Weltbild und Lebensgefühl im Mittelalter
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- Ingeborg Siegel
- vor 7 Jahren
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1 48 Das Mittelalter eine dunkle Zeit voll ungebildeter Menschen, deren Leben unglaublich hart war? oder: die Grundlage unseres heutigen Europas, unserer Gesellschaft und unseres Staatswesens? Ca bis 1350 Städtegründungswelle Ca bis ca Walter von der Vogelweide: Minnesang 1120 Freiburger Stadtgründungsurkunde Ca bis 1179 Hildegard von Bingen: Nonne der Heilmedizin 476 Fall Westrom Ab 11. Jh. n. Chr. Dreifelderwirtschaft 1099 erste Einnahme Jerusalems durch die Kreuzfahrer 1095 Aufruf Papst Urbans II. zum Kreuzzug 800 n. Chr. Kaiserkrönung Karls des Großen 8. bis 9. Jh. n. Chr. Lehnswesen und Grundherrschaft Ca. 6. Jh..n. Chr. Benedikt von Nursia verfasst die Benediktinerregel Ca. 500 Geschlecht der Merowinger: Chlodwig Jahr 0 Christi Geburt
2 Mittelalter Ebstorfer Weltkarte Weltbild und Lebensgefühl im Mittelalter Weltverständnis und Lebensgefühl der Menschen im Mittelalter unterschieden sich tiefgreifend vom heutigen modernen Menschen. Die Menschen im Mittelalter sahen sich in einen göttlichen Welt- und Heilsplan eingeordnet, den niemand grundsätzlich infrage stellte. Von einem solchen göttlichen Plan erhielten sowohl der Einzelne, als auch die gesellschaftlichen Gruppen Auftrag und Selbstsicherheit und zudem die Fähigkeit, die Risiken, Leiden und Nöte des Lebens zu ertragen, das für unsere Begriffe meist unvorstellbar arm, hart und kurz war
3 50 1 In der Vergangenheit geschaffene Bedingungen gegenwärtiger Existenz Kampf um Macht und Reich M1 M2 Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation Definition Heiliges Römisches Reich deutscher Nation 1512 erstmals gebrauchte Bezeichnung für das 911/1806 bestehende alte Deutsche Reich; heilig wegen der Schutzherrschaft über die Kirche. Quelle: Herders Großes Handlexikon, Bd. 2, Freiburg 1988, S. 373 Hzm. NiederLothringen Frankreich Bezeichnung des von Otto dem Großen 962 gegründetem ersten Deutschen Reichs, bestand bis Polen Hzm. Sachsen Quelle: Knaurs Lexikon, München 1956, S. 629 Hzm. Franken Böhmen Mgft. Mähren OberLothringen Hzm. Schwaben Hzm. Bayern Arelat Österreich Ungarn Italien Gft. Provence Byzantinisches Reich (um 1180) Kirchenstaat Sizilien Reich der Almohaden km 1364G Grenze Heiliges Römisches Reich Gesamtformel für den Herrschaftsbereich des abendländischen römischen Kaisers und der in ihm verbundenen Reichsterritorien vom Mittelalter bis Das Heilige Reich gilt in seiner Erweiterung als Heiliges Römisches Reich als Herrschaftsbereich, der von der Heiligen Römischen Kirche getrennt ist und somit seine eigene Rechts- und Machtsphäre hat. Oberhaupt war der Kaiser, Die Zusatzformel deutscher Nation bezieht sich demnach einmal auf die Herkunft des Kaisers deutscher Zunge, dann auch auf die deutschen Lande eines Römischen Reiches, das sich in zahlreiche einzelstaatliche Gebilde aufgespaltet hatte. Quelle: Schülerduden Geschichte, Mannheim 1981, S. 187 M3 Kurfürsten mit ent spre chen den Landeswappen Im Deutschen Reich gab es vier Kurfürsten, die den Deutschen Kaiser wählten. Zu diesem Reichsfürstenkollegium gehörten drei geistliche Fürstbischöfe und vier weltliche Fürsten: die Erzbischöfe von Mainz, Köln und Trier sowie der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen, der Markgraf von Brandenburg und der König von Böhmen
