Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht
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- Erich Scholz
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1 Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Sozialversicherungsrecht vom 18. April 2013 ( / 80) Zusatzversicherung nach VVG Krankentaggeld; Rückversicherungsverbot: Qualifizierung als vorbestehende psychische Krankheit, Rückfallgefahr Besetzung Präsident Andreas Brunner, Kantonsrichter Jgnaz Jermann, Kantonsrichter Dieter Freiburghaus, Gerichtsschreiberin Tina Gerber Parteien A., Kläger, vertreten durch Erik Wassmer, Advokat, Fischmarkt 12, 4410 Liestal gegen innova Versicherungen AG, Bahnhofstrasse 4, 3073 Gümligen, Beklagte, vertreten durch Dr. Urs Korner, innova-rechtsdienst, Winkelriedstrasse 31, 6003 Luzern Betreff Leistungen A. Der 1963 geborene A. war ab 1. April 2012 bei der B. AG als Geschäftsführer angestellt und in dieser Eigenschaft bei der innova Versicherungen AG (innova) kollektivkrankentaggeldversichert. Mit Meldung der Arbeitsunfähigkeit Kollektiv-Taggeld vom 21. Juni 2012 teilte A. der innova mit, dass er seit dem 11. Juni 2012 aufgrund eines "Burnouts" arbeitsunfähig sei.
2 Nachdem die innova die Akten der Invalidenversicherung (IV) beigezogen hatte, kündete sie mit Schreiben vom 30. Juli 2012 die Versicherungsdeckung der B. AG mit sofortiger Wirkung, wobei sie sich auf eine Anzeigepflichtverletzung durch den Versicherten berief. Mit Schreiben vom 8. August 2012 widerrief die innova die ausgesprochene Kündigung und überwies den gemeldeten Schadensfall an ihre Leistungsabteilung. Am 22. August 2012 lehnte die innova ihre Leistungspflicht für die Arbeitsunfähigkeit ab dem 11. Juni 2012 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass bei A. eine vorbestehende Krankheit vorliege, die auch Ursache der aktuell geltend gemachten Arbeitsunfähigkeit darstelle. Aufgrund des Verbots der Rückwärtsversicherung komme A. kein Versicherungsschutz zu. B. Mit Klage vom 10. Dezember 2012 forderte A., vertreten durch Advokat Erik Wassmer, die Verurteilung der innova zur Zahlung von Fr. 27' nebst Zins zu 5 % seit dem 31. August 2012, unter Vorbehalt einer Mehrforderung für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit ab 1. November 2012 und unter o/e Kostenfolge zulasten der Beklagten. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass beim Kläger keine Grunderkrankung vorliege. C. In ihrer Klageantwort vom 14. Januar 2013 beantragte die Beklagte die vollumfängliche Abweisung der Klage; unter Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten des Klägers. Der Kläger habe bereits im Jahr 2010 an einer psychischen Krankheit gelitten, welche sich nun erneut manifestiert habe. Die zwischenzeitlich eingetretene Besserung des Gesundheitszustands mit vorübergehender voller Arbeitsfähigkeit ändere nichts an der Tatsache, dass eine vom Rückwärtsversicherungsverbot umfasste vorbestehende Krankheit vorliege. D. Anlässlich der heutigen Parteiverhandlung reichte der Kläger ein aktuelles Arztzeugnis, aktuelle Unterlagen der IV sowie den Arbeitsvertrag zwischen ihm und der B. AG vom 15. Dezember 2011 ein. Im Übrigen hielten sowohl der Kläger wie auch die Beklagte an ihren Anträgen und Begründungen fest. Auf die weiteren Ausführungen der Parteien wird soweit notwendig im Rahmen der Erwägungen eingegangen. Das Kantonsgericht zieht i n E r w ä g u n g : 1.1 Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung unterstehen gemäss Art. 12 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) vom 