Arbeitsgemeinschaft Öffentliches Recht II
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- Ilse Küchler
- vor 5 Jahren
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1 Arbeitsgemeinschaft Öffentliches Recht II Binder/Roth/Trauner/Trentinaglia Fall II: Ortsbildschutzverordnung [Direktantrag auf Verordnungsprüfung] 1 Sachverhaltsanalyse 1
2 Schriftsatzskizze Deckblatt siehe Schriftsatzmuster [ ] Antrag auf Verordnungsprüfung gemäß Art 139 Abs 1 Z 3 B-VG und 57 ff VfGG der Ortsbildschutzverordnung für die Gemeinde G, kundgemacht durch Anschlag an der Gemeindeamtstafel der Gemeinde G vom bis einschließlich
3 wegen Verletzung 1. des einfachgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ungestörte Gewerbeausübung aufgrund bestehender Gewerbeberechtigung ( 5 GewO 1994), 2. der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Erwerbsfreiheit, Art 6 StGG 1867, auf Meinungsäußerungsfreiheit, Art 10 EMRK sowie auf Gleichheit vor dem Gesetz, Art 7 Abs 1 B-VG, Art 2 StGG Sachverhalt: Ich betreibe ein Plakatier- und Ankündigungsunternehmen aufgrund einer Gewerbeberechtigung nach der GewO Im Rahmen meiner Gewerbetätigkeit stellte ich bislang auch mobile Plakatständer in der Gemeinde G auf, und zwar sowohl im historischen Ortskern als auch am Ortsrand, der neben modernen Wohngebäuden auch eine gewerbliche Besiedlung mit entsprechender ortsfester Außenwerbung aufweist. Allein durch diese Tätigkeit erzielte ich zuletzt jährlich einen Umsatz in Höhe von
4 Durch die hier angefochtene Verordnung wird mir jetzt und in Zukunft untersagt, weiterhin mobile Plakatständer in der Gemeinde G aufzustellen. Die Verordnung wurde vom bis durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde G kundgemacht. Die Ortsbildkommission wurde erst während der laufenden Kundmachung am von der Verordnung in Kenntnis gesetzt. Am teilte sie in einer Stellungnahme mit, dass unter dem Gesichtspunkt des Ortsbildschutzes die Festlegung einer Höchstzahl zulässiger Plakatständer ausreichend gewesen wäre. 7 Da mich die bezeichnete Verordnung in den genannten Rechten unmittelbar verletzt, stelle ich durch meinen bevollmächtigten Vertreter gemäß Art 139 Abs 1 Z 3 B-VG und den 57 ff VfGG die A N T R Ä G E, der Verfassungsgerichtshof möge 8 4
5 1. gemäß Art 139 Abs 3 B-VG ivm 59 Abs 2 VfGG als verfassungswidrig und gesetzwidrig aufheben: 1 der Ortsbildschutzverordung für die Gemeinde G, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel der Gemeinde G vom bis einschließlich ; 2. gemäß 27 und 61 a VfGG erkennen, die Gemeinde G ist schuldig, die mir durch das verfassungsgerichtliche Verfahren entstandenen Kosten im gesetzlichen Ausmaß zuhanden meines bevollmächtigten Vertreters binnen vierzehn Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. 9 Zulässigkeit Mein Antrag ist zulässig: 1. tauglicher Prüfungsgegenstand, Mindestmaß an Publizität jedenfalls erreicht durch (wenn auch zu kurze) Kundmachung durch 10tägigen Anschlag an Gemeindeamtstafel. 2. Antragslegitimation: a. Nachteilige Betroffenheit in Rechten auf Erwerbsfreiheit, Meinungsfreiheit, Gleichheit vor dem Gesetz und dem Recht auf ungestörte Gewerbeausübung nach 5 GewO
6 b. Die Antragslegitimation erfordert regelmäßig, dass der Antragsteller Adressat der angefochtenen Verordnung ist, dass sich der Normappell also auch an den Antragsteller richtet. 1 der angefochtenen Verordnung richtet sich an Personen, die im Gemeindegebiet mobile Plakatständer aufstellen wollen und untersagt dies generell. Da ich im Rahmen meiner gewerblichen Tätigkeit im Verordnungsgebiet solche Plakatständer zu erwerbswirtschaftlichen Zwecken aufstellen möchte (und dies bislang auch schon getan habe) bin ich Normadressat. 