EGBGB Art. 15; GBO 33 Kasachstan: Ehegüterrecht, Erwerb einer Immobilie in Deutschland zu Alleineigentum eines kasachischen Ehegatten. I.
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1 DNotI Deutsches Notarinstitut Fax - Abfrage Gutachten des Deutschen Notarinstituts Dokumentnummer: 14301# letzte Aktualisierung: 15. Januar 2008 EGBGB Art. 15; GBO 33 Kasachstan: Ehegüterrecht, Erwerb einer Immobilie in Deutschland zu Alleineigentum eines kasachischen Ehegatten I. Sachverhalt Zwei Ehegatten sind Staatsangehörige von Kasachstan. Sie haben vor zehn Jahren die Ehe geschlossen und hatten damals beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Kasachstan. Seit mehreren Jahren leben sie beide in Deutschland und haben hier ihren gewöhnlichen Aufenthalt. Im Jahr 2007 erwarb die Ehefrau ein Hausgrundsstück zu Alleineigentum und wurde auch als Alleineigentümerin im Grundbuch eingetragen. Der Ehemann hat erhebliche Verbindlichkeiten. Die Ehegatten wünschen, dass nicht wegen Verbindlichkeiten des Ehemannes Gläubiger Zugriff auf die Immobilie nehmen können. Sie sind sich unsicher, ob der Ehemann nicht möglicherweise aufgrund der Errungenschaftsgemeinschaft kasachischen Rechts Miteigentümer ist. II. Fragen 1. Hat der Ehemann in irgendeiner Rechtsform (Mit-)Eigentum am Hausgrundstück erworben, beispielsweise in der Form eines Anteiles an einer Errungenschaftsgemeinschaft nach dem Recht Kasachstans? 2. Für den Fall, dass der Ehemann in irgendeiner Rechtsform Miteigentümer des Anwesens geworden ist: Wie kann erreicht werden, dass die Ehefrau Alleineigentümerin wird? Ist hierzu eine Auseinandersetzung der Errungenschaftsgemeinschaft nach kasachischem Recht notwendig? Wenn ja, wie erfolgt diese? Deutsches Notarinstitut Gerberstraße Würzburg Telefon (0931) Fax (0931) dnoti@dnoti.de internet: user/mr/pool/gutachten/14301.doc
2 Seite 2 3. Die Ehegatten beabsichtigen, durch Ehevertrag für die güterrechtlichen Wirkungen ihrer Ehe das deutsche Recht zu wählen. Grundsätzlich soll es sodann beim gesetzlichen Güterstand der Zugewinnsgemeinschaft verbleiben. Für den Fall, dass eine solche Rechtswahl beurkundet wird: Welche Auswirkungen hat dies auf die Eigentumszuordnung? Ab welchem Zeitpunkt treten dies Auswirkungen ein? III. Zur Rechtslage 1. Güterstatut a) Art. 15 EGBGB Gem. Art. 15 Abs. 1 EGBGB bestimmt sich das Güterstatut nach den allgemeinen Ehewirkungen gem. Art. 14 EGBGB im Zeitpunkt der Eheschließung. Für die allgemeinen Ehewirkungen gilt gem. Art. 14 Abs. 1 Nr.1 EGBGB das Recht des Staates, dem beide Ehegatten angehören. Die Ehegatten sind hier beide kasachische Staatsangehörige. Für das Güterrecht wird also ebenfalls auf kasachisches Recht verwiesen. b) Kasachisches IPR Diese Verweisung umfasst gem. Art. 4 Abs.1 S.1 EGBG auch das kasachische Kollisionsrecht. Art. 205 kasachisches FamG verweist für die Anknüpfung des ehelichen Güterrechts auf das Recht des Staates, in dem die Ehegatten ihren gemeinsamen Wohnsitz haben. Art. 205 FamG (Persönliche immaterielle und materielle Rechte und Pflichten von Ehepartnern) Die persönlichen immateriellen und die materiellen Rechte und Pflichten von Ehepartnern werden durch die Gesetzgebung des Staates auf dessen Territorium sie ihren gemeinsamen Wohnsitz haben, und wenn ein gemeinsamer Wohnsitz fehlt durch die Gesetzgebung des Staates, in dem sie ihren letzten gemeinsamen Wohnsitz hatten festgelegt. ( ) (Bergmann/Ferid-Weishaupt, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Loseblatt, Länderteil Kasachstan, Stand: , S.105) Der Wohnsitz im kasachischen Recht ist gem. Art. 163 kasachisches ZGB der Ort, an dem die betreffende Person ständig lebt (Bergmann/Ferid-Weishaupt, S. 26). Die Ehegatten haben ihren ständigen Wohnsitz seit mehreren Jahren Deutschland.
