I 02 Fassade/Façade 02/2021

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2 8 REPORT FASSADE FAÇADE FASSADE FAÇADE REPORT 9 CIO Centrum für Integrierte Onkologie in Köln von medfacilities aus Köln und kadawittfeldarchitektur aus Aachen Spiel mit der Wahrnehmung Obwohl der Campus des Uniklinikums Köln bereits dicht bebaut war, sollte auf einem der letzten freien Stücke ein neues Haus errichtet werden, in dem die Onkologie ein neues Zuhause finden kann. Den Bau an sich haben die Planer / innen von medfacilities entsprechend den Bedürfnissen der Nutzer errichtet. Durch die besondere Gestaltung der Fassade von kadawittfeldarchitektur wie ein «Riefelbild» erscheint das Gebäude je nach Blickwinkel in einer anderen Farbwelt. Das Krankenhaus in Köln blickt wenn man weit in die Vergangenheit gehen möchte auf eine Historie zurück, die Mitte des. Jahrhunderts beginnt, als Albertus Magnus von den Dominikanern beauftragt wurde, ein Generalstudium einzurichten, in dem auch Medizin und Heilkunde gelehrt wird. Nach einigen Wirrungen der Geschichte in den folgenden Jahrhunderten wurde 904 die erste deutsche «Akademie für praktische Medizin» als städtische Einrichtung gegründet. Im Jahr 99 folgte auf Betreiben des damaligen Kölner Oberbürgermeisters und späteren ersten Bundeskanzlers Konrad Adenauer die Neugründung als Alma Mater, also als Universität und städtische Einrichtung unter Aufsicht des preussischen Staates. Seitdem wuchs das Gelände im Kölner Stadtteil Lindenthal im Westen der Stadt nahezu organisch immer weiter. Neben Gründerzeitbauten aus der Zeit um 900 entstanden nach dem Krieg typische Nutzbauten der Nachkriegsmoderne. Auch einige bekannte Bauwerke wurden geschaffen: Gottfried Böhm etwa erbaute 95 die katholische Kirche St. Johannes der Täufer, mittlerweile ein Klassiker der modernen Kirchenarchitektur. Die Universitäts- und Stadtbibliothek mir ihrer charakteristischen, teils wabenartigen Fassade wurde 98 von dem Architekten Rolf Gutbrod errichtet. Das sogenannte Bettenhaus mit grosszügiger Glasfassade und einem dominierenden Tragwerk auf dem Dach, an dem die Geschosse abgehängt sind, wurde vom Architek- Autor: Thomas Geuder Fotos: Conne van d Grachten, Ulm HD Wahl Pläne: kadawittfeldarchitektur, Aachen KünstlerIn: Künstlergemeinschaft Elisa Balmaceda, Philipp Dreber, Thomas Schmidt Das Gebäude des CIO Centrum für Integrierte Onkologie der Universitätsklinik Köln zeigt sich dem Herzzentrum zugewandt in leicht nuancierten Rottönen.

