KONSTRUKTION DER INDIKATOREN
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- Sophia Ursler
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1 Christian Grimme Messung der Unternehmensunsicherheit in Deutschland das ifo Streuungsmaß Dieser Beitrag stellt Maße vor, die die Unsicherheit der deutschen Unternehmen in der gesamten n Wirtschaft und innerhalb verschiedener Wirtschaftsbereiche abbilden. Die Maße werden aus den Antworten der Unternehmen im Rahmen der ifo Konjunkturumfragen berechnet und ab August 2017 monatlich zusammen mit den Ergebnissen der ifo Konjunkturumfragen veröffentlicht. Dies dient dazu, das Spektrum der regelmäßig verfügbaren Unsicherheitsmaße in Deutschland zu vergrößern. Es zeigt sich, dass Unternehmensunsicherheit bis zu 10% der Schwankungen des deutschen Bruttoinlandsprodukts erklären kann. Während der Weltfinanzkrise der Jahre 2008 und 2009 sowie der Eurokrise war in vielen Ländern ein starker Anstieg der Unsicherheit zu beobachten. In der Folge wurde dies vielfach sowohl von der Presse als auch von politischen Entscheidungsträgern als ein wichtiger Grund für den Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Aktivität genannt. 1 Inzwischen zeigen auch zahlreiche wissenschaftliche Studien, dass Unsicherheit einen negativen Einfluss haben kann. 2 So fällt es Entscheidungsträgern in unsicheren Zeiten schwerer, die Zukunft präzise vorherzusagen. Dadurch werden Unternehmen und Haushalte zurückhaltender mit ihrer Entscheidungsfreudigkeit. In der Folge schieben Unternehmen Entscheidungen bezüglich Investitionen oder Neuanstellungen auf, während Haushalte Konsumentscheidungen, insbesondere über langlebige Güter, in die Zukunft verlegen. Das grundlegende Problem bei der Messung von Unsicherheit ist, dass sie nicht direkt beobachtbar ist, sondern aus anderen beobachtbaren Größen abgeleitet werden muss. In der Literatur wird eine Vielzahl von Maßen vorgeschlagen, die Unsicherheit von Unternehmen, Haushalten, Finanzmarktakteuren, Prognostikern über Politikmaßnahmen und in der Gesamtwirtschaft abbilden. 3 Neben der Aktien- 1 Siehe z.b. die Kommentare des damaligen Chefvolkswirts des Internationalen Währungsfonds Olivier Blanchard und des Präsidenten der Europäischen Zentralbank Mario Draghi (vgl. Blanchard 2009; Draghi 2014). 2 Vgl. Baker, Bloom und Davis (2016); Born, Breuer und Elstner (2014); Bloom (2009); Bloom et al. (2012); Henzel und Rengel (im Erscheinen) sowie Jurado, Ludvigson und Ng (2015). Inzwischen gibt es auch eine Reihe von Studien, die die Effekte von Unsicherheit für Deutschland schätzen, z.b. die Auswirkungen auf Produktion und Investitionen (vgl. von Kalckreuth 2003; Popescu und Smets 2010; Bachmann, Elstner und Sims 2013; Grimme, Henzel und Bonakdar 2015; Buchholz, Tonzer und Berner 2016; Klepsch 2016; Grimme und Henzel 2017; Rieth, Michelsen und Piffer 2016), auf Zinsen (vgl. Grimme 2017), auf Preise und die Effektivität von Geldpolitik (vgl. Bachmann et al. 2013a) und auf die Effektivität von Fiskalpolitik (vgl. Berg 2015; 2016). 