StVO für Radler. 1. Grundsätzliches

Transkript

1 StVO für Radler 1. Grundsätzliches (Soweit hier von Radfahrern, Fußgängern, Autofahrern usw. die Rede ist, sind Rad Fahrende, zu Fuß Gehende, Auto Fahrende usw. im Sinne der StVO gemeint). Hier geht es im Folgenden zu zeigen, welche Besonderheiten die StVO für Radfahrer bereithält. Die Frage, wie teuer es wird, falls man beim Schummeln erwischt wird, kann ich leider nicht beantworten, dafür bin ich nicht zuständig. Hier hilft ein Blick in den Bußgeldkatalog ( Wo darf/muss ich fahren? Auf einem Radweg darf ein Radfahrer immer fahren, jedenfalls in der freigegebenen Richtung. Nur wenn dieses Schild Richtungen befahren werden. es erlaubt, darf ein Radweg in beide Auf einem Radweg muss ein Radfahrer nur fahren, wenn die Zeichen 237, 240 oder 241 dies anordnen und die Benutzung des Radweges nicht unzumutbar ist. Wann die Benutzung des Radweges unzumutbar ist, ist eine Frage die im Einzelfall geklärt werden muss. Da gibt es leider keinen einheitlichen Katalog. Klar scheint das nur bei Radwegen zu sein, die durch Laub, Schnee, Mülltonnen oder ähnliches versperrt sind oder sich in einem schlechten Zustand befinden. Ob langsame Radfahrer ein ebensolches Hindernis sind, hängt vom zuständigen Polizisten/Richter ab. Für eine größere Gruppe von Rennradfahrern dürfte eher Unzumutbarkeit anzunehmen sei, als für einen Einzelnen. Auf einem Fußweg darf ein Radfahrer nie fahren, es sei denn er ist unter 9 Jahren alt, dann muss er auf dem Fußweg fahren oder er ist unter 11 Jahren alt, dann darf er auf dem Fußweg fahren. Ganz selten findet man noch das Zusatzschild Radfahrer frei ( ) unter dem Zeichen 239 (Gehweg ). Dies ändert nichts an dem

2 Charakter des Gehweges, d.h. Fußgänger haben im Zweifel Vorrang. Auf der Fahrbahn darf ein Radfahrer immer fahren, es sei denn es gibt einen benutzungspflichtigen, zumutbaren Radweg. Fehlt die Benutzungspflicht, so steht es dem Radfahrer frei, die Fahrbahn oder den Radweg zu benutzen. Einbahnstraßen sind nur dann in beide Richtungen für Radler frei, wenn ein entsprechendes Schild angebracht ist. Die Benutzung eines Radweges ist ein Privileg für Radfahrer. Weder Kraftfahrzeuge noch Fußgänger haben dort etwas zu suchen. Insbesondere haben Fußgänger beim Überqueren eines Radweges dieselbe Sorgfalt anzuwenden wie beim Überqueren einer Fahrbahn. Kommt es also zu einer Kollision von Radfahrer und Fußgänger auf einem Radweg, haftet grundsätzlich der Fußgänger zu 100%. Gleiches gilt für den Radfahrer, der verbotswidrig den linken Radweg benutzt und dort mit einem korrekt fahrenden anderen Radfahrer kollidiert. (Grundsätzlich heißt nicht, dass es immer so ist!) 2. Einzelfälle Wer bei einem Unfall mit Radlerbeteiligung zu wieviel Prozent haftet, ist, anders als bei Unfällen zwischen KfZ, nur eingeschränkt schematisch zu beantworten StVO, Straßenbenutzung durch Fahrzeuge Abs. 2 (Rechtsfahrgebot) gilt auch auf Radwegen, nicht nur wenn diese in beide Richtungen freigegeben sind. Dies ist nicht nur bei Unfällen im Begegnungsverkehr auf zweispurigen Radwegen relevant, sondern auch auf Radwegen für eine Fahrtrichtung beim Überholen.

