Der Porsche Schlepper. Das vergessene Kind!?

Transkript

1 Der Porsche Schlepper. Das vergessene Kind!? (HDI 8756) Mit karminroter Karosserie steht er da. Die Motorhaube zu innerhalb des Konzerns zu Teil? charakteristischen Nase geformt. Statt 300 PS hat er nur 18 Die landwirtschaftliche Arbeit änt sich PS, statt 240 km/h schafft er gerade mal nur Mit 25 km/h. Gekostet hatte er neu teilweise nur wirtschaft änte sich Arbeit auf dem unter 4000 DM. Lande. Im Zuge Industriellen Revolution Ja, auch das kann ein echter Porsche sein! wurde versucht, neuen technischen Mit dem Name Porsche verbindet man eher noble Sportwagen. Es kommen einem teuren Karossen aus Stuttgart in Sinn. Wer einen Porsche fährt, hat es zu etwas gebracht, sagt man. Ja, Porsche wird Mechanisierung Land- Errungenschaften auch für Landwirte nutzbar zu machen. Der Mähdrescher ersetzte Muskelkraft beim Dreschen, Sämaschine das Ausstreuen per Hand Schlepper Zugtiere. mit Erfolg verbun. Dem Erfolg Nun war es aber keinesfalls so, dass sich Firma Porsche als auch des eigenen Ende des 18. Jahrhunts gleich alles Erfolges, wenn man sich ein Auto ser änte! Nur allmählich konnten sich neue Marke leisten kann. Techniken durchsetzen, viele Erfindungen Fast vergessen aber ist Porsche Schlepper. Ein Produkt, dass auf ersten Blick nicht ganz zu dem Automobilhersteller zu passen scheint. wur auch wie verworfen. Durch strukturellen (immer Wandel mehr Gesellschaft Stadtbewohner, immer weniger Landbewohner), war ein größerer Bedarf an gekauften Lebensmitteln, als je Aber wie ist es mit dem zweiten Blick: zuvor. Daher versuchten Landwirte Warum gab es Porsche Schlepper Chance zu nutzen mehr zu produzieren. überhaupt? Und welche Rolle kommt ihm

2 Durch sich internationalen langsam motor auf dem Markt. Diese sind wur aber Vorläufer heutigen Schlepper. Doch erst gedrückt. Die mit dem Bulldog Firma Lanz aus Mechanisierung bot Möglichkeit, ohne Mannheim wur se neuen Land- größeren Personalaufwand mehr Fläche zu maschinen von einem größeren Kreis auf bewirtschaften. deutschem Bo benutzt. Die Dampfkraft konnte in Form von Doch stiegen Verkaufszahlen nicht ortsgebunen Dampfmaschinen, o ab explosionsartig. Der Schlepper hatte lange 1870ern auch als Lokomobile genutzt noch zu kämpfen. wer. Lokomobile waren im Prinzip Die vielen Wartungsarbeiten erst zu Lokomotiven ähnlich, nur konnten sie ohne erlernende Fahrzeugführung halfen dem Schienen, ähnlich Autos, fahren. Mit ihnen Schlepper auch nicht gerade zur Popularität. konnten manche Arbeiten auf dem Felde Durch unsachgemäße Handhabung waren schon erledigt wer. viele Landmaschinen schnell verschlissen. gleichzeitig Markt öffnen Preise Die Info: Dampfseilpflüge Neben Lokomobilen, selbst auf dem Acker fuhren, wur für europäischen Kulturbö, empfindlicher waren als Präriebö Amerikas, damaligen, noch nicht so sehr spezialisierten, Konstrukteure stan vor schweren Aufgabe, Balanceakt zwischen Gewicht, Leistung, Schwerpunkt, Handhabung Preis zu stemmen. Dampfseilpflüge entwickelt. Bei sem System wur Pflüge an Stahlseilen über Porsches Idee vom Schlepper das Drei Ideen beschäftigten Ferdinand Porsche Lokomobil stand. Dadurch wurde als Konstrukteur maßgeblich: Sportwagen- Bo schweren bau, Bau eines Kleinwagens für Maschinen verdichtet. Nach nach breite Masse eines Schleppers, wurde se Lokomobile dann versetzt. So günstig ist, leicht zu warten mit dem konnte eine große Fläche ohne Einsatz von alle auf dem Hof anfallende Tätigkeiten Zugtieren erledigt wer können. einen Acker nicht gezogen, durch bearbeitet während wer. Dieses System wurde teilweise bis zum Ende Die 1940er Jahre eingesetzt. scheint ihm während des Ersten Weltkrieges Die ersten Schlepper gekommen zu sein, n er ließ eine von In frühen Jahren des 19. Jahrhunts kamen Zugmaschinen mit Verbrennungs- Idee einer Schlepperkonstruktion ihm konstruierte Zugmaschine mit angehängtem Pflug testen. Aufgr des Krieges wur se Versuche nicht weitergeführt.

