Plural im Bereich der Personalpronomina

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1 pragmatische Aufgaben: Plural im Bereich der Personalpronomina (1) Anrede einer einzelnen Person mit Plural-Pronomen (historisch Ihr, modern Sie) zum Ausdruck der Höflichkeit (2) Referenz auf die sprechende Person im Plural (wir): entweder Pluralis maiestatis/pluralis Majestatis, 'Plural der Majestät': Wir, König von Syldavien, geruhen hiermit... oder Pluralis modestiae/pluralis Modestiae, 'Plural der Bescheidenheit', auch Pluralis auctoris 'Plural des Autors'): Wir möchten im Folgenden darstellen, warum... Das Genus, Pl. Genera (von lat. genus) = Nominalklasse Semantische, morphologische, phonologische Genussysteme Semantische Genussysteme Beispiel: Tamilisch (Indien, Sri Lanka), drei Genera: männlich-vernunftbegabt (Gott, männlicher Mensch) weiblich-vernunftbegabt (Göttin, weiblicher Mensch) nicht vernunftbegabt Morphologische Genussysteme Beispiel: Serbisch Typ Beispiel Akk Sing. Nom. Plural Genus 1 grad 'Stadt' grad gradovi mask. 1 crv 'Wurm' crva crvi mask. 1 prijatelj 'Freund' prijatelja prijatelji mask. 2 nebo 'Himmel' nebo nebesa neutr. 2 uvo 'Ohr' uvo u i neutr. 2 selo 'Dorf' selo sela neutr. 3 majka 'Mutter' majku majke fem. 3 kolega 'Kollege' kolegu kolege mask. 4 cev 'Rohr' cev cevi fem. 4 umetnost 'Kunst' umetnost umetnost fem. 1 = mask, 2 = neutr, 3 und 4 = fem.

2 Phonologische Genussysteme, Beispiel: Französisch (Corbett 1999: 67)

3 Alle Genussysteme der Welt haben einen semantischen Kern. Das Genussystem des Deutschen folgt semantischen, morphologischen und phonologischen Prinzipien. Beispiel für morphologische Prinzipien: Wortbildung -heit, -keit, -ung, -erei: Gesundheit, Heiterkeit, Bildung, Schweinerei femininum Ge- + -e: neutrum Gelege, Gebirge, Gehäuse, Gedränge, Gehege Endungslose Derivation aus Verbstämmen: Gang, Lauf, Ruf, Schrei, Schritt maskulinum Phonologische Prinzipien: Gut untersucht sind einsilbige Nomina mehrsilbige mit den Pseudosuffixen -el, -er, -en = zusammen ca Nomina, bei denen traditionell arbiträre Genuszuweisung angenommen wird Monosyllabische Nomina: Spezifische Anlaut- und Auslautmuster führen zu bestimmten Genuszuweisungen, z. B. kn- zu Maskulinum: Knast, Knopf, Knilch, Knick, Knauf etc. Frikativ plust /t/ im Auslaut Femininum: Luft, Sicht, Schicht, Kraft etc.

4 Regelanwendung lässt sich auch bei Kunstwörtern nachweisen Primärer semantischer Kern: Bezeichnungen für Menschen und wichtige Zuchtund Jagdtiere Andere semantische Gruppen: das Obst das Auto das Motorrad/das Bike die Ananas der Austin Martin die Banane der BMW die BMW die Beere der Citroën die Ducati die Dattel der Ford die Harley-Davidson die Feige der Golf die KTM die Grapefruit der Honda die Honda die Kiwi der Jaguar die Kawasaki die Lychee der Opel die Suzuki die Mango der Mercedes die Triumph die Zitrone der Raserati die Yamaha cf. das Golf, das Polo (Sport) Psycholinguistischer Status der Genuszuordnung: Konnotationen des Genus große, starke, Tiere; menschenähnliche Tiere; Wappentiere: der Bär, der Löwe, der Tiger, der Panther, der Puma, der Elefant; der Affe, der Gorilla, der Schimpanse; der Adler, der Falke, der Greif Pferde: (...) dann hat man ein Pferd, den man am kleinen Finger reiten kann, und der für seinen Reiter durchs Feuer geht. Wenn man allerdings versucht, ein solches Pferd mit weniger Gefühl anzupacken, so wird man nichts erreichen. (Köpcke/Zubin i.v.) kleine, schwache Tiere; Insekten: die Maus, die Ratte, die Schlange, die Blindschleiche, die Natter, die Eidechse; die Fliege, die Mücke, die Schabe cf. auch z. B.: der Rabe/die Krähe

