das Plasma geschossen wird. Zuvor durchlaufen alle Teilchen ein Ablenksystem, in dem nicht neutralisierte Teilchen mit Hilfe ihrer Ladung und Magneten aus dem Strahl entfernt werden. Dann gibt das Teilchen seine kinetische Energie durch Kollision mit Atomkernen in Form von thermischer Energie ab und heizt das Plasma auf. Durch das äußerst große Plasma im ITER-Reaktor müssen die Teilchen auf bis zu 1 MeV beschleunigt werden, um tief genug eindringen zu können und für einen guten Heizeffekt zu sorgen. Jedoch ist es unmöglich, die normalerweise verwendeten positiv geladenen Ionen bei solchen Geschwindigkeiten zu neutralisieren. Daher entwickelt das Max-Planck-Institut eine Methode mit negativ geladenen Ionen zu arbeiten, deren zusätzliches Elektron in der Hülle auch bei enormer Geschwindigkeit sehr leicht wieder zu entfernen ist. 28 Als zweite Methode dient die Ionen-Zyklotron-Resonanzheizung (ICRH), die ähnlich wie eine Mikrowelle funktioniert. Bei dieser Methode wird eine elektromagnetische Strahlung in das Plasma geschickt, die auf einer bestimmten Frequenz die Atomkerne anspricht und Energie überträgt. Die dritte Variante ist die Elektronen-Zyklotron-Resonanzheizung (ECRH), welche genau wie die ICRH funktioniert, aber die Frequenz der Elektronen anspricht, die dann die erhaltene Energie durch Stöße mit den Nukliden abgeben. 29 Die bei der Fusion entstehenden Heliumkerne heizen das Plasma auch durch Stöße mit den Nukliden an, jedoch noch nicht in dem erwünschten Maße. Angestrebt wird, dass das Plasma selbsterhaltend ist ( brennendes Plasma ) und man die gerade genannten Energiequellen abschalten oder auf ein Minimum reduzieren kann. 30 Das heiße Plasma darf nicht mit der Reaktorwand in Kontakt kommen, da es sonst wieder abkühlt und kein Material solche Temperaturen aushalten könnte. Deswegen macht man sich die Eigenschaft des Plasmas zu Nutze, dass es aus elektrisch geladenen Partikeln besteht und in einem Magnetfeld die sogenannte Lorentzkraft auf geladene Teilchen wirkt. Es gibt drei ähnliche Ansätze des Magneteinschlusses: den Tokamak, den Stellarator und die magnetische Flasche. 31 Ein ganz anderer Ansatz ist der Trägheitseinschluss, bei dem Deuterium und Tritium in einer kleinen Kugel durch starke Laser aufgeheizt werden. In dem französischen Testreaktor wird allerdings die am weitesten verbreitete Methode des Tokamak-Reaktors (s. Abb. 5) benutzt, weswegen ich nur diese genauer erklären werde. Das Prinzip ist, das Plasma sich nicht ausdehnen zu lassen, sondern zu komprimieren und in eine Ringform (toroidale Form) zu bringen. Dafür verwendet man kreisförmige supraleitende Magnete, die beim Testreaktor ITER aus Niob-Titan (NbTi) bestehen, welches, auf eine Temperatur von ungefähr -269 Grad Celsius durch flüssiges Helium gekühlt, all seinen Widerstand verliert, so dass man extrem viel Strom durchfließen lassen kann, ohne dass es zu einer Erhitzung der Magneten kommt. (vgl.: 28 vgl.: 29 vgl.: 30 vgl.: 31 vgl. Grehn 1998, S.238 PRÄMIERTE FACHARBEITEN physik

217 Abb. 6 Somit erreicht man mit den Magneten, die das toroidale (horizontale) Feld (s. Abb. 6, oben) erzeugen, eine extrem hohe Feldstärke von 11,8 Tesla. Zum Vergleich hat die Erde am Äquator nur ein Magnetfeld von 3, T. Die Teilchen würden sich allein mit dem toroidalen Feld wegen der Magnetfeldrichtung, ihrer Bewegungsrichtung und der daraus folgenden Richtung der Lorentzkraft um die Magnetfeldlinien drehen. Da sich die Teilchen durch die Eigenschaft eines kreisförmigen Magnetfelds bedingt auf den äußeren, schwächeren Bahnen je nach ihrer Ladung in eine andere Richtung bewegen, kommt es zu einer Ladungstrennung und es entsteht wie beim Hall-Effekt ein elektrisches Feld, das die Partikel nach außen in Richtung Reaktorwand beschleunigt. Um dies zu verhindern, muss man eine spiralförmige Bewegung erreichen. Dazu wird ein zweites magnetisches Feld benötigt, dass poloidal (vertikal) verläuft (s. Abb. 6, Mitte). Das Feld überlagert sich mit dem toroidalen Feld, führt zu einem spiralförmigen (helikalen) Verlauf (s. Abb. 6, unten) und hält das Plasma von der Wand ab. Beim Prinzip des Tokamaks induziert man einen Strom im Plasma, wodurch ein poloidales Feld entsteht. Dies basiert auf der Nutzung einer starken vertikalen Spule im Zentrum des Reaktors, die beim Testreaktor ITER eigentlich aus sechs einzelnen Spulen besteht, und dem Plasmaring, der wie eine zweite Spule funktioniert und in welchem man wie bei einem Transformator einen Strom induzieren kann. Hierbei nutzt man die Induktion durch Magnetfeldänderung, denn man verändert konstant die Stromstärke und somit das Magnetfeld der zentralen Spule. Sie ist beim Testreaktor ITER auch aus supraleitendem Material gefertigt, welches in diesem Fall, auf Grund der Einschränkung, dass Niob-Titan nur bis zu einer bestimmten Magnetfeldstärke nutzbar bleibt, Niob-Zinn (Nb3Sn) ist. Mit dieser Spule kann man im Plasma einen Strom von bis zu 15 MA induzieren. Zur Unterstützung des durch den Stromfluss im Plasma entstehenden Magnetfelds verlaufen beim ITER-Reaktor noch sechs Spulen ringförmig um den Plasmaring, die auch aus Niob-Zinn bestehen. Da man jedoch unbedingt das durch die Induktion entstehende Magnetfeld benötigt, ist der Betrieb eines Tokamak-Reaktors nur für begrenzte Pulsdauern möglich, da man den Strom in der zentralen Spule nicht unendlich lang erhöhen kann und

218 Erbrüten von Tritium, Beryllium zur Neutronenvermehrung und einem Strukturmaterial aus ferritischmartensitischem 35 Stahl mit dem Namen Eurofer Dieser Stahl setzt sich aus Materialien zusammen, die besonders resistent gegen radioaktive Aktivierung sein sollen. Die bei der Kernfusion entstehende Radioaktivität ist allerdings, verglichen mit der Kernspaltung, gering. 50 Prozent der aktivierten Materialien, die nach 100 Jahren immer noch leicht radioaktiv sind, können durch ferngesteuerte Technik recycelt und wieder für neue Reaktorteile verwendet werden. Die andere Hälfte ist dann schon nicht mehr radioaktiv und kann anderweitig verwendet werden. Durch den Neutronenbeschuss wird das Blanket zudem spröde und muss in regelmäßigen Abständen ausgetauscht werden. 2.4 Umwandlung der freigesetzten Energie Das bei der D-T-Reaktion frei werdende Neutron trifft auf das in Kapitel 2.3 beschriebene Blanket, das gekühlt wird. Hinter der ersten Wand verlaufen Kühlkanäle, in denen 300 Grad Celsius heißes Helium zur Kühlung der Reaktorhülle verläuft. Die Neutronen geben ihre Hitze durch Stöße mit den Atomen der Hülle in Form von Hitze weiter. Das aufgeheizte Blanket gibt seine Hitze wiederum an das Helium ab, welches das Blanket mit einer Temperatur von circa 500 Grad Celsius verlässt. Die Hitze wird nun über ein System weitergeleitet. Im Testreaktor ITER greift man auf einen Kühlkreislauf zurück, der aus drei kombinierten Kreisläufen besteht. So gibt es zunächst das Tokamak Cooling Water System (TCWS), das den Tokamak-Reaktor während der Fusion kühlt, zweitens das Component Cooling Water System (CCWS), welches für die Kühlung verschiedener Bauteile zuständig ist und nicht so stark kühlen muss wie das TCWS. Letztendlich wird die Hitze in das Heat Rejection System (HRS) übertragen, das unter Hilfe von Kühltürmen die Wärme an die Luft abgibt. 37 In diesem Kühlsystem ist also noch keine Stromerzeugung vorgesehen und wird beim ITER-Reaktor auch niemals vorhanden sein. Jedoch soll das Testkraftwerk DEMO mit einem noch größeren Energiegewinn durch nur leicht vergrößerte Maße den Grundstein zur Stromerzeugung mittels Kernfusion legen. Beim DEMO würde man dann die erzeugte Hitze nicht an die Luft abgeben, sondern, wie in den meisten auf der Welt betriebenen Kraftwerken, mit Wasserdampf einen Generator betreiben, der dann Strom erzeugt, welcher ins Netz eingespeist wird. 35 ferritisch-martensitische Stähle sind leicht magnetisierbar (vgl.: vgl.: und WWW: ftp:// /downloads/Journal%20of%20Nuclear%20Materials/2002%20Volume%20306/2-3/ pdf 37 vgl.: _ICENES2011R.pdf PRÄMIERTE FACHARBEITEN physik

219 3. Unterschiede zwischen den Reaktormodellen Tokamak und Stellarator 3.1 Der Tokamak Momentan ist der Tokamak der am weitesten verbreitete Reaktortyp. Dies liegt daran, dass man für seinen Bau weniger komplex gestaltete Formen der Magnete als für den Stellarator benötigt und somit die Herstellungskosten niedriger sind. Zudem ist die Gestaltung der Divertoren am Boden der Reaktorkammer, die die Verschmutzungen wie z.b. Heliumteilchen aus dem Plasma entfernen, leichter. Der größte bis jetzt fertiggestellte Tokamak ist der Joint European Torus (JET) in England. Der ITER wird nach seiner Fertigstellung den JET in seiner Größe übertreffen. 3.2 Der Stellarator Von den auf dem Ansatz des Stellarators (s. Abb. 8) beruhenden Reaktoren ist der Wendelstein 7-X des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik der größte. Hierbei ist im Gegensatz zum gepulsten Betrieb des Tokamaks ein Dauerbetrieb möglich, da die Form der Magnete den Plasmaeinschluss ohne zusätzlichen Strom im Plasma zulässt. Er wird 2014 in Greifswald in Betrieb genommen und dient der Forschung. 4. Fazit Nach der Betrachtung aller entscheidenden Aspekte des Fusionsreaktors komme ich nun wieder auf die Fragestellung zurück, ob die Kernfusion die perfekte Energiequelle sei. Für den Fall, dass der ITER- Reaktor erfolgreich ist, bietet diese Form der Energiegewinnung enorme Vorteile. Hierbei sind besonders der praktisch unerschöpfliche Brennstoffvorrat und die relativ saubere Stromerzeugung zu beachten. Wie ich bereits zuvor erklärt habe, lässt sich Deuterium aus Wasser gewinnen und Tritium im Reaktor selbst erzeugen. Auch die zuvor angesprochene Radioaktivität, die bei der Kernfusion einen großen Kritikpunkt darstellt, spielt hier eine deutlich geringere Rolle. Die radioaktiv verseuchten Bauteile bedürfen keiner Endlagerung, da sie in einem deutlichen Maße weniger gefährlich sind. Ein mögliches zukünftiges Kraftwerk dürfte keinen CO 2 -Ausstoß haben, da die Kernfusion emissionsfrei verläuft. Ein weiterer wichtiger Vorteil im Vergleich zu Kernkraftwerken ist, dass eine nicht kontrollierbare Reaktion, die zu einer großflächigen radioaktiven Strahlenbelastung führen würde, unmöglich ist, da das Plasma bei einem Ausfall der Systeme bei Wandkontakt abkühlen würde. Im Fall eines Tritiumaustritts ist die Strahlenbelastung in Reaktornähe deutlich geringer als bei der Kernfusion, da es nur schwach radioaktiv ist. Bei all den Vorteilen dürfen nun jedoch nicht die enorm hohen Kosten vergessen werden, die alleine für den Bau des ITER-Reaktors anfallen. Man kann aus verschiedenen Gründen die Kosten für den Bau