18. März 1994 dem Bundesgesetz über den Versicherungsvertrag (VVG) vom 2. April Streitigkeiten im Bereich dieser Zusatzversicherungen sind privatrechtlicher Natur, weshalb strittige Ansprüche darüber in einem zivilprozessualen Verfahren geltend zu machen sind. Das Verfahren im Zivilprozess regelt die Schweizerische Zivilprozessordnung (ZPO) vom 19. Dezember Die sachliche Zuständigkeit des Kantonsgerichts, Abteilung Sozialversicherungsrecht, ergibt sich aus Art. 7 ZPO i.v.m. 54 Abs. 1 lit. d des Gesetzes über die Verfassungs- und Verwaltungsprozessordnung (VPO) vom 16. Dezember Wie das Bundesgericht in BGE 138 III 558 festhielt, ist bei Klagen betreffend Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung keine vorgängige Schlichtung durchzuführen, womit sie direkt Seite 2
3 am Kantonsgericht, Abteilung Sozialversicherungsrecht, einzureichen sind (BGE 158 III 558; vgl. auch: Beschluss des Kantonsgerichts vom 1. Dezember 2011, ). 1.3 Die örtliche Zuständigkeit richtet sich grundsätzlich nach Art. 9 ff. ZPO. Der dem vorliegenden Fall zu Grunde liegende Versicherungsvertrag ist als Konsumentenvertrag im Sinne von Art. 32 ZPO zu qualifizieren, weshalb die Klage am Wohnsitz der Versicherten eingereicht werden kann (Art. 32 Abs. 1 lit. a ZPO; vgl. URS FELLER/JÜRG BLOCH, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], ZPO-Kommentar, 2. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2013, Art. 32 N 45 ff.). Nichts anderes ergibt sich im vorliegenden Fall aus lit. J4 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) für die Kollektiv-Lohnausfallversicherung nach VVG der innova, wonach ein Wahlgerichtsstand am Wohnsitz der Versicherten besteht. Da der Kläger Wohnsitz in Lausen hat, ist das angerufene Gericht auch örtlich zuständig. Auf die formgerecht beim örtlich und sachlich zuständigen Gericht erhobene Klage ist demnach einzutreten. 2.1 Nach Art. 247 Abs. 2 lit. a i.v.m. Art. 243 Abs. 2 lit. f ZPO ist der vorliegende Prozess vom Untersuchungsgrundsatz beherrscht. Die Untersuchungsmaxime gebietet es dem Gericht zwar, den Sachverhalt mit eigenen Mitteln abzuklären und mit vertretbarem Aufwand zu einem hinreichend sicheren Beweisergebnis zu gelangen; es ist dabei nicht an Beweisanträge gebunden und kann auch von sich aus Beweis erheben. Die Parteien werden dadurch jedoch nicht von der Mitwirkung an der Erhebung der Beweise und der Erstellung des Sachverhaltes entbunden. Sie sind es, die primär die Verantwortung für die Ermittlung des Sachverhaltes tragen. Die Untersuchungsmaxime ändert nichts an der formellen Beweislast. Kann etwa das Bestehen einer entscheidungserheblichen Tatsache durch das Gericht weder bejaht noch verneint werden, so entscheidet das Gericht trotz Untersuchungsmaxime gemäss Art. 8 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) vom 10. Dezember 1907 nach Beweislastgesichtspunkten (vgl. BERND HAUCK, in: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger [Hrsg.], ZPO-Kommentar, 2. Auflage, Zürich/Basel/Genf 2013, Art. 247 Abs. 2 ZPO N 33 ff.). 2.2 Das Gericht hat alle Beweismittel, unabhängig davon, von wem sie stammen, objektiv zu prüfen und danach zu entscheiden, ob die verfügbaren Unterlagen eine zuverlässige Beurteilung des streitigen Rechtsanspruches gestatten. Das Gericht darf eine Tatsache nur dann als bewiesen annehmen, wenn sie von ihrem Bestehen überzeugt ist (vgl. MAX KUMMER, Grundriss des Zivilprozessrechts, 4. Auflage, Bern 1984, S. 135 f.). Während das Gericht im Sozialversicherungsrecht seinen Entscheid, sofern das Gesetz nichts Abweichendes vorsieht, nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu fällen hat (vgl. BGE 126 V 360 E. 5b, 125 V 195 E. 2, je mit Hinweisen), gründet die richterliche Überzeugung bei Streitigkeiten aus Zusatzversicherungen wie für Zivilverfahren üblich auf dem vollen Beweis. 3. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 8. August 2012 die Kündigung des Versicherungsvertrags wegen Verletzung der Anzeigepflicht (Art. 6 VVG) widerrief, ist vorliegend lediglich streitig und zu prüfen, ob die Beklagte sich zu Recht auf eine Vertragsnichtigkeit gemäss Art. 9 VVG beruft. Seite 3
4 4.1 Nach der zwingenden Vorschrift von Art. 9 VVG ist ein Versicherungsvertrag vorbehältlich der hier nicht einschlägigen Ausnahme nach Art. 100 Abs. 2 VVG nichtig, wenn das versicherte Ereignis im Zeitpunkt des Vertragsschlusses bereits eingetreten war. Unter dem Begriff Ereignis ist das Eintreten des versicherten Risikos zu verstehen, d.h. der Eintritt der Gefahr, die beim Abschluss des Versicherungsvertrags im Blickfeld lag (BGE 136 III 339 = Praxis des Bundesgerichts [Pra] 2011, Nr. 20, S. 139, E. 3). 4.2 In der Krankentaggeldversicherung besteht die Gefahr, gegen deren Folgen versichert wird, in der aus einer Erkrankung folgenden Arbeitsunfähigkeit der versicherten Person (vgl. BGE 136 III 340 = Pra 2011, Nr. 20, S. 140, E. 3). Die Beklagte versichert in diesem Sinne die Folgen "jeder Beeinträchtigung der körperlichen oder geistigen Gesundheit, die nicht Folge eines Unfalles ist und die eine medizinische Untersuchung oder Behandlung erfordert oder eine Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat" (lit. A5 Abs. 1 AVB); diese Umschreibung entspricht der Krankheitsdefinition nach Art. 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) vom 6. Oktober Ist eine Krankheit im Sinne dieser Definition bei Vertragsschluss bereits ausgebrochen, so ist die Versicherung gegen ihre Folgen nach Art. 9 VVG ausgeschlossen, unbekümmert darum, ob sie noch andauert oder die Parteien davon Kenntnis hatten (vgl. BGE 127 III 23 E. 2b/aa). Die Nichtigkeitsfolge betrifft in der Regel nicht den gesamten Vertrag, sondern lediglich die Deckung des sich bereits verwirklichten Risikos (STEPHAN FUHRER, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, Zürich/Basel/Genf 2011, N 5.22). Nicht erfasst werden von Art. 9 VVG ferner Fälle, in denen die Gefahr nur teilweise eingetreten ist; die Versicherung eines nach Vertragsschluss eingetretenen Teilereignisses ist zulässig. Als nur teilweise eingetreten gilt die Gefahr bei einzelnen Krankheitsfällen; insoweit schliessen Erkrankungen vor Abschluss des Versicherungsvertrages die Deckung künftiger Erkrankungen nicht ohne Weiteres aus, handle es sich um gleichartige Erkrankungen oder um andersartige (BGE 127 III 24 E. 2b/aa). Dementsprechend hält lit. D1 Abs. 1b AVB fest, dass die Versicherung ausgeschlossen ist für Krankheiten, Gebrechen und Unfallfolgen, die bei Vertragsbeginn bestehen, solange sie eine Arbeitsunfähigkeit zur Folge haben. 