Erasmus Erfahrungsbericht Bergen, Norwegen 2013/2014. I. Einleitung

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1 Erasmus Erfahrungsbericht Bergen, Norwegen 2013/2014 I. Einleitung Ich habe von August 2013 bis Juni 2014 zwei Semester an der Universitetet i Bergen in Norwegen verbracht und damit die wahrscheinlich beste Entscheidung in meinem bisherigen Studium getroffen. Über den Sinn oder Unsinn eines Auslandsaufenthaltes während des Jura-Studiums wird zwar gerne spekuliert und gestritten schließlich ist der Inhalt des Studium meist nicht das deutsche Recht und somit nicht examensrelevant aber ich für meinen Teil kann nur jedem dazu raten, die Chance zu nutzen. II. Vorbereitung Ich hatte mich aus verschiedenen Gründen für eine Bewerbung für einen Aufenthalt in Norwegen entschieden. Ich wollte die Möglichkeit haben, sowohl in einem Land mit einer mir noch unbekannten Sprache zu leben als auch auf Englisch studieren zu können. Da ich das Kursangebot in Bergen sehr interessant fand und es mir darüber hinaus aufgrund der Verwandtschaft von Deutsch und Norwegisch auch realistisch vorkam, die Sprache halbwegs erlernen zu können, war meine Entscheidung schnell getroffen. Als großer Naturfreund fühlte ich mich außerdem von den Fjorden und Bergen des Landes angezogen. Die Vorbereitung auf einen Aufenthalt in Bergen ist denkbar einfach, da die dortige Universität einem dabei stark unter die Arme greift. Schon kurz nachdem ich die Zusage aus Heidelberg bekommen hatte, wurde ich aus Norwegen kontaktiert und über das weitere Vorgehen informiert. Besonders viel musste man dabei nicht beachten, da man von der Universität wirklich top über alle Erfordernisse und Fristen informiert wurde. Vor allem sollte man die Möglichkeit nutzen, sich auf einen Wohnheimsplatz zu bewerben, da jedem Austauschstudenten ein Zimmer garantiert wird. Die Preise sind höher als in den Wohnheimen in Heidelberg, gemessen an den norwegischen Lebenshaltungskosten aber durchaus human und man erspart sich den Stress, selbst eine Unterkunft finden zu müssen. Von der Universität wird man außerdem dazu angehalten, seine Kurse zu wählen. Die Kurswahl ist allerdings unverbindlich und kann problemlos in den ersten Wochen des

2 Semesters geändert werden. Wer einen Sprachkurs machen will, sollte sich jedoch unbedingt innerhalb der Frist bewerben, da es danach - vor allem im Wintersemester - praktisch unmöglich ist, noch einen Platz zu bekommen. III. Der Aufenthalt 1. Anreise und Anfang in Bergen Ich bin im Rahmen eines Familienurlaubs mit dem Auto angereist, was zum einen den Vorteil hatte, dass ich mich nicht an Gepäckrestriktionen von Fluglinien halten musste und viele Gegenstände des alltäglichen Lebens wie Kissen, Decken und Töpfe aus Deutschland mitbringen konnte. Vor allem aber konnte ich so bereits die atemberaubende Landschaft Norwegens kennenlernen und Gegenden besuchen, die später schwieriger zu erreichen gewesen wären. Am Anfang des Semesters finden viele verschiedene Willkommensveranstaltungen statt, die es einem wirklich leicht machen, Anschluss zu finden. Neben offiziellen Infoveranstaltungen der Universität und der Fakultät, veranstaltet ELSA eine separate Welcome Week. Diese ist sehr partylastig, aber eine gute Möglichkeit schnell viele andere Studenten aus aller Welt kennen zu lernen. Da Norwegen kein EU-Mitglied ist, hat man in den ersten Wochen auch einige Behördengänge zu erledigen, wobei man die hierfür erforderlichen Unterlagen schon vorher von der Universität zur Verfügung gestellt bekommt. Die Universität vereinbart außerdem einen Massentermin bei der Polizei, bei der man seinen Aufenthaltsgenehmigung erhält, für die man sich online jedoch vorher anmelden muss. Wer länger als ein Semester in Bergen bleibt, muss sich zudem bei der Steuerbehörde melden, wo man eine ID-Nummer zugeteilt bekommt. Diese ID- Nummer ist zum Beispiel erforderlich, wenn man in Norwegen ein Bankkonto eröffnen möchte. 2. Leben in Fantoft Es gibt mehrere Wohnheime in Bergen, die sich in Größe, Lage und Modernität unterscheiden. Bei der Bewerbung kann man verschiedene Preferenzen angeben, die

