Zentrum für Wasser- und Chemikalienforschung. Berlin-Marienfelde
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- Carin Lehmann
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1 Zentrum für Wasser- und Chemikalienforschung Berlin-Marienfelde
2 Impressum Herausgeber: Umweltbundesamt Postfach Dessau-Roßlau Tel: Internet: /umweltbundesamt.de /umweltbundesamt Autoren: Dr. Ingrid Chorus Dr. Bettina Rechenberg Prof. Dr.-Ing. Adolf Eisenträger Gestaltung: Umweltbundesamt Helen Kraushaar Swantje Sadzinski Druck: Umweltbundesamt gedruckt auf Recyclingpapier aus 100 % Altpapier Publikationen als pdf: zentrum-fuer-wasser-chemikalienforschung-berlin Bildquellen: Titel, Rückseite: Oliver Olesch / Umweltbundesamt S. 3, 5, 6 (oben), 9, 10: Helen Kraushaar / Umweltbundesamt S. 6 (unten), 7: Dr. Hartmut Bartel / Umweltbundesamt S. 8: Dr. Claus Gerhard Bannick / Umweltbundesamt Stand: September 2014
3 1. Einleitung Wasser ist ein wichtiges Umweltmedium und bildet die Grundlage vielfältiger Ökosysteme. Wasser ist Transportmittel für Nährstoffe, Chemikalien und auch Krankheitserreger. Gewässer stehen direkt oder indirekt miteinander in Verbindung und bilden so größere oder kleinere Wasserkreisläufe. Viele Fragen bleiben trotz zahlreicher Kenntnisse aus der Forschung der vergangenen Jahrzehnte ungelöst: Unter welchen Bedingungen und in welchen Mengen können Chemikalien oder Krankheitserreger (z.b. aus Abwasser, Altlasten oder Klärschlamm) dort hinkommen, wo sie schaden- z.b. in den Fluss oder See, an eine Trinkwasserentnahmestelle oder gar bis zum Wasserhahn der Verbraucher? Wie gut werden sie bei der Abwasserreinigung, auf einer Fließstrecke im Gewässer, im Sediment, oder durch Infiltration in Böden zurückgehalten,abgebaut oder umgewandelt? Wie wirken Chemikalien auf einzelne Wasserlebewesen? Wie wirken sie auf komplexere aquatische Ökosysteme und wie verhalten sie sich in diesen? Die Beurteilung von Risiken für Mensch und Umwelt braucht Antworten auf diese Fragen. Experimente im Labormaßstab liefern dafür vergleichsweise schnell belastbare Informationen. Sie reichen aber zur Beantwortung dieser Fragen oft nicht aus. So liefern Toxizitätstests mit ausgewählten Organismen im Labor zur Beurteilung einer möglichen Gefährdung des gesamten ökologischen Systems nur punktuelle Hinweise, denn ihre Übertragung auf die natürliche Umwelt ist mit Unsicherheiten verbunden, da sie nicht die komplexen Bedingungen im Freiland erfassen. Daher ist es nötig zu prüfen, ob die aufgrund der Laborergebnisse erwarteten Zusammenhänge und Aussagen auch in realen Systemen zutreffen. Im Freiland hingegen ist diese Überprüfung aus methodischen Gründen nur eingeschränkt möglich, da man die Randbedingungen schlecht quantitativ erfassen oder gar beherrschen kann. Auch wäre es kaum vertretbar, für manche Forschungsfragen Schadstoffe oder Krankheitserreger gezielt in die Umwelt zu geben. 2. Das Versuchsfeld Marienfelde Mit den Technika auf dem Versuchsfeld des Umweltbundesamtes (UBA) in Marienfelde lässt sich diese Lücke schließen: Sie bilden die komplexe Realität wesentlicher Komponenten des Wasserkreislaufs ab und erlauben eine Beherrschung der Bedingungen sowie eine definierte Dosierung der zu untersuchenden Stoffe oder Mikroorganismen und damit eine bessere Bilanzierung ihres Verbleibs. Somit bilden sie die Brücke zwischen Laborexperiment und Freilandversuchen. Die Verknüpfung zwischen diesen