Wie sollen wir denn beten? 1. Timotheus 2, 1 6 / Volkmar Glöckner Gebet ist mehr als ein Wort! Zunächst einmal ist es wirklich mehr als nur

Transkript

1 Wie sollen wir denn beten? 1. Timotheus 2, 1 6 / Volkmar Glöckner Gebet ist mehr als ein Wort! Zunächst einmal ist es wirklich mehr als nur ein Wort! Welche Worte oder Bezeichnungen gibt es noch in der Bibel? Gott suchen so, als hätte man ihn verloren oder sich von ihm entfernt. Vor sein Angesicht kommen Blickkontakt suchen, ihn anschauen, sich anschauen lassen, seinen Blick aushalten. Vor Gott stehen, knien, niederfallen, liegen, tanzen, springen, die Hände heben, singen, jauchzen, frohlocken, jubeln, danken, loben, bitten, flehen, klagen, ausharren, schweigen. Auf Gott warten, auf ihn hören, ihm gehorchen, ihn anbeten, Gott lieben. Das alles und noch viel mehr ist Gebet! Das Thema Gebet ist für eine Gemeinde nicht damit erledigt, dass sie sich einen Monat damit beschäftigt und dann zu vermeintlich wichtigeren Dingen übergeht. Gebet ist gelebte Beziehung mit Gott! Betet ohne Unterlass! 1. Thessalonicher 5, 17 fordert uns das Wort Gottes auf. In Bezug auf das Gebet gibt es bei uns viele Unterlassungssünden. Das wird sich auch nicht grundlegend ändern, wenn wir uns gegenseitig unter Druck setzen nach dem Motto: Na, Hand auf s Herz betest Du auch genug? Unser Gebet wird nur dann wirklich leben und zu einem echten Gebetsleben werden, wenn wir immer mehr entdecken, worum es beim Beten geht, wie wir beten können, welche Verheißungen Gebet hat und was Gebet bewirkt. Darum ist die Ermahnung bzw. Ermunterung des Apostels Paulus auch mehr als nur ein Appell: Unser Text ist eine echte Anleitung zum Beten.

2 2 2. Vor allen Dingen Der Apostel Paulus leitet seinen jungen Mitarbeiter und geistlichen Ziehsohn Timotheus an, dass in der Gemeinde vor allen Dingen gebetet werden muss. Das heißt: Gebet ist wichtiger als (Zusammentragen: Gebet ist wichtiger als ) Wir wissen das eigentlich, aber glauben wir es auch? Unsere Sprache verrät uns. Kennt Ihr die Formulierung: Bevor es losgeht, will ich noch kurz beten Kurz ist ja nicht schlecht, lange Gebete sind oft ermüdend, aber deswegen müssen wir das Beten nicht schnell hinter uns bringen, als wäre es nebensächlich oder verzichtbar. Und eine Sitzung, eine Gruppenstunde, ein Treffen, ein Essen, eine Feier... sollte bewusst schon mit dem Gebet beginnen und nicht erst danach! Als Älteste und als ganze Gemeindeleitung erleben wir es immer wieder, wie unsere Andachts- und Gebetszeit am Anfang der entscheidende Start in unsere Sitzung ist: Wir kommen zusammengewürfelt und mitten aus dem Alltag und treffen uns vor Gottes Thron. Wir kommen zur Ruhe, lassen los, richten uns aus, werden eins, Gott bereitet uns vor, wir bekommen ein hörendes und ein gehorsames Herz. Und oft beten wir auch zwischen den Tagesordnungspunkten. 3. Das Ziel des Betens. Was ist eigentlich das Ziel unseres Betens? Vers 2 in unserem Text scheint es klar zu sagen: damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit! V. 2 Aber ist das wirklich das Ziel unseres Betens, ein ruhiges und stilles Leben führen zu können? Oder ist es nicht viel mehr der Nebeneffekt? Sollen wir beim Beten für andere wirklich uns im Blick haben?

