Funktionalisierte Graphene aus Graphit und Kohlenstoffhybride für Polyurethan-Nanocomposite

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1 Funktionalisierte Graphene aus Graphit und Kohlenstoffhybride für Polyurethan-Nanocomposite INAUGURALDISSERTATION zur Erlangung der Doktorwürde der Fakultät für Chemie und Pharmazie der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau Vorgelegt von Anna-Katharina Appel aus Rothenburg o. d. T. in Bayern 2013

2 Vorsitzender des Promotionsausschusses: Prof. Dr. Thorsten Koslowski Referent: Prof. Dr. Rolf Mülhaupt Korreferent: Prof. Dr. Dr. Christian Friedrich Datum der Promotion:

3 meinen Eltern und Volker

4 Die vorliegende Arbeit wurde von April 2010 bis April 2013 am Institut für Makromolekulare Chemie und am Freiburger Materialforschungszentrum (FMF) der Albert-Ludwigs- Universität Freiburg im Arbeitskreis von Prof. Dr. Rolf Mülhaupt angefertigt. Im Folgenden möchte ich mich bei all denen bedanken, die zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen haben. Herrn Prof. Dr. Rolf Mülhaupt danke ich herzlich für die Bereitstellung des interessanten und herausfordernden Themas, sein stetes Interesse an meinen Ergebnissen und die gewährleisteten Freiheiten bei meiner Arbeit. Bei Herrn Prof. Dr. Dr. Christian Friedrich möchte ich mich für die freundliche Übernahme des Korreferats sowie für die Diskussionsbereitschaft bedanken. Bedanken möchte ich mich bei meinem Kooperationspartner Dr. Thomas Büsgen von Bayer MaterialScience für jegliche Unterstützung und seine wertvollen Ratschläge im Rahmen des Projektes. Benjamin Kerscher danke ich für die gute und fruchtbare Zusammenarbeit. Bei Dr. Ralf Thomann möchte ich mich sehr herzlich für die Durchführung zahlreicher mikroskopischer Untersuchungen bedanken. Außerdem gilt mein Dank Alfred Hasenhindl, Marina Hagios, und Andreas Warmbold für die NMR,- GPC,- und BET-Messungen sowie Angelika Siegel für die Elementaranalysen. Den Mitarbeitern der Feinwerkstatt und des Magazins gilt ein besonderer Dank für die stets schnelle Hilfe und Unterstützung bei technischen Fragestellungen. Stellvertretend bedanke ich mich bei Alexander Rossel, Eric Hügel, Sascha Fischer, Harald Bartholomae und Svetlana Ikkes. Frau Carmen Herrmann, Frau Stefanie Kuhl, Beate Gloderer und Frau Nicola Weis danke ich für die administrative Unterstützung. Ein großes Dankeschön richte ich an meinem Auszubildenden Robert Landgraf für die tatkräftige Hilfe und Unterstützung bei allen erforderlichen Arbeiten im Labor. Bei Sebastian Spieler und Simon Zunker für ihr herausragendes Engagement im Rahmen ihrer Mitarbeiterpraktika bzw. Bachelorabschlussarbeiten. Michaela Keinath, Fabian Beckert und Stefanie Schopp danke ich für die kritische Durchsicht und Korrektur dieser Arbeit.

5 Bei meinen Kollegen aus dem Arbeitskreis von Prof. Mülhaupt und Prof. Friedrich möchte ich mich sehr herzlich für die Unterstützung bei Problemen jeglicher Art und für das wunderbare Arbeitsklima bedanken. Besonderer Dank gilt meinen Freunden und Kollegen Maria Fleischer, Nele Teske, Christina Gredy, Stefanie Burger, Katharina Oelker, Marco Angarano, Andreas Schüssele und Damien Fourcade für die schöne und unvergessliche Zeit in Freiburg. Mein allergrößter Dank gilt meinen Eltern und meiner Familie, die mir mein Studium ermöglichten, mich in allen erdenklichen Lebenslagen unterstützten und immer an mich glaubten. Volker Evers danke ich herzlich für sein großes Verständnis und die vielen aufbauenden Worte.

6 VERÖFFENTLICHUNGEN A.-K. Appel, R. Thomann, R. Mülhaupt: Polyurethane nanocomposites prepared from solvent-free stable dispersions of functionalized graphene nanosheets in polyols, Polymer 2012, 53, B. Kerscher, A.-K. Appel, R. Thomann, R. Mülhaupt: Tree-like polymeric ionic liquids grafted onto graphene nanosheets, Macromolecules 2013, 46, A.-K. Appel, R. Thomann, R. Mülhaupt: Hydroxyalkylation and polyether polyol grafting of graphene tailored for graphene/polyurethane nanocomposites, Manuskript akzeptiert zur Veröffentlichung bei Macromolecular Rapid Communications. BERICHTE A.-K. Appel, R. Mülhaupt: Graphen/Polyurethan-Nanocomposite, FMF-Jahresbericht A.-K. Appel, P. Steurer, M. Gillé, R. Mülhaupt: Untersuchung von Graphen- und Graphen- Hybrid-Nanocompositen auf Basis von Polycarbonat, Polycarbonat-Blends und Polyurethan, Bayer-Abschlussbericht POSTERPRÄSENTATIONEN B. Kerscher, A.-K. Appel, F. Schüler, R. Mülhaupt: Strukturierte Polyionische Flüssigkeiten mit hyperverzweigten Polyoxetan-Kern, Tag der Forschung an der Fakultät für Chemie, Pharmazie und Geowissenschaften 2010, Freiburg. VORTRÄGE Untersuchung von Graphen- und Graphen/Hybrid-Nanocompositen auf Basis von Polycarbonat, Polycarbonat-Blends und Polyurethan, A.-K. Appel, R. Mülhaupt, Projekttreffen Bayer Material Science, Freiburg, Februar 2011.

7 INHALTSVERZEICHNIS INHALTSVERZEICHNIS 1 Einleitung Polyurethane Polymer-Nanocomposite Graphen Funktionalisiertes Graphen Graphitoxid Thermisch reduziertes Graphitoxid (TRGO) Funktionalisierung von Graphitoxid und Graphen Polyurethan/Graphen-Nanocomposite Aufgabenstellung Herstellung und Funktionalisierung von TRGO Herstellung von GO und TRGO GO-Synthese nach HUMMERS und OFFEMAN Thermische Reduktion von GO Quantifizierung der Hydroxylgruppen von TRGO Alkylierung von TRGO mit Ethylencarbonat Veresterung von TRGO mit Rizinusöl Pfropfung von Propylenoxid via grafting-from Pfropfung von 3-Ethyl-3-Hydroxymethyloxetan via grafting-to Fazit I

8 INHALTSVERZEICHNIS 4 Nanocomposite auf Basis von Polyurethan-Gießelastomeren Herstellung der PU-Nanocomposite PU/TRGO-Nanocomposite Einfluss des Hartsegmentanteils in der PU-Rezeptur Einfluss der Reduktionstemperatur von TRGO Einfluss der Funktionalisierung von TRGO Morphologische Untersuchung Mechanische Eigenschaften Vergleich zu Carbon Black und Carbon Nanotubes Morphologische Untersuchung Mechanische Eigenschaften Thermische und elektrische Eigenschaften Fazit Nanocomposite auf Basis von thermoplastischem Polyurethan Herstellung nach dem Lösungsblendverfahren TPU-Homonanocomposite Morphologische Untersuchung Mechanische Eigenschaften Elektrische Eigenschaften Thermische Eigenschaften TPU/TRGO/CNT-Mischnanocomposite Morphologische Untersuchung Mechanische Eigenschaften Elektrische Eigenschaften Fazit II

9 INHALTSVERZEICHNIS 6 Leitfähige Polyurethan-Lacke Herstellung der 2K-Polyurethan-Lacke Morphologische Untersuchung Elektrische Eigenschaften Kontaktwinkelmessungen Fazit Polyurethan/Graphen-Schaumstoffe Herstellung der PUS-Weichschaumstoffe Charakterisierung der PUS/Graphen-Schäume Morphologische Untersuchung Mechanische Eigenschaften Thermische und elektrische Eigenschaften Fazit Zusammenfassende Diskussion Fazit und Ausblick Experimenteller Teil Kommerzielle Chemikalien und Polymere Synthese der funktionalisierten Graphene Herstellung der Polyurethan-Gießelastomere Herstellung der TPU-Schmelznanocomposite Herstellung der 2-Komponenten-Lacke Herstellung der PU-Schaumstoffe Charakterisierung und verwendete Geräte III

10 INHALTSVERZEICHNIS 11 Kurzzusammenfassung Lebenslauf Literatur Anhang IV

11 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS 2K-Lack BET ca. CB CNT d DSC EA EC EDX EHO ESEM FG GO GPC h HH konz. min M n M w MWCNT NMR Pa PEHO Phi PO PPO PU Zwei-Komponenten-Lack Oberflächenbestimmung nach BRUNAUER, EMMET und TELLER etwa Carbon Black (Leitruß) Carbon Nanotubes (Kohlenstoffnanoröhren) Tag Differential Scanning Calorimetry Elementaranalyse Ethylencarbonat Energiedispersive Röntgenspektroskopie 3-Ethyl-3-Hydroxymethyloxetan Environmental Scanning Electron Microscopy Funktionalisiertes Graphen Graphitoxid Gelpermeationschromatographie Stunde Hochdruckhomogenisator konzentriert Minute zahlengemitteltes Molekulargewicht massengemitteltes Molekulargewicht Multiwalled Carbon Nanotubes Nuclear Magnetic Resonance (Kernspinresonanz) Pascal Poly(3-Ethyl-3-Hydroxymethyloxetan) Phenylisocyanat Propylenoxid Polypropylenoxid Polyurethan V

12 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS PUL PUS Riz s SEM t T TEM T g TGA T m TPU TRGO U/min Polyurethan-Lack Polyurethan-Schaumstoff Rizinusöl Sekunde Scanning electron microscope (Rasterelektronenmikroskopie) Zeit Temperatur Transmission Electron Microscopy (Transmissionselektronenmikroskopie) Glas(übergangs)temperatur Thermogravimetrische Analyse Schmelztemperatur Thermoplastisches Polyurethan Thermisch reduziertes Graphitoxid Umdrehungen pro Minute US Ultraschall UT Ultraturrax WAXS Wide Angle X-Ray Scattering (Weitwinkelröntgenstreuung) wt.-% Gewichtsprozent κ spez ρ spez Spezifische Leitfähigkeit Spezifischer Widerstand Ω θ γ Ohm Kontaktwinkel Oberflächenenergie VI

13 PROBENCODES UND BEGRIFFSERKLÄRUNGEN PROBENCODES UND BEGRIFFSERKLÄRUNGEN Die funktionalisierten Graphene und die hergestellten Polyurethan-Nanocomposite werden in dieser Arbeit wie folgt bezeichnet. Funktionalisierte Graphene Die thermisch reduzierten Graphitoxide (TRGO) besitzen folgende Bezeichnung: TRGO [Temperatur] -[Chargenummer]. Beispiel: TRGO steht für ein thermisch reduziertes Graphitoxid TRGO, das bei 700 C reduziert wurde und der Charge 1 entspricht. Funktionalisierungen erfolgten mit: Phi Phenylisocyanat EC Ethylencarbonat Riz Rizinusöl PPO Polypropylenoxid PEHO Poly-(3-Ethyl-3-Hydroxymethyloxetan) Die zusätzlich funktionalisierten Graphene weisen folgende Bezeichnung auf: TRGO [Temperatur] -[Funktionalisierung]-[Chargenummer]. Beispiel: TRGO 400 -Phi-1 steht für ein bei 400 C thermisch reduziertes Graphitoxid (TRGO), das mit Phenylisocyanat umgesetzt wurde und der Charge 1 entspricht. VII

14 PROBENCODES UND BEGRIFFSERKLÄRUNGEN Polyurethan-Nanocomposite Es wurden Nanocomposite auf Basis von Polyurethan-Gießelastomeren, -Thermoplasten, -Schaumstoffen und -Lacken hergestellt. Die verwendeten Gießelastomere unterscheiden sich zusätzlich in ihrem Hartsegmentanteil, der sich aus der Isocyanatkomponente und dem Kettenverlängerer 1,4 Butandiol zusammensetzt. PU23 PU29 PU33 TPU PUL PUS Polyurethan-Gießelastomer mit 23 wt.-% Hartsegmentanteil Polyurethan-Gießelastomer mit 29 wt.-% Hartsegmentanteil Polyurethan-Gießelastomer mit 33 wt.-% Hartsegmentanteil Thermoplastisches Polyurethan Polyurethan-Lack Polyurethan-Schaumstoff Als Füllstoffe wurden neben den funktionalisierten Graphenen CB Carbon Black und CNT Carbon Nanotubes verwendet. Die hergestellten Polyurethan-Nanocomposite besitzen folgende Bezeichnung: [verwendetes PU]/[Füllstoff]_[Füllstoffgehalt in wt.-%] Beispiel: PU33/TRGO 700 _2.0 steht für ein Polyurethan-Gießelastomer mit 33 wt.-% Hartsegmentanteil und gefüllt mit 2.0 wt.-% TRGO 700. VIII

15 1 EINLEITUNG 1 Einleitung Die Entwicklung neuer Compositmaterialien mit verbessertem Eigenschaftsprofil stellt eine große Herausforderung der Materialwissenschaften dar. Polyurethane (PU) besitzen als Polymerklasse ein vielfältiges Eigenschaftsbild, das sich aus der hohen Variabilität bei der chemischen Gestaltung der Ausgangskomponenten ergibt. Durch die Anzahl der Hydroxylund Isocyanatgruppen in den Ausgangskomponenten und durch Modifizierung der Molekülstruktur lassen sich nahezu beliebige Eigenschaftsprofile erzeugen, die sich von Thermoplasten über Hochleistungselastomere bis hin zu Werkstoffen mit ausgezeichneten physikalischen Eigenschaften wie z.b. hohe Zugfestigkeit kombiniert mit Abrieb- und Reißfestigkeit sowie Lösungsmittelbeständigkeit erstrecken. Die Materialeigenschaften der Polyurethane können weiterhin durch Zugabe von Nanofüllstoffen variiert und für entsprechende Anwendungen maßgeschneidert werden. In jüngster Zeit wurden insbesondere Carbon Nanotubes (CNT) ausgiebig als Nanofüllstoff untersucht und stehen im Bezug auf die aktuell produzierten Mengen auf der Schwelle zur technischen Anwendung. Ein Material, das zwar bereits seit langem bekannt ist, aber erst kürzlich wieder in den Fokus der Forschung geriet, stellt Graphen dar. Die vielversprechenden Eigenschaften des Graphens, wie elektrische Leitfähigkeit, Barrierewirkung und hohe mechanische und thermische Belastbarkeit ermöglichen die Herstellung einer neuen Generation an Nanocompositmaterialien auf Basis von Polyurethanen. 1.1 Polyurethane Die Herstellung von Polyurethanen erfolgt nach dem 1937 von OTTO BAYER beschriebenen Polyadditionsverfahren von zwei- oder mehrfunktionellen Alkoholen bzw. Aminen mit Di oder Polyisocyanaten. [1,2] Schema 1.1 Herstellung von Polyurethan durch die Polyaddition eines Diols an ein Diisocyanat. Polyurethane besitzen als Polymerklasse eine herausragende Eigenschaftsvielfalt, wie sie mit kaum einem anderen Kunststoff vergleichbar ist. Sie finden Anwendung als Schaumstoffe, 1

16 1 EINLEITUNG Lacke, Kleb- und Dichtstoffe, Elastomere sowie thermoplastische Polyurethane (s. Schema 1.2 ). [3,4] Thermoplastische Polyurethane Elastomere Kleb- und Dichtstoffe 6% 6% 7% 15% 29% Blockschaum Lacke 11% 26% Formschaum Hartschaum Schema 1.2 Weltverbrauch der Polyurethane im Jahr [5] Den Großteil der hergestellten Polyurethane machen Schaumstoffe mit knapp 70% aus. [5] Weichschaumstoffe, die sich in Block- und Formschaumstoffe unterteilen lassen, werden vor allem als Polstermaterial in der Möbelindustrie oder bei der Schuhherstellung eingesetzt. [3] Hartschaumstoffe spielen im Bausektor sowie bei der Fahrzeug-, Flugzeug- oder Schiffsherstellung als Dämm- und Isolierstoffe eine bedeutende Rolle. [6] Polyurethanlacke sind sowohl in der Fahrzeuglackierung als auch für Metall,- Kunststoff-, Glas oder Textilbeschichtungen etabliert. [7,8] Elastomere Polyurethane werden als Dichtungen für Verschleißteile und Rohre verwendet. Thermoplastische Polyurethane (TPU) sind weit verbreitet als Folien und Fasern und werden für Kabelummantelungen sowie im Sport- und Freizeitbereich eingesetzt. [3] Trotz dieser Vielfalt ist der chemische Aufbau all dieser Produkte ähnlich. Als Grundbaustein besitzen Polyurethane die namensgebende funktionelle Gruppe Urethan (-NH-CO-O-). Polyurethane weisen zahlreiche andere Bindungstypen, wie Ether-, Ester- und Harnstoffbindungen auf. Der Begriff Polyurethan ist daher als Sammelbegriff unterschiedlicher Polymere zu verstehen, die aus Di- bzw. Polyisocyanaten hergestellt werden. [3] Grundlage der Polyurethan-Chemie ist die hohe Reaktivität der Isocyanate gegenüber Nucleophilen, die sich auf die positive Partialladung des Kohlenstoffatoms in dem 2

17 1 EINLEITUNG kumulierten Doppelbindungssystem Stickstoff-Kohlenstoff-Sauerstoff in Schema 1.3 zurückführen lässt. [3] Schema 1.3 Mesomere Grenzstrukturformeln der Isocyanatgruppe. [3] Die häufigsten Reaktionen der Isocyanate sind Additionen an Reaktionspartnern, die aktive Wasserstoffatome enthalten (s. Schema 1.4). Die Umsetzung mit Di- bzw. Polyolen unter Bildung von Urethanen bzw. Polyurethanen stellt die wichtigste Additionsreaktion dar. Die Bildungsreaktion wird durch Lewis-Säuren, z.b. Dibutylzinndilaurat (DBTDL) oder Lewis-Basen, wie z.b. tertiäre Amine (Triethylamin und 1,4-Diazabicyclo[2.2.2]octan; DABCO) katalysiert. Wegen ihrer größeren Nucleophilie reagieren primäre und sekundäre Amine mit Isocyanaten unter Bildung von Harnstoffen. Schema 1.4 Chemie der Isocyanate. Bei höheren Temperaturen und unter dem Einfluss von Katalysatoren reagieren Urethane bzw. Harnstoffe mit einem Überschuss an Isocyanat zum Allophanat bzw. Biuret, wodurch vernetzte Polyurethane entstehen. 3

18 1 EINLEITUNG Die Umsetzung von Isocyanat mit Wasser spielt bei der Schaumstoffherstellung eine fundamentale Rolle. Die gebildete Carbamidsäure ist instabil und decarboxyliert zum Amin, welches sofort mit einem Isocyanat zum Harnstoff weiterreagiert. [9,10] Das entstehende CO 2 fungiert als Treibgas für die Aufschäumung. Auch die Reaktion von Isocyanat mit einer Carbonsäure zum Amid erfolgt unter Freisetzung von CO 2 und kann bei der Herstellung von Polyurethan-Schaumstoffen ausgenutzt werden. Weiterhin können Isocyanate unter Zugabe von Katalysatoren dimerisieren bzw. trimerisieren, wodurch Uretdione bzw. Isocyanurate gebildet werden. Diese Reaktionen dienen der Herstellung von Polyisocyanaten, die Verwendung als Lack- und Klebstoffrohstoffe finden. Schema 1.5 Technisch bedeutende Diisocyanate: 2,4-Toluylendiisocyanat (TDI), 2,6-Toluylendiisocyanat (2,6-TDI), 4,4 -Diphenylmethandiisocyanat (MDI), Hexamethylendiisocyanat (HDI) und Isophorondiisocyanat (IPDI). Für den Aufbau von Polyurethanen kommen sowohl aromatische als auch aliphatische Diisocyanate zum Einsatz. Aufgrund der deutlich höheren Reaktivität und der im Allgemeinen besseren Zugänglichkeit werden aromatische Diisocyanate wie Toluylendiisocyanat (TDI) und 4,4 -Diphenylmethandiisocyanat (MDI) bevorzugt. Für die Herstellung von PU-Weichschaumstoffen ist TDI-80, ein Isomerengemisch aus 80% 2,4- und 20% 2,6-TDI, das bedeutendste Isocyanat. [3] MDI hat weltweit das größte Produktionsvolumen an Isocyanaten und dient für die Herstellung von Polyurethanen mit elastischen Eigenschaften. Die wichtigsten Produkte aus der aliphatischen bzw. cycloaliphatischen Reihe sind Hexamethylendiisocyanat (HDI) und Isophorondiisocyanat (IPDI). Letzteres zeichnet sich durch zwei unterschiedlich reaktive Isocyanatgruppen aus und findet hauptsächlich Anwendung im Bereich der Lack- und Klebstoffe. [7] 4

19 1 EINLEITUNG Vielfältiger sind die Variationsmöglichkeiten auf der Seite der Polyole. Als Polyolkomponenten werden hauptsächlich Polyether und Polyester mit einer Funktionalität 2 und Molmassen bis zu 8000 g/mol eingesetzt. [3] Für die Herstellung von Polyetherpolyolen steht eine breite Palette an großtechnisch zugänglichen Ausgangskomponenten zur Verfügung. Als Ausgangsmaterialien dienen hauptsächlich Ethylenoxid (EO) und Propylenoxid (PO) und in geringem Maße Tetrahydrofuran (THF). Die ringöffnende Polymerisation der Epoxide kann anionisch, kationisch oder koordinativ erfolgen. [11] Im industriellen Maßstab erfolgt die Herstellung der Polyetherpolyole hauptsächlich über die anionische ringöffnende Polymerisation. Gängige Katalysatoren sind Lewis-Basen in polaren Systemen wie z. B. Alkalimetallalkoholate, -hydride oder hydroxide. Zum Erreichen hoher Funktionalitäten in den Polyetherpolyolen werden als Startmoleküle di- und trifunktionelle Alkohole, wie Ethylenglykol, Propylenglykol, Tetramethylolpropan (TMP) und Glycerin verwendet. Aber auch Verbindungen auf Naturstoffbasis wie Rohrzucker (Saccharose), Zuckeralkohol (Sorbit, Mannit) und Abbauprodukte der Stärke und Cellulose kommen häufig zum Einsatz. Für bestimmte Zwecke werden auch Amin-funktionalisierte Starkomponenten wie Ethylendiamin oder Diethylentriamin eingesetzt. [3] Polyesterpolyole werden in einer Polykondensation aus mehrfunktionellen Carbonsäuren und Hydroxylverbindungen hergestellt. Als Dicarbonsäuren kommen Phthalsäure bzw. Phthalsäureanhydrid, Adipinsäure und Maleinsäure zum Einsatz. Als Alkohole werden die in Schema 1.6 bereits gezeigten difunktionellen Verbindungen, wie Ethylen- und Propylenglykol oder die höherfunktionellen Moleküle Trimethylolpropan oder Penthaerythrit eingesetzt. [3] Neben den Polyethern und Polyestern kommen für spezielle Anwendungen Hydroxylfunktionalisierte Polymere auf Basis von Polycarbonat, Polycaprolacton und Polybutadien als Reaktionspartner für Isocyanate zum Einsatz. Auch Polyole auf Basis nachwachsender Rohstoffe, wie Rizinusöl [12-15] und epoxidierte Fettsäurester des Glycerins finden zunehmend Anwendung. 5

20 1 EINLEITUNG Schema 1.6 Ausgangsstoffe zur Herstellung von Polyetherpolyolen. Die Polyole bilden das Grundgerüst und sind mitentscheidend für das Eigenschaftsspektrum der Polyurethane. Schema 1.7 zeigt, welchen Einfluss die chemische Struktur, Molekülgröße und Funktionalität der eingesetzten Polyole auf die Polyurethane haben. Kurzkettige ( g/mol) und hochverzweigte Polyole mit Funktionalitäten von drei bis sechs werden für harte Werk- und Schaumstoffe verwendet. Dagegen werden langkettige Polyole ( ) mit geringeren Funktionalitäten von zwei bis drei zu flexiblen Schaumstoffen und Elastomeren verarbeitet. [16] Lineare Polyurethane, wie thermoplastische Polyurethane oder Fasern werden aus langkettigen Diolen, z.b. Polytetramethylenglykol (PTMG) oder Polycaprolacton (PCL) aufgebaut. Die mechanischen Eigenschaften der Polyurethane werden weiterhin durch Zugabe von niedermolekularen Verbindungen gesteuert, die zur Segmentierung von Polyurethanen führen. [3,17] Typische Segmentpolyurethane sind thermoplastische, elastomere Polyurethane sowie Polyurethanfasern (s. Schema 1.7). Sie setzen sich zusammen aus einem Diisocyanat, einem langkettigen Di- bzw. Polyol sowie einem kurzkettigen Diol oder Diamin als Kettenverlängerer. 6

21 1 EINLEITUNG Hartschaum Weichschaum Kurzkettiges, hochfunktionelles Polyol Langkettiges Triol Fasern Gießelastomere Langkettiges Diol Kettenverlängerer Kettenverlängerer Langkettiges Triol Kettenverlängerer Thermoplastisches PU Langkettiges Diol Schema 1.7 Struktur-und Eigenschaftsbeziehungen der Polyurethane. Das langkettige Di- bzw. Polylol ist mit dem polaren Kettenverlängerer und Diisocyanat nur begrenzt mischbar. Dadurch kommt es während der Polymerisation zu einer Phasenseperation bestehend aus Hart- und Weichsegmenten, wie es in Schema 1.8 gezeigt ist. Die Hartsegmente entstehen durch die Reaktion der Diisocyanate mit den kurzkettigen Diolen (Kettenverlängerer). Sie wechseln sich in den Polymerketten statistisch mit den flexiblen Polyolketten ab, welche die sogenannten Weichsegmente bilden (s. Schema 1.8 a)). [3,18-20] Im Polymer agglomerieren die Hartsegmente und bilden kristalline Hartphasen, die im Wesentlichen über Wasserstoffbrückenbindungen zusammengehalten werden. Die Hartphasen bilden im Idealfall Zylinderstrukturen (s. Schema 1.8 b)) aus, die homogen in der amorphen Weichphase dispergiert sind (s. Schema 1.8 c)). [21-23] Sie dienen als physikalische Vernetzungspunkte und verleihen dem Material Härte. [24] Die Mikrophasenseperation nimmt in großem Maße Einfluss auf die Eigenschaften des Polymers. [25-27] Neben der Entropieelastizität besitzen elastomere und thermoplastische Polyurethane eine hohe Kratzfestigkeit, chemische Beständigkeit und einen guten mechanischen Widerstand. [18] Die Mikrophasenseperation spielt zudem eine große Rolle bei 7

22 1 EINLEITUNG der Einarbeitung von Füllstoffen. Aufgrund der unterschiedlichen Kristallinität der beiden Phasen dispergieren sich die Füllstoffe unterschiedlich gut in diesen. [3,5] a) Hartsegment Hartsegment Weichsegment Weichsegment Rest des Diisocyanats Rest des kurzkettigen Diols Langkettige Di- bzw. Polyol Urethangruppe b) c) Schema 1.8 Schematische Darstellung der (a) Hart- und Weichsegmente [3], (b) Zylindermorphologie der Hartphasen [21] und (c) Mikrophasenseparation der Hart- und Weichphasen im Polyurethan. [3] 1.2 Polymer-Nanocomposite Polymer-Composite setzen sich aus einer Polymermatrix und zumeist anorganischen Füllstoffen zusammen. Die Füllstoffe werden entweder als Extender zur Kostenreduzierung eingesetzt oder sollen zur Verbesserung der Materialeigenschaften beitragen. Die Wirkung eines Füllstoffs auf eine Polymermatrix hängt stark vom Füllstofftyp, der Konzentration, der Partikelgeometrie bzw. größe, Dispergierung sowie der Anbindung an die Polymermatrix ab. Die erste Entwicklung von Nanocompositen geht auf die Firma TOYOTA [28] zurück, die in den 1990er erstmalig über eine vollständige Exfolierung von Schichtsilikaten in einer Polymermatrix berichteten. Seither hat das Gebiet der Nanocomposite einen rasanten Aufschwung erlebt und eine neue Dimension im Bereich der Materialwissenschaften eröffnet. 8

23 1 EINLEITUNG Nanocomposite zeichnen sich durch einen Füllstoff aus, dessen Ausdehnung in mindestens einer Raumrichtung unter 100 nm liegt. [29] Im Vergleich zu Füllstoffen im Mikrometerbereich bieten Nanofüllstoffe bei gleichem Füllstoffvolumen eine viel größere Oberfläche. Aufgrund der vergrößerten Grenzfläche zwischen Füllstoff und Polymermatrix werden dadurch wesentlich geringere Mengen an Füllstoff benötigt, um die Eigenschaften des Polymers zu beeinflussen. [30,31] Weiterhin zeigen Nanofüllstoffe bereits bei geringeren Füllstoffkonzentrationen die Ausbildung von Perkolationsnetzwerken in der Polymermatrix. Derartige Netzwerkstrukturen sind insbesondere für Eigenschaften wie Barrierewirkung oder elektrische Leitfähigkeit erforderlich. Einen großen Einfluss auf die Composit-Eigenschaften hat die Füllstoffgeometrie. Die Füllstoffpartikel können in verschiedenen Formen vorliegen. Besonders verbreitet sind kugel-, würfel-, block-, plättchen-, nadel- oder faserförmige Füllstoffe. [32] Der Aufbau wird dabei durch das Aspektverhältnis beschrieben, welches als Verhältnis von Länge zu Breite des Partikels definiert ist. Abbildung 1.1 zeigt die typischen Füllstoffgeometrien mit ihren zugehörigen Aspektverhältnissen. Kugel 1 Würfel 1 Nadel Block 2-4 Plättchen Faser Abbildung 1.1 Füllstoffgeometrien und die zugehörigen Aspektverhältnisse. [32] Die besten Verstärkungseffekte zeigen Füllstoffe mit einem hohen Aspektverhältnis, da sie in der Lage sind auftretende Spannungen besser auf das gesamte Material zu verteilen. [33-35] Ein kugelförmiger Füllstoff, der definitionsgemäß ein Aspektverhältnis von eins besitzt, ist gegenüber einem stäbchen- oder plättchenförmigen Füllstoff mit einem höheren 9

24 1 EINLEITUNG Aspektverhältnis in Bezug auf die Verbesserung der mechanischen Eigenschaften des Nanocomposits deutlich unterlegen. Neben dem hohen Aspektverhältnis spielt allerdings auch die Verteilung des Füllstoffs in der Polymermatrix eine entscheidende Rolle. Füllstoffe mit einem hohen Aspektverhältnis zeigen nicht immer die gewünschten mechanischen Effekte, wenn sie beispielsweise inhomogen dispergiert sind oder als Agglomerate vorliegen. Eine weitere Voraussetzung für das Erzielen von guten mechanischen Eigenschaften ist die Möglichkeit der Kraftübertragung zwischen Füllstoff und Matrix. Hierfür müssen die Anbindung und Verträglichkeit des Füllstoffs mit der Polymermatrix optimiert werden. Im Fokus bisheriger Forschung stand die Untersuchung von Polymernanocompositen auf Basis von anorganischen Nanomaterialien, wie Schichtsilikaten und Tonmineralien. [29,36,37] Die Verteilung derartiger Schichtstrukturen in der Polymermatrix kann auf drei verschiedene Arten beschrieben werden und ist in Abbildung 1.2 dargestellt. phasensepariert intercaliert exfoliert Abbildung 1.2 Verteilung von Schichtmaterialien in Polymeren. [29] Liegt der Füllstoff phasensepariert in der Matrix vor, werden die Materialeigenschaften durch die geringe Partikel-Polymer-Kontaktfläche wenig beeinflusst. Eine intercalierte Struktur entsteht, wenn die Polymerketten zwischen den Schichten eingebettet sind, aber die Schichtstruktur erhalten bleibt. Liegen die Schichten des Füllstoffs einzeln und isoliert in der Polymermatrix vor, so spricht man von einem exfolierten Nanocomposit. Die effektive Kontaktfläche zwischen Polymer und Füllstoff ist maximal und wirkt sich positiv auf das Eigenschaftsprofil des Polymers aus. Die bekannten Compositstrukturen der Schichtsilikate lassen sich auf die entsprechenden Polymer-Composite mit Graphit bzw. Graphen übertragen. 10

25 1 EINLEITUNG Hinsichtlich der Verbesserung der elektrischen und thermischen Leitfähigkeit von Polymeren werden verstärkt kohlenstoffbasierende Nanofüllstoffe, wie Leitruß, Blähgraphite und in jüngster Zeit auch Carbon Nanotubes (CNT) eingesetzt. CNT zeichnen sich durch ein sehr großes Aspektverhältnis und einen enorm hohen E-Modul aus. [36,38] Ihre Verwendung in Nanocompositen stellen nach erfolgreichem Dispergieren neben Verbesserungen der elektrischen Leitfähigkeit, auch Steigerungen der Zugfestigkeiten in Aussicht. [39-41] Ein Nachteil ist allerdings, dass sie aufgrund ihrer Geometrie stark verschlaufte Agglomerate bilden. [42] In Bezug auf die mechanischen Eigenschaften konnte ihr volles Potential bisher noch nicht ausgeschöpft werden, da sie nicht vollständig homogen in der Polymermatrix dispergiert werden konnten. Außerdem sind die hohen Herstellungskosten und daher die begrenzte Verfügbarkeit von großem Nachteil für die Anwendung als Nanofüllstoff für Polymere. Eine Alternative zu den CNT stellen Graphene, insbesondere funktionalisierte Graphene (FG) dar, die das Potential bergen in naher Zukunft in größeren Mengen herstellbar zu sein. Bei der Darstellung von Nanocompositen haben sich mehrere Herstellungsweisen, das Schmelzblend,- Lösungsblend- und das in-situ Polymerisations-Verfahren, etabliert. [43] Die Schmelzcompoundierung ist die technisch relevanteste Methode. Füllstoff und Polymer werden in einem Extruder, auf einer Walze oder in einem Mischer bei erhöhten Temperaturen vermischt. Sind die Wechselwirkungen zwischen Füllstoff und Matrix größer als die Wechselwirkungen zwischen dem Füllstoff untereinander, wird der Füllstoff in der Matrix exfoliert und eine homogene Dispergierung resultiert. Sofern das Polymer in einem Lösungsmittel gut lösbar ist, kann die Herstellung nach dem Lösungsblend-Verfahren erfolgen. Der Füllstoff wird in der Polymerlösung dispergiert und anschließend das Lösemittel am Vakuum entfernt. Vorteil dieser Methode ist die gute Dispergierung des Füllstoffs in der Matrix. Nachteil ist sowohl der hohe Lösemittelverbrauch als auch der Einsatz von meist giftigen und hochsiedenden Lösemitteln. Ein drittes Verfahren, die in-situ Polymerisation, beschreibt die Polymerisation in Gegenwart eines Füllstoffs. Dieses Verfahren ist zum einem besonders für Füllstoffe geeignet, die funktionelle und polymerisierbare Gruppen an der Partikeloberfläche aufweisen. Die Nanopartikel sind dadurch kovalent an die entstehende Polymermatrix gebunden. Zum anderen kann der für die Polymerisation benötigte Katalysator auf die Oberfläche des Nanofüllstoffs aufgebracht und von dort aus die Polymerisation gestartet werden. Vorteile der 11

26 1 EINLEITUNG in-situ Polymerisation sind die homogene Verteilung und mögliche kovalente Anbindung des Füllstoffs an die Polymermatrix. 1.3 Graphen Graphen ist ein zweidimensionales Kohlenstoffmakromolekül, das aus einer gewellten Schicht von sp 2 -hybridisierten Kohlenstoffatomen besteht. Die Kohlenstoffatome sind dabei in Form von Sechsringen angeordnet, was an eine Honigwabenstruktur erinnert. [44,45] Graphen kann als kleinste, theoretische Baueinheit von Graphit, Kohlenstoffnanoröhren und Fullerenen betrachtet werden, wie es anhand von Schema 1.9 gezeigt wird. [46] Stapelt man die Graphen-Lagen übereinander, erhält man einen dreidimensionalen Kristall, den Graphit. Durch Aufrollen der einlagigen Schichten entlang einer Flächenrichtung gelangt man zu den quasi-eindimensionalen Kohlenstoffanoröhren. Ersetzt man einige der Sechserringe durch Fünferringe, entstehen durch das dreidimensionale Auffalten von Graphen in eine Kugelform die quasi-nulldimensionalen" Fullerene. 2D: Graphen Quasi-0D: Fullerene Quasi-1D: Kohlenstoffnanoröhren 3D: Graphit Schema 1.9 Graphen als Ausgangsbasis von Graphit, Kohlenstoffnanoröhren und Fullerenen. [46] 12

27 1 EINLEITUNG Graphen wird aufgrund seiner herausragenden mechanischen und elektrischen Eigenschaften aktuell verstärkt diskutiert. Einzelne Graphenflocken weisen einen E-Modul von 1 TPa [47] auf kombiniert mit einer hohen elektrischen Leitfähigkeit, die der des Graphits entlang der Schichten von Scm -1 entspricht. [48] Die spezifische Oberfläche einer Monolage berechnet sich zu 2600 m 2 g -1[49] und die Wärmeleitfähigkeit innerhalb der Schichten beträgt 5000 Wm -1 K -1. [50] Die einatomige Schicht ist für Gase, einschließlich Helium, undurchlässig. [51] Diese Werte und die Möglichkeit Graphen bereits während der Synthese kantenständig zu funktionalisieren machen Graphen zu einem vielversprechenden Füllstoff für polymere Nanocomposite mit attraktiver Kombination von Matrixverstärkung, hoher elektrischer Leitfähigkeit sowie Barrierewirkung. [52] Die erste Darstellung und Charakterisierung von Graphen geht auf BOEHM et al. [45,49] im Jahr 1961 zurück. Die alkalische Behandlung von Graphitoxid-Dispersionen und anschließende Reduktion mit Hydrazinhydrat führten zu einzelnen Kohlenstofflagen. Auch die Definition des Begriffs Graphen wurde bereits 1994 von BOEHM festgelegt. [53] Erst die Herstellung idealer Graphene durch GEIM et al. im Jahr 2004 führte zu einem sprunghaften Anstieg an Publikationen zu diesem Thema. [54] Nach dieser Methode werden ideale Graphene auf physikalischem Wege hergestellt, indem einzelne Graphenlagen von einem hochreinem pyrolytischen Graphitblock HOPG (highly oriented pyrolytic graphite) mit einem Scotch-Tape entfernt werden. Für die Produktion größerer Graphenmengen ist die mechanische Exfolierung jedoch nicht geeignet. Das rasant gestiegene Interesse hat daher die Entwicklung einer ganzen Reihe an unterschiedlichen Herstellungsmethoden vorangetrieben, die sich in Bottom-up- und Top-down-Prozesse unterteilen lassen. Die Bottom-up-Methoden verwenden molekulare Vorstufen als Ausgangsmaterial. Der wichtigste Prozess stellt das CVD-Verfahren (Chemical Vapor Deposition) dar. Durch chemische Gasphasenabscheidung eines kohlenstoffhaltigen Gases wie Methan oder Ethylen auf einer Metalloberfläche werden dünne Graphenschichten erzeugt. [55-57] Ein weiterer Weg erfolgt durch epitaktisches Wachstum einzelner Graphenschichten auf Siliciumcarbid. [58] In der Arbeitsgruppe von MÜLLEN werden ideale Graphene über eine thermisch induzierte Polymerisationen ausgehend von bromierten oder iodierten aromatischen Molekülen hergestellt. [59,60] Bei Top-down-Prozessen werden Graphene über mechanische oder chemische Exfolierung ausgehend von Graphit erhalten, wie es anhand von Schema 1.10 gezeigt wird. 13

28 1 EINLEITUNG Schema 1.10 Chemische Exfolierung von Graphit als mögliche Top-Down-Prozesse. Auf mechanischem Wege wird mit Hilfe eines Klebebands (Scotch-Tape) die oberste Graphitschicht entfernt und auf ein geeignetes Substrat aufgetragen. [54] Hinsichtlich der Herstellung größere Mengen an Graphen stellt die chemische Exfolierung eine alternative Methode dar. Dazu zählen zum Beispiel Graphit-Intercalationsverbindungen (GICs, graphite intercalation compounds), welche durch Einlagerungen von Schwefel- und Stickstoffverbindungen zwischen den Schichten des Graphits erzeugt werden. Durch thermische Behandlung zersetzen sich die eingelagerten Moleküle und reißen die Graphitschichten auf, wodurch sogenannte Blähgraphite entstehen. [61] Aus Graphit- Dispersionen in Lösungsmitteln wie N-Methylpyrrolidon [62,63], THF und DMF [64] werden mit Hilfe langer Ultraschallbehandlung stabile Graphenflocken in Lösung erzeugt. Speziell für den Einsatz von Graphenen als Füllstoff für Nanocomposite verspricht die Syntheseroute von Graphit über Graphitoxid (GO) zu Graphen einen Weg zur Herstellung größerer Mengen an Graphen-haltigen Materialien. Durch die Reaktion von Graphit mit starken Oxidationsmitteln wird GO erzeugt, welches anschließend chemisch oder thermisch zu Graphen reduziert wird. Chemisch reduziertes Graphitoxid (CRGO) kann durch Behandlung von wässrigen GO-Dispersionen mit verschiedenen Reduktionsmitteln, wie beispielsweise Hydrazin [65], Hydrochinon [66] oder Vitamin C [67] hergestellt werden. Wird die Reduktion durch rasches Erhitzen unter Schutzgas durchgeführt, erfolgt eine Exfolierung der Schichten durch entweichendes CO 2, das durch die Zersetzung der sauerstoffhaltigen funktionellen Gruppen des GO entsteht. [68-72] Die so erhaltenen Graphene weisen im 14

29 1 EINLEITUNG Vergleich zu idealem Graphen sauerstoffhaltige Funktionalitäten, vor allem in Form von Hydroxylgruppen auf und fallen unter den Begriff der funktionalisierten Graphene (FG). [73,74] Als Folge der Defektstellen, hervorgerufen durch verbliebene Sauerstoff- Funktionalitäten, sp 3 -Zentren und Löcher in den Schichten, verschlechtert sich das Eigenschaftsbild im Vergleich zu idealem Graphen. [44] So beobachtet man eine Abnahme der spezifischen Oberfläche [75] sowie eine Reduktion der Leitfähigkeit. [76,77] 1.4 Funktionalisiertes Graphen Graphitoxid Für die Herstellung von Graphitoxid (GO) sind drei Methoden bekannt. Sie beruhen alle auf der Oxidation von Graphit mit Oxidationsmitteln in Anwesenheit starker Säuren. Das älteste Verfahren wurde bereits 1859 von BRODIE entwickelt. [78,79] Die Oxidation erfolgt durch Natriumchlorat (NaClO 3 ) in rauchender Salpetersäure (HNO 3 ) und liefert ein weißgelbes, kaum verunreinigtes Produkt mit einem Schichtabstand zwischen 5.9 Å und 6.0 Å. Während der Reaktion wird Chlordioxid (ClO 2 ) freigesetzt, welches als eigentliches Oxidationsmittel wirkt, aber als hoch explosives Gas ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellt. STAUDENMAIER erweiterte das Verfahren nach BRODIE, indem er als oxidierende Säure ein Gemisch aus konzentrierter Schwefelsäure (H 2 SO 4 ) und rauchender Salpetersäure (HNO 3 ) verwendete. [80,81] Dadurch konnte die Reaktionszeit deutlich herabgesetzt werden, aber das Explosionsrisiko durch freigesetztes ClO 2 bestand weiterhin. HUMMERS und OFFEMAN veröffentlichten 1958 eine Chlordioxidfreie Methode zur Herstellung von Graphitoxid. [82] Graphit wird hierbei mit Kaliumpermanganat (KMnO 4 ) in einer Mischung aus konzentrierter Schwefelsäure (H 2 SO 4 ) und Natriumchlorat (NaNO 3 ) oxidiert. Das eigentliche Oxidationsmittel ist Dimanganheptaoxid (Mn 2 O 7 ), welches aus KMnO 4 in Anwesenheit von H 2 SO 4 entsteht. [70] KMnO H 2 SO 4 K + + MnO + 3 +H 3 O HSO 4 MnO MnO 4 Mn 2 O 7 Schema 1.11 Bildung von Dimanganheptaoxid aus Kaliumpermanganat und Schwefelsäure. [70] 15

30 1 EINLEITUNG Die Oxidation von Graphit gelingt nur in Gegenwart von starken Säuren, da die wirkenden Van-der-Waals-Kräfte zwischen den Graphitschichten aufgebrochen werden müssen. Im ersten Schritt quellen die Schichten soweit auf, dass das Oxidationsmittel eindringen kann. Durch die Quellung entstehen Graphitsalze der Form C + 24 NO 3-2 H 2 SO 4 bzw. C + 24 HSO 4-2 H 2 SO 4, welche im Vergleich zu Graphit einen vergrößerten Schichtabstand aufweisen. BOEHM und SCHOLZ charakterisierten die erhaltenen Graphitoxide aus den unterschiedlichen Herstellungsmethoden bezüglich ihrer chemischen Zusammensetzung, spezifischen Oberfläche sowie des Schichtabstandes. [81] Tabelle 1.1 zeigt, dass sich die Graphitoxide signifikant in ihrer Farbe und spezifischen Oberfläche unterscheiden. Während das Graphitoxid nach BRODIE mit gelblich-weißer Farbe sehr rein ist, weist das GO nach HUMMERS und OFFEMAN eine dunkelbraune Färbung mit einem hohen Verunreinigungsgrad auf. GO nach STAUDENMAIER mit heller Farbe besitzt einen mittleren Reinheitsgrad. Die mit Abstand größte spezifische Oberfläche zwischen 70 und 110 m 2 g -1 wird nach der Methode von STAUDENMEIER erzielt. Der Schichtabstand variiert zwischen 6.0 und 6.7 Å und vergrößert sich von BRODIE über STAUDENMAIER zu HUMMERS und OFFEMAN. Der Oxidationsgrad ist am größten bei HUMMERS und OFFEMAN und führt damit zu etwas geringeren C/O-Verhältnissen als die Oxidation nach STAUDENMEIER bzw. BRODIE. Tabelle 1.1 Charakterisierung von Graphitoxid nach BRODIE, STAUDENMAIER sowie HUMMERS und OFFEMAN. [81] Eigenschaften BRODIE STAUDENMAIER HUMMERS und OFFEMAN Schichtabstand [Å] a C/O-Verhältnis b Spezifische Oberfläche c [m 2 g -1 ] Farbe weiß hell schwarz-braun Verunreinigungsgrad sehr gering mittel hoch Bestimmung aus a den 001-Reflexen im WAXS, b Elementaranalyse und c BET. Ähnlich wie Graphit besitzt GO eine gestaffelte Schichtstruktur. Je nach Herstellungsmethode weitet sich der Schichtabstand von Graphit von 3.4 Å auf Å auf. [76,83] Die exakte chemische Struktur von GO ist bis heute umstritten und Gegenstand intensiver Diskussionen. Die Komplexität der Struktur sowie der amorphe Charakter des Materials erschweren die genaue Strukturaufklärung. [70] Im Laufe der Untersuchungen gab es mehrere Strukturvorschläge, die in Abbildung 1.3 schematisch dargestellt sind. 16

31 1 EINLEITUNG HOFMANN RUESS SCHOLZ und BOEHM LERF und KLINOWSKI Abbildung 1.3 Strukturmodelle für Graphitoxid (GO) nach HOFMANN, RUESS, SCHOLZ und BOEHM sowie LERF und KLINOWSKI. [84] Das erste Strukturmodell stammt von HOFMANN aus dem Jahr 1943, in der GO als planare Graphitschicht mit statistisch eingebauten Epoxidgruppen beschrieben wurde. [85] Alkoholsowie Carboxylgruppen wurden an den Ecken vermutet. RUESS entdeckte im Jahr 1945, dass das GO-Gerüst sowohl aus sp 2 - als auch sp 3 -hybridisierten Kohlenstoffatomen besteht, wodurch eine Wellung der Struktur hervorgerufen wird. Neben Epoxy- liegen Hydroxylgruppen vor, die den Wasserstoffgehalt von GO erklären. [83] SCHOLZ und BOEHM schlugen 1969 eine chinoide Struktur in einem gewellten Rückgrat vor, die keine Epoxide sondern nur Hydroxyl- und Carboxylgruppen an den Kanten aufweist. Das von LERF und KLINOWSKI vorgeschlagene Strukturmodell basiert erstmalig auf der 13 C- und 1 H-MAS-NMR-Spektroskopie und setzt sich zusammen aus planar-aromatischen Ringen, welche mit oxidierten Bereichen aus aliphatischen Sechsringen verbunden sind. [86-88] Die verschiedenen Bereiche sind gekippt verknüpft, wodurch Falten in der Struktur entstehen. Diesem Modell zufolge enthält GO funktionelle Gruppen in Form von Epoxiden, tertiären Alkoholen, Carboxyl- und Ketogruppen. Die Epoxid- und Alkoholgruppen liegen ober- und unterhalb der Ebene, wodurch die GO-Schichten über Wasserstoffbrückenbindungen miteinander verknüpft sind. 17

32 1 EINLEITUNG Das im Jahr 2006 erschienene Modell nach SZABÓ und DÉKÁNI gilt als eines der modernsten und vereint die Vorzüge bisheriger Modelle, wie es in Abbildung 1.4 gezeigt ist. [84] Die GO-Struktur setzt sich zusammen aus trans-verbundenen Cyclohexanringen, versetzt mit tertiären Alkoholgruppen und 1,3-Ethern sowie einem Netzwerk aus chinoiden Strukturen. In diesem Modell wird der acide Charakter von GO nicht durch das Vorliegen von Carboxylgruppen sondern phenolischer Hydroxylgruppen erklärt. Abbildung 1.4 Strukturmodell von Graphitoxid (GO) nach SZABÓ (2006). [84] Neueste Erkenntnisse von ROUFF et al. vereinen das Modell von LERF und KLINOWSKI und SZABÓ. [89] Gegen das Modell von SZABÓ spricht insbesondere die Annahme, dass keine Epoxidgruppen vorhanden sind. Sowohl theoretische Berechnungen als auch Experimente, wie die thermische Reduktion von GO, deuten auf das Vorliegen der Epoxide hin. [71,90,91] Thermisch reduziertes Graphitoxid (TRGO) Thermisch reduziertes Graphitoxid (TRGO) wird durch abruptes Erhitzen von Graphitoxid (GO) unter Schutzgasatmosphäre erzeugt. [68-72] Unter diesen Bedingungen zersetzen sich die sauerstoffhaltigen funktionellen Gruppen, insbesondere die Epoxide. Dabei werden CO und CO 2 freigesetzt, welche nicht schnell genug aus den Schichtzwischenräumen des GO heraus diffundieren können und durch den entstehenden Druck die Schichten auseinanderreißen. [92] Der Dampfdruck muss für eine erfolgreiche Exfolierung ausreichend und schnell ansteigen, was erklärt, warum das Erhitzen rapide geschehen muss. MCALLISTER et al. haben hierzu 18