technischen Einrichtungen und der Ressortforschung mit dem Hauptziel der Politikberatung stellt ein Alleinstellungsmerkmal des Umweltbundesamtes dar. Zu den Technika des UBA gehören: 1. die Fließ- und Stillgewässer-Simulationsanlage (FSA), 2. die Simulationsanlagen für Ufer- und Langsamsandfiltration (SIMULAF) im Aquifer, 3. die Lysimeteranlage zur Simulation der Bodenpassage, 4. der Teststand zur Wirksamkeitsprüfung von Trinkwasser-Desinfektionsverfahren, 5. Anschluss zur Gewinnung von Rohabwasser aus dem Berliner Kanalnetz. Hinzu kommen weitere Anlagen im technischen Maßstab, wie z.b. große Versuchsteiche und eine Aquakulturanlage (Fischzucht) sowie eine Anlage zur Anzucht großer Mengen von Cyanobakterien, die für die Forschung zur Verfügung stehen. 3
4 In den gut ausgestatteten chemischen, biologischen und auch mikrobiologischen Laboratorien werden zahlreiche aquatische Biotestverfahren angewandt sowie die für die Experimente notwendige chemische und biologische Analytik durchgeführt. Labore weiterer UBA-Standorte ergänzen die Analytik und führen auch eigene Forschung an den Technika durch. Das eigene Wasserwerk dient insbesondere der Versorgung der Technika mit den jeweilig erforderlichen Wasserqualitäten. Auch Rohabwasser steht aus einer benachbarten Abwasserpumpstation der Berliner Wasserbetriebe für Experimente zur Verfügung. Wichtige Bestandteile des Wasserkreislaufs und Möglichkeiten ihrer Untersuchung an den UBA- Technika und Laboratorien Fachgebiete im Zentrum für Wasser- und Chemikalienforschung: II 3.3: Trinkwasserressourcen und Wasseraufbereitung III 2.5: Überwachungsverfahren, Abwasserentsorgung III 2.6: Anlaufstelle Abwassertechnikforschung (im Aufbau) IV 2.4: Wassergefährdende Stoffe - Ökotoxikologielabor IV 2.5: Spurenanalytik, Fließ- und Stillgewässersimulation Das Versuchsfeld bietet die technische Möglichkeit, Untersuchungen im Labormaßstab durch Versuche im komplexen, realitätsnahen technischen Maßstab zu ergänzen und somit wichtige Fragen beantworten zu können. Im Rahmen der Ressortforschung des Umweltbundesamtes geht es neben dem wissenschaftlichen Erkenntnisinteresse vorrangig darum zu klären, ob das Vorkommen von Stoffen und Mikroorganismen eine Belastung für die menschliche Gesundheit oder aquatische Ökosysteme darstellt und sich daraus Handlungs- bzw. Regelungsbedarf ableitet. Die Ergebnisse der Ressortforschung sind eine wichtige Grundlage für die Politikberatung und die Weiterentwicklung rechtlicher und technischer Regelwerke. Auslöser der experimentellen Arbeiten sind Hinweise auf das Vorkommen bislang unzureichend untersuchter Stoffe oder Mikroorganismen. Die Klärung ihres Verhaltens und Verbleibs, ihrer schädlichen Auswirkungen und ihrer Eliminierbarkeit sind wichtige Informationen für die Politikberatung und den wissenschaftsbasierten Vollzug. Dabei erweisen sich die an den Technika gewonnenen Ergebnisse als gut belastbare Evidenzbasis zur Fundierung der fachlichen Positionen des Umweltbundesamtes. Auf dem Versuchsfeld des Umweltbundesamtes (Zentrum für Wasser- und Chemikalienforschung) forschen rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, davon eine wechselnde Anzahl von über Drittmittel finanzierten Zeitkräften.Wichtig ist die enge Zusammenarbeit mit Partnern aus Hochschulen und Forschungseinrichtungen, u.a. in Verbundprojekten sowie im Rahmen von Praktika, Bachelor-, Master- und Doktorarbeiten. Für die Zukunft