3 Ein Überblick über unterschiedliche Maßen von Unsicherheit fin- marktvolatilität und der wirtschaftspolitischen Unsicherheit wird in der (Prognose-)Praxis in Deutschland auch ein Maß für Unternehmensunsicherheit verwendet (vgl. Wollmershäuser et al. 2016). Letzteres wird aus Umfragedaten generiert und berücksichtigt somit die Erwartungen von echten Entscheidungsträgern. Bisher bezog sich dieses ausschließlich auf die Firmen des Verarbeitenden Gewerbes. Das ifo Institut wird in Zukunft dieses Maß, aber auch weitere Maße, die sich auf andere Wirtschaftsbereiche konzentrieren, sowie zwei Maße für die Wirtschaft und die Gesamtwirtschaft ( Wirtschaft plus ) jeden Monat mit den Ergebnissen der ifo Konjunkturumfragen veröffentlichen. Damit soll eine Lücke in der deutschen Indikatorenlandschaft geschlossen werden. KONSTRUKTION DER INDIKATOREN Um Unternehmensunsicherheit zu messen, wird auf die Mikrodaten der monatlichen ifo Konjunkturumfragen zurückgegriffen. Es werden Maße jeweils einzeln für das Verarbeitende Gewerbe, das, den Einzel- und sowie die generiert. Je nach Sektor stehen die Mikrodaten monatlich ab 1980 ( Gewerbe), 1990 (Einzel- und ), 1991 () bzw () zur Verfügung. Dabei wird auf folgende Frage, die in sehr ähnlicher Form in allen fünf Sektoren gestellt wird, Bezug genommen: 4»Erwartungen für die nächsten sechs : Unsere Geschäftsentwicklung wird unter Ausschaltung det sich in Bloom (2014), Meinen und Röhe (2017) und Grimme und Stöckli (2017). Verschiedene Maße der Inflationsunsicherheit werden in Grimme, Henzel und Wieland (2013) diskutiert. 4 Exemplarisch wird hier die Frage und die Antwortmöglichkeiten aus der Handelsumfrage präsentiert. In den anderen vier Sektoren weicht die Fragestellung nur leicht ab. 19
2 rein saisonaler Schwankungen günstiger, etwa gleich bleiben, ungünstiger.«es gibt also drei Antwortmöglichkeiten zu dieser Frage. Das Unsicherheitsmaß generiert sich aus der Dispersion, also als Streuung dieser Erwartungen (vgl. Bachmann, Elstner und Sims 2013): FFFFFFFFFF = AAAAAAAAAAAA + AAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAA AAAAAAAAAAAA 100. AAAAAAAAAAAA steht für den Anteil der Firmen, die zum Zeitpunkt t angeben, dass sie eine Verbesserung der Geschäftslage erwarten, AAAAAAAAAAAA ist der Anteil der Firmen, die von einer Verschlechterung ausgehen. FFFFFFFFFF ist die Streuung der Erwartungen im Sektor i zum Zeitpunkt t (FDISP steht für forecast dispersion). 5,6 Darüber hinaus werden zwei Gesamtmaße berechnet: eines, bestehend aus allen fünf Sektoren (Gesamtwirtschaft), und eines, bestehend aus den vier Sektoren Gewerbe, und Einzel- und ( Wirtschaft). Dazu werden die unbereinigten sektoralen Dispersionsreihen mit dem jeweiligen sektoralen Gewicht an der gesamten Wertschöpfung multipliziert. 7,8 FFFFFFFFFF erreicht ein Minimum von 0, wenn alle Firmen die gleichen Erwartungen haben. Der maximale Wert des Maßes ist 100, dieser Wert wird erreicht, wenn die eine Hälfte der Firmen positive Erwartungen, die andere Hälfte negative Erwartungen haben. Tabelle 1 verdeutlicht, wie sich bei gegebenem Saldo die Streuung und damit die gemessene Unsicherheit verändern kann. Der Saldo entspricht dem Anteil der Firmen, die eine Verbesserung der Geschäftslage erwarten, abzüglich des Anteils der Firmen, die eine Verschlechterung erwarten. Im ersten Beispiel gehen 80% der Firmen davon aus, dass sich die Geschäftslage nicht verändert, nur 20% erwarten eine Verbesserung, das Dispersionsmaß zeigt einen Wert von 40 an. Im zweiten Beispiel erhöht sich der Anteil an positiven Erwartungen auf 40%, gleichzeitig steigt der Anteil an negativen Erwartungen auf 20%; das Dispersionsmaß beläuft sich jetzt auf 75. Im dritten Beispiel nimmt FDISP einen Wert von 98 an, dieser entsteht dadurch, dass % der Firmen positive Erwartungen haben und 40% negative. 