Die meisten Grundrechte sind Freiheitsrechte. Mit den prüfungsrelevantesten Freiheitsrechten werden wir uns nun im Folgenden näher befassen.
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- Anton Jaeger
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1 3. Teil Freiheitsrechte Die meisten Grundrechte sind Freiheitsrechte. Mit den prüfungsrelevantesten Freiheitsrechten werden wir uns nun im Folgenden näher befassen. 172 A. Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) I. Bedeutung und Grundrechtscharakter DieMenschenwürdeistinArt.1Abs.1GGgarantiert. Schon ihre herausgehobene systematische Stellung am Anfang des Grundgesetzes und zugleich an der Spitze des Grundrechtskataloges in Abschnitt I des Grundgesetzes unterstreicht die Stellung der Menschenwürde als oberster Wert des Grundgesetzes. 1 Die Menschenwürde steht damit im Mittelpunkt des grundgesetzlichen Wertesystems. 2 Dies hat zur Folge, dass Art. 1 Abs. 1 GG die Bedeutung der anderen Bestimmungen im Grundgesetz beeinflusst. Viele Grundrechte sind Ausfluss der Menschenwürde und daher stets im Lichte dieses tragenden Verfassungswertes auszulegen. 3 Dies gilt v.a. für das durch Art. 1 Abs. 1 i.v.m. Art.2Abs.1GGgeschützteallgemeinePersönlichkeitsrecht (s.u. Rn. 193 f.). Die besondere Bedeutung der Menschenwürde im grundgesetzlichen Gefüge zeigt sich auch darin, dass sie unter die sog. Ewigkeitsklausel des Art. 79 Abs. 3 GG fällt. Die Menschenwürde kann danach nicht durch eine Verfassungsänderung eingeschränkt werden. Ob es sich bei der Menschenwürde überhaupt um ein Grundrecht handelt, ist nicht unumstritten. Dagegen wird vorgebracht, diese Bestimmung habe bereits nach ihrem Wortlaut lediglich programmatischen Charakter. 4 Als systematisches Argument wird zudem Art. 1 Abs. 3 GG angeführt und unter Berufung auf dessen Wortlaut darauf hingewiesen, die öffentliche Gewalt sei an die nachfolgenden Grundrechte gebunden; Art. 1 Abs. 1 GG sei demnach nicht erfasst. Dagegen wendet die h.m., angeführt vom Bundesverfassungsgericht, 5 jedoch vor allem ein, Art. 1 Abs. 3 GG schließe letztlich nicht aus, dass auch Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG ein Grundrecht darstelle. Art. 142 GG setze den Grundrechtscharakter von Art. 1 Abs. 1 GG jedenfalls voraus. 6 Außerdem verweist die h.m. auf die in Art. 1 Abs. 1 S. 2 GG verbürgte Achtung der Menschenwürde, die ein typisches Abwehrrecht darstelle. In systematischer Hinsicht steht die h.m. auf dem Standpunkt,dieÜberschriftdesAbschnittImitdemTitel DieGrundrechte belege die Grundrechtsqualität auch der Menschenwürde » Überlegen Sie, bevor Sie im Text weiterlesen, zunächst selbst, ob Art.1 Abs.1 GG über haupt ein Grundrecht sein kann! Was könnte dafür und was dagegen sprechen?«1 Vgl. BVerfGE 5, Vgl. BVerfGE 35, 202 Lebach. 3 Vgl. BVerfGE 6, 32 Elfes. 4Vgl. Abendroth VVDStRL 8 (1950), S Vgl. BVerfGE 39, 1 Abtreibungsurteil. 6 Vgl. Sodan/Ziekow-Sodan Grundkurs Öffentliches Recht 26 Rn
2 3A Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) JURIQ-Klausurtipp Ob Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG ein Grundrecht enthält, ist praktisch an sich allein nur für die Frage relevant, ob jemand die Verletzung dieser Bestimmung mittels Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG geltend machen kann. Grundsätzlich wird Ihnen auch diese Frage keine Schwierigkeiten bereiten, weil Sie regelmäßig eine Fallkonstellation zu prüfen haben werden, in der nicht allein die Verletzung der Menschenwürde, sondern gleichzeitig die Verletzung auch anderer Grundrechte in