220 nur auf circa 13 Milliarden Euro 38 schätzen. Hinzu kommen deutlich geringere Betriebskosten für den aktiven Nutzungszeitraum und Kosten für den Zeitraum nach der intensiven Forschung. Letztendlich bleibt bei diesen Ausgaben die Frage offen, ob es sich am Ende lohnen wird oder ob es nicht sinnvoller gewesen wäre, das Geld in andere Methoden zur alternativen Energiegewinnung zu investieren. Ausgehend davon, dass die Kosten für den Testreaktor ITER jedoch von sieben Partnern getragen werden, wird diese Frage obsolet. Meiner Meinung nach ist es von hoher Wichtigkeit, in eine so vielversprechende Forschung zur umwelterhaltenden Stromerzeugung zu investieren. Aus meinem Fazit heraus lässt sich nun die Frage, ob Kernfusion die zukunftsweisende Energiequelle ist, beantworten. Falls der Reaktor ITER tatsächlich sein Ziel erreicht, sehe ich in der Kernfusion einen revolutionären Weg, den hohen und stetig wachsenden Stromverbrauch mittels sauberer Energie langfristig zu decken. Verweise 1. Aiello, A., Benamati, G., Melder, R.; et al. (2007): Mechanical properties of EUROFER 97 in Pb- 16Li and irradiation effect. ( ) 2. Arnett, Bill (übersetzt von Michael Wapp) (2012): Die Sonne. ( ) 3. Bahm, Werner, Milch, Isabella, Schorn, Ralph P.: Kernfusion. ( ) 4. Dulon, Krista (2010). Packing a punch. ( ) 5. Dulon, Krista (2010). The path of least resistance. ( ) 6. Elio, F., Ioki, K., Barabaschi, P.: et al. (1999): Engineering design of the ITER blanket and relevant research and development results. ( ) 7. Fischer, Ulrich, Tsige-Tamirat, Haileyesus (2002): Activation characteristics of a solid breeder blanket for a fusion power demonstration reactor. ftp:// /downloads/journal%20of%20nuclear%20materials/ 2002%20Volume%20306/2-3/ pdf ( ) 8. Gratwohl, Manfred (1983): Energieversorgung: Ressourcen, Technologien, Perspektiven. Berlin: de Gruyter. 9. Grehn, Joachim, Krause, Joachim (2009 (1998)): Metzler Physik. Hannover: Schroedel Verlag 10. Krlín, Ladislav: Confinement I. ( ) 11. Milch, Isabella: Kernfusion - Berichte aus der Forschung. Folge 2. ( ) 12. Milch, Isabella (2005): Eine Heizung für den Fusionstestreaktor ITER. ( ) 38 dies liegt an den von Land zu Land verschiedenen Produktionskosten und es wurde für diese Schätzung von einer kompletten Herstellung in Europa ausgegangen (vgl.: PRÄMIERTE FACHARBEITEN physik

221 13. National Institute of Standards and Technology (2011): The NIST Reference on Constants, Units, and Uncertainty. ( ) 14. Murphy, Tom (2012): Nuclear Fusion. ( ) 15. o.v.: Bezeichnungssystem und Festigkeitsklassen. ( ) 16. o.v.: Bindungsenergie der Nukleonen. ( ) 17. o.v. (2009): Brennendes Plasma. ( ) 18. o.v.: Die Einsteinsche Masse-Energie-Beziehung. ( ) 19. o.v.: Der Tunneleffekt. ( ) 20. o.v.: Die Schrödingergleichung für die Potentialbarriere und ihre Lösung. ( ) 21. o.v.: External Heating Systems. ( ) 22. o.v.: Frequently Asked Questions. ( ) 23. o.v.: Fuel Cycle. ( ) 24. o.v.: Fusion durch Proton-Proton-Kette. ( ) 25. o.v.: Fusion mittels Katalysator. ( ) 26. o.v. (2011): Fusionsorientierte Plasmen. ( ) 27. o.v. (2011): Grundlagen der Kernfusion. ( ) 28. o.v. (2009): Intermolekulare Kräfte. ( ) 29. o.v.: Radioactive Decay Modes. ( ) 30. o.v.: Reaching 150,000,000 C. ( ) 31. o.v.: Tritium Breeding. ( ) 32. o.v. (2002): Units in Particle Physics or: "What GeVs?". ( ) 33. o.v. (2013): Wendelstein 7-X. ( ) 34. Ployhar, Steve, Curd, Warren, Kumar, Ajith: et al. (2011): The ITER Heat Rejection Challenge _Tuesday_May_17/2.7.14_Ployhar_ICENES2011R.pdf ( )

222 35. Poitevin, Y (2011): The Tritium Breeding Blankets for Fusion Reactors. A key component for sustainability of Fusion Energy. Pr sentation_poitevin.pdf ( ) 36. Raeder, Jürge, Borraß, Kurt, Bünde, Rolf, Dänner, Wolfgang (1981): Kontrollierte Kernfusion, Grundlagen ihrer Nutzung zur Energieversorgung. Stuttgart: B. G. Teubner. 37. Rosner, Christoph: Handout zum Seminarvortrag Kernfusion: ( ) 38. Schuh, Hans (2010): Teurer als Kernkraftwerke, Interview mit dem MPI-Forscher Günther Hasinger über die Frage, wie sich Deutschland angesichts der Probleme von Iter verhalten soll. ( ) 39. Thomas, Shaun A., Abdalla, Filipe B., Lahav, Ofer (2010): Upper Bound of 0.28 ev on Neutrino Masses from the Largest Photometric Redshift Survey. ( ) 40. Walbersloh, Jörg (2005): Qualifizierungsmessungen an ATLAS-Pixelmodulen -Ranking und Yieldfragen. Joerg_Walbersloh_Diplomarbeit.pdf ( ) PRÄMIERTE FACHARBEITEN physik

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224 Impressum ISSN: Herausgeber Ruhr-Universität Bochum Dezernat 2: International Office & Studierendenservice Abteilung Campus Service Alle Texte der Schülerinnen und Schüler stammen aus dem Wettbewerb des Dr. Hans Riegel-Fachpreises der Dr. Hans Riegel-Stiftung. Im Zuge dieser Veröffentlichung wurden die Facharbeiten aufgrund des großen Umfanges um ihre Anhänge gekürzt. Der Sammelband inklusive Anhänge kann online eingesehen werden siehe: Die Gewinner/innen des Fachpreises kommen von den folgenden Schulen: Geschwister-Scholl-Gymnasium (Wetter), Gymnasium an der Schweizer Allee (Dortmund), Gymnasium Hammonense (Hamm), Gymnasium Waldstraße (Hattingen), Heinrich-Böll-Gesamtschule (Bochum), Hildegardis-Schule (Bochum), Hildegardis-Schule (Hagen), Märkische Schule (Wattenscheid), Matthias- Claudius-Schule (Bochum), Neues Gymnasium (Bochum), Pestalozzi-Gymnasium (Herne), Stadtgymnasium (Dortmund) Gutachter und wissenschaftliches Lektorat Jun.-Prof. Dr. Jan Benedikt (Fakultät für Physik und Astronomie) Jun.-Prof. Dr. Simon Ebbinghaus (Fakultät Chemie und Biochemie) Jun.-Prof. Dr. Daniel Greb (Fakultät für Mathematik) Jun.-Prof. Dr. Robert Kourist (Fakultät für Biologie und Biotechnologie) Jun.-Prof. Dr. Christian Kreuzer (Fakultät für Mathematik) Jun.-Prof. Dr. Lars Leichert (Medizinische Fakultät) Jun.-Prof. Dr. Thomas Müller (Fakultät für Geowissenschaften) Redaktion und Layout Dr. Heike Hunneshagen, Danuta Popanda, Johanna Mühlenberg (Campus Service) Stefan Weituschat (Druckzentrum, (RUB Agentur) Ruhr-Universität Bochum)

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226 PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

227 Anhang Anja Überla Colour Name Type Ct Given Conc (Copies) Calc Conc (Copies) % Var Standard 4 Standard 28, , , 3,0% Standard 3 Standard 32, , 970, 3,0% Standard 2 Standard 35,58 100, 97, 2,7% Standard 1 Standard 38,76 10, 10, 2,9% Nudeln Unknown 42,70 1, Nudeln +Standard Unknown 36,06 69, Suppennudeln Unknown 40,15 4, Suppennudeln +Standard Unknown 34,72 178, Powder soup Unknown 38,81 10, powder soup + Standard Unknown 35,54 100, Tofu Unknown 42,42 1, Tofu + Standard Unknown 34,76 174, Wasser Negative Control 43,90, Tab.3: Ergebnisse der PCR für ausgewählte asiatische Lebensmittel Abb.4: Ergebnisse der PCR für ausgewählte asiatische Lebensmittel

228 Abb.5: Thermocycler Rotorgen 3000 Abb.6: Pipettierten der PCR-Ansätze Abb.7: Inkubation des CFs Puffers im Hitzeblock PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

229 Anhang Kerstin Yang Zhang Abb.1: HPLC-Anlage, Schema Abb.2: HPLC-Anlage

230 Abb.3: Injektor mit Septum Abb.4: Autosampler PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

231 Abb.5: Dosierschlaufe, Schema Abb.6: UV-Detektor, Prinzip

232 Abb.7: Test-Teesorten Abb.8: Test-Teesorten (Farbenunterschied erkennbar) PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

233 Abb.9: Stoffe für die Stammlösung Abb.10: Test-Kaffeepulver Abb.11: Extraktions-Gemisch

234 Abb.12: Versuchsaufbau für Probenaufbereitung PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

235 Abb.13: Faltenfilter zur Filterung es Extraktes Abb.14: Ultrafilter zur Feinfilterung des Extraktes

236 Abb.15: regulär aufgebrühter schwarzer und grüner Tee, Ziehzeit 3 min Lösung Coffein Zeit Coffein Flächeninhalt Wasser 0 0 Stammlösung 0,1 g/l 6, Kaffee 6, Schwarzer Tee 6, Weißer Tee 6, Grüner Tee 6, Grüner Tee + Minze 6, Minze 0 0 Kaffee (aufgebrüht) 6, Schwarzer Tee (aufgebrüht) 6, Grüner Tee (aufgebrüht) 6, Abb.16: Ermessene Werte PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

