Risikomanagement & FRAUD Anti-FRAUD eine neue Dimension der Mißtrauenskultur in Unternehmen
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- Helmut Kraus
- vor 8 Jahren
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1 Risikomanagement & FRAUD Anti-FRAUD eine neue Dimension der Mißtrauenskultur in Unternehmen Unternehmensinterne Wirtschaftskriminalität ist ein heikles Thema, gerade wenn Aktivitäten in Führungspositionen gemeint sind. Das BKA veröffentlichte für 2006 ein Schadensvolumen von 5 Mrd. Euro aus wirtschaftskriminellen Handlungen Tendenz steigend, Dunkelziffer 80%. Mittlerweile erlebt eine ganze Branche an Wirtschaftsdetektiven einen gewaltigen Aufschwung. Die Kolleg/innen machen es sich zur Aufgabe, interne Kontrollsysteme und Monitormechanismen auf so genannte dolose Handlungen zu eichen. Zum Fangschema zählen Diebstähle und Betrugsdelikte aus der Line ebenso wie die Manipulation von Finanzinformationen, Korruption und Kartellrechtsverstösse. Dass Aktivitäten, die der persönlichen Bereicherung zum Schaden des Unternehmens dienen, aktiv geahndet werden, ist selbstverständlich. Doch wie verhält es sich mit den Delikten, zu deren Durchführung eine gehobene Position Voraussetzung ist und die nicht selten in vermeintlicher Wahrnehmung der Unternehmensinteressen erfolgen? Selbst Vorstände großer Konzerne sehen sich angesichts einer allgemein anerkannten Shareholdervalue- Orientierung einem massiven Erfolgsdruck ausgesetzt. Kennzahlen regieren. Dabei lassen Besetzungspraktiken und Vertragskonditionen für die TOP-Positionen wenig Zeit. Schnelle Erfolge sind bei der aktuellen Aufsichtsrats- und Aktionärshaltung der ausschlaggebende Maßstab. Um ein Vielfaches stärker wird der Druck für die Geschäftsleitungen von Konzerntöchtern oder mittelständischen Betrieben, deren Hauptaktionäre Beteiligungsgesellschaften sind. Das Ausweichen auf Manipulation erscheint in den derzeitigen Strukturen eher akzeptiert zu werden als der aktive Versuch, die Erfolgserwartungen der Kontroll- und Eignergremien an Machbares, langfristig Orientiertes anzupassen. Noch komplexer sind die Delikte im Bereich des Corporate Misconduct. Die Schmiergeldaffäre bei Siemens und die öffentliche Ausschlachtung des Themas zeigt eigentlich nicht mehr als die Unbeholfenheit von Betroffenen, Verantwortlichen und Öffentlichkeit, die Balance zwischen Nutzenmaximierung und ethischen Grundwerten zu finden. Statt Feindbilder aufzurufen und die Atmosphäre von Misstrauen und schneller Vorteilssicherung in den Unternehmen zu verschärfen, scheint es doch mehr als angebracht, die Bedingungen, unter denen Unternehmenssteuerung heute gehandhabt werden muss, zu verändern.
2 Es gibt wirksame Beispiele und Ansatzpunkte dafür, wie auch die Führungsspitze verbindliche Rahmenpunkte einfordern kann. Belastbare Allianzen und eindeutige Conducts zwischen Entscheidern und Kontrolleuren sind hierfür Bedingung. Dazu müssen sich Kommunikationsverhalten, Rollenverständnis und die Zurechnung unternehmerischer Verantwortung verändern. Da Legitimation und Erwartungsdruck sowohl innerhalb des Unternehmens wie auch zwischen Unternehmen und Unternehmensumfeld Politik, Behörden, Öffentlichkeit, Wettbewerber entstehen, muss in zwei Stufen gegengesteuert werden. Die erste Stufe besteht darin, dass im Zentrum der Unternehmensleitung zwischen Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptanteilseignern ist ein persönliches Committment auf konkrete, ethische Unternehmensgrundsätze herbeigeführt wird. Dieses Commitment zieht von Innen her die Grenzlinie zwischen akzeptiertem und nicht akzeptiertem Führungsverhalten und gibt dem Management Leitlinien für eine Unternehmenspolitik, die von allen getragen wird. Leitbilddeklarationen sind hier wertlos. Es geht vielmehr darum, persönlich Position zu beziehen, Verantwortung zu übernehmen für die Konsequenzen einer bestimmten Werthaltung. Ein Aufsichtsrat kann dann entweder die Konsequenzen einer imageschädlichen Personalpolitik oder den Aufwand für integrative Lösungen kritisieren.
