Gemüsebau Info 12/2018
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- Carin Maier
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1 Extension Gemüsebau 12/ Mai 2018 Nächste Ausgabe am Inhaltsverzeichnis Pflanzenschutzmitteilung 1 Pflanzenschutzmitteilung Die warmfeuchten Bedingungen begünstigen jetzt das Auftreten verschiedener Pilzkrankheiten. Regelmässige Kulturkontrollen werden empfohlen. Foto 1: Erste Befallsmeldung mit Falschem Mehltau (Bremia lactucae) an Salaten (Foto: R. Total, Agroscope). Foto 2: In Einzelfällen treten jetzt schon SeptoriaBlattflecken (S. apiicola) an Sellerie auf (Foto: J. Rüegg, Agroscope). Foto 3: Verbräunte Spitzen am Laub von Sommerzwiebeln können auf Befall mit der SamtfleckenKrankheit (Cladosporium alliicepae) zurückgehen (Foto: C. Sauer, Agroscope). Foto 4: An Sommerlauch wurde Befall mit Papierflecken (Phytophthora porri) festgestellt. Typisch ist die wässriggrün gefärbte Zone zwischen abgestorbenem und gesundem Gewebe (Foto: C. Sauer, Agroscope). Foto 5: Aktuell Schadbild junger Ackerschnecken (Deroceras reticulatum) an Salat (Foto: C. Sauer, Agroscope). Foto 6: Zur Zeit Massenflug der Grünen Salatlaus (Nasonovia ribisnigri) in die Salatbestände (Foto: H.U. Höpli, Agroscope). Foto 7: Rapserdflöhe (Psylliodes chrysocephala) besiedeln jetzt Gemüsekulturen (Foto: C. Sauer, Agroscope). Foto 8: Erste Thripse (Thrips tabaci) sind jetzt in den Sommersätzen von Zwiebeln und Lauch zu finden (Foto: H.U. Höpli, Agroscope).
2 Aktuelle Situation bei der Kohlfliege (Delia radicum) Der Flug der ersten KohlfliegenGeneration war sehr verzettelt und an den meisten der überwachten Standorte in der Deutschschweiz schwächer als üblich. Aktuell stehen wir am Übergang von der ersten zur zweiten Kohlfliegen Generation. Nach dem Prognose Modell SWAT findet zur Zeit keine nennenswerte Eiablage der Kohlfliege mehr statt. In Befallslagen ist demnach frühestens ab Woche 23/24 mit der EiablageAktivität der nächsten Generation zu rechnen. Foto 9: Der Grossteil Teil der Kohlfliegen Population liegt jetzt als Larven oder Puppen vor (Foto: R. Total, Agroscope). Foto 10: Adulte Kohlmottenschildlaus und ihre Eigelege an der Unterseite eines BroccoliBlattes (Foto: R. Total, Agroscope). Flug der ersten Generation der Möhrenfliege nimmt ab An der Mehrzahl der überwachten Standorte in der Deutschschweiz wurde im Laufe der vergangenen Woche nur mehr ein schwacher oder kein Flug der Möhrenfliege (Psila rosae) festgestellt. Nur in Einzelfällen lagen die Fangzahlen noch über der Schadschwelle. Befall mit der Kohlmottenschildlaus nimmt jetzt zu Die sommerlichen Temperaturen der letzten Woche haben die EiablageAktivität der Weissen Fliege an Kohl (Aleyrodes proletella) begünstigt. Von verschiedenen Standorten wird jetzt eine deutliche Zunahme des Besatzes gemeldet. Kulturkontrollen von mindestens 5 Pflanzen am Feldrand und 5 Pflanzen weiter innen im Bestand pro Satz werden empfohlen. Die Schadschwelle liegt bei Weissen Fliegen pro Pflanze (Summe aus Adulten / Eigelegen / Larven). Fotos zu den Stadien der Weissen Fliege an Kohl finden Sie in der Gemüsebau Info 10/2018 vom 15. Mai 2018 auf der Seite 1. Wird die Schadschwelle erreicht, so ist eine Behandlung zu