3 Seite 3 Das kasachische Recht verweist daher für den Güterstand der Ehegatten zurück auf das deutsche Recht. Gem. Art. 4 Abs. 1 S. 2 EGBGB ist im Falle einer solchen Rückverweisung das deutsche Sachrecht anwendbar. c) Güterstand von Spätaussiedlern Auf die Ehegatten könnte aber auch das Gesetz über den ehelichen Güterstand von Vertriebenen und Flüchtlingen (VFGüterstandsG) anwendbar sein, wenn die Ehegatten Spätaussiedler gem. 4 BVFG sind. Unter den Voraussetzungen von 3 VFGüterstandsG (in entsprechender Anwendung) wäre dann deutsches Güterrecht anwendbar. Da bereits nach der kollisionsrechtlichen Anknüpfung deutsches Recht anwendbar ist, kommt es auf die Geltung deutschen Rechtes gem. 3 VFGüterstandsG nicht mehr an. Das Gesetz ist nämlich gem. 1 Abs.1 S.1 VFGüterstandsG nur anwendbar, wenn für den gesetzlichen Güterstand der Ehegatten ausländisches Recht gilt. Da das kasachische Recht auf das deutsche Recht zurückverweist, kann die Überleitung nach dem VFGüterstandsG unterbleiben (MünchKomm-BGB/Siehr, BGB-Kommentar, 4. Aufl. 2006, Anh. zu Art. 16 EGBGB, Rn. 15 und 17). So kann insbesondere die Frage offen bleiben, ob dieses Gesetz auf Spätaussiedler anwendbar ist. 2. Rechtslage nach deutschem Recht Der Güterstand der Ehegatten bestimmt sich nach 1363 ff. BGB. Die Ehegatten haben keine Ehevertrag geschlossen. Für sie gilt der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft gem Abs. 1 BGB. Gem Abs. 2 S. 1 BGB sind die Vermögensmassen der Ehegatten getrennt. Auch während der Ehe von einem Ehegatten erworbene Gegenstände werden nicht gemeinsames Eigentum der Ehegatten, sondern stehen allein im Eigentum desjenigen Ehegatten, der sie erworben hat. Das Hausgrundstück, das 2007 allein von der Ehefrau erworben wurde, steht daher in ihrem Alleineigentum. Der Ehemann hat kein Miteigentum. Es muss also keine Auseinandersetzung erfolgen, um Alleineigentum der Ehefrau herzustellen. Die Gläubiger des Ehemannes können grundsätzlich nur in das Eigentum des Ehemannes vollstrecken. Etwas anderes gilt nur gem Abs. 1 BGB i.v.m. 739 ZPO. Da es sich jedoch gerade nicht um bewegliche Sachen handelt, ist ein Zugriff der Gläubiger des Ehemannes auf das Hausgrundstück nicht möglich.