33 1 EINLEITUNG theoretische Berechnungen durchgeführt und kamen zu dem Ergebnis, dass ein Druck von mindestens 2.5 MPa erforderlich ist um die Van-der-Waals-Kräfte zwischen den Schichten zu überwinden. [71] Bei 300 C entsteht ein Druck von 40 MPa, bei 1000 C sogar von 130 MPa. [70] Bei diesem Prozess gehen ca. 30% an Masse verloren und das entstehende TRGO unterliegt einer Volumenzunahme von %, bestehend zu 80% aus Monolagen. Durch das schnelle Erhitzen werden Teile des Kohlenstoffgerüsts des GO herausgerissen, so dass sich Defektstellen in der Struktur des TRGO ausbilden. In Kombination mit den übrigen sp 3 -Zentren, verursacht durch verbliebene Sauerstofffunktionalitäten, weist das TRGO eine gewellte Struktur auf. [73,74] Dadurch zeigt TRGO schlechtere mechanische und physikalische Eigenschaften als ideales Graphen, wie anhand von Tabelle 1.2 zu sehen ist. Der E-Modul liegt bei etwa 0.25 TPa [44], einem Viertel des Wertes für ideale Graphene. Zusätzlich werden geringere spezifische Oberflächen von m 2 g -1[75] und elektrische Leitwerte von maximal 62 Scm -1[76] beobachtet. Die Eigenschaften von TRGO lassen sich über die Reduktionstemperatur steuern. [93,94] Je höher diese ist, desto mehr funktionelle Gruppen lösen sich ab. Es bilden sich mehr sp 2 -Zentren und die Leitfähigkeit und der E-Modul steigen. PRUD HOMME et al. beobachteten zusätzlich einen linearen Zusammenhang zwischen Reduktionstemperatur und spezifischer Oberfläche. [94] Tabelle 1.2 Vergleich der Eigenschaften von Funktionalisiertem Graphen (FG) und idealem Graphen. Eigenschaften Funktionalisiertes Graphen a Ideales Graphen E-Modul [TPa] 0.25 ± 0.1 [44] 1.0 ± 0.1 [95] Elektr. Leitfähigkeit [Scm -1 ] [76] [47] Wärmeleitfähigkeit [W -1 m -1 K -1 ] [76] 5.30 ± 0.48 [96] Spez. Oberfläche [m 2 g -1 ] [75]b 2630 [50]c a GO wurde nach HUMMERS und OFFEMAN hergestellt; b Bestimmt mittels BET; c Berechneter Idealwert. 19

34 1 EINLEITUNG Funktionalisierung von Graphitoxid und Graphen Graphitoxid (GO) und funktionalisiertes Graphen (FG) zeichnen sich durch das Vorliegen funktioneller Gruppen aus, die für eine weitere Modifizierung zugänglich sind. Für den Einsatz als Nanofüllstoff für Kunststoffe ist besonders die kovalente Anbindung von Polymeren an die Graphen-Oberfläche von großem Interesse. [97] Neben der verbesserten Dispergierbarkeit in organischen Lösemitteln [52,69,71] wird eine erhöhte Kompatibilität des Füllstoffs mit der Polymermatrix erreicht. [98-100] Es lassen sich zwei Konzepte für die Oberflächenmodifizierung von Graphenen mit Polymeren verfolgen, die sogenannte grafting-from und grafting-to Methode, wie es in Schema 1.12 gezeigt wird. Beim grafting-from wird die Polymerisation ausgehend vom Graphen initiiert. Während beim grafting-to Verfahren ein endfunktionalisiertes Polymer an das Graphen über eine chemische Reaktion angebunden wird. [101] GRAPHEN grafting-from grafting-to Monomer Initiator Polymer Schema Oberflächenmodifizierung mittels grafting-to oder grafting-from Methode. [102] Im Bereich der grafting-from Modifizierung wurden in den vergangenen Jahren verschiedene Konzepte untersucht. Die atom transfer radical polymerization (ATRP) stand dabei im Fokus vieler Arbeiten. [70, ] Als Radikalstarter wurde bevorzugt 2-Brom-2-methylpropionylbromid (BMPB) verwendet, welches an die OH-Gruppen von GO über eine Acylierungsreaktion angebunden wurde. LEE et al. polymerisierten über ATRP Styrol, 20

35 1 EINLEITUNG Methylmethacrylat (MMA) und Butylacrylat (BA) auf GO. [103] Die Produkte wiesen eine gute Löslichkeit in DMF, Toluol, CHCl 3 und CH 2 Cl 2 auf. GONCALVES et al. untersuchten speziell die Pfropfung von MMA auf GO per ATRP-Methode. [104] Die funktionalisierten Graphene wurden in Polymethylmethacrylat (PMMA) als Nanofüllstoff eingearbeitet und zeigten im Vergleich zu unmodifiziertem GO eine verbesserte Dispergierung in PMMA. Bereits 1 wt.-% des Füllstoffs führte zu einer erheblichen Verbesserung der mechanischen und thermischen Eigenschaften. Eine weitere Möglichkeit der grafting-from Funktionalisierung erfolgt über Polykondensation bzw. Polyaddition. [107] WANG et al. stellten über eine in-situ Polykondensation von 4,4`- Diphenylmethandiisocyanat und Polytetramethylenglykol in Gegenwart von Graphen Polyurethan/Graphen-Nanocomposite mit bemerkenswerten thermischen und mechanischen Eigenschaften her. [107] Es wurde auch von Ringöffnungsreaktionen [108] oder Ziegler-Natta-katalysierten Olefinpolymerisationen [109] ausgehend von GO berichtet, worüber funktionalisierte Graphene mit einer erheblich verbesserten Dispergierbarkeit in Polymeren sowie Lösemitteln erhalten werden konnten. Ein großer Vorteil der grafting-from Methode ist, dass die Polymerisation nicht von einer sterischen Hinderung der Graphitschichten begleitet wird und Polymere mit hohen Molekulargewichten kovalent an Graphen angeknüpft werden können. Allerdings ist im Vergleich zu CNT [110] sowohl die Beschaffenheit der gepfropften Polymere als auch die Polymerisationsmethode nahezu auf Polyacrylate und ATRP beschränkt. Daher bietet sich oft als alternative Oberflächenmodifizierung die grafting-to Methode an, die auf zwei verschiedene Wege erfolgen kann: (i) entweder wird das Graphen mit einer entsprechenden funktionellen Gruppe versehen, um mit einem spezifischen Polymer reagieren zu können oder (ii) das Polymer wird modifiziert, um mit den sauerstoffhaltigen Gruppen von GO bzw. TRGO reagieren zu können. [97] Ein großer Teil der bisherigen Forschung in diesem Bereich beschäftigte sich mit Veresterungs- [ ] und Amidierungsreaktionen [114,115] an den Carboxylgruppen des GO. Dabei wurde meist ein Katalysatorgemisch von N,N-Dicyclohexylcarbodiimid (DCC) und 4-Dimethylaminopyridin (DMAP) verwendet, um Polymerketten wie Polyvinylalkohol (PVA) [112,113], Polyethylenglykol (PEG) [111], Polyethylenimin (PEI) [114] oder Polyvinylchlorid (PVC) [116] kovalent anzubinden. 21

36 1 EINLEITUNG Die Verwendung von Graphen als Vernetzungsreagens bei der Aushärtung von Epoxidharzen stellt eine weitere Methode der Funktionalisierung von Graphenen dar. [117,118] Die kovalente Anbindung von Graphen an das Epoxidharz führte zu einer verbesserten Kompatibilität und schließlich homogeneren Dispersion der Graphene in der Matrix. Die effiziente Lastübertragung an der Grenzfläche zwischen Polymer und Graphen äußerte sich in einer erheblichen Erhöhung des E-Moduls, der Zugfestigkeit und der Härte. SUN et al. berichteten von Graphen-haltigen interpenetrierten Polymernetzwerken, hergestellt über eine Vernetzungsreaktion von Graphen und Polyisopropylacrylamid (PNIPAM) unter Zuhilfenahme von Epichlorhydrin. [119] Es wurden ph- und temperaturempfindliche Hydrogele kombiniert mit hoher Matrixverstärkung erhalten. Ein weiterer Zugang zu funktionalisierten Graphenen erfolgt über die Click Chemie. Click Reaktionen wurden bereits erfolgreich an CNTs [120] durchgeführt. An Graphenen sind bisher nur wenige Beispiele von angedockten Molekülen [121,122] oder Polymeren [ ] in der Literatur bekannt. Die am häufigsten angewendete Click Reaktion bildet die Azid-Alkin-Cycloaddition. Hier wird im Allgemeinen das gewünschte Polymer mit einer Azid-Gruppe und dementsprechend das Graphen mit einer Alkin-Gruppe modifiziert. PAN et al. beschrieben die Funktionalisierung von Graphen mit biokompatiblen PNIPAM für den Einsatz als Carrier für drug delivery Systeme. [124] PNIPAM-modifiziertes Graphen zeichnet sich durch seine hohe Löslichkeit in Wasser aus. Für biomedizinische Anwendungen können dadurch wasserunlösliche, aromatische Moleküle, welche von dem hydrophoben Graphen absorbiert werden, leicht in die Zellen transportiert werden. Als eine neue Klasse der grafting-to Methode zählt die Pfropfung von wachsenden Polymerketten an die Graphen-Oberfläche ab einem bestimmten Polymerisationsgrad. Diese Methode fällt unter den Begriff grafting-to, da die Polymerisation nicht ausgehend von Graphen erfolgt, sondern das gebildete Polymer erst ab einem bestimmten Molekulargewicht an die Oberfläche angeknüpft wird. [102] Derartige Reaktionen fallen auch unter den Begriff der in-situ Polymerisation. Ein Vorteil dieser Methode ist, dass weder Graphen noch das Polymer vorher modifiziert werden müssen. KAN et al. untersuchten die radikalische Polymerisation unter anderem von Styrol und MMA in Gegenwart von Graphen. [126] Es wurden zweidimensionale Polymerbürsten ausgehend von Graphen erhalten. Der genaue Mechanismus ist bis jetzt noch nicht aufgeklärt und bedarf an weiterer Forschung. Es wird davon ausgegangen, dass während der Propagation einige von den gebildeten Makroradikalen an das sp 2 -hybridisierte Gerüst von Graphen übertagen werden, wodurch die brushes und neue Radikale gebildet werden. In analoger Weise wurde von der ringöffnenden Polymerisation 22

37 1 EINLEITUNG von ε-caprolactam zur Herstellung von Polyamid-funktionalisiertem Graphen berichtet. [127] Hierbei wurde die Polymerisation durch die Reaktion der Carboxlgruppen mit dem aktiven Amin des gebildeten Polyamid 6 abgebrochen. Zusammengefasst gilt, dass über die grafting-to Methode ein breit aufgefächertes Spektrum an Polymer-funktionalisierten Graphenen zugänglich ist. Zudem erlaubt das grafting-to Verfahren Kontrolle über die Stelle, an der das Graphen vorliegen soll, d.h. ob es am Ende oder in der Mitte der Polymerkette eingebaut werden soll. Von Nachteil ist die sterische Hinderung der Graphenschichten, die einen Einfluss auf den Modifizierungsgrad hat. D.h. die Menge an Graphen im Polymer kann nicht über das Verhältnis Polymer zu Graphen oder über kinetische Parameter, wie z.b. Temperatur gesteuert werden. Die genannten Funktionalisierungsmethoden sind nur wenige der bisher erforschten und sollen als Überblick zur Modifizierung von GO und Graphen dienen. Bei all diesen Methoden konnten Graphene erhalten werden, die gute Dispersionen in vielen Lösungsmitteln und Polymeren ergaben. Vor allem im Hinblick auf die Herstellung von Nanocompositen sind diese Errungenschaften von großer Bedeutung. 1.5 Polyurethan/Graphen-Nanocomposite In jüngster Zeit stellen vor allem funktionalisierte Graphene (FG) einen attraktiven Nanofüllstoff für die Herstellung von elektrisch leitfähigen PU-Nanocompositen kombiniert mit hoher Matrixverstärkung und Barrierewirkung dar. [107, ] Neben einem hohen Aspektverhältnis zeichnen sich FG zusätzlich durch sauerstoffhaltige funktionelle Gruppen, hauptsächlich in Form von Hydroxylgruppen aus. Diese erleichtern nicht nur eine wirkungsvolle Dispersion, sondern können gleichzeitig durch eine in-situ Polymerisation kovalent an die Polymermatrix angeknüpft werden. [107,128,131] In Tabelle 1.3 sind die wichtigsten Publikationen auf Basis von PU/Graphen-Nanocompositen gegenübergestellt. 23

38 1 EINLEITUNG Tabelle 1.3 Literaturbekannte Polyurethan/Graphen-Nanocomposite. Graphen Autor Herstellung Graphen-Typ Eigenschaften [%] SONG [128] In-situ Polym. GO in DMF E-Modul 900% in DMF exfoliert Härte 327% E-Modul 39% JEONG [129] Lösungsblend Zugfestigkeit 15% TRGO 1100 C in MEK Bruchdehnung 36% Elektr. Perkolation ab 2 wt.-% JEONG [130] 2011 MACOSKO [131] 2010 HU [107] 2010 COLEMAN [132] 2010 Lösungsblend in DMF Lösungsblend in DMF In-situ Polym. in DMF Lösungsblend in THF/DMF TRGO 1100 C Partikelgröße: 8.3 μm 3.0 TRGO 3.0 CRGO 2.0 Graphit/THF/ DMF- Dispersion 55 E-Modul 82% Zugfestigkeit 44% Bruchdehnung 65% Elektr. Perkolation ab 0.4 wt.-% Zugfestigkeit 900% N 2 -Permeabilität 90% Elektr. Perkolation ab 0.5 wt.-% E-Modul 202% Zugfestigkeit 239% Leitfähigkeit 10-8 Scm -1 E-Modul 4300% Bruchdehnung 99% SONG et al. [128] untersuchten die mechanischen und morphologischen Eigenschaften von PU/Graphen-Nanocompositen, die per in-situ Polymerisation in Dimethylformamid (DMF) hergestellt wurden. Infolge der Reaktion zwischen den sauerstoffhaltigen funktionellen Gruppen an der Graphen-Oberfläche und dem Isocyanatterminierten PU, führte die Einarbeitung von 4.4 wt.-% zu einer signifikanten Erhöhung des E-Moduls um 900% und der Härte um 327%. Weiterhin zeigte eine Untersuchung der Morphologie eine starke Wechselwirkung zwischen den Graphenen und den PU-Hartsegmenten. Aufgrund ihrer 2D- Struktur unterdrücken die Graphen-Schichten allerdings die Kristallisation der Hartsegmente, was sich durch eine abnehmende Zugfestigkeit bemerkbar machte. JEONG et al. [129] berichteten 2009 von TPU/TRGO-Nanocompositen, die nach dem Lösungsblendverfahren in Methylethylketon (MEK) hergestellt wurden. Mit 4 wt-% TRGO wurde der E-Modul um 39% erhöht, während die Zugfestigkeit sowie die Bruchdehnung um 15% bzw. 26% herabgesetzt wurden. Analog zu den Arbeiten von SONG et al. [128] wurde beobachtet, dass TRGO als Nukleierungsmittel das Kristallwachstum der Hartphasen initiiert, aber gleichzeitig auch deren Wachstumsgeschwindigkeit hemmt. Die starken Wechselwirkungen zwischen TPU und Graphen führten zu einer deutlich geringeren Mobilität der PU-Ketten. 24

39 1 EINLEITUNG In einer weiteren Publikation von JEONG et al. [130] wurde der Einfluss der Graphen- Partikelgröße auf die mechanischen, thermischen und insbesondere elektrischen Eigenschaften der TPU/TRGO-Nanocomposite untersucht. Je größer die Graphenpartikel waren, desto höher war das Aspektverhältnis und desto früher erfolgte die Ausbildung eines Perkolationnetzwerkes. Graphene mit einer durchschnittlichen Größe von 8.3 μm führten bereits bei 0.4 wt.-% zu elektrisch leitfähigen TPU-Nanocompositen. Wurde die Partikelgröße auf 2.4 μm verringert, so wurde die elektrische Perkolationsschwelle erst bei einem Füllstoffgehalt von 1.4 wt.-% erreicht. MACOSKO et al. [131] untersuchten den Einfluss der Herstellungsmethode auf die Eigenschaften der TPU/Graphen-Nanocomposite. Sie wählten hierfür das Lösungsblend-, Schmelzblendund in-situ Polymerisationsverfahren. Die besten Ergebnisse wurden über die Herstellung von Lösungsmasterbatches in DMF erzielt. Die Einarbeitung von 3 wt.-% Graphen bewirkte eine 10-fache Erhöhung der Zugfestigkeit und eine 90%-ige Reduktion der N 2 -Durchlässigkeit. Die elektrische Perkolationsschwelle wurde bereits ab 0.5 wt.-% Graphen-Gehalt erreicht. Die in-situ Polymerisation führte ebenfalls zu einer homogenen Dispersion der Graphene in der TPU-Matrix. Im Vergleich zum Lösungsblendverfahren konnten die mechanischen Eigenschaften nur geringfügig verbessert werden. Grund dafür war die Unterdrückung von Wasserstoffbrückenbindungen, die zu einer Herabsetzung der Phasenseperation zwischen den Hart- und Weichsegmenten führte. Auch die elektrische Leitfähigkeit wurde erst ab 1.0 wt.-% erreicht. HU et al. [107] stellten PU/CRGO-Nanocomposite via in-situ Polymerisation in DMF her. Mit 2 wt.-% Füllstoffgehalt wurde der E-Modul um 202% und die Zugfestigkeit um 239% erhöht. Die elektrische Leitfähigkeit konnte geringfügig von auf Scm -1 gesteigert werden. COLEMAN et al. [132] berichteten über die Herstellung von Polyurethan/Graphen- Nanocompositen ausgehend von stabilen Graphit/Polyurethan-Dispersionen. Mit Hilfe langer Ultraschallbehandlung (150 h) wurden stabile Graphen-Dispersionen in THF bzw. DMF hergestellt und diese mit Polyurethan vermengt. Das Lösungsmittel wurde anschließend im Vakuum entfernt und PU-Composite mit Graphen-Anteilen bis zu 90% erhalten. Sowohl der E-Modul als auch die Zugfestigkeit stiegen um den Faktor 100 exponentiell bis zu einem Graphen-Gehalt von 55% an, allerdings auf Kosten der Bruchdehnung. Höhere Füllstoffgehalte führten zu keiner Verbesserung der mechanischen Eigenschaften. 25

40 2 AUFGABENSTELLUNG 2 Aufgabenstellung Neben den konventionellen kohlenstoffbasierten Nanofüllstoffen wie Carbon Black (CB) und Carbon Nanotubes (CNT), bieten Graphene als großflächige mikrometerweite und 1 C-Atomdicke 2D-Kohlenstoffmakromoleküle attraktive Möglichkeiten die thermischen, mechanischen und elektrischen Eigenschaften sowie die Barrierewirkung von Polymeren zu verbessern. [133,134] Für Polyurethane stellen insbesondere funktionalisierte Graphene (FG) vielversprechende Nanofüllstoffe dar, die durch thermische Reduktion von Graphitoxid (GO) zugänglich sind. Neben herausragenden mechanischen und elektrischen Eigenschaften zeichnen sich FG durch kantenständige polare Gruppen, vor allem in Form von Hydroxylgruppen aus. Diese ermöglichen nicht nur eine wirkungsvolle Dispersion in der polaren Polyolkomponente, sondern können zusätzlich mit den Isocyanaten reagieren und kovalente Urethanbindungen zwischen der PU-Matrix und den Graphenen bilden. Ziel der vorliegenden Arbeit war die Herstellung und Charakterisierung funktionalisierter Graphene auf Basis von thermisch reduziertem Graphitoxid (TRGO) und deren Einsatz als Nanofüllstoff für Polyurethan-Gießelastomere (PU), Thermoplastische Polyurethane (TPU), 2-Komponenten-Polyurethan-Lacksysteme (PUL) sowie Polyurethan-Schaumstoffe (PUS). Das Hauptaugenmerk lag auf der Verbesserung der mechanischen und elektrischen Eigenschaften der zu untersuchenden Polyurethane. Zu Vergleichszwecken wurden Nanocomposite mit den konventionellen Kohlenstoff-Nanofüllstoffen CB und CNT hergestellt und charakterisiert (vgl. Schema 2.1). Als Ausgangsmaterial für die Herstellung funktionalisierter Graphene diente GO, welches nach der Methode von HUMMERS und OFFEMAN synthetisiert wurde. [82] GO wurde durch abruptes Erhitzen auf Temperaturen zwischen 400 und 1000 C thermisch reduziert. Je höher die Reduktionstemperatur ist, desto mehr Sauerstofffunktionalitäten werden abgespalten und es bilden sich mehr sp 2 -Zentren aus. [69,75,93] Sowohl für den Einsatz der Graphene als reaktiven Füllstoff für Polyurethane, als auch für die weitere Modifizierung der Hydroxylgruppen war die Kenntnis der Hydroxylzahl (OHZ) essentiell. Es sollte daher eine geeignete Methode zur Quantifizierung der OH-Gruppen entwickelt werden. 26

41 2 AUFGABENSTELLUNG Schema 2.1 Herstellung und Charakterisierung Funktionalisierter Graphene auf Basis von thermisch reduzierten Graphitoxid (TRGO) und deren Einsatz als Nanofüllstoff für Polyurethane. Die Funktionalisierung von TRGO sollte über grafting-from bzw. grafting-to Methoden erfolgen (Kap. 3). Ziel war es, neuartige funktionalisierte Graphene herzustellen und zu charakterisieren. Neben einer verbesserten Dispergierbarkeit in organischen Medien, sollte für den späteren Einsatz der Graphene als reaktiven Nanofüllstoff für Polyurethan-Gießelastomere (Kap. 4) eine hohe Kompatibilität zu der verwendeten PU-Matrix gegeben sein. Demnach sollten die gepfropften Polymere ein bestimmtes Anforderungsprofil erfüllen. Zum einen sollten sie eine hohe Verträglichkeit mit der Polyolkomponente aufweisen und stabile Dispersionen bilden, bevor diese mit der Isocyanatkomponente ausgehärtet wurden. Zum anderen sollten die modifizierten Graphene endständige OH-Gruppen aufweisen, die weiterhin über die Reaktion mit den Isocyanaten kovalent an die PU-Matrix anhaften können. Als geeignete Polymere kamen hauptsächlich 27

42 2 AUFGABENSTELLUNG Polyether und Polyester in Frage, die auch als Polyolkomponenten für Polyurethane eingesetzt werden. Im Fokus dieser Arbeit stand die Herstellung von Graphen-Nanocompositen auf Basis von Polyurethan-Gießelastomeren (PU) über eine lösungsmittelfreie in-situ Polymerisation (s. Kap. 4). Die funktionalisierten Graphene wurden in der Polyolkomponente dispergiert und anschließend mit dem Diisocyanat zum PU-Elastomer ausgehärtet. PU-Gießelastomere fallen unter den Begriff der segmentierten Polyurethane, die sich durch eine Mikrophasenseperation der Hart- und Weichsegmente auszeichnen. Dabei bilden das Diisocyanat und der Kettenverlängerer die starren Kettenbereiche, die sogenannten Hartsegmente, während die langkettigen Polyole die Weichsegmente bilden. Das Eigenschaftsbild der PU-Elastomere wird im Wesentlichen über den Hartsegmentanteil gesteuert. Mit zunehmendem Gehalt an Hartsegmenten nimmt der elastomere Charakter ab, wobei die typischen Eigenschaften der Massivpolyurethane erhalten bleiben. [3] Da die Hydroxylgruppen an der TRGO-Oberfläche mit der Isocyanatkomponente reagieren können, galt zu untersuchen, welchen Einfluss eine Erhöhung des Hartsegmentanteils auf die Dispergierung von TRGO und den daraus folgenden morphologischen, mechanischen, elektrischen und thermischen Eigenschaften der PU/TRGO-Nanocomposite hat. Zum Vergleich wurden die Benchmarksysteme CB und CNT sowie die modifizierten Graphene aus Kap. 3 eingearbeitet. Es sollte zum einen geprüft werden, in welchem Umfang die Füllstoffgeometrie bzw. das Aspektverhältnis der zu untersuchenden Nanofüllstoffe Einfluss auf die Steifigkeit der Elastomere nehmen. Zum anderen sollte erforscht werden, inwiefern die zusätzliche Funktionalisierung an der Graphene-Oberfläche die ermittelten Ergebnisse beeinflusst. Die Herstellung von matrixverstärkten und leitfähigen Nanocompositen auf Basis von thermoplastischen Polyurethanen (TPU) war ein weiterer Bestandteil dieser Arbeit (s. Kap. 5). Bisher kommen vor allem kostengünstige Füllstoffe wie Graphit, geblähte Graphite und spezielle Leitgraphite zum Einsatz. [135,136] Bis zum Erreichen der elektrischen Perkolationsschwelle müssen allerdings meist mehr als 20 wt.-% Füllstoffgehalt eingearbeitet werden, was zu spröden Polymercompositen führt. Mit den teuren CNT konnte dagegen die Füllstoffmenge zum Erreichen der elektrischen Perkolationsgrenze deutlich herabgesetzt werden. [ ] 28 Ziel war es, die elektrische Perkolationsschwelle von TPU/Graphen- Nanocompositen zu bestimmen und diese mit den erhaltenen Werten der Vergleichsmaterialien zu vergleichen. Weiterhin wurde der Einfluss des Aspektverhältnisses bzw. der Partikelgeometrie der Füllstoffe auf die morphologischen, mechanischen und

43 2 AUFGABENSTELLUNG thermischen Eigenschaften analysiert. In Hinblick auf die Untersuchung möglicher synergetischer Effekte wurden Mischnanocomposite bestehend aus TPU und den Füllstoffen TRGO und CNT in verschiedenen Verhältnissen hergestellt. Hierbei stand im Vordergrund, durch Mischung dieser Materialien die hervorragende Verstärkungswirkung von TRGO mit den überragenden elektrischen Leitfähigkeiten der CNTs kombinieren zu können. Ein weiteres Aufgabenziel war die Herstellung von leitfähigen Polyurethan/Graphen-Lacken via in-situ Polymerisation (s. Kap. 6). Als Matrix wurde ein Zwei-Komponenten-Lacksystem auf Basis von Polyurethanacrylat eingesetzt. TRGO sollte in der Lackformulierung dispergiert und anschließend mit dem Diisocyanat zum PU-Lack ausgehärtet werden, wodurch über die Reaktion der Isocyanatkomponente mit den Hydroxylgruppen an der TRGO-Oberfläche eine kovalente Fixierung der Graphene an die PU-Matrix stattfinden sollte. Zum Vergleich wurden Lackfilme mit Graphit, CB und CNT hergestellt. Die Lackfilme wurden auf ihre morphologischen und elektrischen Eigenschaften untersucht. Die Benetzbarkeit und die Bestimmung der Oberflächenenergie der Lacke erfolgten anhand von Kontaktwinkelmessungen. Kap. 7 beschäftigte sich mit der Untersuchung von Graphen als Nanofüllstoff für Polyurethan-Schaumstoffe (PUS). Hier galt zu untersuchen, welchen Einfluss die Graphenschichten auf die Dichte, Porengröße sowie mechanischen, thermischen und elektrischen Eigenschaften des Schaumstoffs haben. 29

44 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO 3 Herstellung und Funktionalisierung von TRGO Funktionalisierte Graphene sind großflächige 2D-Kohlenstoffmakromoleküle und können durch thermische Reduktion von Graphitoxid (GO) hergestellt werden. [69,71] Das entstehende thermisch reduzierte Graphitoxid (TRGO) zeichnet sich neben hervorragenden mechanischen und elektrischen [69,75] Eigenschaften durch das Vorliegen von kantenständigen Hydroxylgruppen aus, die für eine weitere Modifizierung zugänglich sind. Für den Einsatz als Nanofüllstoff ist besonders die kovalente Anbindung von Polymeren an die TRGO- Oberfläche von großem Interesse. [97] Neben der verbesserten Löslichkeit in organischen Lösemitteln [69,100], wird eine erhöhte Kompatibilität des Füllstoffs mit der Polymermatrix erreicht. [98-100] Durch die zunehmende Füllstoff-Polymer-Wechselwirkung kann eine verbesserte Dispergierung des Füllstoffs in der Matrix erzielt werden, wodurch die Materialeigenschaften positiv beeinflusst werden können. Es lassen sich zwei Konzepte für die Oberflächenmodifizierung von Graphenen mit Polymeren verfolgen, die sogenannte grafting-from und grafting-to Methode. Wird eine Polymerisation ausgehend von Graphen durchgeführt, so wird das angewandte Verfahren als grafting-from bezeichnet. Beim grafting-to wird dagegen ein endfunktionalisiertes Polymer über eine chemische Reaktion an das Graphen angebunden. [101] In diesem Abschnitt wird die Herstellung und weitere Funktionalisierung von TRGO über grafting-from bzw. grafting-to Methoden vorgestellt. Ziel war es, neuartige funktionalisierte Graphene herzustellen und zu charakterisieren. Für den späteren Einsatz als Nanofüllstoff für Polyurethan-Gießelastomere war es von Interesse, dass neben einer verbesserten Löslichkeit in organischen Medien, auch eine hohe Kompatibilität zwischen den Graphenen und der verwendeten PU-Matrix gegeben ist. Demnach sollten die gepfropften Polymere ein bestimmtes Anforderungsprofil erfüllen. Zum einen sollten sie eine hohe Verträglichkeit mit der Polyolkomponente aufweisen und stabile Dispersionen bilden, bevor diese mit der Isocyanatkomponente ausgehärtet wurden. Zum anderen sollten die Polymerfunktionalisierten Graphene endständige OH-Gruppen aufweisen, die weiterhin über die Reaktion mit den Isocyanaten kovalent an die PU-Matrix anhaften können. Als geeignete Polymere kamen hauptsächlich Polyether und Polyester in Frage, die auch als Polyolkomponente für Polyurethane eingesetzt werden. Schema 3.1 gibt einen Überblick über die durchgeführten Funktionalisierungen an TRGO. 30

45 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO Schema 3.1 Übersicht der durchgeführten Funktionalisierungen an TRGO. Zur Herstellung funktionalisierter Graphene wurde Graphitoxid (GO) als Ausgangsmaterial verwendet, welches nach der Methode von HUMMERS und OFFEMAN [82] synthetisiert wurde. Anschließend wurde GO durch abruptes Erhitzen auf Temperaturen zwischen 400 und 1000 C unter Stickstoffatmosphäre im Drehrohrofen thermisch reduziert. Die Anzahl der OH-Gruppen (OHZ) von TRGO wurde durch die Umsetzung mit Phenylisocyanat unter Bildung eines Urethans bestimmt (TRGO-Phi). Die Quantifizierung der OH-Gruppen diente für die Bestimmung des Funktionalisierungsgrades, welcher für die nachfolgenden Reaktionen maßgeblich war. Zudem musste die Rezeptur der PU-Elastomere in Abschnitt 4, in welches die Graphene als Füllstoff eingearbeitet wurden, auf die Anzahl der OH-Gruppen des Graphens abgestimmt werden. TRGO besitzt ausschließlich kantenständige OH-Gruppen, die zumeist an sp 2 -hybridisierten Kohlenstoffatomen gebunden sind. [69] Ein weiteres Ziel war es, die tertiären und sekundären OH-Gruppen über eine Alkylierungsreaktion mit Ethylencarbonat (EC) in primäre, reaktivere OH-Gruppen zu überführen (TRGO-EC). 31

46 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO Weiterhin erfolgte die Veresterung von TRGO mit Rizinusöl (TRGO-Riz). Rizinusöl ist ein in der Natur vorkommendes Pflanzenöl, das aus dem Samen des Wunderbaums gewonnen wird und zu 80 85% aus dem Triglycerid der Rizinolsäure besteht. [140] Die Rizinolsäure trägt am 12. C-Atom eine Hydroxylgruppe und zwischen dem 9. und 10. C-Atom eine Doppelbindung in cis-konfiguration. Aufgrund der vorliegenden OH-Funktionalität stellt der größte Anwendungsbereich von Rizinusöl den Einsatz als Polyolkomponente für Polyurethane dar. [13,14,141] Zudem zeichnet es sich durch eine sehr gute Verträglichkeit mit fast allen synthetischen Polyolen auf, was für den späteren Einsatz als Nanofüllstoff für Polyurethan- Gießelastomere von großem Interesse ist. Ausgehend von TRGO wurde Propylenoxid via grafting-from aufpolymerisiert. Die Pfropfung erfolgte über eine anionisch ringöffnende Polymerisation, bei der sowohl TRGO als auch das alkylierte TRGO als anionische Starter verwendet wurden (TRGO-PPO). In Zusammenarbeit mit B. KERSCHER wurde via grafting-to die kovalente Anbindung von hyperverzweigten Polyetherpolyolen an TRGO (TRGO-PEHO) über eine kationische ringöffnende in-situ Polymerisation des cyclischen Ethers 3-Ethyl-3-Hydroxymethyloxetan (EHO) verfolgt. Der Erfolg der durchgeführten Funktionalisierungen wurde mit Hilfe der Elementaranalyse (EA), Thermogravimetrischer Analyse (TGA), Infrarotspektroskopie (IR), anhand von Löslichkeitsversuchen in verschiedenen Lösemitteln sowie Stabilitätsmessungen mit dem Dispersionsanalysator LUMiSizer überprüft. 32

47 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO 3.1 Herstellung von GO und TRGO GO-Synthese nach HUMMERS und OFFEMAN Das in dieser Arbeit verwendete Graphitoxid (GO) wurde nach der Vorschrift von HUMMERS und OFFEMAN [82] hergestellt und ist in Schema 3.2 gezeigt. Die Synthese wurde am Freiburger Materialforschungszentrum (FMF) und Institut für Makromolekulare Chemie von F. TÖLLE in einigen Schritten modifiziert und vor allem in Bezug auf die Reinheit optimiert. Schema 3.2 Herstellung von Graphitoxid (GO) nach HUMMERS und OFFEMAN. [82] Um eine gleichmäßige Oxidation unter Erhalt der Schichtstruktur zu ermöglichen, wurde im ersten Schritt Graphit (25 wt.-%) mit NaNO 3 in H 2 SO 4 (konz.) für 20 h aufgequollen. Anschließend wurde KMnO 4 zugegeben und für 4 h oxidiert. Entstandener Braunstein MnO 2 sowie nicht umgesetztes KMnO 4 wurden mit H 2 O 2 zu löslichen Mn 2+ -Salzen umgesetzt und konnten in den folgenden Waschgängen abgetrennt werden. Größere Mengen an Sulfat- Verunreinigungen wurden in mehreren Waschschritten entfernt. Zunächst wurde das GO mehrmals in Wasser gewaschen und kurz vor dem Filtrieren mit verdünnter HCl versetzt. Im sauren Medium agglomerieren die GO-Schichten, wodurch ein schnelleres Abfiltrieren ohne Verstopfung des Filters ermöglicht wurde. Der Sulfat-Gehalt konnte auf diese Weise auf unter 1% reduziert werden, allerdings auf Kosten von entstehenden Chlorid-Verunreinigungen. Restliches Sulfat konnte durch einen alkalischen Waschschritt bei ph=10 entfernt werden. Die funktionellen Gruppen im GO wurden deprotoniert und die gebildeten negativ geladenen Carboxylat- und Hydroxyl-Anionen führten zu einer Schichtaufweitung, wodurch restliche Intercalate entfernt werden konnten. Verbliebenes Chlorid wurde durch Waschen mit reinem H 2 O entfernt. Anschließend wurde das GO für eine Woche am Vakuum bei 40 C getrocknet und zu feinem Pulver gemahlen. Aus der Elementaranalyse ließen sich ein C-Gehalt von 54.8% und ein H-Gehalt von 2.6% ermitteln. Durch Differenzbildung zu 100% wurde ein O-Gehalt von 42.6% bestimmt. 33

48 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO Abbildung 3.1 zeigt exemplarisch das FT-IR-Spektrum von GO. Die breite Bande zwischen 3690 cm -1 und 3000 cm -1 stammt von der O-H-Streckschwingung, die sowohl auf Hydroxylgruppen als auch auf adsorbiertes H 2 O zurückzuführen ist. Bei 2965 cm -1 und 2850 cm -1 sind schwache Banden zu erkennen, welche auf die asymmetrische Streckschwingung von CH 3 - und CH 2 -Gruppen hindeuten. Die intensive Bande bei 1723 cm -1 ist der C=O-Streckschwingung der Carbonyl- und Carboxyl-Gruppen zuzuordnen. Die Schwingung bei 1616 cm -1 entspricht der OH-Deformationsschwingung, die sowohl von den OH-Gruppen als auch von Wasserspuren hervorgerufen wird. Bei 1383 cm -1 erscheint die Deformationsschwingung von tertiären OH-Gruppen, und bei 1242 cm -1 die der phenolischen OH-Gruppen. Zuletzt lässt sich bei 1050 cm -1 eine Überlagerung der C-O-C-Streckschwingung von Epoxiden und der C-C-Streckschwingung des Kohlenstoffgerüstes von GO erkennen. [84,142] Wellenzahl [cm -1 ] Abbildung 3.1 FT-IR-Spektrum von Graphitoxid (GO). Das thermische Verhalten von GO wurde mittels Thermogravimetrischer Analyse (TGA) untersucht und ist in Abbildung 3.2 gezeigt. Die Messung erfolgte unter Stickstoffatmosphäre. GO zeigt bereits zwischen 50 und 140 C einen 5%-igen Massenverlust, der auf die Zersetzung von Epoxiden zurückzuführen ist. [127] Ab 140 C spaltet GO Carboxyl- und Carbonyl-Funktionalitäten ab. Dies stellt den massenmäßig größten Abbau dar, welcher zur Bildung von TRGO führt. Der geringe Massenverlust zwischen 200 C und 650 C ist auf die 34

49 Masse [%] 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO weitere Zersetzung von restlichen funktionellen Gruppen, hauptsächlich Hydroxylgruppen, zurückzuführen. Bei 650 C wurde schließlich eine Restmasse von 61% erreicht Temperatur [ C] Abbildung 3.2 Thermogravimetrische Analyse von GO gemessen unter N Thermische Reduktion von GO Thermisch reduziertes Graphitoxid (TRGO) wird durch schnelles Erhitzen von GO auf Temperaturen von mindestens 400 C hergestellt. Unter diesen Bedingungen zersetzen sich hauptsächlich die Epoxidgruppen unter Spaltung von CO und CO 2, die einen hohen Druck aufbauen und zu einer Exfolierung der GO-Schichten führen. [92] Die Eigenschaften von TRGO lassen sich über die Reduktionstemperatur steuern. Je höher diese ist, desto mehr Sauerstofffunktionalitäten werden abgespalten und es bilden sich mehr sp 2 -Zentren aus. Das aromatische π-system vergrößert sich, wodurch die Leitfähigkeit, spezifische Oberfläche und der E-Modul ansteigen. [69,75,93] Im Rahmen dieser Arbeit wurde der Einfluss der Reduktionstemperatur auf die Eigenschaften der erhaltenen Graphene untersucht. Die Reduktion von GO erfolgte bei Temperaturen zwischen 400 und 1000 C unter N 2 -Atmosphäre in einem Drehrohrofen der Firma Nabertherm. In Tabelle 3.1 sind die Ergebnisse aus der Elementaranalyse (EA) und die Bestimmung der spezifischen Oberfläche nach BRUNAUER, EMMETT und TELLER (BET) der TRGO-Chargen mit unterschiedlichen Reduktionstemperaturen zusammengefasst. 35

50 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO Tabelle 3.1 EA- und BET-Ergebnisse von TRGO bei verschiedenen Reduktionstemperaturen. T C a H a O b spezifische Leitwert d Probe Oberfläche c [ C] [%] [%] [%] [m 2 g -1 ] [Scm -1 ] GO < 100 [75] < TRGO ± 2.3 TRGO ± 0.9 TRGO n. b. TRGO n. b. TRGO n. b. TRGO ± 0.9 TRGO n. b. a aus EA; b Differenz zu 100%; c aus BET; d berechnet über gemessenen Widerstand an gepressten Tabletten. Analog zu den Arbeiten von P. STEURER [93] steigt mit zunehmender Reduktionstemperatur der Kohlenstoffgehalt von etwa 80% bei TRGO 400 auf 93% in TRGO 1000 an. Gleichzeitig nehmen der Sauerstoffgehalt und somit die Defektstellen im Kohlenstoffgerüst ab. Dies macht sich in einer Erhöhung des Leitwertes von (18.6 ± 0.9) Scm -1 in TRGO 400 auf (67.3 ± 2.3) Scm -1 in TRGO 1000 bemerkbar. TRGO 700 weist die größte BET-Oberfläche mit 670 m 2 g -1 auf, was sich anhand der geringsten Schüttdichte in Abbildung 3.3 bemerkbar macht. Die höhere Schüttdichte und geringere spezifische Oberfläche von TRGO 1000 lassen sich darauf zurückführen, dass sich bei der thermischen Reduktion von GO im Drehrohrofen die Übergangszone zwischen der Förderschnecke und dem temperierten Quarzrohr auf Temperauren > 400 C aufheizt. Dadurch wird schon ein Teil des GO bei deutlich geringeren Temperaturen als 1000 C zu TRGO exfoliert. TRGO 400 TRGO 700 TRGO 1000 Abbildung 3.3 Vergleich der Schüttdichten von je 50 mg TRGO 400, TRGO 700 und TRGO

51 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO In Abbildung 3.4 sind die FT-IR-Spektren der TRGO-Chargen bei unterschiedlichen Reduktionstemperaturen gezeigt. Im Vergleich zu GO ist die Funktionalität der Graphene deutlich geringer. Es ist zum einen eine deutliche Intensitätsabnahme der Carbonyl- bzw. Carboxyl-Schwingung bei 1720 cm -1 mit zunehmender Reduktionstemperatur zu beobachten. Während bei TRGO 400 die Bande noch schwach zu sehen ist, verschwindet sie bereits bei TRGO 700 vollständig, was auf eine Decarboxylierung während der Reduktion hindeutet. Zusätzlich nimmt von TRGO 400 auf TRGO 1000 die Intensität der CH 2 - und CH 3 -Schwingung bei 2965 cm -1 und 2850 cm -1 ab. Dies bestätigt, dass mit zunehmender Temperatur mehr sp 2 - Zentren gebildet werden. Auffallend bei allen Graphenen ist die starke Schwingung bei 1380 cm -1, die sowohl auf phenolische als auch tertiäre OH-Gruppen zurückzuführen ist. Die Bande bei 1051 cm -1, die auf die C-O-C-Streckschwingung der Epoxide und C-C-Streckschwingung des Kohlenstoffgerüstes hindeutet, nimmt bei den Graphenen wiederum ab. Dies lässt sich auf die frühe Zersetzung der Epoxide von GO unterhalb von 200 C begründen, die auch die Triebkraft der thermischen Exfolierung darstellten. GO TRGO 400 TRGO 700 TRGO Wellenzahl [cm -1 ] Abbildung 3.4 FT-IR-Spektren von GO und TRGO bei verschiedenen Temperaturen. Das Fehlen der Epoxide im Vergleich zu GO lässt sich auch mittels TGA zwischen 50 und 150 C in Abbildung 3.5 verfolgen. Die Zersetzung der Carboxyl- und Carbonyl-Gruppen beginnt ab 140 C und ist nur bei TRGO 400 mit einem geringen Massenverlust von 2% zu erkennen. Der Massenverlust ab 200 bis 600 C ist auf das langsame Abspalten der OH- 37

52 Masse [%] 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO Gruppen zurückzuführen. Die Restmassen der Proben sind für TRGO %, TRGO % und TRGO % GO TRGO 400 TRGO 700 TRGO Temperatur [ C] Abbildung 3.5 TGA von GO, TRGO 400, TRGO 700 und TRGO 1000 ; gemessen unter N Quantifizierung der Hydroxylgruppen von TRGO Die Bestimmung der Hydroxylzahl (OHZ) von Graphen war essentiell für die Bestimmung des Funktionalisierungsgrades nach der kovalenten Anbindung von Polymeren via grafting-from bzw. grafting-to. Zudem musste die verwendete Rezeptur der Polyurethane, in welche die Graphene über die in-situ Polymerisation eingearbeitet wurden, auf die Anzahl der OH-Gruppen von TRGO abgestimmt werden. In einem ersten Versuch wurden die Hydroxylgruppen nach einem Standardverfahren, der Pyridin-Essigsäure-Anhydrid-Methode [143] titriert. Problem war hier jedoch die schlechte Dispergierbarkeit von TRGO in Pyridin. Die Ergebnisse für die OHZ lieferten keine reproduzierbaren Werte. Als eine alternative Quantifizierungsmethode wurde die Umsetzung von TRGO mit reaktiven Isocyanaten gewählt. STANKOVICH et al. [144] konnten bereits die erfolgreiche Umsetzung von Graphitoxid mit Phenylisocyanat in DMF unter Beweis stellen. Es wurden Phenylurethan-funktionalisierte Graphene erhalten, die stabile Suspensionen in polar aprotischen Lösemittel, wie DMF und N-Methylpyrrolidon (NMP), Dimethylsulfoxid (DMSO) bildeten. In Anlehnung an diese Arbeiten wurde die Reaktion von TRGO mit 38

53 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO Phenylisocyanat in Toluol nach Schema 3.3 untersucht. Hierbei reagiert das Phenylisocyanat mit allen am TRGO zugänglichen OH-Gruppen zum entsprechenden Phenylurethan. Schema 3.3 Umsetzung von TRGO mit Phenylisocyanat (TRGO-Phi). Im ersten Schritt wurde anhand von TRGO die Reaktionskinetik untersucht. TRGO wurde unter N 2 -Gegenstrom mit Toluol versetzt und die Reaktionsmischung für 10 min im Ultraschallbad dispergiert. Nach Zugabe eines Masseüberschusses an Phenylisocyanat wurde die Reaktion für 5, 15, 24, 48, 72 und 96 h bei einer Temperatur von 50 C durchgeführt. Die Aufarbeitung erfolgte durch mehrmaliges Waschen und Filtrieren mit Toluol und Chloroform. Anschließend wurde das Produkt 4 h am HV getrocknet. Es wurde davon ausgegangen, dass das Phenylisocyanat mit allen am TRGO zugänglichen OH-Gruppen reagiert. Der Erfolg der Reaktion wurde mit Hilfe der Thermogravimetrischen Analyse (TGA), Elementaranalyse (EA) und Infrarotspektroskopie (IR) überprüft. Die Bestimmung der OH-Zahl erfolgte sowohl über die EA als auch TGA. Bei der EA wurde die OHZ über den gemessenen Stickstoffanteil nach Formel 1 berechnet. (1) w N : N-Anteil aus EA M N : Molare Masse von N (14.01 g/mol) M Phi : molare Masse von Phenylisocyanat ( g/mol) Anhand der TGA-Daten wurde die OHZ nach Formel 2 bestimmt. Hierfür wurde der Massenverlust bei einer Onset-Temperatur von 210 C, der auf die Abspaltung des Phenylurethans zurückzuführen ist, ins Verhältnis zur TRGO-Masse gesetzt. 39

54 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO (2) w Phi : Anteil von Phenylisocyanat in % w TRGO : Anteil von TRGO in % M Phi : Molare Masse von Phenylisocyanat ( g/mol) In Tabelle 3.2 sind die berechneten Ergebnisse für die OHZ aus der EA und der TGA gegenübergestellt. Mit zunehmender Reaktionszeit steigt der Stickstoffgehalt und demzufolge die OH-Zahl an. Abbildung 3.6 zeigt einen linearen Zusammenhang des Stickstoffanteils bzw. der daraus berechneten OHZ in Abhängigkeit von der Reaktionszeit. Mit zunehmender Zeit nimmt der N-Gehalt stetig zu, und erreicht nach 72 h ein Maximum von 1.32%, das einer OHZ von 1 mmol OH/g TRGO entspricht. Eine längere Reaktionsdauer führte zu keiner weiteren Zunahme des StickstoffGehalts, d.h. die OH-Gruppen wurden vollständig mit Phenylisocyanat zum entsprechenden Phenylurethan umgesetzt. Für die OHZ-Bestimmung der Graphene wurde im Folgenden die Reaktion immer für 72 h angesetzt, um eine vollständige Umsetzung der zugänglichen OH-Gruppen gewährleisten zu können. Tabelle 3.2 Reaktionskinetik für die Umsetzung von TRGO mit Phenylisocyanat. t N-Anteil a OHZ a Phi-Anteil b Probe TRGO [h] [%] [mmol/g] [wt.-%] OHZ b [mmol/g] TRGO 700 -Phi@5h TRGO TRGO 700 -Phi@15h TRGO n. b n. b TRGO 700 -Phi@24h TRGO TRGO 700 -Phi@48h TRGO TRGO 700 -Phi@72h TRGO TRGO 700 -Phi@96h TRGO n. b n. b TRGO 700 -Phi@120h TRGO n. b n. b Bestimmt aus a EA und b TGA. In Abbildung 3.7 ist der thermische Abbau von TRGO 700 -Phi nach einer Reaktionszeit von 24, 48 und 72 h gezeigt. Die Onset-Temperatur liegt bei allen Phenylurethanfunktionalisierten Graphenen bei 210 C, die auf die beginnende Urethanspaltung zurückzuführen ist. Je länger die Reaktionsdauer war, desto höher war der Massenverlust, da mehr OH-Gruppen zum Urethan reagiert haben. Nach 24 h liegt der Anteil an Phenylurethan 40

