2. Wirtschaft und Güterverkehrspolitik als Determinanten des Schweizer Logistikmarktes

Transkript

1 2. Wirtschaft und Güterverkehrspolitik als Determinanten des Schweizer Logistikmarktes Die wichtigsten Fakten im Überblick Die Schweiz zählt mit einem Bruttoinlandprodukt von rund 603 Mrd. CHF bei einer Einwohnerzahl von etwa 8,1 Mio. zu den wettbewerbsstärksten Volkswirtschaften Europas und hat einen der höchsten Werte beim Bruttoinlandprodukt pro Kopf. Der Kapitalbestand Schweizer Unternehmen und Investoren im Ausland überstieg im Jahr 2012 erneut die Grenze von 1 Billion CHF. Die Schweiz bietet sich als Standort für ausländische Unternehmen und Abnehmer für deren Produkte an. Im Jahr 2012 betrug der Kapitalbestand ausländischer Akteure in der Schweiz 672 Mrd. CHF. Damit nahm der Kapitalbestand im Vergleich zum Vorjahr um 2,9 % zu. Die Schweiz ist vor allem ein Dienstleistungsland. Der tertiäre Sektor trägt rund 66 % zur Bruttowertschöpfung in der Schweiz bei. Durch die Schweiz verlaufen einige der wichtigsten Handelskorridore Europas. Eine besondere Bedeutung weist vor allem der auf der Nord-Süd-Achse durch die Schweiz fliessende alpenquerende Güterverkehr auf. Im Jahr 2013 wurden durch die Schweizer Alpen auf Strasse und Schiene insgesamt 38,2 Mio. t transportiert (+2,1 % gegenüber 2012). Dabei belief sich der Anteil der Schiene am alpenquerenden Güterverkehr auf 66 %, der Anteil der Strasse auf 34 %. Der alpenquerende Schienengüterverkehr nahm um rund 1,5 Mio. t bzw. um 6,3 % zu, während die Gütermenge auf der Strasse um 0,7 Mio. t bzw. 5,2 % abnahm. Die Schweizer Verkehrspolitik steht vor grossen Herausforderungen. Diese beziehen sich auf alle Verkehrsträger, aber auch auf die Aussenwirkung der Politik auf die schweizerische Gesellschaft und Wirtschaft. 43

2 2.1 Schweizer Wirtschaft im europäischen Kontext Hinweis Dieser Abschnitt beleuchtet die allgemeine Wirtschaftslage der Schweiz, da diese starke Auswirkungen auf den Schweizer Logistikmarkt hat. Mit einem Bruttoinlandprodukt (BIP) von CHF 7 pro Kopf zählt die Schweiz zu den wettbewerbsstärksten Volkswirtschaften Europas und liegt weltweit auf Rang Bei einer Einwohnerzahl von rund 8,1 Mio. Menschen beträgt das BIP im Jahr 2013 rund 603 Mrd. CHF. 9, 10 Diese Wirtschaftsleistung wird von mehr als Arbeitsstätten erbracht. Insgesamt sind 4,8 Mio. Erwerbstätige in diesen Arbeitsstätten beschäftigt, davon 73 % in Vollzeit. 11, 12 Für viele schweizerische Unternehmen ist insbesondere der europäische Markt von essenzieller Be deutung, denn aufgrund der vergleichsweise geringen Einwohnerzahl reicht der Binnenmarkt alleine nicht aus, die in der Schweiz produzierten Waren abzusetzen. 54 % der Schweizer Exporte gelangen in die EU, etwa 72 % der Importe kommen von dort. 13 Aus diesem Grund hat die Schweiz mit der Europäischen Union (EU) einige bilaterale Abkommen mit dem Ziel eines schrittweisen Abbaus von Marktzugangsschranken ab geschlossen. 14 Auf Basis dieser Regelungen wird es den in der Schweiz angesiedelten Unternehmen erleichtert, auf dem Markt der EU mit seinen rund 506 Mio. Verbrauchern aktiv zu sein. 15 Neben der starken Verflechtung über Kapitalbeteiligungen ist die Schweiz über den Aussenhandel eng mit dem Ausland verbunden. Die relative Höhe des Aussenhandelsvolumens verdeutlicht die Einbindung der Schweizer Wirtschaft in den internationalen Wertschöpfungsprozess. Dabei zählen vor allem Chemikalien und Maschinen seit Jahren zu den wichtigsten Handelsgütern. Die Einfuhr von chemischen Erzeugnissen belief sich 2013 auf etwa 42 Mrd. CHF, die Ausfuhr auf rund 81 Mrd. CHF. Im Gegensatz dazu betrug der Warenwert für die Einfuhr von Maschinen 30 Mrd. CHF, jener der Ausfuhren rund 33 Mrd. CHF. Eine grosse Rolle spielten ausserdem die Ausfuhren an Präzisionsinstrumenten, Uhren und sonstigem Schmuck, die sich insgesamt auf 45 Mrd. CHF beliefen. 16 Schweizer Direktinvestitionen im Ausland in Mio. CHF Kapitalbestand Kapital export Ausländische Direktinvestitionen in der Schweiz in Mio. CHF Kapitalbestand Kapital import EU ,6 % ,1 % Vereinigtes Königreich ,2 % ,1 % Deutschland ,8 % ,3 % 402 Frankreich ,4 % ,6 % Übriges Europa ,1 % ,8 % Nordamerika ,6 % ,7 % USA ,7 % ,8 % Mittel-/Südamerika ,3 % ,8 % 139 Restliche Welt ,4 % ,4 % Total ,3 % ,9 % Tabelle 1: Ausgewählte schweizerische und ausländische Direktinvestitionen im Ausland und in der Schweiz in Mio. CHF (Quelle: SNB (2014): Direktinvestitionen) 44

