Grenzgänger-Geschichten aus dem Weinsüden
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- Bella Messner
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1 Pressemitteilung Grenzgänger-Geschichten aus dem Weinsüden Recherche-Anregungen aus den Weinbaugebieten in Baden-Württemberg und rund um den Bodensee Die Weinregionen in Baden-Württemberg stecken voller Geschichte und Geschichten, kurioser Besonderheiten und Anekdoten, von denen es zu erzählen lohnt. Vor allem in den Grenzregionen liefern die Grenzverläufe Anlass für so manches Kuriosum, zeigen Winzer vor Ort, wie sich die vermeintlichen Gegensätze zwischen beiden Regionen genussvoll vereinen lassen. Egal ob im Kraichgau, im Taubertal oder am Bodensee: Überall wo Baden auf Württemberg trifft, berichten Grenzgänger-Geschichten von der Vielfalt im Weinsüden. Grenzenloser Weingenuss am Bodensee Ein See verbindet fünf Anbaugebiete Wer als Weinliebhaber an den Bodensee reist, hat in der Vierländerregion die Qual der Wahl: Rund um den See erstrecken sich insgesamt fünf Weinbaugebiete, die sich in eine Vielzahl an Weinbaubereichen und Lagen untergliedern. Am Nordufer stehen die Weinberge der Anbaugebiete Baden und Württemberg. Östlich davon schließt sich Vorarlberg an, das zum österreichischen Weinbaugebiet Bergland gehört. Am Südufer unterteilt sich das Anbaugebiet Deutschschweiz in die Weinbaukantone St. Gallen, Thurgau und Schaffhausen. Hinzu kommt das Fürstentum Liechtenstein als fünftes Weinbaugebiet. Doch bei allen regionalen Unterschieden und weinrechtlichen Abgrenzungen: Der Weinbau am Bodensee ist geprägt vom besonderen Klima der Region und dem grenzüberschreitenden Austausch, der die Winzer seit Generationen miteinander verbindet. Württemberger Weine vom Bayerischen Bodensee Am deutschen Bodenseeufer treffen die Weinbaugebiete Baden und Württemberg aufeinander. Westlich von Friedrichshafen wachsen badische Reben, östlich davon, rund um Kressbronn, erstreckt sich das Anbaugebiet Württembergischer Bodensee. Hinzu kommt eine Besonderheit, die es in dieser Form nur im württembergisch-bayerischen Grenzgebiet gibt: In den bayerischen Weinbauorten Wasserburg, Nonnenhorn, Hattnau oder Lindau werden Weine mit einer reichlich kuriosen Herkunftsbezeichnung abgefüllt. Auf den Etiketten ist zu lesen: Anbaugebiet Württemberg/Bereich Bayerischer Bodensee.
2 Seite 2 Eine Schmuggelfahrt und der grenzübergreifende Erfolg des Müller-Thurgau Es war kein guter Ruf, der den Weinen am Bodensee noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts vorauseilte. Um dies zu ändern, entwickelten findige Winzer vom badischen Seeufer eine Idee: Die früh reifende Rebsorte Müller-Thurgau sollte auf der deutschen Seite den Weinbau voranbringen. Bereits 1882 von Hermann Müller aus dem Kanton Thurgau gezüchtet, führte die Rebsorte bislang ein Schattendasein und wurde nur versuchsweise am Schweizer Untersee angebaut. Mit einer abenteuerlichen Schmuggelfahrt über den See setzten die Winzer aus Immenstaad 1925 ihren Plan in die Tat um und bauten die Reben zunächst heimlich an. Die gute Qualität des Weins machte schnell die Runde. Doch erst nach dem Zweiten Weltkrieg breitete sich der Müller-Thurgau am deutschen Seeufer aus und legte die Grundlage für den Erfolg der Bodenseeweine. Heute ist er mit rund 29 Prozent der Rebflächen die wichtigste Rebsorte am See. Wie eine württembergische Königin auf badische Weinflaschen kam An sie erinnern in Württemberg noch heute zahlreiche Straßennamen und soziale Einrichtungen, die sie einst stiftete: Olga Nikolajewna Romanowa ( ), russische Großfürstin und Ehefrau des württembergischen Königs Karl, gehörte zu den beliebtesten Regentinnen des Königreichs. Heute ziert ihr Name auch Flaschen des (badischen) Staatsweinguts Meersburg. Ursache sind einmal mehr die wechselnden Grenzverläufe im Süden: Bis weit ins 20. Jahrhundert bildete die Festung Hohentwiel samt der zugehörigen Weinberge eine württembergische Exklave inmitten der badischen Vulkanlandschaft Hegau nordwestlich des Bodensees. Einer der dortigen Weinberge wurde nach der einstigen württembergischen Königin benannt. Der Olgaberg behielt seinen Namen, obwohl er seit 1969 badisch ist und vom Staatsweingut Meersburg bewirtschaftet wird. So schmückt Olga heute nicht nur Straßenschilder in Stuttgart oder Reutlingen, sondern auch badische Weinflaschen vom Bodensee. Adel verpflichtet Weine aus den Häusern Baden und Württemberg Ihre Vorfahren herrschten einst über die historischen Territorien, die im heutigen Bundesland Baden-Württemberg vereint sind. Doch zu ihrem Erbe gehören weitaus mehr als schöne Schlösser und große Namen. Seit Generationen bewirtschaften die Markgrafen von Baden und die Herzöge von Württemberg Weinberge. Ihre Reben stehen in einigen der schönsten Lagen, die das Land zu bieten hat in der Ortenau und am Bodensee, im Remstal und am Neckar. Ihre Weine verbinden jahrhundertealte Tradition mit höchsten Ansprüchen an zeitgemäßen Genuss. Und natürlich kann man sie auch direkt im Schloss probieren und erwerben, unweit des Bodensees in Salem und Friedrichshafen.