237 Chromatogramme: Abb.17: Leitungswasser

238 Abb.18: Standard-Lösung 0,1 g/l PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

239 Abb.19: Kaffee Extrakt

240 Abb.20: Schwarzer Tee Extrakt PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

241 Abb.21: Weißer Tee Extrakt

242 Abb.22: Grüner Tee Extrakt PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

243 Abb.23: Grüner Tee und Minze Extrakt

244 Abb.24: Minze Extrakt PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

245 Abb.25: Kaffee (aufgebrüht)

246 Abb.26: Schwarzer Tee (aufgebrüht) PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

247 Abb.27: Grüner Tee (aufgebrüht) Danksagung Für diese Facharbeit möchte ich mich herzlich beim Max-Planck-Institut für molekulare Physiologie bedanken. Für ihre Unterstützung und für die Bereitstellung ihrer Geräte, und dafür, dass sie speziell für mich Chemikalien bestellt haben. Hierbei gilt besonders mein Dank an Sascha Gentz, welcher mich im Institut stets freundlich und fürsorglich betreut hat

248 Anhang Nikita Buldyrski Überweisung: Abb.1: Zink Abb.2: Kupfer Abb.3: Blei PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

249 5 Euro: Abb.4: Blei Fälschung Abb.5: Blei Original Abb.6: Brom Fälschung Abb.7: Brom Original

250 Laborjournal: Abb.8 PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

251 Abb

252 Abb.10 PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

253 Abb

254 Anhang Katrin Hättig 5.1. Versuchsprotokolle Auswaschung durch entmineralisiertes Wasser?! Material: 4 Tropftrichter, 4 Flaschen, 2 Ständer, 2 Stäbe, 1 Becherglas, Bodenproben (Feldboden, Gartenboden, Sand, Blumenerde), Filterpapier, Watte, 120 ml entmineralisiertes Wasser. Aufbau: Durchführung: 1. In die Tropftrichter wird etwas Watte und Filterpapier eingeführt und die Bodenproben werden möglichst naturgetreu hinzugefügt. 2. Entmineralisiertes Wasser wird auf die vier Bodenproben gegeben, Insgesamt vier Mal 15 ml. (siehe Beobachtungstabelle). 3. Die durchgelaufene Menge an Wasser wird gemessen und die Stickstofftests werden durchgeführt. PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

255 Beobachtung: H2O Datum Zeit Beobachtung Feldboden Beobachtung Gartenboden + 15 ml :00:00 läuft durch tropft, das Wasser ist eingesogen + 15 ml das Wasser läuft durch das Wasser steht :00:00 26 ml Wasser sind durchgelaufen, ist braun 20 ml Wasser sind durchgelaufen, leicht braun + 15 ml steht es tropft + 15 ml 55 ml Wasser sind durchgelaufen, auffallend gelblich gefärbt, etwas trüb 50 ml Wasser sind durchgelaufen, leicht braun-gelb, klar H2O Datum Zeit Beobachtung Blumenerde Beobachtung Sand + 15 ml :00:00 das Wasser sickert ein, Erde wird dunkel, saugt das Wasser auf tropft der Sand saugt das Wasser auf, der Sand sackt zusammen tropft + 15 ml 18:10:00 steht, Blasen bilden sich das Wasser steht erst, sickert dann durch, Porenwege entstehen das Wasser sickert ein, es tropft + 15 ml tropft das Wasser steht, sickert langsam ein das Wasser ist eingesickert das Wasser ist eingesickert + 15 ml 18:15:00 das Wasser steht kurz, tropft das Wasser sickert ein 43 ml klar gelbliches Wasser sind durchgelaufen 45 ml hell-gelblich trübes Wasser sind durchgelaufen Der Sand saugt das Wasser auf, in die Blumenerde sickert es langsam ein und der Feldboden lässt es langsam durchlaufen. Der Gartenboden nimmt das Wasser langsam auf. Der Sand ist nach Wasserzugabe etwas zusammengesackt

256 Ergebnisse: Probe Gewicht in g Volumen H2O Zugabe Nitratgehalt Nitritgehalt Volumen H2O Durchlauf Ammoniumgehalt ph-wert Feldboden 51 g 60 ml 55 ml 0,00 mg/l 0,00 mg/l 0,00 mg/l 6,0 Gartenboden 59 g 60 ml 50 ml 5 mg/l 0,05 mg/l 0,2 mg/l 7,5 Sand 63 g 60 ml 45 ml 1 mg/l 0,00 mg/l 0,00 mg/l 5,5 Blumenerde 34 g 60 ml 43 ml >50 mg/l 0,00 mg/l 0,7 mg/l 6,0 Abb.1: Blumenerde Abb.2: Gartenboden Abb.3: Feldboden Abb.4: Sand Auswertung: Der Feldboden weist mit 55 ml den höchsten Wasserdurchlauf auf. Dies bedeutet, dass dieser eine geringe Wasserkapazität hat und daher nur 5 ml Wasser aufgenommen und gespeichert hat. Der Gartenboden hat 10 ml Wasser aufgenommen, besitzt also eine höhere Wasserspeicherfähigkeit, ist allerdings sehr durchlässig. Die Blumenerde hat 17 ml und der reine Sand 15 ml Wasser aufgenommen und gespeichert. In der Beobachtung wurde deutlich das der Sand das Wasser schnell aufnimmt. In dem Feldboden konnten keine löslichen Stickstoffverbindungen Nachgewiesen werden. Das könnte daran liegen, das die Feldböden über den Winter brach liegen und nicht gedüngt werden. PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

257 Aus dem Gartenboden hat das entmineralisierte Wasser 5 mg/l Nitrat, 0,05 mg/l Nitrit und 0,2 mg/l Ammonium ausgewaschen. Da der Garten im Herbst mit kompostiertem Kaninchenmist gedüngt wurde ist der Stickstoffgehalt im Gartenboden erhöht. Der Kompost stört auch den Nitrittest. Der Sand weist nur 1 mg/l Nitratgehalt auf. Reiner gewaschener Sand sollte keine Nährstoffe enthalten, wenn er keinen natürlichen Bedingungen wie Regen und Organismen, Bakterien ausgesetzt war. Die Blumenerde enthält kein Nitrit, jedoch wurde >50 mg/l Nitrat und 0,7 mg/l Ammonium ausgewaschen, die wohl bei der Produktion von Blumenerde durch Beimischung von Humus und Stickstoffdünger eingebracht wurden. Der ph-wert im Boden hängt mit den chemischen Reaktionen beim Abbau von organischem Material (Kompostierung) und dem ph-wert des Regens zusammen. Die ph-werte von 5,5-7,5 liegen im üblichen Toleranzbereich Wasserkapazität, Durchführung mit Leitungswasser Material: 2 Tropftrichter, 2 Flaschen, 2 Ständer, 2 Stäbe, 1 Becherglas, Bodenproben (Feldboden, Gartenboden), Filterpapier, Watte, Wage Aufbau: Durchführung: 1. Die Tropftrichter werden wie in Versuch 1 vorbereitet und Feldboden bzw. Gartenboden wird eingefüllt

258 2. Das Leitungswasser wird auf die Proben gegeben und nach Ablaufen des Wassers wird neues hinzu gegossen. 3. Das Durchlaufvolumen sowie der Stickstoffgehalt werden gemessen. Beobachtung: H2O Datum Uhrzeit Beobachtung Feldboden Beobachtung Gartenboden + 30 ml :08:00 erst schneller Durchlauf langsamer Durchfluss steht langsamer Durchfluss Blasenbildung, Glas beschlägt trüb, Wasser steht 17:09:00 stehendes Wasser gelb trüb tropft 17:19:00 Tropfen hängen im Röhrchen Tropfen sammeln sich im Rohr 17:22:00 durchgelaufen Wasser hat sich in den Freiräumen gesammelt :30:00 26 ml sind durchgelaufen 24 ml sind durchgelaufen + 20 ml Wasser steht Wasser sickert ein, tropft nur wenig 20:33:00 das Wasser steht das Wasser steht, vereinzelt Tropfen, Lücken ohne Wasser 09:00:00 Wasserstand hat sich halbiert das Wasser ist durchgelaufen kein Wasser in den Rillen 35 ml Abfluss 45 ml Abfluss + 15 ml :30:00 das Wasser steht läuft durch, sammelt sich in den oberen Poren :00:00 9 ml Abfluss, Wasser steht auf dem Boden 20:20:00 das Wasser ist eingesickert Wasser ist durchgelaufen + X ml + 11 ml + 29 ml :30:00 Wasser ist durchgelaufen Wasser ist durchgelaufen + 15 ml 15:00:00 das Wasser steht das Wasser steht Wasser ist abgelaufen (weniger als beim Gartenboden) Wasser ist abgelaufen + 15 ml :00:00 das Wasser steht, tropft das Wasser steht 16:00:00 das Wasser ist durchgelaufen das Wasser steht ml sind durchgelaufen 55 ml sind durchgelaufen PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

259 Durchlauf: Der Feldboden hat 15 ml Wasser aufgenommen und der Gartenboden 5 ml. Durchlauf: Der Feldboden hat 14 ml von 56 ml aufgenommen und der Gartenboden 19 ml von 74 ml Wasser. Das Wasser ist durch den Gartenboden schneller durchgesickert als durch den Feldboden. Ergebnisse: Probe Volumen H2O Zugabe Volumen H2O Durchlauf Nitratgehalt Nitritgehalt Ammoniumgehalt ph- Wert Feldboden 50 ml 35 ml 7 mg/l 0,00 mg/l 0,00 mg/l 56 ml 42 ml 5 mg/l 0,00 mg/l 0,00 mg/l 7,5 Gartenboden 50 ml 45 ml 9 mg/l 0,00 mg/l 0,00 mg/l 74 ml 55 ml 4 mg/l 0,00 mg/l 0,2 mg/l Leitungswasser 5 mg/l 0,00 mg/l 0,00 mg/l 8,0 Auswertung: Abb.5.: rechts: Gartenprobe, links: Feldprobe

260 Die Wasserspeicherung und Aufnahme ist bei dem Feldboden höher als bei dem Gartenboden. Der Feldboden ist als Lehmboden einzuordnen und kann aufgrund der Tonmineralien H2O- Moleküle einlagern. Nitrat wurde ausgewaschen. Es wurde im 1. Durchgang 2 mg/l Nitrat aus dem Feldboden gewaschen und 4 mg/l aus dem Gartenboden. Dies weist auf einen höheren Stickstoffgehalt im Gartenboden. Im 2. Durchgang wurde kein Nitrat aus dem Feldboden gewaschen. Die Menge die im Leitungswasser vorhanden ist, ist wieder durchgelaufen, während der Gartenboden laut Messungen 1 mg/l Nitrat aus dem Leitungswasser aufgenommen hat. Es wurden 0,2 mg/l Ammonium im Gartenboden, 2. Durchgang, ausgewaschen. Das könnte einmal durch Reaktionen im Boden entstanden sein, z.b. durch eine Reduzierung von Salpetersäure zu Ammonium, oder durch die Messungenauigkeit nat. Bedingungen Sand auf Stickstoff Ionen Material: 10 Tropftrichter, 10 Flaschen, 2 Ständer, 2 Stäbe, Watte, Filterpapier, 2 Kolben/Becherglas, Bodenproben (Feldboden, Sand), 0,178g Ammoniumnitrat, 0,085g Natriumnitrat, 0,075g Natriumnitrit, 10 ml-pipette, 1L entmineralisiertes Wasser, Regenwasserproben. Aufbau: Durchführung: Es wird zunächst eine Stammlösung mit der 100-fachen Konzentration angesetzt damit mit hinreichender Genauigkeit wägbare Massen erzielt werden können. Hierfür wird die Stoffmengen-Konzentration für den bekannten Gehalt des Ions in mg/l berechnet. Ammoniumnitrat ist eine geeignete Ionenkombination. Die verbleibende Menge an Nitrat und das Nitrit werden als PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