3 Direktinvestitionen 17 Die Schweiz verfügt im Vergleich mit anderen Ländern über hohe Direktinvestitionen im Ausland. Zahlreiche Hauptsitze grosser multinationaler Konzerne und ausländischer Holdinggesellschaften tragen dazu bei, dass die Schweiz einer der grössten Direktinvestoren weltweit ist. > > Die Auslandsinvestitionen schweizerischer Unternehmen überschritten im Jahr 2012 erneut einen Kapitalbestand von 1 Billion CHF und stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 2,3 % (s. Tab. 1). > > Die schweizerischen Direktinvestitionen im Ausland (Kapitalexporte) beliefen sich 2012 wie auch im Vorjahr auf rund 42 Mrd. CHF. > > Der grösste Anteil des Kapitalbestandes schweizerischer Unternehmen findet sich in der Europäischen Union, gefolgt vom nordamerikanischen Kontinent. Wie auch im Vorjahr investierten die Schweizer Unternehmen auch verstärkt in Südamerika und Asien. Auf der Gegenseite bietet sich die Schweiz als Standort für ausländische Unternehmen und als Abnehmer für deren Produkte an. > > Im Jahr 2012 betrug der Kapitalbestand ausländischer Akteure in der Schweiz rund 672 Mrd. CHF. Er nahm damit im Vergleich zum Vorjahr um 2,9 % zu. > > Der Kapitalbestand von Investoren aus der EU verzeichnete eine Steigerung um 6,1 %, dafür nahm vor allem der Kapitalbestand von Investoren aus Asien relativ stark ab. Sektor Tabelle 2: Anteil der Wirtschaftssektoren an der Bruttowertschöpfung in Mio. CHF (Quelle: BFS (2014): Produktionskonto nach Branchen) Bruttowertschöpfung in Mio. CHF Primärer Sektor Land- und Forstwirtschaft, Fischzucht ,46 % Sekundärer Sektor Industrie, Energie Bau Tertiärer Sektor Handel, Gastgewerbe, Verkehr und Nachrichtenübermittlung Kreditinstitute, Versicherungen, Ver mietung, F & E, unternehmens bezogene Dienstleistungen Öffentl. Verwaltung, Erziehung und Unterricht, Gesundheit, sonstige Dienstleistungen ,17 % 0,37 % 0,20 % 3,75 % 3,31 % Total vor Berichtigung ,72 % Gütersteuern Gütersubventionen ,99 % 1,08 % Total nach Berichtigung ,66 % Bruttowertschöpfung der Schweiz > > Der Dienstleistungssektor dominiert die Wirtschaftsstruktur in der Schweiz. > > Der tertiäre Sektor (Dienstleistungen) beschäftigt ähnlich wie im Vorjahr etwa 74 % 18 aller Arbeitskräfte und trägt gut 66 % zur Bruttowertschöpfung 19 bei. Dabei sind vor allem Handel, Gastgewerbe und der Verkehr von entscheidender Relevanz, gefolgt von öffentlichen Institutionen und dem Finanzdienstleistungsbereich (s. Tab. 2). > > Die übrigen 34 % der Bruttowertschöpfung werden überwiegend im sekundären Sektor erwirtschaftet, in dem vor allem die chemische Industrie, der Maschinenbau sowie die Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie zu erwähnen sind. > > Die grösste Entwicklung fand mit einer Steigerung von rund 7,3 % im tertiären Sektor statt. > > Innerhalb der Subsektoren hat die verarbeitende Industrie mit über 100 Mrd. CHF einen grossen Stellenwert. Da Logistikleistungen eng mit den Aktivitäten der Industrie und des Handels verbunden sind, lässt sich daraus auf die Bedeutung der Logistik in der Schweiz schliessen. 45

