Im Namen des Volkes URTEIL. In dem Rechtsstreit ...
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- Karoline Otto
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1 Sächsisches Landesarbeitsgericht Az.: 7 Ca 7195/05 ArbG Bautzen, AK Görlitz Verkündet am 21. Juni 2006 Im Namen des Volkes URTEIL In dem Rechtsstreit... hat das Sächsische Landesarbeitsgericht Kammer 2 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Frau... und Herrn... auf die mündliche Verhandlung vom für Recht erkannt: Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Bautzen vom 01. Juni Ca 7195/05 a b g e ä n d e r t und die Klage insgesamt abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits. Revisionszulassung: keine. Tatbestand: In dem Berufungsverfahren streiten die Parteien noch darüber, ob das sie verbindende Arbeitsverhältnis aufgrund ordentlicher, aus dringenden betrieblichen Erfordernissen heraus ausgesprochener Arbeitgeberkündigung der Beklagten mit
2 Seite 2 Schreiben vom , dem Kläger zugegangen am , mit Ablauf des sein Ende gefunden hat. Hinsichtlich dieser Kündigung hat das vom Kläger angegangene Arbeitsgericht Bautzen antragsgemäß festgestellt, dass sie das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst habe. Rechtskräftig abgewiesen hat das Arbeitsgericht den Kläger mit seiner auch gegen eine ihm am zugegangene Folgekündigung der Beklagten mit Schreiben vom sowie mit seinem Hilfsantrag, die Beklagte zu verurteilen, ihm dem Kläger das Angebot gemäß Ziffer 5 des Teilinteressenausgleichs zwischen der... AG und dem Gesamtbetriebsrat der... AG vom zu unterbreiten. Das Arbeitsgericht hat zwar einen Kündigungsgrund erkannt. Allerdings hat es die noch streitgegenständliche Kündigung mangels Betriebsratsanhörung für unwirksam gehalten. Anzuhören gewesen wäre der für die frühere Filiale... der Beklagten errichtete Betriebsrat gewesen. Denn diesem stehe auch nach dem Betriebsübergang der Filiale auf die... GmbH & Co. KG ein betriebsverfassungsrechtliches Restmandat zu. (Allein) die Beklagte hat gegen das ihr am zugestellte Urteil am Berufung eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Frist zur Begründung der Berufung bis am ausgeführt. Die Beklagte stellt das Bestehen eines Restmandats des für sie fremden Betriebsrates in Abrede, weil es an den gesetzlichen Voraussetzungen fehle. Der Betrieb sei schließlich nicht stillgelegt worden und der Betriebsrat im Amt. Dem betriebsverfassungsrechtlichen Schutz habe sich der Kläger durch seinen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses selbst entzogen. Überhaupt müsse ein Arbeitgeber bei der Kündigung eines Arbeitnehmers Vertretungsorgane von Betrieben, bei denen er nicht wenigstens Mitinhaber ist, nicht beteiligen.
3 Seite 3 Die Beklagte beantragt, die Klage unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Bautzen vom Ca 7195/05 insgesamt abzuweisen. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Berufung. Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Für ihn stelle sich der Betriebsübergang als Betriebsstilllegung dar, was ein Restmandat begründe. Von der weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird aufgrund der Regelung in 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Zum einen ist das tatsächliche Vorbringen beider Parteien bereits in dem angefochtenen Urteil vollständig und richtig beurkundet. Zum anderen ist in dem Berufungsverfahren lediglich noch über die Rechtsfrage zu entscheiden, ob der Betriebsrat des abgegangenen Betriebes vor Ausspruch der Kündigung wegen des Bestehens eines Restmandats hätte angehört werden müssen. Außerdem haben sich im tatsächlichen Bereich im Berufungsverfahren keine Neuigkeiten ergeben, so dass ergänzend auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen werden kann ( 69 Abs. 3 ArbGG). Entscheidungsgründe: I. Die zulässige Berufung ist begründet. Denn die im Streit verbliebene ihrerseits zulässige Kündigungsschutzklage ist unbegründet. Die noch streitgegenständliche Kündigung ist rechtswirksam.