3 0 REPORT FASSADE FAÇADE FASSADE FAÇADE REPORT Bestand die Fassade an der einen Ecke eben noch aus Rotnuancen, ist sie auf der gegenüberliegenden Ecke in Grünnuancen zu sehen. Die roten und grünen Farbwelten haben die Planer / innen von kadawittfeldarchitektur aus dem Bild eines Blätterdachs entwickelt. 4 Durch die Fluorpolymer- Nasslackierung, die als Metalliclackierung ausgeführt ist, entstehen leichte Reflexionen, die die Umgebung wider spiegeln. turbüro Heinle, Wischer und Partner 97 zusammen mit Leonhardt, Andrä und Partner gestaltet. Im neuen Jahrtausend wurden zusammen mit den Architektinnen und Architekten von gmp gleich zwei Bauwerke errichtet: 007 das Herzzentrum und 0 das Laborgebäude für das Exzellenzcluster «CECAD». Die Liste liesse sich weiter fortsetzen und zeigt doch, wie sich zur hervorragenden Behandlung und Forschung auf dem Gelände der Uniklinik Köln stets auch hervorragende Architektur gesellt. Ordnung durch neuen Masterplan Im Jahr 00 nun wurde von der damals frisch gegründeten medfacilities GmbH, die als hundertprozentige Tochter der Uniklinik Köln fortan für das gesamte Leistungsspektrum von Projektentwicklung über Planung bis zum Bau zuständig war, ein Masterplan entwickelt, der die Funktionalität und die Wirtschaftlichkeit aller Abläufe des Klinikbetriebs auf dem gesamten Gelände für die Zukunft fit machen möchte und wo möglich Ergänzungsbauten vorsieht, die zusammen mit dem 009 bei medfacilities eingerichteten Architekturbüro errichtet werden sollen. Neben Neubauten und der Sanierung von Bestandsgebäuden gehört zu den Massnahmen im Masterplan eine neue städtebauliche Strukturierung mit optimierter Wegeführung. Zentrale Erschliessungsachse ist demnach der sogenannte Studierendenweg, der quer durch den Uniklinik-Campus führt. Im Aussenbereich angeordnete Kunstwerke spielen als Kunst-und-Bau-Objekte nach wie vor eine wichtige Rolle als Orientierungsund Leitsystem. Mehr als 0 Objekte sind so bereits seit den 950er-Jahren entstanden. Architektur für Krebspatienten Im Masterplans ist auch die Einrichtung eines «Centrums für Integrierte Onkologie (CIO)» vorgesehen, das in einem Neubau auf einer noch freien Fläche im Zentrum des Klinikgeländes am Studierendenweg unterkommen soll. Das Ziel aus Sicht der Uniklinik war, eine zentrale Anlaufstelle für an Krebs erkrankte Patientinnen und Patienten zu schaffen, mit fast einem Dutzend Ambulanzen unter einem Dach vereint, «um so optimale Voraussetzungen für eine interdisziplinäre Zusammenarbeit herzustellen», erklärt Prof. Dr. Peter Heinen, Geschäftsführer bei medfacilities. Die Grundstücksfläche, die dafür zur Verfügung stand, war lediglich 0 80 m gross. Dennoch wollte der Bauherr die maximal mögliche Fläche ausnutzen. Umgekehrt bedeutete das, dass der bereits dicht bebaute Uniklinik-Campus an dieser Stelle durch den Neubau noch einmal stark nachverdichtet wird. Die Nachbarge- 4 bäude sind teilweise nur 0 m entfernt. Zusätzliche Verdichtung des Aussenraums erzeugt zwei Brücken, durch die man wettergeschützt in angegliederte Abteilungen gelangen kann. Im direkten Umfeld befinden sich etwa die Kinderklinik, das Herzzentrum, das Max Planck Institute for Biology of Ageing oder das Studierendenhaus und Vorstandsgebäude. Fassadenmotive aus Rot und Grün Die Architektinnen und Architekten von kadawittfeldarchitektur, die für die Gestaltung der Fassade zuständig waren, mussten also davon ausgehen, dass der Bau inmitten des dicht bebauten Uniklinik-Campus für Passanten aus kaum einem Blickwinkel in seiner Gesamtheit erfassbar sein wird. Die Nähe zu den benachbarten Bauten erforderte ausserdem ein Fassadenbild zu erzeugen, das auf recht heterogene bauliche Umgebung adäquat reagiert und stets