Eloxal-Verfahren: Farbige eloxierte Aluminium-Kugelschreiber. Theorie

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1 Eloxal-Verfahren: Farbige eloxierte Aluminium-Kugelschreiber Theorie Die Gleichgewichtslage und die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion lassen sich durch Veränderung des Drucks, der Temperatur usw. variieren. Allerdings ist die Palette solcher Einflussnahmen auf das Reaktionsgeschehen ziemlich begrenzt, da aus technischen Gründen nicht beliebige äussere Bedingungen realisierbar sind. Ausserdem ist es im Normalfall nicht möglich, Gleichgewichtslage und Reaktionsgeschwindigkeit unabhängig voneinander zu verändern. Eine wichtige Ausnahme bilden Redoxreaktionen, in deren Verlauf die Elektronen nicht direkt von einem Edukt zum anderen übertragen werden können, sondern über den Umweg eines metallischen Leiters gelangen müssen. Läuft die Reaktion freiwillig ab, d.h. liegt das Gleichgewicht rechts (galvanisches Element), so kann durch einen mit dem metallischen Leiter seriell geschalteten Widerstand die Elektronenübertragung beliebig verlangsamt, im Prinzip sogar vollständig zum Erliegen gebracht werden. Da bei Redoxreaktionen gerade diese Elektronen-Übertragung das Wesen der Reaktion ausmacht, lässt sich folglich mittels gezielter Kontrolle der durch den metallischen Leiter hindurchfliessenden Stromstärke die Reaktionsgeschwindigkeit auf einen beliebigen Wert einstellen. Liegt das Gleichgewicht der Redoxreaktion links (Elektrolyse-Zelle), so können durch Anlegen einer elektrischen Gleichspannung die Elektronen gezwungen werden, sich in die energetisch ungünstige Richtung zu bewegen. Eine solche Elektrolyse ist in Schmelzen von Salzen oder ionenhaltigen Lösungen, sogenannten Elektrolyten, möglich. An der Anode (Plus-Pol) der Elektrolyse-Anordnung läuft dann eine erzwungene Oxidation, an der Kathode (Minus-Pol) eine erzwungene Reduktion ab. Passt man die angelegte Spannung ständig an, so kann die Elektrolyse bei konstanter Stromstärke und damit konstanter Reaktionsgeschwindigkeit durchgeführt werden (galvanostatische Elektrolyse). Eine wichtige technische Anwendung findet die galvanostatische Elektrolyse bei der Veredlung von Aluminium im sogenannten Eloxal-Verfahren. Dieser Name ist als Zusammenzug der Wörter elektrolytisch oxidiertes Aluminium entstanden. Aluminium ist an und für sich ein sehr unedles, d.h auf Korrosion äusserst anfälliges Metall, weshalb es als Werkstoff eigentlich gänzlich ungeeignet sein müsste, da es sich in Kontakt mit Sauerstoff sofort zu Aluminiumoxid umsetzt. Weil dieses Salz, das in Wasser praktisch unlöslich ist, jedoch einen zusammenhängenden, kompakten, etwa 0.01 µm dicken Film auf der Oberfläche des Metalls bildet, wird das darunter liegende Aluminium vor einem weiteren Angriff durch Sauerstoff wirksam

2 geschützt. Auch Säuren und andere aggressive Reagenzien können die Schicht aus Aluminiumoxid nur schwer durchdringen. Infolge dieser Passivierung kann Aluminium wie ein bedeutend edleres Metall verarbeitet und genutzt werden. Durch eine Elektrolyse in verdünnter Schwefelsäure, in der das Aluminium-Werkstück als Anode geschaltet wird, kann der natürliche Aluminiumoxid-Film auf eine Dicke von bis zu 25 µm vergrössert werden: Anode: 2 Al 2 Al e - Kathode: 6 H e - 3 H 2 Summe 1: 2 Al + 6 H + 2 Al H 2 Salzbildung: 2 Al H 2 O Al 2 O H + Summe 2: 2 Al + 3 H 2 O Al 2 O H 2 Der eigentlichen Redoxreaktion (Summe 1) folgt unmittelbar die Ausfällung von schwerlöslichem Aluminiumoxid, woraus eine neue Gesamtreaktion resultiert (Summe 2). In ihr treten keine Hydronium-Ionen mehr auf, d.h. die verwendete Schwefelsäure dient nur als Katalysator. Die elektrolytisch erzeugte Aluminiumoxid-Schicht ist ziemlich porös, da sich ein Teil des Salzes in der als Elektrolyt verwendeten verdünnten Schwefelsäure wieder auflöst. In die Poren lassen sich speziell dafür entwickelte Farbstoff-Teilchen einlagern. Um die Farbe dauerhaft zu fixieren, müssen die Poren nachher geschlossen werden, was durch Eintauchen des Werkstückes in kochendes Wasser geschieht, das oft noch mit einem speziellen Verdichtungsmittel versetzt ist. In der Praxis kommt dem Eloxal-Verfahren eine überragende Bedeutung zu. Verkehrsschilder, Teile von Häuserfassaden, Deckplatten für Türen usw. bestehen häufig aus eloxiertem Aluminium. Es gibt nur wenige Werkstücke aus Aluminium, deren Oberfläche nicht durch Eloxierung veredelt wurde, da diese Behandlung vor Korrosion schützt und erst noch eine ausgezeichnete Anfärbbarkeit gewährleistet. Die elektrolytisch erzeugte Aluminiumoxid-Schicht ist allerdings ziemlich spröde, so dass sich eloxiertes Aluminium nicht mehr plastisch verformen oder schweissen lässt, ohne dass die Oxidschicht springt. Daher wird Aluminium üblicherweise erst als fertiges Werkstück eloxiert.

