Mitteilungen der Juristischen Zentrale

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1 Mitteilungen der Juristischen Zentrale REGIONALCLUB Nr. 46/ CG Haftung verkehrswidrig abgestellter Fahrzeuge bei Unfällen Sehr geehrte Damen und Herren, der Zusammenstoß mit einem ordnungsgemäß geparkten oder haltenden Fahrzeug führt in der Regel zur vollen Haftung des Auffahrenden. Sobald jedoch ein Verstoß gegen die Regelungen des ruhenden Verkehrs vorliegt, sei er auch noch so geringfügig, kann auch der Parkende zur Haftung herangezogen werden, wenn sein Park- oder Haltverstoß für den Unfall mitursächlich war. Voraussetzung ist jedoch, dass sich beim konkreten Unfall eine spezielle Gefahr des Kraftfahrzeugs verwirklicht hat. Über die einzelfallbezogene Rechtsprechung und die dabei ausgesprochenen Haftungsquoten möchten wir Sie nachfolgend informieren. I. Parken in Gegenrichtung oder auf Gehweg 1. Zu einer Mithaftung von 20% verurteilte das OLG Rostock in seinem Urteil vom (Az.: 5 U 183/10 = ADAJUR Dok.Nr )) aufgrund Betriebsgefahr den in Gegenrichtung anhaltenden Beklagten. Er hat sich nicht wie ein "Idealfahrer" verhalten, als er in Gegenrichtung angehalten hatte, wo ihn der Unfallgegner wegen zu geringem Seitenabstand streifte. 2. Eine typische Überforderungssituation sah das LG Saarbrücken in seinem Urteil vom (Az.: 13 S 133/09 = ADAJUR Dok.Nr ) vom für einen 9-jährigen Fahrradfahrer, der mit einem in Gegenrichtung geparkten Fahrzeug kollidierte. Im vorliegenden Fall war die spezielle Überforderungssituation des Kindes nach Ansicht des Gerichts nicht auszuschließen, da links Parken erhöhte Aufmerksamkeit verlange, um sicherzugehen, dass das Fahrzeug unbesetzt sei oder mit plötzlichem Anfahren in die eigene Fahrtrichtung gerechnet werden müsse. Der 9-jährige Fahrradführer haftete daher nicht, der Autofahrer trug die Alleinschuld. 3. Den vollen Schadensersatz erhielt auch ein Radfahrer vom OLG Düsseldorf durch Urteil vom (Az.: 1 U 212/01 = ADAJUR Dok.Nr ) zugesprochen, der mit einem Fußgänger bei dem Versuch zusammenstieß, dessen

2 2 kurz zuvor abgestellten und in den gemeinsamen Rad- und Fußweg hineinragenden Pkw auszuweichen. II. Parken im Kreuzungsbereich oder an unübersichtliche Stelle 1. Gemäß Entscheidung des AG Hildesheim vom (Az.: 19 C 256/02 = ADAJUR Dok.Nr ) haftet ein Falschparker bei einer Kollision eines Abbiegers mit einem entgegenkommenden Fahrzeug zu 20%, wenn sein Fahrzeug sichtbehindernd zu nah an einer Kreuzung abgestellt gewesen war. 2. Laut AG Hamburg vom (Az.:54B C 2245/03 = ADAJUR Dok.Nr ) haftet der Halter des an einer Engstelle geparkten Fahrzeugs aufgrund einer Kollision zu einem Drittel, da sein Auto so abgestellt war, dass eine Vorbeifahrt der gleichgerichteten Verkehrsteilnehmer bei Gegenverkehr nicht möglich war. 3. Im Urteil des AG Düsseldorf vom , Az.: 39 C 157/02 musste die Halterin eines geparktes Fahrzeug, das von einem rangierenden Lkw beschädigt wurde, den Unfallschaden zur Hälfte selbst tragen. Das Fahrzeug hatte trotz des durch das Verkehrszeichen Nr. 283 angeordneten absoluten Haltverbots im Wendehammer geparkt. 4. Da er sichtbehindernd und im absoluten Haltverbot parkte, erhielt ein Autofahrer vom AG Würzburg durch Urteil vom (Az.: 18 C 1215/10 = ADAJUR Dok.Nr ) nur einen Teil seines Schadens zugesprochen; 25% des Schadens muss er wegen Mithaftung selbst tragen. 5. Nach einer Entscheidung des AG Emden vom (Az.: 5 C 503/07 II = ADAJUR Dok.Nr ) haftet ein Falschparker mit 25%, wenn sein Fahrzeug im absoluten Haltverbot abgestellt war und beschädigt wird. 6. Der Fahrer eines im absoluten Haltverbot abgestellten Fahrzeugs haftet nach einem Urteil des AG Lörrach vom (Az.: 3 C 1266/05 = ADAJUR Dok.Nr ) zu 30%. Das Parken im Halteverbot führt zwar nicht automatisch zu einer Mithaftung. Wenn das parkende Fahrzeug aber ein anderes behindert und dies durch das Haltverbot gerade verhindert werden sollte, ist eine Mithaftung gegeben. 7. Das LG Hamburg entschied in seinem Urteil vom (Az.: 306 O 232/10 = ADAJUR Dok.Nr ), dass die Betriebsgefahr des in einer Parkbucht abgestellten und etwas über die Markierung hinausragenden Pkw für die Kollision mit

