Gelingensbedingungen offener Kinder- und Jugendarbeit - Quintessenzen
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- Daniela Grosse
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1 Gelingensbedingungen offener Kinder- und Jugendarbeit - Quintessenzen Im Auftrag der Geschäftsleitung des Kreisjugendrings Esslingen (KJR) hat eine Arbeitsgruppe in der Zeit vom Sommer 2012 bis zum Sommer 2013 die Gelingensbedingungen offener Angebote in der Kinder und Jugendarbeit untersucht. Die Analysen und Praxisberichte erlauben folgende Quintessenzen zu vier Fragestellungen: 1. Urteile über das Gelingen von Angeboten setzen Kriterien voraus. Welche Kriterien lassen sich aus der Analyse der gesetzlichen Vorgaben und grundlegenden sozialpädagogischen Einsichten gewinnen? 2. Über welche Bedingungen für das Gelingen offener Angebote in der Kinder- und Jugendarbeit berichten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgrund ihrer Praxiserfahrungen in den Einrichtungen des KJR? 3. Welche Entwicklungsbedarfe im Hinblick auf die professionellen, institutionellen und politischen Voraussetzungen für das Gelingen offener Angebote bestehen? 4. In welcher Weise werden sich - so weit schon absehbar - die Gelingensbedingungen durch die Intensivierung der Integration der offenen Kinderund Jugendarbeit in die Entwicklung lokaler oder regionaler Bildungslandschaften (u. a. Kooperation Schule-Jugendhilfe) verändern? 1
2 1. Urteile über das Gelingen von Angeboten setzen Kriterien voraus. Welche Kriterien lassen sich aus der Analyse der gesetzlichen Vorgaben und grundlegenden sozialpädagogischen Einsichten gewinnen? Grundsätzlich richten sich die Förderangebote der offenen Kinder- und Jugendarbeit zwar an alle Kinder, Jugendliche und jungen Erwachsene. Das dringend notwendige Bemühen um mehr Bildungsgerechtigkeit führt in der Praxis freilich dazu, dass die offene Kinderund Jugendarbeit ihr Engagement auf die Förderbedarfe jener jungen Menschen konzentriert, deren Betreuung, Erziehung und Bildung durch Mängel in den ökonomischen, kulturellen und sozialen Ressourcen ihrer Herkunftsfamilien nur eingeschränkt möglich wird. Nach dem Stand der Forschung und den Erfahrungen im Kreis Esslingen trifft das insbesondere auf Kinder aus Migrationsfamilien zu und auf solche, deren Eltern nur niedrige oder keine Schul- und Ausbildungsabschlüsse erreichen konnten. Da nach wie vor ein starker Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Entwicklungs- und Bildungschancen der Kinder besteht, gewinnt der Einsatz der offenen Arbeit des KJR für die Minderung von Benachteiligungen folglich an Bedeutung. Das trifft mehr und mehr auf die Vorbereitung einer erfolgversprechenden Ausbildungsreife, das Gelingen des Übergangs in eine Berufsausbildung und die Ausbildungserfolge zu. Angesichts der komplexen Bedingungslage dafür kommt der Kooperation der Kinder- und Jugendarbeit mit Eltern, Schulen, Ausbildungsbetrieben u. a. Bildungsträgern für das Gelingen entsprechender Angebote besondere Bedeutung zu. Das KJHG fordert Träger, Mitarbeiter und Kommunen zu dieser Kooperation ausdrücklich auf! Für dieses Bemühen hat die Analyse der politischen, gesetzlichen und sozialpädagogischen Vorgaben für offene Kinder- und Jugendarbeit zu folgenden leitenden Kriterien geführt: Respekt für die Rechte der Kinder und Jugendlichen ist grundlegendes Menschenrecht. Das Recht auf Bildung ist mehr als das Recht auf Schulbildung. Offene und freie Bildungsangebote gehen davon aus, dass Kinder und Jugendliche Subjekte ihrer Personwerdung sind. Achtung ihrer Individualität, Wissen um die gesellschaftliche Bedingtheit ihrer Entwicklungs- und Lebenschancen und Sicherung ihrer Teilhabe sind zentrale Prinzipien sozialpädagogischen Handelns. 2