4.3 Der rechtliche Krankheitsbegriff deckt sich nicht notwendig mit dem medizinischen (BGE 124 V 121 E. 3b). Im Grundsatzentscheid BGE 127 III 21 stellte das Bundesgericht fest, dass für den rechtlichen Krankheitsbegriff nicht ausschliesslich die momentane Arbeitsfähigkeit bzw. Symptomfreiheit massgeblich sein kann. Würde bloss darauf abgestellt, ob jemand beim Abschluss des Versicherungsvertrags an gesundheitlichen Symptomen leidet und bliebe unberücksichtigt, dass sich die Gesundheit trotz Verschwindens der Symptome in einem prekären Zustand befindet, wenn sich der Wiedereintritt der Störung mit Wahrscheinlichkeit voraussehen lässt die Krankheit also trotz vorübergehender Symptomfreiheit als Ursache künftiger Störungen bestehen bleibt würden die medizinischen Grundgegebenheiten zuwenig berücksichtigt. Das Bundesgericht kam zum Schluss, dass das erneute Auftreten von Symptomen einer vorbestehenden, rückfallgefährdeten Krankheit juristisch nicht als selbstständige Neuerkrankung bzw. als Teilereignis aufzufassen sei, sondern als Fortdauern einer bereits eingetretenen Krankheit, mithin als Anwendungsfall eines bereits eingetretenen Ereignisses im Sinne von Art. 9 VVG (BGE 127 III 24 f. E. 2b/bb). Ist die Diagnose einer Krankheit, bei der gemäss normalem Krankheitsverlauf mit einem späteren Rückfall gerechnet werden kann, bereits gestellt, so kann man Seite 4
5 sich nicht mehr gegen diese versichern, selbst wenn sie im Augenblick des Vertragsabschlusses nicht sichtbar zutage tritt. Bestand indes bei Vertragsabschluss noch keine medizinische Diagnose, hatte der Versicherungsnehmer von seiner Erkrankung keine Kenntnis und ist das versicherte Risiko, namentlich die Arbeitsunfähigkeit aufgrund dieser Krankheit, noch nie eingetreten, so liegt keine vorbestehende Krankheit im Rechtsinne und kein Anwendungsfall von Art. 9 VVG vor (BGE 136 III 340 = Pra 2011, Nr. 20, S. 139, E. 3). Diese Rechtsprechung gilt auch im Bereich psychischer Erkrankungen (vgl. BGE 136 III 334 = Pra 2011, S. 134 ff.; Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts [EVG, heute: Schweizerisches Bundesgericht, Sozialrechtliche Abteilungen] vom 14. März 2006, B 48/04). Zu berücksichtigen sind jedoch insbesondere im Bereich psychischer Erkrankungen längere Phasen, in denen keine ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden musste und in denen ohne Leistungsabfall einer Erwerbstätigkeit nachgegangen werden konnte (vgl. Urteil des EVG vom 14. März 2006, B 48/04, E. 4.2 f.) Der Kläger erlitt im Sommer des Jahres 2010 nach erhöhter beruflicher Belastung als Bereichsleiter Informatik bei einem Bau- und Kanalarbeitenunternehmen ein "Burnout". Nachdem er längere Zeit in ärztlicher Behandlung war und nach einem erfolglosen Arbeitsversuch beim damaligen Arbeitgeber, meldete er sich am 31. Januar 2011 bei der IV zum Bezug von Leistungen an. Vom 7. Februar 2011 bis zum 5. März 2011 war der Kläger in der Klinik C. in stationärer Behandlung. Per 31. März 2011 wurde das bestehende Arbeitsverhältnis aufgelöst. Mit Bericht vom 7. April 2011 an die IV-Stelle Basel-Landschaft (IV-Stelle) diagnostizierte der behandelnde Psychiater Dr. med. D., FMH Psychiatrie und Psychotherapie, eine Anpassungsstörung mit länger dauernder depressiver Reaktion aufgrund einer beruflichen Dauerbelastung (ICD-10 F43.21); ein Status nach "Burnout" (ICD-10 Z73.1) und eine Belastung durch Arbeitslosigkeit (ICD-10 Z56.-). Vom 2. Mai 2011 bis zum 29. Juli 2011 absolvierte der Kläger im Rahmen beruflicher Massnahmen der IV erfolgreich ein Arbeits- und Belastungstraining im IT-Raum des Vereins E.. Ab 1. Oktober 2011 war der Kläger bei der Firma F. als Projektleiter angestellt und bereitete die Übernahme der B. AG vor. Während dieser Einarbeitungszeit vom 1. Oktober 2011 bis zum 31. März 2012 bezog der Kläger im Rahmen beruflicher Massnahmen der IV ein Taggeld. Geplant war, dass er in einem Pensum von 50 % anfangen und dieses anschliessend steigern sollte. Der Kläger hat anlässlich der heutigen Parteiverhandlung jedoch angegeben, bereits ab Oktober 2011 in einem vollen Pensum tätig gewesen zu sein. Ab 1. April 2012 arbeitete der Kläger in einem Pensum von 100 % als Geschäftsleiter der übernommenen B. AG. Am 11. Juni 2012 erlitt er ein erneutes "Burnout". 