Seminararbeit zum Thema: Die Rechenmaschine von Gottfried Wilhelm Leibniz
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- Lioba Auttenberg
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1 Seminararbeit zum Thema: Die Rechenmaschine von Gottfried Wilhelm Leibniz Vorgelegt bei: Prof. K.D. Graf Veranstaltung: Hauptseminar Didaktik der Informatik Autor : Torsten Brandes Matrikel Nr.: Fächerkombination: Mathematik und Informatik brandes@informatik.hu-berlin.de Berlin, den
2 In Mathematics und Mechanics habe ich einige Dinge erfunden, die in praxi vitae von nicht geringer importanz zu achten, und erstlich in Arithmeticis eine Maschine, so ich eine Lebendige Rechenbanck nenne, dieweil dadurch zu wege gebracht wird, dass alle Zahlen sich selbst rechnen, addiren, subtrahiren multipliciren dividieren
3 Einleitung Dem großen deutschen Universalgelehrten Gottfried Wilhelm Leibniz verdanken wir nicht nur die Integral- und Differentialrechnung, das Determinantenkalkül oder die Infinitesimalrechnung, sondern auch die Erfindung der ersten mechanischen Rechenmaschine, die in der Lage war, alle vier Grundrechenarten automatisch auszuführen. Da diese Maschine zu den Vorläufern des modernen Computers zählt, ist es vielleicht auch sinnvoll, in der Schule am Rande auf diese und andere Rechenmaschinen einzugehen. Dabei sollte jedoch meines Erachtens nicht eine bestimmte Maschine in allen Einzelheiten im Vordergrund stehen. Vielmehr sollte die grundsätzliche Funktionsweise eines solchen Gerätes vermittelt werden. Dabei können auch Parallelen zur Funktionsweise moderner Rechenwerke in Computern aufgezeigt werden. 1. Von der Sache und den verwendeten Begriffen Allgemeines zu mechanischen Rechenmaschinen Eine mechanische Rechenmaschine (Addiermaschine) besteht aus einem Zählwerk (auch Resultatwerk genannt) und einem Einstellwerk. Abb.: 1: Schematische Darstellung zweier Stellen eines Zählwerkes Ziffern werden auf so genannte Zählräder abgebildet. Jedes Zählrad repräsentiert dabei eine Ziffer. Durch Drehung in positive Richtung kann addiert, durch Drehung in negative Richtung kann subtrahiert werden. Wird die Kapazität einer Zählstelle über- oder unterschritten, tritt ein Übertrag auf (Zehnerübertrag im Dezimalsystem). Der Übertrag muss an die nächst höhere Stelle weitergegeben werden. Die Grundaufgabe der Rechenmaschinenerfindung ist also die Schaffung einer in beiden Drehrichtungen, d.h. umkehrbar und sicher funktionierenden, automatischen Zehnerübertragung. Dies kann mit Hilfe eines so genannten Einzahnes realisiert werden, der beim Übergang von neun nach null das links gelegene Zählrad um eine Einheit weiter dreht.
4 Abb.: 2: Zehnerübertrag zwischen zwei Stellen Jetzt benötigt man noch einen Mechanismus zum Einstellen des Zählwerkes, das Einstellwerk. Abb.: 3: Zwei Stellen einer Addiermaschine Nun haben wir also die Funktionsweise einer einfachen Addiermaschine nachvollzogen.