ist geplant, den Forschungsstandort in seiner Leistungsfähigkeit und wissenschaftlichen Vielfalt weiter zu stärken, indem das Umweltbundesamt seine gesamten Laboratorien hier und in Bad untersuchter Stoffe oder Mikroorganismen. Die Klärung ihres Verhaltens und Verbleibs, ihrer schädlichen Auswirkungen und ihrer Eliminierbarkeit sind wichtige Informationen für die Politikberatung und den wissenschaftsbasierten Vollzug. Dabei erweisen sich die an den Technika gewonnenen Ergebnisse als gut belastbare Evidenzbasis zur Fundierung der fachlichen Positionen des Umweltbundesamtes. Auf dem Versuchsfeld des Umweltbundesamtes (Zentrum für Wasser- und Chemikalienforschung) forschen rund 60 Mitarbeiter, davon eine wechselnde Anzahl von über Drittmittel finanzierten Zeitkräften.Wichtig ist die enge Zusammenarbeit mit Partnern Elster aus Hochschulen konzentriert. und Forschungseinrichtungen, u.a. in Verbundprojekten sowie im Rahmen von Praktika, Bachelor-, Master- und Doktorarbeiten. Für die Zukunft ist geplant, den Forschungsstandort in seiner Leistungsfähigkeit und wissenschaftlichen Vielfalt weiter zu stärken, indem das Umweltbundesamt seine gesamten Laboratorien hier und in Bad Elster konzentriert. Trinkwasser Wasserwerk mit Teststand (FG II 3.3, Z 5) Abwasser Biotests, Chemische Summenparameter, Abwassertechnik (FG III 2.5 / III 2.6) Niederschlag Boden Lysimeter (FG II 3.3) Grundwasser Uferfiltrat SIMULAF; FSA (FG II 3.3 / IV 2.5) Gereinigtes Abwasser Biotests, Chemische Summenparameter, (FG III 2.5 / III 2.6) Schutz des Wasserkreislaufes vor gefährlichen Stoffen, GLP-Untersuchungen im Rahmen der Chemikalienbewertung (FG IV 2.4) Gewässer FSA; SIMULAF-Teiche (FG IV 2.5 / II 3.3) 4
5 2.1 Fließ- und Stillgewässer- Simulationsanlage (FSA) Diese modular variable Anlage kann insgesamt 1,6 km Fließstrecke und 16 Teiche samt Uferzonen und simuliertem Grundwasserkontakt bieten zur Hälfte in einer Halle. Steuerbar sind Wasserqualitäten, Besiedlung mit aquatischen Organismen vieler Trophiestufen (außer Fischen), Fließgeschwindigkeit, Licht und in den Teichen auch die Wasserzirkulation. Computergesteuerte Profiler und Online Messtechnik mit zentraler Datenbank ermöglichen umfassende Messungen im Wasser und Sediment (siehe chemikalienforschung-im-uba/fliess-stillgewaessersimulationsanlage-fsa für weitere Informationen). An dieser Anlage untersucht das Umweltbundesamt das Abbauverhalten und die Ökotoxizität von Chemikalien, letzteres durch Prüfung der Veränderungen ganzer Lebensgemeinschaften. Die Fragestellungen für die experimentellen Arbeiten ergeben sich meist aus dem Vollzug der Stoffgesetze und der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Rechtsgrundlagen, untergesetzlichen Regelwerke und Prüfrichtlinien. Die Analytik der Chemikalien im Spurenbereich wird von den Laborexperten durchgeführt. So wurde zum Beispiel die Verteilung, das Verhalten und die Wirkung des Biozid-Wirkstoffs Irgarol, der u.a. als Antifoulingmittel auf Bootsrümpfe aufgetragen wird, in der FSA auf seine Wirkung auf aquatische Ökosysteme untersucht. Ergänzend dazu wurden die aktuellen Umweltkonzentrationen in Oberflächengewässern bundesweit gemessen. Mit den Ergebnissen konnte die Aufnahme von Irgarol in die neue Liste Prioritärer Stoffe der Wasserrahmenrichtlinie unterstützt werden. Ein Nebenergebnis war, dass die illegale Anwendung von Irgarol in Kühlkreisläufen von Kraftwerken unterbunden