261 Natriumnitrat und Natriumnitrit zugesetzt. Es folgt die Berechnung der einzuwiegenden Massen. Ion Angaben in mg/l M/g/mol n in mmol Nitrat, NO3-2,0 62 0,03226 Nitrit, NO2-0, ,01087 Ammonium, NH4+ 0,4 18 0,02222 Ionenkombination Mol/l M m in g Stammlösung in g Ammoniumnitrat 0, , ,178 Natriumnitrat 0, , ,085 Natriumnitrit 0, , ,075 Aus der Stammlösung werden nun einmal 10 ml mit einer Pipette entnommen, in einen Kolben gefüllt, dieser wird auf einen Liter mit entmineralisiertem Wasser aufgefüllt. Dasselbe Verfahren wird mit 20 ml Stammlösung erneut durchgeführt. Die Bodenproben werden zusammengestellt. Die Proben werden aus Feldboden und 20 %, 25 % und 30 % Sand gemischt, so dass jede Bodenprobe 60 g wiegt. Die Tropftrichter werden mit Watte und Filterpapier ausgestattet und die hergestellten Bodenproben sowie die Vergleichsproben, Sand und Feldboden werden eingefüllt. Es werden fünfmal 10 ml entmineralisiertes Wasser auf die Proben in den Tropftrichtern gegeben. Das durchgelaufene Wasservolumen sowie der Nitrat-, Nitrit- und Ammoniumgehalt werden gemessen. Beobachtung: Volumen H2O Zugabe Datum Zeit + 10 ml : ml 18: ml 22:20 Beobachtung 20 % Sand das Wasser steht Kunstregenwasser steht ein wenig Wasser steht noch die Wasserzugabe steht Beobachtung 25 % Sand das Wasser ist durchgelaufen etwas Wasser ist unten das Wasser ist ein bisschen eingesickert durchgelaufen Beobachtung 30 % Sand etwas Wasser steht auf dem Boden steht das Wasser ist durchgelaufen die Wasserzugabe steht die Wasserzugabe steht :00 das Wasser steht noch das Wasser ist durch- ist durchgelaufen

262 ein wenig gelaufen + 10 ml das Wasser steht das Wasser steht das Wasser steht + 10 ml :00 Kunstregenwasser läuft nicht durch :00 das Wasser steht steht das Wasser ist durchgelaufen läuft nicht durch das Wasser steht 22:00 steht durchgelaufen steht : Volumen H2O Zugabe Datum Zeit Beobachtung Feldboden Beobachtung Sand + 10 ml :45 das Wasser ist durchgelaufen das Wasser wurde aufgesaugt, es tropft nicht + 10 ml 18:30 das Kunstregenwasser steht das Wasser wurde eingesogen 22:20 ein wenig Wasser steht noch nichts ist durchgelaufen + 10 ml die Wasserzugabe steht das Wasser sickert ein :00 steht ist vollständig aufgesaugt + 10 ml das Wasser steht das Wasser ist durchgelaufen + 10 ml :00 Kunstregenwasser steht Wasserzugabe wurde aufgesogen :00 steht durchgelaufen 22:00 steht durchgelaufen : Die Bodenprobe mit 25 % Sand hat nur 10 ml Wasser gespeichert und das Kunstregenwasser ist nach der reinen Sandprobe am besten abgelaufen. Die Probe mit 30 % Sand hat genauso wie die reine Sandprobe 14 ml Wasser aufgenommen, das Wasser ist etwas schlechter durchgelaufen. Die Probe mit 20 % Sand nahm 20 ml Wasser auf, der Durchlauf war langsamer. Die Feldbodenprobe hat das höchste Volumen (23 ml) an Wasser gespeichert und hatte einen sehr langsamen Durchlauf. Die Nummerierung am Ende der Tabelle gibt die Abfolge des Durchlaufs an. Das Wasser ist am schnellsten durch die Sandprobe geflossen. Ergebnis: Probe Volumen H2O Durchlauf Nitratgehalt Nitritgehalt Ammoniumgehalt ph- Wert 20% Sand 30 ml 2 mg/l 0,00 mg/l 0,5 mg/l 7,5 25% Sand 40 ml 1 mg/l 0,00 mg/l 0,2 mg/l 7,5 30% Sand 36 ml 2 mg/l 0,00 mg/l 0,0 mg/l 7,5 PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

263 Feldboden 27 ml 5 mg/l 0,25 mg/l 0,2 mg/l 7,5 Sand 36 ml 0 mg/l 0,00 mg/l 0,0 mg/l 7,0 20 ml Stammlösung 10 mg/l 1,00 mg/l 0,5 mg/l 6,0 10 ml Stammlösung 2 mg/l 0,05 mg/l 0,2 mg/l 6,0 Auswertung: Die Bodenprobe mit 25 % Sand war insgesamt die beste Mischung. Der Feldboden speichert viel Wasser auf Grund der Tonmineralien, hat allerdings den Nachteil des schlechten Wasserabflusses, sodass das Wasser lange auf der Oberfläche steht. Die Beimischung von 25 % Sand hat den Nachteil, dass deutlich weniger Wasser gespeichert wird, der Durchfluss ist jedoch viel besser. Das durchgelaufene Kunstregenwasser der Sandprobe wies kein Nitrat-, Nitrit und Ammonium auf. Das bedeutet: Der Sand hat die Stickstoff-Ionen des Wassers gespeichert. In der Mischung mit 25 % Sand wurde ebenfalls nur wenig Nitrat und Ammonium gefunden. Das Kunstregenwasser hat nicht mehr die vorgegebene Konzentration an Nitrat, Nitrit und Ammonium. Dies lässt sich damit erklären, dass in der Lösung weitere Reaktionen stattfanden, sodass sich nach einigen Tagen die Konzentration der löslichen Stickstoff Ionen verändert hat

264 Beobachtung doppelte Konzentration: Volumen H2O Zugabe Datum Zeit Beobachtung 20 % Sand Beobachtung 25 % Sand Beobachtung 30 % Sand + 10 ml das Wasser steht das Wasser steht das Wasser steht + 10 ml 20: ml : ml : ml : die Wasserzugabe steht, ein wenig Abfluss ist vorhanden das Wasser steht, Abfluss unten das Wasser steht, Abfluss unten das Kunstregenwasser steht an der Oberfläche Wasser steht an der Oberfläche Wasser steht an der Oberfläche die Wasserzugabe steht die Wasserzugabe steht das Wasser steht, Abfluss unten das Wasser steht, Abfluss unten das Kunstregenwasser steht an der Oberfläche Wasser steht an der Oberfläche durchgelaufen das Wasser steht, Abfluss unten das Wasser steht, Abfluss unten das Kunstregenwasser steht an der Oberfläche Wasser steht an der Oberfläche Wasser steht an der Oberfläche durchgelaufen durchgelaufen durchgelaufen Volumen H2O Zugabe Datum Zeit Beobachtung Feldboden Beobachtung Sand + 10 ml :30 das Wasser läuft durch das Wasser wird aufgesogen + 10 ml 20:35 das Kunstregenwasser läuft durch, tropft, viel Abfluss vorhanden + 10 ml :30 läuft durch, starkes tropfen das Kunstregenwasser wird aufgenommen, kein tropfen es tropft ein wenig, Wasser wurde aufgenommen, Abfluss unten + 10 ml :20 es tropft es tropft + 10 ml tropft. durchgelaufen das Wasser wurde aufgenommen, durchgelaufen 2 1 PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

265 Abb.6: 20 ml Ad 1L Kunstregenwasser Abb.7: 30 % Sand Abb.8: 20 % Sand Abb.9: Feldboden Abb.10: Sand Abb.11: 25 % Sand Ergebnis: Probe Volumen H2O Durchlauf Nitratgehalt Nitritgehalt Ammoniumgehalt ph- Wert Volumen an stehendes Wasser 20% 35 ml 2 mg/l 0,0 mg/l 0,2 mg/l 7,5 6 ml 25% 30 ml 4 mg/l 0,0 mg/l 0,2 mg/l 6,0 30% 30 ml 3 mg/l 0,1 mg/l 0,5 mg/l 8,0 8 ml Sand 25 ml 3 mg/l 0,5 mg/l 0,7 mg/l 7,5 Feldboden 40 ml 3 mg/l 0,3 mg/l 1,0 mg/l 7,

266 Auswertung: Der Versuch mit der doppelten Ionen-Konzentration erstreckte sich über 14 Tage, statt 4 Tage. Diese Dauer lässt sich nur durch Verschlammung der Proben erklären. Die Proben waren etwas feuchter sodass wahrscheinlich eine Überschwemmung stattfand, die kleinen Bodenpartikel, Minerale haben sich an der Oberfläche angesammelt und den Durchfluss gestoppt. Die ph-werte liegen um 7,5. Der ph-wert 6 muss ein Messfehler sein oder könnte durch weitere Reaktionen im Boden durch das lange Stehen entstanden sein. Der Sand wies diesmal eine hohe Ionen-Auswaschung auf, was darauf deutet, dass dieser nur eine kurzfristige oder begrenzte Speicherung besitzt. Die Ergebnisse schwanken sehr. Das liegt zum einen an der Messungenauigkeit zum anderen wahrscheinlich an der langen Reaktionszeit im Boden Regenwasserproben Beobachtung: Datum, Volumen C Wind in km/h Niederschlag (cm) Nitratgehalt mmol/l, mg/l Nitritgehalt mmol/l, mg/l Windrichtung Ammoniumgehalt mmol/l, mg/l ph-wert ml 6 7 Südwest 0,48 0, ,00 0,00 0,111 0,2 5, ml ml ml ml 4 4 West 0,2 0, ,001 0,05 0,0556 1,0 6,0-2 2 West -2 3 West Schnee 0, ,00 0,00 0,111 0,2 5,0-2 2 Süd 0 2 West Schnee 0, ,0011 0,05 0,111 0,2 5,5 4 3 Südwest 0,3 0, ,000 0,00 0,0278 0,5 6,0 Auswertung: Der Regen enthält durchgehend min. 0,2 mg/l Nitrat und 0,1 mg/l Ammonium. Da nur fünf Proben ausgewertet wurden, sind keine klaren Verbindungen des Stickstoffgehalts zum Wetter, Wind und Temperatur, zu erkennen. Es überwog Süd-West-Wind und die durchschnittliche Temperatur betrug 1 C. PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