3 Arbeitsvorschrift A Entfernen der natürlichen Aluminiumoxid-Schicht 1. Der für die Halterung erforderliche Aluminium-Stab wird mit der konischen Spitze voran in die Aluminium-Hülse des Kugelschreibers gestossen. Er muss sicher sitzen, da sonst die Hülse in eines der Bäder fallen könnte und möglicherweise unbrauchbar würde. Pro Gruppe werden zwei solche Hülsen vorbereitet, d.h. pro Person eine. 2. In einem der Abzüge steht ein Becherglas mit Natronlauge (c(naoh) = 1 mol/l), welche auf 65 C erwärmt wurde. Die Aluminium-Hülse wird vollständig in die Lauge eingetaucht. Tragen Sie dazu Handschuhe, um Ihre Hände vor allfällig aufsteigendem, ätzendem Aerosol zu schützen. 3. Nach 30 Sekunden zieht man die Hülse wieder heraus und spült sie noch im Abzug unter laufendem Leitungswasser gut ab. Lassen Sie das Wasser gut abtropfen. Die Hülse darf nun bis zum Schluss nicht mehr mit den Fingern berührt werden, 4. Nun taucht man die Hülse noch für ca. 5 Sekunden in den 100 ml-messzylinder, der im selben Abzug steht und Salpetersäure (30 Massenprozent HNO 3 ) enthält. Auch hier wird anschliessend mit Leitungswasser gut gespült und abtropfen gelassen. B Elektrolyse des blanken Aluminiums In den anderen Abzügen stehen Gleichspannungs-Quellen sowie spezielle Stativ- Halterungen bereit. Zudem finden Sie für jede Arbeitsgruppe ein 2 Liter-Becherglas vor, in das ein Aluminium-Streifen als Gegenelektrode zur Aluminium-Hülse eingelegt ist. 1. Füllen Sie in das 2 Liter-Becherglas so hoch Schwefelsäure (20 Massenprozent H 2 SO 4, Elektrolyt), bis man die Aluminium-Hülsen vollständig eintauchen kann. Tragen Sie dazu Handschuhe. 2. Schrauben Sie zwei Aluminium-Hülsen am eingestossenen Aluminium-Stab in der speziellen Halterung fest. Tauchen Sie dann die beiden Hülsen vollständig in die Schwefelsäure-Lösung ein. Vorsicht: Die Aluminium-Hülsen dürfen den Aluminium-Streifen am Boden des Becherglases unter keinen Umständen berühren, da sonst ein Kurzschluss entsteht! 3. Mit Hilfe des roten Kabels wird nun der Plus-Pol der Spannungsquelle mit der speziellen Halterung für die Aluminium-Hülsen verbunden (Anode). Das blaue Kabel wird in den Minus-Pol der Spannungsquelle eingesteckt und mittels einer

