Rohstoffwandel bei der BASF Erdgas, Biomasse und Kohlendioxid können Erdöl als Rohstoff für die Chemieproduktion künftig ergänzen
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- August Pfaff
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1 Basis-Informationen Rohstoffwandel bei der BASF Erdgas, Biomasse und Kohlendioxid können Erdöl als Rohstoff für die Chemieproduktion künftig ergänzen März 2014 P 075/14 Christian Böhme Telefon: Telefax: christian.boehme@basf.com Die Projekte zum Thema Rohstoffwandel bilden im Forschungsverbund der BASF ein wichtiges Technologiefeld. Darin identifizieren Experten interessante Verfahren zur Nutzung alternativer Rohstoffe und bewerten diese Prozesse unter technologischen, ökonomischen und ökologischen Gesichtspunkten. Die wichtigsten Ausgangsstoffe für die Mehrzahl der Wertschöpfungsketten in der chemischen Industrie sind heute Olefine und Aromaten, die hauptsächlich durch Cracken und Reformieren von Naphtha (Rohbenzin) erzeugt werden. Auch Erdgas wird derzeit bereits in vielfältigen Anwendungen als Rohstoff verwendet. Nachwachsende Rohstoffe hingegen werden bislang nur zur Spezialitätenherstellung und in Einzelanwendungen eingesetzt. Ein kurzer Blick in die Geschichte illustriert die Wandlungsfähigkeit der Chemie, denn Verfügbarkeit und Preis von Rohstoffen haben zu jeder Zeit die industrielle Chemie entscheidend mitgestaltet. Bis ins 19. Jahrhundert stellten zunächst nachwachsende Rohstoffe die wesentliche Energie- und Stoffquelle dar. Mit der industriellen Revolution wurde dann Kohle auch zur Basis der chemischen Industrie vorrangig zur Erzeugung von Farbstoffen. Seit etwa sechs Jahrzehnten schließlich dominiert das Öl als fossiler Rohstoff. BASF SE Ludwigshafen Telefon: Corporate Media Relations Telefon: Telefax: presse.kontakt@basf.com
2 Seite 2 P 075/14 Mit seiner vielseitigen Verwendbarkeit sowie vergleichsweise einfachen Logistik und kostengünstigen Konversionstechnologien bietet es klare Vorteile. Ein Blick in die Zukunft rückt allerdings den weiter steigenden Preis des Erdöls, die immer schwerer zu erreichenden Vorkommen und die geopolitischen Unsicherheiten in den Mittelpunkt. Damit gewinnt die Entwicklung neuer Technologien zur Nutzung ergänzender Rohstoffquellen wieder an Bedeutung: Zunächst kann eine Ausweitung der Erdgasnutzung weiterhelfen. Der Erdgaspreis ist jedoch eng mit dem Energiemarkt verknüpft. Nachwachsende Rohstoffe bieten Vorteile wie eine günstige Kohlendioxid-Bilanz oder die praktisch unbegrenzte Reichweite. Ihr großflächiger Anbau, vor allem für die Energienutzung, kann allerdings im Wettbewerb mit der Nahrungsmittelproduktion stehen. Für Nischenanwendungen kommt auch Kohlendioxid in Frage, jedoch ist für die Umsetzung dieser thermodynamisch stabilen Verbindung viel Energie, zum Beispiel in Form von Wasserstoff, nötig. Dieser müsste ohne die zusätzliche Erzeugung von CO 2 gewonnen werden, damit der Gesamtprozess nachhaltig ist. Verfahrensinnovationen erschließen neue Rohstoffquellen Der Rohstoffwandel ist nur mit Verfahrensinnovationen zur stofflichen Nutzung alternativer Rohstoffquellen möglich. Dazu gehören beispielsweise die Dehydriertechnologien, die es erlauben, aus Flüssiggas gezielt Olefine zu gewinnen, die die Basis chemischer Wertschöpfungsketten bilden. BASF hat in den vergangenen Jahren Verfahren zur Erzeugung von C 3 - und C 4 -Olefinen entwickelt: Es handelt sich um wichtige Basischemikalien zur Herstellung zahlreicher Großprodukte wie Superabsorber, Weichmacher, Tenside oder Lösemittel. Dank eines neu entwickelten Katalysatorsystems, das bereits erfolgreich in einer Miniplant-Anlage getestet wurde, können