5 Bachmann, Elstner und Sims (2013) schlagen vor, die Streuung der Erwartungen über die eigene Produktion zu verwenden, statt den Geschäftserwartungen. Die Frage nach den Produktionserwartungen kann nicht in allen Wirtschaftsbereichen abgefragt werden. Für das Verarbeitende Gewerbe ist die Streuung der Produktionserwartungen und der Geschäftserwartungen zwischen März 1991 und Juni 2017 mit einem Koeffizienten von 0,53 korreliert. 6 Diese Reihe wird anschließend mit dem Saisonbereinigungsverfahren CENSUS X-13-ARIMA saisonbereinigt. Die ausgewiesenen Reihen werden aus dem gleitenden Durchschnitt über die letzten drei gebildet. 7 Hierfür wird auf die Fachserie 18, Reihe 1.4 des Statistischen Bundesamts zurückgegriffen. Die Gewichte für die Wirtschaft betragen: 61,1% ( Gewerbe), 12,1% (Baugewerbe), 14,5% () und 12,4% (). Für die Gesamtwirtschaft lauten sie: 3% ( Gewerbe), 6,0% (Baugewerbe), 7,2% (), 6,2% () und,5% ( ohne Finanzdienstleistungen). 8 Die gewichteten Reihen werden addiert und anschließend mit dem Saisonbereinigungsverfahren CENSUS X-13-ARIMA saisonbereinigt. Die beiden Reihen werden jeweils als gleitender Durchschnitt über die letzten drei veröffentlicht. Tab. 1 Beispiele für FDISP bei gegebenem Saldo der Erwartungen Geschäftserwartungen: Anteile + = Saldo FDISP Die Streuung der Erwartungen ist nur dann ein gutes Maß für Unsicherheit, wenn Firmenunsicherheit auch mit heterogener werdenden Erwartungen einhergeht. Man kann sich allerdings Situationen vorstellen, in denen ein größerer Teil der Firmen angibt, dass sich ihre Erwartungen nicht verändern, gerade weil sie unsicherer geworden sind und es ihnen schwerer fällt, die Zukunft präzise einzuschätzen. So könnte sich, ausgehend vom dritten Beispiel, die»echte Firmenunsicherheit«erhöhen und sich im Anschluss die Konstellation des zweiten Beispiels ergeben. Das Dispersionsmaß würde dann einen Rückgang der Unsicherheit anzeigen (FDISP bewegt sich von 98 auf 75), obwohl die Firmen eigentlich unsicherer werden. 9 Bachmann, Elstner und Sims (2013) zeigen aber, dass die Streuung der Erwartungen stark korreliert ist mit anderen Unsicherheitsmaßen auf der Firmenebene und folgern daraus, dass FFFFFFFFFF die Unsicherheit der Unternehmen zuverlässig misst. DESKRIPTIVE ANALYSEN Abbildung 1 stellt das ifo Streuungsmaß für die Wirtschaft für den Zeitraum von März 1991 bis Juni 2017 dar. Rezessionen in Deutschland sind mit grauen Flächen hinterlegt. 10 Es ist zu erkennen, dass sich das Unsicherheitsmaß antizyklisch verhält. Insbesondere während der Großen Rezession der Jahre 2008/2009 nahm die Unsicherheit der Unternehmen sprunghaft zu. Weitere Anstiege, wenn auch in geringerem Ausmaß, folgten der Pfundkrise 1992 im Vereinigten Königreich, der Russlandkrise im August und September 1998, den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA sowie der Bombardierung von Bagdad im März 2003 und dem damit beginnenden Irakkrieg. Nach der Herabstufung der Kreditfähigkeit von Griechenland im April 2010 und der darauffolgenden Vereinbarung eines finanziellen Hilfspakets im Mai ging die Unsicherheit der Firmen in Deutschland deutlich zurück. Mit dem zweiten Hilfspaket für Griechenland und den Anträgen von Zypern und Spanien um Mittel aus dem Rettungsschirm zog die Unsicherheit vorübergehend wieder an. Im Vorfeld des Brexit-Referendums im Juni 2016 erhöhte sich die Unsicherheit, nach dem Ausgang des Referendums reduzierte sie sich aber deutlich. Im Vorfeld der Wahlen in den Niederlanden und in Frankreich 9 Für eine weiterführende Diskussion, vgl. Europäische Kommission (2013). 10 Die Rezessionsdaten für Deutschland sind vom Economic Cylce Research Institute (ECRI) übernommen und beziehen sich auf den Zeitraum zwischen einem Hoch- und Tiefpunkt des Konjunkturzyklus. 20