5.2 Mit Arztzeugnis Kollektiv-Taggeld vom 25. Juni 2012 diagnostizierte der behandelnde Arzt Dr. D. eine Anpassungsstörung mit Angst und depressiver Reaktion (ICD-10 F43.2) und Probleme mit der Arbeit als Geschäftsführer (ICD-10 Z56.-). Der Patient habe den Aufwand nach der Übernahme des Malergeschäfts völlig unterschätzt, woraufhin sich erneut eine Erschöpfung entwickelt habe. Vom 26. Juli 2012 bis zum 22. August 2012 war der Kläger erneut in der Klinik C. hospitalisiert. Im Austrittbericht vom 21. August 2012 wurden die Diagnosen einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode (ICD-10 F33.1); eines Erschöpfungssyndroms (ICD-10 Z.73.-) sowie einer Hypercholesterinämie, Dyslipidämie gestellt. Mit Schreiben vom 7. November 2012 führte Dr. D. aus, dass die erste Therapie am 24. Oktober 2011 abgeschlossen worden sei. Der Patient habe sein Selbstver- Seite 5
6 trauen wiedererlangt, sich gesund und zu 100 % arbeitsfähig gefühlt. Seiner Ansicht nach sei aktuell von einer Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion auszugehen, so dass die individuelle Disposition oder Vulnerabilität eine Rolle spiele, jedoch davon auszugehen sei, dass das Krankheitsbild ohne äussere Belastung nicht entstanden wäre. Die diagnostischen Unterschiede zwischen der von ihm festgestellten Anpassungsstörung und der im Austrittsbericht der Klinik C. vom 21. August 2012 festgehaltenen rezidivierenden depressiven Störung seien letztlich nicht entscheidend, sondern würden lediglich die Stabilität der Persönlichkeit und die Bedeutung der auslösenden Situation unterschiedlich gewichten Der Kläger macht geltend, dass seine Gesundheit im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vollständig wiederhergestellt gewesen sei, eine komplett neue Tätigkeit aufgenommen worden sei und deshalb nicht mit einem Rückfall bzw. mit einem Wiederaufleben des "Burnouts" habe gerechnet werden müssen Vorab ist festzuhalten, dass Erschöpfungsgefühle und andere gesundheitliche "Burnout"-Beschwerden, die zusammen mit einem überdauernden Gefühl der Überforderung durch Arbeit auftreten, nach anerkannten medizinischen Standards keine Krankheit darstellen. Vielmehr handelt es sich bei diesen Beschwerden um Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen. Ein "Burnout" ist ein Risikozustand für eine spätere psychische oder körperliche Erkrankung wie Depression, Tinnitus, Hypertonie oder Infektionskrankheiten. Selbstredend können "Burnout"-Beschwerden auch Folge einer bestehenden Krankheit sein (PHILIPP EGLI, Was soll das Verwaltungsverfahren?, in: recht 2013, S. 72 mit weiteren Hinweisen). Ein "Burnout" tritt bei Personen mit bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen in psychosozialen Belastungssituationen auf (Urteil des Bundesgerichts vom 20. September 2011, 8C_302/2011, publiziert in: Sozialversicherungsrecht - Rechtsprechung [SVR] 2012 IV Nr. 22 E. 2.3 mit weiteren Hinweisen). Vorliegend steht jedoch ohnehin nicht die Diagnose eines "Burnouts" im Vordergrund, sondern diejenige der Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion durch Dr. D. respektive die Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung durch die Ärzteschaft der Klinik C.. Aus den Akten wird ersichtlich, dass zumindest die Diagnose der Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion bereits im Rahmen des ersten Auftretens der Symptomatik des Beschwerdeführers gestellt worden ist. Damit steht fest, dass sich zum Zeitpunkt des Vertragsabschluss eine depressive Erkrankung beim Kläger bereits manifestiert hatte und eine entsprechende Diagnose vorlag. Die Erkrankung hat zu einer mehrere Monate dauernden Arbeitsunfähigkeit geführt, wobei auch Massnahmen der IV in Anspruch genommen wurden. Die in Erwägung 4.3 hiervor genannten Voraussetzungen des Vorliegens einer medizinischen Diagnose, der Kenntnis des Versicherten von seiner Krankheit und einer bereits eingetretenen Arbeitsunfähigkeit sind somit als erfüllt zu betrachten Fraglich bleibt, ob das aktuelle Auftreten der depressiven Symptomatik als Rückfall zu werten ist und in diesem Zusammenhang, ob eine rückfallgefährdete Grunderkrankung vorliegt. Im Raum stehen die Diagnosen einer Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion und einer rezidivierenden depressiven Störung. Zwar vermag, wie der Beschwerdeführer zu Recht ausführt, die Qualifikation der depressiven Störung als rezidivierend für sich genommen nicht zu bestätigen, dass ein Wiederaufleben der Symptomatik im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Seite 6
7 sicher war, sondern lediglich, dass eine solche Störung vor der Diagnose bereits mehr als einmal aufgetreten ist. Hingegen lässt eine solche Diagnose, wie auch die von Dr. D. gestellte Diagnose einer Anpassungsstörung und im Übrigen auch die Diagnose eines "Burnouts" auf eine grundlegende psychische Vulnerabilität und eine anfällige Disposition des Klägers schliessen. Die vom Beschwerdeführer betonten Unterschiede in den Diagnosen, namentlich die Abhängigkeit der Symptomatik von äusseren Umständen, erscheinen diesbezüglich unmassgeblich. Aus der Bedeutung äusserer Umstände auf die Beschwerden kann entgegen den Ausführungen des Beschwerdeführers nicht ohne Weiteres auf eine fehlende Grunderkrankung geschlossen werden So führt denn auch der behandelnde Psychiater Dr. D. aus, dass die Unterschiede der Diagnosen in der unterschiedlichen Gewichtung der Bedeutung der äusseren Umstände lägen, und nicht darin, dass eine Anpassungsstörung keine psychische Vulnerabilität voraussetze. Ferner stellen sowohl die Beschreibung der aktuellen Symptome als "erneute Entwicklung einer Erschöpfung" durch Dr. D. wie auch die in der Klinik C. gestellte Diagnose einer rezidivierenden depressiven Störung aus medizinischer Hinsicht einen Zusammenhang der heute vorliegenden Arbeitsunfähigkeit zur ersten Erkrankung im Jahr 2010/2011 her. Festzustellen ist damit, dass der psychische Gesundheitszustand des Beschwerdeführers nach dem ersten Auftreten der depressiven Symptomatik im Jahr 2010 als vulnerabel und damit in Bezug auf eine erneute Arbeitsunfähigkeit als risikobehaftet anzusehen war. Für einen auf einer Grunderkrankung basierenden Zusammenhang zwischen dem Krankheitsausbruch im Jahr 2010 und dem Krankheitsausbruch im Jahr 2012 spricht wesentlich auch die relativ kurze Dauer der dazwischen liegenden Phase der Arbeitsfähigkeit. Wird lediglich auf die Arbeit als Geschäftsführer bei der B. AG abgestellt wofür die Ausrichtung von Taggeldern der IV im Umfang von 50 % für die Einarbeitungszeit bei der Firma F. sprechen würde, so ist der Kläger bloss ca. zweieinhalb Monate voll arbeitsfähig gewesen. Doch selbst unter Berücksichtigung, dass der Kläger (auch aus medizinischer Sicht) bereits ab Oktober 2011 wieder in vollem Pensum arbeitsfähig gewesen ist, ist