gut funktioniert. Um dennoch ein einprägsames Erscheinungsbild zu erzeugen, haben die Architektinnen und Architekten ihrem Entwurf zwei Einer der wichtigen Zwischenschritte im Farbkonzept der Fassade war der parametrische Entwurf. grossflächige Bilder zugrunde gelegt, deren Motive aus einem Blätterdach entwickelt sind, stark vereinfacht, gepixelt und parametrisch umgewandelt. So sind zwei Bilder entstanden, die sich jeweils aus mehreren Nuancen einer Farbe zusammensetzen. Die Grundfarben sind dabei Rot und Grün. Sie nehmen auch Bezug auf die Farbtöne, die sich in der Umgebung befinden, und auch auf die Institutionen, wie zum Beispiel das Rot auf das Herzzentrum. Bautafel Projekt: Centrum für Integrierte Onkologie, Köln Architektur Fassade: kadawittfeldarchitektur GmbH, Aachen Architektur Gebäude, Tragwerksplanung, Generalplanung und Projektmanagement: medfacilities GmbH, Köln Bauherr: Uniklinik Köln, unter finanzieller Beteiligung des Landes NRW Generalunternehmer: bam Deutschland AG, Stuttgart Metallbau Fassade: SOMMER Fassadensysteme Stahlbau Sicherheitstechnik GmbH & Co. KG, Döhlau Lichtplanung: arens faulhaber lichtplaner, Köln Heizung-Lüftung-Sanitär: ihp integrierte haustechnische Planungen GmbH, Bergisch Gladbach Elektro: ELFAS GmbH, Siegen Brandschutz: Corall Ingenieure GmbH, Meerbusch Bauphysik: TOHR Bauphysik GmbH & Co. KG, Bergisch Gladbach Baubeginn: 0 Fertigstellung: 09 Nutzfläche: 55 m² Aus den beiden Blätter-Fotografien haben die Architektinnen und Architekten durch Reduzierung der Bildpixel die Farben für die Fassadenlamellen erzeugt. Wandelnde Gebäudeansicht Die beiden Motive nun einfach zweidimensional auf die Fassadenflächen zu projizieren, wäre machbar gewesen, würde aber nicht dem Gestaltungsanspruch entsprechen, den man von kadawittfeldarchitektur gewohnt

4 REPORT FASSADE FAÇADE FASSADE FAÇADE REPORT Vertikalschnitt Aluminium Glattblech, hinterlüftet Dreieckslisene, Alu-Strangpress-Profil, -teilig, 00 0, -farbig beschichtet Raffstore 4 Fensterband aus wärmegedämmten Aluminiumprofilen, -fach-sonnenschutz- Verglasung g=0,4, Lichttransmissionsfaktor=0,0, gedämmte Alu-Paneelfelder vor Stützen 5 Fensterbank, gekantetes Aluminiumblech Mineralfaser-Wärmedämmung, schwarz kaschiert 7 Aluminium Glattblech, hinterlüftet Abluft 9 Prallscheibe, hinterlüftet 0 Zuluft Geschosshohe Auminium-Elementfassade, -fach-verglasung g=0,4 Lichttransmissionsfaktor=0, Festverglasung Aluminium Glattblech, hinterlüftet Dreieckslisene, Alu-Strangpress-Profil, -teilig, 00 0, -farbig beschichtet 4 Fensterband aus wärmegedämmten Aluminiumprofilen, -fach-sonnenschutz- Verglasung g=0,4, Lichttransmissionsfaktor =0,0, gedämmte Alu-Paneelfelder vor Stützen 5 Dreh- / Kippflügel Raffstore Horizontalschnitt 4 5 ist. Die Architektinnen und Architekten haben sich deshalb der Funktionsweise eines sogenannten Riefelbilds bedient, ein Prinzip, das man in der Kunst seit dem 8. Jahrhundert kennt. Dabei werden auf senkrechten, dreiecksförmigen Zylindern, die nebeneinander angeordnet sind, zwei Motive abgebildet, wodurch zwei völlig unabhängige Rechts- und Linksansichten in einem Bild entstehen. Beim CIO sind diese senkrechten Zylinder-Dreieckslisenen aussen in einem Rasterabstand von 84 cm angeordnet. Auf der einen Seitenfläche wurde das rote, auf der anderen das grüne Motiv aufgebracht. Die Fassadenflächen dahinter bzw. dazwischen bestehen aus Aluminium-Fensterbändern mit Dreifachverglasung und aussen liegendem Raffstore-Sonnenschutz vor den Bauwerkstützen mit gedämmten Aluminium-Paneelfeldern, die Brüstungsfassade mit hinterlüfteten Glattblechen verkleidet. All diese Elemente sind durchgehend schwarz, wodurch sich die senkrechten Fassadenelemente noch zusätzlich