3 Abb. 1 ifo Streuungsmaß für die Wirtschaft Saisonbereinigt und mit zurückschauendem 3-Monatsdurchschnitt geglättet Pfundkrise Russlandkrise Irakkrieg Anschläge 9/11 Lehman Brothers 2. Bailout Griechenland Brexit Grauschattierte Bereiche: Rezessionen, datiert durch das Economic Cycle Research Institute (ECRI). Quelle: ifo Konjunkturumfragen; ECRI; Berechnungen des ifo Instituts. sowie im Zuge der anstehenden konkreten Brexit-Verhandlungen erhöhte sich die Unsicherheit am aktuellen Rand wieder. Abbildung 2 zeigt alle sieben Maße für den Zeitraum von Januar 2007 bis Juni Die beiden Maße» Wirtschaft«und»Gesamtwirtschaft«haben einen sehr starken Gleichlauf (Panel a). Darüber hinaus fällt auf, dass sich durch die Hinzunahme des Dienstleistungssektors die Streuung etwas erhöht, Abb. 2 Verschiedene Streuungsmaße Saisonbereinigt und mit zurückschauenden 3-Monatsdurchschnitt geglättet Panel a Panel b Panel c Wirtschaftᵃ Gesamtwirtschaftᵇ Gewerbe a Wirtschafte enthält: Gewerbe, und Einzel- und. b Gesamtwirtschaft enthält: Wirtschaft und Dienstleistungssektor. Quelle: ifo Konjunkturumfragen; Berechnungen des ifo Instituts. insbesondere in den vergangenen vier Jahren. Das Verarbeitende Gewerbe und die sind mit einem Anteil von 30 bzw. % die Sektoren mit dem höchsten Gewicht im Maß»Gesamtwirtschaft«. Vergleicht man die Unsicherheit dieser beiden Sektoren getrennt (Panel b), so bestätigt sich, dass die Dienstleister in den vergangenen vier Jahren unsicherer waren als die Firmen im Verarbeitenden Gewerbe. Panel c bildet die Streuung der Erwartungen im Einzel- und sowie im ab. Im betrachteten Zeitraum ist die Unsicherheit im zumeist am höchsten, gefolgt von der im und im Bau. In Tabelle 2 sind die Korrelationen der sieben Maße dargestellt. Die Korrelation zwischen den beiden Gesamtmaßen fällt mit 0,85 sehr hoch aus. Das Verarbeitende Gewerbe ist nur mäßig mit den anderen Sektoren korreliert. Der Dienstleistungssektor ist recht stark mit dem Einzel- und und dem korreliert. Tabelle 3 zeigt die Korrelationen der sieben Maße mit den Umsätzen in den einzelnen Sektoren. 11 Alle Streuungsmaße sind negativ korreliert mit allen Umsätzen, damit weist Unsicherheit kontra-zyklische Eigenschaften auf. Besonders stark negativ fällt die Korrelation zwischen der Unsicherheit im Dienstleistungssektor und dessen Umsätzen mit einem Koeffizienten von 0,44 aus. In den anderen Bereichen 11 Die Umsätze im Verarbeitenden Gewerbe und im Einzel- und liegen auf Monatsfrequenz vor. Für das gibt es die Umsätze nur nominal. Die liegen auf Quartalsebene vor; diese Reihe wurde von uns linear interpoliert. 21