4 1.2 Mittelalter 51 M 3 Wichtige deutsche Herrscherlinien (Könige und Kaiser) in Auszügen Ab 482 Merowinger Chlodwig (497/498 Taufe) Aufteilung des Reiches unter seinen Söhnen Karolingische Hausmeier Pippin II Karl Martell (Aufteilung des Reiches unter seinen Söhnen Karlmann und Pippin) 751 Absetzung des letzten merowingischen Schattenkönigs Childerich III Karolinger (Fränkisches Herrscherhaus) Pippin III. der Jüngere (Sohn des Hausmeiers Karl Martell; 751 zum König erhoben) Karl der Große (800 Kaiserkrönung) Ludwig der Fromme (Sohn) 843 Teilungsvertrag von Verdun: Karolinger in Lotharingien und im Ostfränkischen Reich Ottonen (Sächsisches Herrscherhaus) Salier (Fränkisches Herrscherhaus) Staufer (Burg Hohenstaufen, Württemberg) Konrad III Friedrich I. Barbarossa (Kaiserkrönung 1155) Heinrich VI. (Kaiserkrönung 1191) Philipp von Schwaben (ermordet 1208) Dazwischen die Welfen: 1198 (1208) 1218 Otto IV. (Kaiserkrönung 1209) Friedrich II. (Kaiserkrönung 1220) Heinrich (VII.) Konrad IV Interregium Ab 1273 Habsburger (Burg Habsburg, Schweiz) im Wechsel mit den Luxemburgern (1437 ausgestorben) und den Wittelsbachern (Bayerische und Pfälzische Linie): 1356 Goldene Bulle: Entstehung des Wahlkönigtums Deutsches Kaisertum im Hause Habsburg Quelle: Morby, John E./Ludwig, Uwe; Handbuch der deutschen Dynastien, Düsseldorf 2006, S Nennen Sie die Unterschiede zwischen den drei Definitionen des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation und suchen Sie Gründe dafür. Analysieren Sie die einzelnen Bestandteile des Begriffs: Heilig, Römisch, Deutscher Nation. 2 Fertigen Sie eine Kopie der Karte M 1 an und listen Sie die heutigen Länder auf, die das Heilige Römische Reich umfasste. Zeichnen Sie zudem die Stammsitze der Geschlechter ein. Beschreiben Sie die Auffälligkeiten. Nennen Sie die Kurfürsten und ordnen Sie sie Ihren Ländern zu. 3 Berechnen Sie die Regierungszeiten der jeweiligen Geschlechter. Suchen Sie Gründe, wieso die Geschlechter relativ häufig abwechseln. 4 Notieren Sie, zu welchen Mitteln Menschen heute greifen, um Macht zu erreichen und Macht zu erhalten und vergleichen Sie das mit M 5. 5 Schlagen Sie fehlende Informationen in einem Lexikon nach, z. B. zu den Schlagwörtern Goldene Bulle, Kurfürsten, Investitur und Wormser Konkordat. Hierzu können Sie ein Kurzreferat erstellen. Suchen Sie die Bedeutung folgender Worte: Spießrutenlauf, Gang nach Canossa sowie die Herkunft der Bezeichnungen Rheinland-Pfalz bzw. Kurpfalz. m 224 f
5 52 1 In der Vergangenheit geschaffene Bedingungen gegenwärtiger Existenz Macht und Herrschaft im Frankenreich M 1 Lebensbeschreibung von Heinrich IV. Geb. Goslar (?) 