5 2. Rechenmaschinen vor und nach Leibniz 1623 entwickelte Wilhelm Schickard eine Rechenmaschine für die vier Grundrechenarten, mit der Berechnungen astronomischer Tafeln und Logarithmen vorgenommen wurden (unter anderem nutzte Kepler das Gerät). Sie war die erste urkundlich erwähnte Rechenmaschine. Multiplikation und Division beruhten auf dem Prinzip der von Napier erfundenen Rechenstäbchen, die auf Zylindern aufgebracht waren. Zwischen den Zylindern und dem Addierwerk bestand keine Verbindung. Man kann also nicht im eigentlichen Sinne von einer Rechenmaschine für die vier Grundrechenarten sprechen. Das Original der Maschine wurde im 30jährigen Krieg zerstört. Mit Hilfe eines Briefes von Schickardt, das eine Skizze enthielt war es jedoch möglich, sie zu rekonstruieren. Abb.4: Nachbau der Rechenuhr von Schickard Von 1641 stammt die von Blaise Pascal gebaute Addiermaschine. Pascals Vater war Steuereintreiber und sollte mit der Maschine bei seinen Berechnungen unterstützt werden. Die Übertragsrechnung war nicht umkehrbar, so dass die Subtraktionen mit Komplementzahlen ausgeführt werden musste. Beispiel: 88 52=36 Rechne: = 135 (maschinell) subtrahiere 100: 35 addiere 1: 36 funktioniert, weil: = 88 + (99 52) 99 =36
6 Abb.: 5: Pascals Rechenmaschine In die Zeit von ist die vier Spezies Rechenmaschine (Spezies lat. Grundrechenart) von Leibniz einzuordnen um die es im nächsten Kapitel gehen wird. Sie funktionierte nur eingeschränkt, ist jedoch wegen ihrer revolutionären Technik (Einsatz der von Leibniz erfundenen Staffelwalze) von Bedeutung gelang es Philipp Matthäus Hahn ( ), einem schwäbischen Pfarrer und Uhrmacher, eine Rechenmaschine zu entwickeln, die erstmals zuverlässig arbeitete. Sie verwendete Leibniz Staffelwalzentechnik, war jedoch sehr viel einfacher konstruiert. Der Preis war beachtlich. Abb.: 6: Rechenmaschine von Hahn
7 3. Die Rechenmaschine von Leibniz Die Pascalsche Maschine ist immerhin ein Probestück des glücklichsten Genies, aber da sie nur Addition und Subtraktion erleichtert, deren Schwierigkeit ohnehin nicht so groß ist, aber die Multiplikation und Division der früheren Rechnung überläßt, so hat sie sich mehr durch ihre Feinheit, bei Neugierigen als durch praktischen Nutzen bei ernst beschäftigten Leuten empfohlen. Leibniz begann etwa 1670 sich mit dem Bau einer Rechenmaschine zu befassen. Sein Ziel war es, auch Multiplikation und Division vollständig zu automatisieren. Dass ihm dies nicht vollständig gelang, ist der mangelnden Fertigkeit der damaligen Handwerker geschuldet. Leibniz ging von der üblichen schriftlichen Berechnung im Dezimalsystem aus. Es gab mehrere (vier?) Maschinen. Eine (die letzte, Beginn ca. 1693) ist im Original und in mehreren Nachbauten erhalten. Die Entstehung des Gerätes ist dabei als Prozess zu betrachten. So stellte Leibniz bereits 1673 ein hölzernes Modell während einer Sitzung der Royal Society vor. Wichtiges Bauteil der Maschine ist die von Leibniz erfundene Staffelwalze, eine Anordnung von achsenparallelen Zahnrippen gestaffelter Länge. Je nach Position des zweiten verschiebbaren Zahnrades wird bei einer Umdrehung der Staffelwalze dieses um null bis neun Zähne weitergedreht. Abb. 7: Staffelwalze
8 Abb. 8: Nachbau der Vier Spezies Rechenmaschine von Leibniz Abb. 9: Original der Vier Spezies Rechenmaschine von Leibniz
9 3.1 Funktionsweise der Rechenmaschine: Abb. 10: schematische Darstellung, Zeichnung: W. Jordan H Handkurbel K Kurbel zur Stellenverschiebung Umdrehungswerk Die Maschine besteht aus einem Einstellwerk, das verschiebbar gelagert ist, einem Resultatwerk und einem Umdrehungszähler, der die für die Multiplikation benötigten Additionen zählt. Durch Drehung der Handkurbel H wird die im Einstellwerk befindliche Zahl in das Resultatwerk hineinaddiert. Das Einstellen einer Zahl a in den nur einstellig ausgeführten Umdrehungszähler bewirkt eine a malige Addition der im Einstellwerk gespeicherten Zahl in das Resultatwerk, also die Multiplikation dieser Zahl mit a. Addition: Die Addition wird in zwei Hauptphasen (Takte) aufgeteilt. 1. Addition ziffernweise, dabei Speicherung der Zehnerüberträge durch Betätigung eines jeder Ziffernstelle zugeordneten Speicherelements (Rädchen) 2. Hinzufügen der gespeicherten Überträge zu den zuvor erhaltenen Zwischensummen Dazu ein Beispiel:
