Fahrdienste im Ehrenamt
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- Bärbel Giese
- vor 7 Jahren
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1 Fahrdienste im Ehrenamt Rechtsfragen nach dem Personenbeförderungsrecht 2. Fachtagung Niederschwellige Betreuungsangebote München 25. März 2014 Nürnberg 27. März 2014 Prof. Dr. iur. Thomas Beyer, TH Nürnberg Die folgenden Überlegungen führen in wichtige rechtliche Fragestellungen und Prüfungserfordernisse beim Einsatz von Fahrdiensten im Rahmen ehrenamtlicher Betreuungsangebote ein. Sie erheben auch angesichts einer nur in geringem Umfang offen liegenden (Genehmigungs-)Praxis nicht den Anspruch, die aufgeworfenen Rechtsprobleme erschöpfend darzustellen. A. Ausgangslage I. Genehmigungspflicht nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) Das PBefG findet Anwendung auf die entgeltliche oder geschäftsmäßige Beförderung von Personen mit Straßenbahnen, Oberleitungsbussen und Kraftfahrzeugen ( 1 Abs. 1 Satz 1 PBefG). Personenkraftwagen sind Kraftwagen, die nach ihrer Bauart und Ausstattung zur Beförderung von nicht mehr als neun Personen (einschließlich Führer) geeignet und bestimmt sind ( 4 Abs. 4 Nr. 1 PBefG). Die Beförderung von Personen im Sinne des 1 Abs. 1 PBefG mit Kraftfahrzeugen im Gelegenheitsverkehr setzt nach 2 Abs. 1 Nr. 4 PBefG eine Genehmigung voraus. II. Konsequenzen Wer ein Kraftfahrzeug führt, bedarf einer zusätzlichen Erlaubnis (Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung), wenn in dem Fahrzeug Fahrgäste befördert werden und für diese Beförderung eine Genehmigung nach dem PBefG erforderlich ist ( 48 Abs. 1 Fahrerlaubnis-Verordnung). Die Erlaubnis zur Fahrgastbeförderung setzt u.a. einen Nachweis der geistigen und körper-
2 lichen Eignung und eine Erste Hilfe Ausbildung voraus ( 48 Abs. 4 Fahrerlaubnis-VO). Sie unterliegt der fünfjährigen Verlängerung ( 48 Abs. 5 Fahrerlaubnis-VO). Weiter zu beachten sind etwa verkürzte Untersuchungsfristen für das Fahrzeug und ein angepasster Versicherungsschutz. TIPP Bei der Organisation eines ehrenamtlichen Fahrdienstes ist die Frage der Genehmigungspflicht nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG) ernst zu nehmen. B. Voraussetzungen eines genehmigungspflichtigen Verkehrs nach 1 Abs. 1 S. 1 PBefG I. Entgeltliche Beförderung Eine Beförderung erfolgt entgeltlich, wenn aus Sicht desjenigen, der die Beförderung übernommen hat, dafür eine Gegenleistung angestrebt wird. Nicht maßgeblich ist die Sicht des Fahrzeughalters oder des Fahrers. Nach 1 Abs. 1 S. 2 PBefG sind neben unmittelbaren Gegenleistungen auch mittelbare wirtschaftliche Vorteile als Entgelt anzusehen (zum Ganzen Bauer 2010, Randziffer (Rz.) 4 zu 1 PBefG). II. Geschäftsmäßige Beförderung Geschäftsmäßigkeit ist anzunehmen, wenn die Absicht besteht, die Beförderungstätigkeit in gleichartiger Weise zu wiederholen (Bauer, a.a.o.). C. Ausnahme für PKW-Verkehre gegen bloße Betriebskostendeckung ( 1 Abs. 2 Nr. 1 PBefG) I. Voraussetzungen Nach 1 Abs. 2 Nr. 1 PBefG unterliegen Beförderungen mit Personenkraftwagen nicht dem PBefG, wenn das Gesamtentgelt die Betriebskosten der Fahrt nicht übersteigt. 1. Gesamtentgelt ist die Summe aller von den Mitinsassen erlangten Einzelentgelte, einschließlich mittelbarer Vorteile (Bauer 2010, Rz. 8 zu 1 PBefG a.e.). 2. Betriebskosten sind nur die Verbrauchskosten der Fahrt (Treibstoff, Öl, Verschleiß), nicht aber die anteiligen Fixkosten wie Versicherungen, Steuer, Finanzierungskosten (Bauer 2010, Rz. 8 zu 1 PBefG).