3 Seite 3 P 075/14 deutlich höhere Selektivitäten und damit eine bessere Ausnutzung des wertvollen Ausgangsmaterials (Propan oder Butan) erzielt werden. In Ludwigshafen betreibt BASF derzeit eine Pilotanlage für die Dehydriertechnologie. Erdgas als Rohstoff nutzt BASF in dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt Feste und fluide Produkte aus Gas. Gemeinsam mit den Projektpartnern hte GmbH, Linde AG, ThyssenKrupp Steel Europe AG, ThyssenKrupp Uhde AG, dem VDEh-Betriebsforschungsinstitut GmbH und der Technischen Universität Dortmund wird ein Verfahren bis zu einem Pilotanlagenkonzept entwickelt, das Erdgas in Wasserstoff und ein Kohlenstoffprodukt spaltet. Das Kohlenstoffprodukt kann potentiell in der Koks- und Stahlindustrie eingesetzt werden. Teil des Verfahrens ist auch die Umsetzung des Wasserstoffs mit Kohlendioxid zu Synthesegas, welches als Zwischenprodukt sowohl für die chemische Industrie als auch für die Herstellung von Kraftstoffen verwendet werden kann. Auch für die Aromaten, die neben den Olefinen zweite wichtige Gruppe von Ausgangsstoffen für Chemieprodukte, wird nach neuen Zugangswegen gesucht. So ist es möglich, Erdgas (Methan) bei hohen Temperaturen mit Hilfe eines Molybdäncarbid-Zeolith- Katalysatorsystems zu Benzol umzusetzen. Forscher der BASF arbeiten an dessen Weiterentwicklung, um die Lebensdauer und die Selektivität zu optimieren. Gleichzeitig entwickeln sie einen Prozess, bei dem Wärme nach einer neuen Methode zugeführt wird und in dem der Katalysator schonend regeneriert werden kann. Ein spezielles Membranverfahren ermöglicht zudem die Abtrennung des während der Reaktion entstehenden Wasserstoffs von dem Ausgangsstoff Methan. Für die Zukunft kann dieses Verfahren ein Weg sein, dem steigenden Preis von Benzol zu begegnen.
4 Seite 4 P 075/14 Einsatzmöglichkeiten von Kohlendioxid bleiben begrenzt Innerhalb des Technologiefeldes Rohstoffwandel untersuchen Wissenschaftler auch einige Ansätze zur rohstofflichen Nutzung von Kohlendioxid (CO 2 ). Dabei prüfen sie, ob sich bestimmte chemische Produkte zu wirtschaftlich vertretbaren Bedingungen mit dem Einsatz von CO 2 herstellen lassen. Ein solches Produkt ist Ameisensäure. Weltweit wird intensiv an der Umwandlung von CO 2 zu Ameisensäure geforscht. BASF-Wissenschaftler entwickeln hierfür ein leistungsfähiges Katalysatorsystem, das diesen Weg wirtschaftlich machen kann. Ziel ist es, CO 2 aus Abgasströmen der chemischen Industrie als Rohstoff zu nutzen. Natrium-Acrylat ist ein weiteres Beispiel: Das BMBF fördert ein Projekt des von der BASF unterstützten Catalysis Research Laboratory (CaRLa) an der Universität Heidelberg und der zur BASF gehörenden hte GmbH. Zusammen mit Wissenschaftlern der Technischen Universität München und der Universität Stuttgart suchen die Forscher nach alternativen Wegen zur Herstellung von Natrium-Acrylat auf Basis von CO 2 und Ethen. Im vergangenen Jahr gelang ihnen, was in 30 Jahren Forschung auf diesem Gebiet noch niemandem gelungen ist: Sie konnten den Katalysezyklus der Reaktion schließen. Damit ist ein erster großer Schritt in Richtung einer industriellen Nutzung der Reaktion getan. Natrium-Acrylat ist ein wichtiger Ausgangsstoff für Superabsorber. Zudem wird vom BMBF ein Projekt zur integrierten Synthese von Dimethylether (DME) aus Methan und CO 2 gefördert, an dem BASF gemeinsam mit der Linde AG, der hte GmbH, der Technischen Universität München, dem Max-Planck-Institut für Kohlenforschung sowie dem Fraunhofer UMSICHT arbeitet. Ziel des Projektes ist es, ein einstufiges Verfahren zu entwickeln, mit dem DME über die
5 Seite 5 P 075/14 Zwischenstufe Synthesegas aus den preiswertesten Kohlenstoffquellen CO 2 und CH 4 hergestellt werden kann. Hierbei entwickelt BASF einen neuen Katalysator zur Herstellung von DME aus einem stöchiometrischen Gemisch von Kohlenstoffmonoxid und Wasserstoff. DME besitzt das Potenzial, in Zukunft als Energieträger verwendet zu werden. Heute schon wird DME in Asien als LPG-Ersatz eingesetzt. Es bietet aber auch hervorragende Eigenschaften als Dieselkraftstoff. Darüber hinaus kann DME zu Olefinen umgesetzt werden, die wiederum als Bausteine für Polymere genutzt werden können. Grundsätzlich kann CO 2 das Rohstoffportfolio der chemischen Industrie für bestimmte Anwendungen in begrenztem Umfang ergänzen. Gewinnen kann man es dazu an Orten, wo es in größerer Menge und in hoher Konzentration anfällt, also etwa Kraftwerken oder Chemieanlagen. Dabei ist CO 2 einerseits zwar eine billige Kohlenstoffquelle, andererseits ist aus thermodynamischen Gründen