Botschafter Dr. Hanns Schumacher. anlässlich des Treffens des Regionalrats Südwestfinnland in Turku. am 9. Mai 2007 (Europatag)
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- Karsten Solberg
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1 Botschafter Dr. Hanns Schumacher anlässlich des Treffens des Regionalrats Südwestfinnland in Turku am 9. Mai 2007 (Europatag)
2 2 Anrede, Vor einigen Wochen in Warschau hat Bundeskanzlerin Merkel die heutigen Dimensionen der Europäischen Union atemberaubend und faszinierend genannt. Europa ist unsere gemeinsame Zukunft so steht es in der Berliner Erklärung, die am 50. Jahrestag der Unterzeichnung der Römischen Verträge verabschiedet wurde. Die Europäische Union hat unserem Kontinent in nie da gewesener Weise Frieden und Wohlstand gebracht. Freiheit und Demokratie, die Überwindung der Teilung des Kontinents, einen gemeinsamen Binnenmarkt mit einer halben Milliarde Menschen, Reisefreiheit, eine gemeinsame Währung. Es sind heute nicht mehr wegzudenkende Errungenschaften der europäischen Einigung, die den Bürgerinnen und Bürgern ganz konkrete Vorteile gebracht haben. Der 50te Jahrestag der Römischen Verträge war mit Recht ein Anlass, die einzigartige Erfolgsgeschichte der Europäischen Union zu feiern. Und dennoch: Trotz dieser Erfolgsgeschichte stehen viele Bürgerinnen und Bürger der EU skeptisch, oft sogar ablehnend gegenüber. Das gilt auch leider für Finnland. Warum? Ich kann mir diese Frage nicht beantworten. Finnland hat nach seinem EU-Beitritt 1995 vom Integrationsprozess eindeutig profitiert, mit großen Vorteilen. Der Rückblick auf das halbe Jahrhundert seit Unterzeichnung der Römischen Verträge genügt daher nicht. Wir müssen heute nachweisen, dass die EU den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gewachsen ist. Es gibt nämlich keine politisch vernünftige Alternative.
3 3 Energiesicherheit und Klimawandel, Innovation und Wachstum, Kampf gegen Terrorismus und die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen, globaler wirtschaftlicher Wettbewerb sind Herausforderungen, die wir nur über die Union meistern können, weil wir Europäer nur gemeinsam das Gewicht haben, um unserer Stimme in der Welt Gehör zu verschaffen. Ich bin überzeugt, dass wir die Bürgerinnen und Bürger Europas wieder für den Integrationsprozess gewinnen können, wenn wir ihnen verdeutlichen, dass wir die internationalen Herausforderungen nur gemeinsam bewältigen können. Energiepolitik ist eine dieser Herausforderungen. In den Bereichen Erneuerbare Energie, Energieeffizienz, Energiesicherheit müssen, bei Wahrung nationaler Zuständigkeiten, gemeinschaftliche und einzelstaatliche Mittel und Fähigkeiten besser aufeinander abgestimmt und miteinander koordiniert werden. Der beim Europäischen Rat am 8. und 9. März beschlossene Aktionsplan schafft die Voraussetzungen für eine sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung. Dieses ganz konkrete Ergebnis des Europäischen Rat hat gezeigt, dass die EU erfolgreiche Politik gestalten kann und das in einem Bereich, der den Menschen in allen Mitgliedstaaten der EU wichtig ist. Natürlich müssen nationale Besonderheiten berücksichtigt werden. Aber es gibt auch eine gemeinsame Verantwortung. Merkwürdig ist, dass es nur wenig Politiker gibt, die sich deutlich dazu bekennen. Meine Damen und Herren,
4 4 Wir brauchen mehr greifbare und pragmatische Ergebnisse in Politikbereichen, die uns in der Europäischen Union alle angehen. Dazu gehört mit Sicherheit der weitere Ausbau der gemeinsamen europäischen Außen- und Sicherheitspolitik. Konflikte machen nicht vor den Grenzen Europas Halt. Die meisten Flüchtlinge aus dem Irak sind in Ihrem Nachbarland, in Schweden. Darüber hinaus ist die EU aufgrund ihrer Größe und wirtschaftlichen Potenz zwangsläufig ein globaler Akteur. Wir können nicht Handel treiben und Profite erzielen wollen, gleichzeitig aber unsere Augen vor einer fragiler werdenden Weltordnung verschließen. Wenn wir nicht maßgeblich beitragen, internationale Probleme zu lösen, werden diese Probleme bald vor unserer Haustür