Lebensraumanalyse und neue Fördermethoden für die Kreuzkröte (Bufo calamita)
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1 Lebensraumanalyse und neue Fördermethoden für die Kreuzkröte (Bufo calamita) 19. Herpeto-Kolloquium der Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (karch), Naturhistorisches Museum der Burgergemeinde Bern 1. Dezember 2012 Mario Lippuner Biologe M.Sc. und Dipl. Ingenieur Büro für angewandte Ökologie Regionalvertretung KARCH Kanton Zürich
2 Aufbau des Referates 1 Einleitung Geschichte der Lebensräume und Verbreitung Gefährdung 2 Methoden Datenaufnahme untersuchte Parameter Datenanalyse 3 Ergebnisse Lebensraummodelle und -faktoren 4 Diskussion biologischen Bedeutung der Faktoren welche Fördermassnahmen lassen sich ableiten? wie lassen sich diese Massnahmen anwenden? Anwendungsbeispiel Kreuzkrötenförderung im Zürcher Weinland 5 Fazit
3 Küstendünen Halbwüsten Felsenküsten Flussauen
4 In der Schweiz Verbreitung der Kreuzkröte ursprünglich auf Flusstäler und -ebenen beschränkt. Naturnahe Flussaue
5 Aufkommen des Ackerbaus führt zur Besiedlung neuer Regionen, Primärhabitat Aue verschwindet v. a. im 19. Jh. Tümpel in Ackerlandschaft
6 20. Jh.: - Ackerlebensraum geht verloren - Bautätigkeit zwischen 50er und 90er Jahren sorgt für Ersatz - Besiedlung neuer Gebiete Kiesgrube mit Materialdepot
7 21. Jh.: - Grubenlebensraum geht verloren - Kreuzkröte vermag von Bautätigkeit nicht mehr zu profitieren - Ersatzlebensraum fehlt erstmals - Fördermassnahmen greifen oft nicht Folge: Seit Mitte der 80er Jahre - gesamtschweizerischer Rückgang um 60 % - starke Tendenz zu kleineren Rufchören - starke Tendenz zur Sporadisierung (Schmidt und Zumbach 2005) Unter Berücksichtigung, dass kaum neue Habitate dazukommen und bestehende ungünstiger werden, muss die Kreuzkröte in vielen Regionen als vom Aussterben bedroht betrachtet werden. Status Rote Liste CH stark gefährdet (EN) (Schmidt und Zumbach 2005) Neue Strategien müssen gefunden werden
8 Drei Schritte des Vorgehens zur Förderung: A) Lebensraumanalyse zur Ermittlung der wichtigen Parameter als Grundlage für eine gezielte Förderung B) Ableiten von Massnahmen aus der Lebensraumanalyse C) Anwendung der Massnahmen
9 Was wurde untersucht? Laichgewässer von Amphibien in der Nordostschweiz 40 davon waren Laichgewässer der Kreuzkröte, übrige Gewässer in Radius von 5 km ausserhalb Wald - 6 Lebensraumparameter
10 Untersuchte Parameter und Definitionen:
11 Wie wurde analysiert? - Logistische Regressionen - Modellselektion (Akaike s Information Criterion AIC) Binomiale Verteilung (mit logit Link Funktion) Beide Datenanalysen erfolgten im Statistikprogramm *R*
12 Ergebnisse der Logistischen Regression: Die Wahrscheinlichkeit, dass kein Zusammenhang besteht zwischen Vorkommen und Austrocknung bzw. grabbaren Flächen, liegt also bei 1.5 % bzw. 2.5 %.
13 Ergebnisse der Modellselektion: Definition Kreuzkrötenlebensraum: Sonniger hydroperiodischer Lebensraum mit grabbarem Substrat. Wichtige Lebensraumfaktoren: Offene grabbare Flächen, Austrocknung, Besonnung.
