FAQ zur Schulpflicht und Aufnahme von Kindern und Jugendlichen nichtdeutscher Herkunftssprache
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- Achim Auttenberg
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1 FAQ zur Schulpflicht und Aufnahme von Kindern und Jugendlichen nichtdeutscher Herkunftssprache Inhalt 1. Ab wann sind Kinder und Jugendliche nichtdeutscher Herkunftssprache schulpflichtig? 2 2. Sind 16-jährige Jugendliche nichtdeutscher Herkunftssprache schulpflichtig? 2 3. Kann ein Kind schon vor Eintritt der Schulpflicht an der Schule aufgenommen werden? 2 4. Gibt es spezielle Regelungen für den Schulbesuch und die Schulpflicht für unbegleitete minderjährige Ausländer? 2 5. Können Jugendliche nichtdeutscher Herkunftssprache nur bis zu einem bestimmten Alter an allgemeinbildende Schulen aufgenommen werden? 2 6. Wie wird die schulische Vorbildung angerechnet? 3 7. Welche Möglichkeiten bestehen, um die Schule länger besuchen zu können? 3 8. Wie ist das Aufnahmeverfahren geregelt? 3 9. Wann kann ein Kind am Gymnasium aufgenommen werden? Kann die Herkunftssprache als 2. Fremdsprache am Gymnasium anerkannt werden? Müssen in eine Schule aufgenommene Jugendliche zu einem Abschluss geführt werden? Welche Regelungen gelten für die Beschulung im BVJ / BVJ S? Ist eine Aufnahme in das BVJ S im Laufe eines Schuljahres möglich? Ist der Besuch einer berufsbildenden Schule auch für Jugendliche nichtdeutscher Herkunftssprache möglich, die nicht mehr der Schulpflicht unterliegen? Wie gestaltet sich dies, wenn ein 14-Jähriger ohne Kenntnisse der deutschen Sprache und ohne weitere schulische Vorkenntnisse an einer Schule aufgenommen wurde? Was ist hier das Lernziel? Wie gehen wir mit Jugendlichen über 15 Jahre um, die den geordneten Ablauf des Schulbetriebes gefährden, bzw. die nicht zur Schule gehen wollen, keinen Schulabschluss haben, einer Arbeit nachgehen wollen und zum Teil schon einen Job haben? Wie erfolgt die Sprachförderung an den Schulen? 6 Stand: November /6
2 1. Ab wann sind Kinder und Jugendliche nichtdeutscher Herkunftssprache schulpflichtig? Die Schulpflicht beginnt drei Monate nach dem Zuzug aus dem Ausland. ( 17 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 Thüringer Schulgesetz ThürSchulG -). 2. Sind 16-jährige Jugendliche nichtdeutscher Herkunftssprache schulpflichtig? Die Feststellung, ob 16-jährige Jugendliche nichtdeutscher Herkunftssprache noch der Schulpflicht unterfallen, erfolgt anhand des Geburtsdatums. Bei allen Geburtsdaten im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 1. August ist von einer Erfüllung der Schulpflicht auszugehen. Bei einem Geburtsdatum im Zeitraum vom 2. August bis zum 31. Dezember ist vom Vorliegen der Schulpflicht für das laufende Schuljahr auszugehen. Die Unterteilung ergibt sich aus der Voraussetzung für den Beginn der Schulpflicht (alle Kinder, die am 1. August eines Jahres 6 Jahre alt sind, vgl. 18 Abs. 1 ThürSchulG) und der Dauer der Vollzeitschulpflicht im Umfang von 10 Schulbesuchsjahren ( 19 Abs. 1 Satz 1 ThürSchulG). 3. Kann ein Kind schon vor Eintritt der Schulpflicht an der Schule aufgenommen werden? Kinder und Jugendliche nichtdeutscher Herkunftssprache im schulpflichtigen Alter, die noch nicht der allgemeinen Schulpflicht unterliegen, haben ein Recht auf schulische Bildung. ( 1 Abs. 1 ThürSchulG in Verbindung mit Art. 20 der Verfassung des Freistaats Thüringen und der UN-Kinderrechtskonvention). Die Ausgestaltung dieses Rechts ist vornehmlich eine Frage vorhandener Kapazitäten. Die Absicherung des Schulbesuchs Schulpflichtiger hat Priorität. 