Unterwegs in geheimer Mission

Transkript

1 - Gottesdienst Anlass Predigttext Thema Sonntags-Gottesdienst Das Buch Esther Unterwegs in geheimer Mission Ort / Datum Besonderes Notiz Böhringen, Predigtreihe Teil 2 Nach einer Idee von John Ortberg A. Einleitung Wir blicken zurück Unterwegs in geheimer Mission Wir Menschen treffen täglich viele Entscheidungen! Forscher haben in einer Studie nachgewiesen, dass es knapp Entscheidungen sind, die wir tagtäglich treffen. Und manchmal sind es große Entscheidungen... Vier Männer befinden sich in einem Heißluftballon: Der Präsident der USA, der klügste Mann der Welt, ein alter Pfarrer und ein Pfadfinder. Plötzlich reißt der Ballon auf und beginnt abzustürzen. Zu allem Unglück gibt es zwar vier Menschen an Bord, aber nur drei Fallschirme. Der Präsident der USA reagiert schnell und sagt: Der Weltfrieden hängt von meiner Sicherheit ab. Er nimmt einen Fallschirm und weg ist er. Der klügste Mann der Welt sagt: Ihr werdet es sicher verstehen: Ich bin ein Geschenk an die Menschheit. Ich bin es den Menschen schuldig, am Leben zu bleiben. Und so springt auch er ab. Da sagt der alte Pfarrer zum Pfadfinder: Mein Sohn, ich hatte ein langes und erfülltes Leben. Es ist in Ordnung, wenn ich jetzt heimgehe. Nimm du den letzten Fallschirm und spring. Da entgegnet ihm der Pfadfinder: Nur die Ruhe, Herr Pfarrer, bleiben Sie cool. Es ist alles in bester Ordnung. Der klügste Mann der Welt ist gerade mit meinem Rucksack abgesprungen. Letzte Woche haben wir festgestellt, dass wir immer in der Gefahr stehen, die wahren Gründe für unsere Entscheidungen geheim zu halten. (Was sind die wahren Gründe, um den rettenden Fallschirm zu nehmen???) Unsere wahren Motive sind oftmals hinter Schloss und Riegel. Wir sind also immer wieder in geheimer Mission unterwegs. Gemeinsam haben wir uns den ersten Teil der Esther-Geschichte aus dem Alten Testament angeschaut. Sie spielt im Jahr 470 v.chr. in der persischen Metropole Susa. Und wir konnten feststellen, dass zumindest zwei der vier Hauptpersonen von einer geheimen Mission geleitet werden. Der prächtige und unbeschreiblich reiche König Xerxes I. will um jeden Preis gut bei den Menschen ankommen, er will geliebt und bewundert werden! Der andere 1

2 heißt Haman und ist sozusagen die rechte Hand des Königs. Xerxes hat ihm die Regierungsgeschäfte übertragen. Und dieser Haman hat auch eine geheime Mission... Frage: Welche? Haman strebt eindeutig nach MEHR Macht und Einfluss. Und so hält er es nicht aus, dass der Jude Mordechai sich nicht vor ihm verbeugt das ist für ihn eine persönliche Demütigung. Haman schmiedet daraufhin den Plan, nicht nur Mordechai, sondern alle Juden töten zu lassen. Mordechai, der Cousin von Esther, geht in seiner Not zur neu gewählten Königin und bittet sie inständig darum, diesen Plan zu vereiteln. Dazu müsste Esther aber zu König Xerxes gehen zum König Esther hat gute Gründe das nicht zu tun: (Ester 4,11) Alle Bediensteten des Königs [...] kennen das unumstößliche Gesetz: 'Jeder, ob Mann oder Frau, wird hingerichtet, wenn er unaufgefordert zum König in den innersten Hof des Palasts geht. Er hat sein Leben nur dann nicht verwirkt, wenn ihm der König das goldene Zepter entgegenstreckt.' Xerxes hielt sich streng an das höfische Protokoll. Das Gesetz der Meder und Perser ist bis heute berühmt. War es einmal schriftlich verankert konnte es nicht mehr verändert werden. Auch nicht vom König selbst! (Das wird später nochmals wichtig!) Mordechai lässt aber nicht locker. Er wird für Esther zu einem wichtigen Berater und sagt ihr (Ester 4,14): Wer weiß, ob du nicht genau um dieser Gelegenheit willen zur Königin erhoben worden bist?«esther, meinst du nicht, dass Gott einen Plan mit deinem Leben hat? B1. Gibt es einen Mordechai in meinem Leben? Letzte Woche habe ich uns allen eine kleine Hausaufgabe mitgegeben: Die Frage lautete: Was ist eigentlich meine geheime Mission im Leben? Worum geht es mir, wenn ich Entscheidungen treffe? Geht es mir um Ansehen, um Macht, um Erfolg, um Reichtum, um Sicherheit, dass ich etwas verberge oder darum, dass ich frömmer bin als alle anderen? Ich möchte heute noch ein wenig mehr von meiner geheimen Mission erzählen. [...] 2