3 II. Anwendbarkeit auf Fahrdienste Die Anwendbarkeit der Ausnahmevorschrift des 1 Abs. 2 Nr. 1 PBefG auf Zubringer- und Abholdienste wird in der Literatur in Abrede gestellt (Bidinger 2013, Rz. 44 zu 1 PBefG unter Hinweis auf eine im Gesetzgebungsverfahren ursprünglich geplante, dann aber ausdrücklich verworfene diesbezügliche Ausnahmeregelung). Auch in der Rechtsprechung finden sich Entscheidungen dahingehend, dass solche Dienste auch bei Vorliegen eines Entgeltes nur in Höhe der Betriebskosten oder darunter der Genehmigungspflicht unterworfen bleiben (Nachweise bei Bidinger 2013, a.a.o.; Bauer 2010, Rz. 6 zu 1 PBefG; Beispiele: Patientenfahrdienst zwischen Wohnung und Arztpraxis; hauseigener Hol- und Bringdienst für Pflegebedürftige zwischen Wohnung und Tagespflegeeinrichtung im Rahmen teilstationärer Pflege). Als maßgeblich wird in diesem Zusammenhang angesehen, dass mit der Ausnahmevorschrift lediglich bezweckt werden solle, Gefälligkeitsfahrten von der Genehmigungspflicht zu befreien. Regelbeispiel ist die Fahrgemeinschaft zur Arbeitsstelle (Bauer 2010, Rz. 8 zu 1 PBefG m.nachw.). Fahrten, bei denen es sich nicht um Gefälligkeitsfahrten handelt, sollen demzufolge nicht allein wegen Unentgeltlichkeit von der Ausnahmeregelung profitieren können (Bauer 2010 a.a.o.). Nach dieser Auffassung bleibt das Gesetz durchaus entgegen dem Wortlaut des 1 Abs. 2 Nr. 1 PBefG auch auf unentgeltliche oder nur gegen Erstattung der Betriebskosten erfolgende Beförderung anwendbar, wenn diese geschäftsmäßig erfolgt. In Frage kommt dann (nur) noch eine Freistellung gemäß 1 Freistellungsverordnung (siehe sogleich D). III. Fahrdienste im Rahmen von 45 c SGB XI Eine Herausnahme von Fahrten im Rahmen ehrenamtlicher Betreuungsangebote nach 45 c SGB XI setzt nach dem Vorstehenden nicht nur voraus, dass im Einzelfall nur ein (Gesamt-) Entgelt für die Fahrten erhoben werden darf, das die Betriebskosten der jeweiligen Fahrt zumindest nicht übersteigt. Es muss unabhängig davon auch dem Vorwurf begegnet werden können, es liege eine geschäftsmäßige Beförderung vor. Nicht unproblematisch erscheint deshalb ein Fahrdienst, der regelmäßig in gleicher Weise quasi nach Fahrplan und/oder als fester Bestandteil eines Leistungspaketes zusammen mit dem Betreuungsprogramm organisiert und angeboten wird. Weitergehend hat das Innenministerium Baden-Württemberg im Jahre 2005 gegenüber der Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg erklärt, dass auch wöchentlich durchgeführte Hol- und Bringefahrten gegen ein geringes Pauschalentgelt (3 Euro pro Hol- und Bringefahrt unabhängig von der Wegstrecke) gemäß 1 Abs. 2 Nr. 1 PBefG von der Genehmigungspflicht befreit seien (Infomappe; vgl. Zugriff ).