55 Masse [%] N-Anteil [%] OH-Zahl [mmol/g] 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO bei lediglich 4.1%, nach 72 h, d.h. nach vollständiger Umsetzung der reaktiven OH-Gruppen steigt der Anteil auf 12.5%. Nach Gleichung 2 ergibt sich eine OHZ von 1 mmol OH/g TRGO, die mit dem bestimmten Wert aus der EA übereinstimmt. 1,4 1,4 1,2 1,2 1,0 1,0 0,8 0,8 0,6 0,6 0,4 0,4 0,2 0,2 0, Reaktionszeit t [h] 0,0 Abbildung 3.6 Reaktionskinetik für die Umsetzung von TRGO mit Phenylisocyanat TRGO h h h Temperatur [ C] Abbildung 3.7 TGA-Kurven von TRGO 700 -Phi in Abhängigkeit der Reaktionszeit 41

56 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO Der Erfolg der Reaktion konnte auch mit Hilfe der IR-Spektroskopie bestätigt werden. In Abbildung 3.8 sind die FT-IR-Spektren von TRGO 700 -Phi in Abhängigkeit von der Reaktionszeit gezeigt. Im Vergleich zum reinen TRGO erscheinen mit zunehmender Reaktionsdauer drei neue Banden, die auf das entstehende Urethan zurückzuführen sind. Die Bande bei 1735 cm -1 ist der C=O-Streckschwingung des entstehenden Phenylurethans zuzuordnen. Das Signal bei 1550 cm -1 entspricht der C-N-H-Deformationsschwingung von Amiden. [144,145] Zusätzlich konnte die breite Bande bei 1190 cm -1 der C-O-C-Streckschwingung des Urethans zugeordnet werden. Gleichzeitig nimmt bei 1616 cm -1 und 1380 cm -1 die Intensität der OH-Deformationsschwingung mit zunehmender Reaktionsdauer ab, was auf eine steigende Umsetzung der OH-Gruppen hindeutet. TRGO h 48 h 72 h Wellenzahl [cm -1 ] Abbildung 3.8 FT-IR-Spektren von TRGO 700 -Phi in Abhängigkeit der Reaktionszeit. Die Quantifizierung der OH Gruppen wurde für GO und alle verwendeten TRGO-Chargen durchgeführt und ist in Tabelle 3.3 zusammengefasst. Die OHZ wurde zusätzlich über die TGA anhand des Massenabbaus des Phenylurethans bei 210 C ermittelt und mit den berechneten Werten aus der EA verglichen. Je nach Reduktionstemperatur variieren die OH-Zahlen zwischen 0.5 und 1.4 mmol OH/g TRGO. 42

57 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO Tabelle 3.3 OHZ-Bestimmung von TRGO mittels EA und TGA nach Umsetzung mit Phenylisocyanat bei 50 C für 72 h. N-Anteil a OHZ a Phi-Anteil b OHZ b Probe TRGO [%] [mmol/g] [wt.-%] [mmol/g] GO TRGO Phi TRGO TRGO Phi TRGO TRGO Phi TRGO TRGO Phi TRGO TRGO Phi TRGO TRGO Phi TRGO TRGO Phi TRGO 1000 n. b. n. b Bestimmt aus a EA und b TGA. Die OHZ korreliert mit dem Kohlenstoffgehalt, wie es in Abbildung 3.9 gezeigt ist. Je höher die Reduktionstemperatur ist, desto mehr sauerstoffhaltige funktionelle Gruppen lösen sich ab, d.h. der C-Gehalt steigt an und die OH-Zahl nimmt ab. GO weist den geringsten C-Gehalt mit einer OHZ von ca. 2.3 mmol/g auf. Dabei handelt es sich neben tertiären und phenolischen OH-Gruppen um Carbonsäuren, die ebenso mit den Isocyanaten reagieren können. Wird GO auf 400 C erhitzt, so tretet primär die Zersetzung der Epoxide, Carboxylund Carbonyl-Gruppen ein, wie es in Abbildung 3.1 im IR-Spektrum von GO bereits gezeigt wurde. Der C-Gehalt steigt auf 80% und die OHZ sinkt auf 1.3 mmol/g. Bei weiterer Erhöhung der Temperatur werden hauptsächlich noch die Alkoholgruppen abgebaut und der Wert für die OHZ sinkt bei 1000 C auf 0.5 mmol/g ab. 43

58 OH-Zahl [mmol/g] C-Gehalt [%] 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO 3, ,5 90 2,0 80 1,5 1, , Reduktionstemperatur [ C] 50 Abbildung 3.9 OH-Zahl (bestimmt aus TGA) und Kohlenstoffgehalt der Graphene (aus EA) in Abhängigkeit der Reduktionstemperatur. Zuletzt wurde das Dispersionsverhalten der Phenylurethan-funktionalisierten Graphene untersucht. STANKOVICH et al. stellten ausgehend von Graphitoxid Phenylurethanfunktionalisierte Graphene her, die stabile Suspensionen in polar aprotischen Lösemittel, wie DMF und DMSO bildeten. [144] In Abbildung 3.10 sind die Dispersionen von reinem TRGO, TRGO 400 -Phi und TRGO 700 -Phi nach 24 h in H 2 O, THF und CHCl 3 gezeigt. Die Proben wurden im entsprechenden Lösemittel (4 mg/ml) für 10 min im Ultraschallbad dispergiert und nach einer Verweilzeit von 24 h fotografiert. TRGO 400/700 TRGO 700 -Phi TRGO 400 -Phi H 2 O THF CHCl 3 H 2 O THF CHCl 3 H 2 O THF CHCl 3 Abbildung 3.10 Dispersionen von reinem TRGO sowie der Phenylurethan-funktionalisierten Graphenen TRGO 400 -Phi und TRGO 700 -Ph nach 24 h in H 2 O, THF und CHCl 3 (4 mg/ml). 44

59 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO Unabhängig von der Reduktionstemperatur bildet TRGO instabile Dispersionen in H 2 O (ph = 7), THF und CHCl 3. Es sind große TRGO-Flocken zu erkennen, die sich bereits nach 24 h am Gefäßboden absetzen. Im Vergleich dazu zeigen die funktionalisierten Graphene, insbesondere die Probe TRGO 400 -Phi eine zunehmend bessere Dispergierung in THF und in CHCl 3. Dieser Effekt bestätigt die erfolgreiche Phenylurethan-Funktionalisierung von TRGO. 3.3 Alkylierung von TRGO mit Ethylencarbonat Bereits in Abschnitt wurde gezeigt, dass TRGO über OH-Gruppen sekundärer und tertiärer Natur verfügt. Ein Ziel dieser Arbeit war es, durch die Umsetzung von TRGO mit Ethylencarbonat (EC) die OH-Gruppen zu alkylieren und in reaktivere primäre Alkohole zu überführen. Aus der Literatur [146] ist bekannt, dass Alkohole bei Temperaturen unterhalb von 170 C auch ringöffnend mit EC reagieren können. Zur Untersuchung dieses Sachverhaltes wurde die Reaktion bei 140 und 180 C durchgeführt. Schema 3.4 Umsetzung von TRGO 400 mit Ethylencarbonat bei 140 und 180 C. Schema 3.4 zeigt die durchgeführten Umsetzungen von TRGO mit einem Überschuss an EC und dem Katalysator K 2 CO 3. Als Ausgangsmaterial wurde hierfür das höher funktionelle TRGO gewählt. Die Reaktionen wurden nach 24 h mit verdünnter HCl abgebrochen und die erhaltenen Rohprodukte durch mehrmaliges Waschen und Filtrieren mit H 2 O, THF und CHCl 3 aufgereinigt. Als Referenzsystem wurde Phenol unter analogen Reaktionsbedingungen mit EC umgesetzt. Phenol besitzt, ebenso wie überwiegend TRGO, eine sekundäre Alkohol- 45

60 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO Funktion und sollte sich demzufolge vergleichbar wie dieses in seiner Reaktivität als Nukleophil verhalten. In Abbildung 3.11 sind die IR-Spektren der hergestellten Proben TRGO 400 -EC-140 und TRGO 400 -EC-180, sowie die Edukte TRGO und EC dargestellt. Unabhängig von der Reaktionstemperatur nimmt die Intensität der Carbonyl-Schwingung bei 1740 cm -1 sowohl bei der Umsetzung bei 140 C als auch bei 180 C zu. Dies spricht entweder für die Entstehung des Ringöffnungsproduktes oder für intercaliertes EC zwischen den TRGO-Schichten. Im Unterschied zu den Ausgangsprodukten und dem Reaktionsprodukt bei 140 C taucht bei TRGO 400 -EC-180 eine weitere wichtige Schwingung bei 1100 cm -1 auf, die auf die Streckschwingung des Ethers im Alkylierungsprodukt zurückzuführen ist. Dies könnte ein Indiz für die erfolgreiche Alkylierung von TRGO sein. Allerdings ließen sich anhand der gezeigten IR-Spektren das Ringöffnungs- und das Alkylierungsprodukt nicht eindeutig voneinander unterscheiden. Zur weiteren Analyse wurden die Vergleichsreaktionen mit Phenol als Edukt herangezogen. TRGO TRGO EC-140 TRGO EC-180 EC Wellenzahl [cm -1 ] Abbildung 3.11 FT-IR-Spektren von TRGO 400-2, TRGO 400 -EC-140, TRGO 400 -EC-180 und EC. 46

61 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO In Abbildung 3.12 sind die 1 H-NMR-Spektren der Produkte Phenol-EC-140 und Phenol-EC-180 gezeigt. Phenol-EC-140 weist im Tieffeld bei δ = 7.1 ppm und δ = 6.7 ppm zwei Multipletts auf, die von den aromatischen Protonen des Phenols 2-H, 3-H, 4-H, 5-H und 6-H stammen. Bei δ = 4.4 ppm befindet sich ein Singulett, welches auf die Methylenprotonen 2`-H und 3`-H des Ethylencarbonats zurückzuführen ist. Es fand weder die Umsetzung zum Alkylierungsprodukt noch die Ringöffnung statt. Die Umsetzung bei 180 C zeigte hingegen ein anderes Produkt. Die beiden Multipletts bei δ = 7.2 ppm und 6.9 ppm stammen von den aromatischen Protonen 2-H, 3-H, 4-H, 5-H und 6-H des alkylierten Produktes. Die beiden Tripletts bei einer chemischen Verschiebung von δ = 4.0 und δ = 3.9 sind den Methylenprotonen 7-H und 8-H zuzuschreiben. Phenol reagierte bei einer Temperatur von 180 C ausschließlich zum Alkylierungsprodukt, während bei 140 C keine Reaktion, weder die Alkylierung noch die Ringöffnung stattgefunden hat. 2-H 3-H 4-H 5-H 6-H H 8-H Phenol-EC ` ` 3` Phenol-EC Chemical Shift (ppm) Chemical Shift [ppm] Abbildung H-NMR-Spektren von Phenol-EC-140 (unten) und Phenol-EC-180 (oben) in CDCl 3. Um die Ursache für die Carbonyl-Schwingung bei 1740 cm -1 sowohl bei TRGO 400 -EC-180 als auch bei TRGO 400 -EC-140 zu klären (s. Abbildung 3.11), wurde TRGO bei 180 C ohne Katalysator mit EC umgesetzt. In der Literatur wurde beschrieben, dass Alkohole mit EC nur unter Verwendung eines Katalysators reagieren. [146] Unter diesen Reaktionsbedingung 47

62 Masse [%] 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO sollte demzufolge keine Alkylierung stattfinden. Allerdings zeigte sich auch hier im entsprechenden FT-IR-Spektrum eine zunehmende Intensität der C=O-Bande. Dies lässt darauf schließen, dass intercaliertes EC zwischen den TRGO-Schichten vorliegt. Es folgten weitere Waschschritte mit CHCl 3 und Aceton, die ein gutes Lösungsmittel für EC sind. Zusätzlich wurden die Graphen-Dispersionen mehrmals zentrifugiert. Es wurde aber keine Verbesserung bezüglich des Reinheitsgrads erzielt TRGO 400 -EC-180 TRGO 400 -EC-180 (ohne Kat.) TRGO 400 -EC-140 TRGO EC Temperatur [ C] Abbildung 3.13 TGA-Kurven nach der Umsetzung von TRGO 400 mit EC bei 140 C (TRGO 400 -EC-140), bei 180 C mit Katalysator (TRGO 400 -EC-180) sowie ohne Katalysator (TRGO 400 -EC-180 ohne Kat.) Ein Blick auf die TGA-Kurven in Abbildung 3.13 zeigt, dass sowohl TRGO 400 -EC-140 als auch die Probe, die ohne Katalysator mit EC umgesetzt wurde (TRGO 400 -EC-180 ohne Kat.), bei einer Onset-Temperatur von 260 C thermisch abbauen. Der Massenverlust erstreckt sich jeweils über einen weiten Temperaturbereich und beträgt etwa 9%. EC zersetzt sich zwar bereits bei einer Onset-Temperatur von 205 C, die Zersetzungsprodukte können allerdings nicht aus den Schichten des TRGO heraus diffundieren. Im Vergleich dazu zersetzt sich die alkylierte Probe TRGO EC-180 erst ab einer Temperatur von 330 C, die der Etherspaltung des alkylierten Restes zuzuschreiben ist. Der Massenverlust liegt bei 13%. Analog zu den anderen Proben muss auch hier von intercaliertem EC ausgegangen werden. Im Abschnitt 3.2 ergab die OHZ-Bestimmung von TRGO mittels TGA einen Wert von 1.3 mmol OH/g TRGO. Würde man von einer vollständigen Alkylierung der OH-Gruppen 48

63 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO mit Ethylencarbonat ausgehen, so wäre nach Formel 3 ein Massenverlust in der TGA von etwa 6% zu erwarten, d.h. 7% der abgebauten Masse ist auf intercaliertes EC zurückzuführen. (3) OHZ TGA (TRGO) M Alkylrest : Molare Masse von C 2 H 4 O (44 g/mol) Zuletzt wurde die Dispergierbarkeit der Proben in CHCl 3, THF und H 2 O (4 mg/ml) untersucht. In Abbildung 3.14 sind die Ergebnisse im Vergleich zu reinen Graphen TRGO gezeigt. Lediglich die alkylierte Probe TRGO EC-180 weist eine verbesserte Dispergierbarkeit in CHCl 3 auf. Dieses Verhalten lässt sich auf die kovalente Anbindung des Alkylrestes und der daraus verbesserten Kompatibilität in organischen Lösemitteln zurückführen. In THF und H 2 O zeigte sich allerdings keine Verbesserung. Im Vergleich dazu, blieb das Löslichkeitsverhalten sowohl bei TRGO 400 -EC-140 als auch bei der Vergleichsprobe ohne Katalysator TRGO 400 -EC-180 (ohne Kat.) unverändert. TRGO 400 TRGO 400 -EC-180 TRGO 400 -EC-180 TRGO 400 -EC-140 TRGO 400 -EC-180 (o. Kat.) H 2 O THF CHCl 3 H 2 O THF CHCl 3 Abbildung 3.14 Dispersionsversuche von TRGO und der mit Ethylencarbonat umgesetzten Graphene bei 140 C (TRGO 400 -EC-140) und bei 180 C mit und ohne Katalysator K 2 CO 3 (TRGO EC-180) 24 h nach 10 minütiger Ultraschallbehandlung (4 mg/ml). 49

64 Integrale Transmission [%] 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO Eine quantitative Charakterisierung der Dispersionsstabilität von Graphenen ermöglicht der Dispersionsanalysator LUMiSizer der Firma LUM GmbH, der unter anderem für die Sedimentationsanalyse von wässrigen CNT-Dispersionen angewendet wurde. [ ] Hierbei handelt es sich um eine analytische Zentrifuge, die das Sedimentationsverhalten der Partikel im Zentrifugalfeld beobachtet und quantifiziert. Zur Detektion der Bewegungsprozesse in der Messküvette wird die Transmission des eingestrahlten Lichts aus einer NIR-Lichtquelle ortsund zeitabhängig gemessen. Die Dispersionsstabilität der Proben TRGO 400-2, TRGO 400 -EC-180 und einer 1/1-Mischung von TRGO und EC in Chloroform (5 mg/ml) wurde im Folgenden untersucht. Die Sedimentationsanalysen wurden in einer 2 mm Polyamid-Küvette bei einer Drehzahl von 500 rpm und bei einer Temperatur von 25 C durchgeführt. Abbildung 3.15 zeigt zunächst die Integrale Transmission der verschiedenen Graphen-Dispersion in Abhängigkeit der Sedimentationsgeschwindigkeit TRGO TRGO 400 -EC-180 TRGO 400-2/EC 1/ Zeit [min] Abbildung 3.15 Integrale Transmission in Abhängigkeit der Sedimentationszeit für 0.5%-ige Dispersionen bestehend aus TRGO 400-2, TRGO 400 -EC-180 und einer 1/1-Mischung aus TRGO und EC in CHCl 3. Aus einem steilen Anstieg der Intergralen Transmission kann auf eine niedrige Stabilität der Dispersion geschlossen werden. Sowohl TRGO als auch die 1/1-Mischung bestehend aus TRGO und EC zeigen bereits zu Beginn der Messung sehr hohe Transmissionswerte, d.h. 50

65 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO die Lösungen klarten ziemlich schnell auf und die Konzentration an dispergierten Graphen- Partikel in der Dispersion sinkt. TRGO 400 -EC-180 weist im Vergleich dazu einen deutlich geringeren Anstieg der Integralen Transmission auf und erreicht erst nach 160 min den gleichen Transmissionswert von etwa 27% wie reines Graphen. Die Dispersion von TRGO EC-180 in CHCl 3 besitzt demzufolge eine höhere Stabilität, die im Einklang mit dem in Abbildung 3.14 beobachtetem Dispersionsverhalten steht. Die Alkylierung der Graphene führt zu einer verbesserten Exfolierung der Graphenpartikel, die deutlich langsamer sedimentierten als das unfunktionalisierte Graphen. Auch der Zusatz von EC zu TRGO verbessert nicht das Dispersionsverhalten in Chloroform. Die Lösung klart sehr früh auf und im Vergleich zu TRGO werden sogar höhere Transmissionswerte erzielt. Ein Vergleich der Küvetten nach der Messung zeigt allerdings, dass sich bei TRGO einzelne Graphenflocken an der Küvettenwand absetzen. Das Analysegerät ging demzufolge von einer stabileren Dispersion aus und verfälschte das Ergebnis geringfügig. In Abbildung 3.16 sind die kumulative Geschwindigkeitsverteilung sowie die Geschwindigkeitsverteilungsdichte in Abhängigkeit der Sedimentationsgeschwindigkeit für die verschiedenen Graphen-Dispersionen in Chloroform aufgetragen. Die Sedimentationsgeschwindigkeit korreliert mit der Stabilität der Graphenpartikel. Je geringer die Geschwindigkeit ist, desto stabiler ist die Dispersion. TRGO 400 -EC-180 weist im Vergleich zu den anderen Dispersionen eine sehr breite Geschwindigkeitsverteilung auf mit einem Maximum bei etwa 10 μms -1. Die Maxima der Kurven von TRGO und der Mischung sind zu höheren Sedimentationsgeschwindigkeiten verschoben und liegen bei 100 μms -1. Der Großteil der Graphenpartikel wurde durch die Alkylierung stabilisiert und wies eine geringe Sedimentationsgeschwindigkeit auf. Es lagen aber zusätzlich unfunktionalisierte Graphene vor, die schneller sedimentierten. 51

66 Kumulative Geschwindigkeitsvert. Q(v) Geschwindigkeitsverteilungsdichte q(lnv) 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO 1,0 0,8 TRGO TRGO/EC 1/1 TRGO-EC 0,6 0,5 0,6 0,4 0,4 0,3 0,2 0,2 0,1 0, Sedimentationsgeschwindigkeit v [ ms -1 ] 0,0 Abbildung 3.16 Kumulative Geschwindigkeitsverteilung Q(v) und Geschwindigkeitsverteilungsdichte q(lnv) in Abhängigkeit von der Sedimentationsgeschwindigkeit v für 0.5%-ige Dispersionen bestehend aus TRGO 400-2, TRGO 400 -EC-180 und TRGO 400-2/EC-Mischung in CHCl 3. Die Alkylierung wurde ebenso an TRGO durchgeführt. In Tabelle 3.4 sind die Ergebnisse aus der EA und TGA für die Umsetzung von TRGO und TRGO mit Ethylencarbonat zusammengefasst. Im Vergleich zu reinem TRGO steigt bei der Umsetzung mit EC der Sauerstoffgehalt stark an, welcher sich auf intercaliertes EC zwischen 7 und 9% zurückführen lässt. Die Bestimmung des Anteils an intercaliertem EC erfolgte aus der TGA über Differenzbildung des gesamten Massenverlusts (M ges ) bei 330 C und der erwarteten Masse, die über die OHZ nach Formel 3 berechnet wurde. Tabelle 3.4 Ergebnisse der Alkylierung von TRGO 400 und TRGO 700. Probe C a [%] H a [%] O b [%] c M ges [wt.-%] M Alkylrest d [wt.-%] EC intercaliert e [wt.-%] TRGO f TRGO 400 -EC TRGO 400 -EC-180 (ohne Kat.) TRGO g TRGO 700 -EC a bestimmt aus EA; b Differenz zu 100%; c bestimmt aus TGA; entspricht dem gesamten Massenverlust bei 330 C; d erwartete Masse bei vollständiger Alkylierung der OH-Gruppen nach Formel 3; e Differenzbildung der Massen M ges und M Alkylrest ; f OHZ TGA = 1.3 mmol/g und g OHZ TGA = 1.0 mmol/g. 52

67 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO Zusammenfassend gilt, dass bei der katalytischen Umsetzung der Graphene mit Ethylencarbonat bei 180 C ausschließlich das Alkylierungsprodukt entstanden ist. Ein Hinweis auf den Erfolg der Reaktion war die neu hinzukommende Ether-Schwingung bei 1100 cm -1 im IR-Spektrum, sowie das verbesserte Dispersionsverhalten in CHCl 3. Die Ringöffnungsreaktion unterhalb von 170 C konnte anhand von 1 H-NMR-Untersuchungen des Vergleichssystems Phenol ausgeschlossen werden. Trotz gründlicher Aufarbeitung der alkylierten Graphene lag intercaliertes Ethylencarbonat zwischen 7 und 9% vor, welches sowohl über den hohen Sauerstoffgehalt in den EA-Ergebnissen als auch anhand der Carbonyl-Schwingung bei 1740 cm -1 im IR-Spektrum bestätigt werden konnte. 3.4 Veresterung von TRGO mit Rizinusöl Ein großer Teil der bisherigen Forschung im Bereich der grafting-to Funktionalisierung von Graphenen beschäftigte sich mit Veresterungs- [ ] und Amidierungsreaktionen [114,115] der Carboxylgruppen von Graphitoxid (GO). Dabei wurde meistens ein Katalysatorgemisch von N,N-Dicyclohexylcarbodiimid (DCC) und 4-Dimethylaminopyridin (DMAP) verwendet, um Polymerketten wie Polyvinylalkohol (PVA) [112,113], Polyethylenglykol (PEG) [111], Polyethylenimin (PEI) [114] oder Polyvinylchlorid (PVC) [116] kovalent an Graphen anzubinden. In diesem Abschnitt wird die Veresterung der Hydroxylgruppen des TRGO mit Rizinusöl beschrieben. Rizinusöl ist ein in der Natur vorkommendes Pflanzenöl, das aus dem Samen des Wunderbaums gewonnen wird und zu % aus dem Triglycerid der Rizinolsäure besteht. [140] Die Rizinolsäure trägt am 12. C-Atom eine Hydroxylgruppe und zwischen dem 9. und 10. C-Atom eine Doppelbindung in cis-konfiguration. Rizinusöl wird, neben der Verwendung als nachwachsender Rohstoff für Schmierstoffe, auch als Tensid im Bereich der Kosmetik eingesetzt. [151] Aufgrund der vorliegenden OH-Funktionalität stellt der größte Anwendungsbereich von Rizinusöl der Einsatz als Polyolkomponente für Polyurethane dar. [13,14,141] Zudem zeichnet es sich durch eine sehr gute Verträglichkeit mit fast allen synthetischen Polyolen aus und wird zum Teil als Phasenvermittler für nicht mischbare Polyole eingesetzt. In diesem Zusammenhang sollte die Veresterung von TRGO mit Rizinusöl durchgeführt werden. Denn für den späteren Einsatz als Nanofüllstoff für Polyurethan- Gießelastomere war es von Interesse, dass eine hohe Kompatibilität zwischen den Graphenen und der Polyolkomponente besteht. 53

68 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO Die Veresterung von TRGO mit Rizinusöl (TRGO-Riz) erfolgte nach Schema 3.5. Hierfür wurde eine 1%-ige Dispersion von TRGO in Rizinusöl für 16 h bei 180 C am Rückfluss erhitzt. Katalysiert wurde die Reaktion mit 1 wt.-% Dibutylzinndilaurat (DBTDL) bezogen auf die Menge an Rizinusöl. Die Aufarbeitung des Rohproduktes erfolgte durch mehrmaliges Waschen und Filtrieren mit CHCl 3 und anschließendem Trocknen am HV bei 80 C. Der Erfolg der Reaktionen wurde mittels EA, TGA, IR-Spektroskopie und anhand von Dispersionsversuchen überprüft. Schema 3.5 Veresterung der OH-Gruppen des TRGO mit Rizinusöl, katalysiert durch DBTDL. In Abbildung 3.17 sind die TGA-Kurven von TRGO 700 -Riz und TRGO 400 -Riz gezeigt. Im Vergleich zum jeweiligen Ausgangsmaterial TRGO bzw. TRGO bauen die funktionalisierten Proben bei einer Onset-Temperatur von 250 C mit einem Massenverlust von 19% bzw. 21% thermisch ab. Der Abbau lässt sich auf die Esterspaltung der angebunden Rizinolsäure zurückführen [152]. 54

69 Masse [%] 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO TRGO TRGO 700 -Riz TRGO 400 -Riz Temperatur [ C] Abbildung 3.17 TGA-Kurven von TRGO und der mit Rizinusöl veresterten Proben TRGO 700 -Riz und TRGO 400 -Riz gemessen unter N 2. Aus dem erhaltenen Masssenverlust wurde der Funktionalisierungsgrad FG nach Formel 4 und 5 berechnet. Hierfür wurde die zersetzte Masse der Rizinolsäure bei einer Onset-Temperatur von 250 C ins Verhältnis mit dem erwarteten Massenverlust bei einer vollständigen Veresterung der OH-Gruppen gesetzt. (4) (5) OHZ TGA (TRGO) M Rizinolsäure : Molare Masse von C 18 H 33 O 2 (281 g/mol) In Tabelle 3.5 sind die Ergebnisse der durchgeführten Veresterungsreaktionen an TRGO und TRGO gegenübergestellt. Aus den EA-Werten ist zu entnehmen, dass bei der Funktionalisierung sowohl der Sauerstoff- als auch der Wasserstoffgehalt von TRGO zunehmen. Die Funktionalisierungsgrade variieren zwischen 59 und 64%. Eine Verlängerung der Reaktionszeit bewirkte keine weitere Erhöhung des Funktionalisierungsgrades. Der 55

70 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO niedrige Funktionalisierungsgrad könnte zum einen auf die geringe Reaktivität der sekundären bzw. tertiären Alkoholgruppen zurückzuführen sein. Weiterhin könnten sterische Effekte die Zugänglichkeit der OH-Gruppen eingeschränkt haben. Tabelle 3.5 Ergebnisse bei der Veresterung von TRGO und TRGO mit Rizinusöl für 16 h bei 180 C, katalysiert durch DBTDL (1 wt.-%). Probe TRGO [wt.-%] C a [%] H a [%] O a [%] b M Riz [wt.-%] FG c [mol%] TRGO d TRGO 700 -Riz TRGO 700 -Riz TRGO e TRGO 400 -Riz a Bestimmt aus EA; b Massenverlust bei Onset-Temperatur 250 C, bestimmt aus TGA (N 2 ); c berechnet nach Formel 4; d OHZ = 1.07 mmol/g und e OHZ = 1.28 mmol/g. In Abbildung 3.18 sind die IR-Spektren der hergestellten Proben TRGO 700 -Riz sowie der Edukte TRGO und Rizinusöl gezeigt. TRGO TRGO 700 -Riz Rizinusöl Wellenzahl [cm -1 ] Abbildung 3.18 IR-Spektren der Edukte Rizinusöl und TRGO sowie das erhaltene Produkt TRGO 700 -Riz nach der Veresterung. 56

71 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO Der Erfolg der Veresterung bestätigt sich zum einen anhand der neu hinzukommenden Carbonyl-Schwingung bei 1740 cm -1. Weiterhin taucht ein Breites Signal bei 1450 cm -1, das auf die asymmetrische Deformationsschwingung des aliphatischen Esters zurückzuführen ist. Beide Signale schließen allerdings eine mögliche Intercalation von Rizinusöl nicht aus. Um die kovalente Anbindung der Rizinolsäure an TRGO beweisen zu können wurden im Weiteren Dispersionsversuche in Chloroform durchgeführt. Hierfür wurden zum einen 1%-ige Dispersionen von TRGO 700 und TRGO 700 -Riz in Chloroform durch 10 minütige Ultraschallbehandlung hergestellt. Anschließend wurden die Dispersionen für 1 h zentrifugiert. Abbildung 3.19 zeigt das Dispersionsverhalten von TRGO 700 und TRGO 700 -Riz in Chloroform vor und nach dem Zentrifugieren. Während sich TRGO 700 an der Gefäßwand absetzt, bildet das funktionalisierte Graphen TRGO 700 -Riz auch nach der einstündigen Behandlung stabile Dispersionen in Chloroform. Die verbesserte Kompatibilität in organischem Lösemittel lässt sich auf die kovalente Anbindung des hydrophoben C 17 -Restes des Rizinolsäure zurückführen. Nach Ultschallbehandlung Nach Zentrifugieren, 1 h, 8000 rpm TRGO TRGO 700 -Riz TRGO TRGO 700 -Riz Abbildung 3.19 Dispersionsversuche in Chloroform von TRGO 700 und TRGO 700 -Riz vor und nach dem Zentrifugieren. In einem weiteren Versuch wurde die kovalent angebundene Rizinolsäure von TRGO 700 -Riz durch Hydrolyse abgetrennt, wie es im Schema 3.6 dargestellt ist. Hierfür wurde TRGO 700 -Riz mit 1 M KOH-Lösung für 4 h bei 140 C umgesetzt. 57

72 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO Schema 3.6 Hydrolyse von TRGO 700 -Riz mit 1 M KOH-Lösung für 4 h bei 140 C. Abbildung 3.20 Zeigt das Dispersionsverhalten von TRGO 700 -Riz vor und nach der Hydrolyse mit KOH. Im direkten Vergleich zu TRGO 700 -Riz setzt sich die Probe nach dem Zentrifugieren komplett als Bodensatz ab. Unter diesen Bedingungen wurde die kovalent angebundene Rizinolsäure an der TRGO-Oberfläche abgespalten und die Löslichkeit in Chloroform herabgesetzt. Nach Ultschallbehandlung Nach Zentrifugieren, 1 h, 8000 rpm TRGO nach Hydrolyse TRGO 700 -Riz TRGO nach Hydrolyse TRGO 700 -Riz Abbildung 3.20 Dispersionsversuche in Chloroform von TRGO 700 -Riz und TRGO 700 -Riz, welches 4 h bei 140 C mit 1 M KOH-Lösung hydrolysiert wurde, vor und nach dem Zentrifugieren. Im Weiteren wurde die Dispersionsstabilität von TRGO 700-1, TRGO 700 -Riz und einer 1/1-Mischung aus TRGO und Rizinusöl in Chloroform (4 mg/ml) mit dem LUMiSizer untersucht. Die Sedimentationsanalysen wurden in einer 2 mm Polyamid-Küvette bei einer Drehzahl von 500 rpm und bei einer Temperatur von 25 C durchgeführt. Abbildung 3.21 zeigt die Integrale Transmission der verschiedenen Graphen-Dispersion in Abhängigkeit der Zeit. Analog zu den Ergebnissen in Abschnitt 3.3 weisen TRGO und die Mischung bestehend aus TRGO und Rizinusöl von Beginn an einen steilen Anstieg der Transmissionskurve auf, welche auf eine geringe Stabilität der Dispersionen schließen lässt. 58

73 Integrale Transmission [%] 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO Die Zugabe von Rizinusöl als Stabilisator verbesserte das Dispersionsverhalten von Graphen in Chloroform nicht. Die Lösung klarte sehr früh auf und im Vergleich zu reinem TRGO wurde sogar ein höherer Transmissionswert von 50% erzielt. Ein Vergleich der Küvetten nach der Messung zeigte allerdings, dass sich bei TRGO einzelne Graphenflocken an der Küvettenwand absetzten. Das Analysegerät ging demzufolge von einer stabileren Dispersion aus und verfälschte das Ergebnis. TRGO 700 -Riz weist im Vergleich dazu einen deutlich anderen Kurvenverlauf der Transmission auf. Zu Beginn ändert sich die Integrale Transmission kaum, d.h. die Dispersion bleibt stabil. Erst nach 20 min sedimentierten die Graphene langsam und der Transmissionswert steigt auf etwa 25 % an. Nach der Messung war die Dispersion immer noch dunkelgrau gefärbt, wie es bereits in den oben aufgeführten Dispersionsversuchen gezeigt wurde TRGO 700-1/Riz 1/1 TRGO TRGO 700 -Riz Zeit [min] Abbildung 3.21 Integrale Transmission in Abhängigkeit der Sedimentationszeit für 0.5%-ige Dispersionen bestehend aus TRGO 700-1, TRGO 700 -Riz und TRGO 700-1/Riz-Mischung in CHCl 3. Die kumulative Geschwindigkeitsverteilung und die Geschwindigkeitsverteilungsdichte der Graphendispersionen in Chloroform sind in Abbildung 3.22 in Abhängigkeit der Sedimentationsgeschwindigkeit dargestellt. Die Sedimentationsgeschwindigkeit korreliert mit der Stabilität der Graphenpartikel. Je geringer die Geschwindigkeit, desto stabiler ist die Dispersion. TRGO 700 -Riz weist im Vergleich zu den anderen Dispersionen eine breitere Geschwindigkeitsverteilung auf mit einem Maximum bei etwa 5 μms -1. Die Maxima der 59

74 Kumulative Geschwindigkeitsvert. Q(v) Geschwindigkeitsverteilungsdichte q(lnv) 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO Kurven von TRGO und der Mischung sind dagegen zu deutlichen höheren Sedimentationsgeschwindigkeiten verschoben und liegt für TRGO bei 100 μms -1 und für die Mischung sogar bei 500 μms -1. Die kovalente Anbindung der Rizinolsäure führt zu einer Vereinzelung der TRGO-Partikel, die deutlich langsamer sedimentierten als das unfunktionalisierte TRGO. 1,0 0,8 TRGO TRGO 700-1/Riz 1/1 TRGO 700 -Riz 1,0 0,8 0,6 0,6 0,4 0,4 0,2 0,2 0,0 0, Sedimentationsgeschwindigkeit v [ ms -1 ] Abbildung 3.22 Kumulative Geschwindigkeitsverteilung Q(v) und Geschwindigkeitsverteilungsdichte q(lnv) in Abhängigkeit der Sedimentationsgeschwindigkeit v für 0.5%-ige Dispersionen bestehend aus TRGO 700-1, TRGO 700 -Riz und TRGO 700-1/Riz-Mischung in CHCl Pfropfung von Propylenoxid via grafting-from Propylenoxid (PO) ist mit einer weltweiten Produktion von 4.5 Millionen Tonnen ein bedeutsames Monomer zur Herstellung von Polyetherpolyolen. [153] Die ringöffnende Polymerisation von PO kann anionisch, kationisch oder koordinativ erfolgen. [11] Im industriellen Maßstab erfolgt die Herstellung von PPO hauptsächlich über die anionische ringöffnende Polymerisation. Gängige Katalysatoren sind Lewis-Basen in polaren Systemen, wie z. B. Alkalimetallalkoholate, -hydride oder hydroxide. Zum Erreichen hoher Funktionalitäten in den Polyetherpolyolen werden als Initiatoren di- und trifunktionelle Alkohole, wie Polyproylenglykol (PPG). Polyethylenglykol (PEG), Tetramethylolpropan 60

75 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO (TMP) und Glycerin verwendet. Aber auch Verbindungen auf Naturstoffbasis wie Rohrzucker (Saccharose), Zuckeralkohol (Sorbit, Mannit) und Abbauprodukte der Stärke und Cellulose kommen häufig zum Einsatz. [3] Schema 3.7 zeigt den Mechanismus der anionischen ringöffnenden Polymerisation von Propylenoxid initiiert durch Kaliumhydroxid (KOH). [154] Im ersten Schritt wird das initiierende Alkoholat RO - durch Deprotonierung des entsprechenden Alkohols mit der Base KOH gebildet. Dieses greift das Monomer PO an der sterisch günstigeren, unsubstituierten Seite nukleophil an und öffnet den Dreiring unter Bildung eines sekundären Alkoholatanions, welches im Propagationsschritt wiederum ein Monomermolekül angreift. In einer Nebenreaktion deprotoniert der stark basische Initiator die Methylgruppe des PO, wodurch sich ein Allylalkohol bildet. Der Allylalkohol konkurriert mit dem ursprünglichen Initiator und führt zu ungesättigten Polyether als Nebenprodukt. Schema 3.7 Mechanismus der anionisch ringöffnenden Polymerisation von Propylenoxid (PO), initiiert durch Kaliumhydroxid (KOH). In diesem Teil der Arbeit diente TRGO und das in Abschnitt 3.3 vorgestellte alkylierte TRGO (TRGO-EC) als Startalkohol für die Polymerisation von PO. Zur Darstellung des Initiators 61

76 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO mit Kalium als Gegen-Ion wurden verschiedene Basen getestet, die in Schema 3.8 zusammengefasst sind. Schema 3.8 Durchgeführte Synthesen zur Herstellung des Initiators TRGO-O - K + und der anschließenden Polymerisation von Propylenoxid (PO). Nach Deprotonierung der OH-Gruppen des TRGO, wurde das entstehende TRGO-Alkoholat in dem vorher ausgeheizten Reaktor (Volumen 250 ml) unter Ar-Gegenstrom vorgelegt. Propylenoxid wurde vorsichtig bei RT injiziert und die Reaktionsmischung auf 120 C erhitzt. Da PO extrem giftig und explosiv ist, und hier im Labor keine geeignete Anlage für die Polymerisation zur Verfügung stand, wurde aus Sicherheitsgründen maximal ein Volumen von 10 ml PO in den Reaktor gegeben. Der Erfolg der Polymerisation wurde über den Druckabfall kontrolliert. Eine Standardmethode ist die Deprotonierung von Alkoholen mit Kaliummethylat. [3] PHAM et al. [155] stellten ausgehend von Graphitoxid und einer gesättigten Kaliummethylat- Lösung in Methanol den anionischen Starter für die Polymerisation von Glycidol her. In Anlehnung an diese Arbeiten, wurde TRGO für 4 h bei 80 C umgesetzt und anschließend mehrmals mit Methanol gewaschen. Nach Trocknen am Hochvakuum wurde der hergestellte 62

77 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO Initiator im Reaktor vorgelegt und mit PO bei 120 C zur Reaktion gebracht. Die Reaktion wurde nach 24 h Stunden abgebrochen, da keine Abnahme des PO-Druckes zu beobachten war. Entweder wurden die Alkoholate an der Oberfläche von TRGO bereits beim Waschprozess protoniert. Andererseits könnte die Zugänglichkeit der Alkoholate aufgrund der durchgeführten Polymerisation im Bulk eingeschränkt gewesen sein. Im Weiteren wurde die Polymerisation in Dispersion durchgeführt. Vorteil besteht darin, dass der TRGO-Schichtabstand in Dispersion größer ist und die Alkoholate besser zugänglich sind. Als Base wurde 1 M Kaliumnaphthalid-Lösung in THF gewählt. Kaliumnaphthalid ist ein Radikalanion und zeichnet sich durch seine dunkelgrüne Färbung aus. In Gegenwart von Alkoholen bzw. Wasser entfärbt sich die Lösung unter Bildung von Naphthalin, 2,4-Dihydroxynaphhthalin und dem entsprechenden Alkoholat. [156] In diesem Zusammenhang wurde TRGO in trockenem THF für 10 min im Ultraschallbad dispergiert und anschließend mit 1 M Kaliumnaphthalid-Lösung in THF titriert bis eine leichte gelbgrün-färbung des Reaktionsgemisches zu erkennen war. Da die Dispersionen von TRGO bzw. TRGO-EC schwarz sind, war der genaue Zeitpunkt der Grünfärbung nicht zu erkennen. Es wurde daher immer mit einem geringen Überschuss an Kaliumnaphthalid gearbeitet. Die Reaktionsmischung wurde für 10 min im Ultraschallbad dispergiert und für eine weitere Stunde bei RT gerührt. Anschließend wurde die Dispersion im Reaktor vorgelegt und nach Zugabe von PO auf 120 C erhitzt. In Tabelle 3.6 sind die durchgeführten Reaktionen zusammengefasst. Als Startalkohole wurden die reinen Graphene TRGO und TRGO 400-2, sowie die alkylierten Graphene TRGO 700 -EC-180 und TRGO 400 -EC-180 aus Abschnitt 3.3 eingesetzt. Das Molverhältnis von PO zu den Hydroxylgruppen von TRGO bzw. TRGO-EC betrug immer 466, um die Reaktivität der Startalkohle direkt vergleichen zu können. Die Polymerisationen wurden 24 h bei 120 C im Reaktor durchgeführt. In allen Fällen wurde ein Druckabfall beobachtet, der den Erfolg der Polymerisation bestätigte. Das entstandene Homopolymer PPO sowie Naphthalin und Dihydroxynaphthalin wurden durch mehrmaliges Waschen und Filtrieren in Chloroform von TRGO-PPO entfernt und für eine spätere Charakterisierung mittels NMR und GPC gesammelt. Das aufgereinigte TRGO-PPO wurde am HV bei 80 C getrocknet und mittels TGA, IR-Spektroskopie und anhand von Dispersionsversuchen charakterisiert. 63

78 Masse [%] 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO Tabelle 3.6 TRGO und TRGO-EC als Startalkohole für die Polymerisation von Propylenoxid (PO) bei 120 C für 24 h mit einem Molverhältnis von PO zu OH-Gruppen des TRGO von 466. a OHZ TGA (TRGO) PPO grafted Umsatz Probe TRGO [mmol/g] [wt.-%] [%] TRGO 700 -PPO TRGO TRGO 700 -EC-PPO TRGO 700 -EC TRGO 400 -PPO TRGO TRGO 400 -EC-PPO TRGO 400 -EC a Menge an gepfropften PPO bestimmt aus TGA. Der Gehalt an gepfropften PPO an TRGO (PPO grafted) wurde mit Hilfe der TGA bestimmt und ist in Abbildung 3.23 am Beispiel von TRGO gezeigt TRGO TRGO 700 -EC TRGO 700 -PPO TRGO 700 -EC-PPO Temperatur [ C] PPO (2000 g/mol) Abbildung 3.23 TGA-Kurven der Edukte TRGO und TRGO 700 -EC-180 und der jeweiligen Produkte TRGO 700 -PPO und TRGO 700 -EC-PPO nach der Polymerisation von PO, sowie das abgetrennte Homopolymer PPO. Sowohl TRGO 400 -EC-180 als auch die PPO-gepfropften Graphene zersetzen sich zwischen 300 und 400 C. In diesem Temperaturbereich findet die Etherspaltung der Polyetherketten statt. Unter Verwendung von TRGO als Startalkohol beträgt die Menge an gepfropften PPO 38%. Ausgehend von TRGO 700 -EC-180 wurde ein Massenverlust von insgesamt 70% beobachtet. Dabei sind 11% der abgebauten Masse auf den Alkylrest bzw. intercaliertes Ethylencarbonat der Ausgangsverbindung zurückzuführen. Für die Menge an PPO grafted ergibt 64

79 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO sich demnach aus Differenzbildung ein Wert von 59%. Der höhere Funktionalisierungsgrad lässt sich auf zwei Effekte zurückführen. Zum einen zeichnen sich die alkylierten Graphene im Vergleich zu reinem TRGO durch das Vorliegen von primären OH-Gruppen aus, die eine höhere Reaktivität im Vergleich zu sekundären und tertiären Alkoholen aufweisen. Zum anderen fungiert die angebundene Alkylkette als flexibler Spacer und erhöhte die Zugänglichkeit der OH-Gruppen gegenüber der verwendeten Base. Gleiches Verhalten zeigt sich auch bei der Untersuchung der Startalkohle TRGO und TRGO 400 -EC-180. Hier betrug die Menge an gepfropften PPO 42 bzw. 57%. Abbildung 3.24 zeigt exemplarisch das IR-Spektrum der Probe TRGO 700 -PPO im Vergleich zu TRGO und PPO. Die charakteristischen Banden von PPO sind im Spektrum von TRGO 700 -PPO aufzufinden. Darunter zählen die Banden bei 2965 und 2850 cm -1, welche von den CH 2 - und CH 3 -Schwingungen hervorgerufen werden. Neu hinzu kommend sind auch die Banden bei 1450 und 1100 cm -1, die auf die CH 3 -CO- und C-O-Streckschwingungen von PPO zurückzuführen sind. Die neu erscheinenden Banden im PPO-funktionalisiertem Graphen schließen allerdings eine mögliche Intercalation von PPO nicht aus. TRGO TRGO 700 -PPO PPO (2000 g/mol) Wellenzahl [cm -1 ] Abbildung 3.24 IR-Spektren von TRGO 700-2, TRGO 700 -PPO und dem Homopolymer PPO. Das Dispersionsverhalten der PPO-funktionalisierten Graphene in H 2 O, THF und CHCl 3 ist in Abbildung 3.25 dargestellt. Die jeweils 0.5%-igen Dispersionen wurde für 10 min im 65

80 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO Ultraschallbad dispergiert und die Aufnahmen nach einer Verweilzeit von 24 h angefertigt. TRGO weist eine geringe Dispersion in allen drei Medien auf und setzt sich bereits nach einigen Stunden am Gefäßboden ab. Im Vergleich dazu bilden die Proben TRGO 700 -PPO und TRGO 700 -EC-PPO stabile Dispersionen in Chloroform, die eine kovalente Anbindung der PPO-Ketten bestätigen. In einem Blindversuch wurde das Dispersionsverhalten von TRGO 700 und PPO (2000 g/mol) im Verhältnis 1/1 in Chloroform überprüft. Analog zu reinem Graphen kommt es sehr schnell zu einer Ausflockung der Graphenpartikel. TRGO TRGO 700 -EC-180 TRGO 700 -PPO TRGO 700 -EC-PPO H 2 O THF CHCl 3 H 2 O THF CHCl 3 Abbildung 3.25 Dispersionsverhalten von TRGO und der PPO-funktionalisierten Graphene TRGO PPO und TRGO EC-PPO nach 24 h in H 2 O, THF und CHCl 3 (5 mg/ml). 3.6 Pfropfung von 3-Ethyl-3-Hydroxymethyloxetan via grafting-to Als eine Erweiterung der grafting-to Methode zählt die Pfropfung von wachsenden Polymerketten an die Graphen-Oberfläche ab einem bestimmten Polymerisationsgrad, die auch als in-situ Polymerisation definiert ist. Diese Methode fällt in die Kategorie grafting-to, da die Polymerisation nicht ausgehend von Graphen erfolgt sondern das gebildete Polymer erst ab einem bestimmten Molekulargewicht an die Oberfläche angeknüpft wird. [102] Ein Vorteil dieser Methode ist, dass weder Graphen noch das Polymer vorher modifiziert werden müssen. In diesem Abschnitt wird die kationisch ringöffnende in-situ Polymerisation des 66

81 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO cyclischen Ethers 3-Ethyl-3-Hydroxymethyloxetan (EHO) ausgenutzt, um ausgehend von TRGO hyperverzweigte Polyetherpolyole kovalent anzubinden. GAO et al. [157] berichteten erfolgreich über die Pfropfung von hyperverzweigten Poly-3-Ethyl- 3-Hydroxymethyloxetan (PEHO) an Kohlenstoffnanoröhren. Die Menge an gepfropften PEHO variierte zwischen 20 und 87% und konnte über das EHO/CNT-Gewichtsverhältnis gesteuert werden. Die PEHO-funktionalisierten CNTs zeichneten sich durch eine hohe Anzahl an Hydroxylgruppen an der CNT-Oberfläche aus, die eine hervorragende Dispergierbarkeit in polaren Lösemitteln wie Methanol, Ethanol, DMF und DMSO ermöglichen und für eine weitere Funktionalisierung zugänglich sind. In Anlehnung an diese Arbeiten erfolgte die kovalente Anbindung von hyperverzweigten Polyetherpolyolen an TRGO über eine kationisch ringöffnende in-situ Polymerisation des cyclischen Ethers EHO in Gegenwart von BF 3 OEt 2 nach Abbildung Abbildung 3.26 Kationisch ringöffnende in-situ Polymerisation von 3-Ethyl-3-Hyrdoxymethyloxetan (EHO) in Gegenwart von TRGO und katalysiert durch BF 3 OEt 2. Eine Dispersion von TRGO in CH 2 Cl 2 (4 mg/ml) wurde mit dem Initiator BF 3 OEt 2 versetzt und 10 min im Ultraschallbad dispergiert. Anschließend wurde EHO innerhalb von 2 h bei RT langsam zu der TRGO/CH 2 Cl 2 -Dispersion zugetropft. Um TRGO mit unterschiedlich langen PEHO-Ketten zu funktionalisieren, wurde das Gewichtsverhältnis von EHO/TRGO zwischen 10 und 100 variiert. Das Monomer/Initiator-Verhältnis von EHO/BF 3 OEt 2 betrug für alle durchgeführten Experimente 10/1. Die Reaktionsmischung wurde für weitere 48 h bei RT gerührt und durch Zugabe eines Überschusses an Ethanol abgebrochen. Bei der Reaktion entstand sowohl PEHO-funktionalisiertes TRGO (TRGO- PEHO) als auch freies PEHO. Das Homopolymer wurde durch sukzessives Waschen und Filtrieren mit EtOH, Pyridin und CHCl 3 entfernt und für eine spätere Charakterisierung 67

