Aktuelle Entwicklungen im Abstammungsrecht. von Prof. Dr. Tobias Helms, Marburg
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- Pamela Salzmann
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1 Aktuelle Entwicklungen im Abstammungsrecht von Prof. Dr. Tobias Helms, Marburg
2 Gliederung Thema 1: Divergierende Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zum internationalen Abstammungsrecht (Art. 19 EGBGB) Thema 2: Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung bei heterologer Verwendung von Samen vom
3 Problemstellung OLG Karlsruhe vom (StAZ 2015, 182): Eine polnische Staatsangehörige brachte im Dezember 2013 ein Kind zur Welt. Im Zeitpunkt der Geburt war ihre Ehe mit einem polnischen Staatsangehörigen (von dem sie seit ca. 9 Jahren getrennt lebte) seit 3 Monaten rechtskräftig geschieden. Ihr deutscher Freund (mit dem sie seit ca. 3 Jahren zusammenlebt) erkennt im Januar 2014 die Vaterschaft an. Im Februar 2014 wird die Geburt im Geburtenregister beurkundet
4 Anknüpfungsalternativen Art. 19 Abs. 1 EGBGB Abstammung Satz 1: Die Abstammung eines Kindes unterliegt dem Recht des Staates, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Satz 2: Sie kann im Verhältnis zu jedem Elternteil auch nach dem Recht des Staates bestimmt werden, dem dieser Elternteil angehört. Satz 3:
5 Widersprüchliche Anknüpfungsergebnisse Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB gewöhnlicher Aufenthalt des Kindes deutsches Recht 1592 Nr. 1 BGB setzt bestehende Ehe voraus Weg frei für Anerkennung nach 1592 Nr. 2 BGB Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EGBGB Staatsangeho rigkeit des betreffenden Elternteils Vaterschaft des (Ex-)Ehemannes nach polnischem Recht Art Satz 1 poln. FamVGB: Zuordnung zum (Ex-)Ehemann auch noch während 300 Tagen nach Beendigung der Ehe keine Anerkennung möglich
6 Auflösung widersprüchlicher Anknüpfungsergebnisse Günstigkeitsprinzip Prioritätsprinzip Wahrscheinlichere Vaterschaft
7 Auflösung widersprüchlicher Anknüpfungsergebnisse OLG Karlsruhe vom (StAZ 2015, 182) Führen mehrere nach Art. 19 Abs. 1 EGBGB mögliche Abstammungsstatute zu unterschiedlichen Ergebnissen, entscheidet das Günstigkeitsprinzip. Bei dessen Anwendung ist auf den Zeitpunkt der Eintragung in das Geburtenregister abzustellen. Bei der Eintragung in das Geburtenregister ist einer wirksamen Vaterschaftsanerkennung der Vorrang vor einer nach ausländischem Recht bestehenden Vaterschaft des geschiedenen Ehemanns einzuräumen. Entscheidung mangels Einlegung der zugelassenen Rechtsbeschwerde: rechtskräftig
8 Auflösung widersprüchlicher Anknüpfungsergebnisse OLG Nürnberg vom (StAZ 2016, 117) Bei der Frage ob die unterschiedlichen Abstammungsstatute des Art. 19 Abs. 1 EGBGB zu unterschiedlichen Ergebnissen führen, ist auf den Zeitpunkt der Geburt und nicht der Eintragung in das Geburtenregister abzustellen. Daher besitzt eine nach ausländischem Recht bestehende Vaterschaft des geschiedenen Ehemanns Vorrang vor einer erst nach der Geburt nach deutschem Aufenthaltsrecht abgegebenen Vaterschaftsanerkennung. Entscheidung mangels Einlegung der zugelassenen Rechtsbeschwerde: rechtskräftig
9 Auflösung widersprüchlicher Anknüpfungsergebnisse Abstellen auf Zeitpunkt der Eintragung im Geburtenregister wahrscheinlichere Vaterschaft des Anerkennenden OLG Karlsruhe vom (StAZ 2015, 182) rechtskräftig OLG München vom (StAZ 2016, 344) nicht rechtskräftig Abstellen auf Zeitpunkt der Geburt Priorita tsprinzip fu hrt zu Vaterschaft des (Ex-)Ehemannes OLG Nürnberg vom (StAZ 2016, 117) rechtskräftig KG Berlin vom (StAZ 2016, 209) nicht rechtskräftig Zusammenfassende Literatur: Frie, StAZ 2017, 103ff.; Dutta, StAZ 2016, 200ff.
10 Auflösung widersprüchlicher Anknüpfungsergebnisse Folgt man der 2. Ansicht, die zur Vaterschaft des polnischen (Ex-)Ehemannes führt: Erleichterte Zuordnungskorrektur durch Dreiererklärung?