11 Weitere Voraussetzung der Antraglegitimation ist, dass die angefochtene Norm dem Antragsteller gegenüber unmittelbar wirksam ist, der Eingriff in die Rechte des Antragstellers nach Art und Ausmaß hinreichend bestimmt ist und der Antragsteller aktuell (nicht bloß potentiell) von der angefochtenen Verordnung betroffen ist. [Subsumtion:] Die angefochtene Verordnung ist mir gegenüber unmittelbar wirksam, da sie mir im Rahmen meiner Gewerbeausübung unmittelbar eine Unterlassungspflicht auferlegt, ohne dass zusätzlich ein konkretisierender individueller Vollziehungsakt (Bescheid/Urteil) erforderlich wäre. 12 6
7 [Fortsetzung Subsumtion:] Art und Ausmaß des Eingriffs ergeben sich hinreichend deutlich aus der Verordnung selbst (Verbot der Aufstellung nicht ortsfester Plakatständer im Gebiet der Gemeinde G). Da die Unterlassungspflicht jedenfalls mit Ablauf des letzten Tages der (gesetzlichen) Kundmachungsfrist ( ) in Kraft getreten ist ( 3 OrtsbildschutzVO), wird mir die Plakatständeraufstellung aktuell und nicht erst zukünftig oder potentiell untersagt. c. Schließlich darf dem Antragsteller auch kein zumutbarer Umweg zur Verfügung stehen, um die angefochtene Norm auf anderem Weg zur Überprüfung durch den VfGH zu bringen. 13 [Subsumtion:] Ein solcher zumutbarer Umweg besteht vorliegend nicht. Insbesondere wäre ein Antrag auf Bewilligung der Aufstellung von Plakatständern nach 6 Abs 1 Satz 1 K-OBG kein geeigneter Umweg, da nicht ortsfeste Plakatständer von der Bewilligungspflicht ausgenommen sind ( 6 Abs 1 Satz 2 K-OBG). Ein entsprechender Antrag wäre daher bereits als unzulässig zurückzuweisen. Bei dieser Entscheidung wären die Vorschriften der Ortsbildschutzverordnung nicht präjudiziell. 14 7
8 [Fortsetzung Subsumtion:] Als Umweg bliebe daher lediglich, gegen die Vorschriften der Ortsbildschutzverordnung zu verstoßen, damit eine Verwaltungsübertretung gem 15 Abs 1 lit g K-OBG zu begehen und somit eine Verwaltungsstrafe zu provozieren. Ein solcher Umweg ist mir jedoch nicht zumutbar. Damit ist mein Antrag zulässig. 15 Begründetheit Mein Antrag ist auch begründet. 1. GESETZWIDRIGE KUNDMACHUNG a. Verstoß gegen 15 K-AGO: Nichteinhaltung Kundmachungsfrist; keine Ersetzung durch Veröffentlichung in Gemeindezeitung, da keine gesetzliche Kundmachungsform. b. Kundmachung lässt die verordnungserlassende Behörde nicht erkennen. Zwar Zeichnung durch BGM, aber: dies ist sowohl bei VO im eigenen Wirkungsbereich als auch im übertragenen Wirkungsbereich der Fall. Führt zu Aufhebung der gesamten VO (Art 139 Abs 3 B-VG) 16 8
9 2. (sonstige) GESETZWIDRIGKEITEN DER VERORDNUNG (Art 18 Abs 2 B-VG) a. Verstoß gegen 11 K-OBG: verspätete Anhörung der Ortsbildpflegekommission; wesentlicher Verfahrensfehler, da nicht auszuschließen, dass VO bei rechtzeitiger Anhörung anderen Inhalt erhalten hätte. 17 b. Verstoß gegen 5 Abs 3 K-OBG: Wortlaut deutet darauf hin, dass nicht gesamtes Gemeindegebiet schlechthin von einer solchen VO erfasst werden darf; Bestätigung durch Gesetzgebungsmaterialien. [im Fall nicht mit abgedruckt, vgl VfSlg /2006, Punkt II der Erwägungen]) c. Verletzung von 5 GewO 1994 (gesetzwidrige Behinderung einer nach der GewO 1994 zulässigen gewerblichen Tätigkeit ) 18 9
10 3. VERFASSUNGSWIDRIGKEITEN DER VERORDNUNG a. Verordnung verletzt Gleichheitssatz (Art 2 StGG, Art 7 Abs 1 B-VG) [Grundrechtstatbestand:] Gleichbehandlungsgebot (Diskriminierungsverbot, Privilegierungsverbot), Gleichbehandlungsverbot (Differenzierungsgebot), Sachlichkeitsgebot. [Grundrechtsformel:] Verordnung verletzt Gleichheitssatz ua dann, wenn sie gebotene Differenzierungen unterlässt (Ungleiches ohne sachlichen Grund gleich behandelt) oder sachlich nicht gerechtfertigte Regelungen (allgemeines Sachlichkeitsgebot) trifft. 19 [Subsumtion:] Gleichbehandlung von historischem Ortskern und Ortsrand, obwohl in letzterem bereits gewerbliche Siedlungsstrukturen mit Außenwerbung vorhanden. In diesem Gemeindebereich fallen mobile Plakatständern weniger störend ins Gewicht, Ortsrand daher im Hinblick auf Ortsbildschutz weniger schutzbedürftig. Gleichermaßen geltendes generelles Aufstellverbot für nicht ortsfeste Plakatständer greift unterschiedliche Schutzbedürftigkeit nicht auf, verletzt damit das aus dem Gleichheitssatz folgende Differenzierungsgebot
