Klausurenkurs Verfassungsrecht
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- Manuela Baumann
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1 Klausurenkurs Verfassungsrecht Gerald Zabukovec SS 2010 Auflösung 1. Übungsklausur
2 An den V E R F A S S U N G S G E R I C H T S H O F Judenplatz Wien Antragstellerin: vertreten durch: belangte Behörde: Claire C, Unternehmerin, Adresse RA Dr. Rita R, Adresse Rita R Oberösterreichische Landesregierung [Oberste Behörde] wegen: Verordnung der oberösterreichischen Landesregierung vom , mit der für die Landeshauptstadt Linz zum Schutz von Jugendlichen verbindliche Tarife für das Taxi- Gewerbe festgelegt werden (Linzer Taxi-Jugendtarif- Verordnung, kundgemacht in der Amtlichen Linzer Zeitung am , Folge 8/ fach Gebührennachweis Vollmacht erteilt
3 A N T R A G A U F V E R O R D N U N G S P R Ü F U N G gemäß Art 139 Abs 1 B-VG und den 57 ff VfGG 1. wegen Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unverletzlichkeit des Eigentums (AEUV ivm Art 5 StGG; Art 1 1. ZPEMRK) Erwerbsfreiheit (AEUV ivm Art 6 StGG) Gleichheit vor dem Gesetz (AEUV ivm Art 7 B-VG und Art 2 StGG) Verbot der Pflichtarbeit (Art 4 Abs 2 EMRK) sowie 2. wegen Verletzung des einfachgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Ausübung der Taxikonzession gem GelverkG ohne gesetzwidrige Einschränkung durch die gesetz- und verfassungswidrige Linzer Taxi-Jugendtarif-Verordnung
4 I. Relevanter Sachverhalt [ ] II. Da mich die Verordnung der oö Landesregierung vom [ ] unmittelbar in meinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf [siehe oben 1.] und in meinem einfachgesetzlich gewährleisteten Recht auf [siehe oben 2.] verletzt, stelle ich durch meine bevollmächtigte Vertreterin gem Art 139 Abs 1 B-VG und den 57 ff VfGG die A N T R Ä G E, der Verfassungsgerichtshof möge gemäß Art 139 Abs 3 B-VG ivm 59 Abs 2 VfGG die Verordnung der oberösterreichischen Landesregierung vom [ ] zur Gänze aufheben; in eventu die [ ] als gesetzwidrig aufheben; sowie gemäß 27 und 61a VfGG erkennen, [Kostenersatz]
5 III. Meinen Antrag begründe ich im Einzelnen wie folgt: 1. Der Antrag ist zulässig: a. Eingriff in subjektive Rechte Unverletzlichkeit des Eigentums (Art 5 StGG ivm AEUV; Art 1 1. ZP EMRK): Geschützt sind alle vermögenswerten Privatrechte, auch die Privatautonomie isd Rechts zum Abschluss privatrechtlicher Verträge; Tarifvorschriften und Begleit- bzw Beförderungspflicht greifen in Privatautonomie ein Erwerbsfreiheit (Art 6 StGG ivm AEUV): Geschützt ist jede auf wirtschaftlichen Erfolg gerichtete Tätigkeit; Erwerbsausübungsvorschriften (Tarife, Begleit- und Beförderungspflichten) greifen in den Schutzbereich ein Gleichheit (Art 2 StGG, Art 7 B-VG ivm AEUV): Verbot unsachlicher Differenzierung; Ungleichbehandlung gegenüber anderen Gewerbetreibenden, die keine Begleitpflicht trifft bzw die sämtliche erbrachte Leistungen verrechnen dürfen Verbot der Pflichtarbeit (Art 4 Abs 2 EMRK): absolutes Verbot der zwangsweisen Auferlegung der Verrichtung von Pflichtarbeit; Eingriff durch Begleitpflicht und Pflicht zur Datenerhebung Recht auf Ausübung der Taxikonzession nach GelVerkG ohne gesetzwidrige Einschränkung
