Kirchengemeinde Hegensberg-Liebersbronn Gottesdienst am 15. Mai 2016, Pfingstsonntag Predigt: Pfarrer Siegbert Ammann Text: Apostelgeschichte 2, 1-18

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1 Kirchengemeinde Hegensberg-Liebersbronn Gottesdienst am 15. Mai 2016, Pfingstsonntag Predigt: Pfarrer Siegbert Ammann Text: Apostelgeschichte 2, 1-18 eingespielt am 17. Mai.2016 Kanzelgruß: Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen, Amen. Liebe Gemeinde, Pfingsten ist dem aufgeklärten Menschen von heute schwer zu vermitteln. Bei Festen wie Weihnachten oder Ostern hat sich viel Brauchtumskitsch um den christlichen Inhalt herum gelagert und man muss oft regelrecht Entrümpeln, wenn man zum Kern der Sache vordringen will. Ganz anders bei Pfingsten. Nicht einmal die Süßwarenbranche, die sonst immer große Umsätze wittert, wenn es um christliche Feste geht, weiß mit Pfingsten etwas Sinnvolles anzufangen. Wie geht es uns mit Pfingsten? Könnten sie auf Anhieb sagen, warum wir zwei Tage lang feiern? Ich bin mir sicher, eine Straßenumfrage zum Thema Pfingsten brächte allenfalls diffuses Halbwissen zur Sprache. Pfingsten hat etwas mit dem Heiligen Geist zu tun, wüßten die Kirchgänger und die Eingeweihten könnten ergänzen: Pfingsten sei der Geburtstag der Kirche. Aber was war das Besondere an Pfingsten? Lassen Sie uns genau hinhören wie es zugegangen und was da abgegangen ist an jenem Morgen, als der Heilige Geist ausgegossen wurde. Wir lesen in Apg. 2,1-18: (1) Während des Pfingstfestes, waren alle Jünger beieinander an demselben Ort. (2) Plötzlich geschah vom Himmel ein Brausen, wie wenn ein gewaltiger Wind aufkommt und das ganze Haus in dem sie saßen wurde davon erfüllt. (3) Zugleich erschien ihnen etwas wie züngelndes Feuer, das sich auf einen jeden von ihnen setzte. (4) und sie wurden alle erfüllt mit Heiligem Geist und fingen an in anderen Sprachen zu reden, und sie sprachen s aus, wie es der Geist ihnen eingab. (5) Es waren aber zu dem Fest die in Jerusalem wohnenden Juden sowie viele gottesfürchtige Männer aus aller Welt gekommen. (6) Als nun dieses Brausen geschehen war, lief die Menge zusammen und wurde bestürzt; denn ein jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden. (7) Wie ist das möglich? riefen sie außer sich und wunderten sich: Schaut euch das an sind die da, die hier reden nicht alle aus Galiläa? (8) Wie kommt s, dass wir sie alle in unsrer Muttersprache reden hören? (9) Ganz gleich, ob wir Parther, Meder oder Elamiter sind. Die aus dem Zweistromland, die Judäer, die Leute aus Kappadozien, Pontus und der Landschaft Asien. (10) Die aus Phrygien und Pamphylien, die aus Ägypten und die aus der Gegend von Kyrene in Libyen, selbst Ausländer von Rom, (11) Juden und Anhänger des jüdischen Glaubens, Kreter wie Araber: jeder hört sie in seiner eigenen Sprachen von den großen Taten Gottes reden.