stehen. Wir können uns nicht auf eine europäische Insel zurückziehen. Goethe gilt nicht mehr: Was kümmerts uns, wenn hinten, fern in der Türkei, die Völker aufeinanderschlagen (ein Zitat aus dem Osterspaziergang ). Wenn europäische, darunter finnische und deutsche Truppen, im Kongo stehen, auf dem Balkan, in Afghanistan, schützen sie die Intaktheit und Sicherheit unseres Wirtschafts- und Lebensraumes, d.h. konkret, auch der Menschen in Mecklenburg-Vorpommern oder Südwestfinnland. Ich sollte vielleicht daran erinnern, dass heute, während wir den Europatag feiern, die deutsch-holländisch-finnische europäische Battle Group in Bereitschaft steht. Herr Minister, meine Damen und Herren,
5 5 die Menschen möchten sehen, welche Vorteile sie von der Integration im täglichen Leben haben. Die Zusammenarbeit in der Europäischen Union ist geprägt durch die Gleichheit der Rechte und Pflichten ihrer Mitgliedstaaten, durch das Grundprinzip der Transparenz und durch das Prinzip der Subsidiarität. Verkürzt gesagt heißt Subsidiarität, dass Entscheidungen auf einer möglichst bürgernahen Ebene zu treffen sind. Denn: Europäische Integration wird nicht nur in den Hauptstädten oder gar im Brüsseler Ratsgebäude gemacht. Nicht allein Verträge, feierliche Zeremonien und Staatsbesuche begründen Europa. Es ist auch das Engagement der europäischen Kommunen und Regionen, das Europa näher zusammenbringt. Vergessen wir nicht, dass auch heute noch grenzüberschreitende Städtepartnerschaften der Rahmen sind, in dem viele Menschen zum ersten Mal in Kontakt mit dem übrigen Europa treten (und als deutscher Botschafter freue ich mich, wenn ich sehe, dass die Zahl der deutsch-finnischen Städtepartnerschaften weiter wächst, zuletzt zwischen Salo und Puchheim). Im institutionellen Gefüge der Europäischen Union ist der Ausschuss der Regionen unverzichtbar, um Entscheidungen möglichst bürgernah treffen und umsetzen zu können. Die Stellungnahmen des Ausschusses der Regionen geben Brüsseler und Straßburger Gremien und nicht nur diesen wichtige Orientierungen für ihre Arbeit.
6 6 Die europäischen Regionen und Gebietskörperschaften arbeiten längst schon grenzüberschreitend zusammen. Sie koordinieren Infrastrukturprojekte, Technologie- und Innovationspolitik und erarbeiten gemeinsame Konzepte zur regionalen Entwicklung. In einem ganz elementaren Sinn schaffen sie damit Solidarität und Sicherheit über Europa hinaus. Deshalb, aber nicht nur deshalb, ist die deutsche EU-Ratspräsidentschaft dem Prinzip der Subsidiarität, der Stärkung von kommunaler und regionaler Ebene, so wie sie im EU-Verfassungsvertrag vorgesehen ist, verpflichtet. Der AdR hat stets eine positive Haltung zum Reformprozess der EU und zum Verfassungsvertrag eingenommen. Der Verfassungsvertrag würde nicht nur die Handlungsfähigkeit der erweiterten EU stärken, er würde die EU auch demokratischer und transparenter machen. Aus diesen Gründen wollen wir die politische Substanz der Verfassung erhalten. Die Berliner Erklärung war hier ein Etappensieg. Die Aufgabe der deutschen Präsidentschaft ist allerdings alles andere als einfach. Als Präsidentschaft befinden wir uns in einer Mittlerrolle. Für eine Einigung ist Kompromissbereitschaft auf allen Seiten notwendig. Für den Juni-ER streben wir einen Beschluss des Europäischen Rates an, den Reform- und Erneuerungsprozess der EU fortzuführen und hierfür einen Zeitplan, das Verfahren und die inhaltliche Ausrichtung festzulegen.
7 7 Anrede, Lassen Sie uns heute, am Europatag, das in den Vordergrund stellen, was uns gemeinsam verbindet. Vom Europatag soll die klare Botschaft ausgehen, dass wir die vor uns liegenden Aufgaben gemeinsam anpacken und lösen wollen. Gerade Deutsche und Finnen sind in der EU Partner, die sich aufeinander verlassen können. Wir haben allen Grund zu Zuversicht. Gemeinsam sind wir Europäer in der Lage, unsere Zukunft selbst in die Hand zu nehmen und aktiv zu gestalten. Hierfür brauchen wir die Mithilfe der Regionen und Kommunen zum Wohle der Menschen in Europa. Vielen Dank
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