Melkstände für Kleinbetriebe Melkstände- auch ein Thema für den 20 Kuh- Betrieb?

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1 Melkstände für Kleinbetriebe Melkstände- auch ein Thema für den 20 Kuh- Betrieb? Mathias Harsch, Landwirtschaftliches Zentrum für Rinderhaltung, Grünlandwirtschaft, Milchwirtschaft, Wild und Fischerei Baden-Württemberg (LAZBW) - Rinderhaltung Aulendorf - Auch Betriebe mit weniger als 40 Kühen, die derzeit noch im Anbindestall melken, überlegen sich immer häufiger, ob sie in ihrem Stall nicht kostengünstig und tiergerecht einen Melkstand einbauen können. Solche Überlegungen werden verstärkt angedacht, sobald Investitionen in die vorhandene Rohrmelkanlage im Anbindestall anstehen. Durch den Bau eines Melkstandes, der häufig noch vor der Investition in einen (Boxen-) Laufstall fertig gestellt ist, entstehen für Kuh und Melker erhebliche Vorteile, die sich nicht immer betriebswirtschaftlich bewerten lassen. Die Kuh wird zwar noch eventuell eine gewisse Zeitspanne im Anbindestall gehalten, hat aber die Möglichkeit sich zumindest zweimal täglich beim Gang zum Melkstand frei bewegen zu können. Dies trägt u.a. zu einer deutlicheren Brunsterkennung bei. Bedingt durch die, im Vergleich zum Melken im Anbindestall, kürzeren Melkleitungen ist es in Melkständen viel einfacher ein konstantes Melkvakuum in der Melkleitung zu erreichen und somit die Kühe schneller, schonender und vollständiger zu melken. Bei der Melkarbeit ergeben sich durch das Melken im Melkstand arbeitswirtschaftliche und hygienische Vorteile. Der Melker hat kurze Wege, eine gute Übersicht und kann seine Arbeit in bequemer, aufrechter Körperhaltung ausführen. Zudem ist seine Arbeitssicherheit größer, er kann das Einzeltier besser beobachten und es ist erheblich einfacher hygienisch einwandfreie Milch zu ermelken. Wegen der zusätzlichen Vor- und Nacharbeiten in Melkständen, ist dagegen meist nicht davon auszugehen, dass in Melkständen mit weniger als 6 Melkplätzen deutlich mehr Kühe pro Stunde gemolken werden können als in einer Rohrmelkanlage im Anbindestall. Der Melkstand ist, je nach Ausgangssituation, in einem separatem Gebäude oder im Stall untergebracht. Um den Arbeitsplatz für den Melker möglichst angenehm zu gestalten, sollte der Raum für den Melkstand wärmegedämmt, beheizbar, gut durchlüftet und möglichst geräuscharm sein. Damit die Kühe den Melkstand freiwillig aufsuchen ist ein geradliniger, stufenfreier Zugang von Vorteil. Wenn möglich sollten die Kühe vor dem Melken in einen Warteraum getrieben werden können. Wenn der Melkstand in der Verlängerung des Liegebereiches ist, kann dies dadurch erreicht werden, dass die Kühe in Richtung Melkstand vorgetrieben werden und der mögliche Liegebereich der Kühe vor den Melkzeiten deutlich eingeschränkt wird und somit ein kurzzeitiger Warteraum geschaffen wird. Weiter kann auch ein vor dem Melkstand gelegener Laufgang oder der Laufhof als Warteraum genutzt werden. Grundsätzlich muss es gerade bei Melkständen mit weniger als 8 Melkplätzen möglich sein mit einfachster Melktechnik, möglichst geringem Aufwand an Strom, Wasser, Reinigungs- und Desinfektionsmitteln und Ersatzteilen Qualitätsmilch zu erzeugen. Da eine Arbeitskraft im Melkstand alleine bis zu 6-8 Melkzeuge ordnungsgemäß bedienen kann, sind Zusatzausrüstungen wie Melkzeugabnahmeautomaten, Stimulationshilfen oder gar Nachmelkautomaten in der Regel nicht notwendig.