Betracht kommt. Sind die Verletzungen dieser anderen Grundrechte zulässigerweise gerügt worden, muss das Bundesverfassungsgericht auch eine Verletzung des Art. 1 Abs. 1 GG prüfen. Sollte demgegenüber ausnahmsweise tatsächlich allein eine Verletzung der Menschenwürde in Rede stehen, stellen Sie den Meinungsstreit zu Beginn Ihrer Prüfung fallbezogen dar und schließen sich nicht nur klausurtaktisch empfehlenswert der h.m. an. 175 Qualifiziert man mit der h.m. Art. 1 Abs. 1 S. 1 GG als Grundrecht, prüfen Sie eine Verletzung der Menschenwürde wie die Verletzung jedes anderen Abwehrrechts: PRÜFUNGSSCHEMA Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) I. Eröffnung des Schutzbereichs 1. Sachlicher Schutzbereich a) Menschenwürde Begriff der Menschenwürde Rn. 178 b) Relevante Fallkonstellationen 2. Persönlicher Schutzbereich II. Eingriff in den Schutzbereich II. Schutzbereich 176 Zunächst prüfen Sie, ob der sachliche Schutzbereich und der persönliche Schutzbereich der Menschenwürde eröffnet sind. 1. Sachlicher Schutzbereich 177 Die Eröffnung des sachlichen Schutzbereichs prüfen Sie in zwei Schritten: a) Begriff der Menschenwürde 178 Im ersten Schritt gilt es, den Begriff der Menschenwürde zu klären. Was unter dem Begriff der Menschenwürde konkret zu verstehen ist, ist nicht leicht zu bestimmen. Dementsprechend schwierig ist es, den sachlichen Schutzbereich des Art. 1 Abs. 1 GG allgemein zu definieren. Es gibt verschiedene Ansätze, den sachlichen Schutzbereich zu 56
3 Schutzbereich 3AII beschreiben: 7 Positiv wird er beschrieben als der allgemeine Eigenwert, der dem Menschen kraft seiner Persönlichkeit zukommt. 8 Meist wird er im Anschluss an Dürig negativ beschrieben. Danach darf der Mensch nicht zum bloßen Objekt staatlichen Handelns gemacht und nicht einer Behandlung ausgesetzt werden, die seine Subjektsqualität prinzipiell in Frage stellt (sog. Objektformel). 9 Gelegentlich werden diese beiden Beschreibungen auch kombiniert. Der Schutzbereich der Menschenwürde wird dann beschrieben als der soziale Wert- und Achtungsanspruch des Menschen, der es verbietet, den Menschen zum bloßen Objekt des Staates zu machen oder ihn einer Behandlung auszusetzen, die seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt. 10 Das Bundesverfassungsgericht hat den Schutzbereich der Menschenwürde in einer jüngeren Entscheidung wie folgt beschrieben: Jeder Mensch besitze als Person eine Würde ohne Rücksicht auf seine Eigenschaften, seinen körperlichen oder geistigen Zustand, seine Leistungen und seinen sozialen Status. 11 Es verzichtet damit ebenfalls auf eine abstrakte Definition der Menschenwürde und bestimmt sie vielmehr anhand der Objektformel im konkreten Einzelfall. 12 JURIQ-Klausurtipp In der Fallbearbeitung sollten Sie einen Ansatz wählen, der die sog. Objektformel (mit-)enthält. So verfährt auch das Bundesverfassungsgericht. Obwohl Sie den Schutzbereich hierbei bereits vom Eingriff her bestimmen, ist ein solcher Ansatz gerade für die Fallbearbeitung praktikabel. b) Relevante Fallkonstellationen Im zweiten Schritt gehen Sie der Frage nach, ob die so bestimmte Menschenwürde in Ihrer Fallbearbeitung relevant ist. Die Menschenwürde kann in vielen Konstellationen relevant werden. Hierzu gehören z.b. folgende aktuelle Fälle: Verletzung der körperlichen Identität oder Integrität Beispiele Sog. Gefahrenabwendungsfolter: Um das Versteck einer entführten Geisel, die die Polizei noch am Leben glaubt, zu erfahren, soll der mutmaßliche Entführer unter Gewaltandrohung dazu veranlasst werden, das Versteck der Geisel preiszugeben. 