4. Gibt es spezielle Regelungen für den Schulbesuch und die Schulpflicht für unbegleitete minderjährige Ausländer? Nein. 5. Können Jugendliche nichtdeutscher Herkunftssprache nur bis zu einem bestimmten Alter an allgemeinbildende Schulen aufgenommen werden? Faktisch lässt sich für die unterschiedlichen Schulabschlüsse eine Altersgrenze wie folgt herleiten: Die allgemeinbildenden Bildungsgänge im Thüringer Schulgesetz gehen von einer ununterbrochenen Schullaufbahn aus und sehen folglich einen Schulabschluss für deutsche Schüler im Alter von in der Regel 16 bis 19 Jahren vor. Im Falle des Zuzugs von jungen Migranten bedarf es einer Einzelfallentscheidung, ob und ggf. in welche Klassenstufe einer allgemeinbildenden Schule eine Aufnahme erfolgen kann. Der Schulleiter stellt für jeden einzelnen aus dem Ausland zugezogenen Schulpflichtigen fest, in welche Klassenstufe der Grund- oder Regelschule, der Gemeinschaftsschule, des Gymnasiums oder der Förderschule er aufzunehmen ist ( 17 Abs. 4 ThürSchulG). Die Klärung der passenden Schulart erfolgt insbesondere bei älteren Schülerinnen und Schülern unter Einbindung des zuständigen Schulamtes (vgl. Schreiben vom 16. Dezember 2015). 2/6
3 6. Wie wird die schulische Vorbildung angerechnet? Die Schüler sind grundsätzlich in die Klassenstufe einzustufen, in die Schulpflichtige gleichen Alters regelmäßig eingestuft sind. Für die vorausgehenden Schuljahre gilt die Schulpflicht als erfüllt. 7. Welche Möglichkeiten bestehen, um die Schule länger besuchen zu können? Es erfolgt eine altersangemessene Einstufung. Um dem persönlichen Entwicklungsstand und dem Bedarf an individuellen Fördermaßnahmen Rechnung tragen zu können, ist eine Einstufung um eine Klassenstufe (im begründeten Einzelfall um zwei Klassenstufen) tiefer denkbar. Eine Einweisung in eine niedrigere Klassenstufe allein wegen mangelnder Kenntnisse der deutschen Sprache ist nicht zulässig. Im Übrigen gelten die Regelungen des Thüringer Schulgesetzes sowie der Thüringer Schulordnung zu Rücktritt und Wiederholung auch für Kinder und Jugendliche nichtdeutscher Herkunftssprache. 8. Wie ist das Aufnahmeverfahren geregelt? Kinder und Jugendliche, denen aufgrund eines Asylantrags der Aufenthalt in Thüringen gestattet ist oder die hier geduldet sind, unterliegen drei Monate nach dem Zuzug aus dem Ausland der Schulpflicht ( 17 bis 24 ThürSchulG). Im Vorgriff auf eine Änderung des Thüringer Schulgesetzes weist das Schulamt den Schulen die Flüchtlingskinder zu. Sollten sich einzelne Kinder und Jugendliche unmittelbar an einer Schule melden, nimmt diese die relevanten Daten auf und übermittelt sie an das zuständige Schulamt. Bis zu einer Entscheidung des Schulamtes zum endgültigen Beschulungsort werden die Kinder und Jugendlichen an der aufgesuchten Schule unterrichtet und betreut. Im Freistaat Thüringen gibt es keine gesetzlich geregelte Kapazitätsobergrenze für Schulen. Das Staatliche Schulamt prüft, ob aus pädagogischen, personellen, organisatorischen, räumlichen und sächlichen Gründen die Kapazität an den Schulen ausgeschöpft ist und nimmt entsprechende Zuweisungen vor. Dies erfolgt in Abstimmung mit den kommunalen Schulträgern. Die Erfassung des bisherigen Bildungsgangs, der Vorkenntnisse und des Förderbedarfs erfolgt in einem besonderen Aufnahmebogen. 9. Wann kann ein Kind am Gymnasium aufgenommen werden? Ausländische Schüler können in die Klassenstufen 5 bis 10 des Gymnasiums aufgenommen werden, wenn sie anhand von Zeugnissen eine dem gymnasialen Bildungsgang entsprechende Vorbildung nachweisen können. Liegt kein Nachweis vor, können ausländische Schüler vorläufig in das Gymnasium aufgenommen werden. Der Schulleiter gestattet hierbei in stets widerruflicher Weise bis zum Ende des auf die Aufnahme folgenden Schuljahres den Besuch des Unterrichts in einzelnen oder in allen Fächern. Unterliegen die Schüler der Schulpflicht, so müssen sie am Unterricht in allen Pflicht- und Wahlpflichtfächern teilnehmen. Der Besuch der Deutschförderung ist hierbei eingeschlossen. Über 3/6