4 Krokodilklemme am oberen Rand des Becherglases mit dem Aluminium-Streifen verbunden (Kathode). 4. Nun wird die Spannungs-Quelle in Betrieb genommen. Mit den beiden Reglern für Spannung und Stromstärke wird nun pro Aluminium-Hülse(!) eine konstante Stromstärke von 0.75 A eingestellt. Diese Stromstärke muss nun 30 Minuten lang konstant gehalten werden. Lassen Sie sich vom Praktikumsleiter instruieren, wie das Gerät zu bedienen ist. Am Minus-Pol sind deutlich Blasen sichtbar, während am Plus-Pol optisch keine Reaktion erkennbar ist. 5. Nach Ablauf der 30 Minuten werden die Aluminium-Hülsen - noch immer am Aluminium-Stab befestigt - 5 Minuten lang unter fliessendem Leitungswasser gut abgespült. Dann werden sie mit deionisiertem Wasser abgespritzt. Die Hülsen dürfen vor Beendigung des Färbe-Vorgangs nie ganz trocken werden, da sie sonst die Farbe nicht mehr gut annehmen. C Färben der Eloxal-Schicht Auf den Experimentiertischen stehen verschiedene spezielle Farbstoff-Lösungen bereit, die je nach Farbstoff eine andere Temperatur aufweisen. Achtung: Sollen für eine Aluminium-Hülse verschiedene Farben zum Einsatz kommen, muss überschüssige Farbe auf jeden Fall abgespült werden, bevor in eine andere Farbstoff-Lösung gegangen wird! 1. Die Aluminium-Hülse wird - am Aluminium-Stab gehalten - in die Farbstoff-Lösung Ihrer Wahl getaucht. Für eine einfarbige Hülse wird sie ca. 10 Minuten lang langsam in der Lösung hin und her bewegt. 2. Zur Erzielung von Farbübergängen wird die Hülse zuerst in die weniger intensive Farbe getaucht. Dann kommt die nächst intensivere Farbe an die Reihe. Die Farbtiefe kann dadurch variiert werden, dass die Hülse mehrmals in dieselbe Farbstoff-Lösung eingetaucht wird, aber nur kurz und nicht gleich weit. 3. Zum Schliessen der Poren wird die eingefärbte Aluminium-Hülse am Schluss 5 Minuten lang in das Becherglas mit kochendem Wasser getaucht, in dem ein spezielles Verdichtungsmittel gelöst ist. 4. Nun wird der Aluminium-Stab vorsichtig aus der Hülse gezogen, welche gut abgetrocknet wird. Sollte die eingefärbte Hülse zu matt erscheinen, kann sie mit wenig

5 (!) Handcrème bestrichen werden. Schliesslich wird der Kugelschreiber vorsichtig zusammengesetzt, ohne die Eloxal-Schicht zu zerkratzen. Aufgaben 1. Welche chemische Reaktion spielt sich ab, wenn die Aluminium-Hülse zur Vorbehandlung in Natronlauge (NaOH) getaucht wird? Notieren Sie die entsprechende Reaktionsgleichung. 2. Welchen Zweck verfolgt die unter 1) angesprochene Vorbehandlung? 3. Warum lässt sich das Eloxal-Verfahren nicht auch für den Korrosionsschutz und das Einfärben von Werkstücken aus Eisen anwenden? 4. Warum wäre verdünnte Salzsäure als Elektrolyt für das Eloxal-Verfahren ungeeignet? 5. Formulieren Sie die Summen-Reaktionsgleichung des Eloxal-Verfahrens aus dem Anoden-, Kathoden- und Salzbildungs-Prozess, ohne im Theorieteil nachzuschlagen. 6. Wie viel Gramm Al 2 O 3 scheiden sich auf der Hülse ab, wenn 30 min bei 0.75 A elektrolysiert wird? (Siehe Auswertung zur Elektrolyse von Bleichlorid) Welche Dicke hat die Al 2 O 3 -Schicht? Fläche der Hülse: 30 cm 2, ρ (Al 2 O 3 ) = 4 g. cm -3.

6 Lösungen zu den Aufgaben 1. Al 2 O 3 (s) + 3 H 2 O 2 Al(OH) 3 (s) Al(OH) 3 (s) + OH - [Al(OH) 4 ] - (aq) schwer lösliches Salz löslicher Komplex 2. Entfernung der natürlichen Al 2 O 3 -Schicht. 3. Eisen bildet keine zusammenhängende Oxid-Schicht. Die Elektrolyse würde somit zur Zerstörung des Werkstücks führen. (Vgl. Rostbildung von Eisen) 4. An der Anode würde sich Chlorgas bilden: 2 Cl - Cl e - statt Al Al e Al + 3 H 2 O Al 2 O H Al 2 Al e - 2 Al + 3 H 2 O Al 2 O H 2 N(e - ) = 6 N(Al 2 O 3 ) - Q N(e ) e 6 n(al2o 3) NA e 6 m(al2o 3) NA e I = = = = t t t M(Al O ) t I t M(Al2O 3) 0.75 C s 102g mol 1800 s NA e mol C m(al O ) = = = 0.239g ρ= m = m m = 0.239g h= = cm = V F h F ρ 30cm 4g cm m μ