aber viel teure Energie nötig, um es nutzbar zu machen. Solche Verfahren wären also nur unter der Bedingung ein echter CO 2 -Verbraucher, dass diese Energie CO 2 -frei gewonnen würde. Auf den Klimawandel würden sich die für die Chemieproduktion denkbaren Mengen an CO 2 allerdings auch unter diesen Bedingungen kaum auswirken. Nach Berechnungen der Fachgesellschaft Dechema würde das gesamte weltweite Potenzial zur Herstellung von chemischen Basisprodukten aus CO 2 anstelle von Erdöl oder Erdgas nur ausreichen, um etwa 178 Megatonnen Kohlendioxid pro Jahr zu binden. Das ist weniger als ein Prozent der jährlichen weltweiten CO 2 -Emission. Nachwachsende Rohstoffe bieten langfristig Lösungen Für BASF sind nachwachsende Rohstoffe vor allem aus zwei Gründen interessant: Zum einen führen Kundenanforderungen und rechtliche Rahmenbedingungen zu einem attraktiven Markt. Zum anderen
6 Seite 6 P 075/14 können durch die Verwendung nachwachsender Rohstoffe Produkte mit neuen Eigenschaften hergestellt werden. Auch über den petrochemischen Weg nicht oder nur schwer zugängliche Moleküle können auf diese Weise synthetisiert werden. Bereits heute werden nachwachsende Rohstoffe entlang der gesamten Wertschöpfungskette der BASF eingesetzt und zur Herstellung von Spezialitäten verwendet. Für den weiteren Einsatz ist es wichtig, dass die Nutzung der Biomasse als Chemie-Rohstoff nachhaltig ist und nicht im Wettbewerb mit der Nahrungs- und Futtermittelproduktion steht. Hierzu sind Verfahren notwendig, die die Nutzung nicht essbarer Biomasse möglich machen. Aus Holz gewonnene Lignozellulose ist hierbei ein vielversprechender Rohstoff. Ende 2013 gab BASF bekannt, zusammen mit dem amerikanischen Technologieunternehmen Renmatix das Plantrose TM -Verfahren weiterzuentwickeln. Gemeinsam mit der BASF soll die Technologie im Pilotmaßstab in einer Anlage von Renmatix in Georgia demonstriert und verbessert werden. Bei der Plantrose TM -Technologie wird aus Holzmehl bei hoher Temperatur und hohem Druck zweistufig zunächst Zellulose und schließlich Zucker gewonnen. Industriezucker sind wichtige nachwachsende Grundstoffe, aus denen durch chemische und fermentative Verfahren Biokraftstoffe oder chemische Grund- und Zwischenprodukte hergestellt werden. Bereits Ende 2011 investierte BASF Venture Capital 30 Millionen US-Dollar in Renmatix. Eine weitere Möglichkeit, erneuerbare Rohstoffe im bestehenden BASF-Produktionsverbund zu nutzen, ist das Mass-Balance- Verfahren. Dieses Verfahren erlaubt es, Biomasse anstelle fossiler Ressourcen schon am Anfang der Wertschöpfungskette als Rohstoff einzusetzen und später den jeweiligen Verkaufsprodukten definiert zuzuordnen. Für den Kunden liegt der Vorteil darin, dass Rezeptur und Qualität der Produkte identisch bleiben. Erste Mengen solcher
7 Seite 7 P 075/14 Produkte, Dispersionen für Bauklebstoffe, liefert BASF bereits an einen großen Klebstoffhersteller, der daraus zum Beispiel Fußbodenkleber für die Bauindustrie fertigt. BASF untersucht zudem das Lösen und Verarbeiten von Zellulose mit Hilfe ionischer Flüssigkeiten. Diese Technologie zur Nutzung nachwachsender Rohstoffe soll helfen, heute bestehende Verfahren zu vereinfachen und zu optimieren. Denn mit ionischen Flüssigkeiten lassen sich Lösungen von Zellulose in technisch nutzbaren Konzentrationen bereitstellen und flexibel zu unterschiedlichen Produkten weiterverarbeiten. Produkte wie Zellulosefasern oder Folien könnten künftig über ein Direktlöseverfahren hergestellt werden. Die Einsatzfelder für Zelluloseprodukte und Zellulosederivate sind vielfältig, beispielsweise Textilien, Verpackungen, Papier, Automobile oder Baustoffe. Außerdem können diese Produkte als erneuerbare alternative Ausgangsstoffe für Leichtbaumaterialien weiterverwertet werden. Zellulose ist mit einem Vorkommen von etwa 700 Milliarden Tonnen die größte organische Rohstoffquelle der Erde. Aber selbst von den jährlich sich nachbildenden etwa 40 Milliarden Tonnen werden heute gerade einmal 0,5 Prozent vorrangig als Rohstoff für Papier und Verpackungen verarbeitet.
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