Vorwort. Liebe Leserinnen und Leser,
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- Babette Otto
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1 Einleitung Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, Arbeitswelt und seelische Gesundheit sind miteinander verflochten; das ist in der Fachwelt schon lange unbestritten. Arbeit kann einerseits krank machen und zugleich führt der Verlust von Arbeit oft zu schweren seelischen Belastungen, weil das Selbstwertgefühl und die soziale Anerkennung bei den Betroffenen mehr und mehr verloren gehen. Isolation und Verarmung können die Folge sein. Eine solche Situation kann alle Menschen treffen. Die mangelnde Teilhabe am Arbeitsleben von psychosozial bereits vorbelasteten und chronisch psychisch kranken Menschen ist dabei jedoch ein besonders gravierendes Problem. So führen mangelnde Perspektiven auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt viele seelisch erkrankte Menschen meist nach kurzer Zeit in die stationäre Behandlung zurück. Mangelndes Wissen über psychische Krankheiten und unzureichende Kompetenz im Umgang mit seelisch Erkrankten bei den zuständigen Behörden, Beschäftigungsträgern und Unternehmen tragen zusätzlich dazu bei, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen nicht in Arbeit oder Zuverdienst vermittelt werden können. Schließlich führt die Beteiligung unterschiedlichster Kostenund Leistungsträger dazu, dass die Strukturen der Hilfe und Angebote für die Betroffenen geradezu unüberschaubar sind. An dieser Stellen setzen die drei Projekte Netzwerk Arbeit und seelische Gesundheit, Lotsen für Arbeit und Cosmos an. Oberstes Ziel ist es, Menschen mit seelischen Beeinträchtigungen in Arbeit bzw. sinnstiftende Beschäftigung zu vermitteln. Die Projekte setzten dabei an der oft verkannten Tatsache an, dass seelisch erkrankte Menschen ebenso wie nicht erkrankte Menschen durchaus über wertvolle Ressourcen verfügen, jedoch geschützte Bedingungen für ihre Arbeit benötigen. Mit diesem Fokus werden die drei Projekte kurz dargestellt. 7
2 Individuelle Begleitung in den Arbeitsmarkt 8 Netzwerk Arbeit und seelische Gesundheit Das von drei Lichtenberger Trägern (Albatros gemeinnützige Gesellschaft für soziale und gesundheitliche Dienstleistungen mbh, WIB - Weißenseer Integrationsbetriebe GmbH sowie LWB - Lichtenberger Werkstatt für Behinderte ggmbh) initiierte Kooperationsprojekt Netzwerk Arbeit und seelische Gesundheit bietet Lichtenberger Bürger/inne/n mit psychischen Beeinträchtigungen eine unabhängige Beratung rund um das Thema Arbeit und Beschäftigung an. Durch das Projekt, welches über ESF-Mittel und Gelder des JobCenters Lichtenberg von 2010 bis 2013 gefördert ist, wurde erstmals eine bezirkliche Anlaufstelle für Menschen geschaffen, die in Lichtenberg wohnen, grundsätzlich erwerbsfähig sind bzw. sein wollen, aber durch psychische Erkrankung und/oder Suchtmittelkonsum bisher keine Arbeit gefunden haben. Viele dieser Menschen sind durch ihre Beeinträchtigungen langzeitarbeitslos und können sich nicht ohne gezielte Unterstützung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Perspektive erarbeiten. Bestehende Unterstützungsangebote erreichen diese Menschen oft nicht, da die Zugangswege der verschiedenen Kosten- und Leistungsträger recht unübersichtlich sind. Das Projekt basiert auf drei zentralen Säulen: Zum Einen bietet es eine Anonyme Kurzberatung an, bei der sich Menschen niedrigschwellig und bei Bedarf anonym zu ihren beruflichen Fragen beraten lassen können. Nach fast drei Jahren haben über 930 Beratungen stattgefunden. Die Ratsuchenden haben Unterstützung erhalten, für sich neue Perspektiven und Lösungen zu