4 Seite 4 3. Rechtswahl a) Deutsches IPR Das deutsche Kollisionsrecht sieht gem. Art. 15 Abs. 2 EGBGB die Möglichkeit der Rechtswahl für die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe vor. Für die vorliegende Ehe ist zur Zeit im Bereich des Güterrechts deutsches Recht anwendbar. Die Verweisung der kasachischen Kollisionsnorm auf das deutsche Recht ist jedoch wandelbar. Art. 205 kasachisches FamG knüpft an den jeweiligen gemeinsamen Wohnsitz der Ehegatten an. Durch einen Wechsel des gemeinsamen Wohnsitzes kann das Recht eines anderen Staates als Deutschland anwendbar werden. Dies kann jedoch durch die Rechtswahl gem. Art. 15 Abs. 2 EGBGB ausgeschlossen werden, wenn dies dem Willen der Ehegatten entspricht. Die Rechtswahl kann in der Zukunft wieder geändert werden, so dass ein anderes Recht für die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe gewählt werden kann (Palandt-Heldrich, BGB, 67. Aufl. 2008, Art. 15 EGBG Rn. 21). Jedoch würde bei Vornahme einer derartigen Rechtswahl kein automatischer Wechsel des anwendbaren Rechtes mit Wechsel des Wohnsitzes mehr eintreten. Die Voraussetzungen der Rechtswahl gem. Art. 15 Abs. 2 Nr. 2 EGBG sind gegeben für eine Wahl des deutschen Rechtes als anwendbares Recht, da mindestens ein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD hat. Ein späterer Umzug macht die Rechtswahl nicht unwirksam, da diese Voraussetzunge nur zum Zeitpunkt der Rechtswahl vorliegen müssen (MüKomm-BGB/Siehr, Art. 15 EGBGB Rn. 67). Die Rechtswahl kann zu einem beliebigen Zeitpunkt während der Ehe erfolgen und wirkt ab dem Zeitpunkt der Wahl ex nunc für die Zukunft (Palandt-Heldrich, Art. 15 EGBG Rn. 21). Ob eine Wirkung für die Vergangenheit ex tunc von den Ehegatten durch ausdrückliche Vereinbarung erreicht werden kann (so: Staudinger/Mankowski, BGB, 2003, Art. 15 EGBGB Rn. 116 und MüKomm-BGB/Siehr, Art. 15 EGBGB Rn. 55), ist stark umstritten. Allerdings ist hier nicht nötig, näher auf dieses Problem einzugehen, da bereits das deutsche Recht gilt und nur der Ausschluss eines Statutenwechsels nach kasachischem Recht sinnvoll erscheint. b) Kasachisches IPR Für den Fall der Rückkehr der Ehegatten oder eines der Ehegatten in ihr Heimatland besteht bei einer Vornahme einer Rechtswahl jedoch die Möglichkeit, dass ein ausländisches Gericht falls eine Klage dort möglich sein sollte die Wahl des
5 Seite 5 deutschen Güterstandes nicht akzeptiert und nach dem ausländischen Recht verfährt. Daher ist ein Blick auf das Güterrecht in Kasachstan notwendig. Der gesetzliche Güterstand ist die Errungenschaftsgemeinschaft gem. Art. 31 ff. kasachisches FamG. Gem. Art. 38, 40 kasachisches FamG können Ehegatten nach kasachischem Recht aber einen Ehevertrag abschließen. Auf diese Weise kann vom gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft abgewichen werden. Art. 40 FamG (Inhalt des Ehevertrages) (1) Die Ehepartner haben das Recht, durch einen Ehevertrag die im Gesetz festgelegten Regelungen des gemeinschaftlichen Eigentums (Art 32 dieses Gesetzes) zu ändern und Bestimmungen für gemeinsames, anteilmäßiges oder getrenntes Eigentum bezüglich des gesamten Vermögens der Ehepartner, einzelner Teile oder für das Vermögen jedes der Ehepartners zu treffen. (Bergmann/Ferid-Weishaupt, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, S. 70) Durch dies Gestaltungsmöglichkeiten wäre es der Ehegatten auch nach kasachischem Recht möglich, eine Regelung zu treffen, die der Zugewinngemeinschaft nahe kommt. Es kann so zum Beispiel vereinbart werden, dass während der Ehe erworbenes Vermögen nicht im Eigentum beider Ehegatten stehen soll. Daher würden wir davon ausgehen, dass die Wahl des deutschen Rechts und des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft auch im kasachischen Recht Anerkennung finden wird. Bei Vornahme der Rechtswahl sollten daher die Ehegatten aber zusätzlich zur Wahl des deutschen Rechtes aus Sicht des deutschen IPR nur rein deklaratorisch erklären, dass für sie der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft gem BGB gelten soll.
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