3 Seite 3 Von St. Gallen nach Messkirch: Wein aus dem Kloster Im Mittelalter waren es vor allem Klöster, die Weine anbauten und die Technik des Weinbaus über die Jahrhunderte tradierten. Als Messwein und als Grundnahrungsmittel waren die Mönche auf den Rebensaft angewiesen. Eine grenzübergreifende Weinbaugeschichte erzählt der St. Galler Klosterplan, der als ältester Bauplan des Mittelalters weltweit berühmt ist. Er entstand auf der badischen Bodenseeinsel Reichenau, wird in der Stiftsbibliothek des schweizerischen St. Gallen verwahrt und derzeit im oberschwäbischen Meßkirch als mittelalterliche Klosterstadt erstmals gebaut. Die Idee ist ambitioniert: Mit den Werkzeugen und Techniken des frühen Mittelalters soll der Idealplan aus dem 9. Jahrhundert bei einer geschätzten Bauzeit von 40 Jahren realisiert werden. Dazu gehören auch die Weinfässer, die bereits auf dem alten Plan eingezeichnet sind. Auf der Reichenau holte man übrigens schon im 9. Jahrhundert vierzig Rebleute aus der Schweiz zur Hilfe, um den dortigen Weinbau zu intensivieren. Der Inselwein wird dort bis heute angebaut. Schweizer Torkelbäume aus deutscher Eiche Zum Weinerlebnis am Bodensee gehören auch die hölzernen Torkeln, die sich vielerorts erhalten haben und ein Stück Weinbaugeschichte erzählen. Der Bau einer solchen Weinpresse war für die Winzer stets eine Herausforderung, die schon vor Jahrhunderten manch einen über Grenzen gehen ließ. Gutes Bauholz war Mangelware und so ist es kein Wunder, dass man die Baumstämme von weit her holte. Wenn es sein musste, auch mal vom anderen Seeufer. So lautet zumindest die Überlieferung zum Torkelbaum im Thurgauer Schlossgut Bachtobel. Die Eichenstämme für den 1584 datierten und damit wohl ältesten Torkel am Bodensee wurden auf der deutschen Seite geschlagen und zur weiteren Verarbeitung ans Schweizer Ufer gebracht. Ob dies ein Einzelfall war, ist nicht überliefert. Jedenfalls gibt es noch heute viele weitere historische Torkeln rund um den Bodensee zu entdecken. Liebliches Taubertal Ein Fluss verbindet drei Anbaugebiete Von der Quelle bis zur Mündung wandert die Tauber nicht nur mehrmals zwischen Bayern und Baden-Württemberg hin und her. Sie schlängelt sich auf ihrem Weg durch das Liebliche Taubertal auch durch drei verschiedene Weinbaugebiete auf engstem Raum. Im südlichen Taubertal, rund um Creglingen und Weikersheim, wachsen württembergische Reben. Ein paar Kilometer weiter im Norden beginnt mit Tauberfranken die nördlichste badische Weinbauregion. Doch im Taubertal treffen nicht nur das badische Tauberfranken und die nördlichen Ausläufer Württembergs aufeinander. Mit dem Weinbaugebiet Franken kommt auf bayerischer Seite ein weiteres hinzu, das dem Gemeinschaftsgefühl keinen Abbruch tut. Man versteht sich als einheitliche
4 Seite 4 Region und vielleicht verwischen auch deshalb die Grenzen hier noch mehr als anderswo. Etwa beim traditionellen fränkischen Bocksbeutel, der auch im badischen Tauberfranken, nicht aber im württembergischen Taubertal zum Einsatz kommt. Grenzenlose Weinerlebnisse auf der Weinstraße Kraichgau-Stromberg In der Region Kraichgau-Stromberg begegnen sich Baden und Württemberg. Seit Jahrhunderten prägt der Weinbau Landschaften und Lebensgefühl im Land der 1000 Hügel. Entlang der Weinstraße Kraichgau-Stromberg, die sich auf 355 Kilometern zwischen der Rheinebene