2 (12) Bestürzt und ratlos fragte einer den anderen: Was soll das bedeuten? (13) Andere aber hatten ihren Spott und sprachen: Die sind voll süßen Weins. (14) Da stand Petrus mit den anderen Elf Jüngern auf, und rief der Menge zu: Ihr jüdischen Männer und ihr Einwohner Jerusalems, hört mich an. Ich will euch erklären, was hier geschehen ist. 2 (15) Diese sind nicht betrunken, wie ihr annehmt, es ist doch erst neun Uhr morgens; (16) was ihr erlebt habt, ist, was durch den Propheten Joel vorhergesagt worden ist (Joel 3,1-5): (17)»Es soll geschehen in den letzten Tagen, spricht Gott, da will ich ausgießen von meinem Geist auf alles Fleisch; und eure Söhne und eure Töchter sollen weissagen, und eure Jünglinge sollen Visionen sehen, und eure Alten sollen Träume haben; (18) und auf die Männer und Frauen, die mir dienen, will ich in jenen Tagen von meinem Geist ausgießen, und sie sollen weissagen.«herr schenke Reden, Hören und Verstehen durch deinen Heiligen Geist. Komm, Heiliger Geist. Amen. Liebe Gemeinde, Pfingsten bedeutet also: Ausgießung des Geistes. Aber wozu war die Ausgießung des Heiligen Geistes noch nötig? Wäre es nicht auch ohne dieses Pfingstspektakel gegangen. Alles Entscheidende war ja schon geschehen und vorhanden: Weihnachten: Christus kommt als Retter in die Welt Karfreitag: er vollbringt am Kreuz sein Werk der Versöhnung. Der Ostermorgen zeigt, dass Christus den Sieg über den Tod errungen hat. Himmelfahrt brachte seine Einsetzung ins Weltregiment zur Rechten Gottes. Was fehlt nun noch? Was soll durch Pfingsten zu alledem noch hinzugetan werden? Es muss schon etwas Wesentliches sein, nicht nur das Pünktchen auf dem i, wenn wir uns zwei Feiertage gönnen, dieses Ereignis zu feiern. Liebe Gemeinde, an Pfingsten beginnt die Offensive Gottes in die Welt hinein. Gott will, dass das Evangelium sich Bahn bricht zu den Völkern. Die Heilstaten Gottes sollen aller Welt verkündigt werden. Pfingsten ist der furiose Auftakt zur weltweiten Mission. Wir werden Zeugen der Geburtsstunde der weltumspannenden Kirche Jesu Christi. Und Gott beginnt sein Missionswerk mit dem Pfingstwunder: Der Heilige Geist kommt mit großem Brausen und seltsamen, kaum beschreibbaren Begleiterscheinungen über die im Tempel zusammensitzenden Jünger und verleiht ihnen die Fähigkeit, in Sprachen zu reden, die sie nie gelernt haben. Die Leute, die das Ereignis als Zuschauer mitbekommen sind reichlich verwirrt. Bis Petrus aufsteht und das Wort ergreift. Das Sprachwunder setzt sich fort: Petrus redet und alle die ihm zuhören verstehen ihn. Der Heilige Geist wirkt wie ein Simultanübersetzer. Durch das Einwirken des Heiligen Geistes wird aus dem einfachen Fischer, ein unerschrockener Redner.»Gehet hin in alle Welt und machet zu Jüngern alle Völker«hat Jesus den Seinen aufgetragen Petrus kommt diesem Auftrag nach.