5 "We can certainly conclude that the relations between gender, sex and perception of attributes are much more complex than is usually assumed." (Corbett 1999: 96). sogar Abstrakta können betroffen sein: der Übermut, der Hochmut, der Wagemut... die Anmut, die Wehmut, die Sanftmut... Kasus, Plural Kas us Kasus = Markierung einer bestimmten Rolle/Funktion im Satz mit morphologischen Mitteln.

6 dt. IchgebedemBäreneinenApfel. engl. I'mgivingan apple tothebear. franz. Jedonneune pomme àl' ours. Traditionell:nursynthetischeFormen=Kasus (cf.blake2001:1). VieleSprachenmarkierenNominasyntaktischodermorphosyntaktisch, Pronominahingegenmorphologisch: franz.j'airacontémonhistoireàmonamie (Akkusativunmarkiert,Dativmità) vs. Jeleluiairaconté (Akkusativle,Dativlui) UntersuchungzudieserArtvonAsymmetrieindenSprachenderWelt: Iggesen(2005). Caselanguages:Sprachen,indenenSubstantivedurchwegEndungenzur Kasusmarkierungtragen,z.B.Latein,Russisch,Türkisch. IndogermanischesKasussystem Nominativ Genitiv Dativ Akkusativ Instrumental Ablativ Lokativ (Direktiv) Vokativ Instrumental:KasusdesMittels,mitdemeineHandlungvollzogenwird. [mitdenbeil]erschlagen vs. Komitativ(nichtinidg.Sprachen):KasusderBegleitperson/des Begleitumstandes. [mitvergnügen][mitkomplizen]erschlagen

7 Ablativ:Kasus,deraufdieFrage"Woher?"antwortet. İstanbul dan[ayrıldı](türk.) Istanbul Ablativ[wegging] '[Er/sieging]ausIstanbul[weg]' Lokativ:Kasus,deraufdieFrage"Wo?"antwortet. İzmir'de(türk.)'inIzmir' AblativimLateinischen:Imlat.AblativsindbereitsdreiKasusbzw.deren Funktionenzusammengefallen:Ablativ,InstrumentalundLokativ. Direktiv:KasuszumAusdruckderRichtung,antwortetaufdieFrage "wohin?";existenzimidg.umstritten.zeigtsichimhethitischen(nurim Singular,nurbeiBezeichnungenfürUnbelebtes) Vokativ:KasusderAnrede;stehtaußerhalbdessyntaktischenGefüges.Z.B. serbisch: Prijateljumoj! Sine! Dušomoja! Freund Vok.mein! Sohn Vok. Seele Vok.meine! anderekasusindensprachenderwelt: z.b.lokalekasus Ungarisch: 'in' 'auf' 'bei'

8 Literatur: Blake,BarryJ.(2001):Case.Seconded.Cambridgeetc.:CambridgeUniversity Press. Corbett,GrevilleG.(2000):Number.Cambridgeetc.:CambridgeUniversity Press Iggesen,OliverA.(2005):Case Asymmetry.Aworld widetypologicalstudyon lexeme class dependentdeviationsinmorphologicalcaseinventories. München:LINCOM. Köpcke,Klaus Michael/Zubin,DavidA.(imDruck):"Genus".In:Hentschel, Elke/Vogel,Petra(eds.):HandbuchderdeutschenMorphologie. Berlin/NewYork:deGruyter.