3 Ich halte das für ein großes und schwerwiegendes Missverständnis! 3 Dasselbe Missverständnis kann auch an einer anderen Bibelstelle entstehen: Und Jesus hob seine Augen auf über seine Jünger und sprach: Selig seid ihr Armen; denn das Reich Gottes ist euer. Selig seid ihr, die ihr jetzt hungert; denn ihr sollt satt werden. Selig seid ihr, die ihr jetzt weint; denn ihr werdet lachen. Selig seid ihr, wenn euch die Menschen hassen und euch ausstoßen und schmähen und verwerfen euren Namen als böse um des Menschensohnes willen. Freut euch an jenem Tage und tanzt; denn siehe, euer Lohn ist groß im Himmel Liebt eure Feinde und tut Gutes und leiht, ohne etwas dafür zu erhoffen. So wird euer Lohn groß sein, und ihr werdet Kinder des Höchsten sein; denn er ist gütig gegen die Undankbaren und Bösen. Lukas 6, 20 23a + 35 Jesus spricht hier zweimal vom Lohn im Himmel. Doch Jesu Jünger ertragen nicht Armut und Hunger und Tränen und Ausgrenzung, um Lohn im Himmel zu bekommen, sondern sie bekommen Lohn im Himmel, wenn sie Armut und Hunger und Tränen und Ausgrenzung ertragen. Jesus spornt seine Jünger nicht an, um sich Lohn zu verdienen, sondern er tröstet sie, um sich auf Lohn zu freuen! Jesus will nicht, dass wir Gutes tun, um Lohn zu bekommen, sondern dass wir Gutes tun, weil Gott gütig ist und er wird das belohnen! Jesus will aus uns keine frommen Egoisten und schlechten Pharisäer machen, die sich abrackern und in Verzicht üben, um Punkte im Himmel zu bekommen. Wer so sein Christsein lebt, wird irgendwann erschöpft sein und bitter werden und den Druck, den er empfindet, auch auf andere ausüben, damit sie sich gefälligst auch so abmühen wie sie selbst! Jesus will uns nicht als Knechte, die tun, was er sagt, aus Angst vor Strafe. Sondern er will uns als Freunde, die tun, was er sagt, aus Liebe und Begeisterung über die Genialität seines Willens und weil sie so sein wollen, wie er ist!

4 Und er verspricht, dass wir dabei nicht zu kurz kommen werden! 4 Jesus sagt: Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen. Matthäus 6, 33 Genauso ist es auch beim Gebet für andere: Wir beten für sie, weil es Gottes Auftrag für uns ist, und weil diese Menschen es brauchen, und weil es das ist, was wir beitragen können wer sonst sollte es tun? Und wenn wir so beten, wird es sich auswirken auf unser eigenes Ergehen, weil Gott einen Zusammenhang hergestellt hat zwischen dem Segen, der von uns ausgeht, und dem Segen, den wir selbst empfangen! Ziel unseres Betens ist, dass Gottes Wille geschieht und dass sein Reich kommt. Und Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus, der sich selbst gegeben hat als Lösegeld für alle, als sein Zeugnis zur rechten Zeit. 1. Timotheus 2, 4 6 Durch unser Gebet arbeiten wir mit an der Umsetzung seines Willens. Das gefällt Gott. Und es gefällt ihm auch, dass wir selbst dabei als seine Kinder erkennbar sind und in der Ehrfurcht vor ihm und in Geborgenheit leben können. So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, für die Könige und für alle Obrigkeit, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit. Dies ist gut und wohlgefällig vor Gott, unserm Heiland, welcher will, dass alle Menschen gerettet werden 1.Timotheus 2, 1 4a 4. Was sollen wir denn beten? Zunächst einmal steht da, wir sollen beten: für alle Menschen, für die Könige und für alle Obrigkeit V