82 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO mittels NMR und GPC gesammelt. Das aufgereinigte TRGO-PEHO wurde am HV bei 120 C getrocknet und mittels TGA, IR-Spektroskopie und anhand von Dispersionsversuchen charakterisiert. Die OH-Zahl der PEHO-funktionalisierten Graphene wurde durch Umsetzung mit Phenylisocyanat (vgl. Abschnitt 3.2) bestimmt. In Tabelle 3.7 sind die durchgeführten Reaktionen und die erhaltenen Ergebnisse für die in-situ Polymerisation von EHO in Gegenwart von TRGO zusammengefasst. Tabelle 3.7 Ergebnisse der kationischen ROP von EHO in Gegenwart von TRGO Probe EHO/TRGO PEHO grafted [g/g] [mol/mol] a [wt.-%] b OHZ c [mmol/g] OHZ d TRGO [mmol/g] TRGO 400 -PEHO TRGO 400 -PEHO TRGO 400 -PEHO a Molverhältnis EHO zu OH-Gruppen von TRGO (1.3 mmol/g); b Menge an gepfropften PEHO bestimmt aus TGA; c Titration der OH-Gruppen durch Umsetzung mit Phenylisocyanat; d OHZ bezogen auf TRGO. Der Gehalt an gepfropften PEHO an TRGO wurde mit Hilfe der TGA bestimmt und ist in Abbildung 3.27 gezeigt. Zum Vergleich sind zusätzlich die TGA-Kurven von TRGO 400 und des Homopolymers PEHO dargestellt. Im Gegensatz zu TRGO zersetzen sich die PEHOgepfropften Graphene in Abhängigkeit des Gewichtsverhältnisses EHO/TRGO zwischen 300 und 380 C. In diesem Temperaturbereich tritt die Etherspaltung der hyperverzweigten Polyetherpolyole ein. Wurde das EHO/TRGO-Verhältnis von 10/1 auf 100/1 erhöht, steigt die Menge an gepfropften PEHO von 41 auf 52% an. Gleichzeitig verschiebt sich die Zersetzungstemperatur T d zu höheren Temperaturen von 320 C in TRGO 400 -PEHO-1 auf 350 C in TRGO 400 -PEHO-3. Analoges Verhalten wurde von Gao et al. an PEHO-funktionalisierten CNTs beobachtet, die unter den gleichen Reaktionsbedingungen hergestellt wurden. [157] Dieser Effekt ließ sich mit Hilfe der GPC auf ein zunehmendes Molekulargewicht M n mit einem ansteigendem EHO/CNT-Verhältnis zurückführen, während die Molmasse der entsprechenden Homopolymere sich kaum unterschied. Dieses Verhalten ist weiterhin vergleichbar mit der Synthese von hyperverzweigten Polymeren, deren Initiierung ausgehend von Kernmolekülen erfolgte. [ ] Je kleiner die Menge an Initiatormolekülen ist, desto größer ist das resultierende Molekulargewicht der hyperverzweigten Polymere. Obwohl hier keine Abtrennung und anschließende Charakterisierung der kovalent angebundenen PEHO-Ketten möglich war, kann angenommen 68

83 Masse [%] 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO werden, dass mit zunehmenden EHO/TRGO-Gehalt die Anzahl der initiierenden OH-Gruppen an der TRGO-Oberfläche kleiner wurde und folglich zu einem höheren Molekulargewicht und gepfropften Anteil an PEHO führte. Die abgetrennten Homopolymere weisen zahlenmittlere Molmassen M n zwischen 1600 g/mol und 2100 g/mol mit Verzweigungsgraden zwischen 40 und 51% auf, und stimmten gut mit den literaturbekannten Werten überein. [163,164] TRGO TRGO 400 -PEHO-1 TRGO 400 -PEHO-2 TRGO 400 -PEHO-3 PEHO Temperatur [ C] Abbildung 3.27 TGA-Kurven von TRGO 400-2, PEHO und den PEHO-funktionalisierten Graphenen TRGO 400 -PEHO gemessen unter N 2. Weiterhin geht die OH-Zahl der funktionalisierten Graphene einher mit der gepfropften Menge an PEHO und nimmt von 2.1 mmol/g für TRGO 400 -PEHO-1 auf 3.9 mmol/g für TRGO 400 -PEHO-3 zu. Die OHZ bezogen auf TRGO nach der Pfropfung von PEHO wurde mit Hilfe Formel 6 bestimmt. Für TRGO 400 -PEHO-3 ergibt sich hierbei ein Wert von 8.2 mmol/g TRGO, d.h. die OH-Zahl von TRGO 400 (1.3 mmol/g) wurde um den Faktor 6 erhöht. (6) OHZ TRGO : 1.3 mmol/g w(peho grafted ): Menge an gepfropften PEHO in % 69

84 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO Abbildung 3.28 zeigt exemplarisch das IR-Spektrum der hergestellten Probe TRGO 400 -PEHO-3 im Vergleich zu TRGO und PEHO. Im Unterschied zu reinem TRGO taucht bei TRGO 400 -PEHO-3 eine neue Schwingung bei 1100 cm -1 auf, die auf die C-O- Streckschwingung der kovalent angebundenen Polyetherpolyole zurückzuführen ist. Ein weiteres Indiz der erfolgreichen Umsetzung stellt das verbreiterte Signal der O-H-Deformationsschwingung bei 1616 cm -1 dar, welches durch die anwachsende OH-Zahl an der TRGO Oberfläche hergerufen wird. TRGO TRGO 400 -PEHO-3 PEHO Wellenzahl [cm -1 ] Abbildung 3.28 IR-Spektren von TRGO, TRGO 400 -PEHO und dem Homopolymer PEHO. Die kovalente Anbindung von hyperverzweigtem PEHO an TRGO wurde im Weiteren anhand von Dispersionsversuchen in Wasser, Ethanol, Pyridin und Chloroform überprüft. Hierfür wurden 0.5%-ige Dispersionen von TRGO und TRGO 400 -PEHO-3, sowie TRGO 400 /PEHO-Mischungen im Verhältnis 1/1 im jeweiligen Lösemittel für 10 min im Ultraschallbad dispergiert. Abbildung 3.29 a) zeigt zunächst das Dispergierverhalten von TRGO 400 -PEHO-3 im Vergleich zu reinem TRGO 24 h nach der Ultraschallbehandlung. Während TRGO 400 sich in allen Lösemitteln am Gefäßboden absetzt, bildet das funktionalisierte Graphen TRGO 400 -PEHO-3 stabile Dispersionen in den organisch polaren Lösemitteln wie Ethanol und Pyridin. Die Dispergierbarkeit in Wasser und Chloroform wird dagegen nicht verbessert. Zum Vergleich wurde in Abbildung 3.29 b) das Dispersionsverhalten einer Mischung bestehend aus TRGO und PEHO in Pyridin 70

85 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO hergestellt. Analog zu reinem TRGO sedimentiert Das TRGO aus der Mischung bereits nach 24 h an den Gefäßboden. Das PEHO-funktionalisierte TRGO zeigt dagegen über Wochen stabile Dispersionen in Pyridin und bestätigt die kovalente Anbindung des hyperverzweigten Polyetherpolyols. a) TRGO b) TRGO TRGO/PEHO (1/1) TRGO-PEHO TRGO 400 -PEHO-3 H 2 O EtOH Pyridin CHCl 3 Pyridin Abbildung 3.29 Löslichkeitsversuche von (a) TRGO und TRGO 400 -PEHO-3 in H 2 O, EtOH, Pyridin und CHCl 3 und (b) TRGO 400-2, TRGO 400 -PEHO-3 und 1/1-Mischung aus TRGO 400 und PEHO in Pyridin 24 h nach 10 minütiger Ultraschallbehandlung. Im Weiteren wurde die Stabilität der verschiedenen Graphen-Dispersionen in Pyridin mit Hilfe des Dispersionsanalysators LUMiSizer untersucht. Die Sedimentationsanalysen wurden in einer 2 mm Polyamid-Küvette bei einer Drehzahl von 500 rpm und bei einer Temperatur von 25 C durchgeführt. Abbildung 3.30 zeigt zunächst die Integrale Transmission der verschiedenen Graphen-Dispersionen in Abhängigkeit der Sedimentationsgeschwindigkeit. Aus einem starken Anstieg der Intergralen Transmission kann auf eine niedrige Stabilität der Dispersion geschlossen werden. Sowohl TRGO als auch die 1/1-Mischung bestehend aus TRGO und PEHO zeigen bereits zu Beginn der Messung sehr hohe Transmissionswerte, d.h. die Lösung klart ziemlich schnell auf und die Konzentration an dispergierten Graphen-Partikel in der Dispersion sinkt. TRGO 400 -PEHO-3 weist im Vergleich dazu einen deutlich geringeren Anstieg der Integralen Transmission auf, d.h. die Dispersion besitzt eine höhere Stabilität. Die kovalente Anbindung von PEHO an der TRGO-Oberfläche führte zu einer Exfolierung der Graphene, die deutlich langsamer sedimentierten als das unfunktionalisierte Graphen. Auch die TRGO/PEHO-Mischung sedimentierte etwas langsamer als TRGO, d.h. PEHO wirkte zum Teil als Tensid und verbesserte die Stabilität der Dispersion geringfügig. Das Maximum der Transmissionskurve liegt allerdings unterhalb derjenigen von TRGO Dieser Effekt lässt sich wiederum damit 71

86 Integrale Transmission [%] 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO erklären, dass sich in dieser Probe einzelne Graphenflocken an der Küvettenwand absetzten, das Analysegerät von einer stabileren Dispersion ausging und somit das Ergebnis verfälschte TRGO 400-2/PEHO TRGO TRGO 400 -PEHO Zeit [min] Abbildung 3.30 Integrale Transmission in Abhängigkeit der Sedimentationszeit für 0.5%-ige Dispersionen bestehend aus TRGO 400-2, TRGO 400 -PEHO-3 und TRGO 400-2/PEHO-Mischung in Pyridin. In Abbildung 3.31 sind die kumulative Geschwindigkeitsverteilung und die Geschwindigkeitsverteilungsdichte in Abhängigkeit der Sedimentationsgeschwindigkeit für die verschiedenen Graphen/Pyridin-Dispersionen aufgetragen. Die Sedimentationsgeschwindigkeit korreliert mit der Stabilität der Graphenpartikel. Je geringer die Geschwindigkeit ist, desto stabiler ist die Dispersion. Obwohl TRGO 400 -PEHO-3 im Vergleich zu TRGO und der TRGO 400-2/PEHO-Mischung die breiteste Geschwindigkeitsverteilung mit Werten zwischen 0.1 und 100 μm s -1 aufweist, liegt das Maximum der Geschwindigkeitsverteilungsdichte bei einer deutlich geringeren Sedimentationsgeschwindigkeit. Die Maxima der Mischung und insbesondere von TRGO sind zu höheren Sedimentationsgeschwindigkeiten verschoben. Die Dispersionsstabilität nimmt demzufolge in der Reihenfolge TRGO < TRGO 400 /PEHO < TRGO 400 PEHO-3 zu. 72

87 Kumulative Geschwindigkeitsvert. Q(v) Geschwindigkeitsverteilungsdichte q(lnv) 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO 1,0 0,8 0,6 0,4 TRGO TRGO 400 /PEHO 1/1 TRGO 400 -PEHO-3 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,2 0,1 0, Sedimentationsgeschwindigkeit v [ ms -1 ] 0,0 Abbildung 3.31 Kumulative Geschwindigkeitsverteilung Q(v) und Geschwindigkeitsverteilungsdichte q(lnv) in Abhängigkeit der Sedimentationsgeschwindigkeit v für 0.5%-ige Dispersionen bestehend aus TRGO 400-2, TRGO 400 -PEHO-3 und TRGO 400-2/PEHO-Mischung in Pyridin. In Zusammenarbeit mit B. KERSCHER wurden in einem weiteren Schritt die Hydroxylgruppen der PEHO-funktionalisierten Graphene tosyliert und anschließend die Tosylgruppen durch die Reaktion mit 1-N-Methylimidazol substituiert (vgl. Abbildung 3.32). [163] Auf diese Weise wurden Graphene mit kovalent angebundenen hyperverzweigten polyionischen Flüssigkeiten mit N-Methyl-substituierten Imidazoliumkationen und Tosylatanionen (TRGO-PEHO- C 1 ImOTs) generiert, die über Wochen stabile Dispersionen in Wasser bildeten (s. Abbildung 3.33). 73

88 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO Abbildung 3.32 Funktionalisierung von TRGO mit hyperverzweigten polyionischen Flüssigkeiten mit N-Methyl-substituierten Imidazoliumkationen und Tosylatanionen (TRGO-PEHO-C 1 ImOTs). TRGO TRGO-PEHO- C 1 ImTos Abbildung 3.33 Dispersionen von TRGO und TRGO-PEHO-C 1 ImTos in H 2 O (2 mg/ml). 74

89 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO 3.7 Fazit Zur Herstellung funktionalisierter Graphene wurde Graphitoxid (GO) als Ausgangsmaterial verwendet, welches nach der Methode von HUMMERS und OFFEMAN synthetisiert wurde. [82] GO wurde durch abruptes Erhitzen auf Temperaturen zwischen 400 und 1000 C unter Stickstoffatmosphäre in einem Drehrohrofen thermisch reduziert. Die Eigenschaften von TRGO ließen sich über die Reduktionstemperatur steuern. Je höher die Temperatur, desto mehr funktionelle Gruppen lösten sich ab, was sich in einer Abnahme des Sauerstoffgehalts und demzufolge der Anzahl an Hydroxylgruppen bemerkbar machte. Gleichzeitig nahm mit einer Erhöhung der Reduktionstemperatur der Kohlenstoffgehalt zu, wodurch sich die elektrische Leitfähigkeit der Graphene erhöhte. Die Quantifizierung der OH-Gruppen erfolgte über die Reaktion mit Phenylisocyanat zu Phenylurethan. Eine vollständige Umsetzung der reaktiven OH-Funktionalitäten wurde nach 3 Tagen beobachtet. Die OH-Zahl wurde sowohl über den gemessenen Stickstoffanteil in der Elementaranalyse (EA) als auch über den thermischen Abbau des gebildeten Phenylurethans mittels Thermogravimetrischer Analyse (TGA) bestimmt, und variierte in Abhängigkeit der Reduktionstemperatur von C zwischen 1.4 und 0.5 mmol OH/g TRGO. Die katalytische Umsetzung von TRGO mit Ethylencarbonat (EC) bei 180 C führte ausschließlich zum Alkylierungsprodukt. Ein Hinweis auf den Erfolg der Reaktion war die neu hinzukommende Ether-Schwingung bei 1100 cm -1 im IR-Spektrum sowie das verbesserte Löslichkeitsverhalten in CHCl 3. Die Ringöffnungsreaktion unterhalb von 170 C konnte anhand von 1 H-NMR-Untersuchungen des Vergleichssystems Phenol ausgeschlossen werden. Trotz gründlicher Aufarbeitung der alkylierten Graphene lag intercaliertes Ethylencarbonat zwischen 7 und 9% vor, welches sowohl über den hohen Sauerstoffgehalt in den EA- Ergebnissen als auch anhand der Carbonyl-Schwingung bei 1740 cm -1 im IR-Spektrum bestätigt werden konnte. Bei der Veresterung der OH-Gruppen von TRGO mit Rizinusöl (TRGO-Riz) wurden Funktionalisierungsgrade zwischen 59 und 64 mol% erhalten. Der Erfolg der Veresterung wurde zum einen anhand der Carbonyl-Schwingung bei 1740 cm -1 im IR-Spektrum bestätigt. Zum anderen bildete TRGO-Riz im Vergleich zu TRGO und einer 1/1-Mischung bestehend aus TRGO und Rizinusöl stabile Dispersionen in Chloroform, die zusätzlich mit dem Stabilitätsanalysator LUMiSizer überprüft wurden. Ein durchgeführte Hydrolyse in 75

90 3 HERSTELLUNG UND FUNKTIONALISIERUNG VON TRGO 1M KOH führte zu einer Abspaltung der Rizinolsäure und setzte die Löslichkeit in Chloroform wieder herab. Ausgehend von Graphen wurde Propylenoxid (PO) via grafting-from aufpolymerisiert. Die Pfropfung erfolgte über eine anionisch ringöffnende Polymerisation, bei der sowohl TRGO als auch das alkylierte Graphen TRGO-EC als Startalkohole verwendet wurde. Die OH- Gruppen wurden mit einer 1 M Kaliumnaphthalid-Lösung in THF deprotoniert und die Polymerisationen im Reaktor bei 120 C für 24 h durchgeführt. Die gepfropfte Menge an PPO variierte in Abhängigkeit des Startalkohols zwischen 38 und 59 wt.-%, wobei unter Verwendung von TRGO-EC die höchsten Funktionalisierungsgrade erzielt wurden. Im Vergleich zu TRGO zeichnete sich TRGO-EC durch das Vorliegen primäre OH-Gruppen aus, die eine höhere Reaktivität als sekundäre bzw. tertiäre Alkohole aufweisen. Zudem könnte eine bessere Zugänglichkeit der Hydroxylgruppen bei der Initiierung eine Rolle gespielt haben. Die kovalente Anbindung von hyperverzweigten Polyetherpolyolen an TRGO erfolgte über eine kationisch ringöffnende in-situ Polymerisation des cyclischen Ethers 3-Ethyl-3- Hydroxmethyloxetan (EHO) in Gegenwart von BF 3 OEt 2. Mit zunehmendem EHO/TRGO- Verhältnis stieg der Gehalt an gepfropften PEHO von 41 auf 52 wt.-% und die OH-Zahl von 2.1 auf 3.6 mmol/g an. PEHO-funktionalisiertes TRGO zeigte über Wochen stabile Dispersionen in EtOH und Pyridin, die auf die kovalente Anbindung von PEHO zurückzuführen ist. In Zusammenarbeit mit B. KERSCHER wurden die PEHO-funktionalisierten Graphene erfolgreich zu hyperverzweigten polyionischen Flüssigkeiten mit N-Methylsubstituierten Imidazoliumkationen und Tosylatanionen (TRGO-PEHO-C 1 OTs) weiter modifiziert. Es wurden auf diese Weise funktionalisierte Graphene zugänglich, die über Wochen stabile Dispersionen in Wasser (ph = 7) bildeten. 76

91 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE 4 Nanocomposite auf Basis von Polyurethan-Gießelastomeren Graphenverstärkte Polyurethane sind seit Jahren im Fokus der Forschung und der Industrie. Die Einarbeitung von Graphenen mit ihrem herausragenden Aspektverhältnis machen Nanocomposite zugänglich, die eine verbesserte elektrische und thermische Leitfähigkeit, sowie eine erhöhte Zugfestigkeit und Härte als das reine Polymer aufweisen. Zudem kann die Gasdurchlässigkeit verringert, die Absorption von UV- und IR-Strahlung gesteigert und die Kratz- und Bruchfestigkeit verbessert werden. [70,133,134] Zur Herstellung von Polymernanocompositen mit effizienter Matrixverstärkung ist neben einem großen Aspektverhältnis die Dispergierung des Füllstoffs in der Polymermatrix maßgeblich. Je besser die Dispergierung des Füllstoffs erfolgt, desto höher ist der Grenzflächenkontakt zwischen dem Füllstoff und dem Matrixpolymer. Um die Wechselwirkung zwischen der Polymermatrix und dem Füllstoff zu verbessern, wird neben dem Zusatz von Haftvermittlern oft eine organische Modifizierung der Füllstoffoberfläche vorgenommen. [113,165,166] Eine andere Möglichkeit besteht darin, den Füllstoff durch in-situ Polymerisation kovalent an die Polymermatrix zu knüpfen. [27] Wie bereits in Kapitel 3 beschrieben, zeichnet sich thermisch reduziertes Graphitoxid (TRGO) im Gegensatz zu idealem Graphen oder Carbon Nanotubes durch das Vorliegen kantenständiger OH-Gruppen aus, die je nach Reduktionstemperatur zwischen 0.5 und 1.5 mmol OH/g TRGO variieren. Neben der Möglichkeit TRGO zu funktionalisieren, ermöglichen die OH-Gruppen eine kovalente Anbindung des TRGO an die PU-Matrix durch die Reaktion dieser mit den Isocyanatgruppen zu Urethanen. Diese Eigenschaft, kombiniert mit hoher Steifigkeit und Festigkeit sowie elektrischer Leitfähigkeit, machen TRGO zu einem vielversprechenden Nanofüllstoff für die Herstellung von Polyurethan-Gießelastomeren durch in-situ Polymerisation. Bisherige Untersuchungen auf dem Gebiet von PU/Graphen-Nanocompositen beziehen sich ausschließlich auf thermoplastische Polyurethane (TPU). SONG et al. [128] untersuchten die mechanischen und morphologischen Eigenschaften von PU/Graphen-Nanocompositen, die per in-situ Polymerisation in DMF hergestellt wurden. Infolge der Reaktion zwischen sauerstoffhaltigen funktionellen Gruppen an der Graphen-Oberfläche und dem Isocyanatterminierten PU, führte die Einarbeitung von 4.4 wt.-% zu einer signifikanten Erhöhung des E-Moduls um 900% und der Härte um 327%. Weiterhin zeigte eine Untersuchung der Morphologie eine starke Wechselwirkung zwischen den Graphenen und den PU- Hartsegmenten. Aufgrund ihrer 2D-Struktur unterdrücken die Graphen-Schichten allerdings die Kristallisation der Hartsegmente, was sich an einer abnehmenden Zugfestigkeit bemerkbar 77

92 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE macht. HU et al. [107] stellten PU/CRGO-Nanocomposite via in-situ Polymerisation in DMF her. Mit 2 wt.-% Füllstoffgehalt wurde der E-Modul um 202% und die Zugfestigkeit um 239% erhöht. Die elektrische Leitfähigkeit konnte geringfügig von auf Scm -1 gesteigert werden. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse wird in diesem Kapitel die Herstellung von TRGO-Nanocompositen auf Basis von PU-Gießelastomeren durch in-situ Polymerisation vorgestellt. Viele der oben beschriebenen Prozesse arbeiten mit Lösungsmitteln. Im industriellen Maßstab ist die lösungsmittelfreie Herstellung von Nanocompositen per in-situ Polymerisation jedoch wesentlich attraktiver. In dieser Arbeit wurden die PU/TRGO- Nanocomposite lösungsmittelfrei per in-situ Polymerisation hergestellt. Hierfür wurde das funktionalisierte Graphen in der Polyolkomponente dispergiert und anschließend mit dem Diisocyanat zum PU-Elastomer umgesetzt. Um eine wirkungsvolle Dispersion im Polyol und später im PU-Gießelastomer zu erzielen, erfolgte die Dispergierung des Füllstoffs sowohl mit dem Ultraturrax (UT) als auch mit dem Hochdruckhomogenisator (HH). Es wurden verschiedene PU-Rezepturen verwendet, die sich hinsichtlich ihres Hartsegmentanteils unterscheiden (23%, 29% und 33%), um den Einfluss der Hartsegmente auf die Dispergierung von TRGO und den daraus folgenden mechanischen Eigenschaften für die PU/TRGO-Nanocomposite zu untersuchen. Zum Vergleich wurden Nanocomposite mit kommerziell erhältlichen kohlenstoffbasierten Nanofüllstoffe wie Carbon Black und Carbon Nanotubes hergestellt. Weiterhin wurden die in Kapitel 3 hergestellten funktionalisierten Graphene eingearbeitet. Ziel war es hier, die Kompatibilität zwischen den TRGO-Schichten und der PU-Matrix zu erhöhen. Alle hergestellten Nanocomposite wurden auf ihre mechanischen, thermischen und elektrischen Eigenschaften untersucht. 78

93 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE 4.1 Herstellung der PU-Nanocomposite Zur Herstellung der PU-Nanocomposite wurde ein 2-Komponenten PU-Elastomer der Firma Bayer als Polymermatrix verwendet. Um die Wechselwirkung zwischen Graphen und den Hartsegmenten zu untersuchen, wurden die Hartsegmentanteile in der PU-Rezeptur variiert. In Tabelle 4.1 sind die verwendeten Polyurethanrezepturen zusammengefasst. Der Hartsegmentanteil setzt sich zusammen aus dem Diisocyanat Desmodur PF und dem Kettenverlängerer 1,4-Butandiol und beträgt 23 wt.-% bei PU23, 29 wt.-% bei PU29 und 33 wt.-% bei PU33. Als Polyolkomponente wurde ein 6:1-Gemisch aus Diol (Desmophen L2830, M n =2000 g/mol) und Triol (Bayflex 5123 X, M n =6000 g/mol) basierend auf Polypropylenoxid verwendet. Die Kennzahl betrug immer 1.02, d.h. es lag ein 2%-iger Überschuss an Diisocyanat vor. Als Füllstoffe wurden neben den hergestellten funktionalisierten Graphenen aus Kapitel 3, die kommerziell erhältlichen Füllstoffe Carbon Black (CB) und Multiwalled Carbon Nanotubes (CNT) eingesetzt. Der Füllstoffgehalt variierte zwischen 0.25 und maximal 2.0 wt.-%. Aufgrund der starken Viskositätszunahme in der Polyolkomponente und der damit verbundenen schlechten Verarbeitbarkeit konnte der Füllstoffgehalt nicht weiter erhöht werden. Tabelle 4.1 Verwendete PU-Rezepturen mit unterschiedlichen Hartsegmentanteilen. Komponente Verbindung PU23 PU29 [wt.-%] [wt.-%] PPO-Diol Desmophen L2830 (M n = 2000 g/mol) PPO-Triol Bayflex 5123 X (M n =6000 g/mol) PU33 [wt.-%] Kettenverlängerer 1,4-Butandiol Katalysator DABCO-25-S Diisocyanat MDI Desmodur PF Hartsegmentanteil Die Herstellung aller Nanocomposite erfolgte über eine in-situ Polymerisation in drei Schritten. Im ersten Schritt wurden die Füllstoffe in der Polyolmischung dispergiert. Dies erfolgte zum einen mit einem Ultraturrax (UT) für 15 min bei U/min. Im Falle von TRGO wurde als zweite Dispergiermethode ein Hochdruckhomogenisator (HH) verwendet Die Hochdruckhomogenisator-Technologie ist bereits aus der Lebensmittel- und Pharmaindustrie gut bekannt und findet auch zunehmend Anwendung bei der Dispergierung 79

94 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE von Graphenen. Parallel zu dieser Arbeit wurden hier am Freiburger Materialforschungszentrum erfolgreich stabile Dispersionen funktionalisierter Graphene in Lösungsmitteln wie Aceton und verschiedenen Alkoholen ohne Emulgatorzusatz mittels des Hochdruckhomogenisators von F. TÖLLE und M. FABRITIUS hergestellt. [77] In diesem Zusammenhang wurde TRGO mit dem Polyolgemisch in Aceton (1 g/l) bei 1500 bar hochdruckhomogenisiert und anschließend das Lösungsmittel am Vakuum entfernt. Unabhängig von der verwendeten Dispergiermethode wurden über Wochen stabile TRGO/Polyol-Dispersionen erhalten. Im Vergleich dazu zeigt Abbildung 4.1, dass sowohl mit CNT als auch mit CB bereits nach wenigen Tagen eine Sedimentation des Füllstoffs in der Polyolkomponente auftrat. Dieses Verhalten lässt sich durch das Vorliegen funktioneller Gruppen an der TRGO-Oberfläche erklären, die zu einer guten Mischbarkeit mit den Polyether-basierten Polyolen führen. a) CNT b) CB c) TRGO Abbildung 4.1 Dispersionen von (a) CNT, (b) CB und (c) TRGO-700 im 6/1-Polyolgemisch (1 wt.-%) hergestellt mit Hilfe des Ultraturrax nach einer Woche Ruhen. Nach Erhalt stabiler Füllstoff/Polyol-Dispersionen wurden im zweiten Schritt der Kettenverlängerer 1,4-Butandiol sowie der Katalysator beigemischt. Zuletzt erfolgte die Zugabe des Diisocyanates Desmodur PF und es wurde eine weitere Minute kräftig gerührt. Die Mischung wurde schließlich in eine Klappform aus Teflon gegossen und für eine halbe Stunde im Ofen bei 60 C ausgehärtet. Die erhaltenen PU-Nanocomposite wurden auf ihre morphologischen, mechanischen, elektrischen und thermischen Eigenschaften untersucht. 80

95 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE 4.2 PU/TRGO-Nanocomposite Einfluss des Hartsegmentanteils in der PU-Rezeptur Das Eigenschaftsbild von segmentierten Polyurethanen wird in erster Linie von der chemischen Struktur, der Kettenlänge und dem Verzweigungsgrad des höhermolekularen Polyols bestimmt. Mit zunehmender Verzweigung erhält man steifere bzw. engmaschigere Netzwerke und damit härtere und weniger elastische Reaktionsprodukte. [3] Weiterhin lassen sich die Eigenschaften über den Hartsegmentanteil, d.h. über den Anteil an kurzkettigen Diolen bzw. Diaminen in der PU-Rezeptur steuern. Mit zunehmendem Gehalt an Hartsegmenten wird die bewegliche Polyolkomponente immer stärker mit harten Bestandteilen durchsetzt. Weil die Hartsegmente durch Kristallisation als Vernetzungsbereiche und gleichzeitig als Füllstoff wirken, äußert sich dies in einer Erhöhung des E-Moduls. [17,25] Um den Einfluss des Hartsegmentanteils auf die Dispergierung von TRGO und den daraus folgenden mechanischen und elektrischen Eigenschaften für die PU/TRGO-Nanocomposite zu untersuchen, wurde im ersten Schritt der Anteil an Hartsegmenten zwischen 23 und 33 wt.-% variiert. Wie in Abschnitt 4.1 beschrieben, wurde hierfür die Menge des Kettenverlängerers 1,4-Butandiol in der Polyolkomponente und ebenfalls die Diisocyanat-Komponente erhöht (s. Tabelle 4.1). Der Füllstoffgehalt von TRGO-700 betrug zwischen 1 und 2 wt.-% Morphologische Untersuchung Während der in-situ Polymerisation ist es möglich, dass die OH-Gruppen an der Oberfläche von TRGO mit den Isocyanatgruppen copolymerisieren und dadurch kovalent an die PU-Matrix binden. Ein wichtiger Aspekt der Untersuchung der PU/Graphen-Nanocomposite stellt daher die Betrachtung der Morphologie dar, interessant ist hierbei in welcher Weise die Graphene die PU-Morphologie beeinflussen. Zu diesem Zweck wurden Ultradünnschnitte der reinen PU-Matrices PU23, PU29 und PU33 und den mit wt.-% gefüllten PU/TRGO-Nanocompositen hergestellt und mittels Transmissions- (TEM) und Rasterelektronenmikroskopie (SEM) untersucht. Zusätzlich wurde der Einfluss der verwendeten Dispergiermethode (Ultraturrax bzw. Hochdruckhomogenisator) untersucht. In Abbildung 4.2 sind die entsprechenden TEM-Aufnahmen der reinen und mit Graphen gefüllten PU-Elastomere gezeigt. 81

96 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE a) b) c) d) e) f) Abbildung 4.2 TEM-Aufnahmen von (a) PU23; (b) PU23/TRGO_1.5; (c) PU29; (d) PU29/TRGO_1.5; (e) PU33 und (f) PU33/TRGO_1.5. Bei der Verwendung des 6:1-Polyolgemisches, bestehend aus einem langkettigen Diol (M n = 2000 g/mol) und einem Triol (M n = 6000 g/mol), führt die Umsetzung mit Diisocyanat und 1,4-Butandiole zu einer Phasenseparation, die eine sogenannte Domänenmorphologie hervorruft (s. Abbildung 4.2 a), c) und e)). Das langkettige Diol ist mit dem Kettenverlängerer 1,4-Butandiol mischbar und bildet zusammen mit dem Diisocyanat die 82

97 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE dunkel erscheinenden harten Phasen, während das langkettige Triol mit dem Diisocyanat die kontinuierliche weiche Phase (hell) bildet. Entsprechend dem literaturbekannten Phasenverhalten von Polyurethanen kann davon ausgegangen werden, dass die harte (dunkle) Phase aus Weich-und Hartsegmenten aufgebaut ist. Die Weichsegmente enthalten dabei das langkettige Diol, während die Hartsegmente aus 1,4-Butandiol und Isocyanat sowie kristallisierten Isocyanatbereichen bestehen. Die weiche kontinuierliche (helle) Phase enthält das Triol, in dem die Isocyanate lediglich als dispergierte Hartsegmente vorliegen. Wird der Hartsegmentanteil im PU erhöht, so nimmt die Domänengröße der Hartphasen von μm (PU23) auf μm (PU33) ab. Die Dispergierung von TRGO in den PU/TRGO- Nanocompositen wird durch den Hartsegmentanteil beeinflusst. TRGO befindet sich hauptsächlich in den Hartphasen, die dabei ihre sphärische Form in eine anisotrope, den TRGO-Plättchen angepasste Form ändern. Bei hohen Hartsegmentanteilen von 33 wt.-% (s. Abbildung 4.2f)) ordnen sich die TRGO-haltigen Hartphasen skelettartig an und bilden eine cokontinuierliche Phase. Auffallend ist, dass sich mit einer Erhöhung des Anteils an Hartsegmenten die Dispergierung von TRGO erheblich verbessert. Sowohl bei PU23/TRGO_1.5 (Abbildung 4.2 b)) als auch bei PU29/TRGO_1.5 (Abbildung 4.2 d)) ist die Verteilung von Graphen inhomogen und es liegen große Schichtpakete von TRGO vor, die zum Teil agglomerieren. Bei PU33/TRGO_1.5 (Abbildung 4.2 f)) ist TRGO homogen in der Matrix verteilt und ausschließlich in den Hartphasen lokalisiert. Weiterhin zeigen die vergrößerten Aufnahmen in Abbildung 4.3 a) und b), dass die Graphenschichten aufgefächert in der Hartphase vorliegen. a) b) Abbildung 4.3 vergrößerte TEM-Aufnahmen von PU33/TRGO_1.5; (a) 500 nm und (b) 1 µm. 83

98 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE Die hohe Affinität von Graphen zu den Hartphasen, lässt sich zum einen auf eine mögliche kovalente Anbindung von TRGO über die Reaktion der OH-Gruppen mit den Isocyanaten zurückführen. Des Weiteren besitzt TRGO ein ausgedehntes π-system, welches mit dem aromatischen Diisocyanat gut in Wechselwirkung treten kann. Die Füllstoffverteilung von TRGO in den PU-Nanocompositen wird zusätzlich durch die Dispergiermethode beeinflusst. Erfolgt die Dispergierung von TRGO in der Polyolphase unter Verwendung des Hochdruckhomogenisators (HH) anstelle des Ultraturrax (UT), so wird eine deutlich homogenere Verteilung des Füllstoffs in der PU33-Matrix erzielt (s. Abbildung 4.4) a) b) Abbildung 4.4 TEM-Aufnahmen von PU33/TRGO_1.0 (HH). Die Dispergierung erfolgte mit Hilfe des Hochdruckhomogenisators. Die Einwirkung hoher Scherkräfte auf die TRGO/Polyol-Mischung führt zu einer verbesserten Mischbarkeit der Polyolkomponenten. Daraus folgt, dass nach der Zugabe des Diisocyanates kleinere TRGO-haltige Hartphasendomänen vorliegen. Dieser Befund spiegelt sich auch in den SEM-Aufnahmen in Abbildung 4.5 wider. Durch Behandlung der TRGO/Polyol Mischungen mit dem Hochdruckhomogenisator weisen die PU33/TRGO- Nanocomposite eine wesentlich einheitlichere und gleichmäßigere Verteilung der Graphen- Partikel auf (s. Abbildung 4.5 a)). Im Vergleich dazu liegen bei der Dispergierung unter Verwendung des Ultraturrax (s. Abbildung 4.5 b)) große Agglomerate im Bereich von 20 μm vor. 84

99 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE a) b) 20 μm 20 μm Abbildung 4.5 SEM-Aufnahmen der PU33/TRGO-Nanocomposite mit 1.5 wt.-% TRGO. Dispergierung mittels (a) Hochdruckhomogenisator (HH) und (b) Ultraturrax (UT) Mechanische Eigenschaften In Hinblick auf die Einsatzgebiete der PU-Elastomere sind die mechanischen Eigenschaften wichtige Parameter. In diesem Abschnitt wird der Einfluss des Hartsegmentanteils auf die mechanischen Eigenschaften der reinen PU-Elastomere und der PU/TRGO-Nanocomposite vorgestellt. Die Untersuchung mittels Zug-Dehnungsversuchen erfolgte nach der Prüfnorm ISO bei einer Traversengeschwindigkeit von 50 mm/min. Weiterhin wurden Härtemessungen nach Shore A und Shore D durchgeführt. Tabelle 4.2 fasst die erhaltenen Ergebnisse für die verschiedenen PU-Nanocomposite zusammen. Wird im reinen PU-Elastomer der Hartsegmentanteil von 23 wt.-% in PU23 auf 33 wt.-% in PU33 erhöht, führt dies zu einer Erhöhung des E-Moduls von (2.9 ± 0.2) MPa auf (11.8 ± 0.3) MPa und der Zugfestigkeit von (1.6 ± 0.1) MPa auf (3.5 ± 0.1) MPa. Auch die Härte nach Shore A und Shore D erhöht sich um etwa 40%. Mit wachsendem Hartsegmentanteil wird die bewegliche Polyolkomponente immer stärker mit harten kristallinen Bereichen durchsetzt. Da die Hartsegmente als physikalische Vernetzungspunkte und gleichzeitig als Füllstoff wirken, äußert sich dies in einer Erhöhung der Steifigkeit und Härte. [17] Durch die Erhöhung des Hartsegmentanteils kommt es zu vermehrter Ausbildung von Wasserstoffbrückenbindungen zwischen zwei gegenüberliegenden Urethangruppen, die zu einem zunehmenden Entmischungsgrad der Hart-und Weichsegmente führen. Je ausgeprägter die Phasenseparation ist, desto resistenter ist das Material bei mechanischer Beanspruchung, da die Zugkräfte gleichmäßiger verteilt werden können und es weniger leicht 85

100 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE zu Überbeanspruchung einzelner Bindungen kommt. Dies bewirkte nicht nur eine Erhöhung der Zugfestigkeit sondern auch der Bruchdehnung. Tabelle 4.2 Mechanische Eigenschaften der PU23-, PU29-, und PU33-Nanocomposite. Composit E-Modul b Zugfestigkeit b dehnung b Shore A Shore D Bruch- Härte [MPa] [MPa] [%] PU ± ± ± ± ± 0.1 PU23/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.2 PU23/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.2 PU23/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.2 PU23/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.2 PU ± ± ± ± ± 0.1 PU29/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.1 PU29/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.1 PU29/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.1 PU29/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.1 PU ± ± ± ± ± 0.1 PU33/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.2 PU33/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.3 PU33/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.2 PU33/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.1 PU33/TRGO 700 _0.25 a 11.5 ± ± ± ± ± 0.2 PU33/TRGO 700 _0.50 a 13.8 ± ± ± ± ± 0.1 PU33/TRGO 700 _0.75 a 18.1 ± ± ± ± ± 0.1 PU33/TRGO 700 _1.00 a 23.0 ± ± ± ± ± 0.2 a Dispergierung mittels Hochdruckhomogenisator und b aus Z/D-Messungen. Einen Zusammenhang zwischen dem Entmischungsgrad der Hart-und Weichsegmente und der Bildung von H-Brücken in den Hartsegmenten entwickelte die Arbeitsgruppe um COOPER mittels IR-Spektroskopie. [18,167] Segmentierte Polyurethane zeichnen sich durch das Vorliegen von zwei Carbonyl-Schwingungen zwischen 1701 und 1726 cm -1 aus. Die Bande bei 1701 cm -1 ist auf die H-gebundene C=O-Schwingung, die bei 1726 cm -1 auf die freie C=O- Schwingung zurückzuführen. Der Grad der Phasenseperation (Degree of phase separation; DPS) kann schließlich über folgende Formel berechnet werden: 86

101 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE (7) R steht für den Wasserstoffbrücken-Index, der sich aus dem Verhältnis der Absorptionsintensitäten der Carbonyl-Schwingungen A 1701 /A 1726 zusammensetzt. Je höher R ist, desto größer ist das Ausmaß der Phasenseperation zwischen den Hart- und Weichsegmenten. Ein Vergleich der IR-Spektren von PU23, PU29 und PU33 sowie der darüber berechneten Werte für R und DPS sind in Tabelle 4.3 und Abbildung 4.6 gezeigt. Tabelle 4.3 R- und DPS-Werte für PU23, PU29 und PU33. Composit R DPS PU PU PU Wird der Hartsegmentanteil von 23 auf 33% erhöht so führt dies zu einer Erhöhung der Intensität der H-gebundenen C=O-Schwingung bei 1701 cm 1 (s. Abbildung 4.6). Als Folge erhöhen sich sowohl der Wasserstoffbrücken-Index R als auch der Entmischungsgrad DPS. Dieses Ergebnis korrelierte mit der mechanischen Charakterisierung aus den Zug- Dehnungsversuchen. PU23 PU29 PU Wellenzahl [cm -1 ] Abbildung 4.6 Carbonylschwingungen von PU23, PU29 und PU33. 87

102 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE In Abbildung 4.7 sind die normierten Werte für den E-Modul E Composit /E Matrix, die Zugfestigkeit σ Composit /σ Matrix und die Bruchdehnung ε Composit /ε Matrix in Abhängigkeit der TRGO-Konzentration für die TRGO/PU-Nanocomposite mit unterschiedlichen Hartsegmentanteilen aufgetragen. Innerhalb einer PU/TRGO-Reihe nehmen der E-Modul und die Zugfestigkeit mit steigendem TRGO-Gehalt zu. Der Verstärkungseffekt ist allerdings bei den PU33-Nanocompositen am ausgeprägtesten. Der E-Modul steigt linear von (11.8 ± 0.3) MPa auf (35.1 ± 0.7) MPa an. Auch bei PU23 und PU29 ist bis zu einem TRGO-Gehalt von 1 wt.-% ein linearer Zusammenhang zu beobachten. Bei höheren Füllstoffgehalten zeigt sich eine Abweichung vom linearen Verhalten. Der Anstieg wurde deutlich verringert und erreicht bei 2 wt.-% ein Plateau für PU23 von (5.1 ± 0.3) MPa und für PU29 von (15.6 ± 0.3) MPa an. Der deutlich bessere Verstärkungseffekt in PU33 korreliert mit den morphologischen Untersuchungen in Abschnitt Wie aus den TEM-Aufnahmen hervorgeht, weist TRGO eine erhöhte Affinität zu den harten Phasen auf und verbessert dadurch deren mechanischen Eigenschaften. Eine Erhöhung des Hartsegmentanteils von 23 auf 33 wt.-% führt zu einer zunehmend homogeneren Verteilung des Füllstoffs in der PU-Matrix. Bei der Betrachtung der Zugfestigkeit in Abhängigkeit des FüllstoffGehalts in Abbildung 4.7 kommt es bei PU23 und PU29 nur zu einem geringfügigen Anstieg der Werte. Für PU33 zeigt sich auch hier wieder ein linearer Zusammenhang. Die Werte der Zugfestigkeit steigen um mehr als das Dreifache von (3.1 ± 0.1) MPa auf (10.6 ± 0.2) MPa an. Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass das TRGO mit zunehmendem Hartsegmentanteil homogener dispergiert ist und dadurch eine höhere Verstärkungswirkung auf die harte Phase hat. Die verstärkte harte Phase führt dann zu einer Verstärkung des ganzen Nanocomposits. Hinsichtlich der Bruchdehnung zeigt sich sowohl bei PU23 als auch PU29 eine ähnliche Tendenz. Mit steigendem Füllstoffgehalt kommt es zu einer deutlichen Abnahme der Bruchdehnung, die am stärksten bei PU23 mit dem geringsten Anteil an Hartsegmenten zu beobachten ist. Bei PU23/TRGO_2.0 sinkt die Kerngröße im Vergleich zum reinen Polymer um den Faktor 5 von (410 ± 50)% auf (80 ± 20)%. Im Falle von PU29/TRGO_2.0 nimmt die Bruchdehnung um den Faktor 2.5 von (520 ± 20)% auf (210 ± 20)% ab. Interessant ist dagegen die nahezu konstante Bruchdehnung der PU33 Nanocomposite mit steigendem TRGO-Gehalt. Bei einem Füllstoffgehalt von 2 wt.-% ist sogar eine Verbesserung von (650 ± 20)% auf (720 ± 10)% zu beobachten. Dieses Verhalten lässt sich auf die hohe Wechselwirkung der Graphene mit den Hartphasen zurückführen. Die Weichphase ist für die Dehnbarkeit des PU verantwortlich. Wie bereits aus den TEM-Aufnahmen hervorgeht, liegt TRGO bei PU23 und PU29 zum Teil in den Hartphasendomänen vor, aber es befinden sich 88

103 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE auch große Schichtpakete in der Weichphase (s. Abbildung 4.2 b) und d)), welche die Dehnbarkeit von PU23 und PU29 hemmen. Wird der Hartsegmentanteil auf 33 wt.-% erhöht, ist TRGO ausschließlich in den Hartphasen verteilt, die in eine cokontinuierliches Phase übergehen (s. Abbildung 4.2 Abbildung 4.2 f)). Dadurch wird die Weichphase wenig beeinflusst und die Dehnbarkeit bei gleichzeitiger Matrixverstärkung bleibt erhalten. E Composit /E Matrix PU23 PU29 PU33 Composit / Matrix Composit / Matrix 1,0 0,5 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 TRGO-Gehalt [wt.-%] Abbildung 4.7 Mechanische Charakterisierung der PU/TRGO-Nanocomposite mittels Zug-Dehnung; normierte Werte des E-Moduls E Composit /E Matrix, der Zugfestigkeit σ Composit /σ Matrix und der Bruchdehnung ε Composit /ε Matrix in Abhängigkeit des TRGO-Gehalts. 89

104 Normierte Werte 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE Weiterhin wurden die mechanischen Eigenschaften der PU33/TRGO-Nanocomposite in Abhängigkeit der Dispergiermethode untersucht. In Abbildung 4.8 sind die normierten Werte des E-Moduls, der Zugfestigkeit und der Bruchdehnung für die PU33/TRGO-Nanocomposite mit 1 wt.-% TRGO-Gehalt aufgetragen. Wie bereits aus den TEM-Aufnahmen in Abschnitt hervorging, wurde unter Verwendung des Hochdruckhomogenisators (HH) eine deutlich homogenere Verteilung von TRGO in der PU33-Matrix erzielt, als unter Zuhilfenahme des Ultraturrax (UT). Die bessere Dispergierung wirkte sich bereits bei einem geringen Anteil von 1 wt.-% in einer Erhöhung des E-Moduls um 100% und der Zugfestigkeit um 225% aus. Hervorzuheben ist der hohe Wert der Zugfestigkeit von (10.0 ± 0.1) MPa, der über den UT-Prozess erst mit 2 wt.-% TRGO mit einem Wert von (10.6 ± 0.2) MPa übertroffen werden konnte. Durch die feine Verteilung der TRGO-Schichten in den hochdruckhomogenisierten PU-Compositen sind die Zugkräfte gleichmäßiger verteilt und der Composit ist resistenter gegen mechanische Beanspruchung. 3,5 3,0 PU33 PU33/TRGO_1.0 (UT) PU33/TRGO_1.0 (HH) 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0,0 E-Modul Zugfestigkeit Bruchdehnung Abbildung 4.8. Vergleich der mechanischen Eigenschaften von PU33/TRGO_1.0 (UT) mit PU33/TRGO-1.0 (HH). UT steht für die Dispergierung des Füllstoffs mittels Ultraturrax, HH mittels Hochdruckhomogenisator. Prinzipiell beeinflusst TRGO die mechanischen Eigenschaften von PU in zwei entgegengesetzte Richtungen. Zum einen fungiert TRGO über die Reaktion der OH-Gruppen mit den Isocyanatgruppen als chemischer Vernetzer, was sich in einer Verbesserung der Zugfestigkeit und des E-Moduls äußert. Wie im folgenden Abschnitt gezeigt, wird aber 90

105 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE gleichzeitig die Phasenseparation zwischen Hart-und Weichsegmenten in der harten Phase, sprich die physikalische Vernetzung herabgesetzt. [128] Ein Vergleich der IR-Spektren von PU33, PU33/TRGO_1.0 (UT) und PU33/TRGO_1.0 (HH) in Abbildung 4.9 zeigt, dass durch die Einarbeitung von TRGO mittels Utraturrax die Intensität der H-gebundenen C=O-Schwingung bei 1701 cm -1 im Vergleich zur freien C=O-Bande bei 1726 cm -1 abnimmt. D.h. die Ausbildung von H-Brücken wird unterdrückt und der Entmischungsgrad DPS nimmt nach Formel 7 von 0.57 bei PU33 auf 0.52 bei PU33/TRGO_1 (UT) ab. Bei der Dispergierung mittels Hochdruckhomogenisator nimmt die Intensität bei 1701 cm -1 zu, und der DPS wird auf 0.60 erhöht. Die chemische Vernetzung durch TRGO ohne Herabsetzung der physikalischen Vernetzungspunkte durch H-Brücken und Kristallisation äußert sich in einer erhöhten Zugfestigkeit und Härte bei PU33/TRGO_1 (HH) im Vergleich zu PU33/TRGO_1 (UT). Weiterhin ist der Verlust der Bruchdehnung um 20% geringfügig. Als Nachteil dieser Methode stellt sich die enorme Viskositätszunahme der Polyolkomponente während der Homogenisierung dar, so dass maximal 1 wt.-% TRGO bezogen auf die PU- Matrix eingearbeitet werden können. PU33 PU33/TRGO_1.0 (UT) PU33/TRGO_1.0 (HH) Wellenzahl [cm -1 ] Abbildung 4.9 IR-Spektren zur Bestimmung von DPS. 91

106 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE Thermische Eigenschaften Die PU-Nanocomposite wurden mit Hilfe der Thermogravimetrischen Analyse (TGA) und der Dynamisch Mechanischen Analyse (DMA) auf ihre thermischen und viskoelastischen Eigenschaften untersucht. In Tabelle 4.4 sind die Zersetzungs- (T d ) und Glasübergangstemperaturen (T g ) der reinen PU-Gießelastomere und der PU/TRGO- Nanocomposite zusammengefasst. Tabelle 4.4 Glasübergangstemperaturen der reinen PU-Gießelastomere PU23, PU29 und PU33 und der PU/TRGO-Nanocomposite. Füllstoffgehalt T a b d (N 2 ) T g Composit [wt.-%] [ C] [ C] PU ± 5-43 ± 4 PU23/TRGO_ ± 5-42 ± 5 PU ± 5-42 ± 6 PU29/TRGO_ ± 5-43 ± 4 PU ± 5-39 ± 9 PU33/TRGO_ ± 5-40 ± 8 PU33/TRGO_1.0 (HH) ± 5-40 ± 8 PU33/TRGO_ ± 5-40 ± 8 a Onset-Temperatur aus TGA; b Glasübergangstemperatur bestimmt aus DMA. Graphen beeinflusst unter N 2 -Atmosphäre die Zersetzungstemperatur nicht. Die Onset-Temperatur liegt sowohl bei reinem PU also auch bei den PU/TRGO-Nanocompositen bei 300 C. Die Zersetzung verläuft bei allen Proben in einem 2-stufigen Prozess und ist in Abbildung 4.10 am Beispiel von PU33 gezeigt. Ab 300 C setzt die Urethanspaltung ein und ab 360 C werden die Etherbindungen der eingesetzten Polyole gespalten. Bis 2 wt-% TRGO-Gehalt wird das Abbauverhalten der PU-Matrix nicht beeinflusst. Es bleibt eine Restmasse von 2 wt.-% übrig, die mit der Einwaage von Graphen übereinstimmt 92