14 Sog. wrongful birth bzw. wrongful life bzw. Kind als Schaden : Die Zivilgerichte bejahen eine Schadensersatzhaftung von Ärzten, die eine fehlgeschlagene Sterilisation oder eine fehlerhafte genetische Beratung vor der Zeugung eines Kindes zu verantworten haben, gegenüber den betroffenen Eltern für entstehende Unterhaltspflichten. Zwischen den beiden Senaten des Bundesverfassungsgerichts ist 7 Vgl. zum Ganzen Manssen Staatsrecht II Rn. 217 f. 8 Vgl. BVerfGE abw. M. 30, Vgl. BVerfGE 50, Vgl. BVerfGE 109, 133 lebenslange Sicherheitsverwahrung. 11 Vgl. BVerfGE 115, 118 Luftsicherheitsgesetz. 12 Vgl. BVerfGE 30, 1 Abhörurteil. 13 Vgl. hierzu und zu weiteren Beispielen Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher Grundrechte Rn.384 und Rn.393 f.; ausführlich Hufen Staatsrecht II 10 Rn. 47 ff. 14 Vgl. BVerfG (K) NJW 2005,
4 3A Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) umstritten, ob die Haftung des Arztes gegen die Menschwürde verstößt. 15 Forschung mit embryonalen Stammzellen; 16 heimliche Vaterschaftstests; 17 Inzest. 18 Verletzung der geistig-seelischen Integrität Beispiel Strafrestaussetzung bei lebenslanger Freiheitsstrafe. 19 fehlende Grundsicherung individuellen oder sozialen Lebens Beispiele Besteuerung des Existenzminimums; 20 menschenwürdige Ausgestaltung des Strafvollzugs; 21 Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums. 22 Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts, das nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts allein über Art. 1 Abs. 1 GG geschützt wird. 23 Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts wird der sittliche, personale und soziale Geltungswert, den die Person durch ihre eigene Lebensleistung erworben hat, durch das postmortale Persönlichkeitsrecht gegen Äußerungen, die darauf gerichtet sind, die betroffene Person herabzusetzen bzw. verächtlich zu machen, geschützt. 24 Beeinträchtigung des Kernbereichs privater Lebensgestaltung Beispiel Online-Durchsuchung: Im Kernbereich privater Lebensgestaltung gehört zur Entfaltung der Persönlichkeit, dass innere Vorgänge wie Empfindungen und Gefühle sowie Überlegungen, Ansichten und Erlebnisse höchstpersönlicher Art ohne die Angst zum Ausdruck gebracht werden können, dass staatliche Stellen dies überwachen. 25 sonstige Fallkonstellationen Beispiele Kampfspiele mit virtueller Tötungsmöglichkeit (etwa Laserdrome, Paintball ); 26 Schockwerbung; 27 finaler Rettungsabschuss gemäß 14 Abs. 3 LuftSiG, sofern es um unbeteiligte Personen (Besatzung oder Passagiere) geht; 28 Verständigungen im Strafverfahren Beachten Sie, dass der sachliche Schutzbereich des Art. 1 Abs. 1 GG nur dann eröffnet ist, wenn die Menschenwürde in erheblicher Weise durch eine Maßnahme der öffentlichen Gewalt berührt wird. Die Menschenwürde ist dementsprechend nicht tangiert, wenn es z.b Verneinend der 1. Senat: BVerfGE 96, 375; bejahend der 2. Senat: BVerfGE 96, Vgl. dazu Manssen Staatsrecht II Rn. 227 f. 17 Vgl. BVerfGE 117, Vgl. BVerfGE 120, Vgl. BVerfGE 117, Vgl. BVerfGE 82, 60 steuerfreies Existenzminimum; 120, Vgl. BVerfG (K) EuGRZ 2011, 177; NStZ-RR 2013, 91; Beschl. v BvR 1127/ Vgl. BVerfGE 125, 175 Hartz IV; BVerfGE 132, 134 Asylbewerberleistungsgesetz; NJW 2014, 3425 Grundsicherungsrecht für Arbeitsuchende. 23 Vgl. BVerfG (K) NJW 2006, 3409 Marlene Dietrich. 24 Vgl. BVerfG (K) NJW 2001, 2957 Wilhelm Kaisen. 25 Vgl. BVerfGE 120, Vgl. VG Dresden NVwZ-RR 2005, Vgl. BVerfGE 107, 275 Benetton II. 28 Vgl. BVerfGE 115, 118 Luftsicherheitsgesetz. 29 Vgl. BVerfGE 133, 168.