267 Die Probe vom und vom enthalten 0,05 mg/l Nitrat. Auffällig bei der Probe vom ist ebenfalls der hohe Ammonium und Nitratgehalt. Eine mögliche Erklärung könnte der feine Regen an diesem Tag sein. Es sind nur 0,2 cm Niederschlag gefallen (laut der Wetterstation in Witten 32 ). Eine weitere Erklärung wäre ein extremer Autoverkehr oder starke Industrieabgase an diesem Tag. 5.2 Alternative Bestimmungsmethoden für den Stickstoffgehalt Lunges Reagenz - Wikipedia Artikel Lunges Reagenz Zugang Lunges Reagenz ist eine nach Georg Lunge benannte Lösung aus Lunge I (Sulfanilsäure) und Lunge II (1- Naphthylamin, auch α-naphthylamin) und dient in der anorganischen Analytik zum qualitativen und quantitativen Nachweis von Nitrit und Nitrat. Abb.12: Reaktionsschema Lunges-Reagenz Reaktionsschema der Reaktion des Lunges Reagenz mit Nitrit. Durch Zugabe von jeweils 2 3 Tropfen Lunge I und II bildet sich zuerst aus der Sulfanilsäure (1) ein Diazoniumsalz (2), das mit 1-Naphthylamin (3) weiter zu einem Azofarbstoff (4) reagiert und die Lösung sehr schnell rot färbt. Für den Nachweis von Nitrat muss dieses erst durch Zinkstaub und Eisessig (Ethansäure) zu Nitrit reduziert werden. Zur Durchführung des Nachweises wird in ein Reagenzglas etwas Zinkpulver und darüber essigsaure Sulfanilsäure (1) und das α-naphthylamin (3) gegeben und abgewartet, ob durch Verunreinigungen die Lösung schon vorher rot verfärbt wird. Ist dies nicht der Fall, so kann zum Nachweis ein wenig der zu untersuchenden Substanz (als Lösung oder Feststoff) zugegeben werden. Um Nitrat auch beim Vorhandensein von Nitrit nachzuweisen, muss man Letzteres vor der Zugabe von Zink mit Amidoschwefelsäure zu Stickstoff reduzieren. Da die Nachweisreaktion äußerst empfindlich ist, empfiehlt es sich, parallel eine Blindprobe durchzuführen. 32 Weather Station History, Weather Underground

268 Wegen einer vermuteten cancerogenen Wirkung wird das α-naphthylamin heutzutage meist durch α- Naphthyl-ethylendiamin (als Dihydrochlorid) ersetzt. Ein weiterer Nachweis von Nitriten erfolgt mittels Grieß-Reagenz nach Johann Peter Grieß Stickstoffbestimmung nach Kjeldahl -Ruhr-Universität Bochum 33 - Die von Z. Kjeldahl 1883 beschriebene und in der Folgezeit vielfach modifizierte Methode erlaubt die Bestimmung unterschiedlich gebundenen Stickstoffs in anorganischen und organischen Materialien. Dabei können sowohl sehr hohe Stickstoffgehalte (z.b. in Düngemitteln) als auch geringe Spuren (z.b. Nitrid-Stickstoff in Metallen) quantitativ erfasst werden. Zur Analyse werden die stickstoffhaltigen Proben zunächst in Ammoniumverbindungen überführt (Aufschluss); durch Zusatz starker Natronlauge wird daraus Ammoniak freigesetzt und in eine Vorlage mit überschüssiger Säure von bekannter Konzentration überführt (Destillation); der überschüssige Säureanteil wird schließlich mit NaOH-Maßlösung volumetrisch bestimmt und daraus der N-Gehalt der Probeneinwaage errechnet (Rücktitration). Wegen ihrer fast universellen Anwendbarkeit und Einfachheit in der Anwendung sowie wegen der erzielbaren hohen Analysengenauigkeit wird die Kjeldahl-Methode in der Routineanalytik in großem Umfang eingesetzt. 33 Ruhr-Universität Bochum, < Zugang , s. auch 30 PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

269 5.3 Material Am :30, schrieb "Katrin Hättig": Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Frank Ellmer, ich schreibe meine Facharbeit in Chemie über "Pfützen weg - Mineralien auch?!- Einfluss der Drainagen - Verbesserung durch Sand auf die Ionen des Stickstoff-Kreislaufs-". Könnten Sie mir sagen inwiefern eine Sanduntermischung Einfluss nimmt auf den Boden? Beispielsweise auf den Stickstoffgehalt oder die Abfließbarkeit. Und wie viel Prozent Sand man z.b. unter einen harten Feldboden mischen sollte? Bzw. was die Feldbauern machen. Ich möchte ein Experiment mit einer Durchlaufprobe mit Feldboden machen, für welches ich eine Prozentangabe von Sand bräuchte, was denken sie macht Sinn, bzw. wissen sie wie Bauern mit ihrem Feldboden vorgehen? Mit freundlichen Grüßen Katrin Hättig Antwort: Sehr geehrte Frau Hättig, um Ihre Fragen beantworten zu können, empfehle ich Ihnen ein Studium der Agrarwissenschaften mit dem Schwerpunkt Bodenkunde. In aller Kürze kann ich dazu wie folgt Stellung nehmen: Sand verbessert im Boden die Wasserleitfähigkeit. Das ist abhängig von Ausgangsgehalt an Sand. Auf Tonböden kommt sehr wenig Sand vor. Dort könnte man z. B. 50 % Sand einmischen, um ein gutes Ergebnis zu bekommen. Sandböden haben von Natur aus schon hohe Gehalte. Dort würde das also keinen Sinn ergeben. Die Landwirte müssen den Boden bewirtschaften, den sie natürlicherweise vorfinden bzw. besitzen. Sanduntermischung macht man normalerweise nicht, denn das würde zur Verschlechterung der Bodeneigenschaften führen. Um sich mit der Thematik vertiefend beschäftigen zu können, empfehle ich die Lektüre eines allgemeinen Lehrbuches der Bodenkunde. Mit freundlichen Grüßen F. Ellmer

270 5.3.2 Qualität der einzelnen Bodenarten Regenwasserdaten Bochum 35 Jahr Nitratgehalt Nitritgehalt Ammoniumgehalt , > , ,5 0, ,11 0, ,025 0, ,15 0, ,25 0, ,4 1,5 34 Qualität der einzelnen Bodenarten 35 Material Böckmann PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

271 Anhang Lars Möller 1. Bruttostromerzeugung in Deutschland nach Energieträgern 100% 90% 80% 70% 60% 50% 40% 30% 20% 10% 0% Braunkohle Kernenergie Steinkohle Erdgas Mineralölprodukte Windkraft Wasserkraft Biomasse Photovoltaik Abb.16: Bruttostromerzeugung in Deutschland nach Energieträgern 60 Das vorliegende Diagramm stellt den Umschwung von fossilen Energieträgern (Braunkohle, Kernenergie, Steinkohle, Erdgas, Mineralölprodukte) auf erneuerbare Energien (Photovoltaik, Biomasse, Wasserkraft, Windkraft) dar. Eine kontinuierliche Zunahme von erneuerbaren Energien und eine tendenzielle Abnahme von fossilen Energieträgern von 1990 bis 2012 sind zu verzeichnen. Diese Veränderungen lassen auf eine bereits eingeleitete Energiewende mit erkennbarem Zukunftsprofil schließen. 2. Anteile der Bruttostromerzeugung in Deutschland 2011 Abb.2: Anteile der Bruttostromerzeugung in Deutschland eigene Darstellung nach Destatis; BMWi; BDEW; Statistik der Kohlenwirtschaft e.v.; AGEB e.v

272 Das vorliegende Diagramm zeigt die Anteile der Bruttostromerzeugung in Deutschland aus dem Jahr Der Anteil der erneuerbaren Energien beträgt 20 %. Ziel ist es, diesen Anteil auf 80 % im Jahr 2050 zu erhöhen Anteile der Bruttostromerzeugung in Deutschland 2011 und 2050 Abb.3: Anteile der Bruttostromerzeugung in Deutschland 2011 und Die vorliegende Grafik zeigt die Anteile der Bruttostromerzeugung im Jahr 2011 und die laut dem Energiekonzept beschlossenen Ziele im Jahr Zu erkennen ist, dass ein absoluter Atomausstieg erfolgen soll und die Energie vor allem durch erneuerbare Energien (mit einem Anteil von 80 %) und Fossilen bzw. sonstige Energien (mit einem Anteil von 20 %) geschöpft wird. 61 vorläufige Angaben (Stand ), z.t. geschätzt. Abweichungen in den Summen durch Rundungen. Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e.v. (AGEB), Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.v. (BDEW) 62 BMWi 2012, S.4 63 Statistisches Bundesamt; Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie; BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e.v.; Statistik der Kohlenwirtschaft e.v.; AG Energiebilanzen e.v. * vorläufige Angaben (Stand: 15. Februar 2012), z.t. geschätzt. Abweichungen in den Summen durch Rundungen. PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

273 4. Entwicklung des Primärenergieverbrauchs in Deutschland Abb.4: Entwicklung des Primärenergieverbrauchs in Deutschland 64 Das vorliegende Diagramm zeigt die Entwicklung des Primärenergieverbrauchs in Deutschland von 1990 bis 2011 und den Zwischenzielwert des Energiekonzepts im Jahr Dem Diagramm kann man entnehmen, dass eine Abnahme des Primärenergieverbrauchs in den letzten 20 Jahren um 9,4 % stattgefunden hat. Ziel ist es, 2020 den Primärenergieverbrauch gegenüber 2008 um 20 % zu senken 65. Bis lang konnte man eine Abnahme von 4,9 % des Primärenergieverbrauchs erreichen (Stand 2011). 4.1 Definition Primärenergien Primärenergien sind von natürlich vorkommenden Quellen entnommen Energieträger (Bsp.: Erdöl, Kohle, etc.) AG Energiebilanzen e.v. (AGEB) 65 Statisches Bundesamt 2012, S Duden Online

274 5. Primärenergieverbrauch im Jahre 2012 Abb.5: Primärenergieverbrauch im Jahre Das vorliegende Diagramm veranschaulicht das Prinzip der Energiewende: Ausstieg aus der Kernenergie (-8,3%) - Intensivierung der erneuerbaren Energien (+7,8%). Hinsichtlich des Vorjahres nahm der Primärenergieverbrauch im Jahre 2012 um 0,8% zu. Ein Grund für den leicht erhöhten Verbrauch der Primärenergien lag an der kühleren Witterung Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen 68 AG Energiebilanzen 2012, S.4 PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

275 6. Treibhausgasemissionen (sechs Kyotogase1) in CO 2 -Äquivalenten Abb.6: Treibhausgasemissionen in CO 2 Äquivalenten 69 Das vorliegende Diagramm bestätigt die Abnahme der sechs Kyotogase seit Über die Verpflichtung hinaus, in dem Zeitraum zwischen 2008 und 2012 die Treibhausgase um 21 % gegenüber dem Anteil der Treibhausgase aus dem Jahr 1990 zu senken, strebt die Bundesregierung unter dem Energiekonzept das Ziel an, bis 2050 die Treibhausgasemissionen um 80 %-95 % zu senken 70, da Deutschland bereits 2010 die Erwartungen des Protokolls erfüllt hat (Reduzierung der Emission um 25 % gegenüber 1990) Das Kyoto-Protokoll Das Kyoto-Protokoll ist ein im japanischen Kyoto 1997 vereinbartes internationales Abkommen, welches vorsieht, die sechs klimaschädlichsten Gase in dem Zeitraum von 2008 bis 2012 zu begrenzen 72. Nach Auslauf der ersten Verpflichtungsperiode schließt sich seit dem 1. Januar 2013 die zweite Verpflichtungsperiode bis 2020 an Umweltbundesamt 70 Statisches Bundesamt, Wiesbaden 2012, S BMU Gabler Wirtschaftslexikon 73 BMU