und dem Neckartal erstreckt, laden mehr als 40 Weindörfer zum Besuch ein auf beiden Seiten der weinbaulichen Grenze. Einmalig sind die Grenzverläufe in Oberderdingen: Der Weinbauort zwischen Karlsruhe und Heilbronn liegt am Übergang vom Kraichgau in den Stromberg und exakt an der weinbaulichen Grenze zwischen Baden und Württemberg. Oberderdinger Winzer bewirtschaften Weinberge in beiden Weinregionen. Legt man die alten Klischees und Befindlichkeiten zugrunde, die über Jahrzehnte hinweg entstanden sind, dürfte es dies eigentlich nicht geben: Trauben aus Baden und Württemberg in einem Weingut, fast undenkbar. Kein Wunder also, dass sich heute Badische und Württemberger Weinstraße in Oberderdingen friedlich begegnen. Grenzgänger-Touren im Weingut Lutz Im Oberderdinger Weingut Lutz stehen kulinarische Grenzgänge nicht nur auf der Speisekarte. Winzer Manuel Lutz, der das Weingut in vierter Generation führt, geht in seinen Weinbergen jeden Tag über Grenzen. Sieben Hektar stehen auf badischer Gemarkung, zehn Hektar in Württemberg. Während er im badischen Kraichgau überwiegend Weißweine anbaut, prägen Rotweine seine Weinberge in den württembergischen Hügeln des Strombergs. Mit der besonderen Lage arbeitet das Weingut aber nicht nur im Weinkeller. Auf dem Programm steht auch eine Grenzgänger-Bustour im Oldtimer-Bus, die Einblicke in die landschaftliche und weinbauliche Vielfalt dieser Grenzregion bietet. Hessen trifft Baden trifft Württemberg Orte in Grenzlage wechseln über die Jahrhunderte gelegentlich ihren Landesherren der ganz normale Lauf der Geschichte. Was dagegen in Kürnbach, einem Weinbauort in der Region Kraichgau-Stromberg, für rund 600 Jahre die Zeitläufte prägte, darf zurecht ein staatsrechtliches Kuriosum genannt werden: Bis 1905 war die Grundherrschaft über den Ort aufgeteilt, zunächst zwischen Hessen und Württemberg, später zwischen Hessen und Baden. Mit allen Konsequenzen: Neben zwei Bürgermeistern gab es auch zwei Standesämter und zwei Keltern. Bis heute gehören eine Hessenkelter und eine Badische
5 Seite 5 Kelter zum Ortsbild. Besonders kurios: Erbaut wurde letztere einst unter den Württembergern. Besen trifft Straußen Sie sprießen überall in den Weinbaugebieten aus dem Boden, in Baden und in Württemberg, im Frühjahr und im Herbst sobald der erste Wein ausgeschenkt wird. Die Besen- und Straußenwirtschaften werden meist von den Winzern direkt betrieben und sind nur wenige Wochen im Jahr geöffnet, viele von ihnen in einfachen Scheunen, Kellern oder Garagen. Geschmückte Reisigbesen vor dem Haus verraten, dass die Saison eröffnet ist und laden zum Besuch ein. In Württemberg heißen sie Besenwirtschaft oder Besa. Im Badischen nennt man sie Straußen oder Straußi. Einzigartig ist die Atmosphäre in jedem Fall. Zwei Superlative zum Schluss: Die höchsten deutschen Weinberge Auch hier reichen sich Württemberg und Baden die Hand: Beide Anbaugebiete dürfen für sich die höchstgelegenen deutschen Weinberge in Anspruch nehmen. In Baden erstrecken sich die Weinberge am Hohentwiel bis auf über 562 Meter. Unterhalb des Hohenneuffen reichen die höchsten Württemberger Reben bis auf etwa 527 Meter. Für beide Weinbaugebiete gilt: Im Weinsüden wachsen die Reben hoch hinaus. Kontakt: Dr. Martin Knauer Pressesprecher Tel.: 0711 / m.knauer@tourismus-bw.de
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