4 Tab. 2 Korrelationen der Streuungsmaße Gewerbe Wirtschaft Wirtschaft inkl. Dienstleitungen Gewerbe 1 0,38 1 0,35 0, ,55 0, ,66 0,53 0,31 1 Wirtschaft 0,92 0,55 0,61 0,38 0,44 1 Wirtschaft inkl. Dienstleitungen 0,71 0,90 0,54 0,62 0,71 0,85 1 Die Korrelationen sind für den Zeitraum März 1991 bis Juni 2017 berechnet, mit Ausnahme des Dienstleistungssektors (März 2005 bis Juni 2017). Quelle: ifo Konjunkturumfragen; Berechnungen des ifo Instituts. (mit Ausnahme des s) ist die jeweilige Unsicherheit mit den entsprechenden Umsätzen aber auch recht stark negativ korreliert, mit Koeffizienten zwischen 1 und 0,38. AUSWIRKUNGEN VON UNTERNEHMENS UNSICHERHEIT AUF DIE DEUTSCHE WIRTSCHAFT Bei der Bestimmung des Einflusses von Unsicherheit auf die konjunkturelle Entwicklung in Deutschland stellt sich das Problem, dass die Unsicherheit selbst von der konjunkturellen Lage beeinflusst werden könnte. Um die Auswirkung eines Anstiegs der Unsicherheit auf die Wirtschaftsaktivität zu quantifizieren, muss also berücksichtigt werden, dass sich der beobachtete Unsicherheitsanstieg möglicherweise zu Teilen durch Änderungen in der wirtschaftlichen Aktivität ergeben hat. So kann es in wirtschaftlichen Abschwüngen ren tabler sein, neue Produktideen auszuprobieren; Firmen leiten mehr Ressourcen in Richtung Forschung und Entwicklung um, was die Unsicherheit auf der Firmen ebene erhöhen kann (vgl. Bachmann und Moscarini 2012). Um die Effekte von Unsicherheit zu analysieren, müssen also Änderungen in der Unsicherheit betrachtet werden, die unabhängig von der Wirtschaftsaktivität auftreten. Mit Hilfe eines vektorautoregressiven Modells (VAR) können solche unabhängigen Änderungen in der Unsicherheit identifiziert werden. Es wird für jeden Wirtschaftsbereich jeweils ein VAR geschätzt. Dieses enthält jeweils vier Variablen: unser Maß für Firmenunsicherheit für den betreffenden Wirtschaftsbereich, den Umsatz im jeweiligen Wirtschaftsbereich als Maß für die Aktivität 12, den EONIA- Zins als Maß für die Geldpolitik und einen Index für die Produzentenpreise (PPI). 13 Im Folgenden betrachten wir die Effekte eines exogenen 14 Anstiegs der Firmenunsicherheit im jeweiligen Wirtschaftsbereich um ein Prozent auf den Umsatz im entsprechenden Bereich. Zum Vergleich: die Unsicherheit ist von ihrem Tiefpunkt vor dem Ausbruch der Finanzkrise im Juli 2007 bis zum Hochpunkt im August 2009 um 25% gestiegen. Hierbei muss aber 12 In dieser Studie werden die Umsätze statt, wie üblicherweise, der Produktion als Aktivitätsmaß verwendet. Da wir uns die Reaktion des jeweiligen Wirtschaftsbereichs auf Unsicherheitsanstiege anschauen, möchten wir ein Aktivitätsmaß verwenden, das für alle Bereiche verfügbar ist. Für die Umsätze für das Verarbeitende Gewerbe, den Einzel- und sowie den Dienstleistungssektor gibt es saisonbereinigte Reihen von offizieller Seite; die Umsätze im wurden von uns mit X12-ARIMA saisonbereinigt. 13 Unsicherheit, Umsätze und Preise gehen in Logarithmen ein. Das VAR wird mit zwölf Verzögerungen für den Zeitraum von März 2005 bis Januar 2017 mit Hilfe von Bayesianischen Methoden geschätzt. Der recht kurze Zeitraum ist der Datenverfügbarkeit im Dienstleistungsbereich geschuldet. In der Notation von Banbura et al. (2010) wird der prior belief δ unc für Unsicherheit auf 0 gesetzt und die prior beliefs δ i für die restlichen Variablen i auf 1. Der Hyperparameter λ wird auf 0.25 gesetzt. 