276 6.2 Kyoto-Gase (Treibhausgasemissionen in Deutschland) Abb.7: Treibhausgasemissionen in Deutschland 74 Das vorliegende Diagramm zeigt die Anteile der sechs Kyotogase in Deutschland in Mt. CO2 ist das am intensivsten ausgeprägte Klimagas auf der Erde. Dessen Anteil an den gesamten Treibhausgasen ist 2010/2011 mit 87 % auszusetzen (Umweltbundesamt). 74 Umweltbundesamt PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

277 7. Atomkraftwerke in Deutschland Abb.8: Atomkraftwerke in Deutschland 75 Die vorliegende Karte zeigt die bereits stillgelegten und noch aktiven Kernkraftwerke in Deutschland. Zu den noch aktiven Kernkraftwerken gehören: 2015* : Grafenrheinfeld (KKG) 2017* : Grundremmingen B (KRB-II-B) 2019* : Philippsburg 2 (KKP-2) 2021* : Brokdorf (KBR), Grohnde (KWG), Grundremmingen C (KRB-II-C) 2022* : Emsland (KKE), Isar/Ohu 2 (KKI-2), Neckarwestheim 2 (GKN-2) * jeweils geplantes Jahr der Abschaltung 75 Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.v. (BUND)

278 7.1 Atommüll in Deutschland Abb.9: Atommüll in Deutschland 76 Die vorliegende Karte zeigt die heutigen Endlagerstandorte und mögliche Atommülllagerstätte für radioaktive Abfälle in Deutschland. Atomkraftgegner warnen vor weiteren Folgekosten 77, da die Endlagerungen von radioaktivem Abfall noch heute umweltschädigend, unzuverlässig und in Zukunft aufgrund dieser unkalkulierbaren Folgeschäden nicht bezahlbar sein werden. 76 castor.divergences.be PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

279 8. Das Schema der Smart Grids (Intelligentes Stromnetz) Abb.10: Schema der Smart Grids 78 Die vorliegende Grafik veranschaulicht das Schema der Smart Grids. Das Rechenzentrum ist mit allen Akteuren im Stromnetz verbunden und kontrolliert bzw. steuert deren Zusammenspiel im Gesamtsystem. Mit dieser neuen Technologie gelingt es, Angebot und Nachfrage und die schwankende Stromerzeugung der erneuerbaren Energien mit Hilfe von fossilen Kraftwerken auszugleichen

280 9. Stellenwert des Energieverbrauchs in Deutschland Abb.11: Verteilung des Energieverbrauchs in Deutschland 79 Das vorliegende Diagramm zeigt die grobe Verteilung des Energieverbrauchs mit ihren prozentualen Anteilen in Deutschland. Zurzeit verbrauchen die Haushalte 30 % des erzeugten Stroms. Die Bundesregierung strebt seit 2010 die energetische Sanierung des Gebäudebestands an, um die genannten Klimaschutzziele und Minderungen des Primärenergieverbrauchs zu erreichen. Das genau definierte Ziel liegt bei einem Energiebedarf von 10 % der Haushalte bis zum Jahr Angestrebt wird, den Wärmebedarf so zu senken, dass der Gebäudebestand bis zum Jahr 2050 klimaneutral wird Definition Klimaneutralität Klimaneutralität, auch CO2-neutral genannt, beschreibt Prozesse, bei denen das globale CO2- Gleichgewicht in der Atmosphäre nicht verändert wird. 81 Im Rahmen des Energiekonzeptes 2010 bedeutet Klimaneutralität, dass der Gebäudebestand seine Energie hauptsächlich durch erneuerbare Energien bezieht und somit äußerst energieeffizient im Gesamtsystem des Stromnetzes agiert. 79 Dena/Energiedaten BMWi 80 BMWi, BMU 2010, S PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

281 10. Innovationsallianz Photovoltaik Abb Die Innovationsallianz Photovoltaik ist der Zusammenschluss führender Unternehmen in der Solarbranche mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und des Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) aus dem Jahr Ziel ist es, gemeinsam die Wettbewerbsfähigkeit auf den Zukunftsmärkten zu sichern, indem sie durch Forschung und Innovationen den Solarstrom günstiger und effizienter machen

282 11. European Energy Award - Gesamtbenchmark für Kommunen Abb Das vorliegende Benchmark zeigt, dass Bochum die Zertifizierung des European Energy Award für besondere Kommunale Leistungen im Bereich Energieeffizienz und Klimaschutz mit Gold erhalten hat und sich laut dem Gesamtbenchmark für Kommunen auf dem 14.Platz befindet. Demzufolge lässt sich sagen, dass die Stadt Bochum im Hinblick auf die Herbeiführung der Energiewende bislang sehr gute Arbeit geleistet hat. 84 eea 2013 PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

283 12. Zusammensetzung der Stromlieferung Abb.14: Stadtwerke Bochum Gesamt-Mix 85 Abb.15: Deutschland Mix 86 Anhand der vorliegenden Ring-Diagramme lässt sich erkennen, dass in Bochum die erneuerbaren Energien zu 32,8 % im Gesamt-Mix bezogen werden. Dieser Wert ist um 11,8 % größer, als im Bundesdurchschnitt (21 %). Ursache dafür, dass der Bundesdurchschnitt geringer ist, als der der Stadt Bochum, findet sich zunächst einmal im Engagement zur Herbeiführung der Energiewende in der Stadt Bochum wieder. Auch die Tatsache, dass einige deutsche Städte im Prozess der Energiewende noch nicht so weit fortgeschritten sind, muss gewichtet werden. Beide Faktoren drücken somit den Anteil der erneuerbaren Energien im Gesamt-Mix. 85 Stadtwerke Bochum 86 Stadtwerke Bochum

284 13. Strombedarf der Stadt Bochum Gewerbe 10 % Private Haushalte 23 % Industrie 65 % Stadt 2 % Abb Das vorliegende Torten-Diagramm veranschaulicht den Strombedarf der Stadt Bochum nach Sektoren. Mit einem Strombedarf von 65% ist der Industrie-Sektor der Verbrauchsstärkste im Gesamt-Mix. Somit ist der Industriesektor gleichzeitig der emissionsstärkste Sektor in Bochum Wärmebedarf der Stadt Bochum Stadt 3 % Gewerbe 7 % Private Haushalte 44 % Industrie 46 % Abb Das vorliegende Torten-Diagramm zum Wärmebedarf der Stadt Bochum verweist wieder auf den Wärmeintensivsten Sektor, dem der Industrie (46 % Wärmebedarf). Dicht gefolgt von den Privaten Haushalten (44 %), dann dem weniger Wärmebedürftigen Gewerbe-Sektor (7 %) und dem Stadt-Sektor (3 %). 14. Definition der Wattstunden Eine Kilowattstunde ist die Energiemenge, die bei einer Leistung von 1 kw innerhalb von einer Stunde umgesetzt wird. Entsprechend gibt es ( ) Terawattstunden (1 Terawattstunde (TWh) = 1 Billionen Wattstunden (Wh) = 1 Mrd. Kilowattstunden (kwh) eigene Darstellung nach Stadtwerke Bochum 2009, S eigene Darstellung nach Stadtwerke Bochum 2009, S.14 PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

285 15. CO2-Emissionen der Stadt Bochum 17. CO2-Gebäudesanierungsprogramm Um die CO2-Bilanz (fast 30 % von öffentlichen und privaten Gebäuden insgesamt), vor allem die des Gebäudesektors, zu verbessern, benutzt die Bundesregierung seit 2006 das CO2- Gebäudesanierungsprogramm 91 als Instrument. Dieses ist besonders erfolgreich darin das Klima zu schützen, das Wohnen bezahlbar zu machen und Arbeitsplätze zu schaffen 92. Gewerbe-Handel- Dienstleistung 8 % Private Haushalte 33 % Stadt 3 % Industrie 56 % Abb Das vorliegende Torten-Diagramm stellt die Anteile der CO2-Emissionen der Sektoren (Industrie, Private Haushalte, Gewerbe-Handel-Dienstleistungen und Stadt) dar. Der Industrie-Sektor ist der emissionsstärkste Sektor in Bochum. 16. Internetplattform der Energieberatung der Stadtwerke Bochum Über diesen Link gelangt man zu der Energieberatung der Stadtwerke Bochum. Man kann sich dort eine Übersicht zum Umweltbewussten Handeln mit Energie verschaffen, aber auch mit den zur Verfügung gestellten Kontaktdaten ein persönliches Gespräch mit Energieberatern organisieren. 89 energie-lexikon.info 90 eigene Darstellung nach Stadtwerke Bochum 2009, S BMVBS

286 Abb Das vorliegende Diagramm stellt die Einsparung von Kohlendioxid (in Tonnen pro Jahr) durch das CO2- Gebäudesanierungsprogramm kumuliert dar. Bislang konnten Tonnen CO2 vermieden werden. 94 Finanzielle Ersparnisse: Abb Das vorliegende Diagramm stellt die geschätzten Heizkosteneinsparungen bis 2020 dar. Würde das gesamte Einsparpotential durch die Gebäudesanierung im Gesamten deutschen Raum erschlossen werden, so könnten die Deutschen mindestens 40 Mrd. Euro Heizkosten sparen BMVBS 94 BMVBS 95 BMVBS 96 BMVBS PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

287 Arbeitsplätze: Abb Das vorliegende Diagramm stellt die geschätzte Anzahl der durch die Investition in die Gebäudesanierung geschaffenen Arbeitsplätze dar. Eine Hochrechnung des BMVBS hat ergeben, dass jede investierte Mrd. Euro Arbeitsplätze schafft. Schritte zur Gebäudesanierung: Gebäudesanierung auf praktischer Ebene bedeutet eine Modernisierung der Fenster, die Dämmung von Fassaden, Dach und Kellerdecken und die Installation der im Förderprogramm der Stadtwerke Bochum genannten Heizungsanlagen (siehe Anlage 17.1) Förderprogramme der Stadtwerke Bochum Die Stadtwerke Bochum leisten mit ihren Förderprogrammen einen fortschrittbringenden Beitrag zum Wandel zu einer klimafreundlichen Stadt und helfen dabei zu investieren, um auf längere Zeit Geld zu sparen. 99 Im Folgenden habe ich eine Übersicht der einzelnen Förderprogramme nach Angaben der Stadtwerke Bochum zusammengestellt: Zuschussreglung für: Fördermöglichkeit max. Zuschuss Heizungsanlagen auf Basis von Erdgas* 250 je Wohneinheit 1250 je Erdgasanschluss Solaranlagen in Verb. mit einer Erdgasheizung/Strom-Erdgaswärmepumpe auf die Kollektorfläche 100 je m² 500 je Anlage Abb Wärmepumpen 500 je Anschluss / Blockheizkraftwerke* 500 je Anschluss / 97 BMVBS stadtwerke_bochum.html,

