Jochen Protzer, ((Jochen Protzer.jpg)) Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte e. V. (VDBW)
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- Bernt Fleischer
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1 1 Standpunkt Impfen durch Betriebsärzte Dr. med. Annegret Schoeller, ((Dr. Annegret Schoeller.jpg)) Bereichsleiterin im Dezernat V der Bundesärztekammer Jochen Protzer, ((Jochen Protzer.jpg)) Hauptgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte e. V. (VDBW) Seit Frühjahr 2008 besteht bei Betriebsärzten wie auch bei allen anderen Ärzten ab der Approbation eine umfassende Impfkompetenz. Bislang war es so, dass Ärzte nur das impfen durften, was in der Definition und in den Weiterbildungsinhalten des Gebiets bzw. des Bereichs als Impfkompetenz ausdrücklich aufgenommen war, so dass Gebietsgrenzen einzuhalten waren. 1 Impfungen sind präventivmedizinische Leistungen Impfungen gehören zu den wichtigsten und wirksamsten gesundheitlichen Präventionsmaßnahmen. Sie spielen auch für die arbeitsmedizinische Tätigkeit eine immer wichtigere Rolle. Betriebsärzte führen zu Lasten des Arbeitgebers primär solche Impfungen durch, die in Verbindung mit dem beruflichen Umfeld der Arbeitnehmer und einem dadurch bedingten erhöhten Infektionsrisiko stehen. Nach dem Weiterbildungsrecht ist der Betriebsarzt seit Jahrzehnten dazu befugt, diese betriebsbezogenen Impfungen durchzuführen. Die Impfungen werden auf Kosten der Arbeitgeber nach der Biostoffverordnung (BioStoffV) durchgeführt. Arbeits- und Betriebsmediziner haben die Kompetenz zur Durchführung von präventivmedizinischen Leistungen (vgl. (M-)Weiterbildungsordnung, 7 der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge, ArbMedVV). Seit dem besteht für alle Ärzte eine Impfkompetenz ab der Approbation. Der Vorstand der Bundesärztekammer beschloss am , dass es sich bei der umfassenden Impfleistung um eine Tätigkeit handelt, die im Rahmen der ärztlichen Ausbildung erlernt wird. Sie sei keine fachärztliche Tätigkeit, die im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung erlernt wird. Weiterhin wird die Bundesärztekammer erneut an das Bundesministerium für Gesundheit mit der Bitte herantreten, die Approbationsordnung zu ändern. Ins Studium soll ein obligater Impfkurs aufgenommen werden, um die Qualität der Ausbildung in diesem Bereich zu verbessern sowie Ärzten die Bedeutung des
2 2 Impfens bereits während des Studiums zu verdeutlichen. Dieser Beschluss hat bewirkt, dass das Impfen aus den Weiterbildungsinhalten der aktuellen Muster- Weiterbildungsordnung herausgenommen wurde, da die Ärzte mit der Approbation die Qualifikation zum Impfen erfüllen. Die Diskussionen, welche Arztgruppen welche Impfungen vornehmen dürfen, sind durch diesen Vorstandsbeschluss, wonach sich die Ärzteschaft stärker für einen Impfschutz der Bevölkerung einsetzen soll und unabhängig vom Fachgebiet jeder approbierte Arzt bereits eine umfassende Impfkompetenz hat, endlich beendet. 2 Prävention durch das SGB V gestärkt Der Präventionsgedanke wird auch nachhaltig im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) gestärkt. Seit einigen Jahren haben die Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) die Möglichkeit, im Betrieb betriebliche Gesundheitsförderung durchzuführen ( 20 a SGB V). Durch die Gesundheitsreform ist seit April 2008 das Impfen eine Pflichtleistung der GKV geworden und kann somit entsprechend ( 20 d SGB V) vergütet werden. Einzelheiten bestimmt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) in Richtlinien gem. 92 SGB V auf der Grundlage der Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) unter besonderer Berücksichtigung der Bedeutung der Schutzimpfungen für die öffentliche Gesundheit. Abweichungen von den Empfehlungen der STIKO sind besonders zu begründen. Die Schutzimpfungs-Richtlinie (SiR) des G-BA ist am in Kraft getreten. In Anlage 1 der SiR ist u. a. festgelegt, dass eine erhöhte berufliche Gefährdung durch bestimmte Infektionskrankheiten keinen Leistungsanspruch gegenüber der GKV begründet. Nach der BioStoffV bestehe dann ein spezieller Anspruch gegen den Arbeitgeber aufgrund eines erhöhten beruflichen Risikos ( 3 Arbeitsschutzgesetz). Im Zusammenhang mit der arbeitsmedizinischen Vorsorge hat der Arbeitgeber den Beschäftigten eine Impfung anzubieten und zu ermöglichen. Die Kosten sind nicht den Beschäftigten aufzuerlegen. Es bestehen jedoch Ausnahmen. So übernehmen die GKV die Kosten für Beschäftigte im Gesundheitswesen bei der Verimpfung des saisonalen Influenza- Impfstoffs (siehe SiR). Entweder wird die Impfleistung direkt mit der GKV vergütet oder der Arbeitgeber finanziert die Kosten vor. Zwar haben die niedergelassenen Ärzte Vorrang beim Schließen von Verträgen zur Vergütung der Impfleistungen, jedoch ist die Vertragsgestaltung prinzipiell auch für andere Arztgruppen geöffnet ( 132 e SGB V).