2 Grundsätzlich unterscheidet man Melkstände in Gruppen- oder Einzelmelkstände. Der Einzel- oder Tandemmelkstand ist dadurch gekennzeichnet, dass jede Kuh einzeln in den Melkstand kommt und ihn einzeln, unabhängig von der Melkdauer der anderen im Melkstand gemolkenen Kühe, auch wieder verlässt. In Gruppenmelkständen ( z.b. Durchtreibe-, Fischgräten- oder Side by Side Melkstände) betreten und verlassen die Kühe den Melkstand gemeinsam. Dies bedeutet, dass die Kuh mit der längsten Melkdauer im Normalfall die Aufenthaltsdauer der Kühe im Melkstand bestimmt. Abb. 1: Grundriss eines Tandemmelkstandes Im Tandemmelkstand (Abb. 1) kann davon ausgegangen werden, dass in der Stunde 5-7 Kühe je Melkplatz gemolken werden können. In einem 2x2 Tandemmelkstand können somit Kühe in der Stunde gemolken werden. Entscheidend für die gute Funktion des Tandemmelkstandes ist, dass die Arbeitsabläufe so organisiert sind, dass möglichst 80-90% der Kühe den Melkstand freiwillig und ohne Treibhilfe betreten. Dies erfordert eventuell ein anderes Fütterungsmanagement (z.b. Grundfuttervorlage zum Melkbeginn / Kühe befinden sich bereits im Wartebereich, Kraftfutterzuteilung im Melkstand), eine optimale, für die Kuh angst- und schmerzfreie Melkarbeit und nicht zuletzt einen guten Umgang mit den Kühen. Aufgrund der Einzelmelkplätze sind Tandemmelkstände für behornte Kühe gut geeignet. Die Kühe stehen in voller Länge vor dem Melker. Dadurch ist eine optimale Tier- und Euterkontrolle möglich. Durch seine unterschiedlichen Formen kann solch ein Melkstand auch bei Umbauten leicht in bestehende Gebäude eingefügt werden. Durch die zusätzlichen Triebwege beim Autotandemmelkstand haben Tandemmelkstände einen größeren Raumbedarf und verursachen dadurch höhere Baukosten. Ab 5 Melkplätzen ist eventuell darüber nachzudenken, ob man den Einund Austrieb der Kühe lichtschrankengesteuert automatisiert. Durch diese Automatisierung der Torsteuerung im Autotandemmelkstand erhöhen sich die Kosten natürlich deutlich. Beim Fischgrätenmelkstand (Abb. 2) sind mehrere Melkbuchten fischgrätenartig einoder zweiseitig nebeneinander im Winkel angeordnet. Der Fischgrätenmelkstand stellt nach wie vor die Standardlösung im Melkstandbau dar. Durch das Schrägstellen in unterschiedlichen Neigungswinkeln kann ein vorgegebener Raum optimal ausgenutzt werden und es entstehen kurze Arbeitswege. Je Melkplatz können in einem Fischgrätenmelkstand ca. 5 Kühe in der

3 Stunde gemolken werden. In einem 2x3 Melkstand werden somit ca. 30 Kühe in der Stunde gemolken. Der Fischgrätenmelkstand bietet zahlreiche Umtriebsmöglichkeiten und kann bei optimaler Planung gut erweitert werden. Abb. 2: Grundriss eines Fischgräten-Melkstandes In einem Reihen- oder Durchtreibemelkstand (Abb. 3) stehen die Kühe, wie im Tandemmelkstand hintereinander, parallel zur Melkergrube. Der Materialaufwand für die Erstellung ist gering, die Erstellung einfach und oft in Eigenleistung möglich. Je Melkplatz können hier ebenfalls ca. 5 Kühe gemolken werden. Da dieser Melkstand relativ schmal ( ca. 2 3,5 m Breite) und lang ist, werden in der Regel nur Melkstände mit einer Größe von bis zu 2x2 Melkplätzen gebaut, mit denen dann ca. 20 Kühe in der Stunde gemolken werden können. Nachteilig ist zudem die stark begrenzte Möglichkeit der Erweiterung dieses Melkstandtypes bei Bestandsaufstockung. Abb. 3: Durchtreibe-Melkstand