3 jedoch oft nicht berücksichtigt werden können und so werden die meisten ausländischen Studenten in Fantoft untergebracht, einem nicht sonderlich schön anzusehenden Plattenbau, der mit der Straßenbahn etwa 15 Minuten vom Stadtzentrum entfernt ist. Fantoft ist nicht ganz so schrecklich wie sein Ruf und hat den Vorteil, dass man das soziale Leben praktisch gleich mitgeliefert bekommt. Der große Nachteil ist jedoch, dass es schwer ist, Anschluss an norwegische Studenten zu finden. Wer sein Norwegisch trainieren möchte und viele Einheimische kennenlernen will, dem kann ich definitiv raten, sich auf gut Glück für ein anderes Wohnheim zu bewerben, aber nicht zu enttäuscht zu sein, wenn man doch nur ein Zimmer in Fantoft bekommt. Ich hatte mich ursprünglich auch nicht für Fantoft beworben und bin im Nachhinein sehr froh darüber, dort gelebt zu haben, da die Vorteile für das soziale Leben wirklich klasse waren. In Fantoft kann man zwischen drei Arten von Zimmern wählen. Ich habe in einem Einzelappartement gelebt und so mein eigenes Bad und eine eigene (winzige) Küchenzeile gehabt. Diese Art von Zimmer ist ideal für alle, die gerne einmal ganz für sich alleine sind und nicht jeden Freitag Partymusik aus den anderen Stockwerken hören möchten. Es besteht auch die Möglichkeit in ein Zweierappartement zu ziehen, in dem man sich Küche und Bad mit einer anderen Person teilt, aber sein eigenes Zimmer hat. Der Erfolg dieser Wohngemeinschaften hängt jedoch stark von dem Mitbewohner ab. Die letzte Möglichkeit ist, in eine der vielen WGs im C-/D-Block, einem 18 Stockwerk hohen Monstrum, zu ziehen, in dem sich je acht Leute eine vollausgestattete Küche teilen, jeder aber sein eigenes Zimmer mit Bad hat. Dies mag auf den ersten Blick etwas abschreckend klingen, ist aber gerade für gesellige Leute ideal. Von Partys übers weihnachtliche Plätzchenbacken sind die Küchen beliebte Schauplätze des sozialen Lebens in Fantoft. Wer in einem der oberen Stockwerke lebt und das Fenster in die richtige Richtung hat, genießt außerdem einen tollen Ausblick über Bergen. 3. Leben an der Universität Der Unialltag in Bergen unterscheidet sich stark von dem in Deutschland. Als Austauschstudent wird man typischerweise englischsprachige Master-Kurse besuchen,

