Kritikalitätssicherheit bei der Entsorgung bestrahlter Brennelemente aus Kernkraftwerken. Robert Kilger, GRS 26. Februar 2010
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- Catrin Straub
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1 Kritikalitätssicherheit bei der Entsorgung bestrahlter Brennelemente aus Kernkraftwerken Robert Kilger, GRS 26. Februar 2010
2 Übersicht Kritikalitätssicherheitsanalyse für bestrahlte Kernbrennstoffe Konzept des sog. Abbrandkredit Anforderungen Validierung Transport und Zwischenlagerung Abklingbecken (Nasslagerung) Transport- und Lagerbehälter (Trockenlagerung) Endlagerung Betriebsphase Nachbetriebsphase
3 Kritikalität und Abbrand bei bestrahlten Kernbrennelementen Kritikalität: Selbsterhaltende nukleare Kettenreaktion Neutronenmultiplikationsfaktor k = 1 Wesentlich bestimmt durch Nuklidinventar Außerhalb von Reaktoren unbedingt zu vermeiden! Abbrand: Integrale Größe für bestrahlte Brennelemente Erzeugte Energie pro kg Uran Summe aller Beiträge der Spaltungen aller Nuklide und der Folgereaktionen Mess- und rechentechnisch erfassbar Nuklidinventar in den bestrahlten Brennelementen Verbrauch von 235 U (therm. Spaltung) und 238 U (Absorption, Schnellspaltung) Erzeugung und Verbrauch von spaltbarem Plutonium 239 Pu, 241 Pu, absorbierendem 240 Pu, absorbierenden Spaltprodukten wie 149 Sm, 103 Rh, Bestimmt durch zeitabhängigen lokalen Neutronenfluss (Höhe, Spektrum) Zahlenwert des Abbrands ist kein eindeutiges Maß für das exakte Nuklidinventar
4 Kritikalitätssicherheitsanalyse: Abbrandkredit Früher: für abgebrannten Brennstoff Reaktivität von frischem Brennstoff unterstellt ( fresh fuel assumption, FFA) Keine Abbrandrechnung erforderlich Relativ einfache Kritikalitätsrechnung Sehr hohe Sicherheitsmarge, oft überkonservativ Abbrandkredit ( burn-up credit, BUC) Rechnerische Annäherung an reale Reaktivität Netto-Verbrauch von spaltbaren Nukliden und Aufbau von zahlreichen Neutronenabsorbern Radioaktiver Zerfall Abbrandrechnung zur detaillierten Inventarbestimmung Komplexe Kritikalitätsrechnung durch erhöhte Anzahl an Nukliden Erhöhung von Anfangsanreicherung, Lager-/Transportkapazitäten, Druckwasserreaktor-Brennelemente
5 Abbrandkredit: Nuklide FFA: UO 2 bzw. MOX und Wasser; Strukturmaterialien Abbrandkredit-Nuklide, Anforderungen Die Reaktivität erhöhende Nuklide: alle zu berücksichtigen! Absorber: Langlebige, auch unter Störfallbedingungen nicht flüchtige Nuklide Validierung? Aktinoide 234 U, 235 U, 236 U, 238 U, 237 Np, 238 Pu, 239 Pu, 240 Pu, 241 Pu, 242 Pu, 241 Am und 243 Am Spaltprodukte 149 Sm, 152 Sm, 143 Nd, 155 Gd, 133 Cs und 103 Rh 109 Ag, 151 Eu, 153 Eu, 95 Mo, 145 Nd, 101 Ru, 147 Sm, 150 Sm, 151 Sm und 99 Tc
6 Normalisierter Partialabbrand Axiales Abbrandprofil der Brennelemente Neutronenleckage oben und unten im Kern Reduzierter Neutronenfluss am Kopfund Fußende der Brennelemente Temperaturgradient im Reaktorkern Kühlmittel strömt oben heißer aus als unten ein Bei konstantem Druck: Dichtegradient Moderationsgradient Gradient im Neutronenspektrum Hohe räumliche Variabilität des lokalen Nuklidinventars 1,2 Axiales Abbrandprofil für jedes BE verschieden! 1,1 1,0 Rechnerische Multiplikationsfaktoren mit und ohne Profilberücksichtigung typischerweise verschieden Endeffekt K = k eff,axial - k eff,homogen Ab Abbrand > 15 GWd/tSM: K > 0 Profil muss berücksichtigt werden 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 unten oben Axialabschnitt
7 Abbrandkredit: Beladekurve Beladekurve Zusammenhang zwischen Anfangsanreicherung und zulässigen Mindestabbrand für eine spezifische Anordnung abgebrannter Brennelemente Maßgeschneidert für das jeweilige Lagersystem Behälter, Nasslagergestelle, Äquivalenter uniformer Abbrand k eff,axial und k eff,homogen typischerweise verschieden für identischen mittleren Abbrand Äquivalentabbrand so dass k eff,hom (äqui) = k eff,axial (realer Abbrand) Kalibrierkurve Bildquelle: DIN 25712: Anhang A