empfehlen. In Blumenkohlen, Kopfkohlen und Rosenkohl im Freiland sind mit einer Wartefrist von 3 Tagen gegen Kohlmottenschildläuse bewilligt: Bifenthrin (Capito Multi Insektizid, Talstar SC), Pyrethrine (Alaxon Gold, Deril, Sanoplant Bio Spritzmittel) sowie Sesamöl raffiniert + Pyrethrine (Parexan N, Pyrethrum FS, Sepal). Mit 1 Woche Wartefrist können das nützlingsschonendere Pymetrozine (Plenum WG) und Rapsöl + Pyrethrine (BIOHOP DelTRUM, Spruzit Schädlingsfrei) verwendet werden. Bei den Pyrethroiden LambdaCyhalothrin (verschiedene) und zetacypermethrin (ArboRondo ZC 1000, Fury 10 EW), bei Spirotetramat (Movento SC) und Thiacloprid (Biscaya) beträgt die Wartefrist in den genannten Kulturen 2 Wochen. In Rosenkohl ist ferner Azadirachtin A (verschiedene) mit einer Wartefrist von 2 Wochen bewilligt. Bitte beachten Sie die maximal bewilligte Anzahl Behandlungen bei den einzelnen Produkten. Hauptflug der 1. Generation der Kohldrehherzgallmücke beginnt An zwei der überwachten Standorte im Kanton Zürich lagen die Fallenfangzahlen der Pheromonfallen gestern bereits sehr deutlich über der Schadschwelle von 10 Mücken pro Falle und Woche (Durchschnitt aus 2 Fallen). Beginnen Sie spätestens jetzt mit der Fallenüberwachung. Ab sofort muss in gefährdeten Lagen mit einem verstärkten Einflug der Kohldrehherzgallmücke gerechnet werden. Informationen zu Biologie, Schadsymptomen und Bekämpfung können dem Merkblatt «Die Kohldrehherzgallmücke» im Anhang der heutigen Mail entnommen werden. Foto 11: Verkrüppelte Herzblättchen an Broccoli gehen auf Befall mit der Kohldrehherzgallmücke (Contarinia nasturtii) zurück (Foto: C. Sauer, Agroscope). Zur Bekämpfung der Kohldrehherzgallmücke in Broccoli, Kohlrabi und Rosenkohl kann eines der bewilligten Pyrethroide (verschiedene, Wartefrist 2 Wochen) verwendet werden. Es wird eine Reihenbehandlung mit 500 l/ha empfohlen, wobei auf eine gute Benetzung der Pflanzenherzen zu achten ist. Beachten Sie auch die weiteren Auflagen! Ferner können die Wirkstoffe Spinosad (Audienz, BIOHOP AudiENZ, Wartefrist 1 Woche) und Spirotetramat (Movento SC, Wartefrist 2 Wochen) eingesetzt werden. BiO: In Befallslagen sollten Neupflanzungen umgehend mit Netzen gedeckt werden. 2 Extension Gemüsebau 12/ Mai 2018
3 Foto 12: Schaden der Rübenmotte (Scrobipalpa ocellatella) an den Herzblättern von Mangold (Foto: C. Sauer, Agroscope). Rübenmotte Hauptflug der 1. Generation in der Deutschschweiz In Befallslagen hat in der letzten Woche der Hauptflug der Rübenmotte begonnen. In den nächsten ein bis zwei Wochen ist mit dem Schlupf der Larven zu rechnen. Diese legen in den Blattstielen z.b. von Mangold dunkle Frassgänge an und spinnen sich später zwischen den Herzblättern ein. Weitere Informationen über die Rübenmotte finden Sie in der 17/2017 vom 4. Juli 2017 auf den Seiten 78. Zur Bekämpfung der Rübenmotte: Ernterückstände sollten möglichst rasch zerkleinert und eingearbeitet werden. Mit einer tiefen Pflugfurche werden im Boden oder in Pflanzenresten überwinternde Puppen und Larven teilweise zerstört oder in tiefere Bodenschichten verfrachtet und so ihr Schlupf weitestgehend verhindert. Beregnung kann nachweislich zu einer Reduktion des Befallsdrucks führen, da verschiedene