3 3 dem fließenden Verkehr mitursächlich sein kann, wenn es sich dort um eine unübersichtliche Stelle handelt. Das Mitverschulden des Parkenden lag bei 20%. 8. In dem vor dem AG München verhandelten Fall musste ein Taxifahrer, dessen Fahrzeug 1,28 Meter ins absolute Haltverbot hineinragte, ein Drittel seines Schadens selbst tragen (Urteil vom , Az: 341 C 15805/09). Ein vorbeifahrender Omnibusfahrer hatte sein Fahrzeug gestreift. Zweck des dortigen Haltverbots war es aber gerade, den Busverkehr an dieser Stelle zu erleichtern. III. Behinderndes Parken an Grundstückseinfahrt 1. Die Haftung aus Betriebsgefahr zu 25% eines im Haltverbot gegenüber der Ausfahrt eines Betriebsgeländes geparkten Fahrzeugs nahm das AG Witten in seinem Urteil vom an (Az.: 3 C 375/02 = ADAJUR Dok.Nr ). Der Schutzzweck des Haltverbotes diente dem Zweck, die Aus- und Einfahrt der Lkw ohne übermäßiges Rangieren zu ermöglichen % musste ein Falschparker für den Schaden eines Garagenbenutzers bezahlen, der sein Fahrzeug beim Rangieren wegen des schräg gegenüber seiner Garage behindernd abgestellten Fahrzeugs beschädigte, AG Dortmund vom (Az: 125 C 2314/00 = ADAJUR Dok.Nr ) % musste nach einem Urteil des AG Frankfurt/Main vom (Az.: 32 C 518/06-22 = ADAJUR Dok.Nr ) ein Parkender für den ansonsten selbstverschuldeten Schaden eines Pkw tragen, da er seinen Pkw teilweise in eine Grundstücksausfahrt behindernd gestellt hatte. Der Ausfahrende fuhr ohne das abgestellte Fahrzeug zu berühren gegen eine Mauer. Da sich eine verkehrstypische Gefahr verwirklicht hat, begründet auch die nur mittelbare Verursachung eine Mithaftung. 4. Wegen Parkens im absoluten Haltverbot und teilweisem Versperren der Ausfahrt aus einer Tiefgarage erhielt ein Falschparker vom AG Frankfurt durch Urteil vom (Az.: 30 C 2549/97-25 = ADAJUR Dok.Nr ) eine Mitverursachungsquote von 30% wegen Betriebsgefahr 5. Die Haftung eines verkehrswidrig abgestellten Fahrzeugs aus Betriebsgefahr beurteilte das AG Ingolstadt am (Az.: 11 C 1203/10 = ADAJUR Dok.Nr ) mit 25%: Das Fahrzeug stand neben dem Eingang eines Supermarktes in einem Parkverbot und behinderte andere.

4 4 6. Nach dem Urteil des LG Mönchengladbach vom (Az.: 5 S 159/08 = ADAJUR Dok.Nr ) muss eine Falschparkerin 25% des an ihrem Auto entstandenen Schadens tragen. Ihr behindernd vor der Parkbucht abgestelltes Fahrzeug war mitursächlich für die Kollision mit einem ausparkenden Fahrzeug. IV. Verwirklichung der Betriebsgefahr 1. Nach einem Urteil des OLG Rostock vom (Az.: 5 U 122/ 10 = ADAJUR Dok.Nr ) ergab sich eine Mithaftung von 1/3, wenn auf einem nichtöffentlichen Verkehrsraum ein Pkw rückwärts mit einem in die Fahrspur hineinragenden Fahrzeug bei Dunkelheit kollidiert. Dabei gelten ordnungswidrig abgestellte Kraftfahrzeuge als im Betrieb, auch wenn sie außerhalb des öffentlichen Raums abgestellt sind: Die Grundwerte der StVO als Ausgestaltungen der Sorgfaltspflichten des 1 StVO sind hier heranzuziehen. 2. Keine Realisierung der Betriebsgefahr und demnach keine Haftung war laut LG Tübingen im Urteil vom bei einem auf dem Seitenständer auf einer öffentlichen Parkfläche abgestellten Motorrad gegeben (Az.: 7 S 11/09 = ADAJUR Dok.Nr ). Es war umgefallen und hatte das daneben parkende Fahrzeug beschädigt. Wenn als alleinige Ursache im ruhenden Verkehr eine von außen wirkende Kraft in Betracht komme, realisiere sich nicht die Gefahr des Kraftfahrzeuges. 3. Bei einer Kollision zweier auf einem Hotelparkplatz geparkten Fahrzeuge, bei der sich witterungsbedingt ein Fahrzeug selbständig gemacht hatte und auf das danebenstehende Fahrzeug gerutscht war, betrachtete das LG Detmold in seinem Urteil vom (Az.: 10 S 150/09 = ADAJUR Dok.Nr ) einen Schadensersatzanspruch als nicht berechtigt. Da das Fahrzeug ordnungsgemäß abgestellt worden war, befand es sich nicht mehr in Betrieb und somit war keine Haftung gegeben. 4. Laut Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom (Az.: 8 O 2722/07) wurde der Anspruch eines Radfahrers abgewiesen, der wegen eines Reifenplatzers ins Schlingern geraten war, gegen den verbotswidrig abgestellten Motorroller schrammte und gegen eine Straßenlaterne stürzte. Eine Haftung bei abgestelltem Fahrzeug aus Betriebsgefahr komme nur dann in Betracht, wenn das Schadensereignis dem Betrieb des Kraftfahrzeugs nach dem Schutzzweck der Gefährdungshaftung zugerechnet werden könne. Eine Zurechnung war in dem Fall nicht gegeben, da sich nicht die Betriebsgefahr, sondern eine andere Gefahr aufgrund des Reifenplatzers verwirklicht hat.

5 5 Für Rückfragen stehen Ihnen die ADAC Juristen gerne unter der Rufnummer 089 / zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen Ulrich May Leiter Juristische Zentrale