4 D. Ehrenamtliche Fahrdienste als Freigestellte Verkehre? I. Voraussetzungen Nach 1 Freistellungsverordnung (FrStllgV) werden bestimmte Verkehre von den Vorschriften des PBefG freigestellt. Ein häufig genutzter Fall ist die Freistellung der Verkehre zu Betreuungseinrichtungen für Menschen mit Behinderungen ( 1 Nr. 4 g FrStllgV). Nach 1 Nr. 3 FrStllgV sind von der Anwendbarkeit des PBefG freigestellt Beförderungen mit Personenkraftwagen, die nach ihrer Bauart und Ausstattung zur Beförderung von nicht mehr als sechs Personen (einschließlich Führer) geeignet und bestimmt sind, es sei denn, dass für die Beförderungen ein Entgelt zu entrichten ist. Die Voraussetzung, dass kein Entgelt (unabhängig von der Frage der Betriebskosten) zu entrichten ist, ist aus der Sicht des Fahrgastes zu beurteilen. Dieser darf für die Fahrt weder unmittelbar zur Kasse gebeten werden noch in der Form, dass ein Dritter das Entgelt bezahlt und dieses erst im Anschluss der beförderten Person in Rechnung stellt oder mit Leistungen an diese verrechnet (Bauer 2010, Rz. 8 zu FrStllgV). Erforderlich ist, dass die Fahrt für die beförderte Person unentgeltlich erfolgt. Dritte dürfen aufgrund eigener Verpflichtungen zur Kostentragung herangezogen werden (Bauer 2010, a.a.o.). HINWEIS Die Freistellung nach 1 Nr. 3 FrStllgV verlangt eine Unentgeltlichkeit der Fahrt für die Betroffenen, nicht eine Kostenfreiheit auch anderen Personen gegenüber. II. Fahrdienste Für die Freistellung von Fahrdiensten ist folglich die Unentgeltlichkeit der Fahrt für die beförderte Person zu gewährleisten. Dies bedeutet weder direkte Fahrpreiszahlungen noch Einrechnen in einen Gesamtpreis für ein Betreuungsarrangement. Weil auch mittelbare wirtschaftliche Vorteile zählen (vgl. 1 Abs. 1 Satz 2 PBefG) sind in diesem Zusammenhang auch Spenden an den Träger, der den Fahrdienst organisiert, schädlich. Auch im Rahmen der Freistellungsmöglichkeit (zu 1 Abs. 2 PBefG s. oben C.II) wird indes die Auffassung vertreten, selbst bei Unentgeltlichkeit seien Verkehre weil geschäftsmäßig durchgeführt ggfs. der Genehmigungspflicht unterworfen (Bauer 2010, Rz. 8 FrStllgV m.nachw.). Dies überzeugt für ehrenamtliche Verkehre im Ergebnis nicht.
5 Die FrStllgV ist auf der Grundlage von 57 Abs. 1 Nr. 8 PBefG erlassen worden. Danach soll durch eine Rechtsverordnung für bestimmte im Rahmen des Gesamtverkehrs nicht besonders ins Gewicht fallende Beförderungsfälle allgemein Befreiung von den Vorschriften dieses Gesetztes erteilt werden (Hervorhebungen nicht im Original). Fahrdienste auf ehrenamtlicher Basis im Zusammenhang mit niederschwelligen Betreuungsangeboten nach 45 c SGB XI lassen keine Auswirkungen auf die Verkehrswirtschaft erwarten. Sie können bei Einhalten der Voraussetzungen als durch 1 Nr. 3 FrStllgV von der Genehmigungspflicht nach PBefG freigestellte Verkehre angesehen werden. E. Zuständige Behörden Nach 11 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 PBefG i.v.m. 29 Abs. 1 Nr. 2 (Bay.) Verordnung über Zuständigkeiten im Verkehrswesen (ZustVVerk) sind Genehmigungsbehörden im vorliegenden Fall die Kreisverwaltungsbehörden (Landratsämter bzw. Kreisfreie Städte), in deren Gebiet der Träger seinen Sitz hat. Nach 10 PBefG ist für den Fall, dass Zweifel darüber bestehen, ob eine Personenbeförderung den Vorschriften des PBefG unterliegt, eine behördliche Entscheidung ermöglicht. Zuständig hierfür sind die Regierungen im Bezirk des Trägers ( 30 Nr. 2 a ZustVVerk). TIPP Fahrdienste im Rahmen von Angeboten nach 45 c SGB XI sind unter strikter Beachtung der Voraussetzungen nach 1 Nr. 3 Freistellungsverordnung zu organisieren und durchzuführen. Vor Aufnahme des Dienstes sollte mit der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde die Freistellung abgesichert werden. Im Zweifelsfalle kann die Entscheidung der Regierung eingeholt werden. F. Literatur - Alzheimer Gesellschaft Baden-Württemberg e.v. (oben C.III) - Bauer, Michael, Personenbeförderungsgesetz, Kommentar, Köln Bidinger, Rita, Personenbeförderungsrecht, Kommentar zum Personenbeförderungsrecht nebst sonstigen einschlägigen Vorschriften, Loseblatt, Köln, Stand Dezember 2013.
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