Halogenalkane. Alkylierungsgrad. Halogenierungsgrad
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- Gesche Erna Hochberg
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1 5. Halogenalkane Halogenalkane gehören zur Gruppe der Halogenkohlenwasserstoffe (neben Halogenalkenen und Halogenaromaten). In Halogenkohlenwasserstoffen ist mindenstens ein Wasserstoffatom durch ein Halogenatom X (X = F, Cl, Br, I) ersetzt (= funktionelle Gruppe). C-Atome in Halogenalkanen sind sp 3 -hybridisiert. Einteilung: Halogenalkane Alkylierungsgrad Halogenierungsgrad RCH 2 -X primär R 2 CH-X sekundär R 3 C-X tertiär vgl. primäre tertiäre H-Atome mono-, di-, tri-, tetra-, (per-)substiuiert Beispiel: chlorierte Methane OC I Lehramt - F. H. Schacher 1
2 Allgemeines Bindung und physikalisch-chemische Eigenschaften Aufgrund der polaren C-X-Bindung unterscheiden sich Alkane und Halogenalkane beträchtlich in ihren chemischen und physikalischen Eigenschaften. C-X-Bindung: C-X-Bindungsstärke nimmt mit zunehmender Größe von X ab. Größere (diffusere) Orbitale führen zu geringerer Überlappung der Atomorbitale schwächere Bindung! Wdh. Elektronegativität X höhere Elektronegativität zieht stärker am gemeinsamen Bindungselektronenpaar polare Atombindung Dipol (resultierendes Dipolmoment) δ + δ - Bindung Bindungslänge [pm] Bindungsstärke [kj/mol] Dipolmoment [D] C-F C-Cl C-Br C-I C-C OC I Lehramt - F. H. Schacher 2
3 Allgemeines Atomradien [pm] OC I Lehramt - F. H. Schacher 3
4 Allgemeines Siedepunkte Konsequenzen physikalische Eigenschaften: Siedepunkte liegen höher als die der entsprechenden Alkane. Dipol-Dipol-WW in flüssiger Phase! Siedepunkte steigen mit zunehmender Halogengröße! Größere molare Masse und stärkere LONDON-WW (VAN-DER-WAALS-WW) (höhere Polarisierbarkeit). δ + δ - δ + δ - X = R H F Cl Br I CH 3-161,7-78,4-24,2 3,6 42,4 CH 3 CH 2-88,8-37,7 12,3 38,4 72,3 CH 3 (CH 2 ) 2-42,1-2,5 46,6 71,0 102,5 CH 3 (CH 2 ) 3-0,5 32,5 78,4 101,6 130,5 CH 3 (CH 2 ) 4 36,1 62,8 107,8 129,6 157,0 CH 3 (CH 2 ) 7 125,7 142,0 182,0 200,3 225,5 OC I Lehramt - F. H. Schacher 4
5 Allgemeines Eigenschaften Konsequenzen chemische Eigenschaften: Positiv polarisiertes Kohlenstoffatom kann durch Anionen oder elektronenreiche Spezies angegriffen werden. Negativ polarisiertes Halogenatom kann durch Kationen oder elektronenarme Teilchen angegriffen werden. Nucleophile Substitution Zusammenfassung des Einflusses der Halogengröße: In der Reihe F, Cl, Br, I (zunehmend diffusere Orbitale) gilt: 1) Stärke der C-X-Bindung nimmt ab. 2) Länge der C-X-Bindung nimmt zu. 3) Für gleiche Reste R steigen die Siedepunkte. 4) LONDON-WW gewinnen an Bedeutung. 5) Polarisierbarkeit des Moleküls nimmt zu. OC I Lehramt - F. H. Schacher 5
6 Nomenklatur Halogenalkane werden als R-X abgekürzt (vgl. R-H für Alkane) IUPAC: Halogenatome werden wie Alkylgruppen (Substituenten des Alkangerüstes) behandelt! Regeln:1) Längste Alkylkette so nummerieren, dass Substituenten möglichst niedrige Nummern erhalten. 2) Substituenten werden alphabetisch geordnet. Verbreitete (alte) Bezeichnung als Alkylhalogenide! Trivialnamen für viele halogenhaltige Lösungsmittel: Methylenchlorid, Chloroform, Tetrachlorkohlenstoff,... OC I Lehramt - F. H. Schacher 6
7 Wichtige Synthesen Wichtige Synthesemethoden sind: a) Radikalische Halogenierung von Alkanen b) Addition von Halogenwasserstoff an Alkene c) Addition von Halogenen an Alkene OC I Lehramt - F. H. Schacher 7
8 d) Addition von Halogenen und Halogenwasserstoff an Alkine e) Dehydrohalogenierung OC I Lehramt - F. H. Schacher 8