107 Masse [%] 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE PU33 PU33/TRGO_ Temperatur [ C] Abbildung 4.10 TGA-Kurven des Abbauverhaltens von PU33 und PU33/TRGO-2.0. Mit Hilfe der DMA wurde das viskoelastische Verhalten der PU-Gießelastomere in Abhängigkeit des Hartsegmentanteils und TRGO-Gehalts zwischen -70 und 50 C untersucht. Bei der DMA wird die Probe einer sinusförmigen mechanischen Beanspruchung in Abhängigkeit der Temperatur unterworfen. Das Antwortsignal der viskoelastischen Probe ist ebenfalls sinusförmig, jedoch phasenverschoben. Als Ergebnis liefert die DMA den komplexen Modul E*, der sich aus einem Realteil, dem Speichermodul (E ) und einem Imaginärteil, dem Verlustmodul (E ) zusammensetzt. Der Speichermodul beschreibt den Teil der mechanischen Energie, die vom System gespeichert werden kann. Der Verlustmodul hingegen ist ein Maß für die vom Material dissipierte Energie (Umwandlung der mechanischen Energie in Wärme). Der mechanische Verlustfaktor tan δ entspricht dem Quotienten von Verlustmodul und Speichermodul und ist ein Maß für die molekulare Beweglichkeit und kann zur Bestimmung des Glasübergangs T g herangezogen werden. (8) Zunächst wurde der Einfluss des Hartsegmentanteils auf die dynamisch mechanischen Eigenschaften der reinen PU-Gießelastomere untersucht. In Abbildung 4.11 ist der 93

108 Speichermodul E` [MPa] 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE Speichermodul E` in Abhängigkeit der Temperatur für PU23, PU29 und PU33 aufgetragen. Bei niedrigen Temperaturen sind die Speichermoduln E` verhältnismäßig hoch, da die Relaxationsmechanismen eingefroren sind. Mit zunehmendem Hartsegmentanteil, d.h. zunehmenden Anteil des Kettenverlängerers 1,4-Butandiol, nimmt der Speichermodul E` um das Doppelte von 1750 MPa in PU23 auf 3500 MPa in PU33 zu. Dies kann darauf zurückgeführt werden, dass in der harten Phase die Beweglichkeit der Diolphase durch den zunehmenden Hartsegmentanteil vermehrt eingeschränkt wird. Wird die Temperatur erhöht nimmt die Kettenbeweglichkeit zu und der Speichermodul sinkt bei allen Proben. Bei weiterer Temperaturerhöhung (zwischen -55 und -35 C) tritt ein starker Abfall der Speichermodule auf, der auf das Erreichen des Glasübergangsbereichs der PU-Gießelastomere zurückzuführen ist. Im Glasübergangsbereich erhöht sich die Kettenbeweglichkeit der amorphen Phase und es erfolgt ein Übergang vom starren glasartigen energieelastischen Zustand in den kautschukartigen entropieelastischen Zustand. Die Speichermoduln bei Raumtemperatur nehmen in der Reihenfolge PU23 < PU29 <PU33 zu und korrelieren mit den mechanischen Eigenschaften in Abschnitt PU23 PU29 PU Temperatur [ C] Abbildung 4.11 Speichermodul E` von PU23, PU29 und PU33 in Abhängigkeit der Temperatur. Eine genaue Bestimmung des Glasübergangs der PU-Gießelastomere erfolgte über das Peakmaximum des Verlustfaktors tan δ in Abbildung

109 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE 10 0 PU23 PU29 PU33 tan Temperatur [ C] Abbildung 4.12 T g -Bestimmung von PU23, PU29 und PU33 über den Verlustfaktor tan δ. Alle drei Kurven weisen sehr breite Glasübergangsbereiche auf. Wird der Hartsegmentanteil erhöht, erstreckt sich der Glasübergang über einen zunehmend weiteren Temperaturbereich. In PU23 liegt der T g zwischen -47 und -39 C und erscheint als einheitlicher Peak. Wird der Hartsegmentanteil um 6% erhöht (PU29) verbreitert sich der Peak zu höheren Temperaturen von -48 auf -36 C. Eine weitere Erhöhung des Hartsegmentanteils auf 33 wt.-% führt schließlich zum Auftreten von zwei separaten Glasübergängen zwischen -48 und -30 C. Dieses Verhalten lässt sich auf die Verwendung der Polyolmischung, und deren Mischbarkeit mit dem Kettenverlängerer 1,4-Butandiol zurückführen. Generell gilt, dass bei mischbaren Polymersystemen nur ein Relaxationsgebiet auftritt und bei nicht miteinander mischbaren Systemen die Relaxationsgebiete der einzelnen Komponenten getrennt erscheinen. [168] Wie die morphologische Untersuchung (vgl. Abschnitt ) und Charakterisierung mittels FT- IR (vgl. Abschnitt ) bereits zeigten, führt die Erhöhung des Hartsegmentanteils zu einer erhöhten Phasenseperation zwischen den Hart- und Weichphasen. Der Kettenverlängerer 1,4-Butandiol und das langkettige Diol bilden mit dem Diisocyanat die harte Phase, während das langkettige Triol und Diisocyanat die weiche Phase darstellt. Ist der Anteil an Kettenverlänger gering wie in PU23, so liegen die Glasübergänge der beiden langkettigen Polyolkomponenten sehr eng zusammen. Beide Systeme sind mischbar, so dass nur ein Relaxationsgebiet auftritt. Eine Erhöhung des Anteils an 1,4-Butaniol und gleichzeitig an Diisocyanat führt neben einer zunehmenden Entmischung der beiden Polyolkomponenten zu 95

110 Speichermodul E` [MPa] 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE einer Herabsetzung der Kettenbeweglichkeit in der Hartphase (langkettiges Diol). Als Folge verschiebt sich der T g der Hartphase zu höheren Temperaturen in PU29 und PU33, während die Lage des Peakmaximums der weichen Phase (langkettiges Triol) unbeeinflusst bleibt. Im nächsten Schritt wurde die Wechselwirkung zwischen TRGO und der PU-Matrix untersucht. In Tabelle 4.4 sind die Glasübergangstemperaturen der reinen PU-Gießelastomere und der PU/TRGO-Nanocomposite gezeigt. Anhand der Tabelle ist zu sehen, dass sich die Glasüberganstemperaturen bis 2 wt.-% TRGO-Gehalt kaum von der reinen PU-Matrix unterscheiden. Die Werte liegen analog zwischen -48 und 30 C. Dies deutet darauf hin, dass TRGO, wie bereits in Abschnitt bei der mechanischen Charakterisierung gezeigt wurde, eine geringe Wechselwirkung mit der Polyolkomponente sowohl in der Hart- als auch Weichphase aufweist. [128] In Abbildung 4.13 sind die Speichermoduln E der PU33-Nanocomposite mit 1 und 2 wt.-% TRGO-Gehalt in Anhängigkeit der Temperatur aufgetragen. Je höher der Anteil an TRGO in PU33 ist, desto höher ist der Speichermodul E` sowohl im energie- als auch entropieelastischen Zustand PU33 PU33/TRGO_1.0 PU33/TRGO_ Temperatur [ C] Abbildung 4.13 Speichermodul E` von PU33 und gefüllt mit 1 bzw. 2 wt.-% TRGO. 96

111 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE Betrachtet man den Verlustfaktor tan δ in Abhängigkeit der Temperatur exemplarisch für die PU33/TRGO-Nanocomposite in Abbildung 4.14, so nimmt die Intensität mit zunehmenden Füllstoffgehalt geringfügig ab. Die abnehmende Peakintensität deutet auf eine eingeschränkte Bewegung der PU-Ketten hin, die aus der zunehmende Wechselwirkung der Graphene bzw. kovalente Anbindung an die Hartsegmenten resultiert. [128] Weiterhin ist auffallend, dass die Peakhöhe des zweiten Glasübergangs bei etwa -30 C im Vergleich zum ersten Übergang bei -48 C mit steigendem TRGO-Gehalt abnimmt. Dieses Verhalten bestätigt, dass TRGO bevorzugt in der Hartphase, bestehend aus dem langkettigen Diol, dem Kettenverlängerer 1,4-Butandiol und Diisocyanat vorliegt und dort die Kettenbeweglichkeit herabsetzt. 0,5 0,4 0,3 PU33 PU33/TRGO_1.0 PU33/TRGO_2.0 0,2 tan 0, Temperatur [ C] Abbildung 4.14 Verlustfaktor tan δ von reinem PU33 und gefüllt mit 1 bzw. 2 wt.-% TRGO. 97

112 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE Elektrische Eigenschaften Polyurethane gelten als elektrische Isolatoren, d.h. die Leitung bzw. Ableitung von Strom an der Kunststoffoberfläche ist nicht möglich. Der Oberflächenwiderstand, wie auch der spezifische Durchgangswiderstand liegen im Gigaohm-Bereich. Die isolierenden Eigenschaften sind in vielen Anwendungen, wie im Elektrobereich als Maßanfertigung von Kabeln und elektrischen Geräten, von großer Bedeutung. Zu beachten gilt allerdings die potentiell mögliche statische Aufladung von Polyurethanoberflächen in Kontakt mit anderen Nichtleitern, z.b. das Erzeugen elektrostatischer Aufladungen bei Teppich- und Fußböden. Für besondere Anwendungsfälle (z.b. antistatische Schuhsohlen), ist es deshalb wünschenswert, eine gewisse Ableitfähigkeit von Strom an Polyurethanoberflächen zu erreichen. Ein Weg zu leitfähigen Polyurethanen zu gelangen stellt der Einsatz elektrisch leitfähiger Füllstoffe auf Basis von Kohlenstoff dar. [75,130,169] Die elektrischen Eigenschaften von kohlenstoffbasierten Füllstoffen hängen von vielen Faktoren, wie Füllstoffgehalt, Polymermorphologie, Polymermatrix, Probendicke und der angewendeten Testmethode ab. [75,130,169] Maßgeblich für eine elektrische Leitfähigkeit in Kunststoffen ist die Ausbildung eines Perkolationnetzwerkes des leitfähigen Füllstoffs. Ist genügend Füllstoff eingebracht, so wird die Perkolationsschwelle überschritten und der Leitwert der Nanocomposite steigt exponentiell an. [170] MACOSKO et al. [98] berichteten über elektrische Perkolationsschwellen von kleiner als 1 wt.-% Füllstoffgehalt für Graphen-Nanocomposite auf Basis thermoplastischer Polyurethane (TPU), während JEONG et al. [130] bereits Leitwerte ab 0.4 wt.-% erzielten. In diesem Zusammenhang wurden die hergestellten PU/TRGO-Nanocomposite auf ihre elektrische Leitfähigkeit untersucht. Die Messungen erfolgten an ausgestanzten DMA-Prüfkörpern die mit Leitsilber an den Kanten überzogen wurden, um einen besseren Kontakt zwischen dem Probenkörper und der Klemme zu gewährleisten. Der spezifische Widerstand wurde über Formel 9 bestimmt, mit l der Länge zwischen den Leitsilberkontakten und A der Querschnittsfläche des Probenkörpers. Die spezifische Leitfähigkeit ergibt sich nach Formel 10 aus dem Kehrwert des spezifischen Widerstandes. (9) (10) 98

113 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE In Tabelle 4.5 sind die spezifischen Widerstände und die daraus berechneten Leitwerte für die PU/TRGO-Nanocomposite dargestellt. Tabelle 4.5 Elektrische Eigenschaften der PU-Nanocomposite. Füllstoff Composit Füllstoff [wt.-%] ρ spez [Ωcm] κ spez [Scm -1 ] PU PU23/TRGO 700 _2.0 TRGO a PU PU23/TRGO 700 _2.0 TRGO a PU PU33/TRGO 700 _2.0 TRGO a PU33/TRGO 700 _1.0 (HPH) TRGO a a BET: 660 m 2 g -1, C-Gehalt 89%, Leitwert 35 Scm -1. Analog zu den Arbeiten von SONG [128] ergibt sich mit 2 wt.-% TRGO-Gehalt keine wesentliche Verbesserung der elektrischen Leitfähigkeit gegenüber den ungefüllten PU-Gießelastomeren. Bei allen Nanocompositen wurden Widerstände im Gigaohm-Bereich gemessen, und geringe Leitwerte zwischen und 10-9 Scm -1 erhalten. Werden die TEM-Aufnahmen in Abschnitt mit in Betracht gezogen, so ist dieses Ergebnis nicht überraschend. Die Graphene liegen isoliert und eingebettet in den Hartphasen vor. Der geringe Kontakt untereinander, verhindert die Bildung eines Perkolationnetzwerkes und führt damit zu keiner Verbesserung der elektrischen Leitfähigkeit. 99

114 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE Einfluss der Reduktionstemperatur von TRGO TRGO wird durch schnelles Erhitzen von GO auf Temperaturen von mindestens 400 C hergestellt. Unter diesen Bedingungen zersetzen sich die Epoxidgruppen unter Abspaltung von CO und CO 2, die einen hohen Druck aufbauen und zu einer Exfolierung der GO- Schichten führen. [92] Wie bereits in Abschnitt 3.1 gezeigt, lassen sich die Eigenschaften von TRGO über die Reduktionstemperatur steuern. Je höher diese ist, desto mehr Sauerstofffunktionalitäten werden abgespalten und es bilden sich mehr sp 2 -Zentren aus. Das aromatische π-system vergrößert sich, wodurch die Leitfähigkeit, die spezifische Oberfläche und der E-Modul ansteigen. [69,75,93] In diesem Abschnitt wird der Einfluss der Graphen-Parameter wie spezifische Oberfläche, elektrische Leitfähigkeit und Anzahl der funktionellen Gruppen auf die Eigenschaften der PU33-Nanocomposite untersucht. Die Versuche erfolgten mit GO, welches bei Reduktionstemperaturen von 400, 700 und 1000 C reduziert wurde. In Tabelle 4.6 sind die Eigenschaften der unterschiedlichen thermisch reduzierten Graphene zusammengefasst. Tabelle 4.6 Eigenschaften von TRGO in Abhängigkeit der Reduktionstemperatur. C a H a O b OHZ c spez. Oberfläche d Probe [%] [%] [%] [mmol/g] [m 2 g -1 ] Leitwert e [Scm -1 ] TRGO ± 0.9 TRGO ± 0.9 TRGO ± 2.3 a bestimmt aus EA; b Differenz zu 100%; c bestimmt aus TGA; d bestimmt aus BET; e berechnet über gemessenen Widerstand an gepressten Tabletten. Mit zunehmender Reduktionstemperatur nimmt der Kohlenstoffgehalt von etwa 80% bei TRGO 400 auf 93% in TRGO 1000 zu. Dies macht sich in einer Erhöhung des Leitwertes von (18.6 ± 0.9) Scm -1 in TRGO 400 auf (67.3 ± 2.3) Scm -1 in TRGO 1000 bemerkbar. Gleichzeitig verringert sich der Sauerstoffgehalt im Kohlenstoffgerüst, der zu einer Abnahme der OH-Zahl von 1.3 mmol/g in TRGO 400 auf 0.5 mmol/g in TRGO 1000 führt. TRGO 700 weist die größte BET-Oberfläche mit 670 m 2 g -1 auf, was sich zusätzlich anhand der geringsten Schüttdichte bemerkbar macht. Die höhere Schüttdichte und geringere spezifische Oberfläche von TRGO 1000 lassen sich darauf zurückführen, dass sich bei der thermischen Reduktion von GO im Drehrohrofen die Übergangszone zwischen der Förderschnecke und dem temperierten 100

115 Viskosität [Pas] 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE Quarzrohr auf Temperauren > 400 C aufheizt. Dadurch wird schon ein Teil des GO bei deutlich geringeren Temperaturen als 1000 C zu TRGO exfoliert. Die Herstellung der PU/TRGO-Nanocomposite erfolgte über eine in-situ Polymerisation. Hierfür wurden im ersten Schritt die Graphene in der Polyolkomponente mit Hilfe des Ultraturrax dispergiert. Der Füllstoffgehalt der Graphene variierte zwischen 0.8 und 3.0 wt.-% bezogen auf die Polyolmischung, bzw wt.-% bezogen auf das PU-Elastomer. Aufgrund der starken Viskositätszunahme und der damit verbundenen schlechten Gießfähigkeit der Polyole war ein höherer Füllstoffgehalt nicht möglich. Eine gute Verarbeitbarkeit ist mit Viskositäten der Ausgangskomponenten im Bereich zwischen 0.01 und 10 Pas möglich. [3] Abbildung 4.15 zeigt das Viskositätsverhalten für das reine Polyol sowie für die Polyol-Dispersionen gefüllt mit 3 wt.-% TRGO 400, TRGO 700 und TRGO 1000 in Abhängigkeit von der Scherrate bei einer Temperatur von 25 C Polyol Polyol/3 wt.-% TRGO 400 Polyol/3 wt.-% TRGO Polyol/3 wt.-% TRGO Scherrate [s -1 ] Abbildung 4.15 Scherabhängiges Viskositätsverhalten für das reine Polyolgemisch, sowie gefüllt mit je 3 wt.-% TRGO 400, TRGO 700 und TRGO Das Polyolgemisch verhält sich wie eine Newton`sche Flüssigkeit, d.h. die Viskosität ist scherratenunabhängig und bleibt konstant bei einem Wert von 1 Pas. Wird TRGO in das Polyol eingearbeitet, so nimmt die Viskosität zu. Im Vergleich zu reinem Polyol weisen die Polyol/TRGO-Dispersionen ein scherverdünnendes Verhalten in Abhängigkeit der Scherrate auf. Zu Beginn ist die Viskosität hoch, da die Graphen-Schichten die Beweglichkeit der 101

116 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE Polyolketten einschränken. [171] Mit zunehmender Scherrate orientieren sich die Graphene parallel an, wodurch sich das Fließverhalten der Polyolketten verbessert und die Viskosität auf ein Plateau abnimmt. Auffallend ist, dass die Viskosität mit zunehmender Reduktionstemperatur von TRGO ansteigt. Während mit TRGO 400 die Viskosität bei einer Scherrate von 100 s Pas beträgt, wird sie bei TRGO 1000 auf 30 Pas erhöht. Die zunehmende Viskosität könnte darauf zurückzuführen sein, dass mit zunehmender Reduktionstemperatur die Anzahl der funktionellen Gruppen sinkt, d.h. die Graphen-Plättchen weisen eine zunehmend starre planare Struktur auf, die die Beweglichkeit der Polyolketten beeinträchtigen. Aufgrund der sehr hohen Viskosität der Polyol/TRGO Dispersionen waren die weitere Umsetzung mit Diisocyanaten zu PU-Gießelastomeren und das anschließende Gießen in die Gießform deutlich erschwert Morphologische Untersuchung Die PU33-Nanocomposite wurden hinsichtlich ihrer morphologischen Eigenschaften mit Hilfe der Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) untersucht. Hierfür wurden Ultradünnschnitte der PU33-Nanocompositen mit je 1.5 wt.-% Füllstoff hergestellt. In Abbildung 4.16 sind die TEM-Aufnahmen der Nanocomposite im Vergleich zu reinem PU33 gezeigt. Die PU33-Gießelastomere in Abbildung 4.16 a) zeichnen sich durch eine Domänenmorphologie, bestehend aus einer Hart- und Weichphase aus. Dabei bilden das langkettige Diol und der Kettenverlängerer 1,4-Butandiol mit dem Diisocyanat die dunkel erscheinenden Hartphasen, während das langkettige Triol und das Diisocyanat die kontinuierliche weiche Phase (hell) darstellen. Abbildung 4.16 b) und c) zeigen, dass sowohl TRGO 400 als auch TRGO 700 ausschließlich in den Hartphasen vorliegt und sich die sphärische Form der Hartphasen in eine anisotrope, dem Graphen angepasste Struktur ändern. Die Graphen-Schichten sind in den harten Phasen homogen verteilt und zeigen die typisch aufgefächerten Ziehharmonika-Strukturen. Ein ganz anderes Bild zeigt PU33/TRGO 1000 in Abbildung 4.16 d). TRGO 1000 verteilt sich inhomogen in den Hartphasen und zeigt große Agglomerate im Bereich von 10 μm. Die deutlich schlechtere Dispergierung von TRGO 1000 im Vergleich zu TRGO 400 und TRGO 700 in der PU-Matrix könnte auf die geringere Anzahl an funktionellen Gruppen an der Füllstoffoberfläche zurückzuführen sein. Die OH-Gruppen von TRGO ermöglichen nicht nur eine wirkungsvollere Dispersion in der Polyolkomponente, sondern könnten gleichzeitig eine 102

117 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE kovalente Anbindung an die PU-Matrix über die Reaktion mit den Isocyanaten zu Urethanen bewirken. Zusätzlich könnte die bereits erwähnte hohe Viskositätszunahme der Polyolkomponente für die schlechte Dispergierung verantwortlich sein, wodurch das Mischen der Polyol- und Isocyanatkomponente deutlich erschwert wurde und eine inhomogenere Morphologie zur Folge hat. a) b) c) d) Abbildung 4.16 TEM-Aufnahmen von (a) reinem PU33 und (b-d) den PU33-Nanocompositen mit jeweils 1.5 wt.-% Füllstoff; (b) PU33/TRGO 400 _1.5, (c) PU33/TRGO 700 _1.5 und (d) PU33/TRGO 1000 _

118 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE Mechanische Eigenschaften Die mechanische Charakterisierung der PU33-Nanocomposite gefüllt mit TRGO 400, TRGO 700 und TRGO 1000 erfolgte anhand von Zug-Dehnungsversuchen nach der Prüfnorm ISO bei einer Traversengeschwindigkeit von 50 mm/min. Weiterhin wurden Härtemessungen nach Shore A und Shore D durchgeführt. Tabelle 4.7 fasst die Ergebnisse für die verschiedenen PU-Nanocomposite zusammen. Tabelle 4.7 Mechanische Eigenschaften der PU33-Nanocomposite gefüllt mit TRGO 400, TRGO 700 und TRGO E-Modul a Zugfestigkeit a dehnung a Shore A Shore D Bruch- Härte Composit [MPa] [MPa] [%] PU ± ± ± ± ± 0.1 PU33/TRGO 400 _ ± ± ± ± ± 0.2 PU33/TRGO 400 _ ± ± ± ± ± 0.1 PU33/TRGO 400 _ ± ± ± ± ± 0.3 PU33/TRGO 400 _ ± ± ± ± ± 0.2 PU33/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.2 PU33/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.3 PU33/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.2 PU33/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.1 PU33/TRGO 1000 _ ± ± ± ± ± 0.2 PU33/TRGO 1000 _ ± ± ± ± ± 0.3 PU33/TRGO 1000 _ ± ± ± ± ± 0.2 PU33/TRGO 1000 _ ± ± ± ± ± 0.4 a aus Z/D-Messungen. In Abbildung 4.17 sind die normierten Werte für den E-Modul E Composit /E Matrix, die Zugfestigkeit σ Composit /σ Matrix und die Bruchdehnung ε Composit /ε Matrix in Abhängigkeit der TRGO-Konzentration für die verschiedenen PU33/TRGO-Nanocomposite aufgetragen. Innerhalb einer PU33/TRGO-Reihe nehmen der E-Modul und die Zugfestigkeit mit steigendem TRGO-Gehalt zu. Der Verstärkungseffekt weist sowohl mit TRGO 700 als auch TRGO 400 einen linearen Zusammenhang auf. Der E-Modul steigt bei PU33/TRGO 400 _2.0 von (11.8 ± 0.3) MPa auf (32.4 ± 1.0) MPa und bei PU33/TRGO 700 _2.0 sogar auf (35.1 ± 0.7) MPa an. Bei PU33/TRGO 1000 dagegen nimmt der E-Modul bis zu einem Füllstoffgehalt-Gehalt von 104

119 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE 1 wt.-% nur geringfügig zu. Bei höheren Füllstoffgehalten zeigt sich analog zu TRGO 400 und TRGO 700 ein lineares Verhalten und erreicht bei 2.0 wt.-% einen E-Modul von (26.5 ± 1.1) MPa. Bei der Betrachtung der Zugfestigkeit in Abhängigkeit des Füllstoffgehalts in Abbildung 4.17 zeigt sich sowohl für TRGO 400 als auch TRGO 700 ein linearer Zusammenhang. Die Werte der Zugfestigkeit steigen um mehr als das Dreifache von (3.1 ± 0.1) MPa auf (9.4 ± 0.2) MPa für PU33/TRGO 400 _2.0 bzw. (10.6 ± 0.2) MPa für PU33/TRGO 700 _2.0 an. Stattdessen zeigt TRGO 1000 keine Verbesserung der Zugfestigkeit. Der deutlich geringere Verstärkungseffekt von TRGO 1000 korreliert mit den morphologischen Untersuchungen in Abschnitt Sowohl TRGO 400 als auch TRGO 700 sind homogen in den Hartphasen lokalisiert, wodurch eine hohe Verstärkungswirkung auf die harte Phase und folglich auf den ganzen Nanocomposit herbeigeführt wird. Im PU33/TRGO Nanocomposit ist dagegen das Graphen sehr inhomogen in der PU-Matrix verteilt und es liegen zusätzlich Bereiche mit großen Agglomeraten vor. Die deutlich schlechtere Dispergierung lässt sich auf die sehr geringe OH-Funktionalität des TRGO 1000 zurückführen und führt schließlich zu einer geringeren mechanischen Verstärkung. Hinsichtlich der Bruchdehnung zeigt sich bei TRGO 400 und TRGO 700 wieder eine ähnliche Tendenz. Die Bruchdehnung bleibt mit steigendem TRGO-Gehalt nahezu konstant. In PU33/TRGO 700 ist bei einem Füllstoffgehalt von 2 wt.-% sogar eine Verbesserung von (650 ± 20)% auf (720 ± 10)% zu beobachten. Dieses Verhalten lässt sich auf die hohe Wechselwirkung der Graphene mit den Hartphasen zurückführen. Die Weichphase ist für die Dehnbarkeit des PU verantwortlich. Wie bereits aus den TEM-Aufnahmen hervorgeht, liegen TRGO 400 und TRGO 700 ausschließlich in den Hartphasendomänen vor. Dadurch wird die Weichphase wenig beeinflusst und die Dehnbarkeit bei gleichzeitiger Matrixverstärkung bleibt nahezu erhalten. Anders sieht es bei den PU33/TRGO Nanocompositen aus. Mit steigendem Füllstoffgehalt kommt es zu einer deutlichen Abnahme der Bruchdehnung. Bei PU33/TRGO 1000 _2.0 sinkt die Bruchdehnung im Vergleich zum reinen Polymer um 75% von (650 ± 20)% auf (160 ± 70)%. Aufgrund der schlechten Dispergierung in der PU-Matrix befinden sich die Agglomerate des Graphens zusätzlich in der kontinuierlichen Weichphase, welche die Dehnbarkeit von PU33 beeinträchtigen und somit eine Verschlechterung der Bruchdehnung herbeiführen. 105

120 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE 3 PU33/TRGO 400 PU33/TRGO 700 PU33/TRGO 1000 E Composit /E Matrix Composit / Matrix 2 1 1,0 Composit / Matrix 0,5 0,0 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 Füllstoffgehalt [wt.-%] Abbildung 4.17 Mechanische Charakterisierung der PU33/TRGO-Nanocomposite mittels Zug- Dehnung; normierte Werte des E-Moduls E Composit /E Matrix, der Zugfestigkeit σ Composit /σ Matrix und der Bruchdehnung ε Composit /ε Matrix in Abhängigkeit des TRGO-Gehalts. Neben der Festigkeit wird auch die Härte der PU33-Nanocomposite mit zunehmendem Füllstoffgehalt erhöht. Ein Vergleich der Härten nach Shore A und Shore D der PU33-Nanocomposite mit je 2 wt.-% Füllstoffgehalt ist in Abbildung 4.18 gezeigt. Am 106

121 Härte 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE meisten wird die Härte mit TRGO 700 gefolgt von TRGO 1000 beeinflusst. Die Härte erhöht sich mit 2 wt.-% TRGO 700 nach Shore A um 27% und nach Shore D um 35% Shore A Shore D PU33 PU33/TRGO 400 PU33/TRGO 700 PU33/TRGO 1000 Abbildung 4.18 Härte nach Shore A und Shore D für die PU33-Nanocomposite gefüllt mit 2 wt.-% TRGO 400, TRGO 700 und TRGO Zusammenfassend gilt, dass die Hydroxylgruppen an der TRGO-Oberfläche entscheidend für eine wirkungsvolle Dispergierung sowohl in der Polyolkomponente als auch in den entsprechenden PU-Gießelastomeren sind. Die besten mechanischen Eigenschaften wurden mit TRGO 700, gefolgt von TRGO 400 erzielt. Beide Systeme zeichnen sich im Vergleich zu TRGO 1000 durch eine hohe Anzahl an funktionellen Gruppen aus, die neben einer homogenen Verteilung in der polaren PU-Matrix zusätzlich über die Reaktion mit den Diisocyanaten zu Urethanen kovalent an die Matrix anknüpfen können. Die geringfügig besseren mechanischen Eigenschaften der PU33/TRGO 700 -Nanocomposite im Vergleich zu den PU33/TRGO Nanocompositen könnten auf die höhere BET-Oberfläche und demzufolge das größere Aspektverhältnis von TRGO 700 zurückzuführen sein. 107

122 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE 4.3 Einfluss der Funktionalisierung von TRGO In diesem Abschnitt wurden die modifizierten Graphene aus Kapitel 3 als Nanofüllstoff für Polyurethan-Gießelastomere eingesetzt. Die Herstellung der PU-Nanocomposite erfolgte analog über eine in-situ-polymerisation, um eine kovalente Anbindung der Graphene an die PU-Matrix ermöglichen zu können. Es galt zu untersuchen, welchen Einfluss die zusätzliche organische Funktionalisierung der Graphene auf die morphologischen und mechanischen, sowie elektrischen Eigenschaften der PU-Elastomere hat. Als Polyurethan-Matrix wurde die PU33-Rezeptur aus Tabelle 4.1 verwendet. Der Füllstoffgehalt variierte zwischen 0.5 und 2 wt.-% bezogen auf den TRGO-Anteil. Analog zu den PU/TRGO-Nanocompositen in den Abschnitten 4.1 und 4.2 wurde die verwendete Rezeptur auf die Hydroxylzahl der funktionalisierten Graphene abgestimmt, so dass immer ein 2%-iger Überschuss an Diisocyanat vorlag. In Tabelle 4.8 sind die eingesetzten funktionalisierten Graphene mit ihren Funktionalisierungsgraden sowie Hydroxylzahlen zusammengefasst. Tabelle 4.8 Übersicht der eingesetzten funktionalisierten Graphene als Nanofüllstoff für die PU33-Gießelastomere. Anteil OHZ Probe Funktionalisierung Funktionalisierung a [wt.-%] [mmol/g] TRGO 700 -Phi TRGO 400 -EC 13.0 d 1.1 b TRGO 700 -Riz b TRGO 400 -PEHO c a bestimmt aus TGA unter N 2 ; b OHZ wurde mit Hilfe der OHZ des Ausgangsmaterials TRGO unter Berücksichtigung des Massenanteils der Funktionalisierung nach Formel 11 berechnet; c Titration der OH- Gruppen durch Umsetzung mit Phenylisocyanat. d 6% Alkylrest und 7% intercaliertes Ethylencarbonat. 108

123 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE Bei TRGO 700 -Phi, TRGO 400 -EC und TRGO 700 -Riz handelte es sich um polymeranaloge Umsetzungen, d.h. die Anzahl der OH-Gruppen auf der TRGO-Oberfläche hat sich nicht verändert. Allerdings nimmt die Masse durch die Funktionalisierung zu, wodurch die OHZ sinkt. Die OH-Zahl wurde daher über die OHZ der Ausgangsgraphene unter Einbezug der Masse der jeweiligen Funktionalisierung nach Formel 11 berechnet. Bei den Polyoxetanfunktionalisierten Graphenen TRGO 400 -PEHO führte die Pfropfung der hyperverzweigten Polyetherpolyole zu einer Erhöhung der OH-Zahl. Hier erfolgte die Bestimmung der OHZ über die Umsetzung der OH-Gruppen mit Phenylisocyanat nach Abschnitt 3.2. (11) FG: Funktionalisiertes Graphen M Funkt. : Masse an Funktionalisierung in % Morphologische Untersuchung Die PU33-Nanocomposite gefüllt mit den funktionalisierten Graphenen wurden hinsichtlich ihrer Morphologie untersucht. Hierfür wurden Ultradünnschnitte der PU33-Nanocompositen mit je 1.5 wt.-% Füllstoff hergestellt und mit Hilfe der Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) charakterisiert. In Abbildung 4.19 sind die TEM-Aufnahmen der verschiedenen Nanocomposite im Vergleich zu reinem PU33 sowie zu den PU33/TRGO-Nanocompositen aus Abschnitt gezeigt. TRGO-Phi (Abbildung 4.19 c)) und TRGO-Riz (Abbildung 4.19 d)) liegen analog zu TRGO 700 (Abbildung 4.19 b)) bevorzugt in den Hartphasen vor, die von einer sphärischen in eine anisotrope, TRGO-ähnliche Form übergehen. Sowohl TRGO-EC (Abbildung 4.19 e) als auch TRGO-PEHO (Abbildung 4.19 f)) weisen eine deutlich schlechtere Dispergierung auf. Die TRGO-Flocken liegen zum Teil in den dunklen Hartphasen vor aber bilden große Agglomerate, die sich über einen großen Bereich bis zu 10 μm erstrecken. 109

124 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE a) b) c) d) e) f) Abbildung 4.19 TEM-Aufnahmen von (a) reinem PU33 und den PU33-Nanocompositen mit jeweils 1.5 wt.-% Füllstoff; (b) PU33/TRGO 700 _1.5, (c) PU33/TRGO Phi _1.5, (d) PU33/TRGO Riz _1.5 (e) PU33/TRGO EC _1.5 und (f) PU33/TRGO PEHO _

125 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE Mechanische Eigenschaften Die mechanische Charakterisierung der PU33-Nanocomposite gefüllt mit TRGO-Phi, TRGO-EC, TRGO-Riz und TRGO-PEHO erfolgte anhand von Zug-Dehnungsversuchen nach der Prüfnorm ISO und Härtemessungen nach Shore A und Shore D. Es wurde der Einfluss der Füllstoffkonzentration auf die mechanischen Eigenschaften der Composite untersucht und mit den PU33/TRGO 700 -Nanocompositen aus Abschnitt verglichen. Tabelle 4.9 fasst die erhaltenen Ergebnisse zusammen. Tabelle 4.9 Mechanische Eigenschaften der PU33-Nanocomposite gefüllt mit TRGO 700, TRGO-Phi, TRGO-EC, TRGO-Riz und TRGO-PEHO. Composit a E-Modul b Zugfestigkeit a dehnung a Shore A Shore D Bruch- Härte [MPa] [MPa] [%] PU ± ± ± ± ± 0.1 PU33/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.2 PU33/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.3 PU33/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.2 PU33/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.1 PU33/TRGO Phi _ ± ± ± ± ± 0.2 PU33/TRGO Phi _ ± ± ± ± ± 0.1 PU33/TRGO Phi _ ± ± ± ± ± 0.1 PU33/TRGO Phi _ ± ± ± ± ± 0.2 PU33/TRGO EC _ ± ± ± ± ± 0.1 PU33/TRGO EC _ ± ± ± ± ± 0.3 PU33/TRGO EC _ ± ± ± ± ± 0.4 PU33/TRGO EC _ ± ± ± ± ± 0.5 PU33/TRGO Riz _ ± ± ± ± ± 0.1 PU33/TRGO Riz _ ± ± ± ± ± 0.2 PU33/TRGO Riz _ ± ± ± ± ± 0.1 PU33/TRGO Riz _ ± ± ± ± ± 0.2 PU33/TRGO PEHO _ ± ± ± ± ± 0.1 PU33/TRGO PEHO _ ± ± ± ± ± 0.2 PU33/TRGO PEHO _ ± ± ± ± ± 0.1 PU33/TRGO PEHO _ ± ± ± ± ± 0.2 a die Füllstoffmenge wt.-% ist bezogen auf den Gewichtsanteil TRGO ohne die organische Modifizierung; b aus Z/D-Experimenten. 111

126 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE E Composit /E Matrix TRGO TRGO-Phi TRGO-EC TRGO-Riz TRGO-PEHO Composit / Matrix ,5 Composit / Matrix 1,0 0,5 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 Füllstoffgehalt [wt.-%] Abbildung 4.20 Mechanische Charakterisierung der PU33-Nanocomposite gefüllt mit TRGO 700, TRGO-Phi, TRGO-EC, TRGO-Riz und TRGO-PEHO mittels Zug-Dehnung; normierte Werte des E Moduls E Composit /E Matrix, der Zugfestigkeit σ Composit /σ Matrix und der Bruchdehnung ε Composit /ε Matrix in Abhängigkeit des Füllstoffgehalts. In Abbildung 4.20 sind die normierten Werte für den E-Modul E Composit /E Matrix, die Zugfestigkeit σ Composit /σ Matrix und die Bruchdehnung ε Composit /ε Matrix in Abhängigkeit der Füllstoffkonzentration für die verschiedenen PU33/TRGO-Nanocomposite aufgetragen. Analog zu den PU33/TRGO 700 -Nanocompositen nimmt bei den Systemen gefüllt mit TRGO-Phi und 112

127 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE TRGO-Riz der E-Modul mit zunehmendem Füllstoffgehalt zu. Den größten Verstärkungseffekt weist TRGO 700, gefolgt von TRGO-Phi und TRGO-Riz auf. Die Werte steigen bei PU33/TRGO Phi _2.0 von (11.8 ± 0.3) MPa auf (23.9 ± 0.1) MPa und bei PU33/TRGO Riz _2.0 auf (22.0 ± 1.1) MPa an. Bei PU33/TRGO EC nimmt der E-Modul zunächst ab und erreicht bei 2.0 wt.-% nur eine Steigerung von 28% auf (15.1 ± 0.5) MPa. Der geringe Verstärkungseffekt steht im Einklang mit der Morphologie in Abschnitt und ist auf die inhomogene Verteilung von TRGO-EC zurückzuführen. Noch weniger wird der E-Modul von PU33 mit TRGO-PEHO beeinflusst und bleibt bis 2.0 wt.-% unverändert. Die Zugfestigkeit steigt bei allen Proben mit zunehmendem Füllstoffgehalt. Auch hier werden die besten Ergebnisse mit TRGO 700 sowie TRGO-Phi erhalten. Die Werte steigen um mehr als das Dreifache von (3.1 ± 0.1) MPa auf (10.6 ± 0.2) MPa für PU33/TRGO 700 _2.0 bzw. (10.0 ± 0.1) MPa für PU33/TRGO Phi _2.0 an Unter Verwendung von TRGO-EC nimmt die Zugfestigkeit nur geringfügig auf (4.6 ± 0.1) MPa in PU33/TRGO EC _2 zu. Der deutlich geringere Verstärkungseffekt von TRGO-EC korreliert zum einen mit den morphologischen Untersuchungen, wobei die PU33/TRGO EC -Nanocomposite große Agglomerate von TRGO-EC zeigen. Zudem enthielten die hergestellten PU-Platten viele Luftblasen, die sich negativ auf die mechanischen Eigenschaften auswirken. Es ist durchaus möglich, dass sich eingelagertes EC während der in-situ Polymerisation unter CO 2 -Abgabe zersetzte und so zu Luftlöchern in der PU-Matrix führte. Hinsichtlich der Bruchdehnung zeigt sich kein einheitliches Bild. Reines PU33 weist eine Bruchdehnung von (650 ± 20) % auf. Die Werte für die Nanocomposite gefüllt mit TRGO 700, TRGO-Phi, TRGO-EC und TRGO-Riz schwanken zwischen 400 und 730%. Mit TRGO-PEHO steigt die Bruchdehnung bis 1 wt.-% Füllstoffgehalt auf (850 ± 100)% an und sinkt bei 2 wt.-% wieder auf den Ausgangswert ab. Bei der Betrachtung der Härte der PU33-Nanocomposite zeigt sich ein ähnliches Verhalten wie das des E-Moduls. Bei 2.0 wt.-% Füllstoffgehalt nimmt die Härte nach Shore A und Shore D in der Reihenfolge TRGO 700 > TRGO-Phi > TRGO-Riz > TRGO-PEHO zu. Dagegen wird die Härte in Anwesenheit von TRGO-EC verschlechtert. 113

128 Härte 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE Shore A Shore D PU33 PU33/TRGO 700 PU33/TRGO Phi PU33/TRGO EC PU33/TRGO Riz PU33/TRGO PEHO Abbildung 4.21 Härte nach Shore A und Shore D für die PU33-Nanocomposite gefüllt mit 2 wt.-% TRGO 700, TRGO-Phi, TRGO-EC, TRGO-Riz und TRGO-PEHO. Zusammenfassend gilt, dass die Funktionalisierung von TRGO zu keiner zusätzlichen Verbesserung der mechanischen Eigenschaften geführt hat. Die Matrixverstärkung wurde mit zunehmender Kettenlänge und Kettenflexibilität der Oberflächenmodifizierung des TRGO beeinträchtigt. Obwohl die modifizierten Graphene im Vergleich zu reinem TRGO ein verbessertes Dispersionsverhalten in organischen Medien aufweisen, wurden die besten Verstärkungseffekte mit TRGO 700 erzielt. Die TEM-Untersuchungen der PU/TRGO- Nanocomposite zeigten, dass ausschließlich TRGO 700, TRGO-Phi und TRGO-Riz homogen in der harten Phase dispergiert sind. Unter identischen Verarbeitungsbedingungen weisen PU/TRGO EC und PU/TRGO PEHO unterschiedliche Morphologien auf. Die kugelförmigen harten Phasen der reinen PU33-Matrix verschwinden und große Agglomerate der TRGO- Schichten sind sichtbar. Im Falle von TRGO-PEHO liegt nahe, dass der hohe Anteil an gepfropften PEHO zu einer Unverträglichkeit mit der PPO-Diol/Triol-Mischung geführt hat. Desweiteren könnte die bevorzugte Vernetzung des hoch hydroxyl-funktionellen TRGO- PEHO mit dem Diisocyanat eine Phasentrennung verursacht und demzufolge zu Netzwerkinhomogenitäten geführt haben. 114

129 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE 4.4 Vergleich zu Carbon Black und Carbon Nanotubes Die Wirkung eines Füllstoffs auf eine Polymermatrix hängt stark vom Füllstofftyp, der Konzentration, der Partikelgröße bzw. geometrie, sowie der Anbindung an die Polymermatrix ab. Die Füllstoffpartikel können in verschiedenen Formen vorliegen. Besonders verbreitet sind kugel-, würfel-, block-, plättchen-, nadel- oder faserförmige Füllstoffe. [32] Die Form wird dabei durch das Aspektverhältnis beschrieben, welches als Verhältnis von Länge zu Breite des Partikels definiert ist. Die besten Verstärkungseffekte zeigen Füllstoffe mit einem hohen Aspektverhältnis, da sie in der Lage sind auftretende Spannungen besser auf das gesamte Material zu verteilen. [33-35] Ein kugelförmiger Nanofüllstoff, der definitionsgemäß ein Aspektverhältnis von eins besitzt, hat gegenüber einem stäbchen- oder plättchenförmigen Nanofüllstoff mit einem höheren Aspektverhältnis in Bezug auf die Verbesserung der mechanischen Eigenschaften des Nanocomposits nur einen geringfügigen Effekt. Auch in Hinblick auf elektrische Leitfähigkeit, zeigen Füllstoffmaterialien mit einem großen Aspektverhältnis sehr geringe elektrische Perkolationsschwellen. [137] Neben dem hohen Aspektverhältnis spielt allerdings auch die Verteilung des Füllstoffs in der Matrix eine entscheidende Rolle. Füllstoffe mit hohem Aspektverhältnis zeigen nicht immer die gewünschten mechanischen Effekte, wenn sie beispielsweise inhomogen dispergiert sind oder als Agglomerate vorliegen. Eine weitere Voraussetzung für das Erzielen von guten mechanischen Eigenschaften ist die Möglichkeit der Kraftübertragung zwischen Füllstoff und Matrix. Hierfür müssen die Anbindung und Verträglichkeit des Füllstoffs mit der Polymermatrix optimiert werden. In diesem Abschnitt werden die Graphene mit den kommerziell erhältlichen kohlenstoffhaltigen Nanofüllstoffen, wie Carbon Black (CB) und Carbon Nanotubes (CNT), in Bezug auf ihre Fähigkeit als Nanofüllstoff für PU-Gießelastomere verglichen. Es wurde der Einfluss des Aspektverhältnisses und der Partikelgeometrie der Füllstoffe auf die morphologischen, mechanischen und elektrischen Eigenschaften der PU-Nanocomposite untersucht. Eine Übersicht über die Geometrien und Aspektverhältnisse der verwendeten Nanofüllstoffe gibt Tabelle In Abbildung 4.22 sind die entsprechenden ESEM- Aufnahmen gezeigt. 115

130 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE Tabelle 4.10 Füllstoffgeometrie und Aspektverhältnis der verwendeten Kohlenstofffüllstoffe. x/y- z- Aspektverhältnis Füllstoff Form Abmessung Abmessung C-Gehalt Leitwert [μm] [nm] [%] [Scm -1 ] Carbon Black (Printex XE 2) CNT (Baytubes P150) Kugel n. b. Röhre n. b. TRGO a Schicht ~ ± 0.9 a H-Gehalt: 0.7, O-Gehalt: 13.1; BET: 600 m 2 g -1 und b gemessen an Presslingen (p = 1t; t = 5 min; T = RT). a) b) 5 μm 5 μm c) d) 5 μm 5 μm Abbildung 4.22 ESEM-Aufnahmen von (a) Carbon Black (Printex XE 2), (b) Carbon Nanotubes (Baytubes P150), (c) GO und (d) TRGO-700. Carbon Black (CB) ist ein vielseitiger und kostengünstiger Füllstoff, bestehend aus sphärischen Rußpartikeln mit einem durchschnittlichen Durchmesser von 20 nm. Der Kohlenstoffgehalt liegt bei 96% und der Leitwert beträgt 5 Scm -1. Mit einem Aspektverhältnis von eins eignet sich CB zur Herstellung elektrisch leitfähiger Nanocomposite, allerdings mit 116

131 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE geringer Matrixverstärkung. [75,93] Carbon Nanotubes (CNT) zeichnen sich durch ein sehr großes Aspektverhältnis und einem enorm hohen E-Modul aus. [36,38] Ihre Verwendung in Nanocompositen stellen nach erfolgreichem Dispergieren neben Verbesserungen der elektrischen Leitfähigkeit, auch Steigerungen der Zugfestigkeiten in Aussicht. [39-41] Ein Nachteil ist allerdings, dass sie aufgrund ihrer Geometrie stark verschlaufte Agglomerate bilden. [42] In Bezug auf die mechanischen Eigenschaften konnte ihr volles Potential bisher noch nicht ausgeschöpft werden, da sie nicht vollständig homogen in der Polymermatrix dispergiert werden konnten. Außerdem sind die hohen Herstellungskosten und daher die begrenzte Verfügbarkeit von großem Nachteil für die Anwendung als Nanofüllstoff für Polymere. Die hier verwendeten CNT (Baytubes, Bayer AG) gehören zur Gruppe der multiwalled Carbon Nanotubes und liegen stark verflochten in Form von Fasernester vor (s. Abbildung 4.22 b)). Sie weisen Längen zwischen 1-5 μm auf und besitzen ein durchschnittliches Aspektverhältnis von 150. Der Kohlenstoffgehalt liegt bei 97.9%. Das verwendete TRGO wurde ausgehend von Graphitoxid (GO) bei 700 C thermisch reduziert. GO weist eine kompakte, leicht gewellte Schichtstruktur, hervorgerufen durch die funktionellen Gruppen, auf. [84] Durch abruptes Erhitzen von GO auf 700 C zersetzen sich die funktionellen Gruppen unter Abgabe von Kohlenstoffmonooxid (CO) und Kohlenstoffdioxid (CO 2 ). Die Schichten von GO werden dabei auseinandergerissen und die charakteristische ziehharmonikaartige Struktur von TRGO entsteht. Die Bestimmung des Aspektverhältnisses der Graphene erfolgte unter Zuhilfenahme des aus BET-Messungen ermittelten Exfolierungsgrads. [93] Es wurde von Schichten bestehend aus vier Lagen ausgegangen, die einer durchschnittlichen Dicke von etwa 2.4 nm entsprechen. Zusammen mit der durchschnittlichen Kantenlänge von 2 μm (aus ESEM) ergibt sich ein Aspektverhältnis von 800. Die gezeigten Füllstoffe unterscheiden sich in ihrer Geometrie und folglich in ihrem Aspektverhältnis. Aufgrund dieser Tatsache waren für die PU-Elastomere gefüllt mit CB deutlich geringere Steigerungen des E-Moduls und der Zugfestigkeit zu erwarten, als mit CNT und TRGO. Neben der Füllstoffgeometrie spielt auch die Dispergierung eine entscheidende Rolle. Bei allen vorgestellten Füllstoffen handelt es sich um Kohlenstoffmaterialien, die sich aber hinsichtlich ihres KohlenstoffGehalts unterscheiden. CB und CNT weisen einen sehr hohen Anteil von 96% auf. Im Vergleich dazu liegt bei TRGO 700 der C-Gehalt bei 86.3%. Zusätzlich zeichnen sich die Graphene durch sauerstoffhaltige funktionelle Gruppen, hauptsächlich in Form von Hydroxylgruppen aus. Der O-Gehalt liegt hier für TRGO 700 bei 13.1%. Neben einer besseren Dispergierung ist auch eine kovalente 117