1050, gest. Lüttich 1106, Sohn Heinrichs III.; bereits 1054 zum dt. König gewählt. Regentschaft seiner Mutter, der unsicheren Agnes von Poitou, 1062 ließ Erzbischof Anno von Köln auf dem Rhein bei Kaiserswerth den jungen Kg. entführen, der nur durch glückl. Zufall dem Tode durch Ertrinken entging. Unter Annos Führung entwanden die Fürsten Agnes die Reg. Neben Anno gelangte Erzbischof Adalbert von Bremen zu maßgebendem Einfluss auf die Reichspolitik und auf die Person des Kg. Heinrich. Versuchte seit 1066, selbst zu regieren. Stützte sich auf die bisher wenig bedeutenden Dienstmannen (Ministerialen). Hielt sich zumeist in Sachsen auf, wo er zur Sicherung seiner Machtgrundlage Burgen errichten ließ 1073 Aufstand der sächs. Fürsten und Bauern. Heinrich musste aus Sachsen fliehen und fand Zuflucht und Unterstützung in Süddeutschland, bes. in der Stadt Worms, die ihren Stadtherrn, den Bischof, vertrieb und Heinrich aufnahm Papst Gregor VII. warf ihm Simonie (Ämterschacher) vor und drohte mit Absetzung Gregor verhängte kurz darauf gegen Heinrich den Kirchenbann und löste den Treueeid seiner Untertanen. Fürsten und Bischöfe drohten mit Absetzung, falls Heinrich nicht Aussöhnung mit dem Papst erreiche. Heinrich erwirkte am in Canossa die Lösung vom Bann. Die Fürsten wählten jetzt Rudolf von Rheinfelden zum Gegenkönig. Im Kampf blieb Heinrich Sieger ging 1081 mit seinem Heer nach Italien, vertrieb Gregor aus Rom und ließ sich von Klemens (III.) zum Kaiser krönen Da Heinrich in der Investiturfrage keine Zugeständnisse machte, blieb ein Ausgleich mit dem Papst unerreichbar. Der Abfall seines Sohnes Heinrich V., der ihn 1155 zur Abdankung zwang, brachte das Ende. Heinrich wollte 1106 den Kampf gegen den Sohn aufnehmen, starb aber vorzeitig. Der Kirchenbann wurde erst 1111 gelöst; danach Beisetzung im Dom zu Speyer. Quelle: Meyers Lexikon der historischen Persönlichkeiten, Bibliographisches Institut, Mannheim 1968 M 2 Straßburger Eide Der Erbe des Reiches und Sohn Karls des Großen, Ludwig der Fromme ( ), hatte drei überlebende Söhne, Lothar ( ), Ludwig der Deutsche ( ) und Karl der Kahle ( ). Diese waren sich uneins darüber, wer die Macht im Reich erhalten solle. Während Lothar die Kaisergewalt im gesamten Reich beanspruchte, verbündeten sich seine Brüder dagegen, was sie im Jahr 842 in Straßburg feierlich schwuren. So kamen am 14. Februar Ludwig und Karl zusammen und schwuren die unten verzeichneten Eide, Ludwig in romanischer, Karl in deutscher Sprache. Und ehe sie schwuren, redeten sie so das versammelte Volk, der eine in deutscher, der andere in romanischer Sprache an;, schwur Ludwig als der Älteste, zuerst solches zu tun: Aus Liebe zu Gott und zu des christlichen Volkes und unser beider Heil von diesem Tag an in Zukunft, soweit Gott mir Wissen und Macht gibt, will ich diesen meinen Bruder Karl sowohl in Hilfeleistung als auch in anderer Sache so halten, wie man von Rechtswegen seinen Bruder halten soll, unter der Voraussetzung, dass er mir dasselbe tut; Quelle: Nithardi Historiarum libri III. hrsg. v. E.Müller, 1907, S. 35 ff
6 1.2 Mittelalter 53 M 3 Die Entwicklung des Frankenreiches Ein Jahr nach den Straßburger Eiden versöhnten sich Lothar, Ludwig und Karl und teilten das Reich 843 im Vertrag von Verdun unter sich auf. Nach Lothars Tod, wurde dessen Teil des Reiches zwischen Karl und Ludwig aufgeteilt (Vertrag von Meerssen bei Maastricht). 