288 Für alle Förderprogramme gilt die Bedingung einer 5-jährigen Erdgas * - oder Strombindung u. -lieferung durch den Vertrieb der Stadtwerke Bochum (ebd.). Für gewerblich genutzt Objekte können Sonderreglungen getroffen werden (ebd.) Erläuterung der Förderprogramme Heizungsanlagen auf Basis von Erdgas: Durch die sog. Brennwerttechnik gelingt es, bis zu 30 % des herkömmlichen Energieaufkommens zu sparen und 111 % Energie aus dem Brennstoff zu fördern. 101 Abb Bei der sog. Brennwerttechnik wird z.b. Erdgas als Brennstoff verbrannt und zu 111 % in Wärmeenergie umgewandelt. Die zusätzlichen 11 % Energie entstehen, wenn das Erdgas verbrennt und mit dem Sauerstoff aus der Luft reagiert. Dann entsteht, neben Kohlendioxid, Wasser in Form von heißem Wasserdampf. Wenn man nun den heißen Wasserdampf kühlt, und seinen Aggregatszustand damit verflüssigt, wird Kondensationswärme freigesetzt, die dann z.b. zum Heizen eingesetzt werden kann. Bei herkömmlichen Heizanlagen wird die Kondensationswärme, die sich im Wasserdampf befindet, mit den Abgasen in die Umwelt freigesetzt und geht verloren. Brennwertanlagen machen sich diesen Wasserdampf nutzbar und erzielen so einen Wirkungsgrad von 111 % (Wirkungsgrad = 100 % + 11 % Wärmeenergie aus Wasserdampf) (ebd.). 100 eigene Darstellung nach Förderprogramme der Stadtwerke Bochum, jsessionid=fd5980de46db8334c2a10f7b28b4f16a, PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

289 Thermische Solaranlage: Abb Die vorliegende Grafik stellt das Funktionsprinzip einer thermischen Solaranlage dar: durch einen Kollektor wird die UV-Strahlung in Wärme umgesetzt. 104 Im Wärmetauscher wird die von dem Kollektor erzeugte Wärme auf das Trinkwasser übertragen. Wenn die Solarwärme nicht ausreichen sollte, so gleicht eine Zusatzheizung die fehlende Wärme aus, um das Wasser auf die gewünschte Temperatur zu bringen (ebd.). Bei adäquater Auslegung können thermische Solaranlagen bis zu 70 % des Wärmebedarfs einer Wohneinheit decken. 105 Aufgrund des schwankenden Energieerzeugnisses durch unterschiedlich günstige Witterungsverhältnisse wird eine Erdgasheizung als Reserve empfohlen (ebd.). 103 Arbeitsgemeinschaft für sparsame Energie- und Wasserverwendung im VKU, /stadtwerke_bochum.html,

290 Wärmepumpe: Abb Die vorliegende Grafik stellt das Prinzip einer Wärmepumpe dar und lässt sich in drei Sektoren teilen: Wärmequelle, Wärmepumpe und Wärmeverteilsystem. 75 % der Heizenergie wird der Umwelt (Sonne, Grundwasser und Erdreich) entnommen und ist somit kostenlos. Diese natürliche Wärmeenergie wird der Wärmepumpe zugeführt und bringt das Kältemittel zum verdampfen. Um eine 100 %-ige Heizleistung zu erlangen, wird mittels einer Wärmepumpe 25 % Fremdenergie (Strom) in das System eingespeist und führt dazu, dass der Wasserdampf sich verdichtet. Wenn der Wasserdampf komprimiert ist, heizt sich dieser weiter auf und kann an den Wärmekreislauf einer Wohneinheit zum Heizen weitergegeben werden PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

291 Blockheizkraftwerk (BHKW): Abb Das vorliegende Funktionsschema einer Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) unterscheidet sich nur geringfügig von dem eines Blockheizkraftwerkes. Bei einem Blockheizkraftwerk steht die Wärmeerzeugung im Vordergrund, bei einer Kraft-Wärme-Kopplung werden die entstehende Wärme und die erzeugte elektrische Energie genutzt. 108 Damit eine Kraft-Wärme-Kopplung-Anlage bzw. ein BHKW in Betrieb genommen werden kann, wird mithilfe eines pflanzlichen Treibstoffes ein Motor angetrieben, der wiederum die kinetische Energie mithilfe eines Generators in elektrische Energie umwandelt. Im Fall eines KWK wird die elektrische Energie in das Stromnetz des Verbrauchers eingespeist und die dabei erzeugte Wärme direkt in das Wärmenetz des Gebäudes geführt, z.b. für die Warmwasserbereitung oder Heizung. Der Wirkungsgrad eines KWK liegt bei 90 %, als Kontrast dazu erzeugt ein modernes Kraftwerk einen Wirkungsgrad von 46 %. 109 Demnach lässt sich folgern, dass der Nutzen (90 %) eines KWK neun Mal höher ist, als der Aufwand (10 %), und somit die CO2-Emissionen mit effizienter Ressourcen-Nutzung erfolgreich reduziert werden (ebd.)

292 18. Bochumer Solarkraftwerk in Gnodstadt, Süddeutschland Abb Nach fünf Monaten Bauzeit wurde 2007 das Solarkraftwerk in Gnodstadt von den Stadtwerken Bochum an das Netz genommen. Es hat eine Fläche von m² und erwirtschaftet Strom für 470 Haushalte pro Jahr Stadtwerke Bochum PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

293 19. Deponiegaskraftwerk in Kornharpen Abb Das Deponiegaskraftwerk in Kornharpen liefert seit 1995 umweltfreundlich Strom und Wärme für Haushalte in Bochum. 113 Das Deponiegaskraftwerk liefert Energie, indem in einem Brunnen das entstandene Methangas des Mülls verdichtet und als Antrieb eines Generators genutzt wird. 114 Durch die Einspeisung des Deponie-Gaskraftwerkes in das Stromnetz können jährlich Tonnen CO2 vermieden werden (ebd.). 19. Wasserkraftwerk am Kemnader See Abb Stadtwerke Bochum,

294 Das Wasserkraftwerk am Kemnader See produziert umweltfreundlich Strom, indem das Wasser bei einer Fallhöhe von 2,4 m durch eine Turbine geleitet wird und somit kinetische Energie in elektrische Energie umwandelt. 116 Der Bau des Wasserkraftwerkes begann im März 2010 und endete nach 20 Monaten Bauzeit im Oktober 2011 (ebd.). 20. Offshore-Windpark Borkum II Abb Das vorliegende Foto zeigt den in rund 45 km Entfernung von der Insel Borkum noch im Bau befindlichen Offshore-Windpark Borkum. Der Bau des Offshore-Windparks Borkum der Energieversorgungsgesellschaft Trianel, begann 2011 und wird voraussichtlich 2015 abgeschlossen sein. 118 Zunächst werden bis Ende Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 200 MW errichtet werden, die dann den Strombedarf von ca Haushalten decken sollen. Bis 2015 sollen dann auf einer Fläche von 56 km² 80 Windenergieanlagen errichtet werden, was einer Gesamtleistung von 400 MW entspricht. Der Trianel Windpark Borkum wird insgesamt 1,6 Milliarden Euro kosten, demnach aber mit höchster Effizienz 1,6 Millionen Tonnen CO2 einsparen (ebd.) neues-wasserkraftwerk-am-kemnader-see-produziert-bald-sauberen-strom/, PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

295 Abb Die vorliegende Grafik veranschaulicht die zuvor genannten geographischen Parameter des Trianel Windpark Borkum. Der Offshore-Windpark Borkum ist somit der größte und weit entfernteste (130 km zum deutschen Festland) Windpark der Welt. 120 Durch die Umspannwerke Hagermarsch, Diele und Dörpern/West wird der Strom von 33 beteiligten Stadtwerken, unter anderem auch Bochum bezogen Modernisierung der Fernwärme Die Stadtwerke Bochum erzeugt in Heizkraftwerken Fernwärme die in Form von Heißwasser über isolierte Rohre zu den Gebäuden führen und für den Betrieb von Heizungen und Warmwasser sorgen /tabid/1246/language/en-gb/default.aspx,

296 Schritte der Modernisierung: Umstellung von Dampf auf Heißwasser (erfolgt) Erneuerung der Gasturbine in Hiltrop Einbindung einer Dampfturbie Optimierung der Fernwärmestrasse Abb eigene Darstellung nach Stadtwerke Bochum 2013 PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

297 Anhang Svenja Menge Abb.1: Global Mined Tantalum Production, (USGS) 55 Abb.2: Bodenschätze in Afrika südlich der Sahara (Auswahl)

298 Abb.3: Konflikte in Afrika südlich der Sahara Banse 2005, S.8 57 HIIK 2006, Stand 2004 in: Banse, 2005 S.7 PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

299 Abb.4: Der Weg der mineralischen Rohstoffe 58 Abb.5: Demographische Entwicklung von 1961 bis Bevölkerung in Tsd. Einwohnern 58 Hütz-Adams, et al. 2008, S nach FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nation,

300 Abb.2: Wirtschaftsdaten der DRK von Abb.3: Wirtschaftsdaten der DRK von Weltbank 2002 a in: Hütz-Adams, Friedel 2003, S Hütz-Adams, et al. 2008, S.7 PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

301 Anhang Sophia Platen 1. Wie oft gehen Sie in der Woche einkaufen? 1x pro Woche 2x pro Woche mehr als 2x pro Woche 1x pro Monat paarmal pro Monat keine Angabe 2. Welches Transportmittel benutzen Sie zum Einkaufen? ÖPNV (Bus und Bahn) Auto Fahrrad zu Fuß keine Angabe 3. Welches Einkaufsgebiet bevorzugen Sie? Bochumer Straße Dördelmannshof keine Angabe 4. Warum gehen Sie bevorzugt dort einkaufen? Erreichbarkeit Öffnungszeiten Angebot Parkplätze Andere: 5. Was würden Sie hier (jeweiliger Befragungsstandort) verbessern wollen? 6. Wie alt sind Sie? bis 25 Jahre Jahre Jahre über 67 Jahre keine Angabe 7. Wo wohnen Sie? (Befragte markieren Straßennamen auf Karte) Abb.14: Fragebogen zur Standortkonkurrenz der Einzelhandelsstandorte Bochumer Straße und Dördelmannshof

302 Abb.15: Kartierung der Einzelhandelsstruktur der Bochumer Straße in Gelsenkirchen-Ückendorf PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

303 Abb.16: Kartierung der Einzelhandelsstruktur des Dördelmannshofes in Gelsenkirchen-Ückendorf

304 Abb.17: Karte von Ückendorf PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

305 Abb.18: Karte der Bebauungspläne in Ückendorf

306 Abb.19: 1. Luftbild des Gewerbegebiets 'Am Dördelmannshof ' PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

307 Abb.20: 2. Luftbild des Gewerbegebiets 'Am Dördelmannshof '

308 Abb.21: Bebauungsplan des Gewerbegebiets 'Am Dördelmannshof PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

309 Abb.22-25: Historische Bilder von der Bochumer Straße Abb.22: Bochumer Straße 1914 Abb.23: Gussstahlwerk 1925, heutiges Gelände des Wissenschaftsparks

310 Abb.24 Abb.25 PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

311 Abb.26-41: Heutige Bilder von der Bochumer Straße Abb.26 Abb

312 Abb.28-32: Ausgewählte leerstehende Ladenlokale und Gebäude Abb.28 Abb.29 Abb.30 Abb.31 Abb.32-34: Ausgewählte Einzelhandelsgeschäfte Abb.32 Abb.33 PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

313 Abb.34: Supermarkt Grand Market Abb.35: Stadtteilbüro Süd-Ost Abb.36: Bunker Abb.37: Heilig Kreuz-Kirche Abb.38: Innenraum der Heilig Kreuz-Kirche