4 Da der Side by Side Melkstand (Abb. 4 und 5) den (vorhandenen) Raum oft besser ausnutzt als ein Durchtreibe- oder Fischgrätenmelkstand, kommt er auch für Umbauten in Altgebäuden in Frage. Die Kühe stehen im rechten Winkel zur Melkergrube und der Melker setzt die Melkzeuge durch die Hinterfüße der Kühe an. Der Standplatz der Kühe ist unbedingt den längsten Kühen der Herde anzupassen. Um zu erreichen, dass auch die kurzen Bestandskühe nahe an der Grubenkante sind, ist unbedingt darauf zu achten, dass die Standfläche der Kühe ca. 5% Gefälle aufweist. Die Arbeitsleistung dieses Melkstandes liegt ebenfalls bei ca. 5 Kühen pro Stunde und Melkplatz. Side by Side Melkstände mit Schnellaustrieb, bei denen die Frontabtrennung der Kühe nach oben geschwenkt wird und alle Kühe den Melkstand innerhalb einer kurzen Zeitspanne gemeinsam verlassen, benötigt deutlich mehr Fläche und bringt erst bei einem Side by Side Melkstand mit mehr als 2x8 Melkplätzen einen Zeitvorteil. Abb. 4 und 5: Grundriss eines Side-by-Side-Melkstandes / Einseitiger SbS- Melkstand.

5 Die erforderlichen Melkstandmaße für Fischgräten- und Side by Side- Melkstände sind im Detail in Tabelle 1 dargestellt. Tabelle 1: Grubenbreite (zweiseitige / einseitige Nutzung) Fischgrätenmelkstand Side by Side Melkstand / 130 cm / 130 cm Melkplatztiefe 140 cm 180 cm (Kopf im Schnellaustrieb) (Schnell-) Austrieb x 75 cm) Melkplatzbreite 120 cm cm Eintrieb bis zum ersten Melkplatz (gerader / winkliger Eintrieb) 60 / 120 cm > 70 cm Breite des Ganges Kuhaustrieb 90 / 170 cm (gerader / winkliger Austrieb) Tiefe der Melkergrube Körpergröße 100 cm Körpergröße 90 cm Da einseitige Gruppenmelkstände (Abb. 5 und 8) zwangsläufig zu Wartezeiten nach dem Ansetzen der Melkzeuge führen, sollten sie nur dann gebaut werden, wenn es die baulichen Gegebenheiten erfordern. Um Wartezeiten zu vermeiden sind bei den hier diskutierten Melkstandgrößen doppelt bestückte Melkstände (je Melkplatz ein Melkzeug) unbedingt einfach bestückten Melkständen (ein Melkzeug für 2 gegenüberliegende Melkplätze ) zu bevorzugen. Abb. 6 und 7: Quadrat-Melkstand.

6 Abb. 8: Einseitiger Fischgräten-Melkstand. Grundsätzlich ist es bei Milchviehbetrieben mit Kühen nicht unbedingt notwendig sich beim Melkstandbau an ein bestimmtes Melkstandschema zu halten. Aus Kostengründen kann es auch Sinn machen den Melkstand so zu konzipieren, dass einfach versucht wird in einen vorhandenen Raum möglichst viele Melkplätze einzubauen (Abb. 6 und 7). Der Bau von Melkständen darf bei Kleinbetrieben nicht ausschließlich unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten gesehen werden. Kriterien wie körperschonende Arbeitshaltung, erhöhte Arbeitssicherheit, konstantes Melkvakuum und tiergerechteres Melken sprechen alle eindeutig für den Bau von kostengünstigen und einfach konzipierten Melkständen in Kleinbetrieben.