Die Frucht des Geistes (Predigt zu Galater 5,22-23a)
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- Alke Arnold
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1 Seite 1 von 4 Die Frucht des Geistes (Predigt zu Galater 5,22-23a) Paulus schreibt: Die Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung. Liebe Gemeinde, was beabsichtigte Paulus, als er diesen endlos langen Katalog von guten Charaktereigenschaften aufschrieb? Wollte er Moral predigen? Wollte er die Menschen zu Sittsamkeit und Wohlverhalten erziehen? Reiste er deshalb durch die ganze Welt? Erzählte er deshalb so unermüdlich von Christus? Nein, so ist es nicht. Wenn Paulus ein Moralapostel gewesen wäre, hätte er etwa so geschrieben: Als gute Christen müsst ihr eurer Pflicht nachkommen und immer und überall lieb, fröhlich, friedlich, geduldig, freundlich, gütig, treu, sanftmütig und diszipliniert sein. Das wäre Moral pur! Aber sehen Sie, so schrieb Paulus eben nicht. Er war kein Moralprediger. Er war - durch und durch ein Mystiker. Ein Mystiker ist interessiert an Gotteserfahrungen. Ein Mystiker will die Kraft Gottes erleben. Er will die Wirkung von Gottes Geist ergründen. Darum schrieb er: Die Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Friede und noch vieles mehr! Paulus wollte seine Leser auf den Geschmack Gottes bringen. Er wollte sie auf die Spur bringen, dass sie selbst die Kraft von Gottes Geist erfahren könnten. Darum schrieb er vom Heiligen Geist und nicht von moralischen Pflichtübungen. Paulus hatte ja eine Erscheinung des auferstandenen Christus. Das war eine Geisterfahrung höchsten Grades. Auferstehung geschieht nämlich in der Kraft des Heiligen Geistes. Nur Gottes Geistkraft kann einen Toten so umwandeln, dass er in eine neue Lebensdimension eintritt und sich nicht einfach auflöst im Nichts. An Christus ist dies geschehen und Paulus sah es mit eigenen Augen. Von da an wusste er, dass Gott alle Menschen hinüberführen will in eine neue Dimension des Lebens. Er nannte dies das Reich Gottes. Christus aber ist der erste Auferstandene, der Erste im Reich Gottes.
2 Seite 2 von 4 Das klingt phantastisch, denn wir können normalerweise nicht über die Grenzen dieser Welt und schon gar nicht über die Grenzen der Vergänglichkeit und des Todes hinausblicken. Gibt es aber minimalste Hinweise, dass Gottes Geist wirksam ist schon in dieser Welt? Können wir Normalsterblichen ein klein wenig davon erfahren? Können wir Sterblichen eine Prise Unsterblichkeit heute schon erfahren? Paulus erklärt, dass alle, die sich zu Christus halten, Anteil bekommen an Gottes Kraft. Darum zeichnete sich in den Gemeinden der Urkirche ein absolut neuartiger Lebensstil ab. Die materiellen Güter wurden geteilt. Die Unterschiede zwischen Arm und Reich wurden aufgehoben. Die Grenzen zwischen verschiedenen Volksrassen spielten keine Rolle mehr. Sklaven und freie Römer achteten sich als gleichwertig. Sogar über die Rolle von Mann und Frau im Gemeindeleben wurde diskutiert. Einzelne religiöse Vorschriften wurden aufgehoben. So hatte zum Beispiel die Beschneidung der jüdischen Nachkommen in der Gemeinde keine Bedeutung mehr. --- Diese Veränderungen waren kulturgeschichtlich revolutionär! Es wäre jedoch falsch zu glauben, dass all dies ohne Widerstände ablief. Nein, es kam zu massiven Auseinandersetzungen. Paulus und die ehemaligen Jünger Jesu gerieten sich in die Haare. Es war ein Wunder, dass sie sich einigen konnten. Ein Grundsatz von Paulus lautete: Wo der Geist Gottes ist, da ist die Freiheit! Das ist nur folgerichtig, denn durch Christus hatte er ja die Freiheit vom Tod erfahren und eine grössere Freiheit kann es gar nicht geben! Ein Frühlingshauch von Freiheit wehte durch die ersten Gemeinden. Alles schien möglich. Aber diese Freiheit konnte nicht Beliebigkeit sein. Es ist nicht irgendeine Freiheit, sondern die Freiheit von Gottes Geist. Was bewirkt denn dieser Geist sonst noch. Unsere Neugier möchte gerne sensationelle, begeisternde Dinge erfahren. Aber der Geist Gottes ist oftmals diskret und wird gerne übersehen, weil er eine Vorliebe für Unspektakuläres hat. Die Frucht des Geistes am Charakter eines Menschen gehört zum unauffälligen Wirken des Geistes.