9 f) Radikalische Bromierung in Allylstellung OC I Lehramt - F. H. Schacher 9
10 Halogenierung von Alkanen Herstellung von Fluor- und Iodalkanen: Keine direkte Herstellung durch radikalische Halogenierung von Alkanen! Reaktion mit F 2 ist stark exotherm! F 2 ist extrem korrodierend und reaktiv. Fluorierung mittels anorganischer Fluorverbindungen: Halogenaustausch: perfluoriert bei Überschuss an Fluorierungsmittel (s. Teflon) Iodierungen mit I 2 sind endotherm. Einführung von Iod durch Reaktion von Halogenalkanen mit Alkalimetalliodid: FINKELSTEIN-Reaktion: OC I Lehramt - F. H. Schacher 10
11 Weitere Reaktionen GRIGNARD-Reaktion Halogenalkane und -aromaten können mit Magnesium eine metallorganische Verbindung eingehen GRIGNARD-Verbindung. Bei dieser Metallierung erfolgt eine UMPOLUNG des elektrophilen Kohlenstoffes in einen nucleophilen Kohlenstoff. F. A. V. GRIGNARD Nobelpreis 1912 SCHLENK-Gleichgewicht Vielfältige Folgechemie, besonders C-C-Bindungsknüpfungen! Kopplung eines elektrophilen und eines nucleophilen Kohlenstoffs: Beispiel: siehe auch: WURTZ-Reaktion OC I Lehramt - F. H. Schacher 11
12 Verwendung und Umwelt Lösungsmittel besonders: CH 2 Cl 2, CHCl 3, ClCH 2 -CH 2 Cl, Cl 2 CH-CH 2 Cl) In der Industrie als Fett- und Harzlöser; im Labor als (nichtbrennbares) Reaktionsmedium. Kältemittel FCKWs, FKWs, ClKWs mittlerweile weitgehend verboten Feuerlöschmittel Halone, z.b. Halon 1301 = CBrF 3 (Flugzeuge und Militär) Brandschutzmittel BrKWs PVC (Polyvinylchlorid) Fenster, Bodenbeläge, Rohre, Kabelisolierungen, Schallplatten Teflon (Polytetrafluorethen) Beschichtungen (beständig gegen aggressive Chemikalien und Hitze) Pestizide ClKWs DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan) (verboten). Treibgas CCl 3 F, CCl 2 F 2 Ausgangsstoff für viele Verbindungen (organische Synthesechemie). Umweltproblematik: Sehr langsame Zersetzung vieler Halogenkohlenwasserstoffe. Halogenkohlenwasserstoffe, besonders FCKWs zerstören die Ozonschicht. Halogenierte Lösungsmittel sind bei dauerhafter Exposition gesundheitsschädlich. Beim Verbrennen von PVC entseht HCl, bei Kabelbränden können hochgiftige, carcinogene polykondensierte Aromaten entstehen. DDT ist krebserregend.... OC I Lehramt - F. H. Schacher 12
13 Nukleophile Substitution Zwei Mechanismen: S N 1 (nucleophile Substitution erster Ordnung) S N 2 (nucleophile Substitution zweiter Ordnung) OC I Lehramt - F. H. Schacher 13
14 Nukleophile Substitution Wichtige Einflussfaktoren: Abgangsgruppe Lösungsmittel Struktur des Substrats Nucleophilie Nucleophilie hängt von verschiedenen Faktoren ab: Ladung Basizität Lösungsmittel Polarisierbarkeit Substituenten? Läuft eine nucleophile Substitution nach einem Mechanismus erster oder zweiter Ordnung ab? OC I Lehramt - F. H. Schacher 14
15 Verschiedene Nukleophile Nucleophil (Nu - ) Produkt (R-Nu) Formel Name Formel Name Sauerstoff HO - Hydroxid R-OH Alkohol RO - Alkoxid R-OR Ether HOH Wasser R-OH 2 + R-OH + H + R-OH Alkohol R-OHR + R-OR + H + Stickstoff NH 3 Ammoniak R-NH 3 + R-NH 2 + H + R-NH 2 primäres Amin R-NH 2 R + R-NHR + H + Alkyloxoniumion Dialkyloxoniumion Alkylammonium-ion Dialkylammoniumion Schwefel HS - Hydrogensulfidion R-SH Thiol R-S - Mercaptidion R-S-R Thioether (Sulfid) Halogen I - Iodid R-I Alkyliodid Kohlenstoff - C N Cyanid R-CN Nitril - R Carbanion R-R Alkan OC I Lehramt - F. H. Schacher 15
16 Mechanismus S N 2 OC I Lehramt - F. H. Schacher 16