entwickeln. Daneben können in enger Zusammenarbeit mit dem JobCenter Lichtenberg Interessierte auch über einen längeren Zeitraum von neun Monaten individuell begleitet werden. So haben im Ergebnis 15 Personen aus der Individuellen Begleitung eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und weitere 30 Personen auf dem zweiten Arbeitsmarkt (Zuverdienst, Ehrenamt, Werkstatt für behinderte Menschen) aufgenommen. Für andere Teilnehmer/innen stand zunächst häufig eine therapeutische Anbindung oder die Integration in das psychosoziale Hilfesystem im Vordergrund, um so die Vor-
3 Einleitung aussetzung für eine Arbeitsaufnahme zu einem späteren Zeitpunkt zu schaffen. In der Arbeit wurde oft deutlich, dass solche Prozesse längere Zeiträume in Anspruch nehmen, um zum Erfolg zu führen. Die dritte Säule fokussiert die Vernetzung aller im Bereich Arbeit und Beschäftigung tätigen Akteure des Bezirks Lichtenberg, um z. B. geeignete Praktikums- und Beschäftigungsmöglichkeiten für die Zielgruppe zu erschließen sowie stabile Kooperationen mit möglichen Arbeitgebern aufzubauen. In diesem Zusammenhang fand die Veranstaltungsreihe Arbeit ist MEHR als der Lohn in der Tüte viel Resonanz. Kontakt: Netzwerk Arbeit und seelische Gesundheit Normannenstraße Berlin Fon: Web: Lotsen für Arbeit und Cosmos Menschen mit psychischen Erkrankungen die Aufnahme einer Arbeit oder das Erproben von Arbeiten behutsam zu ermöglichen ist das Ziel der Projekte Cosmos in Friedrichshain-Kreuzberg und Lotsen für Arbeit in Treptow-Köpenick, für das sich auch die jeweiligen Stadträtinnen/-räte stark machten, indem sie die PEB-Projekte befürworteten und ab Mitte 2011 die bezirkliche Kofinanzierung für die ESF-Mittel gewährten. Eine Bereicherung der bezirklichen Netzwerke Arbeit und Gemeindepsychiatrie wurde erwartet. So vielfältig Betroffene von psychischen Erkrankungen als Personen sind, so vielfältig sind auch ihre Hintergründe, die persönlichen und gesundheitlichen ebenso wie die rechtlich-wirtschaftlichen. Sie bilden zusammen mit den möglichen Angeboten zur Aufnahme einer Arbeit oder Beschäftigung eine Ausgangslage, die es Betroffenen oft sehr schwer macht sich zu orientieren und aus Wünschen und Möglichkeiten umsetzbare Handlungsschritte für sich zu entwickeln. Von einer Bestandsaufnahme zu einer konkreten Entscheidung für eine Beschäftigung ist oft ein langer Weg zu bewältigen. Hier setzte die Beratung der PEB-Projekte an. Das Projekt Cosmos war durch seine Lage und die Einbindung der Mitarbeiter/innen in die lokalen Kreuzberger Arbeits- und Psy- 9
4 Individuelle Begleitung in den Arbeitsmarkt 10 chiatrienetzwerke prädestiniert für die kompetente und authentische Erprobung von Arbeit in jeder Lebenslage, beispielsweise im Rahmen von Zuverdienstarbeit in den verschiedensten Facetten. Durch die Beratung der KBS oder Empfehlung der Maßnahmebegleiter/innen von AGH-Maßnahmen war für Cosmos der Schritt von Beratenen zu Interessierten und schließlich zu Projektteilnehmenden ein kleiner. Angesprochen fühlten sich aus diesem Kontext viele junge Menschen. Zu den originären Projektleistungen gehörten in der Regel die Klärung der gesundheitlichen Disposition, vor allem der Belastbarkeit, ebenso wie die praktische berufliche Orientierung über Hospitationen oder Praktika in den Zweckbetrieben der ajb gmbh. Vielzählig und vielfältig waren die kurzen Beratungen auf anonymer Basis, die der grundsätzlichen Orientierung des Einzelnen im Alltag zwischen Arbeitsangebot und schützendem Kontakt dienten. Es galt Angebote und Begrenzungen zu prüfen, um deren Tauglichkeit für die Menschen auf realistische Füße zu stellen. Die zweite Beratungsqualität kam denen zugute, die