3 Wie? Wie macht er Jünger? Schauen wir genau hin. 3 Wir kennen ja die Petruspredigt im Wortlaut der Apostelgeschichte. So etwas Besonderes ist das gar nicht gewesen. Petrus redet in einfachen Worten, verweist auf Verheißungen des Alten Testaments und erklärt der Menge, dass Gott sich jetzt, vor ihren Augen, dranmacht, die Verheißungen, die sich bei dem Propheten Joel finden, zu erfüllen: In den letzten Tagen, spricht Gott, der Herr, will ich meinen Geist ausgießen über alles Fleisch. heißt es dort. (Joel 3) Petrus sagt der erstaunten Menge: Hier an Pfingsten, hier vor euren Augen erfüllt sich, was der Prophet Joel vorhergesagt hat: Gott ist der Herr dieser Welt. Er tritt auf den Plan. Er sendet seinen Geist. Er startet an Pfingsten seine Offensive in die Welt hinein. Das finde ich das Schöne an der Pfingstgeschichte. Gott lässt seinen Geist nicht nur den Jüngern, und nicht nur denen, die gerade zufällig in Jerusalem anwesend waren zukommen, sondern aller Welt. Das ist der Grund, warum auch wir heute etwas zu feiern haben. Gott selbst sorgt für die Ausbreitung des Evangeliums. Er beruft sich aus allen Völkern Zeugen und rüstet sie aus mit seinem Heiligen Geist. Und jetzt kommt s noch besser seit jenem Morgen in Jerusalem ist der Heilige Geist unablässig am Werk in und an uns Menschen. Von Generation zu Generation ist er es, der in den Herzen Bahn bricht fürs Evangelium, für die Botschaft von den großen Taten Gottes. Die Worte des Petrus verfehlen ihre Wirkung nicht. Wir wissen aus dem Fortgang der Geschichte, was weiter passierte: Viele Menschen ließen sich taufen und hielten sich fortan zur Gemeinde. Menschenworte können so etwas nicht bewirken! Hier wirkt Gottes Geist. Seit Pfingsten ist er in der Welt, für die Welt erfahrbar, damals wie heute. Für jeden, der ihn erfahren will. Die Zuhörer der Petruspredigt spüren die Kraft des Heiligen Geistes an sich selbst. Es bleibt nicht beim Hören und akustischen Verstehen, nicht beim oberflächlichen Staunen über die Phänomene und Begleiterscheinungen. Der Heilige Geist dringt zum Herzen der Zuhörer vor. Er ergreift Besitz von ihnen. Ganz sachte und unspektakulär. Das ist für mich das eigentlich Wunderbare an Pfingsten: Die Jünger sind zwar die Ersten, aber nicht die Einzigen, die den Heiligen Geist empfangen. Gott behält den Heiligen Geist nicht einem exklusiven Zirkel vor, sondern er schenkt ihn der Welt. Das ist die Brücke zu uns, in unsere Zeit, in unser Leben hinein. Liebe Gemeinde, ich kenne Christen, die angesichts des Pfingstereignisses sagen: Ja, damals war wenigstens was los in dem Laden. Da ist für jeden offenbar geworden, dass die Sache Gottes keine Winkelsache ist. Wir wollen öfter so ein Brausen in der Kirche. So etwas Faszinierendes, bei dem die Leute stehen bleiben und die Menge begeistert zusammenläuft. Wenn mir jemand so kommt, frage ich mich immer: Lebt die Kirche von Aktionen, die Aufsehen erregen? Ist uns die Pfingsten-Geschichte überliefert worden, weil damals ein paar Leute zusammen ein tolles (Kirchentags-) Happening erlebt haben? Bei allem Verständnis für die Sehnsucht, nach so einer Erfahrung, nach einem sichtbaren Handeln Gottes, nach Be-GEIST-erung, im wahrsten Sinne des Wortes meldet sich in mir immer die Skepsis zu Wort. Es stimmt, das hat was, wenn Leute, vom Fleck weg in die Entscheidung gerufen werden, und sich anstecken lassen von der Begeisterung aber ich kann mir ebenso gut Leute vorstellen, die durch solche Ereignisse verwirrt und abgeschreckt werden: Da fährt ein Brausen durch den Raum, da züngeln Feuerflammen und irgendwelche, mir fremden Menschen reden in fremden Sprachen. Das ist mir fremd, ja das macht mir Angst da will ich nicht dazugehören, sagen sie.

