Kooperatives Lernen. Prof. Dr. Dieter Euler. Universität St. Gallen. Prof. Dr. Dieter Euler
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- Elsa Brauer
- vor 8 Jahren
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1 Kooperatives Lernen Universität St. Gallen
2 Was ist das?
3 Vier Stimmen "Teamarbeit ist allgegenwärtig in der Arbeitswelt sie muss es auch beim Lernen werden!" "Teamarbeit? Team steht doch da zumeist für: Toll, ein anderer macht's!" "Teamarbeit das ist doch häufig Beschäftigungstherapie und eine laue Zeit für den Lehrenden " "Da mache ich es doch lieber selber da lerne ich mehr und es geht schneller!"
4 Überblick 1. Grundlegung: Was ist kooperatives Lernen (KOL)? 2. Zielbezüge: Welche Kompetenzen können im Rahmen des KOL gefördert werden? 3. Gestaltungsparameter: Welche Ausprägungen kann KOL besitzen? (Problemstellung, Kernaktivitäten, Rollen, Reflexionsgrad) 4. Zielgruppe: Welche Voraussetzungen bringen Lernende in das KOL ein? 5. Teamentwicklung: Wie werden Teams zu Teams? 6. Teameffektivität: Was bestimmt die Leistungsfähigkeit des KOL? 7. Evaluation: Wie können Teamkompetenzen diagnostiziert werden? 8. Zusammenfassung
5 1 Grundlegungen: Was ist kooperatives Lernen? Definition: "KOL meint ein Lernarrangement, bei dem zwei oder mehrere Personen gemeinsam an einer Aufgabe arbeiten, wobei alle an der Arbeit partizipieren sollten und gemeinsam für die Durchführung und das Ergebnis verantwortlich sind." (Schnebel, 2002, 54) Merkmale: o o o o Mehrzahl von Personen, die sich in Interaktion (noch) gegenseitig beeinflussen können; die unterschiedliche Einzelinteressen auf ein gemeinsames Ziel abstimmen; die eine (komplexe) Arbeitsaufgabe bearbeiten, die aus mehreren Teilaufgaben besteht; die ihr Handeln organisieren und sich dabei auf Regeln stützen
6 1 Grundlegungen: Gemeinsam!? Gemeinsam oder Gemein + einsam
7 1 Grundlegungen: Varianten des kooperativen Lernens Klassische Gruppenarbeit Kollaboratives Lernen Peer Tutoring Peer Assessment Computer Supported Cooperative Learning (CSCL) Kooperation unter den Schulbänken...
8 1 Grundlegungen: Didaktische Grundfragen Geeignet für welche Lernvoraussetzungen? Kooperatives Lernen Potenzial für welche Lernziele? Lernvoraussetzungen Lernziele
9 2 Zielbezüge: Welche Kompetenzen können im Rahmen des KOL gefördert werden? Kooperatives Lernen Sachkompetenzen / kognitive Lernziele Sozialkompetenzen / Team-/Kooperationsfähigkeiten
10 2 Zielbezüge: Gruppenarbeit ein Weg zur Förderung von Sozialkompetenzen? positive Interpretation Gruppenarbeit negative Interpretation Gruppenarbeit Voraussetzung Wirkung Defizit Zerstörung Sozialkompetenz Teamfähigkeit Sozialkompetenz Teamfähigkeit "Nur weil Einzelne in ein Team gesteckt werden, heißt das nicht, dass sie das Wissen, die Fertigkeiten und die Haltung haben, die nötig sind, um in einem Team effektiv zu arbeiten." (Johnson & Johnson)
11 3 Gestaltungsparameter (1): Welche Problemstellung liegt dem KOL zugrunde? Disjunktive Problemstellung (erfordert keine oder nur koaktive Zusammenarbeit) Beispiel: Definieren Sie KOL und geben Sie ein Beispiel für das Vorliegen der Definition für die Bereiche Schulunterricht und Erwachsenenbildung! Konjunktive Problemstellung (erfordert interaktive Zusammenarbeit mehrerer Gruppenmitglieder) Beispiel: Entwickeln Sie in Ihrer Gruppe ein Instrument, mit dessen Hilfe Sie als Gruppe den Erfolg des KOL in der Gruppe evaluieren können. Das Instrument soll aus den max. 8 wichtigsten Fragen bestehen, über die die Gruppe im Rahmen der Selbstevaluation reflektieren und zu einer Lösung kommen soll. Die Fragen der Selbstevaluation sollen sich auf die Aussagen in diesen Folien beziehen! Es sind nur solche Fragen einzubeziehen, die mindestens von der Hälfte der Gruppe akzeptiert werden!