10 SWi = Staffelwalzen, unwirksame Zahnrippen gestrichelt, wirkend sind SW3 = 2, SW2 = 5, SW1 = 4 Sj = Summenrädchen Ai = Ablesestelle Üi = Übertrags(fünfhorn)speicher (im Bild: Ü3 = Ü2 = 0, Ü1 = l) Ei = mit Si verbundene Einzähne, schalten beim Übergang von Si = 9 auf Si = 0 den Übertragsspeicher auf Üi = l AÜi = Antrieb zur Weiterschaltung der Überträge Üi ZWi = Zwischenräder zur Übernahme von Überträgen aus Üi-1 in Si Hi = System gestaffelter Antriebshebel zur aufeinander folgenden Abarbeitung aufgetretener Überträge Zi = Kette von miteinander kämmenden Zahnrädern der Übertragung der Kurbel
11 Zu dem obigen Schaubild schreibt Lehmann: Der Mechanismus wir durch die Kurbel K und die damit gekoppelten Zahnräder Z 1, Z 2,Z 3, bewegt. In der ersten Phase der Addition haben die Staffelwalzen SW 3, SW 2, SW 1, (eingestellt ist 254, nicht wirkende Zahnrippen gestrichelt) die Summenrädchen S 3, S 2, S 1 auf die Zwischensumme 692 weitergedreht. Zur Speicherung der Überträge dienen jeweils sogenannte Fünfhörner Ü 3,Ü 2,Ü 1 ; der Eintrag in Ü i wird beim Übergang der zugehörigen Summenziffer S i von9auf0durch den damit verbundenen Einzahn E i bewirkt. Im Bild stehen 0 = Ü 3 =Ü 2 in der Grundstellung, während Ü 1 = 1 durch E 1 zur Speicherung des Übertrags um 18 bewegt wurde. In der anschließenden zweiten Phase der Addition kommen die mit dem Antrieb K verbundenen Hebel H 1, H 2, H 3 zeitlich nacheinander zur Wirkung. Sofern ein Übertrag Ü i = 1 ist, schaltet H i mittels der Verbindungskette H i -AÜ i =Ü i Zw i+1 = S 1 i+1 das folgende Summenrädchen wegen der gewählten Hebelverhältnisse um eine Einheit weiter. Dabei kann in der damit erreichten Stelle ein neuer (sekundärer) Übertrag auftreten, der bei richtiger Staffelung der Hebel H i im nächsten Takt analog verarbeitet wird. Im Bild wird S 2 = 9 durch Ü 1 = 1 auf 0 gestellt, so dass E 2 den Übertrag Ü 2 = 1 einschaltet, den H 2 danach über H 2 AÜ 2 = Ü 2 ZW 3 = S 3 weiterleitet. Für die Subtraktion musste lediglich die Drehrichtung der Kurbel umgedreht werden. Die Multiplikation wollen wir uns an einem Beispiel veranschaulichen: *75 1. Eingabe der Zahl in das Einstellwerk 2. Eingabe der fünf am Umdrehungszähler 3. Drehung der Handkurbel H. Im Resultatwerk wird die Zahl sichtbar. 4. Drehung der Kurbel K. Das Einstellwerk wird um eine Stelle nach links verschoben. 5. Eingabe der sieben am Umdrehungszähler. 6. Drehung der Handkurbel H. Im Resultatwerk wird die Zahl sichtbar. 1 Ein - kennzeichnet Eingriffe, = eine gemeinsame Achse.
12 4. Versuch einer dualen Maschine Eine Büchse soll so mit Löchern versehen werden, dass sie geöffnet und geschlossen werden können. Sie sei offen an den Stellen, die 1 entsprechen und bleibe geschlossen an den Stellen, die 0 entsprechen. Durch die offenen Stellen lasse sie kleine Würfel oder Kugeln in kleine Rinnen fallen, durch die anderen nichts (1679) In einem seiner zahlreichen Briefe beschrieb Leibniz den Aufbau einer möglichen dualen Rechenmaschine. Die Idee hatte er jedoch, als er die Entwicklung der dezimalen Maschine schon vorangetrieben hatte. Deshalb wurde die Maschine nie gebaut. Subtraktion und Division hätten nur im Komplement ausgeführt werden können. Das Hauptproblem war natürlich, dass die Menschen an das Dezimalsystem gewöhnt waren.
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