über den ersten Kontakt hinaus Ideen für einen (Wieder-) Einstieg in Arbeit zu entwickeln vermochten. Im Dschungel von Angeboten, rechtlichen Verbindlichkeiten, Finanzierungshintergründen und eigenen Erfahrungen galt es Anhaltspunkte zu schaffen, die einen Weg und ein Weiterkommen greifbar machten. Gemeinsam wurden in der Intensivberatung Arbeits-Perspektiven ausgelotet und zwischen Belastung und Begeisterung abgewogen. Die Begleitung in allen Phasen des Entwickelns und Erprobens war die verlässliche Basis für die Teilnehmenden, das Coaching eine willkommene Entlastung. Kontakte in die Arbeitswelt, durch die Verankerung des Trägers in den bezirklichen Gesundheits- und Arbeitsnetzwerken ermöglicht, waren für Berater/innen wie Beratene eine wichtige Erfahrung, auch wenn sie nicht immer mit einer zielgerichteten Vermittlung in eine feste Arbeitsstelle abschlossen werden konnten. Vergleichbar funktionierte auch das Projekt Lotsen für Arbeit, das in Treptow-Köpenick mit der Kofinanzierung von KBS und Zuverdienst viele anonyme Kurzberatungen ermöglichen konnte und ebenfalls eingebettet war in Netzwerke der gemeindepsychiatrischen
5 Einleitung Versorgung und der Arbeitsangebote. Die Lots/inn/en navigierten Ratsuchende mit Wissen über psychische Erkrankungen einerseits und dem Gespür für Belastbarkeit, Kompetenzen und Ressourcen andererseits im Rahmen der Intensivberatung zur Konkretisierung ihrer ganz eigenen Wünsche und Ziele in Sachen Arbeit. Antragstellungen auf einen Grad der Behinderung oder Reha-Maßnahmen gehörten ebenso zum Beratungsportfolio wie Kontakte zu behandelnden Ärzt/inn/en, Jobcentern oder potenziellen Arbeitgeber/inne/n. Die Lots/inn/en motivierten, werteten Erfahrungen gemeinsam mit den Teilnehmenden aus und begleiteten ihre Wege z. B. zu beruflicher Reha, zur Arbeitserprobung oder zum JobCenter in vielfältiger Weise. Immer wieder galt es zwischen Überforderung und geringem Selbstvertrauen zu unterscheiden, zwischen Herausforderung und Rückzug den richtigen Kurs zu ermitteln und ein maßgeschneidertes Arbeitsangebot zu erzeugen. Im Lauf der Projektjahre wuchsen dadurch nicht nur die Beziehungen zu den Beratenen, sondern auch zu vielen am Prozess der Vermittlung in Arbeit beteiligten Akteur/inn/en, so dass sich ein neu ausgerichtetes Netzwerk feststellen lässt. Viele Wege wurden im Rahmen dieser Projekte erprobt und viele geebnet von hier aus könnte es gut so weiter gehen! Kontakt: Lotsen für Arbeit Friedenstraße Berlin Fon: Web: Kontakt: Cosmos Oranienstraße Berlin Fon: Web: Als richtig erwiesen hat sich der Gedanke, die Themen Arbeit und seelische Gesundheit ganzheitlich zu erfassen und in Form von drei zentralen Säulen 11
6 Individuelle Begleitung in den Arbeitsmarkt Anonyme Beratung, Individuelle Begleitung und Netzwerkarbeit zu bearbeiten. Die Erkenntnisse der von 2012 bis Ende 2013 formativ durchgeführten Evaluation werden in diesem Buch dargestellt, um die erhobenen Erkenntnisse der Fachwelt zur Verfügung zu stellen und zugleich einen Praxistransfer zu ermöglichen 1. Mit freundlichen Grüßen Ute Meybohm Geschäftsführerin ajb gmbh Britta Kehr Leitung Integrationsfachdienst Ost & Integrationsfachdienst für hörbehinderte Menschen WIB - Weißenseer Integrationsbetriebe GmbH Karin Hirdina Albatros gemeinnützige Gesellschaft für soziale und gesundheitliche Dienstleistungen mbh 12 1 Wir danken Dr. Sandra Obermeyer, Lichtenberger Bezirksstadträtin für Jugend und Gesundheit, für die Ermöglichung, einen Teil ihres Vorwortes aus der Broschüre Arbeit und seelische Gesundheit. Informationen und Angebote im Bezirk Lichtenberg hier verwenden zu dürfen.
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