4 den Schulbesuch wird auf Antrag eine Bestätigung ausgestellt ( 135 Abs. 1 Thüringer Schulordnung ThürSchulO -). Ein Zeugnis erhält der Schüler erst, wenn er aufgrund des Aufnahmeverfahrens in Form einer Empfehlung der Klassenkonferenz ( 128 ThürSchulO) oder einer Aufnahmeprüfung ( 131 und 132 ThürSchulO) das Gymnasium besucht. Ausländische Schüler ohne gymnasiale Vorbildung können nur in die Klassenstufen 5 und 6 aufgenommen werden, da ein Übertritt von der Grund- und der Regelschule nur in die Klassenstufen 5 bis 7 des Gymnasiums vorgesehen ist ( 125 Abs. 1 ThürSchulO). Eine Aufnahme in die Qualifikationsphase der gymnasialen Oberstufe kann nur entsprechend den Versetzungsregelungen ( 51 Abs. 1 und 2 ThürSchulO) und bei erfolgreicher Teilnahme an der besonderen Leistungsfeststellung (BLF) oder vorliegendem Realschulabschluss erfolgen ( 81 ThürSchulO). Zudem sollten vorab die Fremdsprachenkenntnisse in der 1. und 2. Pflichtfremdsprache geklärt sein. 10. Kann die Herkunftssprache als 2. Fremdsprache am Gymnasium anerkannt werden? In Thüringen gibt es derzeit keine rechtliche Grundlage für eine Anerkennung der Herkunftssprache als 2. Fremdsprache. Bei Aufnahme von aus dem Ausland zugezogenen Schulpflichtigen in die Klassenstufen 8, 9 und 10 kommt eine Anerkennung von im Ausland erworbenen Kenntnissen einer Fremdsprache (gilt nicht für Deutsch, Englisch oder die Herkunftssprache) in Betracht. Voraussetzung dafür ist die Vorlage von Zeugnissen. Darin muss ein Sprachunterricht von mindestens vier Jahren mit mindestens 14 Wochenstunden ab Klassenstufe 5 nachgewiesen werden. Zudem ist es für diese Schülerinnen und Schüler möglich, in der Klassenstufe 11S oder 10 Unterricht in der 2. Fremdsprache im Umfang von sechs Wochenstunden zu belegen und diese Fremdsprache dann in der Qualifikationsphase als fortgeführte Fremdsprache weiter zu belegen (vgl. Vereinbarung zur Gestaltung der gymnasialen Oberstufe in der Sekundarstufe II (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom i.d.f. vom ). 11. Müssen in eine Schule aufgenommene Jugendliche zu einem Abschluss geführt werden? Eine Verpflichtung der Schule, alle Schülerinnen und Schüler zu einem Abschluss zu führen kann es nicht geben, da jeder Schulabschluss an bestimmte Leistungsvoraussetzungen geknüpft ist Welche Regelungen gelten für die Beschulung im BVJ / BVJ S? Für Jugendliche ohne Hauptschulabschluss besteht die Möglichkeit, das zehnte Jahr der Vollzeitschulpflicht im Berufsvorbereitungsjahr (BVJ) zu absolvieren (vgl. 20 Abs. 2 ThürSchulG, 8 der Thüringer Berufsschulordnung). Für Jugendliche nichtdeutscher Herkunftssprache mit einem Förderbedarf zum Erwerb der deutschen Sprache können eigene BVJ-Klassen (BVJ S) eingerichtet werden. Diese Klassen sind dem Vorbild des bisherigen BVJ A (vgl. 8 Abs. 1 Nr. 3 der Thüringer Berufsschulordnung vom 9. Dezember 2008) entlehnt und sollen, durch einen im Vergleich zur Stundentafel des 4/6