3 Ich hatte nach meiner niederschmetternden Erfahrung einen Freund, der zu meinem Mordechai wurde. Durch seine Fragen wurde mir klar, dass es mir nur darum gegangen war, das zu können, was ein paar andere Menschen perfekt konnten. Aber eigentlich hatte Gott etwas ganz anderes mit mir vor. Zum Glück habe ich das noch rechtzeitig entdeckt... Und so möchte ich uns eine weitere herausfordernde Frage stellen: Von wem holen Sie sich Rat für Ihr Leben? Gibt es einen Mordechai in Ihrem Leben? Einem Menschen, dem Sie das Recht geben, in Ihr Leben hineinzusprechen? Einen Menschen, der für Sie auch Vorbild im Glauben ist, der das tun darf? Wir alle brauchen solche Menschen, damit wir auf unserer Lebens- und Glaubensreise voran kommen! Vielleicht wäre die Teilnahme an dem Glaubenskurs im Herbst der erste Schritt in diese Richtung? B2. Die Rettung der Juden Nun steigt die Spannung in der Erzählung! Esther fastet drei Tage und wird von Gott so gestärkt, dass sie zum König geht. Wie wird der König reagieren? Der König fragte sie: Was hast du auf dem Herzen, Königin Esther? Ich will dir jeden Wunsch erfüllen, auch wenn du die Hälfte meines Königreichs forderst! (Esther 5,3) Es sieht so aus, als könnte Esther nun fordern, was immer sie wollte. Diese königliche Redeweise sollte nicht missverstanden werden. Es bedeutet eher so viel wie: Esther, ich habe heute gute Laune. Wenn wir heute Abend fernsehen, dann bekommst du die Fernbedienung. Esther kann dies gut einschätzen und lädt den König zu einer kleinen Feier ein. Sie kennt ja Xerxes, ihren Mann, mit einem chicen Bankett ist er zu gewinnen! Und Esther fügt noch hinzu: Mein König, bitte bringe auch Haman deinen Regierungschef mit. (vgl. Ester 5,4) Damit tut Esther etwas, das damals üblich war. Der antike Geschichtsschreiber Herodot schreibt über die Perser: Sie pflegen im Rausch die wichtigsten Angelegenheiten zu verhandeln. (WuppStudBibel, 101) König Xerxes ist begeistert und treibt Haman zur Eile. Beide kommen also wenig später zu Esthers Bankett und genießen den leckeren Wein und die Speisen. Und als der König Esther nach ihrem Anliegen fragt antwortet sie: 3

4 Ja, ich habe eine große Bitte an dich: Wenn du mir eine Gunst erweisen willst, mein König, dann komm morgen noch einmal mit Haman zu einem festlichen Mahl, das ich für dich und für ihn geben möchte. Dann werde ich bestimmt sagen, was mein Wunsch ist (Ester 5,7f.) Der König willigt ein und freut sich natürlich auf eine zweite Feierlichkeit. Die Spannung steigt aber der Autor lässt uns intensiv auf Haman blicken. Haman schwebt auf Wolke 7 und erzählt seinen Freunden von seinem Erfolg: Dann prahlte er mit seinem großen Reichtum [...]. Er erzählte, dass der König ihn zu einem mächtigen Mann gemacht hatte, dem alle anderen Beamten und führenden Männer untergeordnet waren. "Und heute", fuhr er fort, "hat Königin Esther außer dem König nur noch mich zum Festmahl eingeladen! Auch morgen hat sie mich zusammen mit dem König zum Essen gebeten! (Ester 5,11f.) Nur eine Sache ist Haman wirklich noch ein Dorn im Auge! Er muss den unbeugsamen Juden Mordechai und sein ganzes Volk loswerden. Er erträgt es nicht, wie Mordechai ihm die Ehrerbietung verweigert! Und da lässt er einen Galgen errichten, an dem Mordechai sterben soll. Hier zeigt sich, wie vergiftend eine geheime Mission im Leben sein kann! Haman will immer mehr! Mehr Macht, mehr Einfluss, mehr Erfolg, mehr Applaus. Es gibt nie genug! Daran erkennt man übrigens sehr gut, ob man einer geheimen Mission folgt. Man wird davon nämlich niemals satt. Man will und braucht immer mehr davon wie eine innere Droge! Und jetzt kommt es: Genau in dieser Nacht kann König Xerxes nicht schlafen. (wörtl. Schlaf floh ) Und wenn der König nicht schlafen kann, dann schläft niemand... Xerxes will sich beruhigen und lässt sich von einem Diener aus den Annalen der Könige vorlesen. Worum geht es in diesen Annalen? Natürlich um den großartigen König selbst. Und die Diener lesen die Stelle vor, in der berichtet wurde, wie Mordechai den Anschlag auf Xerxes verhindert hatte und dass ihm nie dafür gedankt wurde. Am nächsten morgen kommt Haman zu König Xerxes und der König fragt: Was kann ein König tun, wenn er einen Menschen besonders ehren möchte? (Ester 6,5) Haman platzt beinahe vor Freude wer könnte außer ihm denn gemeint sein? Man soll dem Mann ein königliches Gewand bringen und ein Pferd mit dem königlichen Kopfschmuck! (Sogar das Pferd bekommt ne Krone ) Es muss ein Gewand sein, das du sonst selbst trägst, und ein Pferd, auf dem du sonst selbst reitest. 9 Übergib das Gewand und das Pferd einem deiner angesehensten Würdenträger. 4