3 Ein Investor kann dann entweder den Verkauf kurzfristig unrentabler Geschäftsbereiche oder Diversifikation über ein nachhaltiges Beteiligungsmanagement fordern. Die Hürde dieses ersten Schrittes besteht nicht (nur) in der differenzierten Überprüfung aktueller Unternehmensstrategien auf sachliche Konsistenz und politische Risken. Die eigentliche Herausforderung besteht in verbindlichen Zusagen und der Bereitschaft, für eigene Positionen und Prognosen persönlich Verantwortung zu übernehmen. Solange dies nicht erfolgt, müssen immer wieder Schuldige konstruiert werden für Fehler, die die gesamte Führungsriege gemacht hat. Und diese Politik der Prügelknaben erzeugt Druck, Unsicherheit und politische Seiltänze im Management. Häufige Wechsel im TOP-Management, öffentliche Diskussionen um Glaubwürdigkeit und Verantwortung, unternehmensinterne Verunsicherung und eine Kultur der schnellen Räuber sind der Preis. Wird jedoch über längere Zeiträume die konsistente Argumentation managementnaher Interessengruppen beobachtet und eingefordert, so entsteht ein strategisches Profil, das als Maßstab für Managementverhalten und Managementleistung dient. Strategische Brüche können dann nicht mehr durch das Auswechseln von Sündenböcken vertuscht werden. Vielmehr würde die Wertekontinuität eines Unternehmens konkret in die strategische Steuerung einbezogen.
4 Hierfür müssen so genannte weiche Faktoren definiert und messbar gemacht werden, die ein verbindliches, unternehmens- und zum Teil sogar gruppenspezifisches Werteprofil im Unternehmensalltag abbilden. Durch die Verknüpfung kultur- und profilbildender Kernprozesse mit einem Instrument zur Messung und Steuerung der Wertekontinuität entstehen Bezugspunkte auch für komplexe, stark variierende Verantwortungsbereiche. In regelmäßigen Abständen prüfen Inhaber, Beiräte und Geschäftsführer strategische Optionen mit Bezug auf den unternehmensspezifischen Wertekanon, bevor Ziele gesetzt und kommuniziert werden. Anders als üblich müssen in diesen Strategieklausuren besonders rechtliche, politische, soziale und Imagerisiken angesprochen und validiert werden. Diese rollierende Prüfung mit Blick auf Unternehmenspolitik und Werthaltung sichert zum einen strategische Kontinuität zwischen den Klausuren, zum anderen entsteht ein hohes Maß an politischer Reflexion und Verbindlichkeit in der Führungsspitze. Hierzu sind bisher sehr wenige Entscheidungsträger bereit. Und doch sollten sich gerade Anteilseigner fragen, ob nicht genau hier die größten Risikofaktoren für das Unternehmen liegen. Erst wenn im Führungszentrum Einigkeit zu konkret definierten Unternehmensgrundsätzen hergestellt wurde, kann das Unternehmen die Risiken externer Forderungen aktiv gestalten. Dann kann gegenüber Stakeholdern eine einheitliche, langfristige Werthaltung glaubwürdig vermittelt werden. Eine explizite Differenzierung zwischen den Werten, die für das Unternehmen prior sind und für die es verbindlich Verantwortung übernimmt und anderen Werten, für die über die gesetzlichen Grenzen hinaus explizit keine Verantwortung übernommen werden soll, erzwingt eine Rollenklärung zwischen Politik, Unternehmen und Öffentlichkeit. Das Management grenzt hiermit aktiv ab, wo unternehmerisches Engagement für gesellschaftliche Interessen langfristig und fundiert eingesetzt werden soll, und wo nicht.
5 Damit kann eine strategische Flanke geschlossen und eine belastbare Verhandlungsposition geschaffen werden, die langfristige Allianzen ermöglicht und ein glaubwürdiges Unternehmensprofil für Markt und Beobachter schafft. Wertebasiertes Management stellt hierfür eine geeignete Methode dar. Die zum Teil mühsam erarbeiteten Leitbilder und Visionen werden dabei weiterentwickelt zu einem standardisierten Entscheidungsprocedere, das an politikrelevanten Schnittstellen des Unternehmens installiert wird. Dieser Prozess zielt nicht nur darauf, unternehmensweit ein möglichst homogenes, ethisches Committment zu erzeugen. Vor allem aber entsteht ein Instrument, das Risiken mess- und steuerbar macht, die aus kultureller oder unternehmenspolitischer Inkonsequenz entstehen.
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