11 Auflösung widersprüchlicher Anknüpfungsergebnisse 1599 Abs. 2 BGB (sog. Dreiererklärung) (2) 1592 Nr. 1 [gilt] nicht, wenn das Kind nach Anhängigkeit eines Scheidungsantrags geboren wird und ein Dritter spätestens bis zum Ablauf eines Jahres nach Rechtskraft des dem Scheidungsantrag stattgebenden Beschlusses die Vaterschaft anerkennt Neben den nach den 1595 und 1596 notwendigen Erklärungen bedarf die Anerkennung der Zustimmung des Mannes, der im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist
12 Auflösung widersprüchlicher Anknüpfungsergebnisse Problem: Die Vaterschaft des polnischen (Ex- )Ehemannes ergibt sich aus dem polnischen Recht kann diese Vaterschaft unter Anwendung deutschen Rechts mit Hilfe einer Dreiererklärung beseitigt werden?
13 Auflösung widersprüchlicher Anknüpfungsergebnisse Art. 20 (Anfechtung der Abstammung) Die Abstammung kann nach jedem Recht angefochten werden, aus dem sich ihre Voraussetzungen ergeben. Das Kind kann die Abstammung in jedem Fall nach dem Recht des Staates anfechten, in dem es seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
14 Gliederung Thema 1: Divergierende Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zum internationalen Abstammungsrecht (Art. 19 EGBGB) Thema 2: Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Rechts auf Kenntnis der Abstammung bei heterologer Verwendung von Samen vom
15 Samenspende Offizielle Samenspenden (unter Verwendung von Samen aus Samenbanken): bislang ca Kinder insgesamt gegenwärtig pro Jahr weitere ca Kinder
16 Samenspende Gesetzentwurf zur Einführung eines Samenspenderregisters: Einführung eines zentralen Samenspenderregisters (Deutsches Institut für Medizinische Dokumentation und Information) 110 Jahre Aufbewahrung Kind hat ab Vollendung des 16. Lebensjahres eigenes Einsichtsrecht zuvor schon die gesetzlichen Vertreter
17 Samenspende Diskussionspunkt (1) Aufklärung von Spenderkindern durch ihre Eltern bislang (sehr) selten Hinweis auf Eigenschaft als Spenderkind in Geburtenregister?
18 Samenspende Diskussionspunkt (2) Rechtsstellung des Samenspenders
19 Samenspende Abstammungsrechtliche Zuordnung Beispielsfall: F und M sind verheiratet und bringen nach Durchführung einer Samenspende ein Kind zur Welt M als Ehemann der Mutter Vater gem Nr. 1 BGB Anfechtbarkeit der Vaterschaft gem Abs. 1 BGB?
20 Vaterschaftsanfechtung bei Samenspende 1600 BGB Anfechtungsberechtigte (1) Berechtigt, die Vaterschaft anzufechten, sind: 1. der rechtliche Vater die Mutter und 4. das Kind
21 Vaterschaftsanfechtung bei Samenspende 1600 BGB Anfechtungsberechtigte (5) Ist das Kind mit Einwilligung des Mannes und der Mutter durch künstliche Befruchtung mittels Samenspende eines Dritten gezeugt worden, so ist die Anfechtung der Vaterschaft durch den Mann oder die Mutter ausgeschlossen. Anfechtungsrecht des Kindes bleibt bestehen! Eröffnet den Weg zur Vaterschaftsfeststellung des Samenspenders!
22 Freistellung des Samenspenders Entwurf zur Einführung eines Samenspenderregisters (Feb. 2017): Ist das Kind durch ärztlich unterstützte künstliche Befruchtung in einer Einrichtung der medizinischen Versorgung [..] unter heterologer Verwendung von Samen gezeugt worden, der vom Spender einer Entnahmeeinrichtung [ ] zur Verfügung gestellt wurde, so kann der Samenspender nicht als Vater des Kindes festgestellt werden.
23 Freistellung des Samenspenders Interesse des Samenspenders an Freistellung (+) Interesse des Kindes an Freistellung des Samenspenders? Teil eines Gesamtkonzepts: Kind soll nicht Samenspender, sondern zweitem sozialen Elternteil rechtlich zugeordnet werden
24 Samenspende bei alleinstehenden Frauen? Problemstellung Bislang kann ein Kind zur Not stets Samenspender als rechtlichen Vater feststellen In Zukunft soll Vaterschaftsfeststellung des Samenspenders ausgeschlossen sein führt eine alleinstehende Frau eine Samenspende durch, kommt ein Kind zur Welt, das rechtlich nur einen Elternteil hat
25 Freistellung des Samenspenders Stand der Diskussion Freistellung des Samenspenders umstritten, weil dadurch Samenspende für alleinstehende Frauen erleichtert wird Einwände: Ausweichen ins Ausland (dort oft anonym) Ausweichen auf private Samenspenden aus Internet Wenn Politik Vorbehalte gegenüber Samenspende für alleinstehende Frauen hat Verbot aussprechen und nicht (alle) Samenspender in Haftung nehmen
26 Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
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