14 Die exogene Veränderung wird mit Hilfe einer rekursiven Anordnung der Variablen (Cholesky Zerlegung) identifiziert. Die Reihenfolge der Variablen lautet: Unsicherheit, Umsätze, Preise und Zinsen. Die Anordnung ergibt sich daraus, dass die zur Berechnung der Unsicherheit zugrunde liegenden Umfragedaten bis zur Mitte eines Monats abgefragt werden, so dass die Firmen noch keine vollständigen Informationen über die Umsätze, Preise und Zinsen im laufenden Monat haben (vgl. Leduc und Liu 2016; Grimme 2017). Das führt dazu, dass die restlichen Variablen kontemporär auf einen unerwarteten Anstieg der Unsicherheit reagieren. Tab. 3 Korrelationen der Streuungsmaße mit den Umsätzen Umsatz Gewerbe Streuungsmaß Wirtschaft Wirtschaft inkl. Dienstleitungen Gewerbe 0, ,40 0,33 0,63 0,44 0,31 0,40 0,34 0,67 0, , , Soweit es die Datenverfügbarkeit bei den Umsatzreihen zulässt, sind die Korrelationen für den Zeitraum März 1991 bis April 2017 berechnet. Die Umsätze gehen in Veränderungsraten gegenüber dem Vorjahr ein. Quelle: ifo Konjunkturumfragen; Statistisches Bundesamt; Berechnungen des ifo Instituts. 22
5 Abb. 3 Reaktion der Umsätze auf einen Anstieg der firmenspezifischen Unsicherheit Gewerbe 0,6 0,4-0,4-0,6-0,8-1,0-1,2-0,4-0,5 0,3-0,4-0,6-0,8-1,0-1,2-1,4 Die Line stellt die Medianantwort des jeweiligen Umsatzes auf einen unerwarteten Unsicherheitsanstieg im entsprechenden Wirtschaftszweig in Höhe von einem Prozent dar. Die blauen Flächen entsprechen den 68%-Fehlerbändern. Die Impulsantworten werden aus Ziehungen generiert. berücksichtigt werden, dass ein beträchtlicher Teil dieses Anstieges endogen, also verursacht durch andere Faktoren, erklärt werden kann (vgl. Born, Breuer und Elstner 2014). Die Reaktion der Umsätze in den einzelnen Wirtschaftsbereichen wird in Abbildung 3 dargestellt. Die Linie stellt jeweils die Medianantwort dar. Die blau schattierten Flächen sind die 68%-Fehlerbänder. Die Umsätze im Verarbeitenden Gewerbe, im und im Bau fallen kontinuierlich für ein halbes Jahr nach einem exogenen Anstieg der Unsicherheit. Die Bewegung zurück auf den jeweiligen Pfad vor dem Schock fällt recht langsam aus: für das Verarbeitende Gewerbe ist sie nach etwa eineinhalb Jahren abgeschlossen, für den Bau nach ungefähr drei Jahren, im bleiben die Umsätze persistent darunter. Nach einem Unsicherheitsschock gehen die Umsätze im und bei den Dienstleistern sogar fast ein Jahr lang immer weiter zurück. Zu beachten ist hierbei, dass sich der Umsatz im das erste halbe Jahr fast gar nicht verändert, erst in den sechs n danach kommt es zu einem signifikanten Rückgang. Sowohl im als auch im Dienstleistungssektor dauert die Bewegung zurück zum alten Pfad ein weiteres Jahr. Quantitativ fallen die maximalen Rückgänge der Umsätze im Verarbeitenden Gewerbe und im Bau am stärksten aus. Hier fallen die Umsätze bis zu einem Prozent. Der maximale Rückgang der Umsätze bei den Dienstleistern beträgt 0,3%, beim Einzel- und jeweils %. Um zu verdeutlichen, wie quantitativ bedeutsam Firmenunsicherheit ist, Fluktuationen in den Umsätzen zu erklären, wird eine Prognosefehler-Varianz- 23
6 Tab. 4 Beiträge von exogenen Änderungen der firmenspezifischen Unsicherheit (im jeweiligen Wirtschaftsbereich zur Erklärung von Schwankungen der Umsätze im entsprechenden Wirtschaftsbereich) Gewerbe 1 Monat 1,2 1,6 2,4 3 3,7 3,4 1,5 2,0 9, ,0 1,2 11,1 17,5 12,3 23,3 4,4 19,5 26, ,6 29,3 5,4 22,2 21,2 Anmerkung: Beiträge von Unsicherheitsschocks im jeweiligen Wirtschaftsbereich zur gesamten Prognosefehlervarianz der Umsätze des entsprechenden Wirtschaftsbereiches. Angaben sind in Prozent. Es werden die Medianbeiträge für verschiedene Prognosehorizonte präsentiert. änderung des BIP nach einem unerwarteten Anstieg der Unsicherheit um 1%. Das BIP fällt drei Quartale kontinuierlich; der maximale Rückgang beträgt 5%. Nach etwa zwei Jahren ist das