Anschließend beantworte ich gerne Fragen, wobei ich hoffe, dass Sie am Ende des Vortrages mehr Fragen haben werden als am Anfang.

Transkript

1 Vortrag Kreisseniorenrat Sehr geehrte Damen und Herren, ich bedanke mich für die Einladung, der ich aus einem sehr schlichten Grund gerne gefolgt bin. Meine Arbeit für die Diakonie gefällt mir und infolgedessen berichte ich gerne darüber. Zunächst kurz zu meiner Person: Mein Name ist Beate Theermann. Seit Januar 2004 leite ich das Regionalbüro des Diakonischen Werkes in Goslar mit seinen beiden Außenstellen in Bad Gandersheim und Blankenburg. Davor war ich 10 Jahre lang beim Lukas-Werk tätig und habe dort alkohol-, medikamenten- und spielabhängige Menschen beraten und behandelt. Nun zum Thema Diakonie in der Region. Ich möchte Ihnen über folgende Punkte einen Einblick in die Arbeit der Diakonie in Goslar geben: 1. Diakonische Einrichtungen in Goslar 2. Das Weiße Haus der Diakonie 3. Das Regionalbüro und seine Aufgaben 4. Ausblick Anschließend beantworte ich gerne Fragen, wobei ich hoffe, dass Sie am Ende des Vortrages mehr Fragen haben werden als am Anfang. Zu 1. Diakonische Einrichtungen in Goslar Charakteristikum der Diakonie in Goslar, aber auch an anderen Standorten, ist seine große Vielfalt. Auf das Stadtgebiet Goslar verteilen sich 9 diakonische Einrichtungen. Dazu gehören: Mit dem Theresienhof und dem Abendfrieden zwei Alten- und Pflegeheime, die Diakoniestation, die Lukas-Werk Suchthilfe, das Elisabethstift Jugendhilfe der Diakonie, die Stiftung Wohnen und Beraten mit dem Tagestreff Zille, das Berufsförderungswerk, die diakonischen Beratungsdienste mit ihrem Werkhof und das Regionalbüro des Diakonischen Werkes, ehemals Kreisstelle. Für viele Menschen, und auch für mich, ist die Diakonie ein wichtiger Lebensbestandteil. Ca Menschen in Deutschland finanzieren ihren Lebensunterhalt oder zumindest einen Teil davon über ihre Arbeit beim Diakonischen Werk oder engagieren sich ehrenamtlich bei der Diakonie. Allein in Goslar arbeiten ca. 450 hauptamtliche Mitarbeiter und ca. 90 Ehrenamtliche in einer der genannten diakonischen Einrichtungen. Hinzu kommen die hauptamtlichen Mitarbeiter in den 7 Kirchengemeinden und den 4 evangelischen Kindergärten, die auch diakonisch tätig sind, sowie ca. 800 Ehrenamtliche in den Kirchengemeinden, die unsere gemeinsame Arbeit mit viel Energie, Zeit und vielen Kompetenzen unterstützen. Damit gehört die Diakonie - wie unser Landrat erst in der letzten Woche sagte zu einem der größten Arbeitgeber in Goslar. Diese Zahlen sind aufgrund der Selbständigkeit der Einrichtungen und der unterschiedlichen Standorte kaum bekannt. Oder hätten sie`s gewusst? Diakonie ist wichtig, weil sie Menschen in einer schwierigen Lebenssituation eine zeitlich befristete Unterstützung gibt. Diese schwierigen Lebensumstände können ausgelöst worden sein durch eine Erkrankung, z.b. durch eine Suchterkrankung. Hier

2 geht es um die Klärung ob jemand abhängig ist, eine Behandlung notwendig ist und ob diese ambulant oder stationär durchgeführt werden kann. In der Regel sind vom Ausgang dieser Fragen viele Menschen betroffen, die Ehefrau oder der Ehemann, die Kinder, es geht um den Fortbestand der Ehe, möglicherweise gibt es Schulden, der Arbeitsplatz ist in Gefahr usw. Hilfe bei Suchterkrankung gibt das Lukas-Werk. Manchmal geht es um eine psychische Erkrankung, ebenfalls mit vielen Folgeerscheinungen. Die diakonischen Beratungsdienste bieten hierfür viele Angebote, wie z.b. die Tagesgruppe, die Betreuung in Wohngemeinschaften oder in der eigenen Wohnung und Beratung und Begleitung, wenn eine Kündigung durch den Arbeitgeber droht. Handelt es sich um eine altersbedingte Erkrankung, hilft die Diakoniestation mit ihren