4 2.2 Absatz- und Beschaffungsmärkte der Schweiz Bedeutung von Frei handelsabkommen Abkommen in Verhandlung Abkommen unterzeichnet Abkommen in Kraft Panama Costa Rica Mexiko Kanada Färöer-Inseln EFTA EU Albanien Serbien Montenegro Mazedonien Ukraine Türkei GCC* Jordanien Libanon Israel Palästinensische Behörde Bosnien- Herzegowina Belarus Kasachstan Russische Föderation Kolumbien Peru Chile Schweiz Ägypten Tunesien Marokko Japan China Hongkong Südkorea Singapur Vietnam Thailand Malaysia Indonesien Indien SACU** Algerien EU (Europäische Union): Belgien, Bulgarien, Deutschland, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik, Ungarn, Vereinigtes Königreich, Österreich, Zypern EFTA («European Free Trade Association», Europäische Freihandelsassoziation): Island, Liechtenstein, Norwegen, Schweiz * GCC («Gulf Cooperation Council», Kooperationsrat der Arabischen Staaten des Golfes): Bahrein, Katar, Kuwait, Oman, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate ** SACU («Southern African Customs Union», südafrikanische Zollunion): Namibia, Botswana, Südafrika, Lesotho, Swasiland Abbildung 15: Freihandelsabkommen der Schweiz im Überblick (Stand: August 2014) (Quelle: SECO (2014): Freihandelsabkommen) 46

5 Die Schweiz zählt im weltweiten Vergleich zu den Ländern mit den höchsten Anteilen des Aussenhandels am Bruttoinlandprodukt. Somit nimmt die Ein- und Ausfuhr von Waren eine bedeutende Rolle für die Wirtschaft ein. Strukturiert und gefördert wird der schweizerische Handel mit anderen Ländern vor allem durch ein dichtes Netz von Frei handelsabkommen. Die eidgenössische Freihandels politik verfolgt das Ziel, die Rah menbedingungen für die Wirtschaftsbeziehungen mit bedeutenden Handelspartnern zu stärken. Den Akteuren des Schweizer Marktes soll damit ein stabiler sowie hindernis- und diskriminierungsfreier Zugang zu ausländischen Absatzund Beschaffungsmärkten ermöglicht werden. 20 Im Folgenden wird ein allgemeiner Überblick über den derzeitigen Stand der eidgenössischen Freihandelsabkommen gegeben. Gegenstand der Betrachtungen sind dabei auch die Export- und Importvolumina, welche die Schweiz im Austausch mit ihren Freihandelspartnern realisiert. Ferner werden Einblicke in die Inhalte und die Bedeutung ausgewählter Schweizer Freihandelsabkommen mit Deutschland (bzw. der EU), Kanada und China verschafft. Exporte Importe Mrd. CHF Mio. t Mrd. CHF Mio. t Mit Freihandelsabkommen 163,1 15,3 145,3 45,4 78 % 93 % 80 % 85 % Ohne Freihandelsabkommen 45,7 1,2 36,9 8,2 22 % 7 % 20 % 15 % davon unterzeichnet 0,4 <0,1 0,3 0,1 davon in Verhandlung 8,5 0,2 6,6 2,6 Tabelle 3: Handelsvolumen der Schweiz mit Freihandelspartnern und Nicht-Freihandelspartnern (Quelle: EZV (2014): Aussenhandelsstatistik 2013) Bedeutung der Freihandelspartner für die Schweiz > > Neben der EFTA-Konvention und den Freihandelsabkommen mit der EU verfügt die Schweiz derzeit über 28 Freihandelsabkommen mit 37 Partnern (s. Abb. 15). > > Die Analyse der Schweizer Import- und Exportströme zeigt die bedeutende Rolle der Freihandelspartner für den eidgenössischen Aussenhandel. Fast 80 % der wertmässigen und 93 % der mengenmässigen Ausfuhren der Schweiz gehen in Länder, mit denen die Schweiz über Freihandelsabkommen verbunden ist (s. Tab. 3). > > Auf der Importseite bezog die Schweiz im Jahr 2013 Güter im Wert von etwa 145 Mrd. CHF bzw. 45 Mio. t von ihren Freihandelspartnern. Dies entspricht 80 % der gesamten wertmässigen bzw. 85 % der mengenmässigen Importe (s. Tab. 3). > > Zudem forciert der schweizerische Bundesrat im Rahmen seiner Stabilisierungspolitik aussenwirtschaftspolitische Massnahmen, welche auf die Erschliessung neuer Absatzmärkte abzielen. 21 So laufen aktuell Verhandlungen mit weiteren potenziellen Freihandelspartnern, u. a. mit der Zollunion Russland / Belarus / Kasachstan, Thailand oder Indonesien (s. Abb. 15). 47