Psychiatrie und Seelsorge im Asyl Schweizerhof
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- Karola Braun
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1 Psychiatrie und Seelsorge im Asyl Schweizerhof von Walter Heidbrink Wer weiß schon noch, wo sich der Schweizerhof und die als Asyl bezeichnete Nervenheilanstalt befand? In Berlin-Zehlendorf am Teltower Damm, wo sich heute die John-F.- Kennedy-Schule befindet, gründete 1854 der Arzt und Psychiater Heinrich Laehr auf einem 156 Morgen großen Gelände eine private Nervenheilanstalt. Der Vorbesitzer, Bauer und Kaufmann Krause aus Teltow, hatte sein auf einem Sandhügel gelegenes bäuerliches Anwesen Schweizerhof genannt. Nach der Chronik über den Schweizerhof verwendete Heinrich Laehr für seine Anstalt den freundlich anheimelnden Namen Asyl Schweizerhof. Laehr war ein Reformator in der Nervenheilkunde und der Zeit weit voraus. Seine Anstalt und sein Wirken erlangte Ruhm in der Psychiatrie. Heinrich Laehr wurde am 10. März 1820 im schlesischen Sagan in einer Handwerkerfamilie geboren. Nach seinem Medizinstudium in Berlin und Halle absolvierte er von 1848 bis 1852 seine psychiatrischen Lehrjahre bei dem Nervenarzt Dr. Heinrich Damerow ( ) in dessen Provinzial-Irrenanstalt in Halle und brachte es sogar bis zum Stellvertreter Damerows. Um auch landwirtschaftliche Kenntnisse zu erlangen, absolvierte er ein Volontariat bei einem Landwirt, wodurch er später seine Kenntnisse in seiner eigenen Anstalt fachmännisch einsetzen konnte. Seine grundlegende Änderung und Reform gegenüber der veralteten Psychiatrie, welche im Wegsperren der Kranken und Unterbringung in Arbeitshäusern bestand, setzte Heinrich Laehr für seine Patienten auf 2
2 freie Bewegung an der frischen Luft mit sinnvoller Beschäftigung in der Natur. Seine Anstalt wurde unter Zuhilfenahme seiner Patienten in freiwilliger Form parkähnlich gestaltet. Die in mehreren Pavillons und kleinen Villen untergebrachten Patienten konnten in freier Bewegung in einer annähernd kameradschaftlichen und familienähnlichen Bindung in der 3
3 Hoffnung auf Heilung ihrer Leiden leben. Jedem Einzelhaus stand eine Oberin vor, die als Betreuerin und Gesellschafterin diente. Sie führte ärztliche Anweisungen durch und leitete die dort wohnenden Pflegerinnen und Hausmädchen in der neuen Betreuung an. Die bekannteste Oberin war Elisabeth von Ardenne, die Großmutter des Physikers Manfred von Ardenne, welche vom April 1889 bis zum Mai 1890 hier tätig war. Theodor Fontane setzte ihr ein literarisches Denkmal und machte sie als Effie Briest unsterblich. Zunächst war anfangs die Anstalt auch für männliche Patienten offen. Ab 1856 war sie nur noch den weiblichen Patienten vorbehalten, man konnte sich so auf weibliches Pflegepersonal beschränken. Neben allen nervenärztlichen Anwendungen hatte Laehr erkannt, dass neben der Bewegung an der frischen Luft mit einer sinnvollen Beschäftigung auch eine seelsorgerische Betreuung der Kranken erforderlich war, um die körperlichen mit den seelischen Kräften in Einklang zu bringen. Nun lag aber die Anstalt Asyl Schweizerhof auf der Schönower Gemarkung und war zur St. Andreaskirche in der Stadt Teltow eingepfarrt. Erst 1894 hatte Schönow sich der Landgemeinde Zehlendorf ange4
4 schlossen. Schon 1857 hatte Professor Laehr für seine Patienten einen eigenen Anstaltspfarrer nach Schönow geholt. Dieser war der am 23. August 1828 in Ermesleben im heutigen Halberstadt geborene Johannes Andreas Ernst Stammer, der in Halle und Tübingen Theologie studiert hatte. Pfarrer Stammer hielt im Gemeindesaal des Schweizerhofs zwischen 1857 und 1878 regelmäßig Gottesdienste ab. Heinrich Laehr war es zu verdanken, dass Zehlendorf 1860 eine eigene Kirchengemeinde werden konnte und sich als Filiale von der Mutterkirche von Gütergotz lösen konnte. Als Mitglied des Zehlendorfer Gemeindekirchenrates unterstützte er den Kirchenhaushalt jährlich mit 200 Rthlr., welches die Besoldung eines eigenen Pfarrers in der Gemeinde erst ermöglichte. Am 1. April 1878 übernahm Pfarrer Stammer das Amt in Borne im Fläming. Er verstarb am 18. März 1889 im benachbarten Belzig. Nach 36-jähriger erfolgreicher Tätigkeit übergab Heinrich Laehr 1890 die Anstalt seinem ältesten Sohn Dr. Hans Laehr. Noch im April 1905 zum Ehrenmitglied des Deutschen Vereins für Psychiatrie gewählt, erlag Sanitätsrat Prof. Dr. Heinrich Laehr am 15. August 1905 seiner Erkrankung im Alter von 85 Jahren. Er wurde Marie und Heinrich Laehr im Familiengrab, welches heute noch erhalten ist, auf dem Gelände der Heilanstalt neben seiner am 27. Januar 1902 verstorbenen Ehefrau Marie Laehr, geborene Otto, beigesetzt. Auf der Rückseite der Grabanlage befindet sich noch heute eine Inschriftentafel mit folgendem Wortlaut: Dem Gründer der Heilanstalt und dieses Parks Tätige Liebe, geduldiger Fleiß und besonnene Klarheit prägten das Leben und Tun dieses gesegneten Paares, das für viele zum Heil hier Großes geschaffen und das ruht im Schatten des Tann, welche er hier gepflanzt. 5
5 6
6 Bedingt durch Überschuldung und den Werteverlust des Ersten Weltkrieges mussten die Erben den Schweizerhof am 29. Januar 1918 an den Provinzialverband von Brandenburg verkaufen, der ihn als Brandenburgische Heilanstalt Schweizerhof bis 1922 weiterführte. Im Kaufvertrag mit dem Bezirk Berlin-Zehlendorf war die Verpflichtung enthalten, den Laehrschen Familienfriedhof und die umgebende Fläche von insgesamt fünf Morgen als Parkanlage zu erhalten und zu pflegen. Diese Verpflichtung besteht auch heute noch. Ein Spaziergang durch die Anlage ist zu jeder Jahreszeit nur zu empfehlen. Hauptgebäude vor 1875 Quelle: Geschichtslandschaft Berlin, Orte und Ereignisse, Band 4 Zehlendorf Roland Curth: Der Schweizerhof / John-F.-Kennedy-Schule Teltower Damm 87 7
7 Haus Damerow Haus Roller Haus Langemann 8
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