3 2. Über welche Bedingungen für das Gelingen offener Angebote in der Kinder- und Jugendarbeit berichten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgrund ihrer Praxiserfahrungen in den Einrichtungen des KJR? Für die Arbeitskonzeption aller Einrichtungen kann auf institutioneller Ebene übergreifend festgestellt werden, dass die verfügbaren Potenziale immer öfter und nachhaltiger in Partnerschaften vor Ort eingesetzt werden. Diese kooperative Praxis stellt sich als eine Art Schlüssel für das Gelingen dar. Zentrale Erfahrung dabei ist, dass dadurch Gelegenheiten für die Besucher geben sind, den Sozialraum aktiv zu erfahren und mögliche Handlungsfelder und relevante Schlüsselpersonen für sich selbst zu erkennen. So können Integration und Teilhabe grundlegend aufgebaut werden. Damit leistet der KJR einen wichtigen Beitrag zur bürgerschaftlichen politischen Bildung. Je dichter, intensiver und regelmäßiger die Mitarbeiter der Einrichtungen mit Schlüsselpersonen und Institutionen des Sozialraums im Austausch stehen, desto größer kann der Gewinn für das Gelingen der Angebote sein. Auf der individuellen Ebene der Mitarbeiter finden folgende Voraussetzungen für das Gelingen besondere Beachtung: Zuverlässige Planung, Durchführung und Evaluation des persönlichen Einsatzes im offenen Bereich und der Mitwirkung im Team der Einrichtung. Genaue Kenntnisse maßgeblicher formaler, programmatischer und praktischer Vorgaben aus Politik, Gemeinwesen, Trägerschaft und benachbarten Aktionsräumen wie z. B. Kindertagesstätten, Schulen und Ausbildungsbetrieben. Sozialpädagogische Expertise in der praktischen Gestaltung der vier Funktionen (Integration, zweites Zuhause, Bildung, Portal) des offenen Bereichs. Praxisrelevante didaktisch-methodische Kompetenzen, insbesondere für o eine attraktive Präsentation und Animation spielerischer, sportlicher, künstlerischer, sozialer Angebote und Projekte sowie o eine ansprechende und motivierende Gestaltung der Räumlichkeiten und Aktionsmöglichkeiten für die Besucher. 3
4 Fachwissen und Beratungskompetenz für eine zuverlässige Begleitung junger Menschen. Beachtung der Lebenslagen der Besucher. Gestaltung von Ritualen und Lebensformen im offenen Bereich, die die Zugehörigkeit zur Einrichtung, die sozio-kulturelle Grundordnung und Integration erfahrbar werden lassen und dadurch das Jugendhaus zu einem freundlichen und friedlichen Ort machen. Vernetzungen mit relevanten Partnern im Sozialraum und Pflege der Kontakte zu Partnern der Einrichtung. 3. Welche Entwicklungsbedarfe im Hinblick auf die professionellen, institutionellen und politischen Voraussetzungen für das Gelingen offener Angebote bestehen? Entwicklungsbedarfe bei den Voraussetzungen für das Gelingen scheinen nach den vorliegenden Ergebnissen in folgenden Hinsichten gegeben zu sein: Professionelle Ebene: o Ausbau der Fortbildung (dazu liegt im Bericht ein Themenkatalog vor). o Intensivierung des Erfahrungsaustausches innerhalb der Mitarbeiterschaft. o Intensivierung der Fachberatung in neuen Arbeitsfeldern wie z. B. der Schulsozialarbeit. Institutionelle Ebene: o Sicherung kontinuierlicher Mitarbeit; o Erweiterung des Angebots an Spezialqualifikationen innerhalb des Personalpools; o Einführung von Kooperationsvereinbarungen; o Entwicklung von Leitbildern als Standards und Orientierungshilfen für die Kernbereiche offener Kinder- und Jugendarbeit Politische Ebene: o Überprüfung der Optimierungsmöglichkeiten von Kommunikations- und Aktionsprozessen zwischen Einrichtungen, KJR und Kommunen, Kreis, Schulverwaltung u. a. Stellen. 4