BIP dann wieder auf dem Pfad, der vor dem Schock bestand. Eine Varianzzerlegung ergibt, dass Unsicherheit bis zu 10% der Schwankungen im BIP erklären kann. SCHLUSSFOLGERUNGEN zerlegung für verschiedene Prognosehorizonte durchgeführt. Tabelle 4 zeigt, dass unerwartete Änderungen in der Firmenunsicherheit im Verarbeitenden Gewerbe zum Teil über % der Umsatzschwankungen erklären können. Unsicherheit bei den Dienstleistern macht bis zu einem Viertel der Fluktuationen der Umsätze im Dienstleistungssektor aus. Im Bau hat Unsicherheit einen Erklärungsbeitrag von bis zu 20%, im bis zu 30%. Lediglich im fällt der Beitrag der Unsicherheit zur Varianz der sumsätze mit maximal 5% etwas geringer aus. Abschließend wird ein weiteres VAR geschätzt, um eine Aussage darüber treffen zu können, wie stark das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) von einem plötzlichen Anstieg der Unsicherheit betroffen ist. Das Modell enthält die folgenden vier Variablen: Firmenunsicherheit in der n Wirtschaft, BIP, BIP-Deflator und den EONIA-Zins. 15 Abbildung 4 zeigt die Ver- 15 Unsicherheit, BIP und BIP-Deflator gehen in Logarithmen ein. Die monatliche Unsicherheitsreihe wird auf Quartalsfrequenz als Durchschnitt der drei aggregiert. Das VAR wird mit vier Verzögerungen für den Zeitraum vom ersten Quartal 1991 bis zum ersten Quartal 2017 mit Hilfe von Bayesianischen Methoden geschätzt. Die exogene Veränderung der Unsicherheit wird mit Hilfe einer rekursiven Anordnung der Variablen (Cholesky Zerlegung) identifiziert. Die Reihenfolge der Variablen lautet: Unsicherheit, Bruttoinlandsprodukt, Preise und Zinsen. Abb. 4 Reaktion des Bruttoinlandsprodukts auf einen Anstieg der firmenspezifischen Unsicherheit Quartale Die Linie stellt die Medianantwort des Bruttoinlandsprodukts auf einen unerwarteten Unsicherheitsanstieg in der n Wirtschaft in Höhe von einem Prozent dar. Die blaue Fläche entspricht den 68%-Fehlerbändern. Die Impulsantworten werden aus Ziehungen generiert. In dieser Studie wurden Maße der Firmenunsicherheit vorgestellt, die die Unsicherheit in einzelnen Wirtschaftsbereichen abbilden. Mit ihnen kann auch die Unsicherheit in der Gesamtwirtschaft gemessen werden. Unsicherheit auf der Firmenebene kann einen beträchtlichen Teil der Schwankungen der Umsätze und des Bruttoinlandsprodukts in Deutschland erklären. In Zukunft werden die Maße regelmäßig jeden Monat im Rahmen der Ergebnisse der ifo Konjunkturumfragen veröffentlicht. LITERATUR Bachmann, R., B. Born, St. Elstner und Chr. Grimme (2013),»Time-Varying Business Volatility, Price Setting, and the Real Effects of Monetary Policy«, CEPR Discussion Paper Nr Bachmann, R., St. Elstner und E. R. Sims (2013),»Uncertainty and economic activity: Evidence from business survey«, American Economic Journal: Macroeconomics 5, Bachmann, R. und G. Moscarini (2012),»Business Cycles and Endogenous Uncertainty«, Working Paper. Baker, S., N. Bloom und S. Davis (2016),»Measuring Economic Policy Uncertainty«, The Quarterly Journal of Economics 131(4), Banbura, M., D. Giannone und L. Reichlin (2010),»Large Bayesian Vector Auto Regressions«, Journal of Applied Econometrics 25(1), Berg, T. 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Europäische Kommission (2013),»Highlight: Using Survey Data for Measuring Uncertainty«, European Business Cycle Indicators, Grimme, Chr. (2017),»Uncertainty and the Cost of Bank vs. Bond Finance«, MPRA Working Paper Grimme, Chr. und St. Henzel (2017),»Non-Linear Effects of Uncertainty and Real Fluctuations«, unveröffentlichtes Manuskript, ifo Institut. 24