Stadien der Rübenmotte empfindlich auf feuchte Bedingungen reagieren. Bei hoher Feuchtigkeit erhöht sich beispielsweise die Mortalität der Larven. Für die Bekämpfung der Rübenmotte an Mangold sind zur Zeit keine Insektizide bewilligt. Aufgrund der versteckten Lebensweise der Larven ist eine chemische Bekämpfung äusserst schwierig. Alle Angaben ohne Gewähr. Bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln sind die jeweiligen Anwendungshinweise, Auflagen und Wartefristen einzuhalten. Im Zuge der Überprüfung bewilligter Pflanzenschutzmittel werden viele Indikationen und Auflagen angepasst. Es wird empfohlen, vor jedem Gebrauch DATAphyto oder die BLWDatenbank zu konsultieren. Resultate der Gezielten Überprüfung sind auf der BLWHomepage zu finden unter: Schädling / Krankheit Hinweis Aktivitäten Stand Pflanzenschutzempfehlungen für die genannten Kulturen vor 6 Tagen aktuell DATAphyto / Dokumente / PflanzenschutzmittelListen * Merkblatt FiBL** Schnecken (Deroceras reticulatum, Arion spp.) S Dokumente / Allgemeine Informationen S. 8 (7) Blattläuse (Aphis fabae, Myzus persicae, Cavariella aegopodii) verschiedene Kulturen S. 36 (4), S. 53 (10), S. 61 (10), S. 68 (5) Erd/Eulenraupen, (Agrotis segetum / Autographa gamma) + Eier, Larven und Falter Blumen und Kopfkohle / Rosen und Blattkohle / Kohlrabi + Eier, Larven und Falter verschiedene Kulturen S. 6 (5), S. 21 (6), S. 37 (5), S. 42 (5) Kohldrehherzgallmücke (Contarinia nasturtii) S S. 14 (9) Kohlrübenblattwespe (Athalia rosae)!*)!*) 24 S. 16 (12) Blumen und Kopfkohle / Rosen und Blattkohle / Kohlrabi /Speisekohlrüben / Radies / Rettich / Rucola Erdflöhe, Kugelspringer (Phyllotreta spp., Psylliodes chrysocephala, Sminthuridae) S , 68 S. 13 (7) Blumen und Kopfkohle / Rosen und Blattkohle / Kohlrabi / Speisekohlrüben / Radies / Rettich Kohlfliege (Delia radicum) S S. 15 (11) Extension Gemüsebau 12/ Mai
4 Schädling / Krankheit Hinweis Aktivitäten Stand Pflanzenschutzempfehlungen für die genannten Kulturen vor 6 Tagen aktuell DATAphyto / Dokumente / PflanzenschutzmittelListen * Merkblatt FiBL** Blumen und Kopfkohle / Rosen und Blattkohle / Kohlrabi / Radies / Rettich / Rucola Mehlige Kohlblattlaus (Brevicoryne brassicae) , 68 S. 13 (8) Grüne Pfirsichblattlaus (Myzus persicae) , 68 Kohlmottenschildlaus (Aleyrodes proletella) S , 68 S. 15 (10) Kohlraupen (Mamestra brassicae, Plutella xylostella, Pieris spp.) ++ Falter, Eier u. Raupen ++ Falter, Eier u. Raupen 24, 68 S. 12 (6) Falscher Mehltau (Peronospora parasitica) Blumen und Kopfkohle / Rosen und Blattkohle / Kohlrabi 24, 68 S. 11 (4) Kohlschwärze (Alternaria brassicae) + 24 S. 11 (5) Kopfsalate / Blattsalate Grüne Salatlaus (Nasonovia ribisnigri) S S. 7 (6) Eulenraupen, SchattenwicklerRaupen (Autographa gamma, Cnephasia spp.)!*)!*) 910 S. 6 (5) Salatwurzellaus (Pemphigus bursarius)!*) 910 S. 5 (4) Falscher Mehltau (Bremia lactucae) S. 1!*) S. 5 (3) Lauch / Zwiebeln / Knoblauch / Schnittlauch Lauchmotte (Acrolepiopsis assectella) Falter, 2. Generation 3234, 40 S. 31 (3), Zwiebelthrips (Thrips tabaci) S , 40 S. 29 (6), S. 31 (4) Zwiebeln Falscher Mehltau (Peronospora destructor) 33 S. 28 (4) Samtflecken (Cladosporium alliicepae) S Lauch Papierflecken (Phytophthora porri) S. 1!*) + 32 S. 30 (1) 4 Extension Gemüsebau 12/ Mai 2018