3 StVO, Geschwindigkeit Eine ausdrückliche Geschwindigkeitsbeschränkung für Radfahrer gibt es nicht. 3 Abs. 3 StVO gilt nur für Kraftfahrzeuge. Allerdings ergibt sich aus Abs. 1, dass auch Radfahrer ihre Geschwindigkeit den örtlichen Gegebenheiten und ihren Fahrkünsten anpassen müssen. (1) Wer ein Fahrzeug führt, darf nur so schnell fahren, dass das Fahrzeug ständig beherrscht wird. Die Geschwindigkeit ist insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Dies ist besonders, aber nicht nur, relevant, wo Rad- und Fußwege parallel verlaufen. An Bushaltestellen oder Fußgängerüberwegen dürfte jenen Radfahrer ein Mitverschulden bei einer Kollision mit einem Fußgänger treffen, der nicht so langsam fährt, dass er praktisch ohne nennenswerten Bremsweg anhalten kann, d.h. im Zweifel Schrittgeschwindigkeit (4-7 km/h). Für freigegebene Fußwege ist dies in der Anlage 2 zur StVO, lfd. Nr ausdrücklich geregelt. Selbstverständlich gilt auch für Radfahrer das Sichtfahrgebot, d.h. man darf nur so schnell fahren, dass man in der Strecke, die man übersehen kann, auch anhalten können muss. Das betrifft nicht nur Probleme bei Nebel o.ä., sondern auch bei anderen Sichthindernissen (Kurven, Fahrzeuge, Bebauung z.b.) StVO, Überholen Die Absätze 1-3 gelten auch für Radfahrer, d.h. auch diese dürfen grundsätzlich nur links überholen (dass Radfahrer überhaupt überholen dürfen, ist vielen Autofahrern allerdings nicht klar). Wartende Fahrzeuge dürfen bei entsprechendem Platz mit mäßiger Geschwindigkeit und besonderer Vorsicht rechts überholt werden (Abs. 8). Im Einzelfall kommt eine Mithaftung des Radfahrers in Betracht, wenn es z.b. zur Kollision mit einer sich öffnenden Beifahrertür kommt. Was eine mäßige Geschwindigkeit ist, richtet sich nach dem konkreten Einzelfall. Im Zweifel gilt auch hier Schrittgeschwindigkeit.

4 Wartende Fahrzeuge heißt nicht langsam fahrende Fahrzeuge. Kommt es in dieser Situation zur Kollision, liegt ein nicht unerhebliches Verschulden des Radfahrers vor. Rechtsabbieger haben auf rechts überholende Radfahrer zu achten StVO, Vorfahrt Grundsätzlich gelten die Vorfahrtsregeln für und gegen Radfahrer. Auch der verbotswidrig auf dem linken Radweg fahrende hat Vorfahrt In der Regel kommt aber eine Mithaftung in Betracht. Wie hoch diese ist, hängt richtig! vom Einzelfall ab. Feste Quoten gibt es hier nicht. Die Mithaftung kann von 0% bis zu 100% reichen. Entscheidend ist hier im Wesentlichen die Unfallkonstellation. Fährt der Radfahrer gegen die Seite des Wartepflichtigen, so wiegt sein Mitverschulden deutlich schwerer als in dem Fall, in dem er an der Front des Wartepflichtigen schon fast vorbei ist und dieser gegen das Hinterrad des Fahrrades fährt. Auf zur Benutzung für Radfahrer freigegebenen Fußwegen auf Vorfahrtsstraßen haben Radfahrer an Einmündungen anders als auf Radwegen keinen Vorrang vor den Fahrzeugen aus der an sich wartepflichtigen Seitenstraße. Anders aber bei kombinierten Geh- und Radwegen Schwierig wird es, wenn sich zwei Radwege kreuzen. Grundsätzlich gilt rechts vor links. Da es aber diverse unterschiedliche Konstellationen gibt, gerade an großen Kreuzungen, sollten die allgemeinen Vorfahrtsregeln wirklich nur als Grundsatz angewandt werden. Auch hier ist auf den Einzelfall abzustellen und im Zweifel vorsichtig und defensiv zu fahren.

5 StVO, Abbiegen, Wenden, Rückwärtsfahren 2) Wer mit dem Fahrrad nach links abbiegen will, braucht sich nicht einzuordnen, wenn die Fahrbahn hinter der Kreuzung oder Einmündung vom rechten Fahrbahnrand aus überquert werden soll. Beim Überqueren ist der Fahrzeugverkehr aus beiden Richtungen zu beachten. Wer über eine Radverkehrsführung abbiegt, muss dieser im Kreuzungs- oder Einmündungsbereich folgen. Abs. 2 regelt, dass linksabbiegende Radfahrer sich nicht einordnen müssen, wenn sie die Fahrbahn hinter der Kreuzung oder Einmündung vom rechten Fahrbahnrand überqueren wollen. Nur wenn sie dies fahrend tun, gilt 9, ansonsten sind sie die Fahrbahn querende Fußgänger. Außerdem muss der Radfahrer einer vorhandenen Radverkehrsführung beim Abbiegen folgen. Auch hier ist im Falle eines Unfalls also aufzuklären, ob es eine gesonderte Radverkehrsführung gab und ob sie benutzt wurde. Abs. 3 regelt, dass Radfahrer in der gleichen Richtung wie ein Abbieger Vorrang haben, gleich ob sie auf oder neben der Fahrbahn (Radweg, freigegebenen Gehweg) fahren Einfahren und Anfahren Wer aus einem Grundstück, aus einer Fußgängerzone (Zeichen und 242.2), aus einem verkehrsberuhigten Bereich (Zeichen und 325.2) auf die Straße oder von anderen Straßenteilen oder über einen abgesenkten Bordstein hinweg auf die Fahrbahn einfahren oder vom Fahrbahnrand anfahren will, hat sich dabei so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen. Die Absicht einzufahren oder anzufahren ist rechtzeitig und deutlich anzukündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen. Dort, wo eine Klarstellung notwendig ist, kann Zeichen 205 stehen. Straße i.s.d. 10 StVO ist natürlich auch der Rad- oder Gehweg. Die gesteigerte Sorgfalt gilt also auch gegenüber deren Benutzern. Sie gilt aber auch im umgekehrten Fall für den Radfahrer, der z.b. aus einer Ausfahrt kommt.