8 Validierung der Rechenverfahren Abbrandcode zur Inventarbestimmung Rechenmethode und Wirkungsquerschnitte Nachrechnung von radiochemischen Analyseproben von abgebrannten Kernbrennstoffen geeigneter Art (Anreicherung, Abbrand, Probenposition, ) Kenntnis der Bestrahlungsgeschichte und hochwertige Experimente notwendig Ableitung von (konservativen) Isotopenkorrekturfaktoren Kritikalitätscode zur Bestimmung des Multiplikationsfaktors Nachrechnung kritischer Benchmark-Experimente (ICSBEP) Bestimmung systematischer Fehler (Bias) und Fehlerfortpflanzung Sensitivitäts- und Unsicherheitsanalysen
9 Nasslagerbecken Einteilung des Lagerbeckens in zwei Zonen Auslegung einer Zone für frischen Brennstoff Großer Brennelemente-Abstand Verwendung von Absorberplatten Auslegung einer Zone mittels Abbrandkredit Dichtere Brennelemente-Packung Kontrolle des Abbrands (Reaktorlogbuch, Messung) Absicherung gegen Fehlbeladung durch redundante Kontrollen Absicherung durch Auslegung gegen vereinzelte Fehlbeladung Bildquelle: NUKEM Technologies GmbH
10 Transport- und Lagerbehälter für abgebrannte Brennelemente CASTOR V/19 der Fa. GNS
11 Transport- und Lagerbehälter für abgebrannte Brennelemente BfS: Erstmalige Zulassung eines T/L-Behälters mit Abbrandkredit inklusive sechs Spaltprodukten in Deutschland voraussichtlich Mitte 2010: TN International TN 24 E (12 GWd/tSM bei 4,05% Anfangsanreicherung) Verschiedene Stufen von Abbrandkredit beim TN 24 E untersucht Bildquelle: Bundesamt für Strahlenschutz, NCSD2009
12 Kritikalitätssicherheit bei der Endlagerung Betriebsphase (Einlagerung) Kritikalitätssicherheit durch Auslegung (Behälter); vgl. Transport/Zwischenlagerung Nachbetriebsphase Endlager nach vollständigem Verschluss ohne weitere Kontrolle sich selbst überlassen Entwicklung von Langzeit-Szenarien Degradation von technischen und natürlichen Barrieren; Wasserzutritt Übergang von deterministischer zu probabilistischer Sicherheitsanalyse Evolutionsszenarien, Betrachtungszeitraum 1 Million Jahre Bildung sekundärer und tertiärer Uranmineralphasen Separation von Uran und Plutonium Nah- und Fernfeld Pollux-Endlagerbehälter Bildquelle: GNS
13 Endlagerung: Zeitliche Entwicklung des Multiplikationsfaktors Bildquelle: J.M. Scaglione, ORNL, 2009
14 Endlagerung: Exemplarisches generisches Evolutionsszenario Wasserzutritt in das Endlager Kritische Exkursion Auslösendes Ereignis Wasserzutritt an einen Behälter Höherer Detaillierungsgrad, Reaktions-/Korrosions- und Migrationsraten, Zeitskala Probabilistische Untersuchungen: Eintrittswahrscheinlichkeiten und Reaktionsraten für alle Einzelschritte? Behälterkorrosion: Schweißnaht Wasserzutritt in einen Behälter Brennstoffkorrosion Migration und Ausfällung Bildung einer Mineralphase Ungünstige(s): Geometrie, Moderation, Nuklidinventar,
15 Generisches Endlager: Kritikalitätssicherheit Mögliche Entwicklung des Endlagers in der Zukunft: Szenarien Wasserzutritt für Kritikalität erforderlich Auslösendes Ereignis undefiniert in Art und Zeitpunkt Szenarienbandbreite durch axiale Abbrandprofile vergrößert Absorbierende Spaltprodukte kaum zu berücksichtigen Ergänzende probabilistische Analysen Kritikalität auf Basis von vollständig abgebranntem LWR-Brennstoff in einem einzelnen Behälter extrem unwahrscheinlich Konsequenzanalyse was wenn hypothetisch doch? Exkursionsmodell für geologische Umgebung Barrierenwirksamkeit Temperatur / Druck Spaltprodukte
16 Relevante Normen und Regeln in Deutschland Kritikalitätssicherheit DIN Abbrandkredit: Nasslagerbecken DIN 25471, KTA Abbrandkredit: Transport- und Lagerbehälter DIN Abbrandkredit: Endlagerung DIN (Entwurf) Validierung von Kritikalitätsberechnungssystemen DIN 25478, (KTA )
17 Zusammenfassung Wegen Resten an spaltbarem Material ist auch beim Umgang mit abgebrannten Kernbrennelementen die Kritikalitätssicherheit nachzuweisen Annahme frischen Brennstoffs sehr konservativ Berücksichtigung des Reaktivitätsverlusts durch den Abbrand ( Abbrandkredit ) Hohe Anforderungen an Codevalidierung: Nuklidinventar, Kritikalität Abbrandkredit wird bereits in vielen Ländern angewandt, auch in Deutschland Lagerung in Abklingbecken (Nasslagerung) Transport und Zwischenlagerung in Behältern (Trockenlagerung) Auflösen von abgebranntem Kernbrennstoff (Wiederaufarbeitung) Inventarbestimmung für geologische Langzeitszenarien (Endlagerung)
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