17 Mechanismus S N 2 Energieprofil des S N 2-Mechanismus sp 2 -hybridisiertes C-Atom sp 3 -hybridisiertes C-Atom sp 3 -hybridisiertes C-Atom S N 2 = konzertierter, einstufiger Prozess OC I Lehramt - F. H. Schacher 17
18 S N 2 Sterische Aspekte Alkylierungsgrad des elektrophilen Kohlenstoffs: Substrateinfluss Relative S N 2-Reaktitvität: CH 3 > C primär > C sekundär >> C tertiär schnell langsam sehr langsam keine Reaktion hier: Halogenmethan > prim. Halogenalkan > sek. Halogenalkan >> tert. Halogenalkan OC I Lehramt - F. H. Schacher 18
19 S N 2 Sterische Aspekte Verzweigungsgrad des benachbarten Kohlenstoffs: Substrateinfluss Relative S N 2-Reaktitvität des substituierten Kohlenstoffs: Ethyl > Isopropyl > tert-butyl schnell langsam sehr langsam OC I Lehramt - F. H. Schacher 19
20 S N 2 Stereochemie RÜCKSEITENANGRIFF! Inversion der Konfiguration am stereogenen Kohlenstoff! Walden-Umkehr OC I Lehramt - F. H. Schacher 20
21 Mechanismus S N 1 OC I Lehramt - F. H. Schacher 21
22 Mechanismus S N 1 Energieprofil des S N 1-Mechanismus geschwindigkeitsbestimmend produktbestimmend S N 1 = zweistufiger Prozess OC I Lehramt - F. H. Schacher 22
23 S N 1 - Stereochemie Nucleophil kann von beiden Seiten angreifen RACEMISIERUNG! OC I Lehramt - F. H. Schacher 23
24 S N 1 vs. S N 2 R-X + Nu - R-Nu + X - R S N 1 S N 2 CH 3 in Lösung nicht beobachtet häufig: rasche Reaktion mit guten Nucleophilen in aprotischen Lösungsmitteln und guten Abgangsgruppen primär in Lösung nicht beobachtet häufig: rasche Reaktion mit guten Nucleophilen und guten Abgangsgruppen: langsam, wenn Verzweigung an C-2 von R vorhanden sekundär relativ langsam: am besten in polaren, protischen Medien mit guten Abgangsgruppen und sperrigen Substituenten relativ langsam: am besten mit guten Nucleophilen in aprotischen Medien tertiär Nucleophilie Lösungsmittel häufig: besonders rasch in polaren protischen Lösungsmitteln und bei sterisch gehinderten R mit guten Abgangsgruppen Reaktionsgeschwindigkeit unabhängig von der Nucleophilkonzentration; Mechanismus für neutrale Nucleophile wahrscheinlicher Da die Zwischenstufen Ionen sind, wird die Reaktion durch polare protische Lösungsmittel beschleunigt extrem langsam Reaktionsgeschwindigkeit abhängig von der Nucleophilkonzentration; anionische Nucleophile begünstigen den Mechanismus Reaktion wird durch polare protische Lösungsmittel verzögert und durch polare aprotische Lösungsmittel beschleunigt OC I Lehramt - F. H. Schacher 24
25 Nukleophile II Beurteilung der relativen Stärke oder Schwäche von Nucleophilen Anionen sind nucleophiler (bessere Elektronendonoren) als die zugehörigen neutralen Moleküle HO - > H 2 O, RS - > RSH; RO - > ROH Weiter unten im Periodensystem stehende Elemente neigen zu stärkerer Nucleophilie als die in der gleichen Gruppe darüber befindlichen Elemente HS - > HO - ; I - > Br - > Cl - > F - Elemente derselben Periode sind in der Regel um so schwächer nucleophil, je elektronegativer sie sind R 3 C - > R 2 N - > RO - > F - ; H 3 N > H 2 O > HF MERKE: Die Nucleophilie wird vom Lösungsmittel (protisch polar oder aprotisch polar) beeinflusst! Einfluss der Abgangsgruppen Gruppen mit gutem Austrittsvermögen (= gute Stabilisierung der negativen Ladung) reagieren schneller I - > Br - > Cl - > F - (S N 2). Das Austrittsvermögen korreliert mit der Basenstärke: Je schwächer X - basisch ist, desto besser fungiert es als Abgangsgruppe! Bei S N 1 zeigen bessere Abgangsgruppen höhere Solvolysegeschwindigkeiten und somit eine schnellere Substitution X = - OSO 2 R > I - > Br - ~ OH 2+ > Cl -. OC I Lehramt - F. H. Schacher 25
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