Kurzinformation über wichtige Ereignisse und Aktivitäten extremistischer Organisationen im Monat August 2007

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1 Dresden, 28. September 2007 Kurzinformation über wichtige Ereignisse und Aktivitäten extremistischer Organisationen im Monat August 2007 Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen

2 2 Inhaltsübersicht 1. Rechtsextremismus Ereignisse mit rechtsextremistischem Hintergrund Aktivitäten von Rechtsextremisten anlässlich des 20. Todestages von Rudolf Heß... 3 Kurzmeldungen Linksextremismus Ereignisse mit linksextremistischem Hintergrund Gegenaktivitäten von Linksextremisten zum Sachsentag der rechtsextremistischen Jungen Nationaldemokraten (JN) am 4. August 2007 in Dresden-Pappritz... 5 Reaktionen der autonomen Szene auf die Auseinandersetzungen am 18./19. August in Mügeln... 6 Kurzmeldungen Ausländerextremismus Islamismus/ Islamistischer Terrorismus Zur Bedrohungslage in Afghanistan... 7

3 3 1. Rechtsextremismus Ereignisse mit rechtsextremistischem Hintergrund Aktivitäten von Rechtsextremisten anlässlich des 20. Todestages von Rudolf Heß Der Todestag des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß am 17. August ist für Rechtsextremisten jährlich Anlass für öffentlichkeitswirksame Aktionen. Es zeichnet sich jedoch ab, dass der Gedenktag für die durch die Veranstaltungsverbote verunsicherte Szene an Bedeutung verliert. In diesem Jahr führten Rechtsextremisten vom 17. bis 19. August dezentrale Gedenkveranstaltungen in Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Hessen, Rheinland-Pfalz und Thüringen durch. An den Demonstrationen nahmen insgesamt etwa Personen teil. Die größte Kundgebung fand in Jena/TH mit ca. 380 Teilnehmern statt. Im Freistaat Sachsen kam es anlässlich des 20. Todestages von Rudolf Heß zu Propagandaaktionen (u. a. zum Aufhängen von Plakaten und Transparenten, Besprühen von Wänden sowie Verteilen von Papierschnipseln). Anhänger der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD), darunter ein Mitarbeiter der NPD-Landtagsfraktion, fuhren mit einem mit Werbung für Rudolf Heß beklebten LKW durch einige Bundesländer. Der LKW war am 14. August in Dresden und Leipzig unterwegs. Um die Fahrt zu dokumentieren, wurde eine eigene Internetseite eingerichtet. Ziel der Aktion war, möglichst öffentlichkeitswirksam auf den Todestag von Rudolf Heß aufmerksam zu machen.

4 4 Weiterhin sollten Gedenkveranstaltungen durchgeführt werden. Ein Rechtsextremist hatte in Zittau (Lkr. Löbau-Zittau) für den 18. August einen Gedächtnismarsch unter dem Motto: Rudolf Heß Märtyrer des Friedens, es war Mord an dir angemeldet. In Annaberg-Buchholz (Lkr. Annaberg) war ein Aufzug Rudolf Heß Unvergessen! angezeigt worden. Beide Veranstaltungen wurden verboten. Ersatzveranstaltungen fanden nicht statt. In den letzten Jahren hatten aktionsorientierte Rechtsextremisten im Freistaat Sachsen anlässlich des Todestages eine unangemeldete Demonstration durchgeführt. Eine solche spontane Veranstaltung fand in diesem Jahr nicht statt. Hintergrund: In Wunsiedel (Bayern) dem Begräbnisort von Heß waren von 2001 bis 2004 zentrale Aufmärsche der rechtsextremistischen Szene mit zuletzt etwa Teilnehmern aus dem Inund Ausland durchgeführt worden. Seit 2005 wird die Veranstaltung verboten. Die Szene weicht seitdem auf dezentrale Demonstrationen sowie auf kleinere nicht angemeldete Aufmärsche aus. Das Mobilisierungspotenzial ist jedoch deutlich zurückgegangen. Kurzmeldungen Für den 4. August 2007 hatte der sächsische Landesverband der Jungen Nationaldemokraten (JN) die Durchführung einer Veranstaltung unter dem Motto: Sachsentag: Für Arbeit, Familie, Vaterland in Dresden-Pappritz angemeldet. Zuvor hatte der sächsische Landesverband der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NPD) erklärt, dass das ursprünglich für diesen Tag geplante Pressefest des rechtsextremistischen Deutsche Stimme Verlages, an dem im vergangenen Jahr mehr als Personen teilgenommen hatten, in diesem Jahr nicht stattfinde. Bei dem von Anhängern der rechtsextremistischen Skinhead- und Kameradschaftsszene und der JN gemeinsam organisierten Sachsentag traten der NPD-Parteivorsitzende Udo VOIGT sowie dessen Stellvertreter Holger APFEL als Redner auf. Der Schwerpunkt der Versammlung lag auf Musikdarbietungen. Mehrere rechtsextremistische Bands aus Deutschland, Schweden und den USA traten auf. Mit etwa 600 Personen dürfte die Teilnehmerzahl hinter den Erwartungen der Veranstalter zurückgeblieben sein.