Angeboten der ambulanten Pflege, der hauswirtschaftlichen Versorgung oder dem Hausnotrufsystem, um nur einige Hilfefelder zu nennen. Ursache für einen Kontakt mit der Diakonie kann auch Arbeitslosigkeit sein, weil eine sozialrechtliche Beratung, z.b. bei Problemen mit Hartz IV, oder eine Schuldnerberatung (Regionalbüro) notwendig ist oder Wohnungslosigkeit droht bzw. bereits eingetreten ist (Stiftung Wohnen und Beraten). Darüber hinaus bieten das Elisabethstift und auch die Diakonischen Beratungsdienste im Bereich der Erziehungshilfen umfangreiche Unterstützungsmöglichkeiten. Sollten Umstände eingetreten sein, die eine berufliche Umorientierung erforderlich machen, bietet das Berufsförderungswerk Hilfe an. Auch Fragen zur Migration bringen Menschen dazu, sich an die Diakonie zu wenden (Regionalbüro). Die Diakonie ist damit Anlaufstelle für Menschen jeden Alters, in unterschiedlichen Lebenssituationen und vielfältigen Problemlagen, die oftmals mehr als die Hilfe nur einer Einrichtung benötigen. Diese Lebensumstände sind dabei häufig nicht nur eine Belastung für die Betroffenen, sondern auch für die Helfer. Der Fall einer Mutter von 4 Kindern, die gemeinsam aus ihrem Heimatland (Aserbaidschan) geflüchtet, illegal über Polen nach Deutschland eingereist waren und dorthin in einer Nacht und Nebelaktion wieder abgeschoben wurden, hat uns auch menschlich lange Zeit beschäftigt. So komplex wie die Probleme, so komplex die Lösungsstrategien. Weil Hilfe oft erst durch den Einsatz verschiedener Einrichtungen möglich ist, gibt es seit mehr als 20 Jahren in Goslar den Arbeitskreis Diakonie. In diesem Arbeitskreis tauschen wir uns regelmäßig über die Arbeit vor Ort aus. Aber auch der Austausch über anstehende Veränderungen, wie z.b. Gesundheitsreform, Pflegereform und deren Auswirkungen sowie die Präsentation in der Öffentlichkeit, gehören zu unseren Themen. Auf dem Foto sehen Sie die Mitglieder des Arbeitskreises bei der letzten Veranstaltung anlässlich der Woche der Diakonie. Wie Sie sicherlich wissen haben wir in der Vergangenheit gerne die Gelegenheit wahrgenommen, uns auch auf den Veranstaltungen des Kreisseniorenrates zu präsentieren und werden, wenn Sie uns dabei haben wollen, auch zukünftig gerne wieder mitmachen. 2. Das Weiße Haus der Diakonie Drei der genannten Einrichtungen sind im Frühjahr 2005 noch enger zusammengerückt. Damit komme ich zum Punkt Weißes Haus der Diakonie.

3 Im Weißen Haus finden Sie das Regionalbüro des Diakonischen Werkes, die Lukas- Werk Suchthilfe ggmbh (und den Freundeskreis) sowie das Elisabethstift. Jugendhilfe der Diakonie ggmbh. Vor ca. vier Jahren begann mit der Einrichtung der Häuser der Diakonie in Helmstedt und Braunschweig ein Prozess, der mit dem Umzug der Kreisstelle aus der Kornstraße in den Lindenplan abgeschlossen wurde. Hintergrund dieses Zusammenschlusses waren sowohl inhaltliche als auch pragmatische Gründe. Das Ziel war, die Arbeit miteinander noch stärker zu vernetzen. Beispiel : die Mitarbeiterin des Lukas Werkes stellt fest, dass die finanzielle Situation eines Patienten/einer Patientin extrem schwierig ist und vereinbart unmittelbar nach Gesprächsende gemeinsam mit dem Patienten einen Termin in der Schuldnerberatung. D.h., die Wege für die Klienten und Mitarbeiter werden ganz kurz. Zu den eher pragmatischen Gründen zählten z.b. die gemeinsame Nutzung und damit bessere Auslastung von Räumlichkeiten, die gemeinsame Nutzung von technischem Gerät wie Fax, PC, die Reduzierung von Mieten, ein gemeinsamer Empfang. Verschiedene diakonische Einrichtungen, gebündelt an einem Ort, in einem Haus, ein gemeinsamer Telefonanschluß, ein gemeinsames Firmenschild, machen Diakonie nach außen deutlich sichtbar. Nach zweijähriger Erfahrung miteinander sehen wir nach wie vor nur Vorteile der Zusammenlegung. Die Erwartungen, besonders im inhaltlichen Bereich, haben sich vollständig erfüllt. 