12 3 Gestaltungsparameter: Welche Aktivitäten sind für ein effektives KOL wichtig? Sachbezogene Aktivitäten Ziele festlegen Informationen austauschen Entscheidungen treffen Zielerreichung überprüfen Beziehungsbezogene Aktivitäten Kohäsion fördern Verantwortung übernehmen Konflikte klären Reflexive Aktivitäten Regelmäßige Reviews über den Arbeitsfortschritt Wechselseitiges Feedback Abstimmung zwischen IST und Zielen
13 3 Gestaltungsparameter: Mögliche Rollenausprägungen Führungsrollen Visionär, Coach, Katalysator, Netzwerkbauer, strategischer Planer, Organisator, Integrator, Motivator, Konfliktlöser, Machtpromotor, Kontrolleur... Mitgliederrollen Fachexperte, Querdenker, Advocatus Diaboli, Sozialhygieniker, Zeitmanager, Prozessmanager, Evaluator, Sündenbock...
14 3 Gestaltungsparameter: Zusammensetzung von Teams Wie werden Teams zusammengesetzt? Welche Rollen sind unverzichtbar? Wieviel Diversität für welche Aufgabe? Wer entscheidet über die Zusammensetzung von Teams?
15 5 Gestaltungsparameter: Reflexivitätsgrade beim KOL High task reflexivity Type D: Cold efficiency team High task effectiveness Average or poor mental health Short-term viability Type A: Fully functioning team High task effectiveness Good mental health Long-term viability Low social reflexivity High social reflexivity Type C: Dysfunctional team Poor task effectiveness Poor mental health Very low team viability Type B: Cosy team Poor task effectiveness Average mental health Short-term viability Low task reflexivity West, 2004, S. 3
16 5 Gestaltungsparameter: Zusammenhang von Reflexion und Gruppenleistung aufgabenbezogene Gruppenreflexivität Gruppenleistung soziale Gruppenreflexivität mentales Wohlbefinden der Gruppenmitglieder Modell der Gruppenreflexivität (West, 2004)
17 3 Gestaltungsparameter: "Richtige Teams" vgl. Walzik, 2006, S. 74
18 4 Zielgruppe: (Kritische) Typen in Teams - Chance oder Problem? Kunert, K./Knill, M. (2000): Team und Kommunikation Theorie und Praxis. Aarau: Bildung Sauerländer, 2. Auflage.
19 Berechen- barkeit 4 Zielgruppe: Mögliche Typenausprägungen Sicherheit Ordnung Organisation Planung Kontrolle Dauer Im Griff haben Prinzipien Verantwortung Zuverlässigkeit Es gehört sich! Distanz Unabhängigkeit Autonomie Freiheit Individualität Alleinsein Abstand Intellekt Respekt Kühle Jeder für sich! Abgegrenztheit Harmonie Kooperation Geselligkeit Miteinander Zärtlichkeit Liebevolle Nähe Gefühle Vertrauen Ich für Dich - Du für mich! Nähe Veränderung Flexibilität Wandel Lebendigkeit Abwechslung Entwicklung Überraschung Hier und Jetzt! Spontaneität Mir ist danach! Wechsel Riemann-Thomann-Kreuz und typische Qualitäten der Pole (in Anlehnung an Stahl, 2002, S. 221 und S. 225)
20 4 Zielgruppe: Kritische Ereignisse / Verhaltensweisen z.b. Problematische Rollen (Trittbrettfahrer, Dominante, Destruktive...) TEAM = Toll, ein anderer macht s Team unter- / überfordert mit Aufgabe (fehlende Aufgabenmotivation) gestörtes Vertrauen zwischen Mitgliedern (bis zu Mobbing) Hierarchiestrukturen belasten Teamzusammenhalt ungeteiltes Wissen wird nicht aktiviert Angst vor Fehlern und Verantwortungsübernahme unterschiedliche Interessen können nicht verbunden werden Zielausrichtung wird aus dem Blick verloren, defizitäre Handlungsorganisation im Prozess
21 5 Teamentwicklung: Prozess der Gruppenentwicklung - Beispiel TZI Der Weg vom Ich zur arbeitsfähigen Gruppe (Langmaack/Braune-Krickau 1993, S. 65)
22 5 Teamentwicklung : Prozess der Gruppenentwicklung - Beispiel Phasenmodell Teamfindung (Forming) Konfrontation (Storming) Organisation (Norming) Reife (Performing) aber: offen, ob immer alle Phasen (linear) zu durchlaufen sind, um die Leistungskraft der Gruppe zu erreichen