3 Die ersten Erfahrungen mit dem Bau eines da es in einem Kriegsfall für Kavallerie Schleppers machte Porsche somit schon relativ früh. verbrauchte es keinen, für einen monen Artillerie einsetzbar war. Auch Krieg, so wertvollen Treibstoff. Info: Ferdinand Porsche Relativ schnell erkannten Verantwortlichen NS-Agrarpolitik aber, dass Verwendung von Schleppern dabei helfen kann, das Land autark (also unabhängig von Importen) zu machen. Mit Schleppern konnte man größere Flächen bewirtschaften erhielt das Konstruktionsbüro Porsche einen staatlichen Auftrag, dem des Volkswagens ähnelte. Für deutschen Landwirte sollte ein Volksschlepper entstehen. Durch einen Preis von unter 1000 RM einfacher Benung sollte er auch (HNE 1883) Geboren 1875 in Maffersdorf (Böhmens) als Sohn eines Klempners. In jungen Jahren erfand er in Wien Radnabenmotor konstruierte das erste Hybrid- Allradfahrzeug Anstellung Porsches bei Daimler-Motoren-Gesellschaft in Stuttgart.1930 eröffnete er sein eigenes Konstruktionsbüro, ebenfalls in Stuttgart. Er wurde mit Konstruktion des Volkswagens beauftragt. Während des Krieges konstruierte er vor allem Militärfahrzeuge. Da Sportwagenbau sein Steckenpferd war, fuhr er auch selbst Rennen. Nach dem Krieg fertigte sein Sohn Ferry Porsche ( ) ersten Serienrennwagen mit dem Namen Porsche. Ferdinand Porsche starb Die Idee des Volksschleppers Die 1933 an Macht gekommenen Nationalsozialisten hielten anfangs nicht sonlich viel von Schleppern. Sie setzten vermehrt wie auf das Pferd als Zugtier, bei kleineren Höfen Anklang fin. Er war somit für breite Masse Landwirte gedacht. Porsche konnte sich nach all Jahren endlich richtig mit dem Schlepperbau beschäftigen. Die ersten Prototypen entstehen Schon ein Jahr später konnte Porsches Team ersten Prototyp vorstellen: Volksschlepper Typ 110. Er war mit 12 PS motorisiert Fahrer fand noch vor dem Motor platz. Nur kurz später stand Weiterentwicklung, Typ 111 bereit. Hier war nun Fahrerplatz hinter Motor versetzt wor. Schon seit dem ersten Modell waren luftgekühlt. Porsche Schlepper

4 paar ser Schlepperprototypen überlebten auf dem von Porsche 1941 erworbenen Landgut. Schlepperboom Wirtschaftswun Nach dem Krieg war Versorgungslage an Prototyp des Volkstraktors (HAV 117) Ein von Nationalsozialisten geplantes Volkstraktorenwerk sollte bis zu ser Schlepper pro Jahr fertigen können damit Mechanisierung Landwirtschaft immens vorantreiben. Diese gigantische allerdings Bauunternehmung wurde wegen des Krieges nie fertig Während des Krieges wur auch in deutschen Landwirtschaft eine Vielzahl von planwirtschaftlichen Maßnahmen einge- führt. So durften z.b. nur noch ausgewählte Landmaschinen herstellen schaft, viele Höfe Maschinen zerstört. Es bestand daher ein riesiger Bedarf an landwirtschaftlichen Geräten, vor allem an Schleppern. Durch Währungsreform Marshallplan konnten über Darlehen vielen Schlepperboom ein, viele alte Landmaschinenhersteller für sich nutzen konnten. Porsches Neuanfang Allgaier Das gegen Ende des Krieges nach Kärnten mit Holzvergaser. Konstruktionsbüro setzte ein bis dahin so nicht gekannter gegen Ende des Krieges nur noch Schlepper Porsches waren gefallen o in Kriegsgefangen- Landwirten geholfen wer. In ser Zeit gestellt. Firmen Lebensmitteln katastrophal. Viele Landwirte arbeitete mittlerweile für Rüstungsindustrie. Das nicht-kriegsentscheide Projekt Volksschlepper wurde somit von staatlicher Seite wie beendet. Im Geheimen arbeitete man jedoch an Konstruktionen weiter. Noch während des Krieges wur Typen gezogene Konstruktionsbüro entwickelte aus dem Typ Da für eine eigene Produktion dort jedoch Mittel fehlten, suchte man einen Lizenznehmer, also eine Firma, unter Gebührenzahlung an Porsche relativ selbständig Schlepper baut entwickelt. In einer Diese fand man in dem Werkzeugbauer italienischen Fabrik sollte dann gegen Ende Allgaier aus Uhingen stellte se des Krieges eine genehmigte Serie gebaut Firma zusammen mit Porsche AP 17 wer, was aber durch Kriegsschä an (Allgaier-Porsche Teilen dann doch nicht möglich wurde. Ein Öffentlichkeit vor. Auch das Nachfolge- mit 17 PS)