werden konnte. Die Ergebnisse sind auch in die Biozid-Wirkstoffbewertung auf europäischer Ebene eingeflossen. In Folge dieser Arbeiten und ihrer Kommunikation in Wissenschaft und Öffentlichkeit ist die Anwendung dieses sehr ökotoxischen Stoffes nunmehr stark rückläufig. Für die Weiterentwicklung der Risikobewertung von Pflanzenschutzmitteln wurden sogenannte Pulsbelastungen untersucht, wie sie im Gewässer auftreten können, wenn von Wirkstoffen z.b. durch Abfluss nach starkem Niederschlag oder durch Spray-Drift kurzzeitig eine hohe Menge eingetragen wird. Das Umweltbundesamt hat einen untersuchten Wirkstoff Imidacloprid für die Liste der Umweltqualitätsnormen für flussgebietsspezifische Schadstoffe (Anlage 5 der Oberflächengewässerverordnung - OGewV) vorgeschlagen. Bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln erfolgt derzeit die Bewertung der Toxizität für aquatische Makrophyten nur durch Labortests mit der einkeimblättrigen Wasserlinse (Lemna sp.). Dieses Prüfverfahren ist jedoch für manche Herbizidwirkungen wenig sensibel, so dass mit diesem Test allein mögliche Risiken unterschätzt werden können. Auf der Grundlage von an der FSA mit sogenannten Wasserschwaden (Glyceria maxima) gewonnenen Ergebnissen konnte das UBA die Anwendung dieser Testorganismen in der Verordnung (EU) Nr.284/2013 der Kommission vom 1.März 2013 zur Festlegung der Datenanforderungen für Pflanzenschutzmittel gemäß der Verordnung (EG) Nr.1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln erreichen. Zur Untersuchung der Elimination von Viren in Gewässern wurde an den Außenanlagen die Wirksamkeit der Sonneneinstrahlung bei der Inaktivierung von Viren untersucht. Dabei zeigten sich signifikante Unterschiede. An den Außenanlagen der FSA wurde der wesentliche Beitrag der Sonneneinstrahlung bei der Inaktivierung von Viren belegt. 5
6 2.2 Simulationsanlagen für Ufer- und Langsamsandfiltration (SIMULAF) und Lysimeteranlage Wie gut die Sediment- und/oder Bodenpassage verschiedene Schadstoffe oder Mikroorganismen zurück hält, ist von verschiedenen Bedingungen abhängig. Das UBA prüft die Bedingungen, unter denen eine Boden- oder Sedimentpassage sicher wirksam ist und entwickelt auf Grundlage der Ergebnisse Praxisempfehlungen. Die SIMULAF bildet stehende Gewässer (wie Seen und Talsperren) und insbesondere die Sedimentpassage ab, d.h. den Transport durch den mit Wasser gesättigten Bereich, wie z.b. einen Aquifer. Die Freilandanlagen bestehen aus einem Speicherteich, der ein Volumen von 6500 m³ Wasser für die Experimente konditionieren kann, aus zwei Grundwasseranreicherungsbecken und zwei Langsamsandfiltern mit Volumina von je 90 m³ sowie einer Uferfiltrationsstrecke von bis zu 40 m. Für Experimente im halbtechnischen Maßstab enthält einer der Filter drei nach oben offene Säulen ( enclosures ) von je 1 m² Filterfläche. Im Wasser nach der Sedimentpassage werden Parameter on-line aufgezeichnet und kontinuierlich Proben für weitere Analysen gezogen. Hinzu kommt eine Säulenanlage von bis zu 30 m Länge, 40 cm Durchmesser und Fließzeiten von bis zu 90 Tagen, die im Temperaturbereich von Grundwasser in der Halle des Wasserwerks betrieben wird. Lysimeteranlage mit künstlichen Dächern aus einem Forschungsprojekt (Biozide in Dachmaterialien) SIMULAF mit Speicherteich und 4 Becken (im Becken links oben die enclosures ) Die Lysimeter bilden die Bodenpassage ab, d.h. den mit Wasser ungesättigten