Wer behandelt uns, wenn wir älter werden? Kinder und Jugendliche mit Mukoviszidose
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- Richard Peters
- vor 8 Jahren
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1 Wer behandelt uns, wenn wir älter werden? Kinder und Jugendliche mit Mukoviszidose Klinik für f r Kinder- und Jugendmedizin Klinikum Links der Weser Bremen bremen-ldw.de
2 Prof. Ulrich Stephan, Erlangen/Essen Prof. Steffen W. Bender, Uni Frankfurt 1970
3 Agenda Charakteristika der Mukoviszidose: Was ist besonders? was ist exemplarisch? Situation der Mukoviszidosepatienten 2013 Aktuelle Betreuung in Deutschland Welche Probleme treten bei der Versorgung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf Transitionsmodelle Perspektiven und Wünsche für die Zukunft
4 Mukoviszidose (Cystische Fibrose, CF) - Einzigartig, aber exemplarisch: Klinische Charakteristika Häufigste angeborene Stoffwechselerkrankung; unheilbar Frequenz 1: 2500 in Europa Bedingt durch eine Mutation im Gen, das einen Chloridkanal der Zellmembran exokriner Drüsen kodiert (Cystic fibrosis transmembrane regulator = CFTR) Betroffen sind: Bronchialdrüsen Pankreas Schweißdrüsen Gallenwegsepithel Samenleiter
5 Mukoviszidose/CF: Eine Multisystemerkrankung
6 CF-Kaskade Defektes Gen Defekter / fehlender Chloridkanal Chloridsekretion Natriumaufnahme veränderte Sekrete Bronchialverengung + Infektion Entzündung Lungenschädigung
7 CT Thorax eines 25 jährigen Patienten
8 Der tägliche t Kampf gegen die Mukoviszidose - Verbesserungen der Prognose abhängig von: Pankreasenzyme Vitaminsupplementation Ernährungstherapie Inhalationstherapie Sporttherapie bei jeder Mahlzeit täglich täglich 2-x mal/tag täglich Physiotherapie (Sekretelimination) 2x täglich Antibiotika oral bei Infekten inhalativ dauerhaft intravenös 4 x pro Jahr je 14 Tage Bewältigung oft schwierig!
9 Für r eine umfassende Betreuung ist ein kompetentes Team notwendig (aber nicht selbstverständlich) Pflege (Station) verantwortlicher Arzt (Dauerstelle) Ärzteteam für Notfälle und stat. Therapie Koordination (Ambulanz) Psychologie Physiotherapie Sporttherapie Sozialarbeit Ernährungsberatung / Diätküche Langzeitbetreuung aufwändig, nicht komplett finanziert. Betreuung durch Niedergelassene schwierig
10 Mukoviszidose ein kurzer Blick zurück 1936: Fanconi: Zystische Pankreasfibromatose mit Bronchiektasen. Lebenserwartung 7 Monate 1965 Gründung der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Mukoviszidose, Erlangen
11 Medianes Überleben von CF-Pat. (US/Can): Eine Erfolgsgeschichte!! Cystic Fibrosis Foundation: Patient Registry, Annual Data Report 2009
12 Für r die Behandlung der Mukoviszidose reicht ein Spezialist nicht aus Lunge: chronische bakterielle Bronchitis chronische entzündliche peribronchiale Veränderungen, die über Jahrzehnte zur Lungenzerstörung führen Pankreas: Pankreasselbstverdauung, die zur exokrinen Insuffizienz führt generalisiertes Malabsorptionssyndrom mit - Gedeihstörung und - Mangel an Vitaminen und Spurenelementen Endokrine Störung als Folge der Fibrose des Pankreas mit Diabetes mellitus bei ca 30% der erwachsenen Patienten Gallenwege und Leber: Leberentzündung, Fibrose bis zur Zirrhose bei ca 30% der Patienten Daten: Qualitätsbericht Mukoviszidose 2011
13 Für r die Betreuung müssen viele Disziplinen vorgehalten werden HNO Radiologie (intervent.) Kardiologie Radiologie Gastroenterologie Orthopädie Chirurgie Ernährungsmedizin Pneumologie Kardiologie Endokrinologie Gynäkologie Urologie / Fertilitäts- Therapie Tx-Chirurgie - Lunge - Leber
14 Daten der Qualitätssicherung tssicherung Mukoviszidose Deutschland Beteiligte Einrichtungen 80 (mit Basis- und Verlaufsdatensätzen beteiligt) Bekannte Patienten Verlaufsdatensätze 2011: Patienten Folgerung: Nur ein Teil der diagnostizierten Patienten wird regelmäßig an einer zertifizierten Einrichtung betreut. Viele Einrichtungen beteiligt Grad der Zentralisierung im Vgl. zu Nachbarländern extrem niedrig (Berichtsband Qualitätssicherung Mukoviszidose 2011; M. Stern Hrsg.; Hippocampus Verlag )
