Liebe Gemeinde, wir wissen, dass Josef mit Maria von Nazareth bis nach Bethlehem musste um sich in Steuerlisten eintragen zu lassen.

Transkript

1 Liebe Gemeinde Es ist mir zwar klar, dass gestern Abend "Heiliger Abend" war und der folgende Text dahin passen würde. Trotzdem will ich heute Morgen mit ihnen auf einen Weg gehen, den Josef und Maria gegangen sind. Und eines noch vorweg: Wenn ich zwischendurch Töne anschlage die sich nach Kritik anhören, so gehe ich davon aus, dass sie mich inzwischen kennen und wissen, dass ich nicht einfach gegen Weihnachten bin. Ich wünsche mit viel mehr, dass Weihnachten mehr ist als "Süsser die Glocken" nie klingen. auch wenn das Lied "Stille Nacht, heilige Nacht" gerne gesungen wird. Hätte ich gestern Abend Gottesdienst gehabt, dann hätte ich es auch eingesetzt. Doch: Weihnachten ist mehr. Weihnachten geht tiefer. Weihnachten geht ans Eingemachte. An Weihnachten war der Teufel los und Gott wehrte sich für uns. Das Böse hat nicht gesiegt. Die Liebe hat über das Böse gesiegt. Predigttext: Lukas 2, 1-6 (lesen) Liebe Gemeinde, wir wissen, dass Josef mit Maria von Nazareth bis nach Bethlehem musste um sich in Steuerlisten eintragen zu lassen. Eine hochschwangere Frau ist mit ihrem Mann unterwegs, eine Strecke von ungefähr 200 Km. Es war ein anstrengende Nacht, in der viele Menschen unterwegs waren, um sich an ihren Bürgerorten eintragen zu lassen. Anstrengung, Angst um ihr erstes Kind. Wo werden wir schlafen. Was ist, wenn das Kind überrascht kommt? Sind das die Gedanken, die die junge Frau umtreibt? Und Josef muss auch seine Verantwortung gespürt haben. Er wollte sie doch schon verlassen, weil er bisher mit seiner Verlobten Maria noch nichts intimes gehabt hatte. doch gibt ihm im Traum zu verstehen: Josef, das Kind in deiner Verlobten ist etwas ganz Besonderes. Lass sie nicht allein. Vielleicht war Josef ja froh, mit Maria weg zu können. Von Nazareth. Wir wissen doch, wie die Menschen reden, wenn etwas nicht im Gleichschritt läuft. Unterwegs finden sie keine Herberge. Auch dies stand am Anfang des noch ungeborenen Lebens Jesu. Während sie unterwegs sind, geschieht etwas ganz dramatisches, was uns oft und leider zu märchenhaft erzählt wird: Während wir heute von den "Heiligen drei Königen" reden, spricht die Bibel von etwas anderem: Matthäus 2, 1-12 (lesen) 1