5 Schädling / Krankheit Hinweis Aktivitäten Stand Pflanzenschutzempfehlungen für die genannten Kulturen vor 6 Tagen aktuell DATAphyto / Dokumente / PflanzenschutzmittelListen * Merkblatt FiBL** Grüne und weisse Spargeln Spargelhähnchen, käfer (Crioceris asparagi, C. duodecimpunctata) ++ + Karotten / Knollenfenchel / Knollensellerie, Stangensellerie / Wurzelpetersilie Möhrenfliege (Psila rosae) Gierschblattläuse (Cavariella aegopodii) Knollensellerie, Stangensellerie S , , 41 S. 34 (3) S. 20 (3) SeptoriaBlattflecken (Septoria apiicola) Petersilie S. 1 + Falscher Mehltau (Plasmopara umbelliferarum) Knollenfenchel RamulariaBlattfleckenkrankheit (Ramularia sp.) Spinat Falscher Mehltau (Peronospora farinosa f.sp. spinaciae) Schnittmangold / Krautstiel Rübenmotte (Scrobipalpa ocellatella) RamulariaBlattfleckenkrankheit (R. beticola) Erbsen + +!*) ++ S. 3!*) S. 24 (3) S. 41 (2) +!*) Erbsenblattlaus (Acyrtosiphon pisum)!*)!*) 24 Falscher Mehltau (Peronospora vicia f.sp. pisi) Extension Gemüsebau 12/ Mai
6 Schädling / Krankheit Hinweis Aktivitäten Stand Pflanzenschutzempfehlungen für die genannten Kulturen vor 6 Tagen aktuell DATAphyto / Dokumente / PflanzenschutzmittelListen * Merkblatt FiBL** Tomaten / Auberginen LiriomyzaMinierfliegen (Liriomyza spp.) + + Tomatenminiermotte (Tuta absoluta) Gurken / Paprika / Auberginen Behaarte Wiesenwanze, Grüne Reiswanze (Lygus rugulipennis, Nezara viridula) Marmorierte Baumwanze (Halyomorpha halys)!*)!*) + +!*)!*) 29, 31 29, , 30, 31 S. 62 (12) S. 64 (15) S. 50 (13) S. 71 (12) Blattläuse (Aulacorthum solani, Myzus persicae, Macrosiphum euphorbiae, Aphis gossypii) Bohnen / Gurken / Auberginen , 30, 31 S. 53 (10), S. 61 (10), S. 68 (5) Spinnmilben, Thripse (T. urticae, T. tabaci, F. occidentalis) Gurken / Tomaten / Auberginen , 25,31 S. 51 (7), S. 52 (9), Weisse Fliege (Trialeurodes vaporariorum) Bohnen , 29, 31 S. 52 (8) S. 62 (11) Schwarze Bohnenblattlaus (Aphis fabae) Auberginen S. 36 (4) Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata) Tomaten / Paprika Gemüseeule +!*) (Lacanobia oleracea) 29, 30 Tomaten Graufäule (Botrytis cinerea) + + Samtfleckenkrankheit (Cladosporium fulvum) Echter Mehltau (Oidium neolycopersicum) Gurken / Zucchetti !*)!*) 29 S. 64 (14) S. 70 (11) S. 59 (5) S. 60 (7) S. 60 (8) Echter Mehltau (Podosphaera fuliginea/ Erysiphe cichoracearum) , 26 S. 49 (5) 6 Extension Gemüsebau 12/ Mai 2018
7 Merkblatt Die Kohldrehherzgallmücke (Contarinia nasturtii) (Kieffer): September 2010 Autoren Cornelia Sauer Simone Fähndrich Abb.1: Weibchen der Kohldrehherzgallmücke bei der Eiablage. Die erwachsenen Mücken sind maximal 2 mm gross (Foto: T. Haye, CABI). Impressum Herausgeber: Extension Gemüsebau Forschungsanstalt Agroscope ChanginsWädenswil ACW, 8820 Wädenswil , ACW Fotos P. Abram R. Eder T. Haye H.U. Höpli J. Samietz C. Sauer R. Total Entwicklung und Lebensweise Die Kohldrehherzgallmücke (Contarinia nasturtii) befällt verschiedene Kreuzblütler, insbesondere Broccoli, Kohlrabi und Rosenkohl, ferner Kopfkohl, Blumenkohl, Wirz, aber auch Raps, Senf und Unkräuter wie Hederich, Hirtentäschel, Ackersenf und Ackerhellerkraut. Für ihre Entwicklung sind