5 Eingriff in den Schutzbereich 3AIII um die Zahlung einer Geldbuße im Ordnungswidrigkeitenverfahren, 30 die Leichenöffnung im Ermittlungsverfahren 31 oder den Friedhofszwang für Urnen 32 geht. 2. Persönlicher Schutzbereich Nach seinem Wortlaut handelt es sich bei der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG um ein Jedermann-Grundrecht. Grundrechtsberechtigt ist daher jede natürliche Person. Unerheblich ist, ob sich der Träger seiner Würde bewusst ist oder sie selbst zu wahren weiß. 33 GeschütztsindauchderNasciturus (werdendes Leben) und über das postmortale Persönlichkeitsrecht auch Verstorbene. 181 III. Eingriff in den Schutzbereich Ist der Schutzbereich des Art. 1 Abs. 1 GG eröffnet, prüfen Sie das Vorliegen eines Eingriffs in den Schutzbereich. 182 JURIQ-Klausurtipp Hierzu werden Sie nicht viel sagen können und müssen, weil Sie dies bei der Anwendung eines Ansatzes, der die Objektformel (mit-)enthält, im Grunde bereits in dem Prüfungspunkt zuvor geprüft und bejaht haben. Gegenüber den sonstigen Abwehrrechten weist die Menschenwürde aber eine Besonderheit auf, die mit ihrer herausragenden Stellung als oberster Wert des Grundgesetzes zusammenhängt (vgl. oben Rn. 173). Diese Besonderheit besteht darin, dass die Menschenwürde nicht durch eine Maßnahme der öffentlichen Gewalt beeinträchtigt werden darf. Die Menschenwürde gilt absolut. Daher sind Eingriffe in den Schutzbereich des Art. 1 Abs. 1 GG stets unzulässig JURIQ-Klausurtipp Für die Fallbearbeitung bedeutet dies, dass Sie an dieser Stelle mit Ihrer Grundrechtsprüfung bereits am Ende angelangt sind. Bejahen Sie die Eröffnung des Schutzbereichs des Art.1 Abs. 1 GG, liegt zwangsläufig ein Eingriff in den Schutzbereich vor. Dieser ist stets unzulässig. Denken Sie gleichwohl auch bei Art. 1 Abs. 1 GG stets daran, terminologisch zwischen einem Eingriff in den Schutzbereich der Menschenwürde und deren Verletzung zu unterscheiden (s.o. Rn. 120)! 30 Vgl. BVerfGE 9, Vgl. BVerfG (K) NJW 1994, Vgl. BVerfGE 50, Vgl. BVerfGE 39, 1 Abtreibungsurteil. 34 Vgl. Sodan/Ziekow-Sodan Grundkurs Öffentliches Recht 26 Rn
6 3B Allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) 184 Die Absolutheit der Menschenwürde hat zwei Konsequenzen: Zum einen steht sie jedenfalls nach Ansicht der Rechtsprechung 35 nicht zur Disposition des Grundrechtsberechtigten. 36 Beispiel Beim sog. Zwergenweitwurf (oben Rn. 44) ist es daher unerheblich, dass der kleinwüchsige Artist damit einverstanden ist, wie ein Wurfgerät behandelt zu werden. 185 Zum anderen besteht sie ohne die Möglichkeit eines Güterausgleichs. 37 Art. 1 Abs. 1 GG unterliegt nach seinem Wortlaut ( unantastbar ) keinen Schranken. Dies gilt nicht nur für geschriebene Schranken, sondern auch für kollidierendes Verfassungsrecht. 38 B. Allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) I. Überblick 186 Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG garantiert nach ganz h.m. die allgemeine Handlungsfreiheit. Aufgrund dieses weiten Verständnisses des sachlichen Schutzbereichs ist das Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG im Grunde in allen Lebensbereichen thematisch einschlägig. Hierdurch ergeben sich materiell-rechtliche Abgrenzungsprobleme gegenüber den anderen Freiheitsrechten. Das weite Verständnis hat im Zusammenwirken mitdengroßzügigenschrankendesart.2abs.1ggauchprozessualeauswirkungen,die sich in der Praxis deutlich bemerkbar machen (s.u. Rn. 192). Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die allgemeine Handlungsfreiheit in der verfassungsrechtlichen Praxis eine große Bedeutung hat. Daher sollten Sie diesem Grundrecht entsprechende Aufmerksamkeit widmen Vgl. dazu Hufen Staatsrecht II 10 Rn. 36 m.w.n. 36 Vgl. BVerwGE 64, 274 Peep-Show; Laserdrome (str.). 37 Vgl. Manssen Staatsrecht II Rn Vgl. Pieroth/Schlink/Kingreen/Poscher Grundrechte Rn.397.