5 Berufsvorbereitungsjahres deutlich erhöhten Anteil an Deutsch und Ergänzungs- bzw. Förderunterricht, noch vorhandene sprachliche und fachliche Defizite ausgleichen. Spätestens nach einem Jahr ist ein Wechsel in das BVJ vorgesehen, welches den Erwerb des Hauptschulabschlusses ermöglicht. Die Aufnahme in das BVJ und das BVJ S erfolgt frühestens nach neun Schulbesuchsjahren im Anschluss an das letzte Schulbesuchsjahr an einer allgemeinbildenden Schule. Für Jugendliche nichtdeutscher Herkunftssprache, deren Schullaufbahn weiter vorangeschritten ist oder deren Schullaufbahn nicht nachvollzogen werden kann, besteht ein Anspruch auf Beschulung. Das BVJ kann bis zu zweimal wiederholt werden. Damit besteht für Jugendliche nichtdeutscher Herkunftssprache, die vorab in einer Klasse des BVJ S aufgenommen wurden, eine Verweilmöglichkeit im BVJ von längstens bis zu drei Jahren. 13. Ist eine Aufnahme in das BVJ S im Laufe eines Schuljahres möglich? Das BVJ stellt mit dem evtl. vorgeschalteten BVJ S einen Bildungsgang mit eigenem Lehrplan und eigener Stundentafel dar. Die Aufnahme in die Klassen erfolgt zu Beginn eines Schuljahres. Eine Aufnahme in das BVJ S zur Erfüllung der Schulpflicht ist auch im Laufe eines Schuljahres möglich. 14. Ist der Besuch einer berufsbildenden Schule auch für Jugendliche nichtdeutscher Herkunftssprache möglich, die nicht mehr der Schulpflicht unterliegen? Der Anspruch der Jugendlichen nichtdeutscher Herkunftssprache auf den Besuch einer berufsbildenden Schule hängt nicht zwangsläufig mit dem Bestehen der Schulpflicht zusammen. Jugendliche nichtdeutscher Herkunftssprache haben nach dem Thüringer Schulgesetz grundsätzlich die Möglichkeit, jede Form der berufsbildenden Schulen zu besuchen, wenn sie die vorgegebenen Aufnahmevoraussetzungen erfüllen und sie das erforderliche Sprachniveau vorweisen können. Dieser Anspruch ist unabhängig von den Regelungen zur Schulpflicht zu sehen. 15. Wie gestaltet sich dies, wenn ein 14-Jähriger ohne Kenntnisse der deutschen Sprache und ohne weitere schulische Vorkenntnisse an einer Schule aufgenommen wurde? Was ist hier das Lernziel? Eine Einstufung um eine Klassenstufe (im begründeten Einzelfall um zwei Klassenstufen) tiefer ist denkbar, um dem individuellen Förderbedarf Rechnung zu tragen. Der Unterricht erfolgt für alle Schüler abschlussbezogen; ein eigenes Lernziel gibt es nicht. Die Schüler erhalten besondere Fördermaßnahmen zum Erwerb der deutschen Sprache und fachbezogener Kenntnisse ( 47 ThürSchulO). Neben den besonderen Fördermaßnahmen hält das Schulsystem Thüringens weitere Möglichkeiten vor, um Schüler entsprechend ihren individuellen Voraussetzungen zu einem Abschluss zu führen, z.b. den zeitweiligen Notenverzicht ( 59 Abs. 6 ThürSchulO), die individuelle Abschlussphase ( 6 Abs. 5a ThürSchulG) oder die Möglichkeit eines weiteren Schulbesuchsjahrs ( 19 ThürSchulG). 5/6
6 16. Wie gehen wir mit Jugendlichen über 15 Jahre um, die den geordneten Ablauf des Schulbetriebes gefährden, bzw. die nicht zur Schule gehen wollen, keinen Schulabschluss haben, einer Arbeit nachgehen wollen und zum Teil schon einen Job haben? Auch für schulpflichtige Kinder und Jugendliche nichtdeutscher Herkunftssprache gelten die gesetzlichen Regelungen zur Erfüllung der Schulpflicht sowie der zwangsweisen Durchsetzung dieser. Eine Befreiung von der Schulpflicht aufgrund der Störung des Schulfriedens, Schulabstinenz oder der Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit ist nicht möglich. Die Schule muss sich im Rahmen ihrer Verantwortung auch solchen herausfordernden Fällen stellen. Zum Umgang mit Schuldistanz trifft die entsprechende Fachliche Empfehlung des TMBJS konkrete Aussagen. ( Bei starker Verhaltensauffälligkeit kann zum Umgang mit diesen Schülern auch auf die Leitlinien für Schüler mit Förderbedarf in der emotionalen und sozialen Entwicklung als Hilfestellung zurückgegriffen werden ( Möglichkeiten der praxisbezogenen Förderung z.b. im Rahmen der Praxisklassen in der Regelschule sollten ebenso geprüft werden wie der Besuch der Individuellen Abschlussphase ( 6 Abs.5 und 5a ThürSchulG). 17. Wie erfolgt die Sprachförderung an den Schulen? Siehe hierzu folgenden Link: 6/6
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