Temperaturen über 20 C und Feuchtigkeit günstig. Seit Mitte der 90er Jahre tritt der Schädling im Schweizer Gemüsebau verstärkt auf. In der Deutschschweiz entwickeln sich 4 bis 5 Generationen pro Jahr (Grafik 1, S.2). Die Puppen der Kohldrehherzgallmücken überwintern im Boden in einem Erdkokon auf den Kohl und Rapsfeldern des Vorjahres. Im darauffolgenden Frühling beginnen dort die erwachsenen Mücken mit dem Schlupf, der in Jahren mit frühem Vegetationsbeginn ab Ende April, in normalen Jahren aber ab Mitte bis Ende Mai beginnt. Der Schlupf dieser 1. Generation des Jahres kann sich über 10 bis 12 Wochen erstrecken. Nach der Paarung legen die Weibchen bis zu 20 winzige, durchsichtige Eier zwischen den jüngsten Blättchen am Vegetationspunkt der Pflanze ab (Abb.1 oben und Abb.2, S.2). Nach 34 Tagen schlüpfen daraus die Mückenlarven als gelbliche, fusslose Maden. Diese lösen die obersten Zellschichten der jungen Pflanzenorgane mit ihrem Speichel auf und ernähren sich vom austretenden Zellsaft (Abb.3, S.2).
8 Merkblatt Nach 814 Tagen lassen sich die ausgewachsenen Larven auf den Boden fallen, wo sie sich in wenigen Zentimetern Tiefe verpuppen. Cirka 14 Tage später schlüpft die nächste Generation. Im Sommer dauert dieser Entwicklungszyklus etwa 4 Wochen. Meist überlappen sich die Generationen. Grafik 1: Flugkurve der Kohldrehherzgallmücke mit 5 Generationen auf dem Versuchsbetrieb Sandhof der ACW in Wädenswil im Jahr Der Flug der 1. Generation reichte mindestens bis Mitte Juni. Ab Mitte des Jahres wurde regelmässig die Anzahl Larven an 20 Broccoli und Kohlrabipflanzen bestimmt. In den Sommermonaten lagen der Flughöhepunkt und das darauffolgende Larvenmaximum jeweils cirka eine Woche auseinander. Schadsymptome Broccoli, Kohlrabi, und Rosenkohl reagieren auf Contarinia Befall besonders empfindlich. Höhere Ertragsverluste bis hin zu Totalausfall sind möglich. Die Pflanzen können in allen Stadien befallen werden, selbst noch kurz vor der Ernte. Aber je jünger das Pflanzenstadium ist, umso grösser ist der Schaden. Als erste Reaktion auf die fressenden Larven wachsen die jüngsten Herzblätter z.b. bei befallenem Broccoli seitlich gedreht und ihre Blattstielbasis ist angeschwollen (Abb. 4). Abb.2: Eigelege der Kohldrehherzgallmücke an einem Rapsblatt. Die winzigen Eier sind nur 0.3 mm lang (Foto: P. Abram, CABI). Abb.4: ContariniaBefall an Broccoli im 8Blattstadium. Das Herzblatt ist verdreht und seine Blattstielbasis stark verdickt. Zu diesem Zeitpunkt sind im Pflanzenherzen häufig Larven anzutreffen (Foto: C. Sauer, ACW). Abb.3: Die fusslosen, gelblichen Maden der Kohldrehherzgallmücke fressen am Pflanzenherzen. Die geschädigte, hier noch dunkelgrüne Pflanzenoberfläche wird später verkorken (Foto: H.U. Höpli, ACW). Abb.5: Verkrüppelte Blätter und verkorkte Schrammen an Broccoli durch Befall mit Kohldrehherzgallmücken (Foto. R. Total, ACW). 2 Kohldrehherzgallmücke September 2010