5 5 Ich denke nicht, dass das bedeutet, dass jeder von uns für 7 ½ Milliarden Menschen beten muss. Aber es bedeutet, dass wir immer einmal wieder überprüfen sollten, ob unsere Gebetsliste noch aktuell ist, d.h. ob nicht der Geist Gottes uns auf diesen oder jenen aufmerksam macht, für den gerade wir beten sollten. Paulus nennt der Gemeinde noch einmal speziell die, die Verantwortung tragen in dieser Welt. Mit dem Gebet für Politiker und für die Gesellschaft tun sich Christen unserer Prägung immer wieder schwer, empfinde ich. Als wäre Politik nur ein schmutziges Geschäft und nicht eins, in dem wir selbst auch ständig einkaufen gehen. Manchmal nehmen wir vielleicht gar nicht richtig wahr, wie viel wir alle von der Arbeit der Politiker profitieren und wie stark sie unser Leben mit beeinflussen und prägen. Warum lassen wir sie sonst mit der Last der Verantwortung oft alleine und geben ihnen keine Gebetsunterstützung? Oder führt unsere Hoffnung auf die neue Welt dazu, dass wir keine Hoffnung mehr haben für die alte Erde und sie darum aufgeben? Interessant finde ich, dass Gottes Wort längst vor der Zeit von Digitalisierung und Globalisierung global gedacht hat es ist ja auch ein ewiges Wort: Paulus spricht von alle Menschen und alle Obrigkeit. Was Gott schon immer so sah, müssen wir erst noch zu sehen lernen: Alles hängt zusammen, wir sind eine Menschheit und eine Welt, und wir können für unser Land nur in seinem Zusammenhang mit dem Rest der Welt beten. Amerika first oder Deutschland den Deutschen widerspricht auch in dieser Hinsicht dem Auftrag Jesu an seine Gemeinde aus allen Nationen: Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit! In unserem Text werden 4 Begriffe (immer Mehrzahl!) verwendet, die das Beten beschreiben. Die ersten drei sind ähnlich. Die Unterschiede geben aber eine gewisse Anleitung, wie wir beten können. Es heißt:

6 6 dass man vor allen Dingen tue Bitte(n), Gebet(e), Fürbitte(n) und Danksagung(en) V Bitten (oder auch: Flehen! Griechisch: deäseis) Herz ausschütten, das Innerste vor Gott ausbreiten, rauslassen, seufzen weg beten, was obenauf liegt. Dazu gehört z.b. auch einmal das Klagen über eine konkrete gesellschaftliche Situation. Wenn wir so beten, ordnet sich unser Inneres und wir werden bereit, Gottes Sicht zu erkennen und im Hören auf Ihn zu beten. Daraus folgen: 2. Gebete (griechisch: proseuchas) Dieses Wort wird am meisten gebraucht, wenn von Gebet gesprochen wird. Hier dürfen wir z.b. das Vater unser vor Augen haben, in dem Jesus uns zeigt, worauf es Gott bei unserem Beten vor allem ankommt, nämlich darauf: Geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe! Wenn wir so beten, wendet sich unser Blick von uns selbst weg und wir erkennen, wer unser Gebet nötig hat. Darum schließen sich an: 3. Fürbitten (griechisch: enteuxeis) Wir breiten vor Gott die Not anderer aus und beten gezielt und konkret um Sein Eingreifen! Wenn wir so beten, entdecken wir auch, wo Gott schon handelt und freuen uns an seinem Tun. Darum folgen daraus: 4. Danksagungen (griechisch: eucharistäs) Wir sprechen aus, was wir bei dem, was in unserem Land geschieht und was Verantwortliche Menschen tun, als Gottes Fürsorge erkennen und als Zeichen seiner Liebe und seines Handelns! Schluss: In Rostock hatten wir einige Jahre einen kleinen Kreis von Betern, die für jeden Gottesdienst ein Gebet für die Welt vorbereitet haben. Vielleicht könnte solch eine gute Gewohnheit auch bei uns entstehen.