5 modell Typ A 111 wurde ein Erfolg. KG betreut se weiterhin. Es wurde ein Durch geringen Preis leichten neues Werk gebaut, dass auf Fließband- Handhabung wurde ser vor allem von produktion ausgelegt war. Die Modelle einer wur von Allgaier leicht überarbeitet großen Anzahl kleineren Höfen gekauft. übernommen. Das Angebot wurde in vier Klassen eingeteilt: Junior, Standard, Super Master. Der Junior besaß ein Zylin, folgen immer jeweils einen mehr. Dank sem System waren fast alle Teile Porsche Schlepper itisch somit günstig in Herstellung. AP 17 (HDI 29344) Das Angebot wurde durch verschiee Leistungsgrößen ausgebaut. landwirtschaftlichen Betrieb Für war je passende Schlepper dabei. Dadurch schaffte es Allgaier Schlepper zu verkaufen belegte so Spitzenposition auf dem Markt bis Porsche-Diesel Standard (HDK 485) Porsche-Diesel konnte am Anfang 12% des Marktes einnehmen. Damit war sie nach Deutz größte Schlepperfirma Deutsch- Das Kapitel Porsche-Diesel lands. Trotz des großen Erfolgs entschied sich Allgaier dazu, Schlepperbau aufzugeben. Der Gr waren das Wagnis hoher Investitionen einer Produktionserweiterung sowie Werkzeugbau. Hierbei war Firma sehr gefragt er warf höhere Gewinne ab Doch Stern Porsche-Diesels sank. Da Markt für Schlepper langsam übersättigt war, am besten an sinken Zulassungszahlen erkennbar, Porsche nicht schnell genug sich technisch anpasste, übernahm Mannesmann Das Ende Produktion Tochterfirma neugegründete Porsche- Diesel-Motorenbau GmbH Friedrichshafen Produktion Schlepper. Die Porsche stieg Mannesmann Konzern aus.

6 Info zu untergegangen Firmen Nicht nur Porsche Diesel hatte am Ende des Schlepperbooms zu kämpfen. Mehrere waren anen Hersteller gezwungen, sich anzupassen ebenso günstiger zu wer. große Firmen stellten Schlepperbau ein Der Porsche Schlepper sollte damaligen (z.b. MAN, Hanomag Normag), gängigen technischen mussten fusionieren (z.b. Fahr) o Schlepper nicht aufweisen. Dies schaffte wur aufgekauft (z.b. Heinrich Lanz). Porsche auch. Er sollte vor allem für Man versuchte von Seiten Porsches zur Rettung Firma noch eine Zusammenarbeit mit MAN, dessen Schlepperbau somit kleinere Betriebe Probleme Einstieg zur Mechanisierung wer. Die Verkaufszahlen sprechen hier für sich! von Porsche-Diesel übernommen wurde. Es Ca Allgaier-Porsche ungefähr wur zum Schluss sogar Daimler Motoren Porsche-Diesel Schlepper wur in Porsche Schleppern verwendet, da se verkauft. Das war ein riesiger Erfolg. Der nicht selbst produziert wer mussten. Sportwagenbau Dies alles half aber im Endeffekt nichts. Die nicht ausgelasteten Fertigungshallen koste- Porsches konnte Schleppersparte lange nicht das Wasser reichen. ten zu viel Schleppermarkt lief nur Trotz allem warf Schlepperbau auf noch richtig bei Modellen über 50 PS. So Dauer nicht genug Gewinn ab. Als etwas bot Porsche aber nicht an. Schlepperboom in Deutschland zurückging, Im Jahre 1963 wurde Produktion eingestellt. Der letzte Porsche Schlepper verließ das Band. Eine Vertriebsgesellschaft, wurde Porsche-Diesel vom Mannesmann Konzern aufgegeben konnte sich nicht mehr halten. von Renault ausgehend, verkaufte Doch das Kapitel Porsche Schlepper ging letzten Schlepper vom Hof übernahm damit nicht zu Ende. Längst ist se Konstruktion Porsches aus ihrem Dornrös- Kunnst Ersatzteil- versorgung. chenschlaf erwacht. In Oldtimer Kreisen wer Porsche Schlepper hoch gehandelt. Resümee Man sieht, dass Schlepper durchaus zu Ferdinand Porsches Werk passt. Er war innovativ bei seiner Einführung, er war günstig (wie Volkswagen) er war Erfolgreich. Wegen seinem niedrigen Preis Auch hier ist ein echter Porsche etwas ganz besones. Der Porsche Konzern vergisst sein Kind auch nicht. Im Porsche Museum In Stuttgart steht er sozusagen sogar in Loge, hoch über Sportwagen. Pascal Willrett (Photographien: Porsche Archiv)