3. Welche Hilfestellungen bietet das Regionalbüro? Was geschieht in den Projekten? Im Bereich der Einzelfallberatung bieten wir Unterstützung durch die Sozialberatung, z.b. bei Fragen zum Arbeitslosengeld und Sozialgeld (Hartz IV). Sie werden sich vorstellen können, wie hoch der Beratungsbedarf in den letzten beiden Jahren nach Einführung der Sozialgesetzgebung Anfang 2005 gewesen ist, wenn z.t. selbst die Mitarbeiter der Arbeitsverwaltung durch den enormen Umfang der Veränderungen überfordert waren. Ich möchte diese Äußerung als Beschreibung einer schwierigen Situation für alle Beteiligten verstanden wissen und nicht als Vorwurf. In der Regel geht es um Rechtsansprüche, die den Betroffenen nicht bekannt sind oder um falsche Berechnungen. Durch unsere Beratung hat z.b. vor kurzem eine Familie eine nicht unerhebliche Nachzahlung erhalten, weil das so genannte Arbeitslosengeld II fast zwei Jahre falsch berechnet wurde und sich die Möglichkeiten der Familie immer weiter erschöpft hatten. Wir beraten darüber hinaus bei Fragen zur Sozialhilfe (SGB XII), bei Schwierigkeiten mit Behörden, bei Schwierigkeiten aufgrund von Migration usw.. Einzelfallberatung findet darüber hinaus auch im Bereich der sozialen Schuldnerberatung und Verbraucherinsolvenzberatung statt. Im Vordergrund stehen dabei Fragen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, zum Pfändungsschutz und bei der Klärung der Fragen: Wie bin ich in die Situation hineingeraten, wie gehe ich mit

4 der Überschuldungssituation um und wie kann ich der Schuldenfalle wieder entrinnen?. Die meisten Schuldner sind durch Arbeitslosigkeit, Trennung, Unkenntnis, Leichtgläubigkeit, Unerfahrenheit und zu leichte Vergabe von Krediten durch Banken in diese Situation geraten. Mit wenigen Ausnahmen waren unsere Klienten auch vor der Beratung bereits bemüht, ihre Schulden abzutragen, erschöpften dabei aber sowohl ihre vorhandenen Geldmittel als auch sich selbst und ihre Familien. Neben diesen beiden Formen der Beratung sind wir zuständig für vier Projekte. Die Freiwilligenagentur, die in diesem Jahr ihren 5. Geburtstag gefeiert hat, ist vermutlich einigen von Ihnen bekannt. Die Aufgabe der FWA besteht darin, Freiwillige zu beraten und an Organisationen zu vermitteln. Im Unterschied zu den Alltagshilfen, ebenfalls ein diakonisches Projekt, werden Ehrenamtliche nicht an Privatleute vermittelt, sondern z.b. an Seniorenheime, das Hospiz in Goslar und andere Einrichtungen. Zusätzlich dazu hat die Freiwilligenagentur, z.t. mit anderen Organisationen, Projekte entwickelt. Dazu gehören z.b. die Neubürgermappe, der Walderlebnispfad, die Besucher auf 4 Pfoten, die gute Fee. Die FWA ist im übrigen vor kurzem von der Kaiserpassage in die Adlerpassage umgezogen. Über einen Besuch würde sich Frau Dr. Hirchert als hauptamtliche Mitarbeiterin, aber auch die ehrenamtlichen Mitarbeiter in der Agentur sehr freuen. Schauen Sie einfach vorbei. Das zweite Projekt, das ich Ihnen kurz vorstellen möchte, ist das Projekt come-in in Jürgenohl. Dabei geht es um die Vermittlung von Patenschaften zwischen einem erwachsenen Ehrenamtlichen und einem Kind oder Jugendlichen. Nach anfänglicher Sorge, interessierte Kinder und Jugendliche für dieses Projekt zu finden, gehen uns inzwischen die ehrenamtlichen Paten und Patinnen aus. Vielleicht hat ja jemand von Ihnen Interesse sich zusätzlich auch in diesem Bereich ehrenamtlich zu engagieren. Die Patinnen und Paten spenden dabei wöchentlich 2-3 Stunden ihrer Zeit, um ein Kind oder einen Jugendlichen für ein Hobby zu begeistern, den Kontakt zu einem Sportverein