5 5 2. Linksextremismus Ereignisse mit linksextremistischem Hintergrund Gegenaktivitäten von Linksextremisten zum Sachsentag der rechtsextremistischen Jungen Nationaldemokraten (JN) am 4. August 2007 in Dresden-Pappritz Im Gegensatz zu vergleichbaren Anlässen bereitete sich die lokale autonome Szene erst kurzfristig auf Gegenaktivitäten vor und mobilisierte nur verhalten und lokal begrenzt. Entsprechend gering war der Mobilisierungserfolg. An einer Gegendemonstration, zu der innerhalb der Szene mobilisiert worden war, beteiligten sich nur etwa 180 Personen. Zu Störungen der JN-Veranstaltung oder Übergriffen auf ihre Besucher kam es im Gegensatz zum Pressefest des rechtsextremistischen Deutsche-Stimme-Verlags an gleicher Stelle im August des Vorjahres nicht. Veranstalter der Gegendemonstration unter dem Motto Kein JN Fest in Dresden Pappritz war eine bislang nicht in Erscheinung getretene Initiative No Nazis. Im Vorfeld waren im Internet zwei Aufrufe verbreitet worden. Ein mit antifascist cross golfers dresden united unterzeichneter Aufruf fordert Cross the Nazi s Place Dresden- Pappritz_04. August_counter activities 1 und kündigt an: Wir werden den Nazis keinen Quadratmeter Gelände widerstandslos hinterlassen! Der zweite Aufruf unter der Überschrift (K)ein Fest für Nazis erschien zuerst auf einer von Dresdner Autonomen genutzten Internetseite und mobilisierte zur Antifa Demo und zu Gegenaktivitäten. Zumindest dieser Aufruf ist der autonomen Szene zuzurechnen. Bewertung: Eigene Bewertungen durch die Szene blieben aus. Dies bestätigt ihr verhaltenes Interesse an den Gegenaktivitäten. Insbesondere der Anspruch, die rechtsextremistische Veranstaltung tatsächlich zu verhindern oder zumindest zu stören oder zu behindern, war zu keinem Zeitpunkt erkennbar. Lediglich eine Einzelperson gab in einem Teilnehmerbericht auf einem Internetportal eine Bewertung ab: Dass das Konzert verhindert werden kann, hat sicher niemand erwartet. Trotzdem war es sehr wichtig, Präsenz zu zeigen, um klar zu machen, dass solche Konzerte unerwünscht sind. Vor diesem Hintergrund sind die Initiatoren mit dem Ergebnis der Gegenaktivitäten weitgehend zufrieden. Reaktionen der autonomen Szene auf die Auseinandersetzungen am 18./19. August in Mügeln Als Reaktion auf die tätlichen Auseinandersetzungen am 18./19. August demonstrierten am 21. August Polizeiangaben zufolge ca. 200 Personen friedlich, aber zum Teil vermummt gegen rechte Gewalt und Ausländerhass in Mügeln 2. Anders als bei Szeneaktivitäten in jüngster Vergangenheit gelang es relativ schnell, eine große Anzahl von Szeneangehörigen und -sympathisanten zu mobilisieren. Die Initiatoren sind in der sächsischen autonomen Szene zu suchen. 1 Überquert den Nazi-Platz Dresden-Pappritz 04. August Gegenaktivitäten. 2 Während eines Stadtfestes in Mügeln war es zu tätlichen Auseinandersetzungen zwischen Deutschen und acht Personen indischer Nationalität gekommen.