9 Merkblatt Typisch für Befall mit Kohldrehherzgallmücken sind verkrüppelte, gekräuselte Blätter, häufig gepaart mit verkorkten Schrammen am Blattstiel oder im Pflanzenherzen. Letzteres führt bei Broccoli zu Herzlosigkeit (Abb.5, S.2 und Abb.6, unten). Auch Verkorkungen in seinem Blütenstand sind möglich (Abb.7), machen das Erntegut unverkäuflich und führen zu verstärkter Seitentriebbildung. Abb.8: An Rosenkohl kommt es durch ContariniaBefall zu Missbildungen der Röschen (Foto: R. Eder, ACW). Abb.6: Nach Frühbefall mit Kohldrehherzgallmücken kommt es bei Broccoli zu Herzlosigkeit (Foto R. Total, ACW). Abb.9: Der Befall der Triebspitze führt an Rosenkohl zu Vieltriebigkeit (Foto: R. Eder, ACW). Abb.7: Verkorkung am Blütenstand macht Broccoli unverkäuflich (Foto: J. Samietz, ACW). Rosenkohl bildet an den verkorkten Befallsstellen nur noch verkrüppelte Röschen oder gar keine Röschen mehr aus (Abb.8). Wird die Triebspitze befallen, so kommt es zu Vieltriebigkeit (Abb.9). Bei Weisskohl ist die Kopfbildung gestört (Abb.10). Junge Kohlrabipflanzen zeigen bei Befall mit Kohldrehherzgallmücken bereits Verkrüppelungen im Herzbereich. Im weiteren Verlauf kommt es zu einer teilweisen oder kompletten Verkorkung der Knollenoberfläche, im Extremfall platzt die Knolle. Gleichzeitig sind die Herzblätter der Kohlrabi verkrüppelt und weisen verkorkte Schrammen auf (Abb.1113, S.4). Abb.10: Bei Weisskohl ist die Kopfbildung gestört und es kommt zu Vielkopfigkeit (Foto: R. Eder, ACW). Kohldrehherzgallmücke September
10 Merkblatt Integrierte Bekämpfung Vorbeugende Massnahmen Fruchtwechsel senkt das Befallsrisiko. In Befallslagen sollte mit Kreuzblütlern mindestens eine Anbaupause von zwei Jahren eingehalten werden, da die ContariniaPuppen mehr als ein Jahr im Boden überdauern können. Von der Kohldrehherzgallmücke werden schattige, geschützte Lagen bevorzugt, weshalb für den Anbau windoffene Lagen zu nutzen sind. Um dem Mückenbefall vorzubeugen, muss der Abstand zu den letztjährigen Kohlkulturen im Herbst (wie Rosenkohl, Wirz, Winterblumenkohl) und zu den diesjährigen Kohlkulturen im Minimum 100 m betragen. Es wird empfohlen, diese minimale Distanz auch zu den vorjährigen sowie diesjährigen Rapsfeldern angrenzender Betriebe einzuhalten. Abb.11: Frühbefall mit Contarinia verursacht Verkrüppelungen im Herzbereich einer jungen Kohlrabipflanze (Foto: C. Sauer, ACW). Feldhygiene und Unkrautbekämpfung sind wichtig. Lässt man in Befallslagen abgeerntete Parzellen zu lange unbearbeitet, besteht die Gefahr, dass sich Eier und Larven des Schädlings an Pflanzenresten und Unkräutern der Kreuzblütler noch fertig entwickeln und sich die Schädlingspopulation weiter vergrössert. Abb.12: Durch ContariniaBefall kommt es zum Verkorken der Kohlrabiknolle. Typisch sind die verkrüppelten Blätter am Knollenrand (Foto: R. Total, ACW). Abb.14: Ausfallraps mit ContariniaBefall. Das Herzblatt ist verkrüppelt und die Blattstielbasis angeschwollen. (Foto: T. Haye, CABI). Abb.13: Im Extremfall platzt die Knolle (Foto: R. Total, ACW). Ausfallraps ist für die Kohldrehherzgallmücke eine hochattraktive Wirtspflanze (Abb.14). Bleibt er stehen, so kann er in Befallsgebieten zu einer weiteren Massenvermehrung des Schädlings führen. Folgende Regeln gilt es bei der Stoppelbearbeitung nach Rapsdrusch zu beachten: zunächst sollte solange mit der Bodenbearbeitung gewartet werden, bis möglichst alle ausgefallenen Rapskörner gekeimt sind. Bei trockener Witterung kann die Keimung durch oberflächliches Striegeln gefördert werden. Erst danach sollte die eigentliche Stoppelbearbeitung erfolgen. Werden die Rapskörner direkt nach dem Drusch eingearbeitet, fallen sie in eine Keimruhe und werden in den Folgekulturen zum Unkrautproblem. Bei Flächentausch zwischen Ackerbau und Gemüsebaubetrieben kann durchtreibender Raps im Kohlanbau zu einem ContariniaProblem führen. 4 Kohldrehherzgallmücke September 2010