3 3 #Info Gesundheitspolitisch ist die Erhöhung der Impfraten ein wichtiges Ziel, zu dem Betriebsärzte einen wichtigen Beitrag leisten können. Allgemeine Schutzimpfungen werden bereits jetzt in vielen Betrieben gewünscht, wobei teilweise Schwierigkeiten bei der Kostenregelung mit der GKV eine höhere Impfrate bisher verhindern. Diese unbefriedigende Situation bei Schutzimpfungen über die berufliche Indikation hinaus, erfordert eine baldige konstruktive Lösung mit den gesetzlichen Krankenkassen. Der VDBW hat sich deshalb an den Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung gewand, um entsprechende Vereinbarungen möglichst bundesweit abzuschließen.# 3 Wer darf impfen? In AuA 2/09, S. 123, wurde von Eva Melina Bauer, Tübingen, das Fazit gezogen, dass sich der impfende Betriebsarzt in einer juristisch bedenklichen Lage befinde. Diese Beurteilung ist u. E. nicht haltbar. Das Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) stellt ein Rahmengesetz dar, um gesicherte arbeitsmedizinische und sicherheitstechnische Erkenntnisse zu verwirklichen. Normadressat ist der Unternehmer, dem neben seiner arbeitsrechtlichen Fürsorgepflicht auch die öffentlich-rechtlichen Arbeitsschutzpflichten obliegen. Der Aufgabenkatalog der Betriebsärzte nach 3 ASiG hat gerade keinen abschließenden Charakter, sondern das Gesetz lässt Raum für die Übertragung weiterer Aufgaben. Lediglich eine Aufgabe ist aus gutem Grund vom betriebsärztlichen Katalog ausgenommen, nämlich nach 3 Abs. 3 ASiG die Krankmeldungen der Arbeitnehmer auf ihre Berechtigung zu überprüfen. Im Übrigen befindet sich in diesem Gesetz kein Negativkatalog für den Betriebsarzt. Vielmehr ist in 9 Abs. 3 ASiG die Zustimmung des Betriebsrats u. a. für den Fall geregelt, dass Aufgaben der Betriebsärzte erweitert oder eingeschränkt werden sollen. Die Aussage, dass der Betriebsarzt eine ausschließlich beratende Funktion habe, ist nicht zutreffend. Vielmehr ist bereits in der Definition des Fachgebiets Arbeitsmedizin in der Muster-Weiterbildungsordnung die Vorbeugung, Erkennung, Behandlung und Begutachtung arbeits- und umweltbedingter Erkrankungen und die Verhütung arbeitsbedingter Gesundheitsgefährdungen enthalten. Die ärztliche Berufsausübung ist in den Heilberufe- und Kammergesetzen der Länder geregelt, und die Ärztekammern verantworten auf Grundlage dieser Gesetze die ärztliche Berufsausübung und die Weiterbildungsordnung. Die Regelung besagt, dass die Impfkompetenz der Betriebsärzte von brancheninternen Impfungen ab März
4 auf eine umfassende ab Approbation erweitert wurde. So hat ein Betriebsarzt durchaus die Kompetenz zur Indikationsstellung, um Impfungen selbst durchführen zu können. Wir können auch nicht nachvollziehen, wie die Autorin feststellen kann, dass auf europäischer Ebene der präventivmedizinisch tätige Arbeits- und Betriebsmediziner nicht bekannt sein soll, da die EU in zahlreichen Richtlinien und Grünbüchern auf diese Qualifikationen Bezug nimmt. Ein Beispiel ist das Grünbuch über Arbeitskräfte des Gesundheitswesens in Europa (KOM (2008) 725 endgültig). Des Weiteren regelt die Richtlinie 2005/36/EG über die Anerkennung von Berufsqualifikationen die migrationsfähigen Arztqualifikationen innerhalb der EU, worin selbstverständlich