4 Seite 4 1. Sie ist aus dringenden betrieblichen Erfordernissen heraus gerechtfertigt, weil die Beklagte in Görlitz nach dem Übergang des Beschäftigungsbetriebes des Klägers und dessen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr für den Kläger hat. Der Kläger war für... angestellt und auch stets in... beschäftigt. Über einen freien Arbeitsplatz verfügt die Beklagte dort nicht. Auch der Kläger selbst zeigt nicht, auf welchem freien Arbeitsplatz in... oder in welchem anderen Betrieb der Beklagten er sich eine Beschäftigung vorstellt. 2. Die Kündigung ist auch nicht wegen des Unterlassens einer Betriebsratsanhörung nach 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Bereits aus dem Wortlaut des 102 Abs. 1 (Satz 1) BetrVG ergibt sich, dass die Beteiligungspflicht den Arbeitgeber trifft. Gemeint ist damit der Arbeitgeber, für dessen Betrieb ein (der) Betriebsrat errichtet ist. Nur zu diesem kann das vom Bundesarbeitsgericht angenommene sog. Betriebsverhältnis überhaupt zustande kommen und bestehen (Einzelheiten Spilger AR-Blattei SD Rechtsstellung und Haftung des Betriebsrats Rdnr. 38 ff.). Deshalb ist es nur konsequent, wenn das Bundesarbeitsgericht in der von der Beklagten angezogenen Entscheidung vom (8 AZR 416/99, EzA 613 a BGB Nr. 190) darauf hinweist, dass der Arbeitgeber bei der Kündigung eines Arbeitnehmers Vertretungsorgane von Betrieben, bei denen er nicht wenigstens Mitinhaber ist, nicht zu beteiligen hat. Denn die Entscheidung über die Kündigung sowie die Mitwirkung des Vertretungsorgans werden nicht von der Tätigkeit im Beschäftigungsbetrieb bestimmt. Vielmehr geht es um die Rechtsstellung des Arbeitgebers gegenüber seinem Vertragspartner. Hier geht es nicht um eine Kündigung der... GmbH & Co. KG bezogen auf einen in ihrem Betrieb, für den ein Betriebsrat errichtet ist, beschäftigten Arbeitnehmer. In
5 Seite 5 Rede steht vielmehr lediglich die Kündigung der Beklagten, wobei für eine Mitinhaberschaft des Betriebes nichts vorgetragen oder ersichtlich ist. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus den Grundsätzen, die das Bundesarbeitsgericht für sog. Übergangs- bzw. Restmandate vor dem Inkrafttreten der 21 a und 21 b BetrVG entwickelt hat. Denn hier ging es stets nur um die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit des betriebsverfassungsrechtlichen Vertretungsorgans (bei Untergang eines Betriebes). Die Erstreckung eines betriebsverfassungsrechtlichen Mandats auf den Arbeitgeber eines Dritten oder gar auf eine fremde Belegschaft ist ernsthaft nie diskutiert worden. Insoweit fehlt es schlicht am Mandat. Unklar ist auch, wer die Kosten einer derartigen Repräsentation zu tragen hat und wer in welcher Weise für die Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Pflichten eigentlich haftet. Deshalb ist es auch nur konsequent, wenn 21 a sowie 21 b BetrVG an Tatbestände anknüpfen, die eine Veränderung der Betriebsstruktur voraussetzen von der Spaltung oder Zusammenlegung bis zur Stilllegung, von welchen Tatbeständen hier nicht einer erfüllt ist. Insbesondere sind auch nicht die Voraussetzungen eines Restmandats nach 21 b BetrVG erfüllt. Insofern ist nicht maßgeblich, dass sich aus Sicht des Klägers die Situation so darstellt, als sei ein Betrieb stillgelegt worden. Dies trifft nicht zu. Denn sein Beschäftigungsbetrieb besteht ja fort. Der Kläger ist lediglich aufgrund des Widerspruchs gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses aus dem Betrieb ausgeschieden. Das Ausscheiden von Arbeitnehmern aus einem Betrieb stellt für sich keine Betriebsstilllegung dar. Lediglich dann, wenn aufgrund der Zahl der ausscheidenden Arbeitnehmer die Voraussetzungen einer Betriebsänderung nach 111 BetrVG erfüllt sind, werden dadurch besondere Beteiligungsrechte in wirtschaftlichen Angelegenheiten ausgelöst. Hier ging es jedoch weder um eine Betriebsänderung im be-
6 Seite 6 triebsverfassungsrechtlichen Sinne noch um damit im Zusammenhang stehende Beteiligungsrechte. Wie zu entscheiden sein würde, wenn ganze Belegschaften dem Übergang von Arbeitsverhältnissen widersprechen und dadurch entweder den Vollzug eines verabredeten Betriebsinhaberwechsels vereitelten oder wenigstens eine Betriebsspaltung herbeiführten, bedarf hier keiner Erörterung. Denn zu einer derartigen Situation ist es hier nicht gekommen. Jedenfalls wäre auch in einer derartigen Situation kein fremder Betriebsrat anzuhören. Denn mangels Betriebsüberganges würden Betrieb nebst Betriebsrat fortbestehen oder im Falle einer Spaltung im Rechtssinne ein Übergangsmandat nach Maßgabe des 21 a BetrVG bestehen. Die Gesetzesgeschichte der 21 a und b BetrVG rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Im Gegenteil, die Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 14/5741) hat (auf S. 39) ausschließlich die Fälle im Blick gehabt, in denen infolge Organisationsänderung entweder der bisherige Betriebsrat wegfällt oder ein Teil der Arbeitnehmerschaft aus dem Zuständigkeitsbereich