11 Merkblatt Überwachung und Schadschwellenbestimmung Dank der Überwachung mit Pheromonfallen kann die Flugaktivität dieses winzigen Schädlings sichtbar gemacht werden. Nur so ist eine gezielte und damit erfolgreiche chemische Bekämpfung der Mücken möglich. Denn diese muss während des Mückenfluges, zur Zeit der Eiablage bzw. gegen junge Larvenstadien erfolgen. Werden Bekämpfungsmassnahmen erst ergriffen wenn die Schadsymptome bereits deutlich sichtbar sind, ist es schon zu spät. Zu diesem Zeitpunkt haben die schädigenden Larven die Pflanzen bereits wieder verlassen und befinden sich zur Verpuppung im Boden (Grafik 2). Grafik 2: Entwicklungszyklus der Kohldrehherzgallmücke und Auftreten der Schadsymptome. Schematischer Verlauf bei Frühbefall einer Kultur. (Schema: R. Baur und S. Rauscher, ACW). Weil die Mücken nur flach über dem Boden fliegen, sind die Fallen möglichst unter der Pflanzenspitze, maximal 30 cm über dem Boden anzubringen (Abb.15). Es wird empfohlen, jede Parzelle separat zu überwachen, da die Befallsstärke lokal stark schwankt. Die Leimpapiere der Fallen sollten alle 3 bis 7 Tage ausgewechselt werden, die Pheromonquellen alle 4 Wochen. Bis zu ihrem Einsatz sind die Pheromonquellen im Tiefkühlfach eines Kühlschranks zu lagern. Fallenauswertung Da es sich beim verwendeten Pheromon um einen Sexuallockstoff der ContariniaWeibchen handelt, werden vornehmlich Mückenmännchen in der Falle gefangen. Die Männchen der Kohldrehherzgallmücke können anhand folgender Merkmale identifiziert werden: ihr graziler Körper ist zitronengelb bis bräunlich gefärbt und nur 1.5 mm lang. Ihre Fühler bestehen aus 24 aneinander aufgereihten kugelrunden Perlen. Die grosse Längsader nicht ganz in der Flügelmitte verläuft gerade und ist höchstens im vom Körper wegweisenden Drittel leicht nach hinten gebogen, wo sie auch immer unscheinbarer wird (Abb.16). Überwachungsbeginn In Jahren mit frühem Vegetationsbeginn sollten die Pheromonfallen ab Mitte bis Ende April aufgestellt werden. In normalen Jahren werden die Fallen Mitte Mai installiert und zwar zunächst in Kohlfeldern des Vorjahres, die als Schlupfareal der Mücken anzusehen sind, später in diesjährigen Kohlkulturen. Fallenzahl und position Pro Kohlfeld werden 2 Pheromonfallen in grösserem Abstand voneinander aufgestellt. Grenzt das Feld an Kohl oder Rapsfelder des Vorjahres sowie an Hecken oder Wälder, ist mindestens eine der beiden Fallen in der Nähe dieses Feldrandes zu installieren. Abb.16: Männchen der Kohldrehherzgallmücke (Contarinia nasturtii) auf dem Leimpapier einer Pheromonfalle (Foto: H.U. Höpli, ACW). Für detaillierte Auswertungen ist ein Bestimmungsschlüssel für Männchen der Kohldrehherzgallmücke verfügbar unter: 05_des_1910_d.pdf Die Falle ist hochspezifisch für Kohldrehherzgallmücken, so dass selten andere Gallmückenarten gefangen werden. Es