5 Er soll dem Mann, den du auszeichnen willst, das königliche Gewand anlegen, ihn auf deinem Pferd über den Hauptplatz der Stadt führen und vor ihm her ausrufen: 'So ehrt der König einen Mann, der sich besondere Verdienste erworben hat!' (Ester 6,7-9) Der König antwortet: Was für eine großartige Idee, Haman. Den Mann den ich ehren möchte, ist Mordechai. Und ich freue mich, dass du sein Pferd führen wirst. Großartige Idee, Haman! Ab jetzt befindet sich Haman im freien Fall! Esther demütigt ihn bei dem zweiten Bankett und erzählt dem König von den geheimen Vernichtungsplänen des Haman. Und so landet Haman selbst am Galgen. Plötzlich zeigt sich, dass König Xerxes doch Verantwortung übernehmen kann. Plötzlich erkennt er, dass es mehr gibt als sein Streben nach Anerkennung. Er lässt Mordechai rufen und legt ihm seinen Siegelring an. Somit tritt Mordechai an die Stelle Hamans. Aber weil das Vernichtungsgesetz der Juden von Haman gesiegelt wurde, ist es unwiderruflich. So bleibt Xerxes nur eine Chance. Durch Mordechai erlässt er ein weiteres Gesetz, durch das die Juden in den 127 Provinzen sich verteidigen dürfen und vom Königshaus unterstützt werden. C. Die Mission des Retters Es ist unglaublich bewegend zu sehen, was Menschen im Laufe der Geschichte bewirkt haben, wenn sie ihrer wahren Berufung gefolgt sind. Alles begann damit, dass ein Mann den Mut hatte die Wahrheit aufzudecken. Und eine Frau, die nein sagte zu ihrer geheimen Mission von Sicherheit und Wohlstand und ja sagte Gott zu folgen. Und das Spannende ist, dass wir 2500 Jahre später in einer ähnlichen Lage sind. Auch heute noch stehen wir alle in der Gefahr, unseren geheimen Missionen zu folgen. Es muss nicht so dramatisch sein, wie in der Geschichte um Esther. Ich habe zum Schluss noch eine schlechte und eine gute Nachricht. Die schlechte: mit unserer Kraft werden wir unsere geheime Mission nicht los. Die gute: Jesus kennt diese Situation sehr gut. 5

6 Der Neutestamentler F.F. Bruce schreibt einmal: Immer und immer wieder wurde Jesus mit der Versuchung konfrontiert, einen leichteren Weg zu wählen, um seine Berufung zu erfüllen. Einen Weg, der nicht von Leiden und Tod gesäumt war. Aber er widerstand diesen Versuchungen. Wenn wir Jesus unsere geheimen Missionen anvertrauen, dann wird er uns helfen, ihnen zu widerstehen! Wenn wir es zulassen, dass Menschen uns auf unserer Glaubensreise begleiten, dann werden wir Fortschritte erleben. Ja, wir werden erleben, wie erfüllend es ist, seiner wahren Bestimmung zu folgen. Gott möge uns alle auf diesem Weg segnen. Amen. 6