5 4. In welcher Weise werden sich - so weit schon absehbar - die Gelingensbedingungen durch die Intensivierung der Integration der offenen Kinderund Jugendarbeit in die Entwicklung lokaler oder regionaler Bildungslandschaften (u. a. Kooperation Schule-Jugendhilfe) verändern? Der laufende Ausbau von Ganztagsschulen stellt sich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des KJR in zwei Hinsichten als Herausforderung dar: Zum einen greifen die wesentlich verlängerten Schulzeiten in den Lebensrhythmus der Besucher und damit in ihre Möglichkeiten zur Teilnahme an offenen Angeboten ein. Zum anderen werden die Angebote im offenen Bereich für den Fall der Kooperation mit Ganztagsschulen oder in Form von Schulsozialarbeit innerhalb einer Ganztagsschule in spezifischer Weise durch die Lebens- und Lernerfahrungen der Schülerinnen und Schüler sowie deren Lehrer geprägt. Sozialisationsdefizite als Ursachen für Schulschwierigkeiten und persönliche Krisen nehmen an Bedeutung für die offenen Angebote zu. Der KVJS Baden-Württemberg hat diesen Aspekt in seiner Konzeption für die Schulsozialarbeit deutlich gemacht: "Die Schulsozialarbeit hat sowohl einen präventiven als auch intervenierenden Auftrag im Sinne einer lebensweltorientierten Jugendhilfe. Daher umfassen die Kernaufgaben die Einzelhilfe und Beratung in individuellen Problemlagen, die sozialpädagogische Gruppenarbeit, Projekte und Arbeit mit Schulklassen, die innerschulische und außerschulische Vernetzung und Gemeinwesenarbeit sowie offene Angebote für alle Schülerinnen und Schüler." Angebote im Rahmen dieser Kernaufgaben werden folglich stärker als bisher die individuelle Bildungsbiografie junger Menschen zu beachten haben. Als Bedingungen des Erfolgs werden deshalb schulpädagogische Kompetenzen auch für die Sozialpädagogen an Bedeutung gewinnen. Das schließt gegebenenfalls auch die Bereitschaft und Fähigkeit zu einem kritisch-konstruktiven Umgang mit der Schule selbst als Grund für Probleme der Kinder und Jugendlichen ein. 5
6 Ein Blick in die umfangreiche Liste der umfassenden Bildungsziele, die aus Gesellschaft und Politik mit dem Ausbau der Ganztagsschulen verbunden werden, machen schnell ersichtlich, dass eine Erweiterung und Vertiefung von Gelingensbedingungen in Richtung Mitgestaltung des Schullebens, Elternarbeit, Sozialraumentwicklung und Aufbau von Bildungslandschaften zu erwarten ist. Mögliche Schwerpunkte der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit an Ganztagsschulen werden von diesen Zielen her schnell vorstellbar: Mitwirkung an der Rhythmisierung des ganzen Schultages im Wechsel von Lernen und Erholung, Bewegung und Ruhe, Allein- und Gruppenarbeit, Freizeit und Pflichtarbeitszeiten. Angebote von Räumen und Zeiten für unterrichtsfreies Schulleben. Förderung des achtsamen und gesunden Umgangs mit Essen und Trinken. Freizeitangebote, ergänzende Projekte und Vorhaben gemeinsamer Kunst- und Spielproduktion. Beratungs- und Gesprächsangebote für Schüler und Lehrer. Betreuung von ehrenamtlichen Unterstützern der Schule: Paten, Lernbegleiter, Jugendliche im FSJ u. a. Dienste. Beratung der Eltern. Mitarbeit in den Schulkonferenzen. Organisation der Zusammenarbeit mit der offenen Kinder- und Jugendarbeit in benachbarten Einrichtungen. Auch für die konkrete Ausgestaltung der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit an Ganztagsschulen gilt, dass Lehrerschaft, Schulleitung, Eltern und Jugendhilfe gemeinsam ein passendes Konzept und Programm entwickeln. 6
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