sind aber Beifänge z.b. von Trauermücken, Schmetterlingsmücken und geflügelten Blattläusen möglich. Abb.15: Pheromonfalle zur Überwachung der Kohldrehherzgallmücke. Die angelockten Männchen bleiben auf dem Leimpapier kleben (Foto: C. Sauer, ACW). Schadschwelle Zur Bestimmung der Flugstärke werden von beiden aufgestellten Fallen die Fangzahlen pro Woche verwendet und daraus die durchschnittliche Fangzahl ermittelt. Ab 10 Mückenmännchen pro Falle und Woche sollte bei empfindlichen Kulturen wie Broccoli oder Kohlrabi eine Spritzung mit einem bewilligten Mittel erfolgen. Kohldrehherzgallmücke September
12 Merkblatt Direkte Bekämpfung Physikalisch: Kulturschutznetze bzw. Insektenschutzzäune sind nur an Standorten geeignet, an denen in den letzten beiden Jahren keine Kohlgewächse angebaut wurden und keine Kohldrehherzgallmücken mehr im Boden vorhanden sein können. Die Maschenweite sollte im Bereich von 0.8 x 0.8 mm liegen. Wichtig ist, Netze oder Zäune rechtzeitig anzubringen, d.h. bereits ab dem Flugbeginn der 1. Generation auf den Kohl und Rapsfeldern des Vorjahres. Hierzu sind auch die aktuellen Informationen des Warndienstes zu beachten. Chemisch: Wird die kritische Fangzahl erreicht, ist eine Behandlung vorzunehmen. Da die bewilligten Pflanzenschutzmittel nicht systemisch wirken, muss auf eine gute Benetzung der Pflanzenherzen geachtet werden, denn dort befinden sich Eier und Larven des Schädlings. Zu diesem Zweck sind insbesondere bei älteren Kulturstadien Aufwandmengen von mindestens 500 l/ha zu applizieren. Es ist ratsam, während der Spritzung kurz zu überprüfen, ob die Herzen gut getroffen wurden. Die zugelassenen Insektizide sind der Internet Pflanzenschutzmitteldatenbank DATAphyto zu entnehmen unter: 6 Kohldrehherzgallmücke September 2010
13 Tabellenlegende Kein Problem: Zunehmend: * InternetPflanzenschutzmitteldatenbank DATAphyto: Abnehmend: Vereinzelt: + ** Homepage FIBL (Ausgabe 2018): pflanzenschutzempfehlung.html Vorhanden: ++ Probleme: +++!*) Schaderreger könnte auftreten, Kulturkontrollen bzw. Fallenüberwachung empfehlenswert! Impressum Daten und Daniel Bachmann & Christof Gubler, Strickhof, Winterthur (ZH) Informationen Lutz Collet, Grangeneuve, Posieux (FR) lieferten: Patrick Joller & Michael Mannale, Arenenberg, Salenstein (TG) Martin Keller, Beratungsring Gemüse, Ins (BE) Eva Körbitz & Daniela Marschall, Landwirtschaftliches Zentrum, Salez (SG) Suzanne Schnieper & Christian Wohler, Liebegg, Gränichen (AG) Matthias Lutz, Agroscope Herausgeber: Agroscope Autoren: Cornelia Sauer, Matthias Lutz, Serge Fischer, Lucia Albertoni, Mauro Jermini (Agroscope) und Martin Koller (FiBL) Zusammen Kant. Fachstellen und Forschungsinstitut für biologischen Landbau arbeit: (FiBL) Copyright: Agroscope, Schloss 1, Postfach, 8820 Wädenswil Adressänderungen, cornelia.sauer@agroscope.admin.ch Cornelia Sauer, Agroscope Bestellungen: Extension Gemüsebau 12/ Mai
Die Kohldrehherzgallmücke (Contarinia nasturtii) (Kieffer):
Die Kohldrehherzgallmücke (Contarinia nasturtii) (Kieffer): September 2010 Autoren Cornelia Sauer Simone Fähndrich Abb.1: Weibchen der Kohldrehherzgallmücke bei der Eiablage. Die erwachsenen Mücken sind
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