7 Eröffnung des Schutzbereichs 3BII Art. 2 Abs. 1 GG prüfen Sie wie folgt: 187 Allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) I. Eröffnung des Schutzbereichs 1. Sachlicher Schutzbereich a) Allgemeine Handlungsfreiheit aa) Umfassendes Begriffsverständnis Wettbewerbsfreiheit Rn. 191 Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb Rn. 191 Zwangsmitgliedschaften Rn. 191 Beschränkungen der Bewegungsfreiheit Rn. 191 bb) Folgen des umfassenden Begriffsverständnisses b) Allgemeines Persönlichkeitsrecht aa) Selbstbestimmungsrecht bb) Selbstbewahrungsrecht cc) Selbstdarstellungsrecht dd) Grundrecht auf Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme 2. Persönlicher Schutzbereich a) Allgemeine Handlungsfreiheit b) Allgemeines Persönlichkeitsrecht Juristische Personen i.s.d. Art. 19 Abs. 3 GG Rn. 204 II. Eingriff in den Schutzbereich 1. Allgemeine Handlungsfreiheit Eingriffe i.s.d. neuen Eingriffsbegriffs Rn Allgemeines Persönlichkeitsrecht 3. Grundrechtsverzicht PRÜFUNGSSCHEMA III. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffs 1. Beschränkbarkeit (Schranken) a) Verfassungsmäßige Ordnung b) Rechte anderer c) Sittengesetz Begriff des Sittengesetzes Rn Verhältnismäßigkeit (beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht: Sphärentheorie) II. Eröffnung des Schutzbereichs Kommt eine Verletzung des Grundrechts auf allgemeine Handlungsfreiheit in Betracht, beginnen Sie Ihre Prüfung mit der Frage, ob der sachliche Schutzbereich und der persönliche Schutzbereich des Grundrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG eröffnet sind
8 3B Allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) 1. Sachlicher Schutzbereich a) Allgemeine Handlungsfreiheit aa) Umfassendes Begriffsverständnis 189 Der Gewährleistungsinhalt der allgemeinen Handlungsfreiheit ist seit langem geklärt. Nach ganz h.m. garantiert Art. 2 Abs. 1 GG die allgemeine Handlungsfreiheit im umfassenden Sinne. 39 Unter Berufung auf Art. 2 Abs. 1 GG kann danach jeder tun und lassen, was er will. 40 Geschützt wird jedes menschliche Verhalten ohne Rücksicht darauf, welches Gewicht ihm für die Persönlichkeitsentfaltung zukommt, 41 wobei nicht nur aktives Handeln, sondern auch Nichthandeln erfasst ist. 42 IndensachlichenSchutzbereichdesArt.2Abs.1GGfallen daher rechtlich bedeutende Handlungsmöglichkeiten wie z.b. die Privatautonomie im Rechtsverkehr, 43 die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit, 44 aber auch an sich alltägliche Betätigungen wie z.b. das Taubenfüttern im Park 45 oder Motorradfahren. 46 Hinweis Vor allem früher wurde der sachliche Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG demgegenüber teilweise enger gefasst. Geschützt wurde nach dieser Ansicht nur ein auf den Kernbereich der Persönlichkeit bezogener Lebensbereich (sog. Persönlichkeitskerntheorie) Das weite Verständnis des sachlichen Schutzbereichs des Art. 2 Abs. 1 GG stützt die h.m. u.a. auf die Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung, denn schon eine Entwurfsfassung des Art. 2 Abs. 1 GG sah vor, dass jedermann (...) die Freiheit (hat), zu tun und zu lassen, was die Rechte anderer nicht verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. 48 Diese Formulierung wurde später fallengelassen, weil sie zu wenig würdevoll erschien, 49 und durch die inhaltsgleiche aktuelle Formulierung ersetzt. 191 Bei drei Betätigungsbereichen ist umstritten, ob sie in den sachlichen Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG fallen: Dies betrifft zunächst die Wettbewerbsfreiheit und das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Als spezielles Freiheitsgrundrecht kommt insoweit das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG oder aus Art. 14 Abs. 1 GG in Betracht (dazu unten Rn. 573, 628). In Streit steht ferner die Freiheit vor Zwangsmitgliedschaften in öffentlich-rechtlichen Zwangskörperschaften, wobei die h.m. mit dem Bundesverfassungsgericht hier Art. 2 Abs. 1 GG anwendet (dazu unten Rn. 492) Vgl. BVerfGE 6, 32 Elfes (st. Rspr.). 40 Vgl. Hufen Staatsrecht II 14 Rn Vgl. BVerfGE 80, 137 Reiten im Walde. 42 Vgl. Sodan/Ziekow-Sodan Grundkurs Öffentliches Recht 27 Rn Vgl. BVerfGE 114, Vgl. BVerfG (K) FamRZ 2012, Vgl. BVerfGE 54, Vgl. OVG NW NJW 1996, So auch abw. M. in BVerfGE 80, 137 Reiten im Walde. 48 Vgl. JöR n.f. 1 (1951), S Vgl. Hufen Staatsrecht II 14 Rn Vgl. BVerfGE 10, 89.
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