11 [Fortsetzung Subsumtion:] Verletzung des allgemeinen Sachlichkeitsgebots Sachlichkeitsgebot erfordert hinreichende Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen. Gemeinderat hätte sachverständig ermitteln lassen müssen, in wieweit Plakatständerverbot in einzelnen Ortsteilen zum Schutz des Ortsbildes tatsächlich notwendig ist. Wurde unterlassen, insbesondere wurde Ortsbildpflegekommission nicht vor Verordnungserlassung angehört. Hierbei handelt es sich um einen (weiteren) wesentlichen Verfahrensfehler, da nicht auszuschließen, dass Inhalt der Verordnung bei rechtzeitiger Anhörung anders ausgesehen hätte. 21 b. Verordnung verletzt Erwerbsfreiheit (Art 6 StGG 1867) [sachl. Schutzbereich:] Schutz jeder auf wirtschaftlichen Erwerb gerichteten Tätigkeit, daher auch Plakataufstellung. [Eingriff:] 1 Abs 1 OrtsbildschutzVO untersagt gezielt die Aufstellung nicht ortsfester Plakatständer auch und gerade durch gewerbliche Unternehmen, greift damit intentional in Erwerbsfreiheit ein
12 [Grundrechtsformel:] Eingriff in Erwerbsfreiheit durch Verordnung ist nur dann gerechtfertigt, wenn er den Wesensgehalt des Grundrechts nicht verletzt, durch ein öffentliches Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen ist. [Subsumtion:] Ortsbildschutz liegt zwar im öffentlichen Interesse, Plakatverbot ist auch geeignet, Ziel zu fördern, aber: unterschiedliche Schutzbedürftigkeit von Ortskern und Ortsrand generelles Verbot der Aufstellung mobiler Plakatständer nicht erforderlich. Abgestuftes Verbot je nach Ortsbereich wäre gelinderes Mittel gewesen. 23 Eingriff auch nicht adäquat, da Totalverbot schwerer Eingriff in Erwerbsfreiheit von Plakatierunternehmen; Gewicht der zu schützenden Interessen kann jedenfalls in bereits optisch vorbelastetem Ortsrandbereich derart schweren Eingriff nicht rechtfertigen. Eingriff ist darüber hinaus auch sonst sachlich nicht zu rechtfertigen (vgl Ausführungen oben bei Gleichheitssatz). Eingriff verletzt damit das Grundrecht, da er nicht gerechtfertigt ist
13 c. Verordnung verletzt Meinungsfreiheit (Art 10 EMRK) [sachl. Schutzbereich:] Schutz der Äußerung von Werturteilen und (wahren) Tatsachen, auch wirtschaftliche Werbung, auch bloßer Transport von Informationen anderer, unabhängig von der Form der Mitteilung (Wort, Text, Bild, Symbole etc). [Eingriff:] 1 Abs 1 OrtsbildschutzVO untersagt Aufstellung nicht ortsfester Plakatständer und verhindert damit, dass mittels dieser Plakatständer wirtschaftliche Werbebotschaften in der Öffentlichkeit kommuniziert werden. Beeinträchtigt damit Freiheit der Meinungsäußerung. 25 [Eingriffsvorbehalt:] Eingriffe in Meinungsfreiheit sind gem Art 10 Abs 2 nur zulässig, wenn auf gesetzlicher Grundlage und zum Schutz eines der dort genannten Güter in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ie Verhältnismäßigkeitsprüfung [Subsumtion: ] Plakatständerverbot verfolgt zwar den Schutz der Ordnung, Eingriff erfolgte grundsätzlich auf gesetzlicher Grundlage ( 5 K-OBG), aber ist nicht im Sinne von Art 10 Abs 2 EMRK notwendig (Ausführungen zur fehlenden Verhältnismäßigkeit bei Erwerbsfreiheit gelten entsprechend). Eingriff verletzt damit das Grundrecht. Gemeinde G, [Datum] Albert A 26 13
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