132 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE Anbindung über die Reaktion der OH-Gruppen an der TRGO-Oberfläche mit den Isocyanatgruppen möglich. Dadurch werden die Matrixanhaftung und die daraus resultierenden mechanischen und morphologischen Eigenschaften der PU-Elastomere stark beeinflusst Morphologische Untersuchung Wie bereits in Kapitel gezeigt wurde, zeichnen sich die PU-Gießelastomere durch eine Domänenmorphologie, bestehend aus einer Hart- und Weichphase, aus. Dabei bilden das langkettige Diol und der Kettenverlängerer 1,4-Butandiol zusammen mit dem Diisocyanat die dunkel erscheinenden Hartphasen, während aus dem langkettige Triol und dem Diisocyanat die kontinuierliche weiche Phase (hell) entsteht. Wird der Hartsegmentanteil im PU erhöht, so nimmt die Domänengröße der Hartphasen von μm für PU23 auf μm für PU33 ab. Die Dispergierung von TRGO in den PU/TRGO-Nanocompositen wird stark durch den Hartsegmentanteil beeinflusst. Eine Erhöhung des Hartsegmentanteils führt zu einer erheblich verbesserten Dispergierung der Graphene in der PU-Matrix. TRGO liegt dabei ausschließlich in den Hartphasen vor, die ihre sphärische Form in eine anisotrope, dem TRGO angepasste Struktur ändern. In diesem Zusammenhang wurde der Einfluss des Hartsegmentanteils auf die Morphologie der PU-Nanocomposite gefüllt mit CB und CNT untersucht. Hierfür wurden Ultradünnschnitte der PU23 und PU33-Nanocompositen mit je 1.5 wt.-% Füllstoff hergestellt und mit Hilfe der Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) charakterisiert. In Abbildung 4.23 sind die TEM-Aufnahmen der PU/CB-Nanocompositen gezeigt. Die Rußpartikel liegen unabhängig vom Hartsegmentanteil in den dunklen Hartphasen vor, die ihre sphärische Form beibehalten. Wie anhand von Abbildung 4.23 c) zu erkennen ist, sind die Partikel nicht homogen in den Hartphasen verteilt. Es existieren sowohl Bereiche mit hoher CB-Konzentration als auch Phasen, in denen keine Partikel eingelagert sind. Die vergrößerten Aufnahmen in Abbildung 4.23 b) und d) zeigen zusätzlich, dass die Rußpartikel in den Hartphasen zum Teil große Agglomerate ausbilden [107]. 118

133 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE a) b) c) d) Abbildung 4.23 TEM-Aufnahmen der PU/CB-Nanocomposite mit jeweils 1.5 wt.-% CB; (a) und (b) PU23/CB_1.5; (c) und (d) PU33/CB_1.5. In Abbildung 4.24 sind TEM-Aufnahmen der PU/CNT-Nanocomposite gezeigt. Bei einem geringen Hartsegmentanteil von 23 wt.-% liegen die CNTs sehr inhomogen in Form von großen Fasernesten vor. Der Großteil der CNTs hält sich in den Hartphasen auf, wobei auch einzelne Nanoröhren in der kontinuierlichen Weichphase aufzufinden sind, wie in Abbildung 4.24 b) zu sehen ist. Wird der Hartsegmentanteil in der PU-Rezeptur erhöht, so konnte die Dispergierung der CNTs geringfügig verbessert werden. Die CNTs liegen ausschließlich in den Hartphasen vor, die zum Teil analog zu den PU33/TRGO- Nanocompositen in Abbildung 4.3 ein Netzwerk ausbilden. Allerdings existieren auch Bereiche in denen keine CNTs vorhanden sind. Die deutlich schlechtere Dispergierung der Benchmarksysteme CB und CNT im Vergleich zu TRGO könnte auf die fehlenden funktionellen Gruppen an der Füllstoffoberfläche zurückzuführen sein. Die OH-Gruppen von TRGO ermöglichen nicht nur eine 119

134 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE wirkungsvollere Dispersion in der Polyolkomponente, sondern gleichzeitig eine kovalente Anbindung an die PU-Matrix über die Reaktion mit den Isocyanaten zu Urethanen. a) b) c) d) Abbildung 4.24 TEM-Aufnahmen der PU/CNT-Nanocomposite mit jeweils 1.5 wt.-% CNT; (a) und (b) PU23/CB_1.5; (c) und (d) PU33/CB_ Mechanische Eigenschaften Die mechanische Charakterisierung der PU-Nanocomposite mit CB und CNT erfolgte analog zu den PU/TRGO-Nanocompositen mittels Zug-Dehnungsversuchen nach der Prüfnorm ISO und Härtemessungen nach Shore A und Shore D. Es wurde der Einfluss der Füllstoffkonzentration in Abhängigkeit des Hartsegmentanteils auf die mechanischen Eigenschaften untersucht und mit den PU/TRGO-Nanocompositen aus Abschnitt verglichen. Tabelle 4.11 fasst die Ergebnisse für die verschiedenen PU-Nanocomposite zusammen. 120

135 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE Tabelle 4.11 Mechanische Eigenschaften der PU-Nanocomposite mit den Füllstoffen Carbon Black (CB), Carbon Nanotubes (CNT) und TRGO Composit E-Modul a Zugfestigkeit a dehnung a Shore A Shore D Bruch- Härte [MPa] [MPa] [%] PU ± ± ± ± ± 0.1 PU23/CB_ ± ± ± ± ± 0.1 PU23/CB_ ± ± ± ± ± 0.1 PU23/CB_ ± ± ± ± ± 0.1 PU23/CB_ ± ± ± ± ± 0.1 PU23/CNT_ ± ± ± ± ± 0.1 PU23/CNT_ ± ± ± ± ± 0.1 PU23/CNT_ ± ± ± ± ± 0.1 PU23/CNT_ ± ± ± ± ± 0.1 PU ± ± ± ± ± 0.1 PU29/CB_ ± ± ± ± ± 0.1 PU29/CB_ ± ± ± ± ± 0.1 PU29/CB_ ± ± ± ± ± 0.1 PU29/CB_ ± ± ± ± ± 0.1 PU29/CNT_ ± ± ± ± ± 0.1 PU29/CNT_ ± ± ± ± ± 0.1 PU29/CNT_ ± ± ± ± ± 0.1 PU29/CNT_ ± ± ± ± ± 0.1 PU ± ± ± ± ± 0.1 PU33/CB_ ± ± ± ± ± 0.1 PU33/CB_ ± ± ± ± ± 0.1 PU33/CB_ ± ± ± ± ± 0.1 PU33/CB_ ± ± ± ± ± 0.1 PU33/CNT_ ± ± ± ± ± 0.1 PU33/CNT_ ± ± ± ± ± 0.2 PU33/CNT_ ± ± ± ± ± 0.1 PU33/CNT_ ± ± ± ± ± 0.1 PU33/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.2 PU33/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.3 PU33/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.2 PU33/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.1 a aus Z/D-Messungen. 121

136 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE Im ersten Schritt wurden die mechanischen Eigenschaften der PU/CB- und PU/CNT- Nanocomposite in Abhängigkeit des Hartsegmentanteils untersucht. Hierfür wurde im reinen PU-Elastomer der Hartsegmentanteil zwischen 23 und 33 wt.-% variiert. In Abbildung 4.25 sind die normierten Werte für den E-Modul E Composit /E Matrix und die Zugfestigkeit σ Composit /σ Matrix in Abhängigkeit der Füllstoffkonzentration für die PU/CB (links) bzw. PU/CNT-Nanocomposite (rechts) mit unterschiedlichen Hartsegmentanteilen aufgetragen. Bei den PU/TRGO-Nanocomposite in Abschnitt steigt der E-Modul bzw. die Zugfestigkeit mit zunehmendem Füllstoffgehalt stetig an. Je höher der Hartsegmentanteil desto besser der Verstärkungseffekt, da TRGO eine hohe Wechselwirkung mit den Hartsegmenten über die Reaktion der OH-Gruppen mit den Isocyanatgruppen aufweist. Die PU/CB-Nanocomposite weisen eine geringe Zunahme des E-Moduls bzw. der Zugfestigkeit mit steigendem Füllstoffgehalt auf. Der Verstärkungseffekt fällt insgesamt im Vergleich zu TRGO deutlich geringer aus. Zudem schwanken die Werte innerhalb einer Reihe sehr stark und weisen sehr große Fehler auf. Ein eindeutiger Trend in Abhängigkeit des Hartsegmentanteils, wie es bei den TRGO-haltigen PU-Elastomeren der Fall war, ist nicht zu beobachten. Vergleicht man die Werte mit 2 wt.-% Füllstoffgehalt, so wird die beste E-Modul Steigerung mit PU23 als Matrix erzielt. Der E-Modul erhöht sich mit 2 wt.-% CB um 55% von (2.9 ± 0.2) MPa auf (4.5 ± 0.4) MPa. Die Werte der Zugfestigkeit verbessern sich kaum und liegen im Rahmen des Fehlers. Die geringe Verbesserung des E-Moduls und der Zugfestigkeit korrelieren mit den morphologischen Untersuchungen in Abschnitt Die Dispergierung von CB in der PU-Matrix erfolgte unabhängig von Hartsegmentanteil sehr inhomogen. Eine Erhöhung des Hartsegmentanteils führt im Vergleich zu den TRGO-Nanocompositen zu keiner homogeneren Verteilung von CB. Dieser Effekt lässt sich auf die im TRGO vorhandenen funktionellen Gruppen zurückführen, die eine kovalente Anbindung an die PU-Matrix ermöglichen und zu einer besseren Dispergierung führen. Betrachtet man die Eigenschaften der PU/CNT-Nanocomposite in Abbildung 4.25 rechts, so zeigt sich in Abhängigkeit des Hartsegmentanteils ein ähnliches Verhalten der mechanischen Eigenschaften wie bei den PU/TRGO-Nanocompositen. Sowohl die Werte des E-Moduls als auch der Zugfestigkeit nehmen mit zunehmendem Füllstoffgehalt kontinuierlich zu. Der Einfluss der Hartsegmente spielt ebenso eine Rolle. Mit zunehmendem Hartsegmentanteil nimmt der Verstärkungseffekt zu, was sich hauptsächlich in einer besseren Steigerung der Zugfestigkeit bemerkbar macht. Der E-Modul steigt bei den PU33/CNT-Nanocompositen linear um 64% von (11.8 ± 0.3) MPa auf (19.3 ± 0.7) MPa an, die Zugfestigkeit wird um 70% 122

137 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE von (3.1 ± 0.1) MPa auf (5.3 ± 0.2) MPa erhöht. Die mechanische Verstärkung im Vergleich zu CB lässt sich mit dem deutlich höheren Aspektverhältnis begründen. E Composit /E Matrix 1,8 1,6 1,4 1,2 PU23/CB PU29/CB PU33/CB E Composit /E Matrix 1,8 1,6 1,4 1,2 PU23/CNT PU29/CNT PU33/CNT 1,0 1,0 Composit / Matrix 1,8 1,7 1,6 1,5 1,4 1,3 1,2 1,1 1,0 0,9 Composit / Matrix 1,8 1,7 1,6 1,5 1,4 1,3 1,2 1,1 1,0 0,9 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 CB-Gehalt [wt.-%] 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 CNT-Gehalt [wt.-%] Abbildung 4.25 Normierte Werte des E-Moduls E Composit /E Matrix und der Zugfestigkeit σ Composit /σ Matrix von PU/CB-Nanocompositen (links) und PU/CNT-Nanocompositen (rechts) in Abhängigkeit des Füllstoffgehalts und Hartsegmentanteils. Um den Einfluss des Aspektverhältnisses der verschiedenen kohlenstoffbasierten Nanofüllstoffe auf die PU-Elastomere zu untersuchen sind in Abbildung 4.26 die normierten Werte für den E-Modul E Composit /E Matrix, die Zugfestigkeit σ Composit /σ Matrix und die Bruchdehnung ε Composit /ε Matrix in Abhängigkeit der Füllstoffkonzentration für die PU33-Nanocomposite gezeigt. Wie bereits erwähnt, führen alle Kohlenstoffnanofüllstoffe zu einer Erhöhung des E-Moduls und der Zugfestigkeit. Im direkten Vergleich ist der Verstärkungseffekt bei TRGO in PU33 deutlich ausgeprägter als bei den hergestellten Nanokompositen, gefüllt mit CNT und CB. 123

138 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE 3,0 2,5 CB CNT TRGO E Composit /E Matrix 2,0 1,5 1,0 3,5 3,0 Composit / Matrix 2,5 2,0 1,5 1,0 1,0 Composit / Matrix 0,5 0,0 0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 Füllstoffgehalt [wt.-%] Abbildung 4.26 Mechanische Charakterisierung der PU33-Nanocomposite mittels Zug-Dehnung; normierte Werte des E-Moduls E Composit /E Matrix, der Zugfestigkeit σ Composit /σ Matrix und der Bruchdehnung ε Composit /ε Matrix in Abhängigkeit des Füllstoffgehalts. Wie erwartet, korrelieren die mechanischen Eigenschaften mit dem Aspektverhältnis der Füllstoffe. Das Aspektverhältnis nimmt in der Reihe CB < CNT < TRGO von 1 auf 800 zu. Eine Erhöhung des Aspektverhältnisses führt zu einer verbesserten mechanischen Verstärkung. Die Einarbeitung von 2 wt.-% Füllstoff erhöht den E-Modul bei TRGO um 198% von (11.8 ± 0.3) MPa auf (35.1 ± 0.7) MPa), gefolgt von CNT um 64% auf 124

139 Härte 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE (19.3 ± 0.7) MPa. Bei Verwendung von CB wird eine Steigerung des E-Moduls von nur 28% auf (15.1 ± 1.7) MPa erzielt. Ähnliches Verhalten zeigt sich auch für die Werte der Zugfestigkeiten. Bei TRGO steigt die Zugfestigkeit um 240% von (3.1 ± 0.1) MPa auf (10.6 ± 0.2) MPa an, bei CNT um 70% auf (5.3 ± 0.2) MPa und bei CB nur um 16% auf (3.6 ± 0.1) MPa. Neben der deutlich besseren Matrixverstärkung ist bei den PU33/TRGO- Nanocompositen die nahezu unveränderte Bruchdehnung mit steigendem TRGO-Gehalt hervorzuheben, während bei CB und CNT die Bruchdehnung um 83% bzw. 35% herabgesetzt wird. Wie bereits in Abschnitt erklärt wurde, lässt sich das unveränderte Verhalten der Bruchdehnung bei den PU33/TRGO-Nanocompositen auf die hohe Wechselwirkung der Graphene mit den Hartphasen zurückführen. TRGO liegt ausschließlich in den Hartphasendomänen vor, wodurch die Weichphase, die für die Dehnbarkeit des PU- Elastomers verantwortlich ist, wenig beeinflusst wird. Neben der Festigkeit wird auch die Härte der PU-Nanocomposite mit zunehmendem Füllstoffgehalt erhöht. Ein Vergleich der Härten nach Shore A und Shore D der PU33-Nanocomposite mit je 2 wt.-% Füllstoffgehalt ist in Abbildung 4.27 gezeigt Shore A Shore D PU33 PU33/CB_2.0 PU33/CNT_2.0 PU33/TRGO_2.0 Abbildung 4.27 Härte nach Shore A und Shore D für die PU33-Nanocomposite mit je 2 wt.-% CB, CNT und TRGO 700. Am meisten wird die Härte mit TRGO, gefolgt von CNT beeinflusst. CB hat so gut wie keinen Einfluss auf die Härte. Die Härte erhöht sich mit 2 wt.-% TRGO nach Shore A um 125

140 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE 27% und nach Shore D um 35%. Bei den PU33/CNT-Nanocompositen steigern sich die Werte nach Shore A um 9% und nach Shore D um 4% Thermische und elektrische Eigenschaften Die PU-Nanocomposite gefüllt mit CB und CNT wurden mit Hilfe der TGA und DMA auf ihre thermischen Eigenschaften untersucht. Die Bestimmung der spezifischen Leitfähigkeit erfolgte an ausgestanzten DMA-Prüfkörpern, die mit Leitsilber an den Kanten überzogen wurden, um einen besseren Kontakt zur Elektrode gewährleisten. Der spezifische Widerstand wurde über Formel 11 bestimmt, mit l der Länge zwischen den Leitsilberkontakten und A der Querschnittsfläche des Probenkörpers. Die spezifische Leitfähigkeit ergibt sich nach Formel 12 aus dem Kehrwert des spezifischen Widerstandes. In Tabelle 4.12 sind die Zersetzungs-und Glasübergangstemperaturen sowie die spezifischen Widerstände ρ spez und die daraus berechneten spezifische Leitfähigkeiten κ spez für die PU-Nanocomposite zusammengefasst. (12) (13) Alle Kohlenstofffüllstoffe beeinflussen unter N 2 -Atmosphäre die Zersetzungstemperatur der PU-Matrices nicht. Die Onset-Temperatur liegt sowohl bei reinem PU als auch bei den entsprechenden PU-Nanocompositen bei 300 C. Die Zersetzung verläuft bei allen Kompositen in einem 2-stufigen Prozess. Ab 300 C setzt die Urethan- und ab 360 C die Etherspaltung der eingesetzten Polyole ein. Analog zu den PU/TRGO-Nanocompositen, kann weder unter Verwendung von CB noch CNT die elektrische Leitfähigkeit mit 2 wt.-% Füllstoffgehalt gegenüber den ungefüllten PU-Gießelastomeren gesteigert werden. Bei allen Nanocompositen wurden Widerstände im Gigaohm-Bereich gemessen, und geringe Leitwerte zwischen und 10-9 Scm -1 erhalten. Werden die TEM-Aufnahmen in Abschnitt und mit in Betracht gezogen, so ist dieses Ergebnis nicht überraschend. Alle Füllstoffmaterialien liegen isoliert und eingebettet in 126

141 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE die Hartphasen vor. Der geringe Kontakt untereinander verhindert die Bildung eines Perkolationnetzwerkes und führt schließlich zu keiner Verbesserung der elektrischen Leitfähigkeit. Tabelle 4.12 Zersetzungs- und Glasübergangstemperaturen sowie elektrische Eigenschaften der PU/TRGO-Nanocomposite mit 2 wt.-% Füllstoff. T a b d (N 2 ) T g ρ spez κ spez Composit [ C] [ C] [Ωcm] [Scm -1 ] PU ± 5-43 ± PU23/CB_ ± 5-44 ± PU23/CNT_ ± 5-43 ± PU23/TRGO 700 _ ± 5-42 ± PU ± 5-42 ± PU29/CB_ ± 5-42 ± PU29/CNT_ ± 5-41 ± PU29/TRGO 700 _ ± 5-42 ± PU ± 5-39 ± PU33/CB_ ± 5-40 ± PU33/CNT_ ± 5-40 ± PU33/TRGO 700 _ ± 5-40 ± Bestimmt aus a TGA, Onset-Temperatur und b DMA. 127

142 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE 4.5 Fazit In diesem Abschnitt wurden erfolgreich TRGO-Nanocomposite auf Basis von PU- Gießelastomeren durch eine lösungsmittelfreie in-situ Polymerisation hergestellt. TRGO wurde in der Polyolkomponente dispergiert und anschließend mit dem Diisocyanat zum PU-Gießelastomer ausgehärtet. Die Dispergierung erfolgte sowohl unter Verwendung des Ultraturrax als auch des Hochdruckhomogenisators und lieferte über Wochen stabile Polyol/TRGO-Dispersionen. Hinsichtlich der Morphologie weisen die reinen PU-Gießelastomere eine Domänenmorphologie bestehend aus einer Hart- und Weichphase auf. Dabei bilden das langkettige Diol und der Kettenverlängerer 1,4-Butandiol mit dem Diisocyanat die Hartphasen, während das langkettige Triol und das Diisocyanat die kontinuierliche weiche Phase darstellen. TRGO liegt bevorzugt in den Hartphasen vor. Die hohe Affinität von TRGO zu den Hartphasen lässt sich zum einen auf eine mögliche kovalente Anbindung von TRGO über die Reaktion der OH-Gruppen mit den Isocyanaten zurückführen. Des Weiteren besitzt TRGO ausgedehnte π-systeme, die mit dem aromatischen Diisocyanat gut in Wechselwirkung treten können. Durch Variation des Hartsegmentanteils (Kettenverlängerer und Diisocyanat) in der PU- Rezeptur wurden die morphologischen und mechanischen Eigenschaften der PU/TRGO- Nanocomposite beeinflusst. Eine Erhöhung des Hartsegmentanteils von 23 auf 33% führt zu einer homogeneren Verteilung von TRGO in der PU-Matrix und demzufolge zu einem größeren Verstärkungseffekt. Bei einem Füllstoffgehalt von 2 wt.-% konnte der E-Modul um 200%, die Zugfestigkeit um 240% und die Bruchdehnung geringfügig um 10% erhöht werden. Unter Verwendung des Hochdruckhomogenisators anstelle des Ultraturrax wurde eine deutlich homogenere Verteilung von TRGO in der PU33-Matrix erzielt. Die bessere Dispergierung wirkte sich bereits bei einem geringen Anteil von 1 wt.-% in einer Erhöhung des E-Moduls um 100% und der Zugfestigkeit um 225% aus. Als Nachteil dieser Methode stellt sich die enorme Viskositätszunahme der Polyolkomponente während der Homogenisierung dar, so dass maximal 1 wt.-% TRGO bezogen auf die PU-Matrix eingearbeitet werden können. Auch die Eigenschaften von TRGO wie die spezifische Oberfläche und Anzahl der Hydroxylgruppen in Abhängigkeit der Reduktionstemperatur spielten eine Rolle bei der Herstellung der Nanocomposite. Die besten mechanischen Eigenschaften wurden mit 128

143 4 POLYURETHAN-GIESSELASTOMERE TRGO 700, gefolgt von TRGO 400 erzielt. Beide Systeme zeichneten sich im Vergleich zu TRGO 1000 durch eine hohe Anzahl an funktionellen Gruppen aus. Die geringfügig besseren mechanischen Eigenschaften der PU33/TRGO 700 -Nanocomposite im Vergleich zu den PU33/TRGO 400 -Nanocompositen könnten auf die höhere BET-Oberfläche und demzufolge das größere Aspektverhältnis von TRGO 700 zurückzuführen sein. Die Funktionalisierung von TRGO hat zu keiner zusätzlichen Verbesserung der mechanischen Eigenschaften geführt. Nach wie vor wurden die besten Verstärkungseffekte mit TRGO 700 erzielt. Obwohl die modifizierten Graphene im Vergleich zu reinem TRGO ein verbessertes Dispersionsverhalten in organischen Medien aufwiesen, konnte die Kompatibilität mit der PU-Matrix nicht erhöht werden. Zum Vergleich wurden Nanocomposite mit den Benchmarksystemen CB und CNT hergestellt. Der Verstärkungseffekt korreliert mit dem Aspektverhältnis der Füllstoffe und nimmt in der Reihenfolge CB < CNT < TRGO 700 zu. Analog zu den PU/TRGO- Nanocompositen führte eine Erhöhung des Hartsegmentanteils zu einer besseren Dispergierung der Füllstoffe in der PU-Matrix. Die Partikel lagen bevorzugt in den Hartdomänen vor, wobei zusätzlich größere Agglomerate in den Weichphasen vorhanden waren. Alle Nanofüllstoff zeigten keinen Einfluss auf die Zersetzungs- und Glasübergangstemperaturen. Auch die elektrischen Eigenschaften der PU-Gießelastomere konnten nur geringfügig verbessert werden. Bei allen Nanocompositen wurden Widerstände im Gigaohm-Bereich gemessen, und geringe Leitwerte zwischen und 10-9 Scm -1 erhalten. Die Ausbildung eines elektrischen Perkolationsnetzwerks wurde verhindert, da die Füllstoffe häufig isoliert und eingebettet in den Hartphasen vorlagen. 129

144 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE 5 Nanocomposite auf Basis von thermoplastischem Polyurethan Thermoplastische Polyurethane (TPU) gehören zu der Produktklasse der thermoplastischen Elastomere (TPE) und kombinieren das elastische und dynamische Verhalten von vernetzten Elastomeren mit den Vorteilen der thermoplastischen Verarbeitbarkeit und Recyclierbarkeit. TPU setzen sich aus einem Diisocyanat, einem kurzkettigen Diol oder Amin (Kettenverlängerer) und einem langkettigen Diol zusammen. Analog zu den in Kapitel 4 beschriebenen Polyurethan-Gießelastomeren fallen TPU unter den Begriff der segmentierten Polyurethane, die sich durch eine Mikrophasenseperation der Hart- und Weichsegmente auszeichnen. Dabei bilden das Diisocyanat und der Kettenverlängerer die starren Kettenbereiche, die sogenannten Hartsegmente. Sie fungieren als physikalische Vernetzungspunkte, die dem Polymer sowohl elastomere als auch thermoplastische Eigenschaften verleihen. Die Hartsegmente wechseln sich in den Polymerketten statistisch mit den langkettigen flexiblen Diolketten ab, welche die sogenannten Weichsegmente bilden. Die Mikrophasenseparation hat in großem Maße Einfluss auf die Eigenschaften des Polymers. Neben der Entropieelastizität besitzen TPU eine hohe Kratzfestigkeit, einen guten mechanischen Widerstand, chemische Beständigkeit und eine gute Kerbschlagzähigkeit. [5] Das Eigenschaftsbild der TPU wird ausschließlich über den Hartsegmentanteil gesteuert. Mit zunehmendem Gehalt an Hartsegmenten nimmt der elastomere Charakter ab, wobei die typischen Eigenschaften der Massivpolyurethane erhalten bleiben. [3] Trotz der guten Verformbarkeit ist insbesondere der Einsatz der TPU mit niedrigen Hartsegmentanteilen, aufgrund der geringen Steifigkeit und Zugfestigkeit, auf spezielle Anwendungen wie Kabelummantelungen oder Schuhsohlen begrenzt. Auch die hohe Gasdurchlässigkeit und Wasseraufnahme sind von großem Nachteil. [131] Durch den Zusatz von Nanofüllstoffen wie z.b. Schichtsilikaten und Carbon Nanotubes (CNT), konnte bereits eine erhöhte Steifigkeit und Zähigkeit ohne Verlust der Bruchdehnung erzielt sowie die Barrierewirkung von TPU gesteigert werden. [172,173] In jüngster Zeit stellen funktionalisierte Graphene (FG) einen attraktiven Nanofüllstoff für die Herstellung von elektrisch leitfähigen TPU-Nanocompositen kombiniert mit hoher Matrixverstärkung und Barrierewirkung dar. Neben einem hohen Aspektverhältnis zeichnen sich FG zusätzlich durch sauerstoffhaltige funktionelle Gruppen, hauptsächlich in Form von Hydroxylgruppen aus. Diese erleichtern nicht nur eine wirkungsvolle Dispersion, sondern können gleichzeitig durch eine in-situ Polymerisation kovalent an die Polymermatrix angeknüpft werden. [128,130] MACOSKO et al. [131] untersuchten den Einfluss der Herstellungsmethode auf die Eigenschaften der TPU/Graphen- Nanocomposite. Sie wählten hierfür das Lösungsblend-, Schmelzblend- und in-situ 130

145 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE Polymerisationsverfahren. Die besten Ergebnisse wurden über die Herstellung von Lösungsmasterbatches in Dimethylformamid (DMF) erzielt. Die Einarbeitung von 3 wt.-% Graphen erfolgte homogen und bewirkte eine 10-fache Erhöhung der Zugfestigkeit und eine 90%-ige Reduktion der N 2 -Durchlässigkeit. Die in-situ Polymerisation führte ebenfalls zu einer homogenen Dispersion der Graphene in der TPU-Matrix. Im Vergleich zum Lösungsblendverfahren konnten allerdings die mechanischen Eigenschaften nur geringfügig verbessert werden. Grund dafür war die Unterdrückung von Wasserstoffbrückenbindungen, die zu einer Herabsetzung der Phasenseperation zwischen den Hart- und Weichsegmenten führte. In diesem Abschnitt werden die Ergebnisse bezüglich der Herstellung und Charakterisierung von TPU/TRGO-Nanocompositen nach dem Lösungsblendverfahren in Tetrahydrofuran (THF) vorgestellt. Zum Vergleich wurden Nanocomposite mit den kommerziell erhältlichen kohlenstoffhaltigen Nanofüllstoffen Carbon Black (CB) und Carbon Nanotubes (CNT) hergestellt und charakterisiert. Analog zu den im Kapitel 4 gezeigten Nanocompositen auf Basis von PU-Gießelastomeren wurde der Einfluss des Aspektverhältnisses und der Partikelgeometrie der Füllstoffe auf die morphologischen, mechanischen, elektrischen und thermischen Eigenschaften der TPU-Nanocomposite untersucht. In Hinblick auf die Untersuchung möglicher synergetischer Effekte wurden zusätzlich Mischnanocomposite bestehend aus TPU und den Füllstoffen TRGO/CNT in den Verhältnissen 50/50 und 70/30 hergestellt. Hierbei stand im Vordergrund durch Mischung dieser Materialien, die hervorragende Verstärkungswirkung von TRGO mit den überragenden elektrischen Leitfähigkeiten der CNTs zu kombinieren. 131

146 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE 5.1 Herstellung nach dem Lösungsblendverfahren Bei der Herstellung von thermoplastischen Graphen-Nanocompositen haben sich mehrere Herstellungsweisen etabliert, das Lösungsblend-, Schmelzblend- und das bereits in Kapitel 4 vorgestellte in-situ Polymerisationsverfahren. [99] Beim Lösungsblendverfahren werden eine Polymerlösung und eine Füllstoffdispersion vermischt. Anschließend wird die Mischung gefällt oder das Lösungsmittel am Vakuum entfernt. Dabei kommen oft giftige und hochsiedende Lösungsmittel zum Einsatz, wodurch diese Methode für den industriellen Maßstab meist ungeeignet ist. Beim Schmelzblend-Verfahren werden Füllstoff und Polymer gemeinsam im Extruder bei erhöhter Temperatur vermischt. Dieses Verfahren ist schneller als das Lösungsblend-Verfahren, aber die Füllstoffe werden meist schlechter dispergiert. Wie bereits in vorangegangen Arbeiten gezeigt wurde, [75,93,174] nimmt TRGO bei der Herstellung von thermoplastischen Schmelzcompositen eine Sonderstellung ein. Die sehr geringe Schüttdichte des TRGO und die damit verbundene Staubentwicklung erschwerte zum einem das Einfüllen in den Mikrocompounder. Zum anderen ließen sich aufgrund des großen Dichteunterschiedes zwischen TPU und TRGO keine einheitlichen Mischungen herstellen. Demzufolge wurde ein Lösungsblendverfahren in THF nach Schema 5.1 durchgeführt. Im ersten Schritt wurde das auf Polyether-basierende TPU Desmopan 385 E in THF gelöst und die gewünschte Menge an TRGO 700 hinzugegeben. Der Füllstoffgehalt variierte zwischen 1 und 9 wt.-%. Das TPU/TRGO-Gemisch wurde mit Hilfe des Ultraturrax für 15 min bei U/min dispergiert. Im zweiten Schritt wurde das Lösungsmittel am Vakuum entfernt und der erhaltene Lösungsmasterbatch bei 190 C unter Verwendung eines Doppelschnecken-Mikrocompounders vom Typ Explore der Firma DSM schmelzcompoundiert. Schema 5.1 Lösungsblendverfahren zur Herstellung von TPU/TRGO-Nanocompositen. 132

147 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE Für die Benchmarksysteme Carbon Black (CB) und Multiwalled Carbon Nanotubes (CNT) wurden ebenfalls Lösungsmasterbatches in THF hergestellt, obwohl keine Staubbelastung bei der Verarbeitung zu befürchten war. Die Herstellung unter den gleichen Bedingungen war Voraussetzung um die verschiedenen TPU-Schmelznanocomposite bezüglich ihrer mechanischen und elektrischen Eigenschaften direkt miteinander vergleichen zu können. Gleiches galt für die Herstellung der Mischnanocomposite bestehend aus TPU und den Füllstoffen TRGO/CNT in Gewichtsverhältnissen von 50/50 und 70/ TPU-Homonanocomposite Morphologische Untersuchung Für die Herstellung von TPU-Nanocompositen mit effizienter Matrixverstärkung und elektrischer Leitfähigkeit, ist die Dispergierung der kohlenstoffbasierten Nanofüllstoffe in der Polymermatrix maßgeblich. Je besser die Verteilung des Füllstoffs erfolgt, desto höher ist der Grenzflächenkontakt zwischen dem Füllstoff und dem entsprechenden Polymer. [29] Die Untersuchung der Morphologie der TPU-Nanocomposite erfolgte mit Hilfe der Transmissionselektronenmikroskopie (TEM) an Ultradünnschnitten mit jeweils 9 wt.-% Füllstoffgehalt. In Abbildung 5.1 sind die TEM-Aufnahmen der Homonanocomposite TPU/TRGO_9, TPU/CNT_9 und TPU/CB_9 bei einer Auflösung von 1 µm und 200 nm gezeigt. Die Dispergierung von TRGO in der Polymermatrix erfolgte homogen wie in Abbildung 5.1 a) und b) zu sehen ist. Die Übersichtsaufnahme zeigt nur kleine TRGO-freie Bereiche und lässt eine parallele Schichtanordnung der Graphene erkennen. Die vergrößerte Aufnahme (Abbildung 5.1 b)) zeigt zusätzlich, dass die TRGO-Schichten exfoliert wurden und zumindest teilweise als Monolagen vorliegen. Abbildung 5.1 c) und d) zeigen die TEM- Aufnahmen der TPU/CNT-Nanocomposite. Es liegt eine heterogene Struktur mit Bereichen niederer (heller) und höherer (dunkler) CNT-Konzentration vor. In den dunklen Bereichen der Übersichtsaufnahme (Abbildung 5.1 c)) bilden die CNTs kleine Agglomerate, die in der vergrößerten Aufnahme in Abbildung 5.1 d) stark verflochten in Form von Fasernestern vorliegen. Von Besonderheit ist, dass die Agglomerate homogen in der Matrix dispergiert sind und zusammen mit den hellen Bereichen, in denen einzelne CNTs fein verteilt sind, ein Netzwerk ausbilden. Derartige Strukturen wurden bereits von PÖTSCHKE et al. [137] in schmelzcompoundierten CNT-Nanocompositen auf Basis von Polycarbonat beobachtet. 133

148 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE a) b) c) d) e) f) Abbildung 5.1 TEM-Aufnahmen der TPU-Nanocomposite mit je 9 wt.-% Füllstoffgehalt bei unterschiedlicher Auflösung; (a) und (b) TPU/TRGO_9; (c) und (d) TPU/CNT_9; (e) und (f) TPU/CB_9. Auch unter Verwendung des Leitrußes CB erfolgte eine gute Dispergierung in der TPU-Matrix wie in Abbildung 5.1 e) und f) zu sehen ist. Analog zu den CNTs liegen zum Teil 134

149 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE größere Agglomerate von CB vor, die von Bereichen mit fein verteilten Rußpartikeln umgeben sind Mechanische Eigenschaften Die hergestellten TPU-Nanocomposite gefüllt mit 1, 3, 6, und 9 wt.-% TRGO 700, CB und CNT wurden hinsichtlich ihrer mechanischen Eigenschaften untersucht. In Tabelle 5.1 sind die Ergebnisse aus Zug-Dehnungsexperimenten nach der Prüfnorm ISO und Härtemessungen nach Shore A und Shore D zusammengefasst. Tabelle 5.1 Mechanische Eigenschaften der TPU-Homonanocomposite. Composit E-Modul a [MPa] Zugfestigkeit [MPa] Bruchdehnung [%] Härte Shore A Shore D TPU 22.4 ± ± ± ± ± 0.1 TPU/CB_ ± ± ± ± ± 0.2 TPU/CB_ ± ± ± ± ± 0.3 TPU/CB_ ± ± ± ± ± 0.2 TPU/CB_ ± ± ± ± ± 0.2 TPU/CNT_ ± ± ± ± ± 0.2 TPU/CNT_ ± ± ± ± ± 0.1 TPU/CNT_ ± ± ± ± ± 0.3 TPU/CNT_ ± ± ± ± ± 0.2 TPU/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.2 TPU/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.1 TPU/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.3 TPU/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.1 a Bestimmt aus Z/D-Experimenten. Bereits in Abschnitt 4.3 wurden im Detail die Geometrien und Aspektverhältnisse der verwendeten Füllstoffsysteme vorgestellt. Das Aspektverhältnis nimmt in der Reihe CB < CNT < TRGO zu und entspricht eins für CB, 150 für CNT und etwa 900 für TRGO 700. Um den Einfluss des Aspektverhältnisses der verschiedenen kohlenstoffbasierten Nanofüllstoffe auf die mechanischen Eigenschaften der TPU-Nanocomposite zu untersuchen sind in Abbildung 5.2 die normierten Werte für den E-Modul E Composit /E Matrix, die 135

150 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE Zugfestigkeit σ Composit /σ Matrix und die Bruchdehnung ε Composit /ε Matrix in Abhängigkeit der Füllstoffkonzentration für die TPU-Nanocomposite gezeigt CB CNT TRGO E Composit /E Matrix ,25 Composit / Matrix 1,00 0,75 0,50 1,0 Composit / Matrix 0,5 0, Füllstoffgehalt [wt.-%] Abbildung 5.2 Mechanische Charakterisierung der TPU-Nanocomposite mittels Zug-Dehnung; normierte Werte des E-Moduls E Composit /E Matrix, der Zugfestigkeit σ Composit /σ Matrix und der Bruchdehnung ε Composit /ε Matrix in Abhängigkeit des Füllstoffgehalts. 136

151 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE Alle Kohlenstoffnanofüllstoffe führen zu einer Erhöhung des E-Moduls mit zunehmender Füllstoffkonzentration. Der Verstärkungseffekt ist allerdings bei TRGO um ein Vielfaches höher als bei den Benchmarksystemen CNT und CB. Die Einarbeitung von 9 wt.-% Füllstoff erhöht den E-Modul bei TRGO um 810% von (22.4 ± 2.0) MPa auf (203.7 ± 18.2) MPa, gefolgt von CNT um 180% auf (62.9 ± 2.4) MPa. Mit CB wird eine Steigerung des E-Moduls um 118% auf (49.0 ± 3.6) MPa erzielt. Wie erwartet, korrelieren die mechanischen Eigenschaften mit den Aspektverhältnissen der Füllstoffe. Eine Erhöhung des Aspektverhältnisses führt demnach zu einer verbesserten mechanischen Verstärkung. Ein Blick auf die Zugfestigkeiten der Nanocomposite zeigt dagegen kein einheitliches Bild. Sowohl bei CB als auch bei CNT verringern sich die Werte im Vergleich zu reinem TPU. Ausschließlich mit TRGO erhöht sich die Zugfestigkeit um 23% von (28.6 ± 1.1) MPa auf (35.3 ± 1.0) MPa. Durch die feine Verteilung der TRGO-Schichten sind die Zugkräfte gleichmäßiger verteilt und der Composit ist resistenter gegen mechanische Beanspruchung. Die Bruchdehnung nimmt bei allen TPU-Nanocompositen im Vergleich zu reinem TPU ab. Der größte Verlust ist bei den Graphenen zu beobachten. Bei einem Füllstoffgehalt von 9 wt.-% nimmt die Bruchdehnung um 85% von (870 ± 30)% auf (120 ± 20)% ab. Während bei CNT die Bruchdehnung um 52% und bei CB nur um 35% herabgesetzt wird. Dieses Ergebnis korreliert mit der morphologischen Untersuchung in Abschnitt 5.2. TRGO zeigt eine sehr einheitliche Verteilung in der TPU-Matrix. Während bei CNT und insbesondere CB, Bereiche mit großen Agglomeraten aufzufinden sind. Ein mit der Polymermatrix wechselwirkender Füllstoff hat dieselbe Wirkung wie zusätzliche Vernetzungsstellen. Die Polymerketten können weniger gut aneinander vorbeigleiten und führen demzufolge zu einer Verringerung der Bruchdehnung. Neben der Festigkeit erhöhte sich auch die Härte der TPU-Nanocomposite mit zunehmendem Füllstoffgehalt. Ein Vergleich der Härten nach Shore A und Shore D der TPU-Nanocomposite mit 9 wt.-% Füllstoffgehalt ist in Abbildung 5.3 gezeigt. Die größte Steigerung der Härte zeigt sich mit TRGO, gefolgt von CNT. Die Härte erhöht sich mit 9 wt.-% TRGO nach Shore A um 14% und nach Shore D um 42%. Bei den TPU/CNT- bzw. TPU/CB-Nanocompositen steigen die Härten nach Shore A um 11% bzw. 8% und nach Shore D um 25% bzw. 14% an. 137

152 Härte 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE Shore A Shore D TPU TPU/CB_9 TPU/CNT_9 TPU/TRGO_9 Abbildung 5.3 Härte nach Shore A und Shore D der TPU-Homonanocomposite mit 9 wt.-% Füllstoffgehalt Elektrische Eigenschaften Die elektrischen Eigenschaften von kohlenstoffbasierten Füllstoffen hängen von vielen Faktoren, wie Füllstoffgehalt, Compositmorphologie, Polymermatrix, Probendicke und der angewendeten Testmethode ab. [75,130,169] Maßgeblich für eine elektrische Leitfähigkeit in Kunststoffen ist die Ausbildung eines Perkolationsnetzwerks des Füllstoffs. Ist genügend Füllstoff eingebracht, so wird die Perkolationsschwelle überschritten und der Leitwert der Nanocomposite steigt exponentiell an. [170] Zur Herstellung elektrisch leitfähiger Compositmaterialien kommen vor allem die preiswerten und gut leitfähigen Füllstoffe wie Graphit, geblähte Graphite und spezielle Leitgraphite zum Einsatz. [135,136] Bis zum Erreichen der elektrischen Perkolationsschwelle müssen allerdings meist mehr als 20 wt.-% Füllstoffgehalt eingearbeitet werden. Weiterhin verhindert der geringe Schichtabstand der Graphitmaterialien von 3.4 Å das Eindringen der Polymerketten und somit das Auseinanderdrücken der parallel angeordneten Schichten. Es kommt zur Ausbildung von großen Agglomeraten in der Polymermatrix, die sich positiv auf die Leitfähigkeit aber zum Teil negativ auf die mechanischen Eigenschaften der Composite auswirken. Eine Alternative zu den preiswerten klassischen Füllstoffen, stellen die relativ teuren Kohlenstoffmaterialien, wie Kohlenstoffnanoröhren und Graphen dar. Wie bereits in Kapitel 4.3 gezeigt, zeichnen 138

153 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE sich diese Materialien durch eine große Oberfläche und ein hohes Aspektverhältnis aus, die neben der Leitfähigkeit auch eine mechanische Verstärkung der Polymere erreichen können. Auf dem Gebiet der Herstellung von leitfähigen Graphen-Nanocompositen auf Basis von TPU wurde schon intensiv geforscht. MACOSKO et al. [131] untersuchten die elektrischen Perkolationsschwellen von TPU/Graphen-Nanocompositen in Abhängigkeit der Herstellungsmethode. Die niedrigste Perkolationsschwelle mit einem Graphen-Gehalt von 0.5 wt.-% wurde nach dem Lösungsblendverfahren erhalten. Bei der in-situ Polymerisation wurde erst ab 1.0 wt.-% eine elektrische Leitfähigkeit erzielt, obwohl nach dieser Methode die beste Dispergierung der Graphene in der Matrix erfolgte. Die kovalente Anbindung der TPU-Ketten an die TRGO-Oberfläche verhinderte allerdings den Kontakt der Graphenflocken und reduzierte zusätzlich das Aspektverhältnis. [175] JEONG et al. [130] untersuchten den Einfluss der Graphen-Partikelgröße auf die elektrische Perkolationsschwelle. Je größer die Graphenpartikel waren, desto höher war das Aspektverhältnis und desto früher erfolgte die Ausbildung eines Perkolationnetzwerkes. Graphene mit einer durchschnittlichen Größe von 8.3 μm führten bereits bei 0.4 wt.-% zu elektrisch leitfähigen TPU-Nanocompositen. Wurde die Partikelgröße auf 2.4 μm verringert, so wurde die elektrische Perkolationsschwelle erst bei einem Füllstoffgehalt von 1.4 wt.-% erreicht. Die in dieser Arbeit hergestellten TPU-Nanocomposite wurden auf ihre elektrischen Eigenschaften untersucht. Die Widerstandsmessungen erfolgten an schmelzgepressten Prüfkörpern mit DMA-Geometrie, an Polymersträngen aus dem Mikrocompounder und an Mittelstücken aus spritzgegossenen Zug-Dehnungsknochen. Um einen besseren Kontakt zu gewährleisten wurden die Kanten der jeweiligen Prüfkörper mit Leitsilber überzogen. Der spezifische Widerstand ρ spez wurde nach Formel 14 berechnet, mit l der Länge zwischen den Leitsilberkontakten und A der Querschnittsfläche des Probenkörpers. Die spezifische Leitfähigkeit ergibt sich nach Formel 15 aus dem Kehrwert des spezifischen Widerstandes. In Tabelle 5.2 sind die spezifischen Leitwerte für die TPU-Nanocomposite mit den Füllstoffen TRGO 700, CB, und CNT zusammengefasst. (14) (15) 139

154 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE Reines TPU ist ein elektrischer Isolator und weist einen sehr hohen spezifischen Widerstand von mehr als 200 GΩ auf, der einer spezifischen Leitfähigkeit von kleiner als Scm -1 entspricht. Je nach verwendetem Füllstoff kommt es ab einer bestimmten Füllstoffkonzentration zur Ausbildung eines elektrisch perkolierenden Netzwerkes. Ab diesem Zeitpunkt werden Widerstandswerte innerhalb des Messbereichs (< 200 GΩ) erhalten, die einer spezifische Leitfähigkeit größer als Scm -1 entsprechen. Der Kurvenverlauf der spezifischen Leitfähigkeit zeigt dabei einen exponentiellen Anstieg nach Erreichen der Perkolationsschwelle. Tabelle 5.2 Spezifische Leitfähigkeiten der TPU-Homonanocomposite gemessen an Polymersträngen, -stegen und -presslingen. Composit a Strang [Scm -1 ] a Steg [Scm -1 ] a Pressling [Scm -1 ] TPU < < < TPU/TRGO 700 _1 < < < TPU/TRGO 700 _ TPU/TRGO 700 _ TPU/TRGO 700 _ TPU/CNT_1 < < TPU/CNT_ TPU/CNT_ TPU/CNT_ TPU/CB_1 < < < TPU/CB_3 < < TPU/CB_ < TPU/CB_ a berechnet über den gemessenen Widerstand nach Formel 14 und 15. Im ersten Schritt wurden in Anlehnung an die Arbeiten von P. STEURER [93] die spezifischen Leitfähigkeiten der TPU-Nanocomposite in Abhängigkeit der Herstellungsmethode der Probenkörper untersucht. Hierfür wurden Widerstandsmessungen an schmelzgepressten Prüfkörpern mit DMA-Geometrie, an Polymersträngen aus dem Mikrocompounder und an Mittelstücken aus spritzgegossenen Zug-Dehnungsknochen durchgeführt. Abbildung 5.4 zeigt zunächst die spezifischen Leitfähigkeiten der TPU/TRGO-Nanocomposite in Abhängigkeit des TRGO-Gehalts. 140

155 spez. Leitfähigkeit [Scm -1 ] 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE Unabhängig von der Probenherstellung wurden elektrische Perkolationsschwellen zwischen 1 und 3 wt.-% erreicht. Die besten spezifische Leitfähigkeiten weisen die Schmelzpresslinge auf. Bereits ab einem geringen TRGO-Gehalt von 3 wt.-% wird ein Wert von Scm -1 erhalten, der bei 9 wt.-% um drei Zehnerpotenzen auf Scm -1 ansteigt. Auch die gemessenen Leitfähigkeiten an Polymersträngen zeigen einen ähnlichen Kurvenverlauf. Während bei geringen Konzentrationen niedrigere Leitwerte gemessen werden, nimmt bei 9 wt.-% die Leitfähigkeit auf einen nahezu gleichen Wert von Scm -1 zu. Im Vergleich dazu offenbaren die Spritzgusskörper die schlechtesten elektrischen Eigenschaften. Obwohl eine frühe Perkolation erreicht wird, steigt die spezifische Leitfähigkeit bei 9 wt.-% nur auf einen Wert von Scm -1 an, die an den Schmelzpresslingen bereits bei 3 wt.-% TRGO-Gehalt gefunden werden. Die besseren elektrischen Eigenschaften der Polymerstränge lassen sich auf mögliche Orientierungseffekte der TRGO-Schichten beim Ziehen des Polymerstranges zurückführen. Dagegen wurden beim Pressen der Materialien die einzelnen Graphenlagen im Nanocomposit an einander gedrückt, wodurch die Kontaktfläche und schließlich die Ausbildung eines Perkolationnetzwerkes erhöht wurde Pressling Strang Steg Messbereichsgrenze Gehalt TRGO [wt.-%] Abbildung 5.4 Spezifische Leitfähigkeit der TPU/TRGO-Nanocomposite in Abhängigkeit der Füllstoffkonzentration und Probenkörperherstellung. Auch die TPU/CNT-Nanocomposite weisen eine ausgeprägte Abhängigkeit der Leitfähigkeit vom Herstellungsweg der Probenkörper auf und wird in Abbildung 5.5 gezeigt. 141

156 spez. Leitfähigkeit [Scm -1 ] 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE Hervorzuheben ist die sehr frühe elektrische Perkolation der Schmelzpresslinge bei einem CNT-Gehalt unter 1 wt.-%. Die an Strang und Steg beobachteten Perkolationsschwellen liegen dagegen zwischen 1 und 3 wt.-%. Analog zu den TPU/TRGO-Nanocompositen weisen die Presslinge und Stränge bei höheren Füllstoffmengen ähnliche elektrische Leitfähigkeiten auf und erreichen bei 9 wt.-% einen Wert von bzw Scm -1. Der Kurvenverlauf der Spritzgussknochen sieht im Vergleich dazu anders aus. Bei geringem CNT-Gehalt ist die Leitfähigkeit sehr gering und steigt erst bei höheren Füllstoffgehalten steil ein Pressling Strang Steg Messbereichsgrenze Gehalt CNT [wt.-%] Abbildung 5.5 Spezifische Leitfähigkeit der TPU/CNT-Nanocomposite in Abhängigkeit der Füllstoffkonzentration und Probenkörperherstellung. Besonders bei den TPU/CB-Nanocompositen ist die Tendenz der frühen Perkolation bei den Presslingen und der späteren bei den Spritzgusskörpern in Abbildung 5.6 zu beobachten. Die geringste Perkolationsschwelle zeigen die Schmelzpresslinge zwischen 1 und 3 wt.-%, gefolgt von den Polymersträngen zwischen 3 und 6 wt.-%. Bei den Stegen wurde erst ab einem CB-Gehalt von 9 wt.-% ein messbarer Wert erzielt. Die höchste spezifische Leitfähigkeit mit einem Wert von Scm -1 werden mit den schmelzgepressten Prüfkörpern erreicht. Insgesamt zeigen die CB-Nanocomposite im Vergleich zu den TRGO- und insbesondere zu den CNT-Nanocompositen die schlechtesten Werte für die elektrische Leitfähigkeit. 142