2 Liebe Gemeinde, die Bibel spricht nirgends von Königen, sie sprich von Sterndeutern. Diese Männer aus dem Morgenland waren Wissenschaftler, die sich mit Sternenkunde, sowie mit komplizierten mathematischen Rechnungen beschäftigten. Da entdeckten sie eine besondere Erscheinung, die wir uns heute erklären können. Wir wissen, dass von Zeit und Zeit sich zwei Sterne im Universum näher kommen. Das sind die beiden Sterne "Jupiter und Saturn". Jupiter wird dem jüdischen Volk zugerechnet und Saturn ist der Stern der Könige. Als die sternkundigen dieses Phänomen sahen, das zudem noch hell leuchtete, da sagten sie sich: Wenn sich der Stern der Juden mit dem Königsstern vereinigt, dann kann dies nur bedeuten, dass im jüdischen Land ein König geboren wird. Sie ziehen los, weil sie diesen neuen König sehen wollen. Wenn schon der Himmel so etwas ankündigt, muss dies ein besonderer König sein. Das Drama nimmt seinen Lauf: Wohin geht man, wenn ein König geboren werden soll. natürlich in einen Palast. Die Weisen gehen zu König Herodes und erzählen ihm von ihren Berechnungen und Beobachtungen. Herodes, ein Blutsauger, der nie davor zurückscheute andere, die seiner Macht im Wege standen umzubringen, schmeichelte den Weisen: "Geht und erkundigt euch genau nach dem Kind und wenn ihr es gefunden habt, gebt mir Nachricht! Dann will ich auch hingehen und mich vor ihm niederwerfen." Wie geht es uns, wenn wir in der Zeitung vom Missbrauch, von der Gewaltanwendung an kleinen Kindern lesen. Wenn wir Weihnachten feiern, liebe Gemeinde, dann feiern wir die Geburt eines Kindes, eines besonderen Kindes. Der Plan des Herodes war nichts anderes, als dieses Kind umzubringen. Gott greift ein, indem er die Pläne des Machthabers durchkreuzt. Auch, wenn wir singen "Stille Nacht, heilige Nacht"- für Maria und Josef, sowie ihr Neugeborenes war es zunächst eine anstrengende, eine vielleicht auch ängstliche, vor allem eine gefährliche Nacht. Aber es kann uns an die ersten Seiten der Bibel erinnern: Nachdem Gott die Erde erschaffen hatte, heisst es, dass da eine Wüste und Leere war. Im ursprünglichen Sinn und Sprachverständnis heisst es: Es war ein "Tohuwabohu" - ein grosses Durcheinander. Und dann kommt die Aussage: "Und Gottes Geist schwebte auf dem Wasser". Die Schöpfung, die zunächst einfach noch ungeordnet ist, ein Durcheinander, auch Schutzlos, ich sage mal "gefährdet". Deshalb schickt Gott seinen Geist, der nun über dem Wasser schwebt. Somit schützt er die noch ungeordnete Schöpfung. Gott hat eingegriffen, in seine Schöpfung, die er nicht dem Chaos überlässt. Gott griff ebenso in das ganz junge, zarte Leben Jesu ein, um es so dem Zugriff und der Zerstörung durch Herodes zu entziehen. Die Hand des Bösen, welche sich ausstreckt, um zu vernichten, zerstören wird abgewehrt. Gott schickte seinen Engel, um Josef zu warnen und ihm neue Weisung zu geben. 2

3 Und diese Warnung vor Herodes bringt die Familie des Josef dahin, dass sie flüchten müssen. Nach Ägypten. Anscheinend sind sie lange dort gewesen, denn von Jesus erfahren wir erst wieder etwas, als er 12 Jahre alt war. Was feiern wir an Weihnachten: Die Geburt des Gottessohnes. Wenn wir feiern, sollten wir an den schweren Weg der Maria denken. Keinen Platz in der Herberge, ein mühsamer fast 200 Kilometer langer Weg bis Bethlehem und im Hintergrund der Mann, der schon etliche Menschen auf dem Gewissen hatte. Wenn wir dann 2000 Jahre danach "Stille Nacht, heilige Nacht singen" sollten wir uns bewusst sein, dass Gott aus einer Nacht, aus einer dunklen Nacht, aus einer gefährlichen Nacht eine Heilige gemacht hat, indem er eingegriffen und allem Bösen gewehrt hat. In der Bibel, mit der ich diese Predigt vorbereitet habe, es ist die Übersetzung "Gute Nachricht" sind die Überschriften über die einzelnen Abschnitte folgende: Jesus - Gottessohn und Davidssohn Jesus - von den Völkern erwartet und als König begrüsst Jesus - wie einst das Volk Israel Flüchtling in Ägypten Jesus - wie Mose dem Kindermord entkommen Jesus - der Nazaräer Nun zu diesem Abschnitt, Matthäus 2, (lesen) Nach diesem Text war nach Jesu Geburt keine Zeit mehr zu feiern, keine Zeit mehr für die junge Familie die ersten Tage mit ihrem kleinen Sohn zu geniessen. sie mussten weg, weil Gefahr drohte. Wie auch heute Menschen aus Syrien, aus Afghanistan und anderen gefährlichen Orten dieser Welt flüchten. Heute ins Asyl nach Deutschland, Schweden und in die Schweiz. Jesus nach Ägypten. Und wer glaubt, dass Jesus und seine Familie dort mit offenen Armen empfangen wurde, der unterliegt mit grösster Wahrscheinlichkeit einer Täuschung. Wir können erahnen, dass es nicht so war. Ägypten galt immer als Erzfeind von Israel. Ausgerechnet dorthin soll Josef fliehen. Vielleicht weil Herodes die Familie dort am wenigsten vermutet hätte. Oder auch seine Macht nicht bis dorthin reichte. Der Text in Matthäus sagt ganz klar aus, dass Jesus erst, nachdem Herodes gestorben war, nach Israel zurückkehrte. Und kaum waren sie angekommen, eine neue Gefahr: Vers 22: Unterwegs erfuhr Josef, dass in Judäa Archelaus als Nachfolger seines Vaters Herodes König geworden war. Da bekam er Angst, dorthin zu ziehen. 3