880 wurde die Westgrenze von Lothars Reich in einem dritten Vertrag (Vertrag von Ribemont) zur Grenze zwischen dem Ost- und dem Westfränkischen Reich. Diese blieb im Wesentlichen während des gesamten Mittelalters die Grenze zwischen Frankreich und Deutschland. Autorentext M 4 Europa politisch heute 1 Beschreiben Sie anhand der Darstellung zu Heinrich IV. (M 1) die Möglichkeiten, das Frankenreich zu regieren. Analysieren Sie, warum es in Deutschland nicht gelang, eine Zentralgewalt aufzubauen. 2 Zeichnen Sie einen Stammbaum der im Text genannten Söhne und Enkel Karls des Großen. Ordnen Sie die Söhne nach Alter. 3 Suchen Sie mögliche Gründe, warum Ludwig und Karl in verschiedenen Sprachen schwuren. Welche Entwicklung deutet sich hier an? Analysieren Sie den Beinamen Ludwigs der Deutsche. Was ist überhaupt deutsch? 4 Nennen Sie die Versprechen Ludwigs des Deutschen, in seinem Schwur. Suchen Sie Gründe, warum er sich auf Gott beruft
7 70 1 In der Vergangenheit geschaffene Bedingungen gegenwärtiger Existenz w Wissen in Kürze Mittelalter Der Begriff stammt aus der frühen Neuzeit und bezeichnet die Etappe zwischen dem Ende der Antike und ihrer Wiederentdeckung als mittleres Zeitalter. Es wird auch als dunkles Zeitalter bezeichnet, da es wenig Schriftlichkeit gab. Intoleranz, Unbildung und Aberglauben waren weit verbreitet. Geografisch spricht man vom Mittelalter in Europa und Teilen Asiens sowie Nordafrikas. Zeitlich kann man es noch in Früh- (ca Jh.), Hoch- (ca Jh.) und Spätmittelalter (ca Jh.) unterteilen. Gesellschaftliche Hierarchie An der Spitze stand der König bzw. Kaiser, dann folgte der Klerus, dann Adel/Ritter und schließlich Bürger/Bauern. Der König wurde seit Karl dem Großen zum Kaiser gewählt von sieben Kurfürsten, vier weltlichen (Sachsen, Pfalz, Österreich und Brandenburg) sowie drei geistlichen (Mainz, Trier, Köln). Lehnswesen Der König als oberster Lehnsherr vergab Land und Leute an Kronvasallen, d. h. Herzöge und Grafen bzw. Bischöfe und Äbte. Diese versprachen dafür Treue und leisteten Heer- und Hoffahrt. Sie verliehen Land und Leute weiter an die Untervasallen, z. B. Ritter und Dienstmannen, die ihrerseits Treue schwuren und Dienst in Heer und Verwaltung taten. Bei einem schwachen König konnte der Adel weitgehende Selbstständigkeit und Unabhängigkeit erreichen, da der Vasall nur dem unmittelbaren Lehnsherren Gehorsam und Treue schuldete. Auch der Einzug eines Lehens beim Tode des Vasallen und seine Weitervergabe hingen von der Stärke des Königs ab. Damit schwächte das Lehnswesen an sich die zentrale Herrschaft und begünstigte einen Zerfall der Macht. Dreifelderwirtschaft Das Feld lag ein Jahr lang brach, wobei der natürliche Aufwuchs als Weide genutzt wurde. Meist wurde im Herbst gepflügt und ein Wintergetreide ausgesät. Dieses wurde im folgenden Spätsommer geerntet. Nach nochmaligem Pflügen und regelmäßiger Bodenbearbeitung zur Unkrautbekämpfung bis zum Frühjahr wurde ein Sommergetreide ausgesät, das wiederum im Spätsommer geerntet wurde. Bis zum nächsten Herbst wurde die Fläche dann sich selbst überlassen und begrünte sich von allein. Bestandteile einer Burg Ringmauer, Zugbrücke, Burgtor, Zwinger, Vorburg und Wirtschaftsgebäude, Burggarten, Burghof und Brunnen, Palas (Herrenhaus), Kemenate (Frauengemach), Bergfried Phasen der Ausbildung zum Ritter Page Knappe Ritterschlag (Schwertleite)
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