6 6 Im Internet wurde im Nachgang eine Stellungnahme veröffentlicht, in der Antifaschisten die enorme Teilnehmerzahl als Erfolg bewerten. Auf einer von Dresdner Autonomen genutzten Internetseite wird eine Teilnehmerzahl von 250 Personen genannt. In einem für die Stadt Mügeln erstellten Flyer mit der Überschrift Das Problem heißt Rassismus werden die Geschehnisse vom Wochenende aus Sicht der Verfasser dargestellt und Mügeln als braunes Herz zwischen Wurzen und Mittweida bezeichnet. Als Verfasser weist der Flyer auf Sächsische Antifagruppen hin. In einem von Linksextremisten genutzten Internetportal wurden zu dieser Thematik Äußerungen veröffentlicht, die auf eine sogenannte antideutsche 3 Urheberschaft hinweisen. So werde... der gesamte Deutsche Mob in die Hölle gejagt, soweit die deutschen Behörden den gefangenen Inder nicht freilassen. Der Beitrag wurde mit Bomber Harris We do it again unterzeichnet. Bewertung: Im sachsenweiten Vergleich spielte der Landkreis Torgau-Oschatz hinsichtlich linksextremistischer Aktivitäten bisher keine Rolle. Das hohe Medieninteresse an der Stadt Mügeln wurde von den Demonstrationsveranstaltern genutzt, um für die autonome Szene typische Themenfelder, wie Antifaschismus, Rassismus, rechte Gefahr und Solidarisierung mit den Betroffenen öffentlichkeitswirksam darzustellen. Das Aktionsniveau zeigt, dass die Initiatoren der sächsischen autonomen Szene durchaus in der Lage sind, relativ kurzfristig auf Ereignisse zu reagieren und ein entsprechendes Potenzial zu aktivieren. Die Koordinierung und logistische Unterstützung der konzertierten Aktion in Mügeln dürfte in den Händen von auswärtigen "demonstrationserfahrenen" Autonomen gelegen haben. Trotz der klandestin praktizierten Mobilisierung, die nur einen beschränkten Personenkreis erreichte, nahm eine große Personenzahl an der Demonstration teil. Kurzmeldungen Beteiligung sächsischer Linksextremisten an einer Gegendemonstration anlässlich des 20. Todestags von Rudolf Heß in Jena/TH Unter dem von einer Thüringer Einzelperson angemeldeten Demonstration unter dem Motto: Gegen alte und neue Nazis - Täter sind keine Opfer demonstrierten am 18. August auch sächsische Linksextremisten in Jena. Im Anschluss an die Gegenveranstaltung versuchten Teilnehmer durch Sitzblockaden und Steinwürfe die Kundgebung von Rechtsextremisten zu stören. Insgesamt erteilte die Polizei 53 Gegendemonstranten Platzverweise und führte 30 freiheitsentziehende Maßnahmen durch. 3 Antideutsche Strukturen bilden eine Besonderheit innerhalb der linksextremistischen Szene. Ausgehend von der Vorstellung, der deutsche Staat strebe die Errichtung eines Vierten Reiches sowie eine neuerliche Dominanz über Europa an, fordern deren Anhänger die Auflösung der nationalstaatlichen Identität. Antideutsche sprechen sich daneben - in Befürchtung eines neuerlichen, von Deutschland ausgehenden Holocaust- für eine massive Unterstützung Israels und daraus resultierend auch der USA, als mutmaßlicher Unterstützer des Staates Israel, aus. Im linksextremistischen Umfeld treten Antideutsche verstärkt durch Antisemitismusvorwürfe gegen konkurrierende linksextremistische Gruppierungen hervor.

7 7 3. Ausländerextremismus Islamismus/ Islamistischer Terrorismus Zur Bedrohungslage in Afghanistan Am 15. August 2007 wurden erstmals deutsche Polizisten in Afghanistan Opfer eines Anschlages. Zwei Beamte des Bundeskriminalamtes und ein Mitglied der Bundespolizei, die für den Schutz der Botschaft zuständig waren, starben, als ihr Fahrzeug auf einen Sprengsatz fuhr. Die Bundesanwaltschaft nahm Ermittlungen wegen Mordes und Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung auf. Bislang kamen 25 Bundeswehrsoldaten in Afghanistan ums Leben. Am 18. August 2007 wurde die 31-jährige Büroleiterin der christlichen Hilfsorganisation Ora International aus einem Schnellrestaurant in Kabul entführt. Am Abend des 19. August 2007 gelang der afghanischen Polizei die Befreiung der Deutschen. Stunden vor ihrer Befreiung hatte ein privater afghanischer Fernsehsender ein Video mit der Entführten ausgestrahlt. Der seit Mitte Juli entführte deutsche Bauingenieur befindet sich weiterhin in der Hand seiner Entführer. Im Fall der entführten Südkoreaner haben am 30. August 2007 sechs Wochen nach Beginn der Geiselnahme in Afghanistan die radikal-islamischen Taliban die letzten sieben Mitglieder einer südkoreanischen christlichen Kirchengruppe freigelassen. Bereits am 22. August waren zwölf der zu dem Zeitpunkt noch verschleppten 19 südkoreanischen Geiseln aus der Gewalt ihrer Entführer entlassen worden.