4 Das wäre aber sein Ort gewesen: Bethlehem, die Stadt aus der Josef stammte. Und wieder muss er mit Maria und Jesus ausweichen. Sie ziehen nach Nazareth, das in Galiläa liegt. Wenigstens genug weit weg von dem neuen Machthaber. Ein sehr bewegter Beginn eines Menschenlebens. An einer Stelle in der Bibel heisst es, dass Jesus uns verstehen kann, weil er alle menschlichen Versuchungen und Anfechtungen, alle Gefahren und Anfeindungen am eigenen Leib erlebt hatte. Wenn wir dann Jesu Lebensbeginn und die weitere Lebenszeit, was uns überliefert ist anschauen, dann gab es keine Zeit, die irgendwie ruhig und entspannt war. Sein Leben war von a bis z ein besonderer Weg, der herausfordert, der nachdenklich macht, der manche Menschen aufgrund des Anspruchs Jesu ärgert. Und alle Menschen, die ihn als Vorbild genommen haben, werden nie mit den Wölfen mitheulen können, nie unkritisch einem Zeitgeist folgen können. Dass sein Leben alles andere als normal, als üblich verlaufen würde, zeigen schon die Menschen, die ihn nach seiner Geburt aufgesucht haben. Von weit her kommen sie, die Weisen und Gelehrten, aus dem sogenannten Morgenland. Interessant, dass keine gelehrten Juden kamen. Für sie ist bis heute Jesus nicht der Messias, auf den sie warten. Das Bild der jüdischen Gemeinde des Messias war ein anderes. Jesus glich zu wenig dem mächtigen König David. Er knüpfte sich eben die Römer nicht vor, diese Heiden. Aber diese Männer mit ihren wertvollen Geschenken, Gold, Weihrauch und Myrrhe müssen geahnt haben, dass im jüdischen Land etwas vor sich ging. Und diese Ausländer, die Nichtjuden machten sich auf den Weg, um den zu suchen, den der Himmel angekündigt hatte. Denn sie sahen ja die Sternkonstellation. Heiden wurden alle Nichtjuden genannt. Diese Heiden, die wir heute "Heilige drei Könige" nennen. Sie kamen und waren bereit, nicht auf ihren Glauben, den sie bei sich zuhause gewähnt waren, zu schauen. Nein, sie liessen sich auf etwas ein, was sie noch nicht kannten. Wie weit sind wir bereit, uns einem Jesus zu begegnen, der uns bisher fremd ist? Wie weit sind wir bereit zu gehen, um ihn zu finden? Und noch andere sind gekommen. Zum König aller Könige kam niemand aus einem Königshaus. Die aristokratischen hohen jüdischen Fürsten kamen nicht, aber es kamen Menschen aus der untersten gesellschaftlichen Schicht des Volkes, die Hirten. Das waren keine Knäblein mit einer Flöte im Mund, die in einer romantischen Nacht Liedchen gespielt haben. Hirten im alten Israel waren bei jedem Wetter bei ihren Herden, die sie auch gegen wilde Tiere verteidigen mussten. Mit dem Morgenstern in der Hand mussten sie gegen Raubtiere kämpfen, während andere in ihren Häusern schlafen konnten. Die unterste Schicht, die keine eigenes Land besassen waren diese Menschen. Sie kommen und beten den an, der ins einem folgenden Leben immer für die Armen und Benachteiligten da sein wird. 4

5 Natürlich singen wir "Stille Nacht, heilige Nacht" an jedem 24. Dezember, aber für diese junge Familie war es zunächst eine Nacht voller Angst und Kampf ums Dasein, ums Überleben. Doch Gott macht aus der unheiligen Nacht eine Heilige Nacht, die mittlerweile schon 2000 Jahre lang gefeiert wird. Diese Geburt eines Kindes hat unser Leben dermassen beeinflusst, dass wir es manches Mal nicht mehr merken. Musiker hat es inspiriert, Maler, Dichter und Sänger kommen an Jesus nicht vorbei. Und es gibt unzählige Gründe, sich über die Geburt Jesu zu freuen. Uns als christliche Gemeinde gäbe es ohne dieses Ereignis damals in einem Stall bei Bethlehem nicht. Amen.