herzustellen, die Sprache zu üben, Zeit zu haben. Ein Pate ist beispielsweise mit seinem Patenkind regelmäßig zum Angeln gegangen - und der Junge hat so einen Spaß daran bekommen, dass er seinen Angelschein gemacht hat. Ein weiteres Projekt ist findenundverbinden. Ein Projekt, dass von der Propstei, von Kirchengemeinden und uns entwickelt wurde und vom Regionalbüro durchgeführt wird. Wenn Sie wissen möchten, wo Sie singen, tanzen oder sich anderweitig betätigen können oder Beratung benötigen, aber nicht wissen, wo diese Dinge möglich sind, dann können sie sich im Internet über www. findenundverbinden.de informieren oder die Hotline unter der Goslarer Nummer anrufen (Mo - Fr Uhr, Mo und Do Uhr) Das letzte Projekt, das ich ihnen kurz vorstellen möchte, ist die Seniorenberatung in Bad Harzburg, die bei allen Fragen zum Themenbereich Wohnen im Alter, bei Fragen für den Krankheits- und Pflegefall oder bei Fragen zu vorpflegerischen Leistungen informiert und zusätzlich Hilfen im Alltag vermittelt. (Hinweis auf Flyer ) Ich komme nun zu meinem letzten Punkt.

5 4. Ausblick und Zusammenfassung. Die Anforderungen an die diakonischen Einrichtungen auch in der Region Goslar werden in den nächsten Jahren darin bestehen, Diakonie weiter zu entwickeln, bekannt zu machen und abzusichern. Dazu gehört z.b. die Entwicklung und Durchführung von Modellprojekten in einzelnen Hilfefeldern gemeinsam mit anderen diakonischen Einrichtungen aber auch anderen Trägern. Das Goslarer Allerlei, ein Projekt für bildungsentwöhnte und ausbildungsentfernte Jugendliche mit Standort in der Mauerstraße, ist dafür ein Beispiel. Dieses Projekt wird unter Beteilung aller Wohlfahrtsverbände durchgeführt. Die Seniorenberatung in Bad Harzburg ist ein Beispiel für eine gelungene und enge Kooperation zwischen Einrichtungsdiakonie und gemeindlicher Diakonie. Darüber hinaus brauchen wir Projekte in den Quartieren, um älteren Menschen, aber auch Familien, Alleinstehenden und Migranten altersgerechtes und bedarfsgerechtes Wohnen zu ermöglichen. Derartige Projekte könnten durch Kooperationen zwischen der Diakonie, den Kirchengemeinden und z.b. den Wohngesellschaften entwickelt und umgesetzt werden. Überlegungen dazu gibt es bereits. Darüber hinaus wird es zukünftig darum gehen, Diakonie zu profilieren. Verschiedene Entwicklungen haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass die Wohlfahrtsverbände ihren sozialpolitischen Auftrag immer weniger ausüben konnten bzw. ausgeübt haben. Die praktische Unterstützung von Hilfesuchenden z.b. durch die Einzelfallberatung reicht meines Erachtens nicht aus. Wichtig ist, mit den Politikern vor Ort, auf Landes- und Bundesebene (Geschäftstelle in BS) ins Gespräch zu kommen, um auf schwierige Problemlagen hinzuweisen und gemeinsam zu konstruktiven Lösungen zu kommen. Und als letztes wird es darum gehen, die erreichte Arbeit im Interesse der Hilfesuchenden und der Arbeitnehmer der Diakonie abzusichern. Dazu gehört z.b. die Bewältigung des Rückganges öffentlicher Mittel und der Rückgang der kirchlichen Förderung, unter anderem in Zusammenhang mit der demografischen Entwicklung. Dazu müssen wir verstärkt Synergien nutzen, diakonische Strukturen in der Region bündeln und gemeinsam neue Märkte erschließen. Fazit: Jetzt haben Sie einen kleinen Einblick in die Aufgaben und Angebote der Diakonie in Goslar erhalten. Die diakonischen Einrichtungen wirken im Gemeinwesen mit unterschiedlichen Akteuren zusammen und arbeiten gemeinsam daran, die Lebenssituation von Menschen gemeinsam mit diesen zu verbessern. Schließen möchte ich mit einem französischen Sprichwort. Keine Angst, ich sage es auf Deutsch: Wer aufhört zu rudern, rudert zurück. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.