14 Was bedeuten diese Faktoren biologisch? Offene grabbare Flächen: Juvenile und Adulte mit: - hoher Vorzugstemperatur (Sinsch 1997) - aussergewöhnlich geringer Toleranz gegenüber Wasserverlust (Oromi et al. 2009) - zudem führt langer Wasseraufenthalt zu Tod (Sinsch et al. 1992) Tiere vergraben sich in feucht-warmem Substrat, ideale Bedingungen für Thermoregulation und Wasserhaushalt
15 Was bedeuten diese Faktoren biologisch? Austrocknung: Larven sind: - sehr konkurrenzschwach (z. B. Sinsch 1997) - anfällig gegenüber Prädation (z. B. Beebee et al. 1990) Kreuzkröte reproduziert sich in Gewässern, in denen Konkurrenten und Prädatoren wenig erfolgreich. (Wichtiger Faktor auch für viele andere Organismen) Besonnung: Ermöglicht warme Bedingungen im Gewässer und im grabbaren Substrat.
16 Welche Massnahmen lassen sich ableiten? Offene grabbare Flächen: Anlage von Sandhalden Vorhandenes Substrat offen halten Sandhalde Peney Dessous, Vernier Erodierende Steilwand ehemalige Kg Rheinau
17 Welche Massnahmen lassen sich ableiten? Austrocknung: Einbau eines Ablasses Ablauf und Rohre werden eingebaut Mit Geröll ummantelter Drainageschacht
18 Welche Massnahmen lassen sich ableiten? Besonnung: Bau in Gebieten, die sich - aufgrund bestimmter Nutzung offen bleiben - oder sich mit vernünftigem Aufwand offen halten lassen Sandfussballplatz Schelmengrueb, Oberstammheim
19 Was ist ferner zu beachten? Versteckstrukturen am Gewässerrand: Modellierungsstudien zeigen: Veränderung in Überlebenswahrscheinlichkeit der Juvenilen wirkt sich stärker aus auf Populationsdynamik als eine gleich grosse Veränderung in Überlebenswahrscheinlichkeit der Adulten oder Larven (z. B. Schmidt 2011). Versteckstrukturen am Gewässerrand in Peney Dessous, Vernier
20 Was ist ferner zu beachten? Grösse Wasserflächen: Nahrung weit verbreiteter limitierender Faktor. In hoher Dichte aufgewachsene Tiere mit massiv reduzierter Überlebenswahrscheinlichkeit an Land (z. B. Sinsch 1997). Circa 180 m 2 grosser ablassbarer Tümpel in der ehemaligen Kiesgrube Rheinau
21 Was ist ferner zu beachten? Versteckstrukturen für Larven Geröll am Gewässergrund in Racleret, Chancy
22 Flächen für künftige Förderung Oftmals schwierig, alte Grubenstandorte offen zu halten, zudem sind offene Flächen äusserst rar. Daher zunehmender Einbezug: Im Urbaner Raum von: - Industriebrachen - Materialumschlagplätzen - Extensiv genutzten Parkplatzflächen Im ländlicher Raum von: - Äckern
23
24 Förderung am Beispiel des Zürcher Weinlandes im Rahmen des kantonalen Aktionsplanes Kreuzkröte Mit genannten oder ähnlichen Massnahmen wurden: a) Die verbleibenden Kreuzkrötenhabitate aufgewertet, Quellpopulationen geschaffen b) In der Nähe davon potenzielle Lebensräume aufgewertet, Metapopulationen geschaffen c) Verbreitungslücken geschlossen, indem zwischen den Metapopulationen neue Lebensräume geschaffen wurden. Um Verbreitunglücken zu füllen, waren z. T. Ansiedlungen nötig.
25 Einleitung Methoden Ergebnisse Verbreitung der Kreuzkröte im Zürcher Weinland, Stand 2005 Diskussion
26 Einleitung Methoden Ergebnisse Verbreitung der Kreuzkröte im Zürcher Weinland, Stand 2010 Diskussion
27 Fazit Die Kreuzkröte kann bei konsequenter Berücksichtigung aus Lebensraumanalyse hervorgehender Parameter leicht gefördert werden. Eine reine Fokussierung auf Gruben dürfte aufgrund intensiveren Betriebs und schwierigen Unterhalts zum Scheitern verurteilt sein. Im ländlichen Raum müssen vermehrt Äcker in die Förderung einbezogen werden. Im urbanen Raum sind Flächen wie Industriebrachen und Materialumschlagplätze einzubeziehen. Hydroperiodische Lebensräume müssen generell gefördert werden (dies auch im Interesse von anderen seltenen Organismen).
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