Bereich. Die Anlage umfasst 18 Lysimeter mit einer Länge von 1,5 bis 2 m, die mit verschiedenen gewachsenen Bodentypen (ungestört, d.h. mit natürlich entstandenem Porensystem) gefüllt sind. Wasser- und (Schad-)Stoffflüsse können quantifiziert und somit die Belastung des darunter liegenden Grundwasserleiters abgeschätzt werden. Eine Untersuchung betraf zum Beispiel den Rückhalt von Giftstoffen aus Cyanobakterien (Microcystine und Cylindrospermopsin) sowie von Viren. Zunächst wurden anhand von Säulenexperimenten im Labor unter einer Bandbreite verschiedener Bedingungen getestet und dann an den SIMULAF überprüft, in wie weit die Ergebnisse auch unter diesen realitätsnahen Bedingungen zutreffen. Die Ergebnisse unterstützten die Entwicklung Internetbasierter Entscheidungshilfen ( und mit deren Hilfe Nutzer je nach Bedingungen der Sedimentpassage semiquantitativ prüfen können, in wie weit mit einem Durchbruch dieser Toxine bzw. Viren bis in den Brunnen einer Trinkwassergewinnung zu rechnen ist. Mit Hilfe der Lysimeter wird im Versuchsfeld Marienfelde derzeit die Freisetzung des Biozids Mecoprop aus Dachbahnen und Fassadenanstrichen und sein Rückhalt im Boden untersucht. 6
7 Aufbereitungsanlage im Betriebswasserwerk (biologisch arbeitend, zweistufig) 2.3 Trinkwasseraufbereitung und Wirksamkeitsprüfung von Desinfektionsmitteln - Wasserwerk In Marienfelde entstammt das Wasser für Experimente an den Technika dem Betriebswasserwerk, das aus ca. 50 m Tiefe bis zu 180 m³ pro Stunde fördern kann. Durch Enthärtung und Entsalzung (Umkehrosmose) sowie gezielte Zugabe von Salzen kann man für die Experimente fast jede gewünschte Wasserqualität einstellen. Dabei werden für die Trinkwasserressourcen und aufbereitung biologische Filtersysteme eingesetzt, die die Ausfällung von Eisen und von Mangan bewirken, beide kommen im anaeroben Grundwasser in hohen Konzentrationen vor und müssen entfernt werden, bevor das Wasser genutzt werden kann. Im Wasserwerk erfolgt auch Forschung zur Elimination anderer Ionen, die je nach Boden und Gestein geogen vorkommen können. So wurden im Rahmen einer Dissertation mit der Universität Thessaloniki die Betriebsbedingungen zur Arsen- Elimination erprobt. Aktuell sind Experimente zur Entfernung von Chrom (VI) in Vorbereitung. Auch andere Verfahren für Kleinanlagen wurden getestet, z.b. die Verlässlichkeit von Membranfiltrationsmodulen für die Entfernung von Viren und eine als Rucksack transportable, stromfrei betreibbare Filteranlage für Katastropheneinsätze. Wenn Rohwasser zur Trinkwassergewinnung aus Oberflächengewässern stammt oder durch diese beeinflusst ist, ist zur zusätzlichen Sicherheit vor Krankheitserregern eine kontinuierliche Desinfektion notwendig. Für die Entwicklung und Prüfung der Wirksamkeit neu beantragter Desinfektionsmittel und verfahren hat das Umweltbundesamt einen Teststand entwickelt, der eine realitätsnahe Dosierung ermöglicht und in einer Rohrschlange die Reaktionsbedingungen im Wasserwerk nachstellt. Insbesondere ermöglicht er die Probenahme zur Bestimmung der verbleibenden Aktivität verschiedener Mikroorganismen nach unterschiedlichen, präzise definierten und auch sehr kurzen (< 1 min.) Reaktionszeiten bei kontinuierlicher Aufzeichnung von Daten z.b. zu ph-wert, Redoxspannung, Temperatur, Chlor-/ Chlordioxidkonzentration, Leitfähigkeit. U.a. kann mit großen Probenvolumina gearbeitet werden, die zur Bestimmung sehr geringer