6 , Fußgängerüberwege Fußgängerüberwege sind keine Radfahrerüberwege. Vorrang haben nur Fußgänger und Rollstuhlfahrer. Meist kommt aber eine Mithaftung desjenigen in Betracht, der mit dem über den Fußgängerüberweg fahrenden Radfahrer kollidiert. Aber auch hier kommt es auf den Einzelfall an. Anders ist es natürlich an gesonderten Radfahrerfurten. Hier haben auch fahrende Vorrang , Verbände Mehr als 15 Radfahrer sind ein geschlossener Verband und dürfen zu zweit nebeneinander fahren. Ein Verband gilt auch als ein Fahrzeug, d.h. fährt der erste bei Grün in die Kreuzung ein, dürfen alle anderen nachziehen, auch wenn inzwischen längst Rot ist. Gegebenenfalls ist also aufzuklären, wie viele Radfahrer zusammen unterwegs waren , Wechsellichtzeichen etc. Hier ist Abs. 6 wichtig. Für Radfahrer gelten die Lichtzeichen für den Fahrverkehr, es sei denn es gibt gesonderte Radfahrerampeln. Diese gelten jedoch nur bei Radverkehrsführungen. Wer also mit dem Rad die Fahrbahn statt des Radweges benutzt, hat auf die Ampeln für den Fahrverkehr zu achten. Fehlen an der Radverkehrsführung die entsprechenden Fahrradampeln, so sind seit 2017 Ampeln für den Fahrverkehr zu beachten, nicht die Fußgängerampeln. Meine eigene Erfahrung zeigt, dass die gesonderten Fahrradampeln in mehrfacher Hinsicht gefährlich sind. Rechtsabbieger sehen häufig diese Ampeln nicht, sondern nur die Fußgängerampeln. Diese schalten aber häufig auf Rot, wenn für Radfahrer noch Grün angezeigt wird. Aber auch Radfahrer übersehen/ignorieren diese Ampel häufig, d.h. sie fahren bei Grün für Fußgänger los, obwohl die Fahrradampel noch Rot zeigt. Zivilrechtlich dürfte das aber in der Regel keine Auswirkungen haben. Allerdings halten auch viele

7 Radfahrer bei Rot für die Fußgänger, wenn die Fahrradampel noch grün zeigt. Das wird für nachfolgende Radfahrer, die sich auf die Fahrradampel konzentrieren u.u. höchst gefährlich. Auf jeden Fall ist gegebenenfalls zu klären, ob eine Radfahrerampel vorhanden und wie diese geschaltet war. 3. Im Fall des (Achtung Wortspiel!) Falles Kommt es trotz aller Regeltreue und Vorsicht zu einem Unfall gibt es ein paar Dinge, die einem auch bei vermeintlich klaren Fällen helfen können, zu seinem Recht zu kommen Beweise sichern! Dazu gehören Zeugen! Lasst Euch im Zweifel Namen, Adressen und Telefonnummern geben. Das geht auch schnell, den Zeugen haben häufig leider gerade gar keine Zeit. Macht Fotos/Videos! Zuerst von der Endstellung (wenn möglich) bevor alles aus dem Weg geräumt wird. Aber auch von Schäden, nicht nur am eigenen Rad, sondern auch am Fahrzeug des Gegners. Wenn möglich/nötig auch von einschlägigen Verkehrsschildern (Einbahnstraße, Beidseitiger Radweg z.b.) oder Verkehrsführungen, insbesondere bei Baustellen oder ähnlichen Besonderheiten. Verkehrsführungen werden öfter geändert, als man glaubt. Bei Verletzungen Polizei rufen. (Aber gerade auch dann, wenn die Polizei kommt, sichert bitte, wenn möglich, selbst Beweise; die Polizei ist da häufig sehr nachlässig/unwissend). Meldet den Unfall bei Eurer Haftpflichtversicherung (wer keine hat, sollte dies schnellstens ändern!), bei schweren Verletzungen mit Gefahr von Dauerschäden auch der Unfallversicherung. Bei Unfällen auf Fahrten als Hammaburger, auf jeden Fall dem Vorstand Bescheid geben!