157 spez. Leitfähigkeit [Scm -1 ] 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE Pressling Strang Steg Messbereichsgrenze Gehalt CB [wt.-%] Abbildung 5.6 Spezifische Leitfähigkeit der TPU/CB-Nanocomposite in Abhängigkeit der Füllstoffkonzentration und Probenkörperherstellung. In Abbildung 5.7 sind im direkten Vergleich jeweils die spezifische Leitfähigkeiten der TPU-Presslinge, -Stränge und -Stege gefüllt mit CB, CNT und TRGO in Abhängigkeit des Füllstoffgehalts aufgetragen. Unabhängig von der Probenherstellung werden mit CNT durchgehend die besten elektrischen Leitwerte erzielt. Besonders hervorzuheben ist die mit Abstand geringste elektrische Perkolationsschwelle bei einem CNT-Gehalt unterhalb von 1 wt.-% bei den TPU-Presslingen in Abbildung 5.7a). Sowohl mit TRGO als auch CB kommt es zur Ausbildung des elektrischen Perkolationsnetzwerks zwischen 1 und 3 wt-% Füllstoffgehalt. Obwohl TRGO ein größeres Aspektverhältnis als CNT besitzt, wurde für das System TPU/CNT Pressling mit einem Füllstoffgehalt von 9 wt.-% der höchste Wert von Scm -1 erreicht, gefolgt von TPU/TRGO Pressling mit einer elektrischen Leitfähigkeit von Scm -1. Dieser Effekt geht einher mit der morphologischen Untersuchung in Abschnitt 5.2. Im Vergleich zu TRGO, weisen die TPU/CNT-Nanocomposite eine heterogene Morphologie mit Bereichen niederer und höherer CNT-Konzentration auf, in denen die CNT Aggregate bilden. Dadurch ist die Ausbildung eines CNT-Netzwerkes begünstigt, was sowohl eine geringe elektrische Perkolationsschwelle als auch das Erreichen einer höheren elektrischen Leitfähigkeit zur Folge hat. [137,138,176] Analoge Ergebnisse wurden von P. STEURER an untersuchten thermoplastischen Polymernanocompositen auf Basis von Polycarbonat (PC) erhalten. Dabei 143

158 spez. Leitfähigkeit [Scm -1 ] spez. Leitfähigkeit [Scm -1 ] spez. Leitfähigkeit [Scm -1 ] 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE wiesen die CNT durchgehend die besten elektrischen Eigenschaften auf, gefolgt von TRGO. [93] Wie zu erwarten wurde mit CB der schlechteste Wert von Scm -1 erreicht. Ein Grund dafür stellt das sehr kleine Aspektverhältnis von eins dar, wodurch die Ausbildung eines Perkolationnetzwerkes erst bei weitaus größeren Mengen einsetzt. a) TPU/CB Pressling TPU/CNT Pressling TPU/TRGO Pressling b) c) TPU/CB Strang TPU/CNT Strang TPU/TRGO Strang Messbereichsgrenze Füllstoffgehalt [wt.-%] TPU/CB Steg TPU/CNT Steg TPU/TRGO Steg Messbereichsgrenze Füllstoffgehalt [wt.-%] Messbereichsgrenze Füllstoffgehalt [wt.-%] Abbildung 5.7 Vergleich der spezifischen Leitfähigkeit der TPU-Nanocomposite; gemessen an (a) Polymerpresslingen, (b) Polymersträngen und (c) Polymerstegen Thermische Eigenschaften Die TPU-Nanocomposite wurden mit Hilfe der Thermogravimetrischen Analyse (TGA) und der Dynamisch-Mechanischen Analyse (DMA) auf ihre thermischen und viskoelastischen Eigenschaften untersucht. In Tabelle 5.3 sind die Zersetzungs- und Glasübergangstemperaturen von reinem TPU und den verschiedenen TPU-Nanocompositen mit 9 wt.-% Füllstoffgehalt zusammengefasst. 144

159 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE Die Kohlenstoffnanofüllstoffe beeinflussen unter N 2 -Atmosphäre die Zersetzungstemperatur von TPU nicht. Die Onset-Temperatur liegt sowohl bei reinem TPU also auch bei den TPU/TRGO-Nanocompositen bei 300 C. Die Zersetzung verläuft bei allen in einem 2-stufigen Prozess. Ab 300 C setzt die Urethanspaltung und ab 360 C die Etherspaltung des langkettigen Diols ein. Tabelle 5.3 Zersetzungs-und Glasübergangstemperaturen der TPU-Nanocomposite. Füllstoffgehalt T a d (N 2 ) Composit [wt.-%] [ C] T g [ C] TPU ± 5-27 ± 2 TPU/TRGO_ ± 5-27 ± 2 TPU/CB_ ± 5-27 ± 2 TPU/CNT_ ± 5-27 ± 2 a Onset-Temperatur. Mit Hilfe der DMA wurde das viskoelastische Verhalten der TPU/TRGO-Nanocomposite in Abhängigkeit des TRGO-Gehalts zwischen -70 und 50 C untersucht. Bei der DMA wird die Probe einer sinusförmigen mechanischen Deformation in Abhängigkeit der Temperatur unterworfen. Die Spannung als Antwortsignal der viskoelastischen Probe ist ebenfalls sinusförmig, jedoch phasenverschoben. Als Ergebnis liefert die DMA den komplexen Modul E*, der sich aus einem Realteil, dem Speichermodul (E ) und einem Imaginärteil, dem Verlustmodul (E ) zusammensetzt. Der Speichermodul beschreibt den Teil der mechanischen Energie, die bei einem Deformationsexperiment vom System gespeichert werden kann. Der Verlustmodul hingegen ist ein Maß für die vom Material dissipierte Energie (Umwandlung der mechanischen Energie in Wärme). Der mechanische Verlustfaktor tan δ entspricht dem Quotienten aus Verlustmodul und Speichermodul und ist ein Maß für die molekulare Beweglichkeit und kann zur Bestimmung des Glasübergangs T g herangezogen werden. (16) Abbildung 5.8 zeigt den Speichermodul E` von TPU und den TPU/TRGO-Nanocompositen in Abhängigkeit der Temperatur. Bei niedrigen Temperaturen sind die Speichermoduln E` verhältnismäßig hoch, da die Relaxationsmechanismen eingefroren und die Materialien steif 145

160 Speichermodul E` [MPa] 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE sind. Mit zunehmendem TRGO-Anteil wird die Beweglichkeit der TPU-Ketten vermehrt eingeschränkt und führt zu einer Erhöhung des Speichermoduls E` um mehr als das doppelte von 1300 MPa in TPU auf 2700 MPa in TPU/TRGO_9. Wird die Temperatur erhöht, nimmt die Kettenbeweglichkeit zu und der Speichermodul sinkt bei allen Proben. Bei weiterer Temperaturerhöhung (zwischen -40 und -20 C) tritt ein starker Abfall der Speichermoduln auf, der auf das Erreichen des Glasübergangsbereiches der weichen Phase des TPU zurückzuführen ist. Im Glasübergangsbereich erhöht sich die Kettenbeweglichkeit und es erfolgt ein Übergang vom starren glasartigen energieelastischen Zustand in den kautschukartigen entropieelastischen Zustand TPU TPU/TRGO_1 TPU/TRGO_3 TPU/TRGO_6 TPU/TRGO_9 TPUR-Komposi Temperatur [ C] Abbildung 5.8 Speichermodul E` von TPU und den TPU/TRGO-Nanocompositen in Abhängigkeit von der Temperatur. Eine genaue Bestimmung des Glasübergangs der TPU/TRGO-Nanocomposite erfolgte über das Peakmaximum des Verlustfaktors tan δ. Der Glasasübergang liegt sowohl für TPU als auch für die TPU/TRGO-Nanocomposite bei -27 ± 2 C. Dies deutet darauf hin, dass Graphen eine geringe Wechselwirkung mit der weichen amorphen Diolphase aufweist. [128] 146

161 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE 5.3 TPU/TRGO/CNT-Mischnanocomposite In Abschnitt 5.2 zeigte TRGO als Nanofüllstoff zur Herstellung von matrixverstärkten TPU-Nanocompositen mit Abstand den größten Verstärkungseffekt. Sowohl die niedrigsten elektrischen Perkolationsschwellen als auch die höchsten spezifischen Leitfähigkeiten wurden stattdessen unter Verwendung von CNT erzielt. In Hinblick auf die Untersuchung möglicher synergetischer Effekte wurden zusätzlich Mischnanocomposite bestehend aus TPU und den Füllstoffen TRGO/CNT in den Verhältnissen 50/50 und 70/30 hergestellt. Hierbei stand im Vordergrund, durch Mischung dieser Materialien, die hervorragende Verstärkungswirkung von TRGO mit den überragenden elektrischen Leitfähigkeiten der CNTs zu kombinieren Morphologische Untersuchung In Abbildung 5.9 sind exemplarisch die Aufnahmen des Composits TPU/TRGO/CNT 50/50 mit einem Gesamtfüllstoffgehalt von 9 wt.-% gezeigt. Die Verteilung beider Füllstoffe erfolgte homogen in der Polymermatrix. Die Graphene liegen parallel und aufgeweitet in Form von einzelnen Lagen vor. Analog zu den TPU/CNT-Nanocompositen bilden die CNTs kleine Agglomerate, die zusammen mit den TRGO-Schichten ein Netzwerk ausbilden. Abbildung 5.9 TEM-Aufnahmen des Mischnanocomposits TPU/TRGO/CNT_9 (50/50) mit einem Gesamtfüllstoffgehalt von 9 wt.-%. 147

162 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE Mechanische Eigenschaften Die hergestellten TPU/TRGO/CNT-Mischnanocomposite wurden in Abhängigkeit des TRGO-Gehalts auf ihre mechanischen Eigenschaften untersucht. Hierbei sollte analog zu den TPU/TRGO-Homonanocompositen mit einem zunehmenden TRGO-Gehalt in der Gesamtfüllstoffkonzentration die Verstärkungswirkung verbessert werden. In Tabelle 5.4 sind die Ergebnisse aus Zug-Dehnungsexperimenten nach der Prüfnorm ISO und Härtemessungen nach Shore A und Shore D zusammengefasst. Zusätzlich sind zum Vergleich die charakteristischen Werte der TPU-Homonanocomposite gefüllt mit TRGO und CNT aufgelistet. Tabelle 5.4 Mechanische Eigenschaften der TPU-Mischnanocomposite. Composit E-Modul a [MPa] Zugfestigkeit [MPa] Bruchdehnung [%] Härte Shore A Shore D TPU 22.4 ± ± ± ± ± 0.1 TPU/CNT_ ± ± ± ± ± 0.2 TPU/CNT_ ± ± ± ± ± 0.1 TPU/CNT_ ± ± ± ± ± 0.3 TPU/CNT_ ± ± ± ± ± 0.2 TPU/TRGO 700 /CNT_1 (50/50) TPU/TRGO 700 /CNT_3 (50/50) TPU/TRGO 700 /CNT_6 (50/50) TPU/TRGO 700 /CNT_9 (50/50) TPU/TRGO 700 /CNT_1 (70/30) TPU/TRGO 700 /CNT_3 (70/30) TPU/TRGO 700 /CNT_6 (70/30) TPU/TRGO 700 /CNT_9 (70/30) 32.2 ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± ± 0.1 TPU/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.2 TPU/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.1 TPU/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.3 TPU/TRGO 700 _ ± ± ± ± ± 0.1 a Bestimmt aus Z/D-Experimenten. 148

163 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE 10 E Composit /E Matrix CNT TRGO/CNT 50/50 TRGO/CNT 70/30 TRGO 0 1,25 Composit / Matrix 1,00 0,75 1,0 Composit / Matrix 0,5 0, Füllstoffgehalt [wt.-%] Abbildung 5.10 Mechanische Charakterisierung der TPU-Mischnanocomposite mittels Zug-Dehnung; normierte Werte des E-Moduls E Composit /E Matrix, der Zugfestigkeit σ Composit /σ Matrix und der Bruchdehnung ε Composit /ε Matrix in Abhängigkeit des Füllstoffgehalts. In Abbildung 5.10 sind die normierten Werte des E-Moduls E Composit /E Matrix, der Zugfestigkeit σ Composit /σ Matrix und der Bruchdehnung ε Composit /ε Matrix in Abhängigkeit des Füllstoffgehalts aufgetragen. Unabhängig vom verwendeten Füllstoffsystem steigt der E-Modul der TPU-Nanocomposite mit zunehmender Füllstoffkonzentration an. Mit TRGO wurde die höchste mechanische Verstärkung erzielt. Der E-Modul von reinem TPU wird bei einem 149

164 Härte 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE TRGO-Gehalt von 9 wt.-% um 810% von (22.4 ± 2.0) MPa auf (203.7 ± 18.2) MPa erhöht. Dagegen führt die Einarbeitung von 9 wt.-% CNT nur zu einer Erhöhung des E-Moduls um 180% von (22.4 ± 2.0) MPa auf (62.9 ± 2.4) MPa. Wird im TPU-Nanocomposit CNT gegen TRGO in der Gesamtfüllstoffmenge ausgetauscht, so steigt der E-Modul in Abhängigkeit des TRGO-Gehalts stetig an. Bei einem TRGO/CNT-Verhältnis von 50/50 konnte der E-Modul um 560% auf (146.8 ± 11.0) MPa, bei einem Mischverhältnis von 70/30 um weitere 130% auf (177.9 ± 16.1) MPa gesteigert werden. Bei Betrachtung der Zugfestigkeit ist kein eindeutiger Trend in Abhängigkeit des TRGO-Gehalts an der Gesamtfüllstoffkonzentration zu erkennen. Die beste Zugfestigkeit wird bei einem Füllstoffgehalt von 9 wt.-% mit TRGO (35.3 ± 1.0) MPa, gefolgt von dem Mischsystem TRGO/CNT 50/50 (35.0 ± 1.0) MPa erhalten. Sowohl mit reinem CNT als auch mit der TRGO/CNT-Zusammensetzung 70/30 verbessert sich die Zugfestigkeit nicht. Die Bruchdehnung nimmt mit steigendem Füllstoffgehalt in der Reihenfolge CNT < TRGO/CNT 70/30 < TRGO/CNT 50/50 < TRGO verstärkt ab. Neben der Steifigkeit erhöht sich auch die Härte der TPU-Nanocomposite mit zunehmendem Füllstoffgehalt. Ein Vergleich der Härten nach Shore A und Shore D der TPU-Nanocomposite mit je 9 wt.-% Füllstoffgehalt ist in Abbildung 5.11 gezeigt. Hier ergibt sich eine zunehmende Härte mit steigendem TRGO-Gehalt Shore A Shore D TPU TPU/CNT TPU/TGO/CNT 50/50 TPU/TRGO/CNT 70/30 TPU/TRGO Abbildung 5.11 Härte nach Shore A und Shore D für die Homonanocomposite TPU/CNT und TPU/TRGO sowie die Mischnanocomposite TPU/TRGO/CNT 50/50 und 70/30 mit einem Füllstoffgehalt von 9 wt.-%. 150

165 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE Elektrische Eigenschaften Desweiteren wurden die TPU-Mischnanocomposite mit TRGO/CNT-Verhältnissen von 70/30 und 50/50 auf ihre elektrischen Eigenschaften überprüft. In Abschnitt wurde bereits gezeigt, dass mit einer Erhöhung des TRGO-Anteils in der Gesamtfüllstoffkonzentration der E-Modul stetig zunimmt. Umgekehrt sollte mit zunehmendem CNT-Anteil die elektrische Leitfähigkeit der TPU-Mischnanocomposite gesteigert werden. In Tabelle 5.5 sind spezifische Leitfähigkeiten der Mischnanocomposite gemessen an Polymersträngen, -stegen und -presslingen im direkten Vergleich zu den entsprechenden Homonanocompositen aufgelistet. Tabelle 5.5 Spezifische Leitfähigkeiten der TPU/TRGO/CNT-Mischnanocomposite gemessen an Polymersträngen, -stegen und -presslingen. Composit κ Strang a [Scm -1 ] κ Steg a [Scm -1 ] κ Pressling a [Scm -1 ] TPU < < < TPU/CNT_1 < < TPU/CNT_ TPU/CNT_ TPU/CNT_ TPU/TRGO 700 /CNT_1 (50/50) < < TPU/TRGO 700 /CNT_3 (50/50) TPU/TRGO 700 /CNT_6 (50/50) TPU/TRGO 700 /CNT_9 (50/50) TPU/TRGO 700 /CNT_1 (70/30) < < TPU/TRGO 700 /CNT_3 (70/30) TPU/TRGO 700 /CNT_6 (70/30) TPU/TRGO 700 /CNT_9 (70/30) TPU/TRGO 700 _1 < < < TPU/TRGO 700 _ TPU/TRGO 700 _ TPU/TRGO 700 _ (a) berechnet über den gemessenen Widerstand nach Formel 14 und 15. Die Tendenz der frühen Perkolation bei den Presslingen und der späten bei den Spritzgusskörpern, zeigt sich auch bei den Mischnanocompositen (Abbildung 5.13 und Abbildung 5.12). 151

166 spez. Leitfähigkeit [Scm -1 ] spez. Leitfähigkeit [Scm -1 ] 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE Pressling Strang Steg Messbereichsgrenze Gehalt TRGO/CNT (50/50) [wt.-%] Abbildung 5.12 Spezifische Leitfähigkeit der TPU-Mischnanocomposite mit TRGO/CNT-Verhältnis 50/50 in Abhängigkeit der Füllstoffkonzentration und Probenkörperherstellung Pressling Strang Steg Messbereichsgrenze Gehalt TRGO/CNT (70/30) [wt.-%] Abbildung 5.13 Spezifische Leitfähigkeit der TPU-Mischnanocomposite mit TRGO/CNT-Verhältnis 70/30 in Abhängigkeit der Füllstoffkonzentration und Probenkörperherstellung. Analog zu den TPU/CNT-Nanocompositen in Abschnitt erreichen die Schmelzpresslinge bereits ab 1 wt.-% Füllstoffgehalt die elektrische Perkolationsschwelle. Die an Strang und Steg beobachteten Perkolationsschwellen liegen dagegen zwischen 1 und 152

167 spez. Leitfähigkeit [Scm -1 ] 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE 3 wt.-%. Die besseren Leitwerte der Schmelzpresslinge bei geringem Füllstoffgehalt lassen sich auch hier auf die zunehmende Kontaktoberfläche beim Pressen der Materialien zurückführen. Bei höheren Füllstoffkonzentrationen werden bei den Polymerpresslingen und -strängen spezifische Leitfähigkeiten im gleichen Bereich wie bei den TPU/CNT- Homonanocompositen erreicht, während die Werte bei den Spritzgusskörpern deutlich darunter liegen. In den folgenden Abbildungen sind die spezifische Leitfähigkeiten der Mischnanocomposite TPU/TRGO/CNT (50/50) und TPU/TRGO/CNT (70/30) im Vergleich zu den jeweiligen Homonanocompositen TPU/TRGO und TPU/CNT in Abhängigkeit der Füllstoffmenge aufgetragen. Unabhängig von der Probenherstellung wurde beobachtet, dass mit einem zunehmenden CNT-Anteil in der Gesamtfüllstoffkonzentration die Leitfähigkeit im Vergleich zu den TPU/TRGO-Nanocompositen enorm gesteigert werden konnte. Hervorzuheben sind insbesondere die Kurvenverläufe der Schmelzpresslinge in Abbildung Messbereichsgrenze Füllstoffgehalt [wt.-%] CNT Pressling TRGO/CNT Pressling 50/50 TRGO/CNT Pressling 70/30 TRGO Pressling Abbildung 5.14 Vergleich der spezifischen Leitfähigkeit der TPU-Misch- und Homonanocomposite; gemessen an Polymerpresslingen. Wird im Nanocomposit TRGO zu 30% bzw. 50% gegen CNT ausgetauscht, so wird die elektrische Perkolationsschwelle von 3 auf 1 wt.-% herabgesetzt. Bemerkenswert ist, dass neben der früheren elektrischen Perkolation auch die spezifischen Leitfähigkeiten bei geringen Füllstoffkonzentrationen deutlich höher liegen als die der TPU/CNT bzw. 153

168 spez. Leitfähigkeit [Scm -1 ] spez. Leitfähigkeit [Scm -1 ] 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE TPU/TRGO-Nanocomposite, und bereits bei 6 wt.-% ein Plateau anstreben. Bei einem Mischverhältnis TRGO/CNT von 50/50 wird mit 9 wt.-% ein spezifische Leitwert von Scm -1 erzielt, welcher im Bereich der TPU/CNT-Nanocomposite mit 9 wt.-% liegt. Ähnliche Abhängigkeiten zeigen sich auch in den Spritzgussknochen in Abbildung 5.15 a). Der Zusatz von CNT bewirkt eine Erhöhung der elektrischen Leitwerte der TPU- Nanocomposite bei geringer Füllstoffkonzentration. Bei den Polymersträngen in Abbildung 5.15 b) weisen dagegen alle Nanocomposite unabhängig von der Füllstoffzusammensetzung bis 3 wt.-% den gleichen Kurvenverlauf auf, mit elektrischen Perkolationsschwelle zwischen 1 und 3 wt.-%. Oberhalb von 3 wt.-% zeigt sich, dass mit einem zunehmenden CNT-Anteil in der Gesamtfüllstoffmenge höhere spezifische Leitfähigkeiten als bei den TRGO-Homonanocompositen erzielt werden. Im Falle der Mischnanocomposite TPU/TRGO/CNT 50/50 werden sogar nahezu gleiche spezifische Leitfähigkeiten in Abhängigkeit der Füllstoffkonzentration wie bei den Homonanocompositen TPU/CNT erhalten. Wird im Nanocomposit TRGO zu 30% gegen CNT ausgetauscht so nimmt der Leitwert bei 9 wt.-% von Scm -1 auf Scm -1 zu. Bei einem TRGO/CNT-Mischverhältnis von 50/50 erhöht sich der Wert sogar um zwei Zehnerpotenzen auf Scm -1 und liegt im gleichen Bereich des Homonanocomposits TPU/CNT_9. a) b) CNT Steg TRGO/CNT Steg 50/50 TRGO/CNT Steg 70/ CNT Strang TRGO/CNT Strang 50:50 TRGO/CNT Strang 70: TRGO Steg 10-5 TRGO Strang Messbereichsgrenze Füllstoffgehalt [wt.-%] Messbereichsgrenze Füllstoffgehalt [wt.-%] Abbildung 5.15 Vergleich der spezifischen Leitfähigkeit der TPU-Mischnanocomposite; gemessen an (a) Polymerstegen und (b) Polymersträngen. 154

169 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE 5.4 Fazit In diesem Abschnitt wurden Graphen-Nanocomposite auf Basis von thermoplastischem Polyurethan (TPU) nach dem Lösungsblendverfahren in THF hergestellt und anschließend bei 190 C schmelzcompoundiert. Zu Vergleichszwecken wurden Versuchsreihen mit den kommerziell erhältlichen kohlenstoffbasierten Nanofüllstoffen Carbon Black (CB) und Carbon Nanotubes (CNT) durchgeführt. Die verschiedenen TPU-Nanocomposite wurden auf ihre morphologischen, mechanischen, elektrischen und thermischen Eigenschaften untersucht. In Hinblick auf die Untersuchung möglicher synergetischer Effekte wurden zusätzlich Mischnanocomposite bestehend aus TPU und den Füllstoffen TRGO/CNT in den Verhältnissen 50/50 und 70/30 hergestellt. Hierbei stand im Vordergrund, durch Mischung dieser Materialien die hervorragende Verstärkungswirkung von TRGO mit den überragenden elektrischen Leitfähigkeiten der CNTs zu kombinieren. Hinsichtlich der Morphologie wiesen alle untersuchten Füllstoffe eine nahezu homogene Verteilung in der TPU-Matrix auf. Sowohl unter Verwendung von CB als auch CNT existierten zum Teil größere Agglomerate, die von Bereichen mit fein verteilten Partikeln umgeben waren. TRGO dagegen lag weitestgehend parallel und in aufgeweiteter Form vor. Die bessere Dispergierung von TRGO ließ sich auf die funktionellen Gruppen zurückführen, welche mit den polaren Hartsegmenten des TPU gut in Wechselwirkung treten konnten. In Hinblick auf die Mechanik zeigten die Graphen-Nanocomposite die weitaus besten Eigenschaften. Wie erwartet, korrelierten die E-Moduln mit dem Aspektverhältnis der Füllstoffe. Eine Erhöhung des Aspektverhältnisses führte zu einer verbesserten mechanischen Verstärkung. Mit 9 wt.-% Füllstoffgehalt wurde der E-Modul bei TPU/TRGO um 810% erhöht, gefolgt von TPU/CNT um 180% und TPU/CB um lediglich 118%. Gleichzeitig nahm die Härte nach Shore A und Shore D zu. In gleicher Reihenfolge nahm allerdings die Bruchdehnung mit steigendem Füllstoffgehalt vermehrt ab. Der größte Verlust der Bruchdehnung bei den TPU/TRGO-Nanocompositen ließ sich auf die homogenere Dispergierung in der Matrix zurückführen. TRGO zeigte eine sehr einheitliche Verteilung in der TPU-Matrix. Während bei CNT und insbesondere CB, Bereiche mit großen Agglomeraten aufzufinden waren. Ein mit der Polymermatrix wechselwirkender Füllstoff hat dieselbe Wirkung wie zusätzliche Vernetzungsstellen. Die Polymerketten können weniger gut aneinander vorbeigleiten und führen demzufolge zu einer Verringerung der Bruchdehnung. 155

170 5 THERMOPLASTISCHE POLYURETHANE Die elektrischen Eigenschaften der TPU-Nanocomposite hingen stark von der Herstellungsmethode der Probenkörper ab. Die besten spezifische Leitfähigkeiten wiesen die Schmelzpresslinge auf, gefolgt von den Polymersträngen und -stegen. Die niedrigsten Perkolationsschwellen unterhalb von 1 wt.-% und höchste elektrische Leitfähigkeit von Scm -1 bei 9 wt.-% wurden mit CNT erhalten. Unter Verwendung von TRGO und CB wurden elektrische Perkolationsschwellen zwischen 1 und 3 wt.-% erreicht. Die besseren elektrischen Eigenschaften der TPU/CNT- Nanocomposite gingen einher mit der morphologischen Untersuchung. Die heterogene Struktur mit Bereichen höherer und niederer CNT-Konzentration begünstigte die Ausbildung eines CNT-Netzwerkes, was sich in einer geringen elektrischen Perkolationsschwelle bemerkbar machte. [139] Insbesondere die TRGO/CNT-Mischungen wiesen interessante Eigenschaftprofile bestehend aus hoher mechanischer Verstärkung und guter elektrischer Leitfähigkeit auf. Bei einem TRGO/CNT-Mischverhältnis von 50/50 konnte die elektrische Perkolationsschwelle auf 1 wt.-% herabgesetzt und gleichzeitig eine elektrische Leitfähigkeit in der gleichen Größenordnung wie die der TPU/CNT-Homonanocomposite erzielt werden. 156

171 6 POLYURETHAN-LACKE 6 Leitfähige Polyurethan-Lacke Polyurethan Lack- und Beschichtungssysteme sind heutzutage allgegenwärtig und unabdingbar für unzählige Anwendungen. Sie zeichnen sich durch hervorragende Eigenschaften wie eine hohe Beständigkeit gegen Lösungsmittel, Chemikalien- und Witterungseinflüsse aus und werden als Schutzschicht in elektronischen Bauelementen, als Korrosionsschutz für Metalloberflächen sowie im Bereich der Automobilindustrie für die Fahrzeuglackierung eingesetzt. [7] Klassisch setzt sich eine PU-Lackformulierung aus Bindemittel, Lösungsmittel und gegebenenfalls Pigmenten und Füllstoffen zusammen. Sie sind sowohl als 1- oder 2-Komponentensysteme erhältlich. Bei den 2-Komponentensystemen liegen Polyisocyanat und Polyol getrennt vor. Die Isocyanatkomponente wird dem Stammlack in der Regel erst kurz vor der Applikation zugemischt um ein vorzeitiges Aushärten zu verhindern. [3] In vielen Bereichen sind Leitlacke auf Basis von Polyurethan von großer Bedeutung, die zur antistatischen bzw. elektrisch leitfähigen Ausrüstung von Kunststoffen eingesetzt werden. Immer häufiger werden die Gehäuse für elektrische und elektronische Geräte aus nichtleitenden Kunststoffen hergestellt. Da diese Materialien keine elektromagnetischen Störungen abhalten können, wird die Funktion der Geräte beeinträchtigt. Dies macht den Einsatz leitfähiger Lacke zur Erzielung elektromagnetischer Verträglichkeit und Abschirmung erforderlich. In der Technik wird die elektrische Leitfähigkeit der Lackbeschichtungen durch Zugabe eines hohen Anteils (zwischen 20 und 80%) an leitfähigen Füllmaterialien erzeugt. [177] Dabei kommen sowohl Metallpartikel, wie Silber- oder Kupferpartikel als auch kohlenstoffbasierte Füllstoffe, wie Graphit und Leitruß zum Einsatz. [178] Die Partikelgrößen der Füllstoffe liegen im Mikrometerbereich, weshalb hohe Mengen bis zum Erreichen der elektrischen Perkolationsschwelle notwendig sind. Nachteilig ist, dass häufig die mechanischen Eigenschaften der Leitlacke, wie Kratzbeständigkeit und Elastizität darunter leiden. [177] Eine Alternative zu den preiswerten klassischen Füllstoffen, stellen funktionalisierte Graphene (FG) dar. Wie bereits in Kapitel 3 gezeigt, zeichnen sich FG zusätzlich durch sauerstoffhaltige funktionelle Gruppen, hauptsächlich in Form von Hydroxylgruppen aus. Diese erleichtern nicht nur eine wirkungsvolle Dispersion in der Lackformulierung, sondern können gleichzeitig durch eine in-situ Polymerisation kovalent an die Polyurethanmatrix angeknüpft werden. [128,130,179]. 157

172 6 POLYURETHAN-LACKE In diesem Kapitel werden die Ergebnisse bezüglich der Herstellung von leitfähigen Polyurethan/Graphen-Lacken durch in-situ Polymerisation vorgestellt. Hierfür wurde thermisch reduziertes Graphitoxid (TRGO) in der Lackformulierung dispergiert und anschließend mit dem Diisocyanat zum PU-Lack ausgehärtet. Nach Schema 6.1 sollte über die Reaktion der Isocyanatkomponente mit den Hydroxylgruppen an der TRGO-Oberfläche eine kovalente Fixierung der Graphene an die PU-Matrix stattfinden. Zum Vergleich wurden Lackfilme mit den konventionellen kohlenstoffbasierten Nanofüllstoffen wie Graphit, Carbon Black (CB) und Carbon Nanotubes (CNT) hergestellt. Die Lackfilme wurden auf ihre morphologischen und elektrischen Eigenschaften untersucht. Die Benetzbarkeit und die Bestimmung der Oberflächenenergie der Lacke erfolgten anhand von Kontaktwinkelmessungen. Schema 6.1 Schematische Darstellung der kovalenten Anbindung von TRGO an die PU-Matrix mit der Isocyanatkomponente basierend auf Hexamethylendiisocyanat-Trimer (HDI). 158

173 6 POLYURETHAN-LACKE 6.1 Herstellung der 2K-Polyurethan-Lacke Für die Herstellung der leitfähigen Lacke diente als Polymermatrix eine 2K-Lackformulierung auf Basis von Polyurethanacrylat. Die genaue Zusammensetzung der Lackkomponenten ist in Tabelle 6.1 gezeigt. Das Polyhydroxyacrylat Macrynal SM 636/70 BAC wurde als Bindemittel, Basonat HI 100 bzw. Vestanat T1890 als Polyisocyanatkomponenten auf Basis von Hexamethylendiisocyanat (HDI) bzw. Isophorondiisocyanat (IPDI) und DBTDL als Katalysator eingesetzt. Da die einzelnen Komponenten zum Teil als Feststoffdispersionen in Butylacetat vorliegen, wurde Butylacetat als Lösungsmittel gewählt. Als Füllstoffe wurden neben TRGO die konventionellen leitfähigen Füllstoffe wie Graphit, Carbon Black (CB) und Carbon Natubes (CNT) eingesetzt. Der Füllstoffgehalt variierte zwischen 1.0 und 7.5 wt.-%. Tabelle 6.1 Zusammensetzung der 2K-Polyurethan-Lackformulierung. Komponente Macrynal SM 636/70 BAC (OH-Zahl= 134 mg KOH/g) Basonat HI 100 (NCO-Gehalt=22.4 %) Vestenat T1890 (NCO-Gehalt=37.6 %) Polyhydroxyacrylat Polyisocyanat auf Basis von HDI Polyisocyanat auf Basis von IPDI Hersteller Feststoffanteil [%] Flüssig [g] Fest [g] CYTEC 70 a BASF Degussa 70 a DBTDL Merck Butylacetat (BA) Merck Lack gesamt a Feststoffdispersionen in Butylacetat. Die Herstellung der PUL-Nanocomposite erfolgte über eine in-situ Polymerisation in drei Schritten und ist in Schema 6.2 am Beispiel von TRGO gezeigt. Im ersten Schritt wurden die Füllstoffe in Butylacetat (1.4 g/l) für 1 h im Ultraschallbad dispergiert. Eine wirkungsvolle Dispersion der Nanofüllstoffe ist maßgeblich für den späteren Erhalt von homogenen Lackfilmen. In Abbildung 6.1 sind die unterschiedlichen Füllstoff- Dispersionen in Butylacetat gezeigt. Mit Graphit konnten keine stabilen Dispersionen erhalten werden. Die Graphitschichten setzten sich bereits nach wenigen Minuten am Gefäßboden ab. Dagegen wurden mit CB, CNT sowie TRGO bis zu drei Tage stabile Dispersionen erzielt. 159

174 6 POLYURETHAN-LACKE Allerdings wurden beim genauen Betrachten der Dispersionen mit CB und CNT sehr große Agglomerate beobachtet, wie es anhand von Abbildung 6.1 b) am Beispiel von CB gezeigt ist. Schema 6.2 Herstellung der PUL/TRGO-Lacke durch in-situ Polymerisation. a) b) Graphit CB CNT TRGO CB/BA Abbildung 6.1 Füllstoff-Dispersionen (1.4 g/l) in Butylacetat nach 24 h von (a) Graphit, Carbon Black (CB), Carbon Nanotubes (CNT) sowie TRGO und (b) CB in vergrößerter Aufnahme. Eine weitere Dispergierung des TRGO erfolgte unter Verwendung des Hochdruckhomogenisators (HH), wodurch eine Exfolierung der Graphenschichten in Butylacetat erreicht wurde. Hierfür wurde eine Dispersion von TRGO in Butylacetat für 160

175 6 POLYURETHAN-LACKE 5 min bei einem Druck von 1500 bar hochdruckhomogenisiert. Es wurden bis zu Wochen stabile Dispersionen erzielt, in denen die Graphene homogen und fein verteilt waren. In Abbildung 6.2 sind die SEM-Aufnahmen der unterschiedlich hergestellten TRGO/Butylacetat-Dispersionen gegenübergestellt. Bei den im Ultraschallbad behandelten Dispersionen in Abbildung 6.2 a) und b) sind große Schichtpakete der Graphene zu erkennen, die bis zu 50 μm große Agglomerate bilden. Dagegen sind unter Verwendung des Hochdruckhomogenisators in Abbildung 6.2 c) und d) die Partikel deutlich kleiner und die Graphen-Schichten liegen zum Teil isoliert vor. Durch die Einwirkung hoher Scherkräfte wurden die Graphen-Agglomerate auseinandergerissen, was sich schließlich in einer erhöhten Dispersionsstabilität bemerkbar machte. Die mittels Hochdruckhomogenisator hergestellten Graphen/Butylacetat-Dispersionen wurden im Weiteren für die Herstellung der PUL/TRGO-Nanocomposite herangezogen. a) b) c) d) Abbildung 6.2 SEM-Aufnahmen der TRGO/Butylacetat-Dispersionen (1.4 g/l). Bei (a) und (b) erfolgte die Dispergierung im Ultraschallbad, bei (c) und (d) im Hochdruckhomogenisator (HH). Die erhaltenen Füllstoff-Dispersionen wurden im zweiten Schritt mit den Lackkomponenten unter Zuhilfenahme des Ultraturrax für 5 min bei U/min vermischt, und für eine 161

176 6 POLYURETHAN-LACKE weitere Stunde bei RT gerührt. Im letzten Schritt wurde die Mischung am Vakuum eingeengt und die erhaltene Lackformulierung nach Zugabe des Katalysators mit einem Filmziehrakel (Spalthöhe 250 μm) auf einem Glasobjektträger (2.0 x 5.0 cm) aufgezogen. Die Lackfilme wurden 30 min bei 130 C im Trockenschrank ausgehärtet und sind in Abbildung 6.3 gezeigt. Abbildung 6.3 Filme von reinem PUL und den PUL-Nanocompositen gefüllt mit TRGO, Graphit, CB und CNT die auf einem Objektträger mit Schichtdicken zwischen 20 und 30 μm aufgezogen wurden. Mit den Benchmarksystemen Graphit, CB und CNT wurden keine homogenen Lackfilme auf dem Objektträger erhalten. Es lagen große Füllstoff-Agglomerate vor, die zu spröden Oberflächen führten, wie es insbesondere bei Graphit zu sehen ist. Im Falle von Graphit lässt sich die mangelhafte Filmbildung auf die bereits schlechte Dispersionsstabilität in Butylacetat zurückführen, die entscheidend für den Erhalt von homogenen Lackoberflächen ist. Sowohl CB und CNT bildeten stabile Dispersionen in Butylacetat, allerdings lagen große Agglomerate vor, die sich durch die Zugabe der polaren Lackkomponenten vergrößerten. Für eine spätere Anwendung scheiden die Referenzmaterialien aus, so dass in dieser Arbeit auf eine weitere Charakterisierung der Lacke mit Graphit, CB und CNT verzichtet wurde. Im Vergleich dazu wurden mit TRGO stabile und homogene Filme mit Füllstoffgehalten bis zu 7.5 wt.-% erzielt. Der reine PU-Lack ist farblos und weist einen hohen Glanz auf. Mit zunehmendem Anteil an TRGO nimmt der Filmglanz vermehrt ab und eine matte Oberfläche entsteht. Die homogene Verteilung von TRGO und die daraus resultierende hervorragende Filmbildung der Lacke, lassen sich auf das Vorliegen der polaren funktionellen Gruppen an der TRGO-Oberfläche zurückführen, die gut mit der PU-Matrix in Wechselwirkung treten können. Weiterhin könnte eine mögliche kovalente Anbindung von TRGO an die PUL-Matrix 162

177 6 POLYURETHAN-LACKE über die Reaktion der OH-Gruppen mit den Isocyanaten für die deutlich bessere Filmstabilität verantwortlich sein. Die Filmdicken der PUL/TRGO-Nanocomposite variierten zwischen 20 und 30 μm. Wurde die Spalthöhe des Filmziehrakels erhöht, konnten auch höhere Filmdicken bis zu 2 mm eingestellt werden. Abbildung 6.4 zeigt einen PU-Lack mit 7.5 wt.-% TRGO-Gehalt mit einer Dicke von 100 μm. Der Film konnte von dem Glasobjektträger abgezogen werden, ohne dabei zu brechen oder zu reißen. Auf diese Weise sind freistehende und zugleich hoch flexible PUL/TRGO-Filme zugänglich, die ein vielversprechendes Material z.b. für die Herstellung von elastisch formbaren Elektroden für Superkondensatoren darstellen. [180] Neben den herkömmlichen Lackanwendungen auf starren Objekten kommen die hergestellten PUL/TRGO-Lacke auch zur Beschichtung von flexiblen Substraten, beispielsweise von Folien oder auch zur Imprägnierung von Geweben in Frage. [178] Eine weitere Anwendung könnte für die Verpackung von elektrischen Bauteilen, bei denen es auf einen Schutz gegen elektrostatische Entladungen ankommt, sein. Abbildung 6.4 Hochflexible PUL-Filme gefüllt mit 7.5 wt.-% TRGO und einer Schichtdicke von 100 μm. 6.2 Morphologische Untersuchung Die Oberflächen der PUL/TRGO-Lacke wurden mit Hilfe der Rasterelektronenmikroskopie (SEM) hinsichtlich ihrer Morphologie untersucht. In Abbildung 6.5 sind die SEM-Aufnahmen der PUL/TRGO-Nanocomposite mit 1, 2.5, 5 und 7.5 wt.-% TRGO-Gehalt bei einer Bildauflösung von 4 µm gezeigt. Mit 1 wt.-% TRGO-Gehalt ist die Lackoberfläche homogen und glatt. Die oberste Filmschicht ist vollständig mit dem Polyurethanacrylat überzogen und es sind nur vereinzelnd helle 163

178 6 POLYURETHAN-LACKE Bereiche von Graphenflocken zu erkennen. Wird der Anteil an TRGO in der Lackformulierung erhöht, so ist eine zunehmende Anreicherung der Graphene an der Oberfläche in Form von hell erscheinenden Plättchen zu beobachten. Die homogene glatte Morphologie des reinen PU-Lackes geht dabei in eine raue Struktur über. Die Änderung der Oberflächenbeschaffenheit korreliert mit dem optischen Erscheinungsbild der Lacke in Abbildung 6.3. Je höher der Anteil an Graphen in der Lackformulierung ist, desto mehr Partikel sind in der obersten Lackschicht vorhanden, wodurch der optische Glanz verloren geht. a) b) c) d) Abbildung 6.5 SEM-Aufnahmen an Filmoberflächen der PUL/TRGO-Nanocomposite; (a) PUL/TRGO-1 wt.-% (b) PUL/TRGO-2.5 wt.-%; (c) PUL/TRGO-5 wt.-%; (d) PUL/TRGO- 7.5 wt.-%. 164

179 6 POLYURETHAN-LACKE 6.3 Elektrische Eigenschaften Die PUL/TRGO-Lacke wurden auf ihre elektrischen Eigenschaften mit Hilfe der Vierpunktsmessmethode untersucht. Bei dieser Messung werden vier Nadeln in Reihe auf die Probe gedrückt. Durch die äußeren Nadeln wird der Strom geführt, über die inneren beiden die Spannung gemessen. Der Abstand zwischen den Spitzen ist gleich und beträgt 0.25 cm. Der Oberflächenwiderstand ρ wurde nach Formel 17 bestimmt, mit U der angelegten Spannung und I der gemessenen Stromstärke. Die Geometrie der Proben wurde mit einem Korrekturfaktor von 4.25 nach BEADLE, PLUMMER und TSUI berücksichtigt. [181] Der spezifische Widerstand ρ spez wurde nach Formel 18 unter Einbezug der Filmschichtdicke d berechnet. Die spezifische Leitfähigkeit spez ergibt sich nach Formel 19 aus dem Kehrwert des spezifischen Widerstandes. Tabelle 6.2 fasst die erhaltenen spezifischen Widerstände und Leitfähigkeiten der PUL/TRGO-Nanocomposite zusammen. (17) (18) (19) Tabelle 6.2 Spezifische Widerstände ρ spez und Leitfähigkeiten κ spez der PUL/TRGO-Nanocomposite. Composit Füllstoff [wt.-%] Filmdicke a [μm] ρ spez [Ωcm] κ spez [Scm -1 ] PUL > < PUL/TRGO 700 _0.5 TRGO 700 b PUL/TRGO 700 _1.0 TRGO PUL/TRGO 700 _2.5 TRGO PUL/TRGO 700 _5.0 TRGO PUL/TRGO 700 _7.5 TRGO a gemessen mit einer Mikrometerschraube; b Charge TRGO In Abbildung 6.6 sind die spezifischen Leitfähigkeiten der PUL/TRGO-Filme in Abhängigkeit des TRGO-Gehalts aufgetragen. Der reine PU-Lack ist ein elektrischer Isolator 165

180 spez. Leitfähigkeit [Scm -1 ] 6 POLYURETHAN-LACKE und weist einen sehr hohen spezifischen Widerstand von mehr als 200 GΩ auf, was einer spezifischen Leitfähigkeit von kleiner Scm -1 entspricht. Bereits ab einem TRGO- Gehalt von 0.5 wt.-% wird die elektrische Perkolationsschwelle mit einer spezifischen Leitfähigkeit von Scm -1 erreicht. Mit zunehmendem Füllstoffgehalt nimmt die elektrische Leitfähigkeit exponentiell zu und erreicht bei 7.5 wt.-% einen Grenzwert von 0.1 Scm -1. Diese Werte korrelieren mit den SEM-Aufnahmen in Abbildung 6.5. Je höher der Anteil an TRGO in der Lackformulierung, desto höher ist der Kontakt zwischen benachbarten TRGO-Flocken und spezifische Leitfähigkeit steigt an Abbildung 6.6 TRGO-Gehalts Messbereichgrenze Gehalt TRGO [wt.-%] Spezifische Leitfähigkeit der PUL/TRGO-Nanocomposite in Abhängigkeit des 6.4 Kontaktwinkelmessungen Die Oberflächeneigenschaften eines Materials können durch die Topographie der Oberfläche beeinflusst werden. Viele in der Natur beobachtete Phänomene wie z.b. der Selbstreinigungseffekt auf den Blättern der Lotuspflanze, sind auf mikro- und nanostrukturierte Architekturen der Oberflächen zurückzuführen. [182] Die ultrahydrophoben Blattoberflächen führen zu einer verminderten Benetzbarkeit der Wassertröpfchen, die abrollen und dabei Schmutzpartikel auf der Oberfläche entfernen. Die selbstreinigende Wirkung durch Wassertröpfchen wird als Lotus-Effekt bezeichnet und ist Gegenstand 166

181 6 POLYURETHAN-LACKE intensiver Forschung. [183] Das Verhalten von Wasser auf einer Oberfläche hängt von der Rauhigkeit der Oberfläche ab. Eine glatte hydrophile Oberfläche wie z.b. Papier ist gut benetzbar. Die Benetzbarkeit kann durch Aufrauhung weiter verbessert werden wie es am Beispiel von Filterpapier zu beobachten ist. Bei einer hydrophoben glatten Oberfläche führt eine Aufrauhung dagegen zu einer stärkeren Wasserabstoßung. [184] Die Messung des Kontaktwinkels einer Flüssigkeit auf einer Oberfläche stellt die gebräuchlichste Methode zur Bestimmung der Benetzbarkeit dar und ist in Schema 6.3 dargestellt. γ lv γ sv θ γ sl Schema 6.3 Schemazeichnung eines Flüssigkeitstropfens auf einer Oberfläche und der an der Grenzline des Tropfens wirkenden Grenzflächenspannungen γ. γ sv ist die Grenzflächenspannung fest/gasförmig, γ sl fest/flüssig, γ lv flüssig/gasförmig und θ der Kontaktwinkel. Durch Anlegen einer Tangente an den Punkt, bei dem der aufgesetzte Flüssigkeitstropfen die Festkörperoberfläche und die Umgebungsphase (meist Luft) berührt, wird der Kontaktwinkel ermittelt. Dieser nimmt mit zunehmender Benetzbarkeit des Festkörpers entsprechend der YOUNG SCHEN Gleichung (Formel 20) ab. [185] Je höher der Kontaktwinkel, desto hydrophober die Oberfläche. Oberflächen mit einem Kontaktwinkel < 90 werden als hydrophil, solche mit einem Kontaktwinkel > 90 als hydrophob bezeichnet. Bei einigen Pflanzen können Kontaktwinkel bis zu 160 erreicht werden (Superhydrophobie). Das bedeutet, dass nur etwa 2 bis 3 % der Tropfenoberfläche mit der Oberfläche der Pflanze in Kontakt stehen. [186] (20) θ: Kontaktwinkel, γ xy : Grenzflächenspannung mit sl fest/flüssig, sv fest/gasförmig und lv flüssig/gasförmig mit d disperser und p polarer Anteil. Durch Messung der Kontaktwinkel von Testflüssigkeiten mit unterschiedlichen Polaritäten kann die Oberflächenenergie des Festkörpers γ sv unter Berücksichtigung seiner polaren und dispersen Anteile, bestimmt werden (Formel 21). 167

182 6 POLYURETHAN-LACKE (21) Dabei werden Stoffe mit einer hohen Oberflächenenergie γ sv besser benetzt als solche mit geringerer Grenzflächenspannung. [184] Mit Hilfe der Auswertemethode nach OWENS, WENDT, RABEL und KÄLBLE [187] wurde die Oberflächenenergie γ sv nach Formel 23 berechnet. Die Autoren kombinierten die YOUNG SCHEN Gleichung (Formel 20) mit dem geometrischen Mittel der Grenzflächenspannung nach GOOD und GIRIFALCO [188] (Formel 22) und erhielten ein lineares Gleichungssystem mit als Steigung und als y-achsenabschnitt. (22) (23) γ xy : Grenzflächenspannung mit sl fest/flüssig, sv fest/gasförmig und lv flüssig/gasförmig mit d disperser und p polarer Anteil. In diesem Abschnitt wurden die Oberflächeneigenschaften der PUL/TRGO-Lacke anhand von Kontaktwinkelmessungen untersucht. Als Testflüssigkeiten wurden sowohl Wasser als auch Diiodmethan verwendet. Diiodmethan wird für die Bestimmung der Oberflächenenergie von Festkörpern bevorzugt verwendet, da es für eine unpolare Flüssigkeit eine relativ hohe Oberflächenspannung aufweist und gute messbare Kontaktwinkel ausbildet. Die polaren und dispersen Anteile der Oberflächenspannung der Testflüssigkeiten sind in Tabelle 6.3 aufgeführt. Tabelle 6.3 Polarer und disperser Anteil der Oberflächenenergien der Testflüssigkeiten. γ d γ p γ Testflüssigkeit [mjm -2 ] [mjm -2 ] [mjm -2 ] Wasser [189] Diiodmethan [190]