Konzentrationen an Krankheitserregern erforderlich sind. Mit den am Teststand gewonnenen Ergebnissen hat das Umweltbundesamt Kriterien für die Bewertung der Wirksamkeit von Bioziden für die Trink- und Badebeckenwasserdesinfektion entwickelt und diese in die Europäische Zulassung von Bioziden nach EU-Biozidverordnung als Technical Guidance Dokument der Produktgruppe 5 (Trinkwasser) eingebracht. Die vom UBA entwickelte Prüfmethode ist nun in der EU für die Wirksamkeitsprüfung bei der Zulassung neuer Trinkwasserdesinfektionsmittel im Rahmen der BiozidVO als Standard anerkannt. Als nächstes entwickelt das UBA derzeit einen weiteren Teststand zur Untersuchung der Biofilm-Bildung an den Innenwänden von Trinkwasserleitungen insb. im Hinblick auf Krankheitserreger wie Legionellen und Pseudomonaden, die darin überleben und sich ggf. auch vermehren. Ziel ist zu klären, unter welchen Bedingungen dies zum Gesundheitsrisiko wird und gegebenenfalls einen Regelungsbedarf abzuleiten. 7
8 3. Weitere Anlagen im technischen Maßstab 3.1 Aquakultur (Fischzucht) Anschluss zur Gewinnung von Rohabwasser Das Umweltbundesamt betreibt auf dem Versuchsfeld acht Versuchsteiche mit einer Fläche von jeweils ca. 170 m² und einem Wasservolumen von ca. 185 m³, die zurzeit für die Zucht und Hälterung von Fischen genutzt werden. Sie dienen u.a. der Produktion von Referenztieren und Fischeiern für Biotests. Weiterhin betreibt das UBA versuchsweise eine Aquakultur- Kreislaufanlage ohne prophylaktischen Arzneimitteleinsatz, ohne oder nur mit geringstmöglichen Wasseraustausch und mit alternativen, optimierten Futtermitteln (keine fischmehl- oder fischölhaltigen Bestandteile) Rohabwasseranschluss Der Anschluss an das Berliner Abwassernetz bildet die infrastrukturelle Grundlage zur Durchführung von Forschung mit kommunalem Abwasser. Untersucht werden Techniken und Verfahren im Umgang mit verunreinigtem Wasser einschließlich Techniken der Nutzung von behandeltem Wasser. Nachdem anfangs die Entfernung von unerwünschten Stoffen aus dem verunreinigten Wasser im Vordergrund stand, ist es heute zusätzlich notwendig Abwasser als Ressource zu verstehen und die hier enthaltenen stofflichen und energetischen Potentiale zu nutzen. Hinzu kommen weitere übergeordnete Anforderungen, wie: Klimarelevante Aspekte (Bildung von CO 2, CH 4, N 2 O) Verändertes Verbrauchsverhalten (z.b. Wassersparen) Etablierung regionaler bzw. lokaler Wasserkreisläufe Neue Stoffe und Anforderungen des Gewässerschutzes (z.b. Nanomaterialien, Mikroplastik, Viren) und die Altersstrukturen bestehender Kanalnetze und Abwasseranlagen. Aquakulturanlage 8
9 4. Biotests und Laboranalysen 4.1 Biotests zur Abwasserüberwachung Für die Abwasserüberwachung muss das Messinstrumentarium an den sich ständig weiterentwickelnden Stand der Technik angepasst werden, und es müssen für die verschiedenen Industriebranchen Überwachungswerte festgelegt werden. Hierzu schafft das Umweltbundesamt die Datengrundlage durch die Entwicklung, Erprobung und Normung von Algen-, Daphnien-, Lemna- und Fischeitestverfahren mit Abwasserproben. Daneben werden Verfahren zur Erfassung des gentoxischen und des endokrinen Potentials vorgehalten. Durch die Untersuchung von Abwässern aus verschiedenen Industriebranchen und aus verschiedenen Abwasserbehandlungsverfahren schafft das UBA die Datengrundlagen für die Fortschreibung der Überwachungswerte für industrielle und kommunale