abheben. Der Clou dieses Gestaltungsprinzips: Die Abbildungen wurden so auf den vier Fassadenflächen angeordnet, dass das Haus in der Eckansicht immer nur in einem Farbton erscheint. Läuft man nun an dem Gebäude vorbei, von einer Ecke zur anderen, ändert sich die Farbe der Ansicht Meter für Meter von der einen zur anderen Farbe. Bis zur nächsten Ecke ändert es sich dann wieder zurück. Beim Umrunden des Gebäudes entsteht also ein sich ständig wandelndes, rot-grünes Wechselspiel, das auch ein Spiel mit der Wahrnehmung des Bauwerks ist. Flirrendes Fassadenbild Die Dreieckslisenen bestehen aus gefalzten Aluminiumblechen, die eine Fluorpolymer-Nasslackierung (Duraflon) erhalten haben. Damit sollen vor allem eine hohe Farbstabilität und Witterungsbeständigkeit gewährleistet werden. Farbveränderungen sollen so auf lange Sicht ausbleiben, Verschmutzungen haften nicht an und werden mit dem Regenwasser weggewaschen. Die Beschichtung ist ausserdem als Metalliclackierung ausgeführt, die man kennt den Effekt vom Auto die Umgebung widerspiegelt. Linda Leers, Projektleiterin bei kadawittfeldarchitektur, ergänzt: «Geprägt von den 5 Der Riefelbild-Effekt macht es möglich: Auf vertikalen, dreiecksförmigen Fassade n- elemente, den Dreiecks lisenen, sind rote und grüne Flächen angeordnet, wodurch sich die verschiedenen Ansichten ergeben.

5 4 REPORT FASSADE FAÇADE 0-0 Die Fassade hinter den farbigen Dreieckslisenen, die eigentliche thermische Trennung zwischen innen und aussen, ist schwarz, wodurch die Farbigkeit noch zusätzlich hervorgehoben wird. Farbwechseln und den zarten Reflexionen entsteht ein flirrendes Fassadenbild mit Wiedererkennungswert.» Damit soll der Neubau von seiner äusseren Erscheinung her eine hohe Identität bewahren und sich doch elegant mit dem umgebenden baulichen Bestand verbinden. Eine Verbindung zum Aussenraum wird auch durch eine im Erdgeschoss horizontale und im Bereich der Verbindungsbrücken vertikale Gebäudefuge hergestellt. Sie besteht aus einer geschosshohen Aluminium-Elementfassade mit einer aussen liegenden, hinterlüfteten Prallscheibe. Der Sonnenschutz ist zwischen Elementfassade und Prallscheibe integriert. Nutzerfreundliche Architektur Das Innere des Neubaus wurde von medfacilities entwickelt, in enger Absprache mit den Ärzten, dem Pflegepersonal und Patientenvertretern, um ein durch die verschiedenen Fachbereiche flexibel nutzbares Gebäude zu schaffen. Der siebengeschossige Komplex hat zwei Lichthöfe, von denen einer dreigeschossig als Atrium überdacht und der andere begrünt ist. Die Räume, die an der Fassade liegen, verfügen über Fenster zum Öffnen. Innerhalb des Fassadenrasters können Trennwände auch nachträglich noch flexibel verschoben werden, wodurch das Gebäude mit relativ geringem Aufwand an neue Anforderungen angepasst werden kann. Naturnahe, helle Farben und natürliche Materialien sollen im gesamten Gebäude eine angenehme Atmosphäre schaffen. Das Gestaltungskonzept in den Innenräumen sieht bei aller Stringenz der Ausstattung auch vor, das Farbkonzept, das durch die Fassade definiert wird, auch im Innenraum fortzusetzen. So sind die Farben der Fassadenmotive als Farbflächen an den Wänden aufgehängt, wodurch jeder Raum einen leicht anderen Charakter erhält. Nutzerfreundlich im Sinne von nachhaltig ist auch der Umgang mit der Energie: Zur Temperierung der Räume gibt es eine flächendeckende Betonkernaktivierung. Die Kühlung erfolgt dabei über die Geothermie- Ring anlage der gesamten Uniklinik, die Beheizung mittels Wärmepumpe. Eine PV-Anlage auf dem Dach deckt einen Teil der Stromversorgung. Ausserdem ist das Gebäude an das unterirdische automatische Warentransportsystem (AWT) sowie an die Rohrpostanlage der Uniklinik angebunden.