183 6 POLYURETHAN-LACKE Mithilfe einer Hochgeschwindigkeitskamera wurde alle 100 ms ein Bild des Kontaktwinkels aufgenommen. Abbildung 6.7 zeigt exemplarisch die Aufnahmen der gesetzten Wassertropfen nach 5 Sekunden. In (a) ist der Tropfen auf der Oberfläche des Referenzlacks PUL und in (b) auf der Oberfläche von PUL/TRGO 700 _7.5 zu sehen. Der Wassertropfen der Probe PUL/TRGO_7.5 weist im Vergleich zu PUL eine stärkere Krümmung auf, die durch den Abstand der horizontalen Linien deutlich gemacht wird. Dies führte zu einer Zunahme des Kontaktwinkels, d.h. die Benetzbarkeit von Wasser wurde herabgesetzt. a) b) Abbildung 6.7 Aufnahmen der Kontaktwinkel mit Wasser nach 5 s auf (a) reinem PUL und (b) PUL/TRGO_7.5. In Tabelle 6.4 sind die dazugehörigen Kontaktwinkel, sowie die berechneten Oberflächenenergien nach Formel 23 für PUL und die PUL/TRGO-Nanocomposite zusammengefasst. Die angegebenen Kontaktwinkel sind Mittelwerte aus den Daten im Bereich zwischen 5 und 30 Sekunden. Tabelle 6.4 Kontaktwinkel von Wasser und Diiodmethan und die nach Gleichung 22 und 23 berechneten Oberflächenenergien γ sv der PUL/TRGO-Filme. θ (H 2 O) θ (CH 2 I 2 ) γ sv Probe [ ] [ ] [mjm -2 ] PUL 81.6 ± ± ± 0.4 PUL/TRGO 700 _ ± ± ± 0.3 PUL/TRGO 700 _ ± ± ± 0.3 PUL/TRGO 700 _ ± ± ± 0.3 PUL/TRGO 700 _ ± ± ±

184 Kontaktwinkel [ ] 6 POLYURETHAN-LACKE In Abbildung 6.8 sind die Kontaktwinkel von Wasser und Diiodmethan der PUL/TRGO- Lacke in Abhängigkeit des TRGO-Gehalts aufgetragen. Unabhängig des verwendeten Lösungsmittels nimmt der Kontaktwinkel mit zunehmendem Füllstoffgehalt zu. Der reine PUL-Film weist mit Wasser einen Kontaktwinkel von (81.6 ± 0.4) auf und steigt bei einem TRGO-Gehalt von 7.5 wt.-% auf (95.4 ± 0.3) an. Die Werte von Diiodmethan sind im Vergleich kleiner und nehmen von (37.8 ± 0.1) auf (50.8 ± 0.1) zu. Die Zunahme der Kontaktwinkel lässt sich auf die morphologische Struktur an der Filmoberfläche zurückführen. In Abschnitt 6.2 wurde bereits gezeigt, dass der reine PU-Lack eine homogene und glatte Oberfläche aufweist. Mit zunehmender TRGO-Konzentration in der Lackformulierung wurde eine verstärkte Anreicherung der Graphenflocken an der Filmoberfläche beobachtet. Dadurch wurde die Lackoberfläche aufgeraut, was sich in einem abnehmenden Lackglanz bemerkbar machte. Durch die Aufrauhung der Filme wurde die Hydrophobie der Lacke erhöht und die Benetzbarkeit von sowohl polaren (H 2 O) als auch unpolaren (CH 2 I 2 ) Lösemitteln herabgesetzt. Die berechneten Oberflächenenergien nach Gleichung 23 und 23 nahmen dementsprechend mit zunehmenden Kontaktwinkel von (41.0 ± 0.4) mjm -2 in PUL auf (34.1 ± 0.1) mjm -2 in PUL/TRGO_7.5 ab. Die abnehmende Oberflächenenergie der PU-Lacke mit zunehmendem TRGO-Gehalt äußert sich in einer abnehmenden Benetzbarkeit, d.h. die Adhäsionskraft zwischen der Filmoberfläche und den Testflüssigkeiten wird reduziert H 2 O CH 2 I Gehalt TRGO [wt.-%] Abbildung 6.8 Kontaktwinkel von Wasser und Diiodmethan der PUL/TRGO-Lacke in Abhängigkeit des TRGO-Gehalts. 170

185 6 POLYURETHAN-LACKE 6.5 Fazit In diesem Abschnitt wurden erfolgreich leitfähige Polyurethan/Graphen-Lacke via in-situ Polymerisation hergestellt. Stabile PUL/TRGO-Dispersionen wurden unter Zuhilfenahme eines Filmziehrakels auf einem Objektträger aufgezogen und für 30 min bei 130 C im Trockenschrank ausgehärtet. Es wurden homogene Filme mit Füllstoffgehalten bis zu 7.5 wt.-% und Schichtdicken zwischen 20 und 30 μm erhalten. Zu Vergleichszwecken wurden Versuchsreihen mit den kommerziell erhältlichen kohlenstoffhaltigen Nanofüllstoffen Graphit, Carbon Black (CB) und Carbon Nanotubes (CNT) durchgeführt. Aufgrund der geringen Dispersionsstabilität der Benchmarksysteme in Butylacetat wurden keine stabilen Filme erhalten. Die homogene Verteilung von TRGO und die daraus resultierende hervorragende Filmbildung der Lacke ließen sich auf die funktionellen Gruppen an der TRGO-Oberfläche zurückführen, die eine hohe Kompatibilität mit den Lackkomponenten aufwiesen. Zudem könnte eine mögliche kovalente Anbindung von TRGO an die PU-Matrix über die Reaktion der OH-Gruppen des Graphens mit den Isocyanaten für die herausragende Filmstabilität verantwortlich sein. Die PUL/Graphen-Filme zeichneten sich durch eine geringe elektrische Perkolationsschwelle bereits ab 0.5 wt.-% Füllstoffgehalt aus. Die Leitfähigkeit stieg mit zunehmendem TRGO-Gehalt exponentiell an und erreichte bei 7.5 wt.-% einen Wert von 0.1 Scm -1. Wurde die Filmdicke auf 100 μm erhöht konnte der Lack ohne zu reißen von dem Objektträger abgezogen werden, wodurch freistehende und zugleich hoch flexible PUL/TRGO-Filme zugänglich waren. SEM-Aufnahmen der PUL/TRGO-Oberflächen zeigten, dass sich die Graphene mit zunehmendem Anteil in der Lackformulierung an der Oberfläche anreicherten. Die homogene und glatte Morphologie des reinen PU-Lackes ging dabei in eine raue Struktur über. Die Änderung der Oberflächenbeschaffenheit korrelierte zum einen mit dem optischen Erscheinungsbild der Lacke. Je höher der Gehalt an TRGO in der Lackformulierung war, desto mehr Partikel lagen in der obersten Lackschicht vor, wodurch der optische Glanz verloren ging. Zum anderen konnte die zunehmende Rauigkeit und Hydrophobie der Lackoberfläche anhand der Kontaktwinkelmessungen von Wasser und Diiodmethan bestätigt werden. Mit zunehmendem TRGO-Gehalt nahmen die Kontaktwinkel zu und die daraus berechneten Oberflächenenergie der Filme ab, d.h. die Benetzbarkeit der Testflüssigkeiten wurde herabgesetzt. 171

186 7 POLYURETHAN-SCHAUMSTOFFE 7 Polyurethan/Graphen-Schaumstoffe Polyurethan-Weichschaumstoffe sind weit verbreitet und finden aufgrund ihrer vielseitigen Eigenschaften in zahlreichen Industriezweigen ein breites Anwendungsspektrum. Sie zeichnen sich aus durch ihre Härte in Kombination mit hoher Flexibilität, Dämpf- und Strapazierfähigkeit, gute thermische und akustische Isoliereigenschaften sowie einer geringen Dichte. [191] PU-Weichschaumstoffe werden insbesondere in der Möbel- und Matratzenindustrie, der Fahrzeug-, Schuh- und Textilindustrie, aber auch im Haushalt und im Bausektor eingesetzt. [ ] Die gängigste Herstellung der PU-Schäume erfolgt über die Umsetzung von Diisocyanaten mit Polyolen in Gegenwart von Wasser (s. Schema 7.1). Bei der Reaktion der Isocyanate mit Wasser bildet sich zunächst die instabile Carbamidsäure aus, die sich unter CO 2 -Abgabe zu einem Amin zersetzt, welches sofort mit einem weiteren Isocyanat zum Harnstoff weiterreagiert. [3] Das Ergebnis ist ein Blockcopolymer bestehend aus Polyurethan- und Polyharnstoff-Einheiten, das durch das entstehende Treibgas CO 2 aufgeschäumt wird. [9,10] Die Eigenschaften der PU-Schaumstoffe werden daher nicht nur von der Zellstruktur sondern auch der Phasenseperation der Polyurethan- und Polyharnstoff-Blöcke beeinflusst. [9,195] Schema 7.1 Urethan- bzw. Harnstoffbildung bei der Reaktion von Isocyanat mit Alkohol bzw. Wasser. Die Schaumentstehung ist in Schema 7.2 gezeigt und findet in den Phasen Mischen, Nukleieren, Kugelschaumbildung, Polyederschaumbildung und letztlich der Aushärtung statt. [196] Direkt nach dem Vermischen der Ausgangsstoffe erfolgt die Nukleierung, d.h. durch die Reaktion von Isocyanat mit Wasser führt die CO 2 -Freisetzung zur Bläschenbildung. Die kugelförmigen Gasbläschen wachsen zunächst durch das Eindiffundieren des Treibgases 172

187 7 POLYURETHAN-SCHAUMSTOFFE weiter an bis die Flüssigkeit so weit verbraucht ist, dass die Bläschen nur noch durch die Zellwände getrennt sind. Sobald dieses maximale Volumen erreicht ist (dichteste Kugelpackung), wandelt sich der Kugelschaum in ein System mit polyedrischen Zellen um. Über die gesamte Zeit des Blasenwachstums beeinflussen Stabilisatoren den Schaumbildungsprozess und entscheiden weitestgehend, ob der Schaumstoff offen- oder geschlossenzellig wird. Zusätzlich wird die Schaumstruktur über die Menge des Treibgases sowie durch die ansteigende Temperatur und Viskosität während des Fortschritts der Urethanreaktion gesteuert. [197] Schema 7.2 Zellwachstum bei der Entstehung von PU-Schaumstoffen. [198] Die mechanischen, thermischen sowie elektrischen Eigenschaften der PU-Schaumstoffe lassen sich durch Zugabe von Nanofüllstoffen verbessern. Zum Beispiel für die Anwendung der Schaumstoffe als Gehäuse von elektronischen Geräten ist es häufig wünschenswert, dass elektromagnetische Störungen abgehalten werden können damit die Funktion der Geräte nicht beeinträchtigt wird. Dies macht den Einsatz von leitfähigen Partikeln wie Carbon Black, Metallpartikel oder Metallfasern erforderlich. [199] Aufgrund der hohen Füllstoffanteile der genannten Füllstoffpartikel bis zu 50% stellen kohlenstoffbasierte Nanofüllstoffe mit einem hohen Aspektverhältnis wie Carbon Nanotubes oder Graphen eine attraktive Alternative dar. Neben den elektrischen Eigenschaften werden zudem die mechanische Festigkeit sowie die thermische Stabilität der PU-Schäume verbessert. [ ] Im Allgemeinen können die Nanofüllstoffe leicht in die Zellstruktur aufgenommen werden und so zu einer Matrixverstärkung führen, wodurch die Schaumstruktur wie Zellgröße oder Anzahl der Poren geringfügig beeinflusst wird. [205] 173

188 7 POLYURETHAN-SCHAUMSTOFFE In diesem Abschnitt werden Graphen-Nanocomposite auf Basis von Polyurethan- Weichschaumstoffen (PUS), die nach einem in-situ Polymerisationsverfahren hergestellt wurden, vorgestellt. Hierfür wurde TRGO in der Polyolkomponente dispergiert und maschinell mit der Isocyanatkomponente zu einem Polyurethan-Weichschaumstoff ausgehärtet. In Abhängigkeit der Füllstoffkonzentration wurde der Einfluss der Graphene auf die Zellstruktur, die Härte, die Dichte sowie die elektrischen und thermischen Eigenschaften der PU-Schaumstoffe untersucht. 7.1 Herstellung der PUS-Weichschaumstoffe Die Herstellung der PUS/TRGO-Schaumstoffe erfolgte maschinell mit einer Zwei-Komponenten Niederdruckmaschine der Firma Hilger u. Kern. Der schematische Aufbau ist in Schema 7.3 dargestellt. Als Polymermatrix wurde das Zwei-Komponenten- System RAKU-PUR der Firma Rampf verwendet, das sich aus einem Polyetherpolyol und Polydiisocyanat auf Basis von 4,4`-Diphenylmethandiisocyanat (MDI) zusammensetzt. Zusatzstoffe wie Wasser als Treibmittel, Aktivatoren und Stabilisatoren sind im Polyol enthalten. Schema 7.3 Schematischer Aufbau einer Zwei-Komponenten-Niederdruckmaschine zur Herstellung von PU-Schaumstoffen. [206] 174

189 7 POLYURETHAN-SCHAUMSTOFFE Im ersten Schritt wurde TRGO 700 in der Polyolkomponente mit Hilfe des Ultraturrax (UT) für 15 min bei U/min dispergiert. Der Füllstoffgehalt variierte zwischen 0.5 und 1.5 wt.-% bezogen auf den gesamten PU-Schaum. Höhere Füllstoffgehalte waren aufgrund der starken Viskositätszunahme der Polyolkomponente nicht möglich. Anschließend wurde die Polyol/TRGO-Dispersion in die Dosiermaschine eingebracht und mit der Diisocyanat- Komponente in einem Mischverhältnis von 2:1 in den Mischkopf gefördert und zur Reaktion gebracht. Das Reaktionsgemisch wurde in eine Gießform gespritzt und bei Raumtemperatur zu einem halbharten PU-Schaum (PUS) ausgehärtet. 7.2 Charakterisierung der PUS/Graphen-Schäume Die Charakterisierung der PUS/TRGO-Nanocomposite erfolgte mit Hilfe der Rasterelektronenmikroskopie (SEM) sowie anhand von Härte- und Dichtemessungen. Zusätzlich wurden die Schäume hinsichtlich ihrer thermischen und elektrischen Eigenschaften untersucht Morphologische Untersuchung Während der in-situ Polymerisation ist es möglich, dass die OH-Gruppen an der Oberfläche von TRGO mit den Isocyanatgruppen copolymerisieren und kovalent an die PUS-Matrix binden. Ein wichtiger Aspekt bei der Untersuchung der PUS/TRGO-Nanocomposite stellt daher die Betrachtung der Morphologie dar. Interessant ist hierbei in welcher Weise die Graphene die Zellstruktur des PU-Schaums beeinflussen. Zu diesem Zweck wurde die reine PU-Matrix PUS sowie die Graphen-haltigen PUS-Nanocomposite mit Hilfe der Rasterelektronenmikroskopie (SEM) untersucht. In Abbildung 7.1 sind die SEM-Aufnahmen von reinem PU-Schaum PUS sowie die der PUS/TRGO-Nanocomposite gezeigt. Reines PUS weist eine geschlossene Zellstruktur mit einer Porengröße zwischen 50 und 200 μm auf. Bis 1 wt.-% TRGO-Gehalt ändert sich die Porengröße kaum und es überwiegen die großen Zellen. Erst ab einem Füllstoffgehalt von 1.5 wt.-% wird die Zellstruktur der PU-Schäume beeinflusst. Abbildung 7.1 e) zeigt, dass die durchschnittliche Porengröße deutlich abgenommen hat. Es überwiegen Poren mit Durchmessern zwischen 30 und 100 μm und es sind nur noch vereinzelt größere Zellen mit Durchmessern von 200 μm zu beobachten. Die abnehmende Porengröße lässt sich auf die erhöhte Viskosität der Polyol/TRGO- Dispersionen zurückführen. [200,205] Je höher die Viskosität ist, desto weniger kann sich das 175

190 7 POLYURETHAN-SCHAUMSTOFFE Polyol bzw. das entstehende PU beim Schaumprozess ausdehnen. Wie anhand von Abbildung 7.1 f) zu sehen ist, verteilt sich TRGO homogen im PU-Schaum und ist sowohl in der Zellwand als auch zwischen benachbarten Zellen in den sogenannten Zellstegen lokalisiert. a) b) c) d) e) f) Abbildung 7.1 SEM-Aufnahmen von reinem PUS sowie der PUS/TRGO-Nanocomposite. (a) und (b) PUS; (c) PUS/TRGO_0.5, (d) PUS/TRGO_1.0, (e) und (f) PUS/TRGO_

191 Dichte [gcm -3 ] 7 POLYURETHAN-SCHAUMSTOFFE Mechanische Eigenschaften Die morphologischen Eigenschaften korrelieren sowohl mit der Dichte als auch der Härte der PUS/TRGO-Nanocomposite. Tabelle 7.1 fasst die Ergebnisse zusammen. Tabelle 7.1 Zusammensetzung und Eigenschaften der PUS/TRGO-Schaumcomposite TRGO Dichte ρ a Härte Probe [wt.-%] [gcm -3 ] Shore A Shore D PUS ± ± 0.1 PUS/TRGO_ ± ± 0.1 PUS/TRGO_ ± ± 0.2 PUS/TRGO_ ± ± 0.1 a bestimmt über Pyknometrie. Nimmt die Porengröße in der Schaumstruktur ab, so äußert sich dies in einer Zunahme der Schaumdichte (s. Abbildung 7.2). Reines PUS weist eine Dichte von 0.43 gcm -3 auf. Bis zu 1 wt.-% TRGO Gehalt steigt die Dichte des Schaumes nur geringfügig auf 0.51 gcm -3 an, da die Porengröße kaum beeinflusst wird. Wird der Füllstoffgehalt auf 1.5 wt.-% erhöht, so nimmt mit abnehmender Zellgröße die Dichte um 61% auf 0.79 gcm -3 zu. Die Dichterhöhung ergibt sich aus der erhöhten Viskosität der Polyol/TRGO-Dispersion, was eine geringere Volumenausdehnung während der Schaumentstehung zur Folge hat. [200] 1,0 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,0 0,5 1,0 1,5 TRGO-Gehalt [wt.-%] Abbildung 7.2 PUS-Dichte in Abhängigkeit des TRGO-Gehalts. 177

192 Härte 7 POLYURETHAN-SCHAUMSTOFFE Gleiches Verhalten spiegelt sich auch in der Härte nach Shore A und Shore D wider wie es anhand von Abbildung 7.3 zu sehen ist. Der reine PU-Schaum weist ein Härte nach Shore A von 28.9 ± 0.1 bzw. Shore D von 4.5 ± 0.1 auf. Bis zu 1.-wt.-% Füllstoffgehalt erhöhen sich die Werte nur geringfügig auf 35.4 ± 0.2 bzw. 5.7 ± 0.2. Dagegen wird bei PUS/TRGO_1.5 die Härte nahezu um den Faktor 2 erhöht und weist Werte nach Shore A von 51.9 ± 0.1 bzw. Shore D von 8.8 ± 0.1 auf Shore A Shore D PUS PUS/TRGO_0.5 PUS/TRGO_1.0 PUS/TRGO_1.5 Abbildung 7.3 Nanocomposite. Härte nach Shore A und Shore D für das reine PUS und die PUS/TRGO Thermische und elektrische Eigenschaften Die PUS/TRGO-Nanocomposite wurden mit Hilfe der TGA und DMA auf ihre thermischen Eigenschaften untersucht. Die Bestimmung der spezifischen Leitfähigkeit erfolgte an ausgestanzten DMA-Prüfkörpern, die mit Leitsilber an den Kanten überzogen wurden, um einen besseren Kontakt zur Elektrode zu gewährleisten. Der spezifische Widerstand wurde nach Formel 24 bestimmt, mit l der Länge zwischen den Leitsilberkontakten und A der Querschnittsfläche des Probenkörpers. Die spezifische Leitfähigkeit ergibt sich nach Formel 25 aus dem Kehrwert des spezifischen Widerstandes. In Tabelle 7.2 sind die Zersetzungs- und Glasübergangstemperaturen sowie die spezifischen Widerstände ρ spez und 178

193 7 POLYURETHAN-SCHAUMSTOFFE die daraus berechneten spezifische Leitfähigkeiten κ spez für die PUS-Nanocomposite zusammengefasst. (24) (25) TRGO beeinflusst unter N 2 -Atmosphäre die Zersetzungstemperatur der PUS-Matrix nicht. Die Onset-Temperatur liegt sowohl bei reinem PUS als auch bei den PUS/TRGO- Nanocompositen bei 240 C. Die Zersetzung verläuft in einem 2-stufigen Prozess. Ab 240 C zersetzen sich die Urethan- bzw. Harnstoff-Einheiten und ab 330 C die Etherbindungen des Polyols. [ ] Die Bestimmung des Glasübergangs der PUS-Nanocomposite erfolgte über das Peakmaximum im Verlustfaktor tan δ. Der Glasübergang liegt sowohl für PUS als auch für die PUS/TRGO-Nanocomposite zwischen -43 und -39 C. Dies deutet darauf hin, dass Graphen eine geringe Wechselwirkung mit der weichen amorphen Diolphase aufweist. [128] Die elektrische Leitfähigkeit konnte im Vergleich zu reinem PUS nur geringfügig gesteigert werden. Bei allen Nanocompositen wurden Widerstände im Gigaohm-Bereich gemessen und geringe Leitwerte zwischen und 10-9 Scm -1 erhalten. Der geringe Kontakt untereinander führt zu keiner Ausbildung eines Perkolationnetzwerkes und schließlich zu keiner deutlichen Verbesserung der elektrischen Leitfähigkeit. Tabelle 7.2 Zersetzungs- und Glasübergangstemperaturen sowie elektrische Eigenschaften der PUS/TRGO-Nanocomposite. T a b d (N 2 ) T g ρ spez κ spez Composit [ C] [ C] [Ωcm] [Scm -1 ] PUS 240 ± 5-42 ± PUS/TRGO_ ± 5-41 ± PUS/TRGO_ ± 5-43 ± PUS/TRGO_ ± 5-39 ± Bestimmt aus a TGA, Onset-Temperatur und b DMA. 179

194 7 POLYURETHAN-SCHAUMSTOFFE 7.3 Fazit In diesem Abschnitt wurden TRGO-Nanocomposite auf Basis von Polyurethan- Weichschaumstoffen mit Hilfe einer 2-Komponenten-Niederdruckmaschine hergestellt. Hierfür wurde TRGO ( wt. %) in der Polyolkomponente dispergiert und anschließend mit der Isocyanatkomponente ausgehärtet. TRGO verteilte sich homogen im PU-Schaum und hatte bis 1.0 wt.-% Füllstoffgehalt keinen Einfluss auf die Schaumstruktur. Erst ab einem TRGO-Anteil von 1.5 wt.-% nahm die Porengröße ab, was sich in einer deutlichen Zunahme der Dichte und Härte bemerkbar machte. Die abnehmende Zellgröße ließ sich auf die erhöhte Viskosität der Polyol/TRGO-Dispersion zurückführen, was eine geringere Volumenausdehnung während der Schaumentstehung zur Folge hatte. [200,205] Die thermischen Eigenschaften von PUS, wie die Zersetzungs- und Glasübergangstemperatur, wurden nicht beeinflusst. Auch die elektrische Leitfähigkeit der PUS/TRGO-Nanocomposite wurde nur geringfügig um den Faktor 10 verbessert. 180

195 8 ZUSAMMENFASSENDE DISKUSSION 8 Zusammenfassende Diskussion Neben den konventionellen kohlenstoffbasierten Nanofüllstoffen wie Carbon Black (CB) und Carbon Nanotubes (CNT) bieten Graphene als großflächige mikrometerweite und 1C-Atomdicke 2D-Kohlenstoffmakromoleküle attraktive Möglichkeiten die thermischen, mechanischen und elektrischen Eigenschaften von Polymeren zu verbessern. [133,134] Für Polyurethane stellen insbesondere funktionalisierte Graphene (FG) vielversprechende Nanofüllstoffe dar, die durch die thermische Reduktion von Graphitoxid (GO) zugänglich sind. Neben herausragenden mechanischen und elektrischen Eigenschaften zeichnen sich FG durch kantenständige polare Gruppen, vor allem in Form von Hydroxylgruppen aus. Diese ermöglichen nicht nur eine wirkungsvolle Dispersion in der polaren Polyolkomponente, sondern können zusätzlich mit den Isocyanaten reagieren und kovalente Urethanbindungen zwischen der PU-Matrix und den Graphenen bilden. In der vorliegenden Arbeit (s. Schema 8.1) wurden funktionalisierte Graphene auf Basis von thermisch reduziertem Graphitoxid (TRGO) hergestellt und als Nanofüllstoffe zur Verbesserung der mechanischen und elektrischen Eigenschaften von Polyurethan- Gießelastomeren (PU), thermoplastischen Polyurethanen (TPU), 2-Komponenten- Polyurethan-Lacken (PUL) sowie Polyurethan-Schaumstoffen (PUS) eingesetzt. Zu Vergleichszwecken wurden Nanocomposite mit den Benchmarksystemen CB und CNT hergestellt und charakterisiert. Als Ausgangsmaterial diente GO, welches durch abruptes Erhitzen zwischen 400 und 1000 C thermisch reduziert wurde. Mit zunehmender Reduktionstemperatur nahm die Anzahl der Hydroxylgruppen an der TRGO-Oberfläche stetig ab, welche über die Umsetzung mit Phenylisocyanat zu Urethanen erfolgreich quantifiziert werden konnten. Durch Alkylierung der OH-Gruppen wurden die sekundären und tertiären Alkohole in primäre reaktivere OH-Gruppen überführt. Durch Verseterung der OH-Gruppen mit Rizinusöl wurde kovalente Anbindung von Fettsäuren an TRGO ermöglicht (TRGO-Riz). Die weitere Modifizierung von TRGO mit Polypropylenoxid (TRGO-PPO) und Poly(3-Ethyl-3- Hydroxymethyloxetan) (TRGO-PEHO) über grafting-from und grafting-to ermöglichte den Zugang zu neuartigen funktionalisierten Graphenen mit einem im Vergleich zu TRGO verbesserten Dispersionsverhalten in organischen Medien. 181

196 8 ZUSAMMENFASSENDE DISKUSSION 182 Schema 8.1 Herstellung und Funktionalisierung von TRGO und dessen Einsatz als Nanofüllstoff für Polyurethane.

197 8 ZUSAMMENFASSENDE DISKUSSION 8.1 Herstellung und Charakterisierung von TRGO Zur Herstellung funktionalisierter Graphene wurde Graphitoxid (GO) als Ausgangsmaterial verwendet, welches nach der Methode von HUMMERS und OFFEMAN [82] synthetisiert wurde. Anschließend wurde GO durch abruptes Erhitzen auf Temperaturen zwischen 400 und 1000 C unter Stickstoffatmosphäre im Drehrohrofen thermisch reduziert. Unter diesen Bedingungen zersetzen sich die funktionellen Gruppen unter Abspaltung von CO und CO 2, die einen hohen Druck aufbauen und zu einer Exfolierung der GO-Schichten führen. [92] Je höher die Temperatur ist, desto mehr Sauerstofffunktionalitäten werden abgespalten und es bilden sich mehr sp 2 -Zentren aus. Das aromatische π-system vergrößert sich, wodurch die Leitfähigkeit, die spezifische Oberfläche und der E-Modul ansteigen. [69,75,93] Im Rahmen dieser Arbeit wurde der Einfluss der Reduktionstemperatur auf die chemischen und physikalischen Eigenschaften der Graphene untersucht. Im Vordergrund stand dabei die Ermittlung der Hydroxylzahl (OHZ) des TRGO. Die Kenntnis der OHZ war sowohl für die weitere Modifizierung der Hydroxylgruppen als auch für den Einsatz der Graphene als reaktiven Füllstoff für Polyurethane essentiell. Herkömmliche OHZ-Bestimmungsmethoden, wie die Titration der OH-Gruppen nach dem Pyridin-Essigsäure-Anhydrid-Verfahren [143], lieferten aufgrund der schlechten Dispergierbarkeit von TRGO in Pyridin keine reproduzierbaren Werte. In dieser Arbeit wurde daher eine Quantifizierungsmethode nach Schema 8.2 entwickelt, die über die Umsetzung von TRGO mit Phenylisocyanat zu Phenylurethan erfolgte. Schema 8.2 Quantifizierung der OH-Gruppen durch Umsetzung von TRGO mit Phenylisocyanat zu Phenylurethan (TRGO-Phi). Bei der Untersuchung der Reaktionskinetik wurde nach 3 Tagen eine vollständige Umsetzung der reaktiven OH-Gruppen beobachtet. Der Erfolg der Reaktion wurde zum einem mit Hilfe der Infrarotspektroskopie (IR) anhand der C=O-Streckschwingung (ν = 1735 cm -1 ) und C-N-H-Deformationsschwingung (ν = 1550 cm -1 ) des gebildeten Urethans bestätigt. [144,145] 183

198 8 ZUSAMMENFASSENDE DISKUSSION Zum anderen bildeten die Phenylurethan-funktionalisierten Graphene im Vergleich zu reinem TRGO stabile Dispersionen in THF und CHCl 3. Die OHZ wurde sowohl über den gemessenen Stickstoffanteil in der Elementaranalyse (EA) als auch über den thermischen Abbau des gebildeten Phenylurethans bei 210 C mittels Thermogravimetrischer Analyse (TGA) bestimmt. In Tabelle 8.1 sind die Ergebnisse der hergestellten Graphene mit unterschiedlichen Reduktionstemperaturen zusammengefasst. Tabelle 8.1 Eigenschaften von TRGO in Abhängigkeit der Reduktionstemperatur. C a H a O b OHZ c OHZ d Spez. Probe Leitfähigkeit e [%] [%] [%] [mmol/g] [mmol/g] [Scm -1 ] Spez. Oberfläche f [m 2 g -1 ] GO < < 100 [75] TRGO ± TRGO n. b. 560 TRGO ± TRGO n. b. 650 TRGO n. b. 670 TRGO n. b. 660 TRGO n. b ± a aus EA; b Differenz zu 100%; c bestimmt über N-Anteil aus EA durch Umsetzung mit Phenylisocyanat; d bestimmt über Massenanteil an Phenylisocyanat aus TGA; e berechnet über gemessenen Widerstand an gepressten Tabletten und f aus BET. Die OH-Zahlen sowie die spezifischen Leitfähigkeiten der Graphene korrelieren mit dem Sauerstoff- und Kohlenstoffgehalt wie es anhand von Abbildung 8.1 a) und b) zu erkennen ist. Je höher die Reduktionstemperatur ist, desto mehr sauerstoffhaltige funktionelle Gruppen lösen sich ab. GO weist den höchsten Sauerstoffgehalt mit einer OHZ von 2.3 mmol/g auf. Dabei handelt es sich neben sekundären, tertiären und phenolischen OH-Gruppen um Carbonsäuren, die ebenso mit den Phenylisocyanaten zu Urethanen reagieren können. Wird GO auf 400 C erhitzt, so tritt primär die Zersetzung der Epoxide, Carboxyl- und Carbonylgruppen ein. Der O-Gehalt sinkt auf Werte zwischen 17 und 20% und die OHZ auf mmol/g. Bei weiterer Temperaturerhöhung werden hauptsächlich die Alkoholgruppen abgebaut und der Wert für die OHZ nimmt bei 1000 C auf 0.5 mmol/g ab. Gleichzeitig nimmt mit zunehmender Reduktionstemperatur der Kohlenstoffgehalt von 54% bei GO auf 93% in TRGO 1000 zu. Dies macht sich in einem stetigen Anstieg der elektrischen Leitfähigkeit auf von (18.6 ± 0.9) Scm -1 in TRGO 400 auf (67.3 ± 2.3) Scm -1 bemerkbar. 184

199 OH-Zahl [mmol/g] C / O-Gehalt [%] Spez. Leitfähigkeit [Scm -1 ] C / O-Gehalt [%] 8 ZUSAMMENFASSENDE DISKUSSION a) b) 3,0 OH-Zahl C-Gehalt O-Gehalt 2,5 2,0 1,5 1,0 0,5 0, Reduktionstemperatur [ C] spez. Leitfähigkeit C-Gehalt 70 O-Gehalt Reduktionstemperatur [ C] Abbildung 8.1 (a) Hydroxylzahl und (b) spezifische Leitfähigkeit der Graphene in Abhängigkeit der Reduktionstemperatur. In Anlehnung an die Arbeiten von PRUD HOMME [94] wurde ein lineares Wachstum der spezifischen Oberfläche mit steigender Expansionstemperatur erwartet. Dies wurde analog zu den Ergebnissen von P. STEURER [93] nicht beobachtet. Zwar lag eindeutig eine Abhängigkeit der Oberfläche von der Temperatur vor, jedoch durchlief die spezifische Oberfläche ein Maximum mit Werten zwischen 600 und 670 m 2 g -1 bei 700 C. Die höchste BET-Oberfläche bei TRGO 700 bestätigte sich anhand der geringsten Schüttdichte in Abbildung 8.2. Die höhere Schüttdichte und geringere spezifische Oberfläche von TRGO 1000 lassen sich darauf zurückführen, dass sich bei der thermischen Reduktion von GO im Drehrohrofen die Übergangszone zwischen der Förderschnecke und dem temperierten Quarzrohr auf Temperaturen > 400 C aufheizt. Dadurch wird schon ein Teil des GO bei deutlich geringeren Temperaturen als 1000 C zu TRGO exfoliert. [93] TRGO 400 TRGO 700 TRGO 1000 Abbildung 8.2 Vergleich der Schüttdichten von je 50 mg TRGO 400, TRGO 700 und TRGO

200 8 ZUSAMMENFASSENDE DISKUSSION 8.2 Funktionalisierung von TRGO TRGO zeichnet sich neben hervorragenden mechanischen und elektrischen Eigenschaften durch das Vorliegen von kantenständigen Hydroxylgruppen aus, die für eine weitere Modifizierung zugänglich sind. [69,75] Ausgehend von TRGO 400 und TRGO 700 wurden verschiedene Modifizierungen durchgeführt um neuartige funktionalisierte Graphene mit einem im Vergleich zu TRGO verbessertem Dispersionsverhalten in organischen Lösemitteln zu erzeugen. Der Erfolg der durchgeführten Funktionalisierungen wurde mit Hilfe der Elementaranalyse (EA), Thermogravimetrischer Analyse (TGA), Infrarotspektroskopie (IR), anhand von Löslichkeitsversuchen in verschiedenen Lösemitteln sowie Stabilitätsmessungen mit dem Dispersionsanalysator LUMiSizer überprüft. Tabelle 8.2 fasst die Ergebnisse der durchgeführten Funktionalisierungen zusammen. Die Umsetzung von TRGO mit Phenylisocyanat zu Phenylurethan-funktionalisierten Graphenen (TRGO-Phi) wurde als Bestimmungsmethode der OHZ ausgenutzt. Die Alkylierungsreaktion mit Ethylencarbonat wurde durchgeführt, um die kantenständigen sekundären und tertiären OH-Gruppen des TRGO in primäre, reaktivere OH-Gruppen zu überführen (TRGO-EC). Durch Veresterung der OH-Gruppen von TRGO mit Rizinusöl (TRGO-Riz) wurde erstmalig die kovalente Anbindung von Fettsäuren an Graphen ermöglicht. Zwei neue Pfropfverfahren wurden für die Herstellung von Kohlenstoff/Polyetherpolyol- Hybridmakromolekülen entwickelt. Dabei stand im Vordergrund, dass neben einer verbesserten Dispergierbarkeit in organischen Lösemitteln auch eine hohe Kompatibilität mit den Polyurethan-Gießelastomeren gegeben ist. Via grafting-from erfolgte die Pfropfung von Propylenoxid (PO) über eine anionisch ringöffnende Polymerisation, bei der sowohl TRGO als auch das alkylierte TRGO (TRGO-EC) als anionische Starter verwendet wurden (TRGO-PPO bzw. TRGO-EC-PPO). Im grafting-to Verfahren wurde 3-Ethyl-3- Hydroxymethyloxetan (EHO) kationisch polymerisiert und durch Abbruchreaktionen mit den OH-Gruppen auf TRGO aufgepfropft. Es entstanden neuartige Graphene mit aufpolymerisierten baumartig hochverzweigten Polyetherpolyolen (TRGO-PEHO). 186

201 8 ZUSAMMENFASSENDE DISKUSSION Tabelle 8.2 Übersicht der durchgeführten Funktionalisierungen an TRGO. Probe Funktionalisierung Anteil Funkt. a [wt.-%] OHZ [mmol/g] Stabile Dispersion in TRGO b H 2 O (ph = 10) Stabilität d [μms -1 ] 100 (CHCl 3 ) 130 (Pyridin) TRGO-Phi CHCl 3, THF - TRGO-EC c CHCl 3 10 (CHCl 3 ) TRGO-Riz c CHCl 3 5 (CHCl 3 ) TRGO-PPO/ TRGO-EC- PPO grafting-from CHCl (CHCl 3 ) grafting-to TRGO-PEHO b EtOH, Pyridin 25 (Pyridin) TRGO-PEHO- C 1 ImOTs 40 - H 2 O (PH = 7) 10 (CHCl 3 ) a bestimmt aus TGA unter N 2 ; b Titration der OH-Gruppen durch Umsetzung mit Phenylisocyanat; c OHZ wurde mit Hilfe der OHZ des Ausgangsmaterials TRGO unter Berücksichtigung des Massenanteils der Funktionalisierung berechnet; d Durchschnittliche Sedimentationsgeschwindigkeit der Graphen-Dispersionen bestimmt mit LUMiSizer. 187

202 8 ZUSAMMENFASSENDE DISKUSSION TRGO-EC: In der Literatur [146] ist bekannt, dass Alkohole bei Temperaturen unterhalb von 170 C ringöffnend mit EC reagieren können. Zur Untersuchung dieses Sachverhaltes wurde die Reaktion mit TRGO sowohl bei 140 C als auch 180 C durchgeführt (s. Schema 8.3). Als Referenzsystem wurde Phenol, da es ebenso eine sekundäre Alkohol-Funktion besitzt, unter analogen Reaktionsbedingungen mit EC umgesetzt. Schema 8.3 Umsetzung von TRGO 400 mit Ethylencarbonat bei 140 und 180 C. Die katalytische Umsetzung von TRGO mit Ethylencarbonat (EC) bei 180 C führte ausschließlich zum Alkylierungsprodukt. Ein Hinweis auf den Erfolg der Reaktion war die neu auftretende Ether-Schwingung bei 1100 cm -1 im IR-Spektrum sowie die verbesserte Dispergierbarkeit in CHCl 3. Die Ringöffnungsreaktion unterhalb von 180 C konnte anhand von 1 H-NMR-Untersuchungen des Vergleichssystems Phenol ausgeschlossen werden. Trotz gründlicher Aufarbeitung der alkylierten Graphene lag intercaliertes EC zwischen 7 und 9 wt.-% vor, welches sowohl über den hohen Sauerstoffgehalt in den EA-Ergebnissen als auch anhand der Carbonyl-Schwingung bei 1740 cm -1 im IR-Spektrum bestätigt werden konnte. 188

203 8 ZUSAMMENFASSENDE DISKUSSION TRGO-Riz: Erstmalig wurde die Veresterung der OH-Gruppen von TRGO mit Rizinusöl (TRGO-Riz) erfolgreich durchgeführt. Der angebundene Anteil an Rizinolsäure betrug zwischen 19 und 20 wt.-%. Bezogen auf die OHZ der Graphene entsprach dies einem Funktionalisierungsgrad zwischen 59 und 64 mol%. Der Erfolg der Veresterung wurde zum einen anhand der Carbonyl-Schwingung bei 1740 cm -1 im IR-Spektrum bestätigt. Zum anderen bildet TRGO- Riz im Vergleich zu TRGO und einer 1/1-Mischung bestehend aus TRGO und Rizinusöl stabile Dispersionen in Chloroform (s. Abbildung 8.3), die zusätzlich mit dem Stabilitätsanalysator LUMiSizer überprüft wurden. Im Gegensatz zu TRGO (100 μms -1 ) sedimentiert TRGO-Riz mit einer um den Faktor 20 geringeren Sedimentationsgeschwindigkeit von 5 μms -1. Eine durchgeführte Hydrolyse in 1 M KOH- Lösung führte schließlich zu einer Abspaltung der kovalent angebundenen Rizinolsäure und setzte die Dispergierbarkeit in Chloroform wieder herab. Abbildung 8.3 links: Dispersionen von TRGO 700 sowie TRGO 700 -Riz vor und nach der Hydrolyse nach 1 h Zentrifugieren in Chloroform; rechts: Veresterung von TRGO mit Rizinusöl und Esterspaltung durch Hydrolyse. 189

204 8 ZUSAMMENFASSENDE DISKUSSION TRGO-PPO: Propylenoxid (PO) wurde via grafting-from an TRGO gepfropft. Die Pfropfung erfolgte über eine anionische ringöffnende Polymerisation, bei der sowohl TRGO als auch das alkylierte Graphen TRGO-EC als Startalkohole verwendet wurde. Die OH-Gruppen des TRGO wurden mit einer 1 M Kaliumnaphthalid-Lösung in THF deprotoniert und die Polymerisationen im Reaktor bei 120 C für 24 h durchgeführt. Der Erfolg der Polymerisation wurde anhand der IR-Spektroskopie bestätigt. Im Vergleich zu reinem TRGO sind in den Spektren von TRGO-PPO bzw. TRGO-EC-PPO die charakteristischen Banden bei 1450 und 1100 cm -1, die auf die CH 3 -CO- und C-O- Streckschwingungen von Polypropylenoxid zurückzuführen sind, neu hinzu gekommen. Zudem nehmen die Intensitäten der Banden bei 2965 und 2850 cm -1, welche von den CH 2 - und CH 3 -Schwingungen hervorgerufen werden, zu. Die gepfropfte Menge an PPO variierte in Abhängigkeit des Startalkohols zwischen 38 und 59 wt.-%, wobei unter Verwendung von TRGO-EC die höchsten Funktionalisierungsgrade erzielt wurden. Im Vergleich zu TRGO zeichnete sich TRGO-EC durch das Vorliegen primärer OH-Gruppen aus, die eine höhere Reaktivität als sekundäre und tertiäre Alkohole aufweisen. Außerdem fungiert die angebundene Alkylkette als flexibler Spacer und erhöhte die Zugänglichkeit der OH-Gruppen gegenüber der verwendeten Base. Die kovalente Anbindung von PPO an die TRGO-Oberfläche wurde zusätzlich über das Dispersionsverhalten in CHCl 3 in Abbildung 8.4 a) nachgewiesen. TRGO-PPO bzw. TRGO- EC-PPO bilden stabile Dispersionen in Chloroform, während TRGO und auch im geringen Maße TRGO-EC sich bereits nach einigen Stunden am Gefäßboden absetzen. Die Dispersionsstabilität der TRGO-Dispersionen in CHCl 3 wurde quantitativ mit Hilfe des Dispersionsanalysators LUMiSizer charakterisiert. Hierbei handelt es sich um eine analytische Zentrifuge, die das Sedimentationsverhalten der Partikel im Zentrifugalfeld beobachtet und quantifiziert. Zur Detektion der Bewegungsprozesse in der Messküvette wird die Transmission des eingestrahlten Lichts aus einer NIR-Lichtquelle orts- und zeitabhängig gemessen. Die Sedimentationsanalysen wurden in einer 2 mm Polyamid-Küvette bei einer Drehzahl von 500 rpm und bei einer Temperatur von 25 C durchgeführt. Abbildung 8.4 b) zeigt die kumulative Geschwindigkeitsverteilung und die Geschwindigkeitsverteilungsdichte der Dispersionen von TRGO, TRGO-EC und TRGO-EC-PPO in CHCl 3 in Abhängigkeit der Sedimentationsgeschwindigkeit. Die Sedimentationsgeschwindigkeit korreliert mit der Dispersionsstabilität der Graphenpartikel. Je geringer diese ist, desto stabiler ist die Dispersion. TRGO weist die 190

205 Kumulative Geschwindigkeitsvert. Q(v) Geschwindigkeitsverteilungsdichte q(lnv) 8 ZUSAMMENFASSENDE DISKUSSION höchste Sedimentationsgeschwindigkeit von 100 μms -1 auf. Wird TRGO funktionalisiert verbessert sich das Dispersionsverhalten und das Maximum der Geschwindigkeitsverteilungsdichte verschiebt sich zu einer geringeren Sedimentationsgeschwindigkeit. TRGO EC weist eine breitere Geschwindigkeitsverteilung mit einem Maximum bei 10 μms -1 auf, d.h. der Großteil der Graphenpartikel erfährt durch die Alkylierung eine zunehmende Stabilisierung. Die Pfropfung der PPO-Ketten führt schließlich zu einer weiteren Stabilisierung der Partikel in CHCl 3, die mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 3 μms -1 sedimentieren. a) b) TRGO TRGO-EC 1,0 0,8 TRGO TRGO-EC TRGO-EC-PPO 0,6 0,5 0,6 0,4 0,3 TRGO-PPO TRGO-EC-PPO 0,4 0,2 0,2 0,1 0,0 0, Sedimentationsgeschwindigkeit v [ ms -1 ] Abbildung 8.4 (a) Dispersionsverhalten von TRGO 700, TRGO-EC und den PPO-funktionalisierten Graphenen TRGO-PPO und TRGO-EC-PPO nach 24 h in CHCl 3 (5 mg/ml); (b) Kumulative Geschwindigkeitsverteilung Q(v) und Geschwindigkeitsverteilungsdichte q(lnv) in Abhängigkeit der Sedimentationsgeschwindigkeit v für 0.5%-ige Dispersionen bestehend aus TRGO, TRGO-EC und TRGO-EC-PPO in CHCl 3. TRGO-PEHO: Die kovalente Anbindung von hyperverzweigten Polyetherpolyolen an TRGO erfolgte über eine kationisch ringöffnende in-situ Polymerisation des cyclischen Ethers 3-Ethyl-3- Hydroxymethyloxetan (EHO) in Gegenwart von BF 3 OEt 2. Das Gewichtsverhältnis von EHO/TRGO variierte zwischen 10/1 und 100/1, während das Monomer/Initiator-Verhältnis EHO/BF 3 OEt 2 (10/1) konstant gehalten wurde. Mit zunehmendem EHO/TRGO-Verhältnis stieg der Gehalt an gepfropften PEHO von 41 auf 52 wt.-% und die OH-Zahl von 2.1 auf 3.6 mmol/g an. Für die OHZ bezogen auf das Ausgangsmaterial TRGO

206 Kumulative Geschwindigkeitsvert. Q(v) Geschwindigkeitsverteilungsdichte q(lnv) 8 ZUSAMMENFASSENDE DISKUSSION (OHZ = 1.3 mmol/g) ergab sich hierbei ein Wert von 8.2 mmol/g TRGO, d.h. die OH-Zahl von TRGO 400 wurde um den Faktor 6 erhöht. Der Erfolg der Reaktion wurde anhand der neu hinzu kommenden C-O-Streckschwingung bei 1100 cm -1 bestätigt, die auf die kovalent angebundenen hyperverzweigten Polyetherpolyole zurückzuführen ist. Zusätzlich bildet PEHO-funktionalisiertes TRGO über Wochen stabile Dispersionen in organisch polaren Lösemitteln wie Ethanol und Pyridin. Zum Vergleich wurde das Dispersionsverhalten von einer 1/1-Mischung bestehend aus TRGO und PEHO in Pyridin hergestellt (s. Abbildung 8.5 a)). Analog zu reinem TRGO sedimentiert das TRGO in der Mischung bereits nach 24 h an den Gefäßboden. Auch die Sedimentationsanalyse in Abbildung 8.5 b) bestätigt, dass die Dispersionsstabilität in der Reihenfolge TRGO < TRGO/PEHO (1/1) < TRGO-PEHO zunimmt. Das Maximum der Geschwindigkeitsverteilung verschiebt sich dabei von 130 μms -1 bei TRGO zu 25 μms -1 bei TRGO-PEHO. a) b) TRGO TRGO/PEHO (1:1) TRGO-PEHO 1,0 0,8 TRGO 400 TRGO 400 /PEHO 1/1 TRGO 400 -PEHO 0,6 0,5 0,6 0,4 0,3 0,4 0,2 0,2 0,1 0, Sedimentationsgeschwindigkeit v [ ms -1 ] 0,0 Abbildung 8.5 (a) Dispersionen von TRGO, einer 1/1-Mischung aus TRGO und PEHO (2000 g/mol) und TRGO-PEHO in Pyridin nach 24 h; (b) Kumulative Geschwindigkeitsverteilung Q(v) und Geschwindigkeitsverteilungsdichte q(lnv) in Abhängigkeit der Sedimentationsgeschwindigkeit v für 0.5%-ige Dispersionen bestehend aus TRGO, einer 1/1-TRGO/PEHO-Mischung und TRGO-EC-PPO in Pyridin. In Zusammenarbeit mit B. KERSCHER wurden die PEHO-funktionalisierten Graphene erfolgreich zu hyperverzweigten polyionischen Flüssigkeiten mit N-Methyl-substituierten Imidazoliumkationen und Tosylatanionen (TRGO-PEHO-C 1 ImOTs) weiter modifiziert. Es wurden auf diese Weise funktionalisierte Graphene zugänglich, die über Wochen stabile Dispersionen in Wasser (ph = 7) bildeten. 192

207 8 ZUSAMMENFASSENDE DISKUSSION 8.3 PU/TRGO-Nanocomposite durch in-situ Polymerisation Im Fokus dieser Arbeit stand die Herstellung von TRGO-Nanocompositen auf Basis von Polyurethan-Gießelastomeren über eine lösungsmittelfreie in-situ Polymerisation (s. Schema 8.4). Hierfür wurde TRGO in der Polyolkomponente dispergiert und anschließend mit dem Diisocyanat zum PU-Elastomer ausgehärtet. Das Eigenschaftsbild der PU-Gießelastomere wird im Wesentlichen über den Hartsegmentanteil, der sich aus dem Kettenverlängerer und Diisocyanat zusammensetzt, gesteuert. Da die Hydroxylgruppen an der TRGO-Oberfläche mit der Isocyanatkomponente reagieren können, wurde der Einfluss des Hartsegmentanteils auf die Dispergierung von TRGO und den daraus folgenden mechanischen, elektrischen und thermischen Eigenschaften der PU/TRGO-Nanocomposite untersucht. Auch die spezifische Oberfläche und Anzahl der Hydroxylgruppen von TRGO in Abhängigkeit der Reduktionstemperatur spielten eine Rolle bei der Herstellung der Nanocomposite. Durch Einarbeitung der modifizierten Graphene TRGO-Phi, TRGO-EC, TRGO-Riz und TRGO-PEHO wurde geprüft, inwiefern die zusätzliche Funktionalisierung die Eigenschaften beeinflusst. Zum Vergleich wurden Nanocomposite mit den Benchmarksystemen CB und CNT hergestellt und der Einfluss der Füllstoffgeometrie bzw. des Aspektverhältnisses der eingesetzten Nanofüllstoffe auf die Eigenschaften der Elastomere erforscht. Schema 8.4 Steuerung der Eigenschaften der PU/TRGO-Nanocomposite sowie Vergleich zu den PU-Nanocompositen gefüllt mit Carbon Black (CB) und Carbon Nanotubes (CNT). 193

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