15 Situation der Betreuung in Deutschland
16 Die Mehrheit der CF-Pat. in Deutschland ist mittlerweile älter als 18 Jahre!
17 Argumente für f r eine spezifische Erwachsenenbetreung bei CF Kontinuierlicher Anstieg der Lebenserwartung Anstieg der Anzahl der erwachsenen Patienten Spektrum der Komorbiditäten/Probleme bei Erwachsenen mit CF anders: - CF-assoziierter Diabetes mellitus - Osteoporose - Infertilität - Chronisches DIOS - Malignome - Sauerstofftherapie und nicht-invasive Maskenbeatmung - psychiatrische Komorbiditäten Eigenverantwortung der Patienten und Unabhängigkeit stärken Unterstützung der Ablösung von den Eltern Entscheidungen selbst treffen mod. und ergänzt nach Donagh JE et al Pediatr. Clin N Am 2003; Smacny N et al, Pneumologe 2013
18 Warum die CF-Betreuung bei internistischen (pneumologischen) Ärzten und Kliniken nicht populär ist Historische Gründe - Kein Thema der Weiterbildung an vielen Kliniken CF im vgl. zu Malignomen und COPD sehr selten Zeitaufwändig (auch Fortbildung), da komplex Patienten sehr anspruchsvoll und sehr gut informiert Teamarbeit mit nichtärztlichen Berufsgruppen nötig, aber nicht gegenfinanziert; Qualifizierung aufwändig Spezialisierung nicht karrierefördernd; langfristige Bindung nötig Ambulanzen nicht kostendeckend Teure Medikamente: z. B. DNase (1 Monat: 1150 ) z. B. inhalatives Tobramycin 300mg (1 Monat: 3350 ) z. B. Chloridkanal-Korrektor Kalydeko (1 Monat )
19 A Transitionsmodelle in Deutschland (Auswahl) Pädiatrische Ambulanz Transitionsphase Erwachsenen-Ambulanz B Pädiatrische Ambulanz Transition Transitionsambulanz Erwachsenen- Ambulanz C D Pädiater Ltg. Pädiater Internist. Pneumologe Integrierte Ambulanz Internist. Pneumologe Integrierte Ambulanz Kontinuität auch über die nichtärztlichen Therapeuten in integrierten Ambulanzen!
20 Potentielle Probleme bei der Transition bei CF Kommunikation zwischen Patient und neuen Betreuern Kommunikation zwischen den Institutionen Informationsweitergabe (Vorgeschichte 18 Jahre!) Unterschiedliche Betreuungsstile oder Therapiekonzepte Medizinisches Wissen in Bezug auf CF (Pat. versus unerfahrener Arzt) Optimale Therapie erfordert Motivation der Pat., Empathie und psychologische Ressourcen bei den Betreuuern Traditionell hoher Grad an Selbstbestimmung Gewohnheitsmäßig Sonderrolle in den Kinderkliniken (Zimmer, Belegungssituation,...) Patienten verlassen Kinderambulanz, kommen aber in der Erwachsenenambulanz nicht an (Betreuungslücke)
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23 Transition: Bedenken aus Sicht der Eltern Verlust der Bindungen (oft über Jahre entstanden) Gemeinsam mit den betreuenden Ärzten schwierige Krankheitsphasen durchstanden (Diagnosestellung, Rezidive, Komplikationen; auch psychische Problemphasen der Pubertät) Teilen von Sorgen und Ängsten mit den Ärzten Drohender Ausschluss der Eltern von der medizinischen Information und Entscheidungsfindung Verlust von Vertrauen Verlust von Informationen mod. aus NASPGHN Recommendations JPGN 34; 245-8, 2002
24 Transition Bedenken aus Sicht des Pädiaters Starke emotionale Bindungen zum Patienten (oft über Jahre entstanden) Gehen die weiterbetreuenden Kollegen auf die speziellen Bedürfnisse des jungen, noch nicht gefestigten Erwachsenen ein? Eingehen auf die psychosozialen Probleme? Völliger Wechsel des Therapiekonzeptes und Verunsicherung des Patienten? mod. aus NASPGHN Recommendations JPGN 34; 245-8, 2002
25 Transfer: Beispiele Essen; Hannover; Hamburg; Berlin; Frankfurt Faktoren für Erfolge: Langfristige Strategie; Transferphase 1-2 Jahre Unterstützung/Verankerung in der Institution Protagonisten mit langfristiger Perspektive ausgiebiges Teaching des gesamten Teams Faktoren für Scheitern: Weggang von Verantwortlichen Kurzfristige Strategien Fehlende Einbindung der Patienten Fehlende Ausbildung des Personals