Abwässeer. Cyanobakterien-Massenkultur (Kapazität von bis zu 3 m³) 3.2 Cyanobakterien-Massenkultur Für Experimente im technischen Maßstab zum Verhalten von Toxinen aus Cyanobakterien z.b. zum Abbau bei der Sedimentpassage sind diese Toxine in Mengen erforderlich, die zu erheblichen Kosten führen würden. Zudem liegen in der Natur diese Toxine nicht als isolierte Chemikalien vor, sondern sie sind in den Cyanobakterienzellen gebunden oder werden aus diesen zusammen mit anderen gelösten Stoffen freigesetzt. Realitätsnahe Experimente sollten diese Begleitstoffe einbeziehen. Um Zellen und/oder gelöste Cyanobakterientoxine für Experimente in ausreichender Menge zu gewinnen, züchtet das UBA Cyanobakterien in einem eigens dafür eingerichteten und mit den erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen versehenen Kulturcontainer in einem semikontinuierlichen Verfahren im Maßstab von bis zu 3 m³. 9
10 4.2 Ökotoxizitätstests zur Chemikalienbewertung Das Ökotoxikologielabor des Umweltbundesamtes untersucht Stoffe und Stoffgemische an verschiedenen Organismen mit aquatischen Labortestverfahren. Ziel ist die Entwicklung und Erprobung neuer Testmethoden und ihre Standardisierung, z.b. bei der Unterstützung des Testrichtlinienprogramms der OECD und der experimentellen Überprüfung von Daten der Registranten und Antragsteller. So unterstützen die Ergebnisse den Vollzug der Stoffgesetze im Rahmen der Stoffbewertung von Stoffen nach REACH-, Pflanzenschutzmittel- und Biozid-Verordnung sowie die Umweltbewertung von Arzneimitteln und die Einstufung wassergefährdender Stoffe gemäß 62 Wasserhaushaltsgesetz. Das Ökotoxikologielabor hat die staatliche Anerkennung für das Qualitätssicherungssystem der Guten Laborpraxis (GLP), die für Stoffprüfungen nach 19 Chemikaliengesetz erforderlich ist. Diese Qualitätssicherung wird benötigt, damit das Labor im Einzelfall (z.b. bei divergierenden Ergebnissen) Kontrolluntersuchungen von Angaben der Antragsteller / Anmelder durchführen und die und die gesicherte Qualität des Prüfergebnisses nachweisen kann. 6. Ausblick Die Forschungsarbeiten des UBA in Berlin-Marienfelde sind eng vernetzt mit den Untersuchungen der Labore an anderen UBA-Standorten sowie mit den nicht experimentell tätigen Fachgebieten in Dessau und Berlin. Die Wasser- und Chemikalienforschung des UBA ermöglicht einen integrierten Ansatz, der wesentliche Bestandteile des Wasserkreislaufs simuliert. Damit stellen sie einen wesentlichen Teil der am UBA praktizierten Kettenkompetenz dar. Die technischen Anlagen und Labore eignen sich in besonderem Maße zur Forschung, um bisher ungelöste Fragen zu klären, die wissenschaftliche Beratungsfunktion des UBA sowie seinen wissenschaftlichen Vollzug zu stärken und neuen Herausforderungen zu begegnen. Das Umweltbundesamt ergreift die Initiative, um am Standort Marienfelde die Forschung durch Kooperation mit Universitäten und anderen Forschungseinrichtungen zu intensivieren. 5. Chemische und biologische Analytik Die chemische Analytik in den verschiedenen Laboratorien umfaßt die Anorganik und die Bestimmung von Summenparametern (z.b. TOC, AOF). In der organischen Spurenanalytik, der Bestimmung mikrobiologischer Parameter und von Krankheitserregern kann auf die Expertise der Labore anderer Standorte des Umweltbundesamtes in Bad Elster, Berlin oder Langen zurückgegriffen werden. 10
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