314 Abb.39-41: Wissenschaftspark Abb.39 Abb.40 Abb.41 PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

315 Abb.42: untersuchte Immobilien, die die Stadt Gelsenkirchen erwerben möchte

316 Abb.43-51: Heutige Bilder des Gewerbegebiets 'Am Dördelmannshof ' Abb.43: Verbrauchermarkt REWE Abb.44: Lebensmitteldiscounter Aldi Abb.45: Tierbedarf Fressnapf Abb.46: Kiosk und Bäckerei Gartenbröcker Abb.47: leerstehende Immobilie Abb.48: leerstehende Plus-Immobile PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

317 Abb.49: Getränkefachmarkt Trink & Spar Abb.50: leerstehendes Fabrikgebäude Abb.51: leerstehendes Fabrikgebäude von innen

318 Anhang Jule Theimer aa aa bb bb rr bb(xx) cc dd ee nn, ee nn EE, EE ee aaaaaa ff(xx) ff nn gg HH(xx) II rr(bb) ss, ss ss rr xx, xx nn xx rr Esszeitpunkt Zeitpunkt des Blutzuckeranstiegs: aa = aa + xx 00 Aufgenommene Kohlenhydratmenge Blutzuckerwert, bei dem Blutzuckerreduktion durch Insulin startet Blutzuckerwert als Funktion der Zeit Modellparameter, der den Anstieg der Modellfunktion ff(xx) beschreibt Modellparameter, der den Abfall der Modellfunktion ff(xx) beschreibt Abweichung zwischen Modell- und Messwert für den Blutzucker Summe der quadratischen Abweichungen zwischen Modell und Messung Mittlere absolute Fehler zwischen Modell- und Messwerten Blutzuckerfunktion für ein spezifisches Lebensmittel Gemessene Blutzuckerwerte Exponent der Blutzuckerreduktion durch Insulinausschüttung Heaviside-Funktion Anzahl der Mahlzeiten pro Tag Blutzuckerreduktion durch Insulinausschüttung Skalierungsfaktoren zur Anpassung des Blutzuckerwertes, ss = llll (ss) Skalierungsfaktor für Blutzuckerreduktionsfunktion rr(bb) Zeitpunkte der Blutzuckerbestimmung in Modell / Messung Zeitverzögerung der Insulinausschüttung xx 00 Zeitverzögerung der Blutzuckerzunahme durch Verdauungszeit αα Faktor des Blutzuckerabfalls (Restwirkung der vorherigen Mahlzeiten) Tab.1: Verzeichnis der verwendeten Parameter PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

319 Nahrungsmittel (100g) Kohlenhydrate (in g) Baguette 55.5 Brötchen 55.5 Humana SL 57.6 Kartoffeln 14.8 Kölln Schmelzflocken 58.8 Laugenstange (Bofrost) 43.2 Tab.2: Kohlenhydrate in Nahrungsmitteln 39 Maltodextrin Mondamin 87 Nudeln (ungekocht) 69.9 Reis (ungekocht) 77.8 Reiswaffeln (Byodo) 83.6 Salzbrezel (Huober) 73.4 Seravit Souci, Fachmann, Kraut und Herstellerangaben

320 Tagesprofile der gemessenen Blutzuckerwerte: Abb.1: Blutzuckerverlauf vom Abb.2: Blutzuckerverlauf vom PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

321 Abb.3: Blutzuckerverlauf vom Abb.4: Blutzuckerverlauf vom

322 Abb.5: Blutzuckerverlauf vom Abb.6: Blutzuckerverlauf PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

323 Abb.7: Blutzuckerverlauf vom Abb.7: Abb.8: Blutzuckerverlauf vom

324 Tagesprofil der modellierten Blutzuckerwerte: Abb.9: Blutzuckerverlauf ohne Anpassung an Kontrollmesswerte Abb.10: Blutzuckerverlauf mit Anpassung an Kontrollmesswerte PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

325 Erläuterung der Octave-Berechnungsschritte: Octave-Programm carb_model_*.m 1. Lies Messwerte in Vektoren ein, jeweils eine Datei pro Tag vminute: Zeit in Minuten vbsd / vbsc: diskrete / kontinuierliche Blutzuckerwerte vcarb: Menge der Kohlenhydrate in g vfood: Name des Nahrungsmittels 2. Suche nach allen Mahlzeiten, bei denen das Lebensmittel eingenommen wurde und kopiere alle zugehörigen Messwerte in neue Variablen vbs, vminute, vcarb Im Folgenden wird nur die beste kontinuierliche Messung weiterverwendet 3. Subtrahiere den Einfluss der vorherigen Mahlzeit, indem der Startblutzuckerwert exponentiell abklingt (Halbierung des Blutzuckerwerts nach 90 Minuten) vbs 4. Führe Minimierung des Fehlers der logarithmierten Blutzuckerfunktion durch slog, clog, dlog 5. Berechne absoluten betraglichen Fehler der Modellfunktion für slog,clog,dlog mean_abs_err 6. Führe weitere Minimierung des quadratischen Fehlers durch Gradientabstieg durch sgrad, cgrad, dgrad 7. Berechne absoluten betraglichen Fehler der Modellfunktion für sgrad,cgrad,dgrad mean_abs_err 8. Führe weitere Minimierung des quadratischen Fehlers durch vollständige Gittersuche durch sgrid, cgrid, dgrid 9. Berechne absoluten betraglichen Fehler der Modellfunktion für sgrid,cgrid,dgrid mean_abs_err Tab.3: Octave-Programm carb_model_*.m

326 Octave-Programm day_profile.m 1. Initialisiere Funktionsparameter s,c,d für die verschiedenen Kohlenhydrate mit den Werten aus carb_model_*.m Baguette: sb, cb, db Kartoffeln: sk, ck, dk Laugenstange: sl, cl, dl Mondamin: sm, cm, dm Nudeln: sn, cn, dn Reis: sr, cr, dr Reiswaffeln: sw, cw, dw 2. Lies Messwerte in Vektoren für den Beispieltag 7 ( ) ein vminute7: Zeit in Minuten vbsd7 / vbsc7: diskrete / kontinuierliche Blutzuckerwerte vcarb7: Menge der Kohlenhydrate in g vfood7: Name des Nahrungsmittels 3. Erstelle Vektor für Blutzuckermodellwerte mit Minutenauflösung (1440 Werte/Tag) vbsm 4. Setze Modellblutzuckerwert auf gemessenen Blutzuckerwert zum Zeitpunkt der ersten Mahlzeit und lasse die Werte bis zum Ende des Tages exponentiell abfallen (Halbierung des Blutzuckerwerts alle 90 Minuten) vbsm 5. Addiere die Blutzuckermodellkurven zu vbsm ab Beginn der jeweiligen Mahlzeit bis zum Ende des Tages (Mondamin/HumanaSL/Haferflocken, Reiswaffeln, Kartoffeln, Baguette, Reis) vbsm 6. Erstelle Grafik mit Modellblutzuckerfunktion (blaue Kurve) und gemessenen Blutzuckerwerten (rote Kurve) Grafik, bei der Differenzen zwischen Modell und Messung mit der Zeit immer größer werden 7. Wiederhole die Schritte 4 und 5 vbsm 8. Addiere zu Beginn jeder Mahlzeit die Differenz zwischen gemessenem Blutzuckerwert und Modellwert zu vbsm, damit der Fehler bei Beginn einer neuen Mahlzeit Null ist vbsm 9. Erstelle Grafik mit Modellblutzuckerfunktion (blaue Kurve) und gemessenen Blutzuckerwerten (rote Kurve) Grafik, bei der Differenzen zwischen Modell und Messung beschränkt bleiben Tab.4: Octave-Programm day_profile.m PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

327 Guardian REAL-Time-Webseite: Abb.11: Guardian REAL-Time-Webseite S

328 Abb.12: Guardian REAL-Time-Webseite S.2 PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

329 Abb.13: Guardian REAL-Time-Webseite S

330 One-Touch Ultra 2 Webseite: Abb.14: One-Touch Ultra 2-Webseite S.1 PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

331 Abb.15: One-Touch Ultra 2-Webseite S

332 GNU Octave Webseite: Abb.16: GNU Octave-Webseite S.1 PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

333 Abb.17: GNU Octave-Webseite S

334 Anhang Max Pernklau Anmerkung zum Format: Der besseren Übersicht wegen fängt jedes Kapitel auf einer neuen Seite an. Auch erscheinen Formelblöcke immer als Ganzes auf einer Seite und haben mindestens eine Zeile führenden Text. Würde ich auf diese Maßnahmen verzichten, würde sich die Zahl der Seiten meines Textes (ohne Anhang) von 14 auf 12 Seiten reduzieren. Volumenintegral eines Quaders Ein Quader besteht aus sechs Flächen, von denen jeweils zwei den Quader in einer Richtung begrenzen. Wenn z die Rotationsachse ist, dann hängt das Trägheitsmoment nur von x und y nach dem Satz des Pythagoras ab. Bei homogener Dichte ergibt sich: ( ) ( ) ( ) ( ) ( ) Damit ist das Trägheitsmoment des Quaders ausgerechnet. Die Rotationsachse liegt aber noch auf der z-achse des Koordinatensystems. Das wird mit dem Steiner sche Verschiebungssatz geändert: ( ) ( ) PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

335 Hilfsmittel: Um Berechnungen anzustellen, benutzte ich einen Casio fx-991de Plus Taschenrechner und für aufwändigere Berechnungen Microsoft Mathemathics. Die Bilder wurden mit einer Digitalkamera photographiert und sind in Photoshop CS2 nachbearbeitet. Der Text wurde mit Tex Live, einer LATEX- Distribution, gelayoutet und in Sublime Text 2 geschrieben. Die für das Experiment verwendeten Materialien und Werkzeuge sind: PVC-Rohre und -Winkel mit 4 cm und 5 cm Querschnitt, Gafferband, Holzstäbe, ein Getränkekasten mit gefüllten Flaschen, verschiedene Seile und Schnüre, Heringe, Gartenschlauch, ein Haken aus Metall, ein kurzes Alu-Rohr, ein Ultraschall- Entfernungsmessgerät, eine Säge, ein Golfball

336 Anhang Jessica Göbel Abb.2: zeichnerische Auswertung PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

337 Abb.3: Schaltskizze, Zeichung von Juresic

338 Abb.4: Der photoelektrische Effekt 14 Abb.5: Wellenlänge-Intensität-Diagramm, Vergleich der Vorhersagen von Wien und Rayleigh-Jeans mit denen von Planck. die im Einklang mit dem Experiment stehen 15 Abb.6: Rampenanalogie versus Treppenanalogie. (a) Auf einer Rampe kann ein Kasten kontinuierliche Energiewerte annehmen. (b) Dagegen kann der Kasten auf einer Treppe lediglich diskrete (quantisierte) Energiewerte besitzen Giancoli, S.1268, Abb Giancoli, S.1267, Abb Giancoli, S.1268, Abb.38.3 PRÄMIERTE FACHARBEITEN Anhang

339

340 SPANNEND VIELFÄLTIG INFORMATIV Der Dr. Hans Riegel-Fachpreis ist ein zentraler Teil der Initiative Junge Uni, die alle Schulprojekte der Ruhr-Universität unter einem Dach bündelt. Er wird in Kooperation mit der Dr. Hans Riegel-Stiftung verliehen. rub.de/jungeuni facebook.com/rub.jungeuni

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