7 Grimme, Chr., St. Henzel und S. Bonakdar (2015),»Zum Einfluss von Unsicherheit auf die deutsche und österreichische Konjunktur«, Wirtschaftspolitische Blätter 62(4), Grimme, Chr., St. Henzel und E. Wieland (2014),»Inflation Uncertainty Revisited: A Proposal for Robust Measurement«, Empirical Economics 47(4), Grimme, Chr. und M. Stöckli (2017),»Makroökonomische Unsicherheit in Deutschland«, ifo Schnelldienst 70(6), 41. Henzel, St. und M. Rengel (im Erscheinen),»Dimensions of Macroeconomic Uncertainty: A Common Factor Analysis«, Economic Inquiry. Jurado, K., S. C. Ludvigson und S. Ng (2015),»Measuring Uncertainty«, American Economic Review 105, Kalckreuth, U. von (2003),»Exploring the role of uncertainty for corporate investment decisions in Germany«, Swiss Journal of Economics 139(2), Klepsch, C. (2016),»How Asset Irreversibility Influences the Investment-Uncertainty Relationship«, Working Paper LMU München. Leduc, S. und Z. Liu (2016),»Uncertainty Shocks are Aggregate Demand Shocks«, Journal of Monetary Economics 82, Meinen, P. und O. Röhe (im Erscheinen),»On Measuring Uncertainty and its Impact on Investment: Cross-country Evidence from the Euro Area«, European Economic Review. Popescu, A. und F. Smets (2010),»Uncertainty, Risk-taking, and the Business Cycle in Germany«, CESifo Economic Studies 56(4), Rieth, M., C. Michelsen und M. Piffer (2016),»Unsicherheitsschock durch Brexit-Votum verringert Investitionstätigkeit und Bruttoinlandsprodukt im Euroraum und Deutschland«, DIW Wochenbericht 32+33, Wollmershäuser, T., W. Nierhaus, N. Hristov, D. Boumans, J. Garnitz, M. Göttert, Chr. Grimme, St. Lauterbacher, R. Lehmann, W. Meister, M. Reif, F. Schröter, A. Steiner, M. Stöckli, K. Wohlrabe und A. Wolf (2016),»ifo Konjunkturprognose : Robuste deutsche Konjunktur vor einem Jahr ungewisser internationaler Wirtschaftspolitik«, ifo Schnelldienst 69(24),
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Uncertainty, Financial Frictions, Business Cycles, Forecast of Germany s Foreign Trade, Empirical Macroeconomics.
Dr. Christian Grimme Economist Ifo Institute Ifo Center for Business Cycle Analysis and Surveys Poschingerstraße 5 81679 München Phone: +49(0)89/9224-1285 Fax: +49(0)89/9224-1460 Email: grimme @ ifo.de
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ifo Geschäftsklima Ergebnisse der ifo Konjunkturumfragen im Juli 217 ifo Geschäftsklimaindex auf Rekordhoch München, 25. Juli 217 Die Stimmung in den deutschen Chefetagen ist euphorisch. Der ifo Geschäftsklimaindex
ifo Geschäftsklimaindex steigt
ifo Geschäftsklima Ergebnisse der ifo Konjunkturumfragen im April 217 ifo Geschäftsklimaindex steigt München, 24. April 217 Die Stimmung in den deutschen Chefetagen hat sich erneut verbessert. Der ifo
Salden
Entwicklung des Geschäftsklimas Entwicklung der Geschäftslage +5 6 2 +38 +34 +3 6-6 -18 2 6-3 3 +19 +17 5 +19 3-1 +11 + +1 +5 6 2 +38 +34 +3 6-6 -18 2 6-3 3 +38 +3 +32 +38 +13 +35 +35 +35 +11 +31 +32 +13
ifo Geschäftsklima erklimmt ein neues Hoch
ifo Geschäftsklima Ergebnisse der ifo Konjunkturumfragen im Oktober 217 ifo Geschäftsklima erklimmt ein neues Hoch München, 25. Oktober 217 Die Stimmung in den deutschen Chefetagen hat ein neues Allzeithoch
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