auch o. g. Qualifikationen Eingang gefunden haben. Der Behauptung der Autorin, zwischen dem Betriebsarzt und dem Arbeitnehmer bestehe kein Verhältnis i. S. d. hippokratischen Eids, muss energisch widersprochen werden. Der Arbeitgeber hat die Aufgabe, die Arbeitnehmer vor Schäden durch die berufliche Tätigkeit zu schützen. Dafür hat er präventivmedizinische Experten die Arbeits- oder Betriebsmediziner zu bestellen. Die Untersuchung, die Diagnosestellung, die Beratung und die Maßnahmeergreifung sind ärztlich. Das Betriebsarzt-Beschäftigten-Verhältnis unterliegt der ärztlichen Schweigepflicht. In der SiR sind u. A. die beruflichen Indikationen für Impfungen aufgeführt. In bestimmten betrieblichen Bereichen wird eine erhöhte berufliche Gefährdung unterstellt, z. B. durch Hepatitis A und B, Influenza, Masern und Meningokokken, Mumps, Pertussis u. a., so dass hieraus kein Leistungsanspruch gegenüber der GKV begründet wird. Vielmehr muss der Arbeitgeber die Impfung anbieten und die Kosten übernehmen. Auch nach einzelnen Gesetzen wie der BioStoffV besteht bei erhöhten beruflichen Risiken ein spezieller Anspruch des Beschäftigten gegen den Arbeitgeber auf ein Impfangebot. Zur Frage, wer diese Impfungen als Teil der arbeitsmedizinischen Vorsorge durchführen kann, wird auf 7 Abs. 1 Satz 1 ArbMedVV verwiesen. Danach muss der Arzt oder die Ärztin berechtigt sein, die Gebietsbezeichnung Arbeitsmedizin oder die Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin zu führen. Die Autorin argumentiert mit möglichen Impfschäden und erhöhtem Haftungsrisiken bei unbefugt tätig gewordenen Betriebsärzten. Wie bereits erläutert, sind diese nicht unbefugt tätig. Sie haben die Kompetenz zu impfen, wie alle anderen Ärzte auch. #Info
5 5 Zudem ist festzuhalten, dass Impfschäden sehr selten sind, aber vorkommen. Nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) besteht eine Meldepflicht. Im Zeitraum zwischen 1991 und 1999 gab es, nach einer Befragung der Versorgungsverwaltungen der Länder, insgesamt 389 anerkannte Impfschäden in Deutschland. In 294 a Abs. 1 Satz 1 SGB V ist die Mitteilungspflicht von Krankheitsursachen und drittverursachten Gesundheitsschäden geregelt, also die Fälle, in denen nicht die GKV, sondern ein anderer Kostenträger infrage kommt. Diese Regelung ist Folge der differenzierten Sozialversicherungssysteme und hat nichts mit der Frage zu tun, welcher Arzt eine spezielle Impfung durchführt. Abgesehen davon werden Impfschäden gemäß 60 IfSG entschädigt. Bei Behandlungsfehlern durch den Betriebsarzt greift die ärztliche Berufshaftpflichtversicherung. 4 Fazit Als Ergebnis ist festzuhalten, dass Betriebsärzte Schutzimpfungen durchführen dürfen. Dies gilt für die beruflich bedingten Infektionsrisiken ebenso wie für allgemeine Schutzimpfungen, falls der Arbeitgeber dies für die Mitarbeiter anbietet. Die Kostentragung von Impfungen sollte vorher geklärt werden. Der Arbeitgeber hat sicherzustellen, dass dem Betriebsarzt ausreichend Zeit für die Tätigkeiten nach dem ASiG eingeräumt wird; auf die Mindesteinsatzzeiten nach den berufsgenossenschaftlichen Vorgaben ist zu achten. Betriebsärzte sind in Fragen des Impfschutzes kompetente Ansprechpartner.
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