3 Seite 3 von 4 Paulus beschreibt diese Frucht als Liebe, Freude und Friede. Warum aber Frucht? Weil diese Dinge nicht dem Willen und der Fähigkeit des Menschen allein unterworfen sind. Eine Frucht treibt und wächst, ohne dass der Baum es weiss. Etwas Hergestelltes ist tot. Eine Frucht aber lebt. Eine Frucht entsteht nie ohne den Baum, nie ohne die Energie, welche ihr durch die Zweige zufliesst. Eine Frucht ist etwas Gewachsenes. Ebenso ist die Frucht des Geistes gewachsen aus der Kraft Gottes. Die ersten drei Geisteskräfte, Liebe, Freude und Friede wirken im Herzen. Wir können uns um den Frieden bemühen, aber tiefe innere Ruhe, Zufriedenheit und Gelassenheit kommt nicht aus unserer Anstrengung allein. Auch die Freude, welche uns dauerhaft erfüllt und uns an die Glückseligkeit erinnert, werden wir immer als Geschenk erfahren. Die Liebe aber ist wohl unsere tiefste Sehnsucht und gerade sie wird immer unruhig bleiben, bis sie jene Liebe von Ewigkeit her erfahren kann. Die andern Geisteskräfte Langmut oder Geduld, Treue, Güte und wie sie alle heissen, haben mit der Spannkraft der Seele zu tun. Es sind die Kräfte gemeint, welche die Tragfähigkeit eines Menschen ausmachen. Durch diese Kräfte wird menschliche Gemeinschaft tragfähig. - Wie schnell aber sind wir am Ende dieser Kräfte. Wir ertragen die andern und uns selbst nicht mehr. Der Heilige Geist kommt da der Seele zu Hilfe und kann ihr eine wundervolle innere Stärke und Gelassenheit geben, welche auch in Widerwärtigkeiten standhält. Wer die Kräfte des Heiligen Geistes erfährt wird nicht ein vergeistigter, abgehobener Idealmensch, der keine menschlichen Schwierigkeiten mehr hat. Nein, er erfährt ganz einfach, dass er mehr Kraft erhält als er sich zutraute. Er hat noch einmal mehr Geduld mit sich selbst. Er kann noch einmal mehr verzeihen. Er nimmt noch einmal einen Anlauf und gibt nicht auf. Er sucht noch einmal eine Lösung, obwohl es keine mehr zu geben scheint. Merken Sie, liebe Gemeinde, dass bei diesen, auf den ersten Blick unscheinbaren Charakterstärken, der Mensch über seine Grenzen hinauswachsen kann. Er kann das, aber nicht aus eigenem Können.
4 Seite 4 von 4 Es ist Gottes Kraft, welche unsere Grenzen weitet. - Solches von sich oder von andern zu fordern als moralische oder ethische Höchstleistung, wäre eine Überforderung. Darum fordert Paulus nichts. Nein, er beschreibt nur, was Gottes Geist bewirkt. Er beschreibt, welche Frucht aus Gottes Geist im Menschen reift und wächst. Seine Beschreibung aber gibt Einblick in das Geistwirken Gottes, und das ist faszinierend. Kein Mensch kann über die Kraft des Heiligen Geistes verfügen. Der Geist Gottes entzieht sich dem Zugriff des Menschen. Der Mensch jedoch, der sich Gottes Geist überlässt, wird seine Kraft und sein Wirken erfahren. --- Sich Gott und seinem Geist überlassen, das ist der Anfang des spirituellen Wachstums. Nicht aus sich selbst oder aus anderen irgendetwas machen wollen, sondern sich Gott anvertrauen, das ist der Anfang des inneren Friedens. Das berühmte Gebet von Niklaus von der Flüh kann uns helfen, uns in diesem Sinne Gott zu überlassen, Gott hinzugeben, damit er wirken kann. Ich lese das Gebet von Bruder Klaus: Mein Herr und mein Gott nimm alles von mir, was mich hindert zu dir. Mein Herr und mein Gott gib alles mir, was mich führet zu dir. Mein Herr und mein Gott, o nimm mich mir und gib mich ganz zu Eigen dir. Amen. Pfr. Carl Schnetzer / Kirchgasse 22 / CH-8903 Birmensdorf / Trinitatis
5 Gal.5,22-23a / Frucht d. Geistes/ Fürbittgebet Heiliger Geist, Geist des lebendigen Gottes, du durchdringst die Seele bis auf den Grund. Dein Reich, dein Leben wächst und reift in uns. Wie gern möchten wir uns dir überlassen, dir alles anvertrauen, die andern wie uns selbst. Höre auf unser Gebet. Chistus, weil du auferstanden bist, bist du der Lebendige. Du bahnst uns den Weg vom Zweifel hin zum Glauben, von der Besorgnis zum Vertrauen. Höre auf unser Gebet. Dein Heiliger Geist ist wie der Wind. Er weht wo er will. Komm und wecke in den Völkern der Erde die Sehnsucht nach deinem Frieden. Wir bitten dich für die Menschen aller Religionen in Ost und West, in Nord und Süd um Kraft aus deinem Geist. Höre auf unser Gebet. Dein Geist ist ein Geist des Verstehens und nicht der Kritiksucht. Dein Geist ist ein Geist der Unterscheidung und nicht der Beliebigkeit. Dein Geist ist ein Geist des Trostes und nicht der Anklage. Hilf uns, damit die tiefen Verletzungen heilen können. Höre auf unser Gebet. In der Stille beten wir zu Dir, du barmherziger Gott Stille Schöpfergott und Gott der Liebe, durch die Kraft deines Heiligen Geistes wirst du uns Menschen und die ganze Schöpfung zur Vollendung bringen. Das ist unsere Hoffnung. Wir danken dir. Amen.
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