6 b. Betroffenheitsdichte Verordnung greift unmittelbar in die Rechtssphäre von C ein, ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheids Eingriff ist nach Art und Ausmaß eindeutig bestimmt Beeinträchtigung nicht bloß potentiell, sondern aktuell: C übt seit Jahren Taxigewerbe aus und will dies auch weiterhin tun c. Umweg Umweg zwar theoretisch über Verwaltungsstrafverfahren möglich, aber unzumutbar
7 2. Der Antrag ist auch begründet: a. Verordnungserlassende Behörde Landeshauptmann (mittelbare Bundesverwaltung; Art 102 B-VG, 13 f GelverkG) Landesrat kann Verordnung im Namen des LH erlassen (Art 103 Abs 2 B-VG ivm Geschäftsordnung oö LReg), nicht aber für die Landesregierung b. Verfahrensfehler Missachtung des (zwingenden) Anhörungsrechts der Gemeinde Linz ( 14 Abs 1 GelverkG)
8 c. Beförderungspflicht ( 1 lit a) 13 Abs 3 GelverkG verfassungskonform zu interpretieren, ausnahmslose Beförderungspflicht daher nicht gedeckt (Art 18 Abs 1 B-VG!); Beförderungspflicht nur sachlich, wenn begründete Ausnahmen zulässig (zb keine Beförderung Betrunkener isd oö Taxi- und Mietwagenbetriebsordnung) d. Begleitpflicht ( 1 lit b) Keine Grundlage im GelverkG; Verstoß gegen das Legalitätsprinzip (Art 18 Abs 1 B-VG) Unsachliche Differenzierung: andere Gewerbeberechtigte (zb Gastgewerbetreibende) trifft keine Begleitungspflicht; Verstoß gegen Gleichheitssatz (Art 7 B-VG) Keine allgemeine Bürgerpflicht bzw keine (im Rahmen der berufsrechtlichen Regelungen vorgeschriebene) übliche Berufspflicht; Verstoß gegen das Verbot der Pflichtarbeit (Art 4 Abs 2 EMRK)
9 e. Jugendtarif ( 2 Abs 1) Verordnete Tarife müssen angemessenen Gewinn berücksichtigen; VO des LH über verbindliche Tarife für das Taxi-Gewerbe in Linz enthält angemessenen Normaltarif, 50%iger Abschlag für speziellen Jugendtarif verstößt gegen 14 Abs 4 GelverkG und ist insoweit auch unsachlich Eingriff in die Schutzbereiche von Eigentums- und Erwerbsfreiheit; Gesetzesvorbehalt: Eingriffe müssen durch öffentliches Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet und adäquat sein; Unverhältnismäßigkeit des 50%igen Abschlags gegenüber Normaltarif f. Gebührenverrechnungsverbot für Begleitungen ( 2 Abs 2) Keine Grundlage im GelverkG; Verstoß gegen das Legalitätsprinzip (Art 18 Abs 1 B-VG) Verrechnungsverbot für eine verpflichtend von (privatem) Unternehmen zu erbringende Leistung stellt Verstoß gegen das allgemeine Sachlichkeitsgebot (Art 7 B-VG) dar Unverhältnismäßiger Eingriff in Eigentums- und Erwerbsfreiheit [vgl oben 2.e.]
10 g. Datenerhebung ( 3) Grundrechte auf Achtung des Privatlebens (Art 8 EMRK) und Datenschutz ( 1 DSG 2000) beinhalten Geheimhaltungsschutz personenbezogener Daten (zb auch über Aufenthaltsort und -zeit); Ermittlungsschutz als spezielle Ausprägung der Geheimhaltung Eingriffsvorbehalte (Art 8 Abs 2 EMRK; 1 Abs 2 DSG) Verpflichtung zur Vollerhebung der Daten (inklusive Namen und Geburtsdaten der Jugendlichen) unsachlich (Art 7 B-VG); im Hinblick auf allfällige Revision der Verordnung (zb Tarifhöhe) Erhebung der Anzahl der beförderten Jugendlichen ausreichend Datenerhebung verstößt auch gegen das Verbot der Pflichtarbeit (Art 4 Abs 2 EMRK): keine allgemeine Bürgerpflicht, keine übliche Berufspflicht Linz, am 18. März 2010 Claire C
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