23 5 Teamentwicklung : Prozess der Gruppenentwicklung - Beispiel Wachstumsmodell Ansatz: Hervorhebung von Kernfaktoren für die Entwicklung von leistungsfähigen Gruppen...: Gruppe besitzt transaktives Gedächtnis Ziele sind klar und akzeptiert (geteilte mentale Modelle) Zuständigkeiten sind geklärt und ändern sich, wenn erforderlich Mitglieder tauschen (auch) ungeteiltes Wissen aus Alle Mitglieder übernehmen Verantwortung für das Gelingen Konflikte werden ausgetragen Team lernt und ist entwicklungsfähig Beiträge werden gewürdigt und geschätzt Kommunikation ist offen und engagiert Prozesse werden reflektiert und besprochen... Mower und Wilemon: Team Building in a Technical Environment, in Kocaoglu (1988), Handbook of Technolgy Management
24 6 Teameffektivität: Teampyramide Verantwortungsübernahme Zusammenhalt Aufgabenbewältigung Zielorientierung Kauffeld, 2004, S. 12
25 6 Teameffektivität: Teampyramide Überprüfung im Hochschulkontext Vorgeschaltete Wirkfaktoren, insb. Wissen über effektive Gestaltung von Teamarbeit Aufgabenmotivation durch herausfordernde Problemstellung Feedback des Lehrenden Ausreichende Zeitressourcen Prüfungsbezug Verantwortungsübernahme Zusammenhalt Aufgabenbewältigung Befunde über Homogenität / Heterogenität in Teamzusammensetzung mehrdeutig (vgl. auch Weege, 2003) Zielorientierung Gomez, 2007
26 7 Evaluationen: Wie können Teamkompetenzen diagnostiziert werden? Beispiele für Instrumente, u.a.: SYMLOG Beobachtung von Gruppen (Bales & Cohen, 1982) SAG Soziale Architektur von Gruppen (Redlich, 1997) KKR Kasseler Kompetenz-Raster (Kauffeld & Grote, 1999) Teamklima-Inventar (Brodbeck, Anderson & West, 2000) Fragebogen zur Teamarbeit (Dick & West, 2001) Fragebogen zur Arbeit im Team (Kauffeld, 2004) "In schulischen Gruppen arbeiten" (Walzik u.a., 2006) Fragen: Sind theoretische Grundlagen ausgewiesen? Ist Instrument empirisch getestet? Ist Situationskontext geeignet (Zielgruppe; Betrieb / Schule) Ist Einsatz auch für Praktiker leistbar?
27 7 Evaluationen: Wie können Teamkompetenzen diagnostiziert werden? Einschätzungsbogen zur Erfassung von Teamkompetenzen in Schule (Jentzsch, 2008) 13 Items hier Perspektive Lehrkraft: Der Schüler / die Schülerin hat das gemeinsame Ziel des Teams gekannt. hat eine Teilaufgabe innerhalb des Teams übernommen. hat die anderen Teammitglieder ausreden lassen. hat anderen Teammitgliedern schwierige Sachverhalte und Fachbegriffe erklärt. hat andere Meinungen akzeptiert. hat anderen Teammitgliedern Unterstützung angeboten. hat von anderen Teammitgliedern Unterstützung angenommen. hat die im Team getroffenen Regelungen, Termine und Absprachen eingehalten. hat immer den aktuellen Arbeitsstand des Teams gekannt. hat die Funktionsrollen der anderen Teammitglieder respektiert. hat mit den Teammitgliedern nach Lösungen gesucht. hat das Ergebnis seiner / ihrer Teilaufgabe beim Team abgeliefert. hat seine / ihre Funktionsrolle innerhalb des Teams wie vereinbart erfüllt.
28 8 Zusammenfassung (1) Erkenntnisperspektive Ausgewählte Befunde: Kooperatives Lernen mit Potenzial zur Förderung von... kognitiven Prozessen auf höherem Niveau deep learning (vs. surface learning ) intrinsischer Motivation Selbstwertgefühl und Selbstwirksamkeit der Lernenden Lernverantwortung sozialen Kompetenzen Ungewissheitsorientierte Lernende fühlen sich in offenen Lernumgebungen wohler und agieren leistungsstärker als gewissheits- / sicherheitsorientierte Lernende
29 8 Zusammenfassung (2) Gestaltungsperspektive 1. Welche Ziele? (SaKo SoKo / sach-, beziehungsbezogene, reflexive ) 2. Welche Lernvoraussetzungen? (Rollenbesetzung, kritische Typen ) 3. Welche Interventionen? Vor dem Anfang: Teamzusammensetzung; Wissen über Teamarbeit; Problemstellung / Aufgabenmotivation; Zeitressourcen Im Prozess: Zielorientierung; Unterstützung der sachbezogenen Aufgabenorganisation und Beziehungsgestaltung... Nach der Arbeit: Unterstützung Reflexion (u.a. Reviews; Feedback)
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