7 Lösungen der Aufgaben von Seite 2 1. Eine Elektrolysezelle produziert 1000 kg Aluminium am Tag. 2 Al 2 O 3 (s) + 3 C (s) 4 Al (s) + 3 CO 2 (g) a) Wie gross ist das Volumen des dabei entstehenden Anodengases CO 2 bei Normbedingungen (0 C, 101'300 Pa)? n(al) 4 m(al) Vm = = n(co ) 3 M(Al) V(CO ) m(al) Vm 3 1'000'000g 22.4 l mol V(CO 2 ) = = = 622'222 l 1 4 M(Al) 4 27g mol b) Wie gross ist die Masse der Kohleanode, die dabei verbraucht wird? n(al) 4 m(al) M(C) = = n(c) 3 M(Al) m(c) 1 3 m(al) M(C) 3 1'000'000g 12 g mol m(c) = = = 333'333 g = 333 kg 1 4 M(Al) 4 27g mol 2. Wie lange dauert die Abscheidung von 1000 kg Aluminium, wenn die Elektrolyse bei 150'000 A durchgeführt wird. Annahme: Stromausbeute 100% Q N(e ) e I = = t t N(e ) = 3 N(Al) N(Al) = n(al) N A n(al) = m(al) M(Al) I: Stromstärke [I] = 1 A (Ampère) Q: Ladung [Q] = 1 C (Coulomb) = 1As t: Zeit [t] = 1 s N: Anzahl n: Stoffmenge [n] = 1 mol m: Masse [m] = 1 g M: molare Masse [M] = 1 g. mol - 1 Elementarladung e = C Avogadro-Konst. N A = mol -1

8 3 n(al) N e 3 m(al) N e - Q N(e ) e A I = = = = t t t M(Al) t A m(al) NA e 3 1'000'000g 6 10 mol C -1-1 t = = M(Al) I 27g mol 150'000C s 4 = s = 19.75h

9 Lösungen der Aufgaben von Seite 6 1. Welche chemische Reaktion spielt sich ab, wenn die Aluminium-Hülse zur Vorbehandlung in Natronlauge (NaOH) getaucht wird? Notieren Sie die entsprechende Reaktionsgleichung (vgl. Seite 1, Auflösen von Bauxit). Al 2 O 3 (s) + 3 H 2 O 2 Al(OH) 3 (s) Al(OH) 3 (s) + OH - [Al(OH) 4 ] - (aq) 2. Welchen Zweck verfolgt die unter 1) angesprochene Vorbehandlung? - Entfernung der natürlichen Al 2 O 3 -Schicht. 3. Warum lässt sich das Eloxal-Verfahren nicht auch für den Korrosionsschutz und das Einfärben von Werkstücken aus Eisen anwenden? - Eisen bildet keine zusammenhängende Oxid-Schicht. Die Elektrolyse würde somit zur Zerstörung des Werkstücks führen. (Vgl. Rostbildung von Eisen) 4. Warum wäre verdünnte Salzsäure als Elektrolyt für das Eloxal-Verfahren ungeeignet? - An der Anode würde sich Chlorgas bilden: 2 Cl - Cl e - statt Al Al e - 5. Formulieren Sie die Summen-Reaktionsgleichung des Eloxal-Verfahrens aus dem Anoden-, Kathoden- und Salzbildungs-Prozess, ohne im Theorieteil nachzuschlagen. Anode: 2 Al 2 Al e - Kathode: 6 H e - 3 H 2 Summe 1: 2 Al + 6 H + 2 Al H 2 Salzbildung: 2 Al H 2 O Al 2 O H + Summe 2: 2 Al + 3 H 2 O Al 2 O H 2

10 6. N(e - ) = 6 N(Al 2 O 3 ) - Q N(e ) e 6 n(al2o 3) NA e 6 m(al2o 3) NA e I = = = = t t t M(Al O ) t 2 3 m(al O ) = = = 0.239g -1-1 I t M(Al2O 3) 0.75 C s 102g mol 1800 s NA e mol C m m m 0.239g ρ= = h= = = 0.002cm = 20µ m 3 3 V F h F ρ 30cm 4g cm Stieger, Gymnasium Solothurn