des Betriebsrats herausfällt und die Arbeitnehmer dadurch (Unterstreichung durch das Gericht) ihren betriebsverfassungsrechtlichen Schutz verlieren würden. An diesen Voraussetzungen fehlt es. Der Betriebsrat besteht fort. Und seinen betriebsverfassungsrechtlichen Schutz hat der Kläger nicht aufgrund einer Organisationsänderung durch die Beklagte verloren, sondern weil er dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprochen hat. Gerade in dieser Situation ist nicht recht einsichtig, warum dem Kläger betriebsverfassungsrechtlicher Schutz aufgedrängt werden sollte. Im Übrigen sind auch sonst Personalmaßnahmen gang und gäbe, die schon nicht beteiligungspflichtig sind (etwa das Ausscheiden aus einem Arbeitsverhältnis aufgrund eines Auflösungsvertrages). In der Rechtsprechung hat bislang allein das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (vom TaBV 15/05 JURIS) ein Restmandat des Betriebsrats trotz Betriebsüberganges angenommen; allerdings nach den tragenden Entscheidungs-
7 Seite 7 gründen nur für den Fall, dass zahlreiche Arbeitnehmer dem Übergang widersprechen. Diese Situation besteht hier nicht. Im Übrigen scheint die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz auch nicht richtig zu sein. Denn dem Übergang des Betriebes (sondern nur: des Arbeitsverhältnisses) können Arbeitnehmer nicht widersprechen. Außerdem ist das Landesarbeitsgericht für den in JURIS mitgeteilten Sachverhalt fälschlich von einer Betriebsstilllegung ausgegangen. Unverständlich ist die Entscheidung auch, weil von einer analogen Anwendbarkeit der Regelungen in 21 a und 21 b BetrVG gesprochen wird. Dessen hätte es im Falle einer Stilllegung des Betriebes nicht bedurft. Denn dann wäre 21 b BetrVG eben wegen Betriebsunterganges direkt zum Zuge gekommen. In der Literatur erörtert lediglich Schubert (AuR 2003, 132, 133) das Bestehen eines Restmandats für Fälle der hier zu entscheidenden Art. Die Auffassung von Schubert ist bislang von sämtlichen anderen Autoren, die sich mit dem Problemkreis beschäftigen, abgelehnt worden. Schubert behilft sich mit der Konstruktion des Fortbestehens einer Rumpfbetriebsabteilung, welche mit den gegen den Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse widersprechenden Arbeitnehmern bestehe und mit deren Kündigungen stillgelegt würde, was sich mit der Argumentation des Klägers dieses Rechtsstreits deckt. Dem kann nicht gefolgt werden. Gerade hier ist beispielsweise nichts dafür ersichtlich, dass eine Betriebsabteilung aufrechterhalten oder gar wissentlich und willentlich geschaffen worden sei. Das Gegenteil ist der Fall: Die Beklagte hat den widersprechenden Arbeitnehmern schließlich gekündigt. Im Übrigen ist dem Gesetzgeber spätestens seit der Verwendung sog. amtlicher Überschriften im BGB mithin auch in 613 a BGB klar, was einen Betriebsübergang ausmacht. Verwendet er den Begriff des Betriebsüberganges zwar in 21 a BetrVG, nicht aber für den Fall des Betriebsunterganges in der Vorschrift über das Restmandat nach 21 b BetrVG, ist kaum anzunehmen, dass auch für den Fall des unveränderten Fortbestands des Betriebes ein Restmandat hat geschaffen werden sollen. Von dem Bestehen einer planwidrigen Regelungslücke
8 Seite 8 kann insoweit nicht ausgegangen werden. Auch ist in Rechnung zu stellen, dass es sich bei 21 a und b BetrVG um Ausnahmevorschriften für Situationen handelt, in denen es an einer Betriebsratsfähigkeit wegen Betriebsunterganges fehlt. Die entsprechende Anwendung von Ausnahmevorschriften auf vermeintlich ähnliche Sachverhalte bedürfte wie methodisch stets einer besonderen Begründung, für die es hier jedoch an Argumenten fehlt. Die Auffassung von... führt übrigens im Ergebnis auch dazu, dass ein Betriebsrat bei einer personellen Einzelmaßnahme gegenüber einem Arbeitnehmer, der dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprochen hat, zu beteiligen wäre, an dem vorausgegangenen Widerspruch aber nicht, obzwar gerade dieser die Kündbarkeit bedingt. II. Aufgrund der abändernden Entscheidung ist die Klage nunmehr insgesamt abzuweisen. Deshalb hat der Kläger aufgrund der Regelung in 91 Abs. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, weil er insgesamt unterlegen ist. Gegen dieses Urteil ist kein Rechtsmittel gegeben. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil es an Gründen hierfür fehlt. Grundsätzliche Bedeutung kommt der Sache nicht zu. Denn nach dem Ergebnis der Berufungsverhandlung handelt es sich um einen Einzelfall. Von der angezogenen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz divergiert die Berufungskammer nicht, nachdem dort ein ersichtlich anderer Sachverhalt zu beurteilen stand. Jedenfalls käme es auf eine etwaige Divergenz nicht an, nachdem das Bundesarbeitsgericht bereits in dem ebenfalls angezogenen Urteil vom (a. a. O.) klargestellt hat, dass der Arbeitgeber eine fremde Betriebsvertretung nur zu beteiligen hat, wenn er Mitinhaber des Betriebes ist.
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