die Dauer dieser Arbeitsfähigkeit mit neun Monaten als kurz anzusehen, insbesondere auch aufgrund der vorangehenden über ein Jahr dauernden Arbeitsunfähigkeit. Von einer längeren Phase, in der keine ärztliche Hilfe in Anspruch genommen werden musste und in der ohne Leistungsabfall einer Erwerbstätigkeit nachgegangen werden konnte (vgl. Urteil des EVG vom 14. März 2006, B 48/04, E. 4.2 f.), kann vorliegend jedenfalls nicht die Rede sein. Aufgrund der diagnostizierten psychischen Vulnerabilität des Klägers und des ersten Auftretens der psychischen Erkrankung im Jahr 2010, die mit einer länger dauernden, teilweise stationären medizinischen Behandlung und einer fast einjährigen Arbeitsunfähigkeit einherging, war ein Wiederaufleben der depressiven Erkrankung bei erneuter (beruflicher) Belastung voraussehbar. Unerheblich ist dabei, dass der Kläger die Stelle gewechselt hat, da der Ausbruch der depressiven Symptomatik seine Ursache in beruflicher, nicht jedoch stellen- oder arbeitsplatzspezifischer, Belastung hat. Nach dem Ausgeführten ist eine vorbestehende psychische Grunderkrankung zu bejahen und festzustellen, dass der Kläger beim zweiten "Burnout" im Jahr 2012 einen Rückfall erlitt. 5.4 Die rückfallträchtige depressive Erkrankung lag damit bereits vor Vertragsabschluss vor und war auch schon diagnostiziert. Da der Kläger aufgrund dieser Erkrankung auch schon längere Zeit arbeitsunfähig gewesen ist, muss das versicherte Ereignis als bereits vor dem Vertragsabschluss eingetreten angesehen werden und der abgeschlossene Versicherungsvertrag Seite 7
8 ist in Anwendung der zwingenden Vorschrift von Art. 9 VVG diesbezüglich nichtig. Da zwischen den Parteien unbestritten ist, dass die Beklagte den Versicherungsvertrag nicht im Wissen um diese Erkrankung abschloss, sind die Voraussetzungen einer Vertrauenshaftung (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 12. Februar 2008, 8C_324/2007, E , Urteil des Bundesgerichts vom 9. Juli 2004, 5C.45/2004, E und 2.2; URS CH. NEF/CLEMENS VON ZEDTWITZ, in: Honsel/Vogt/Schnyder/Grolimund [Hrsg.], Versicherungsvertragsgesetz, Nachführungsband, Basel 2012, Art. 9 N 25) ohne Weiteres zu verneinen. Die Klage ist demnach abzuweisen. 6.1 Das Verfahren vor dem kantonalen Versicherungsgericht ist gemäss Art. 114 lit. e ZPO für die Parteien kostenlos. Von der Erhebung von Verfahrenskosten ist deshalb abzusehen. 6.2 Der obsiegenden Partei ist gestützt auf Art. 106 Abs. 1 ZPO grundsätzlich eine Parteientschädigung zulasten der unterliegenden Partei zuzusprechen. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung besteht im Bereich der Zusatzversicherungen zur sozialen Krankenversicherung ein Anspruch des obsiegenden Versicherungsträgers unter der Voraussetzung, dass der Versicherungsträger durch einen externen Anwalt vertreten ist (vgl. Urteil des Bundesgerichts vom 9. Januar 2001, 5C.244/2000, E. 5 mit Hinweisen, zur Geltung dieser Rechtsprechung unter der ZPO: Urteil des Bundesgerichts vom 17. November 2010, 4A_194/2010, E mit Hinweisen). Die Beklagte wird durch den intern im Rechtsdienst angestellten Advokat Urs Komer vertreten, weshalb sie die Ausrichtung einer Parteientschädigung zu Recht nicht geltend gemacht hat. Die ausserordentlichen Kosten sind demzufolge wettzuschlagen. Seite 8
9 Demgemäss wird e r k a n n t : ://: 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Es werden keine Verfahrenskosten erhoben. 3. Die ausserordentlichen Kosten werden wettgeschlagen. Seite 9
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