4 4 Ich habe mich gefragt, ob mich der Heilige Geist damals mit dem Brausen und dem züngelnden Feuer erreicht hätte? Wer weiß, ob ich selbst damals nicht auch gesagt hätte: das ist nichts für mich. Die sind mir zu freudetrunken, wer weiß, wieviel Alkohol die schon im Blut haben? Darum bin ich froh, dass uns in der Pfingstgeschichte mehrere, grundverschiedene Wirkweisen des Heiligen Geistes begegnen die behutsamen und die energisch feurigen. Liebe Gemeinde, damit sie mich recht verstehen: Spektakuläre Aktionen tun der Kirche Jesu Christi hin und wieder gut. Es ist wichtig und nötig, dass uns der Heilige Geist immer wieder aus unserer Lethargie aufrüttelt und uns Lebendigkeit und Spontanität verleiht. Die Kirche braucht auch Aktionen um wahrgenommen zu werden in unserer Zeit. Aber sie muss sich immer bewußt sein, dass sie nicht von den Aktionen lebt, bei denen die Leute stehen bleiben, sondern vom Glauben, den der heilige Geist in ihr wirkt! Beides muss zusammenkommen. Aktion und Geist. Bewegung und innere Triebkraft. Impuls und Ausdauer. Lassen sie mich versuchen, die Sache mit einem Vergleich zu verdeutlichen: Wenn eine Wanduhr nicht aufgezogen ist, so nutzt es nichts, ihr Pendel in Bewegung zu setzen; sie geht doch nicht, auch wenn sie einige Schwingungen macht. So oft man sie anstößt, geht sie scheinbar, aber nur für Augenblicke, dann steht sie wieder. So ist das auch mit Menschen, die den heiligen Geist nicht in sich haben. Sie nehmen zuweilen einen Anlauf, wenn sie durch irgendjemanden einen Anstoß dazu erhalten. Aber es fehlt die rechte Triebkraft von innen; Die Versuche, selbst in Schwung zu kommen werden bald wieder eingestellt. Resignation und Enttäuschung machen sich breit. Das innere Werk muss durch den Heiligen Geist in Bewegung gesetzt werden. Nur dann kommt der Pendel von selbst in die richtige Schwingung und zu gleichmäßigem, steten Gehen. Wir Christen können uns nicht anmaßen, uns, die Leute um uns herum oder gar die ganze Kirche in Schwung zu bringen. Aber wir sollen und dürfen dafür beten, dass der Heilige Geist mit seiner Kraft bei uns Einzug hält, dass er uns eine innere Triebkraft und Ausdauer zu unserem Tun schenkt. Warten sie bitte nicht ihr Leben lang darauf, dass der Geist sich ähnlich spektakulär über uns herabsenkt wie damals auf die Jünger. Wer sich nur nach Spektakulärem sehnt, bleibt auf immer im Vorhof von Pfingsten stehen. Es ist ein Missverständnis anzunehmen, die Ausgießung des Heiligen Geistes müsse immer exakt so wie an jenem Morgen, mit brausendem Wind und Feuerzungen vor sich gehen. Stellen sie sich das Wirken des Heiligen Geistes nicht kompliziert und theatralisch vor. Meist wirkt der Geist ganz still und verborgen. Wenn zum Beispiel jemand Gott täglich in aller Einfalt bittet: Herr, schenke mir heute deinen heiligen Geist, weil ich ihn brauche, weil ich sein behutsames Einwirken und seine δύναμις seine Kraft in meinem Alltag brauche dann macht er oder sie Erfahrungen mit dem Heiligen Geist. Das verspreche ich ihnen. Einen Großteil der Erfahrungen mit dem Heiligen Geist werden nur sie selbst wahrnehmen: Es tut sich was ganz im Stillen plötzlich haben sie vielleicht Sehnsucht nach Gottes Wort für ihren Alltag, schlagen die Bibel auf und lesen, auf einmal wird die Tageslese, oder die Losung für sie sprechendes Gotteswort. Zusammenhänge werden klar. Nach und nach stellt sich auch eine Außenwirkung ein spürbar für sie und für andere. Plötzlich erscheint ihnen der böse Nachbar gar nicht mehr so verabscheuenswürdig und sie finden Zeit, ihn

5 5 mal zum Kaffee einzuladen, im Betrieb lernen sie ihre Kollegin, die komische, annehmen wie sie ist. Und über alledem spüren sie auf einmal, dass Gott ihnen, durch den Heiligen Geist Anteil gibt an seiner neuen Schöpfung. Diese und noch viel mehr beglückende Erfahrungen mit dem Heiligen Geist, und das Wunder, das nur er wirken kann, nämlich den festen Glauben, wünsche ich uns allen. Amen.