26 Die Transition fällt f in eine ohnehin problembelastete Lebensphase (Adoleszenz)! Subjektive Belastungen durch die Therapie (Zeitaufwand, Monotonie) Moola FJ et al; Child Care Health Dev Sorgen und Zukunftsängste Moola FJ et al; Child Care Health Dev Nicht-Akzeptanz und Verleugnung Pubertäre Konflikte mit den Eltern beziehen sich besonders auf Medikation, Essen, Lebensführung Pubertätsverzögerung Over-Protection und fehlende Entwicklung der Selbstständigkeit Gesundheitsschädigendes Verhalten (Rauchen, Alkohol) Non-Adherence 40% für Physiotherapie (Flores JS et al; Resp Care 2013) bis 50% für Inhalation beeinflusst Zahl der Exazerbationen (Eakin MN et al; J Cystic Fibr 2011)
27 Die Adoleszenz als kritische Phase der CF Lungenfunktion (FEV1) im Verlauf. (Daten aus US-Register)
28 Interviews mit chronisch kranken Adoleszenten zum Transfer (Soanes et al, J Child Care 2004; 8; ) 12) Wohlfühlen und Familiarität in der Pädiatrie Informelles versus formelles Verhalten (Kittel und Schlips..) Infantil versus altersentsprechend Transferprozess vorbereitet? Wunsch: Flexible und individualisierte Betreuung auch in der Erwachsenenmedizin Zum Zeitpunkt des Endes der Schule, des Auszugs bei den Eltern; nicht starr mit 18. Lebensjahr Ängste vor neuer Situation, neuen Ärzten Chance, durch den Transfer die Unabhängigkeit von den Eltern zu unterstützen Wunsch: Begleitung des Transfers durch Freunde, andere Betroffene
29 Mögliche Maßnahmen zur Verbesserung des Transitionsprozesses (Review: Crowley R et al Arch Dis Child 2011) Krankheitsspezifisches Schulungsprogramm Transitionskoordinatorin Intensive Betreuung (Case Management) Telefonsupport sozialpädagogische oder psychologische Begleitung Gemeinsame Transitionssprechstunde Separate Sprechstunde für junge Erwachsene
30 Crowley
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33 Wie kann die Transition unterstützt tzt werden? Langfristige Vorbereitung mit Gesprächen Jahre vor Transfer Sprechstunde nur mit dem Jugendlichen ab Jahre Vorbereitend Prozess der Ablösung von den Eltern fördern Kommunikation mit internistischen Kollegen Variabler Zeitkorridor zwischen 16 und 21 Jahre (nach physischer und psych. Entwicklung, nach Bereitschaft, nach Berufsausbildung) Gemeinsame Termine mit Mitgliedern beider Teams Transfer aller wichtigen Informationen Absprachen/Vereinbarungen mit den Patienten Unterstützung/Begleitung von Freunden sicherstellen
34 Fazit 1: Transition bei Mukoviszidose Eine spezifische Erwachsenenbetreuung sollte auch in Deutschland regelhaft etabliert werden Schwierigkeiten bei der Realisierung sind vielfältig: auf der Ebene der Patienten und deren Eltern auf der Ebene der Pädiater auf der Ebene der Internisten auf der Ebene der Institutionen und deren Finanzierung Eine entsprechende Betreuung wird noch nicht flächendeckend angeboten Für die Realisierung sind Impulse von außen notwendig
35 Fazit 2: Transition bei Mukoviszidose Die Modelle der Betreuung sollten nach lokalen Gegebenheiten konzipiert werden; Überlegenheit eines Modells nicht belegt. Altersübergreifender Einsatz von nichtärztlichen Betreuern kann die Kontinuität der Betreuung unterstützen Schulungen können die Transition verbessern (ModuS) Für alle Modelle sind Kontrollen der Qualität (Lungenfunktion, regelmäßige Besuche, QOL etc) zu fordern Die Konzepte sollten nicht nur die Transition, sondern auch die Adoleszenz-spezifischen Probleme des Coping und der Adherence adressieren Eine Progression der Verschlechterung der Lungenfunktion sowie eine Lücke in der Betreuung kann keinesfalls akzeptiert werden.
36 Folgerungen und Forderungen: CF-Versorgung bei Erwachsenen CF-Versorgung muss für Internisten attraktiver werden (Dauerstellen!!) Förderung der Aus- und Weiterbildung Konzentration an regionalen Zentren Finanzierung der ambulanten nichtärztlichen Therapeuten Verbesserung des Outcome Verbesserung des Transitionsprozesses Finanzierung von evtl. Parallelbetreuung und von Koordinationstreffen Finanzierung der Koordinatoren / des Case-Managements Bündelung der verschiedenen Aktivitäten zur Transition in Deutschland (DGKJ, Selbsthilfeverbände, ModuS, usw)
37 Vielen Dank für f r Ihre Aufmerksamkeit! DÄB 2011
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