4 die in erster Linie als Blockseminare stattfinden. So kann es dazu kommen, dass man manchmal mehrere Wochen am Stück frei hat. Die Sprachkurse finden jedoch in einem regelmäßigen Rhythmus statt und bringen so eine gewisse Struktur in die Woche. Ich habe im Wintersemester die Kurse Energy Law, Human Rights Law und Comparative Constitutional Law gewählt, von denen ich vor allem Human Rights Law empfehlen kann. Die Vorlesungen in Energy Law, die von einer australischen Dozentin unterricht wurden, waren ebenso sehr informativ. Im Sommersemester habe ich die Kurse International Business Contracts, Legal Philosophy und Law and Justice besucht. Letztere würde ich aber nur denjenigen empfehlen, die wirklich ein großes Interesse an Philosophie haben, da die regelmäßige Lektüre des nicht leicht zugänglichen Stoffes zum Verständnis der Vorlesungen unbedingt notwendig war und der Kurs damit einen relativ hohen Zeitaufwand beanspruchte. Neben den Jura-Kursen habe ich außerdem im Wintersemester einen Intensivsprachkurs besucht, der viermal die Woche stattgefunden hat. Da die norwegische Grammatik der deutschen sehr ähnlich ist, ist der Kurs gerade anfangs sehr leicht zu meistern, wird im Laufe der Zeit jedoch immer schwieriger und erfordert gerade am Ende sehr viel Arbeit. Ich würde den Kurs trotzdem jedem empfehlen, der wirklich Interesse daran hat, bei seinem Aufenthalt Norwegisch zu lernen. 4. Leben in Bergen Bergen ist eine wunderschöne Stadt am Meer, leider aber auch sehr regnerisch, weswegen man sich bereits in Deutschland passend mit Regenklamotten und Gummistiefeln ausstatten sollte. Wenn die Sonne jedoch einmal scheint, gibt es kaum schönere Orte als Bergen und die umliegende Umgebung, die zu vielen verschiedenen Bergwanderungen einlädt. Mein Favorit ist der Lyderhorn, von dem man eine unglaubliche Aussicht über das Meer und den Bergen vorgelargerten Inselgruppen hat, aber auch eine Wanderung auf den höchsten Berg der Gegend, den Gullfjellet, ist eine tolle Erfahrung. Leider sind die Lebenshaltungskosten in Norwegen sehr hoch, was man vor allem beim Lebensmitteleinkauf zu spüren bekommt. Praktisch alles ist deutlich teurer als in Deutschland, vor allem Milchprodukte, Fleisch und Alkohol. Allgemein ist der billigste

5 Supermarkt wohl Rema 1000, die Kaufentscheidung sollte man jedoch von den jeweiligen Wochenangeboten abhängig machen, die meist dafür sorgen, dass sich die verschiedenen Supermarktketten nicht extrem im Preis unterscheiden. Auch außerhalb von Bergen gibt es in Norwegen viel zu entdecken. Die Fjorde des Landes sind wirklich wunderschön, wobei ich besonders einen Tagesausflug an den Hardangerfjord empfehlen kann. Wer die Gelegenheit hat, Norwegen per Auto zu erkunden, sollte diese Möglichkeit unbedingt nutzen, um zu weiter entfernten Fjorden wie dem Geirangerfjord zu gelangen und das norwegische Hinterland zu besuchen. Wanderfreunden empfehle ich eine Fahrt zum Jotunheimen Nationalpark, der fernab der gewöhnlichen Tourismusströme eine tolle Begegnung mit wilder Natur ermöglicht. Im Winter gehört eine Reise nach Nordnorwegen fast obligatorisch zu jedem Norwegenaufenthalt dazu. Dort ist es zwar kalt und ständig dunkel, aber gerade das ist eine völlig neue Erfahrung und wer Glück hat, sieht vielleicht auch das Nordlicht. Für sehr Reisefreudige lohnt sich auch ein Blick in andere skandinavische Länder aus Bergen kann man wesentlich günstiger als aus Deutschland nach Schweden und Island fliegen. Die Fluggesellschaft Norwegian bietet oft sehr preisgünstige Flüge in viele Gegenden Europas (z.b. auch nach London) an und stellt aufgrund der günstigen Preise für Gepäckstücke auch eine gute Option von und nach Deutschland dar. Innerhalb Norwegens findet man bei Widerøe oft relativ günstige Studententarife, die jedoch begrenzt und so für beliebte Reiseziele schnell vergriffen sind. IV. Fazit Mein Jahr in Norwegen war wirklich eine unglaublich tolle Erfahrung und ich bin froh, zwei Semester in Bergen verbracht zu haben und so die Möglichkeit gehabt zu haben, besonders viel vom Land zu entdecken. Ich kann nur jedem, der Natur liebt und nicht der größte Sonnenanbeter ist, empfehlen, sich für einen Aufenthalt dort zu bewerben.